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Jugendmedienkultur Hip-Hop

Jugendkulturspezifische Mediennutzung und Medienkompetenz

©2008 Diplomarbeit 102 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit der Jugendkultur Hip-Hop unter besonderer Betrachtungsweise der Mediennutzung und Medienkompetenz ihrer Aktivisten und Anhänger beschäftigen. Ziel dabei soll es sein, die zwei verschiedenen pädagogischen Konzepte oder Ansatzweisen „Jugendkultur“ und „Medienkompetenz“ miteinander zu verbinden, genauer gesagt die Jugendkultur, und im Besonderen die Hip-Hop-Jugendkultur, unter dem Blickwinkel der Medienpädagogik und dem Konzept der Medienkompetenz zu betrachten. Ich habe mich aus mehreren Gründen für die Jugendkultur Hip-Hop als thematischen Schwerpunkt für diese Arbeit entschieden: Zum einen hat Hip-Hop seit über 30 Jahren, davon seit mehr als 25 Jahren auch in Deutschland, als Jugendkultur Bestand und kann als „weltweit die erfolgreichste und langlebigste jugendliche Populärkultur“ bezeichnet werden. Dabei sind die zentralen Werte dieser Jugendkultur – Respekt, Toleranz und friedlicher Wettstreit – unter den meisten Anhängern und Aktivisten auch heute noch aktuell. Weiterhin hat diese kreative Jugendkultur wie kaum eine andere die Jugendlichen, die Popkultur und auch die dominierende Kultur der westlichen Gesellschaften nachhaltig geprägt: mit ihrer Musik, mit ihrer Mode, ihren Symbolen und Sprechweisen und vor allem den im Stadtbild jeder westlichen Groß- und auch Kleinstadt sichtbaren Graffitis. Auch hat die Hip-Hop-Kultur eine Vielzahl an eigenen Medien und Medienformen entwickelt: neben den grundlegenden Elementen DJing, MCing, Breakdance und Graffiti, die jeweils für sich schon als eigene jugendkulturelle Medien anzusehen sind, auch eine Fülle an weiteren Formen der jugendkulturspezifischen Mediennutzung.
Die genannte Aufzählung liefert sowohl die Gründe für mein eigenes, langjähriges Engagement in der Bielefelder Hip-Hop-Szene als auch für die Auswahl dieser Jugendkultur für die nun vorliegende Diplomarbeit. Den Themenkomplex der Medienpädagogik und insbesondere das Theoriekonzept der Medienkompetenz habe ich aus persönlichem sowie fachlichem Interesse an der Arbeit mit Medien ausgewählt. Somit lag es für mich nahe, die beiden genannten Bereich in dieser Arbeit zu verbinden.
Ausgangspunkt für die Bearbeitung des Themas soll zunächst die Bedeutung der Lebensphase Jugend und der Jugendkulturen für die Entwicklung und Identitätsbildung von jungen Menschen sein. Die „Jugend“ als eigenständige Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter hat sich erst im Laufe der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Oliver Gallina
Jugendmedienkultur Hip-Hop
Jugendkulturspezifische Mediennutzung und Medienkompetenz
ISBN: 978-3-8366-4975-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

Für Lara
Ich danke Anna für all die Liebe, Unterstützung, Motivation und den Ansporn.
Ich liebe Dich!
Ich danke meinen Eltern für die viele Unterstützung und Geduld. Ich liebe Euch!
Ich danke Stefan für die spontane Hilfe und das Setzen dieser Arbeit.
Ich danke Hip-Hop für eine sehr schöne Zeit und viele positive Erfahrungen.

Inhalt
1.
Einleitung ... 2
2.
Jugend und Jugendkulturen ... 5
2.1
Überblick über die Entwicklung der Lebensphase Jugend ...6
2.2
Aktuelle gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Lebensphase Jugend ...7
2.3
,,Die Jugend als solche" ­ Kennzeichen der Jugendphase zu Beginn des dritten
Jahrtausends ...9
2.4
Jugendkulturen als Identitätsstifter ...10
Exkurs: Jugend-Kultur ­ die ,,Kultur" der Jugendkultur ...12
2.5
Jugendkultur, Subkultur, Szene ­ Nomenklaturen ...14
2.6
Jugendkulturen und ihre Medien ...17
3.
Jugendkultur Hip-Hop ... 21
3.1
Von New York nach Heidelberg ­ Eine Welle schwappt über den großen Teich ...22
3.2
Die Ausdrucksformen der Hip-Hop-Kultur ...26
3.2.1
DJing ...27
3.2.2
MCing ...29
3.2.3
B-Boying ...30
3.2.4
Writing ...31
3.3
Vom Underground zum Mainstream und wieder zurück ­ die Entwicklungen der
Jugendkultur Hip-Hop in Deutschland ...33
3.4
Merkmale der Jugendkultur Hip-Hop zu Beginn des dritten Jahrtausends ...35
4.
Medienkompetenz ... 39
4.1
Das Konzept ,,Medienkompetenz" nach Dieter Baacke (Bielefelder
Medienkompetenzmodell) ...39
4.1.1
Der Kompetenzbegriff ...40
4.1.2
Die vier Dimensionen der Medienkompetenz ...41
4.2
Erweiterungen, Ergänzungen, Kritik an Baackes Ausarbeitung ...45
4.3
Medienkompetenz versus Medienbildung? ...49
4.4
Massenmedien und neue Medien in der Lebenswelt von Jugendlichen ...50
4.5
Medienkompetenz in der Entwicklung Jugendlicher zu Beginn des dritten
Jahrtausends ...51
5.
Medienkompetenz in Jugendkulturen ... 53
5.1
Die Bedeutung von (neuen) Medien für Jugendkulturen heute ...53
5.2
Verschiedene Formen der Mediennutzung in Jugendkulturen ...56
5.3
Bedeutung und Vermittlung von Medienkompetenz in Jugendkulturen ...59
6.
Medienkompetenz in der Jugendkultur Hip-Hop ... 61
6.1
Die Medien der Jugendkultur Hip-Hop und ihre Nutzung ...62
6.2
Die besondere Bedeutung von neuen Medien für die Jugendkultur Hip-Hop ...69
6.3
SpezifischeAneignungvonMedienkompetenzinderJugendkulturHip-Hop ...71
6.3.1
DJing ...72
6.3.2
MCing ...76
6.3.3
B-Boying ...80
6.3.4
Writing ...85
6.4
Fazit und Ausblick ...91
Literaturverzeichnis
Onlinedokumente
Abbildungsverzeichnis und Bildnachweise
Erklärung

Einleitung
Jugend und Jugendkulturen
Jugendkultur Hip-Hop
Medienkompetenz
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2
Einleitung
1. Einleitung
In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit der Jugendkultur Hip-Hop unter
besonderer Betrachtungsweise der Mediennutzung und Medienkompetenz ihrer
Aktivisten und Anhänger beschäftigen. Ziel dabei soll es sein, die zwei verschiedenen
pädagogischen Konzepte oder Ansatzweisen ,,Jugendkultur" und ,,Medienkompetenz"
miteinander zu verbinden, genauer gesagt die Jugendkultur, und im Besonderen die
Hip-Hop-Jugendkultur, unter dem Blickwinkel der Medienpädagogik und dem Konzept
der Medienkompetenz zu betrachten. Ich habe mich aus mehreren Gründen für die
Jugendkultur Hip-Hop als thematischen Schwerpunkt für diese Arbeit entschieden:
Zum einen hat Hip-Hop seit über 30 Jahren, davon seit mehr als 25 Jahren auch in
Deutschland, als Jugendkultur Bestand und kann als ,,weltweit die erfolgreichste und
langlebigste jugendliche Populärkultur" (Ferchhoff, 2007, S. 202) bezeichnet werden.
Dabei sind die zentralen Werte dieser Jugendkultur ­ Respekt, Toleranz und friedlicher
Wettstreit ­ unter den meisten Anhängern und Aktivisten auch heute noch aktuell.
Weiterhin hat diese kreative Jugendkultur wie kaum eine andere die Jugendlichen, die
Popkultur und auch die dominierende Kultur der westlichen Gesellschaften nachhaltig
geprägt: mit ihrer Musik, mit ihrer Mode, ihren Symbolen und Sprechweisen (vgl. ebd.,
S. 202f.) und vor allem den im Stadtbild jeder westlichen Groß- und auch Kleinstadt
sichtbaren Graffitis.Auch hat die Hip-Hop-Kultur eine Vielzahl an eigenen Medien
und Medienformen entwickelt: neben den grundlegenden Elementen DJing, MCing,
BreakdanceundGraffiti,diejeweilsfürsichschonalseigenejugendkulturelleMedien
anzusehen sind, auch eine Fülle an weiteren Formen der jugendkulturspezifischen
Mediennutzung.
Die genannte Aufzählung liefert sowohl die Gründe für mein eigenes, langjähriges
Engagement in der Bielefelder Hip-Hop-Szene als auch für die Auswahl dieser
Jugendkultur für die nun vorliegende Diplomarbeit. Den Themenkomplex der
Medienpädagogik und insbesondere das Theoriekonzept der Medienkompetenz
habe ich aus persönlichem sowie fachlichem Interesse an der Arbeit mit Medien
ausgewählt. Somit lag es für mich nahe, die beiden genannten Bereich in dieser Arbeit
zu verbinden.
Ausgangspunkt für die Bearbeitung des Themas soll zunächst die Bedeutung der
Lebensphase Jugend und der Jugendkulturen für die Entwicklung und Identitätsbildung
von jungen Menschen sein. Die ,,Jugend" als eigenständige Lebensphase zwischen
Kindheit und Erwachsenenalter hat sich erst im Laufe der Geschichte herausgebildet

Einleitung
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Einleitung
und kann erst seit der Mitte des letzten Jahrhunderts als gültige Phase für nahezu
alle Schichten und Milieus der westlichen Gesellschaften postuliert werden. Hier sind
seitdem auch die Jugendkulturen als ein zentrales Element für die Entwicklung der
Jugend und ihrer Einstellungen, für die Sinngebung und Identitätsstiftung durch Idole,
Rollenvorbilder, Wertesysteme und Weltbilder, zu erkennen. Ein Exkurs zum Begriff der
,,Kultur" und ihrer Bedeutung, auch und gerade im Sinne von ,,Jugendkultur", soll eine
begrifflicheunddefinitorischeEingrenzungermöglichenunddemLeserdasVerständnis
der unterschiedlichen Konzepte erleichtern. An dieser Stelle geht es dann auch um die
Abgrenzung oder besser gesagt Unterscheidung der Begrifflichkeiten Jugendkultur,
Subkultur und Szene. Da die Beschäftigung mit den Medien der Jugendkulturen den
Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt, folgt hier auch eine allgemeine Beschreibung der
in Jugendkulturen üblichen Medien und Mediennutzungsformen.
Als Nächstes werde ich die Jugendkultur Hip-Hop als eine relativ junge, aktuelle und die
meiner Meinung nach momentan größte jugendkulturelle Strömung näher beleuchten.
Dabei werde ich von ihren historischen Ursprüngen in den Ghettos der USA ausgehen
und die weitere Entwicklung mit ihrer Verbreitung bis nach Deutschland und den
Anfängen der Jugendkultur in der Bundesrepublik beschreiben. Ebenso werde ich die
jüngsten Entwicklungen der deutschen Hip-Hop-Kultur und deren Erscheinungsbild
und Merkmale zu Beginn des dritten Jahrtausends erläutern.
In einem weiteren Schritt werde ich das Konzept ,,Medienkompetenz" vorstellen,
wobei ich mich an der Ausarbeitung von
Baacke
orientieren werde, aber auch auf
Erweiterungen, Änderungen und Kritikpunkte eingehe sowie die aktuelle theoretische
Diskussion,etwaumdieBegrifflichkeitenvonMedienkompetenzundMedienbildung,
aufgreife. Die vier von
Baacke
beschriebenen Dimensionen der Medienkompetenz
sollen im Hinblick auf ihre Bedeutung in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
(unter dem Schlagwort der Schlüsselkompetenz) und unter Einbeziehung der seit der
Erarbeitung des Konzepts sich weiterentwickelten neuen Medien aktualisiert und mit
Beispielen unterfüttert werden.
DenKernpunktderArbeitbildetimAnschlussdiejugendkulturspezifischeBedeutung
und Vermittlung von Medienkompetenz in den unterschiedlichen Bereichen der
Jugendkulturen und ihrer Medien. Medienkompetenz als Schlüsselkompetenz in der
mediatisierten Gesellschaft zu Beginn des dritten Jahrtausends wird zunehmend nicht
mehr in der klassischen Bildungsinstitution Schule, sondern in informellen Situationen,
wie zum Beispiel in Jugendkulturen und Szenen, erworben

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Einleitung
Nach der allgemeinen Beschreibung der Bedeutung von Medienkompetenz für die
Jugendkulturen zu Beginn des dritten Jahrtausends werde ich auf die Besonderheiten der
Jugendkultur Hip-Hop in der Verbindung mit der Theorie der Medienkompetenz eingehen.
Dabei geht es zunächst um die jugendkulturspezifischen Medien, die Zeitschriften,
Internetseiten,Diskussionsforen,Mixtapes,Musik-,Graffiti-undBreakdance-Videos
oder DVDs und ihre Nutzung. Anhand von einigen Beispielen sollen die Medien und
ihrespezifischenNutzungsformenweiterverdeutlichtwerden.Anschließendwerdeich
explizit für jede der Kulturformen der Hip-Hop-Kultur die einzelnen Dimensionen der
Medienkompetenz nach
Baacke
beschreiben. Anhand der einzelnen Bereiche DJing,
MCing, B-Boying und Writing sowie von typischen Szenemedien werde ich jeweils die
vier Dimensionen der Medienkompetenz beispielhaft aufzeigen und in ihrer speziellen
Bedeutung und Ausformung im Rahmen der Jugendkultur Hip-Hop ausdifferenzieren.
Mit dieser Explikation und Beschreibung werde ich das theoretische Modell der
MedienkompetenzkonkretaufdieJugendkulturHip-Hop,ihrejugendkulturspezifischen
Medien und Mediennutzungsmuster anwenden.
Am Abschluss der Arbeit erfolgen in einem Fazit ein medienpädagogischer Blick auf
die Jugendkultur Hip-Hop und eine zusammenführende Betrachtung der Anwendung
des Medienkompetenzkonzepts auf die Jugendmedienkultur Hip-Hop.

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Jugend und Jugendkulturen
2. Jugend und Jugendkulturen
,,Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet
die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und
tyrannisieren ihre Lehrer."
Sokrates
Bevor man sich dem Phänomen der Jugendkulturen und seinen Ausprägungen und
Bedeutungen nähert, scheint es angebracht, zunächst die Lebensphase ,,Jugend" in ihrer
historischen Entwicklung und ihren aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
näher zu betrachten. In diesem Kapitel soll es um die Entstehung des Jugendbegriffs und
des Konzepts von ,,Jugend" sowie um die Situation von Jugendlichen und Bedingungen
für Jugendlichkeit zu Beginn des dritten Jahrtausends gehen. Die Lebensphase
JugendbildetdenKernbereich zurIdentitätsfindung alsMensch,eswerden Krisen
durchlebt, verschiedene Rollen- und Handlungsmuster ausprobiert und der Platz in
der Gesellschaft gesucht, bis am Ende der Jugend der Eintritt ins Erwachsenenalter
und die endgültige Abnabelung vom Elternhaus, die eigenständige Lebensführung
und unter Umständen die Gründung einer eigenen Familie stehen. Einen zweiten
Schwerpunkt dieses Kapitels bilden die Jugendkulturen und ihre Bedeutung für die
Jugendlichen zu Beginn des dritten Jahrtausends. Jugendkulturen sind seit mehr als
100 Jahren ein bestimmendes Element der Jugend in Deutschland. Sie sind heute
zu einem der wichtigsten Identitäts- und Sozialisationsfaktoren für junge Menschen
geworden. Jugendkulturen bieten Wertesysteme, Weltbilder, Mode- und Musikstile,
Aktionsfelder,Idole,Identifikationsfiguren,Rollenbilderundvielesmehr;ebengenau
das alles, womit sich die Heranwachsenden von den Erwachsenen und anderen
Jugendlichen abgrenzen können. Somit übernehmen Jugendkulturen eine wichtige
Funktion und Rolle für ihre jugendlichen Anhänger und Akteure.
Jugendkulturen sind seit dem Auftauchen der
,,
Halbstarken
"
und des Rock 'n' Roll
Mitte des letzten Jahrhunderts, spätestens jedoch infolge der fort schrei ten den
Globalisierung und globalen Vernetzung, keine rein regio nalen Phänomene mehr.
Viele der heute in Deutschland anzutreffenden und zu beobachtenden Jugendkulturen
sind ,,Importe", beispielsweise der Punk aus England oder der Hip-Hop aus Amerika.
Dabei beeinflussten die Jugendkulturen auch immer wieder die dominante Kultur
oder besser gesagt wirkten in diese zurück. Auswirkungen und Einflüsse von
JugendkulturenfandenundfindensichzumBeispielinderMode,derWerbungoder
auch der Popmusik, die Ideen und Versatzstücke für die eigenen Zwecke nutzten
(vgl. Farin, 2006b, S. 107ff.).

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2.1 Überblick über die Entwicklung der Lebensphase
Jugend
Die ,,Jugend" als eigenständige Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter
ist, im Vergleich zur menschlichen Zivilisationsgeschichte, eine relativ junge Erscheinung.
Kindheit und Jugend als Lebensphasen hängen kultur- und entwicklungshistorisch
stark mit der Geschichte von Bildung und vor allem von Bildungseinrichtungen, wie
Schulen und Universitäten, zusammen.
Das Auftauchen des Ideals des Jünglings und der Jungfrau im 17. Jahrhundert, vor
allem in der zeitgenössischen Literatur, markiert einen ersten historischen Wegpunkt
in der Herausbildung von Jugend als eigenständiger Lebensphase. Es waren nicht
mehr nur einige wenige Angehörige der Adelsschicht, sondern nunmehr auch die
Nachkommen weiterer Bevölkerungsschichten, vor allem aus dem Bürgertum, die
beispielsweise eine Schule oder Universität besuchten und somit die freie Zeit hatten,
so etwas wie Jugendlichkeit herauszubilden. Dennoch blieb von diesem Jugendbild
die Mehrheit der jungen Menschen in der Bevölkerung ausgeschlossen. Als sozialer
Entstehungsort eines breiteren Konzepts von Jugend oder Jugendlichkeit gilt schließlich
das Bürgertum, insbesondere das Bildungsbürgertum.
Erst gegen Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts, mit dem Auftauchen der
ersten Jugendbewegungen wie dem ,,Wandervogel", änderten sich auch die Blickweise
auf und das Verständnis für die Jugend (vgl. Baacke, 2004a, S. 229).
Im Zuge der Industrialisierung, als für die Fabriken immer mehr Arbeiter mit einer
gewissen Grundbildung gebraucht wurden und dadurch mehr junge Menschen
die Schule besuchten, sowie durch gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der
Jugend gegen Arbeit und Ausbeutung konnte sich die Lebensphase Jugend als
Bildungsmoratorium und Entwicklungsphase auf immer größere Teile der Bevölkerung
ausdehnen. Nun war die Lebensphase Jugend nicht mehr nur auf das Bürgertum
und die oberen Schichten begrenzt, sondern hatte auch in der Arbeiterschicht als
eigenständige Lebensphase Einzug gehalten. Auch nahm um die Jahrhundertwende
die durchschnittliche Verweildauer in den allgemeinen Bildungseinrichtungen zu,
da höhere Schulabschlüsse bessere Startbedingungen für die berufliche Laufbahn
versprachen. Durch eine frühere Sexualreife der Heranwachsenden verkürzte
sich zudem die Kindheit, so dass sich die Lebensphase ,,Jugend" in ihrer zeitlichen
Dimension immer stärker ausweitete (vgl. Baacke, 2004a, S. 232).

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Die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einsetzenden gesellschaftlichen Ver än de-
rung en schufen dann die Basis für die Lebensphase Jugend, wie wir sie heute kennen.
Grundlage sind eine demokratische Gesellschaftsordnung, ein Bildungssystem mit
einer allgemeinen Schulpflicht, weit reichende Möglichkeiten ohne Stände- oder
Klassengrenzen und eine starke Autonomie der jungen Generation. Doch auch in den
letzten 50 Jahren hat sie die Lebensphase Jugend stark gewandelt. War sie noch
in den 50er Jahren als Übergangsphase von der Kindheit ins Erwachsenenalter
geprägt, bildete sie sich infolge der zeitlichen Ausdehnung und der Gewichtung und
EinflussnahmederJugendbewegungenundJugendkulturenzueinereigenständigen
Lebensphase mit jugendspezifischen Medien, Moden und Musikstilen heraus. ,,Die
Verlängerung der Lebensphase Jugend war dadurch motiviert, dass im Industrie- und
Dienstleistungsbereich hoch qualifizierte jungeArbeitskräfte gebraucht wurden, die
durcheineallgemeineSchulbildungundeinespezifischeBerufsausbildungvorbereitet
werden sollten" (Hurrelmann et al., 2006, S. 33).
Insofern lässt sich festhalten, dass sich die Lebensphase Jugend von einer
Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter zu einer eigenen
Lebensphase entwickelt hat, die sich an den Rändern immer weiter ausdehnt und eine
zentrale Position in der Lebensbiographie der heutigen Generation einnimmt.
2.2 Aktuelle gesellschaftliche Rahmenbedingungen der
Lebensphase Jugend
Die Jugend ist die zentrale Lebensphase zur Bildung der Identität eines Menschen. Im
Gegensatz zur Kindheit, in der das Kind sich selbst und seinen Körper entdeckt und sich
allmählich als eigenständiges Individuum in der Familie und der Gesellschaft begreift,
gilt es nun in der Jugend oder Adoleszenz,
eine stabile Ich-Identität zu entwickeln.
Das bedeutet für den Heranwachsenden, ein stimmiges Ensemble von Rollen- und
Verhaltensmustern auszubilden, sich schrittweise von Familie und Elternhaus zu
lösen und sich verstärkt der Gleichaltrigengruppe zuzuwenden, sich selbst und seinen
Körper zu akzeptieren, sich sexuell zu orientieren, sich ein bestimmtes Wertesystem
aufzubauen und sich auf ein späteres Berufsbild vorzubereiten beziehungsweise einen
gewissen Plan von der eigenen Zukunft zu entwickeln. Denn ,,erst im Anschluss an
eine solche ,Bewältigung` ist im Sinne eines vollsozialisierten Subjekts ein gelungener
Übergang in das Erwachsenenalter möglich. In dieser entwicklungspsychologischen
Prozesslogik ist so gesehen der Übergang in das Erwachsenendasein erst dann

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möglich,wennallejugendaltersspezifischenAnforderungenbewältigtundzugleichdie
psychodynamischen Veränderungen sowie der Prozess der ,inneren Ablösung` vom
Elternhaus abgeschlossen sind" (Ferchhoff, 1999, S. 81).
JugendlichefindeninderheutigenmodernenGesellschaftimmerwenigertraditionelle
und tradierte Wertesysteme und Orientierungshilfen für ihr eigenes Heranwachsen.
Grund dafür sind hauptsächlich die Auswirkungen der Globalisierung und der
zunehmenden Individualisierungstendenzen in den Gesellschaften der westlichen Welt.
Unsere Zivilisation ist geprägt von fortschreitenden Prozessen ,,der Differenzierung,
Pluralisierung, Individualisierung und Lebensstilästhetik (Albrecht 1990), der
Enttraditionalisierung, Entstrukturierung, der Globalisierung und Normdiffusion"
(Ferchhoff, 1999, S. 50).
Die bis vor wenigen Jahren noch gültige ,,Standard-Berufsbiographie" (von der
Realschule über die Ausbildung in einen gesicherten Beruf bis zur Rente) ist heute
kaumnochzufindenundfürdieheranwachsendeGenerationzueinemunerreichbaren,
teilweise auch unerwünschten Sinnbild der Vergangenheit geworden. ,,Das vorwiegend
industriell geprägte sogenannte Normalarbeitsverhältnis, das durch dauerhafte, quasi
unbefristeteVollzeitbeschäftigungundSozialversicherungspflichtgekennzeichnetwar
und ist und immer noch rund 60 % der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland
ausmacht, wird [...] zusehends mehr überlagert durch andere, für eine wachsende
Zahl zur Existenzsicherung nicht ausreichende prekäre Beschäftigungsformen der
Teilzeitarbeit, der geringfügigen Arbeitsverhältnisse, der Werkvertragsbeschäftigung,
der befristeten Arbeitsverhältnisse, der Leiharbeit, der Scheinselbstständigkeit usw."
(ebd., S. 52f.).
EinweiteresMerkmalder,,spät-,post-oderreflexivmodernenGesellschaften"(Hitzler,
Bucher und Niederbacher, 2005, S. 13) ist die seit etwa den 80er Jahren des letzten
Jahrhunderts zu beobachtende Tendenz zur Individualisierung in der Gesellschaft,
die in nahezu alle Lebensbereiche hineinreicht. Die Aufweichung der traditionellen
Klassen- und Schichtstrukturen bringt für die Jugendlichen nicht nur Vorteile, wie
etwa sozialen Aufstieg, freiere Berufswahl und Bildungsmobilität, sondern sie birgt
auch erhebliche Risiken. Durch den Verlust der traditionellen Gemeinschaften und der
jeweiligenSozialstrukturen(dörflicheGemeinschaft,Kirchengemeinde,Nachbarschaft,
Arbeiterverbände etc.) und ihrer für die Angehörigen verbindlichen Wertesysteme und
Normvorgaben kommt es zu einem ,,Verbindlichkeitsvakuum" und zu ,,einer Sphäre
der sozialstrukturellen Unbestimmtheit und Unübersichtlichkeit" (Ferchhoff, 1999,

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S. 56f.). Die vormals durch Familie, Umfeld und Traditionen vorgegebenen Lebensstile
und -biographien haben ihre Gültigkeit verloren, der Einzelne, und im Besonderen der
Heranwachsende, muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Die Möglichkeit zur
freien Entscheidung in allen Lebensbereichen wird auch immer mehr zum Zwang des
Entscheidens, oder anders gesagt: ,,Man hat keine Wahl, außer zu wählen" (Giddens,
1998, nach Vogelgesang, 2001, S. 13).
So werden nicht nur die Chancen, sondern verstärkt auch die Risiken des
gesellschaftlichen Wandlungsprozesses zunehmend individualisiert, was sich
beispielsweise am Rückgang des Sozialstaats und an verstärkter privater Vorsorge
bemerkbar macht. ,,Wenn bspw. Arbeitslosigkeit und Armut ehemals noch im Rahmen
gesellschaftlicher Strukturkrisen verortet und als quasi unausweichliches vorgegebenes
Klassenschicksal kollektiv verarbeitet werden konnten, werden inzwischen
Arbeitslosigkeit und Armut mehr und mehr dem Individuum selbst angelastet und
aufgebürdet" (Ferchhoff, 1999, S. 56). In Zeiten von vermehrter Jugendarbeitslosigkeit
und Ausbildungsplatzmangel, selbst bei relativ gutem Schulabschluss, und angesichts
des beschriebenen Wegfalls von sozialstrukturellen Sicherheiten und einer
zunehmenden Entsolidarisierung in der Gesellschaft, stehen die Jugendlichen heute
vor der Lebensaufgabe, ihre Zukunft mehr denn je selbst in die Hand nehmen zu
müssen. Dass dabei vor dem Hintergrund der globalisierten Arbeitsmärkte und eines
verschärften Klimas in der Weltwirtschaft nur wenige als Gewinner hervortreten können,
ist eines von vielen Dilemmata der sich verändernden Wohlstandsgesellschaft.
2.3 ,,Die Jugend als solche" ­ Kennzeichen der
Jugendphase zu Beginn des dritten Jahrtausends
Die Jugendphase nach dem Jahrtausendwechsel ist hauptsächlich geprägt von den im
vorigen Kapitel genannten Rahmenbedingungen der Gesellschaft: Auswirkungen der
zunehmenden Globalisierung, Individualisierung der Chancen wie auch der Risiken in
der Gesellschaft, Durchdringung des Alltags mit Massenmedien und eine verstärkte
Kommerzialisierung des Freizeitbereiches. Nie zuvor hatte eine Generation so viele
Chancen wie die der Heranwachsenden heute, allerdings ist die Verwirklichung
dieser vor dem Hintergrund steigender Arbeitslosenzahlen, gerade auch unter den
Jugendlichen, des erhöhten Drucks auf dem Arbeitsmarkt, der vielfach geforderten
Mobilität, der unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zu Bildung und anderer
Unwägbarkeiten nur noch einer sinkenden Zahl von Jugendlichen möglich.

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Wie bereits zu Beginn des Kapitels beschrieben, weitet sich die Lebensphase Jugend
an ihren Rändern immer mehr aus. Die Geschlechtsreife und der Beginn der Pubertät
als Merkmale des Eintritts in die Jugendphase verlagern sich zunehmend in die Kindheit,
auch die Aufnahme sexueller Aktivitäten beginnt heute früher (vgl. Baacke, 1999, S.
232 und 234). Auch das Ende der Lebensphase Jugend und damit der Eintritt in das
Erwachsenenalter, oder eher in den Erwachsenenstatus, erfolgen immer später.
Ein eindeutiges und einheitliches Bild der Jugend, oder vielmehr der Lebensphase
Jugend, zu Beginn des dritten Jahrtausends lässt sich nicht zeichnen. Zu unterschiedlich
sind die Erscheinungsformen und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. So
lässt sich lediglich sagen: ,,
die Jugend gibt es nicht
und
Jugend ist nicht gleich Jugend
"
(Ferchhoff, 1999, S. 73, Hervorhebungen im Original), oder auch: ,,Es gibt heute so
viele Jugenden wie es Jugendliche gibt" (Vogelgesang, 2002b, S. 1).
Jugend als Lebensphase und als Begriff lässt sich nicht mehr an einer abgrenzbaren
Altersspanne festmachen, sie umschreibt vielmehr ein Konstrukt von Teilübergängen in
den Erwachsenenstatus, von zu bewältigenden Lebensaufgaben und gesellschaftlichen
Zuschreibungen (vgl. hierzu Ferchhoff, 1999, S. 71f.). Die Lebensphase Jugend dehnt
sich an ihren Rändern immer weiter aus und entfernt sich zunehmend vom Charakter
einer Normbiographie. ,,Statt dessen sprechen wir an der Wende zum 21. Jahrhundert
von einer De- bzw. Entstrukturisierung, Biographisierung oder Individualisierung der
Jugendphase" (ebd., S. 75). In dieser Form ist Jugend ein Produkt der sich wandelnden
Gesellschaftsverhältnisse in einer globalisierten Welt.
2.4 Jugendkulturen als Identitätsstifter
Jugendkulturen sind in ihren Ausprägungen, Erscheinungsformen und Inhalten so
unterschiedlich wie kaum ein anderes Gesellschaftsphänomen unserer Zeit. Sie
orientieren sich dabei beispielsweise an Musikrichtungen, an Fernsehserien, an
politischen Ansichten und Inhalten oder an Sportarten oder bestimmten Vereinen. Die
Bandbreite ist hier schier unüberschaubar. Es ist auch möglich, mehreren Jugendkulturen
anzugehören oder sich einzelner Teile oder Elemente im Sinne der Patchwork-Mentalität
zu bedienen. So kann ein Jugendlicher Anhänger der Skater-Kultur zum Beispiel Hip-
Hop und Hardcore hören, sich in der Mode der Hip-Hopper kleiden, nebenbei noch
bei der
,,
grünen Jugend
"
­ der Jugendorganisation der Bundestagspartei ­ engagiert
sein und am Wochenende seinen Fußballverein im Stadion anfeuern (vgl. auch Farin,

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2006b, S. 90). Somit würde dieser Jugendliche wahrscheinlich die Zugehörigkeit zu
einigen dieser Jugendkulturen bejahen, während andere eine eher untergeordnete
Rolle in seinem Weltbild und Interessengebiet spielen mögen.
Jugendkulturen bieten den Jugendlichen ein sicheres Areal, einen Schutz raum, um
sich auszuprobieren, die eigenen Grenzen zu erfahren und zu erweitern und auch
neue, andere Rollenmuster auszuprobieren. In der geschützten Atmosphäre der
Gruppe fällt es den Jugendlichen oftmals leichter, aus ihren bisherigen Rollen und
Verhaltensweisen auszubrechen und sich neue zu erarbeiten. In der heutigen Zeit sind
die meisten Ju gend kul turen derart transparent und durchlässig, dass ein Wechsel von
der einen zu einer anderen Jugendkultur oder auch die Angehörigkeit zu zwei oder
mehreren Jugendkulturen möglich ist, oder sich die Jugend lich en, wie oben schon
beschrieben, einzelner Elemente aus verschiedenen Jugendkulturen bedienen und
sie sich zu einem Jugendkultur-Patchwork zusammenstellen. So können sich die
Jugendlichen aus den verschiedenen Angeboten jeweils das passende und stimmige
für ihre eigene Iden ti täts entwicklung herauspicken, verschiedene Vorbilder und Idole,
Rollenmuster, Wertmaßstäbe und Weltbilder anerkennen, verfolgen und vielleicht auch
wieder verwerfen, um dann später als Erwachsener von einer großen Bandbreite an
Erfahrungen,EindrückenundVerhaltensweisenprofitierenzukönnen.
Jugendkulturen bieten den Jugendlichen Anknüpfungspunkte und Hilfen bei der
Bewältigung ihres Alltags und vor allem ihrer damit verbundenen und darin verwobenen
altersspezifischen Probleme. In den Jugendkulturen finden viele Jugendliche
Lösungsmuster, Weltbilder und Wertesysteme, die sie ohne weiteres adaptieren
und zu ihrer eigenen Weltsicht hinzufügen können. Durch die Offenheit der meisten
Jugendkulturen und ihre Verfügbarkeit in nahezu allen ,,Ecken" der Republik bieten
sich für die Jugendlichen vielfältige Wahlmöglichkeiten, für welche der zur Verfügung
stehenden und angebotenen Optionen und Lösungsmuster sie sich entscheiden.
NatürlichsindnichtalleJugendlichenauchAnhängereinerJugendkultur,esfinden
sich viele weitere Organisationsstrukturen, Institutionen und Gesellungsformen, die die
Jugendlichen nutzen, um ihre Probleme zu lösen und in ihrer persönlichen Entwicklung
voranzukommen. Dies können beispielsweise Schützenvereine und Spielmannszüge,
Angelvereine oder andere altersheterogene Gruppierungen und Vereine sein, auch
hierkönnendieJugendlichenHilfeundRatbeiderBewältigungihrerProblemefinden.
Dennoch bieten Gleichaltrigengruppen, gerade im Kontext von Jugendkulturen, den
größten Spielraum und zugleich die meiste Sicherheit für die Jugendlichen, die im Laufe

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ihrer Identitätsentwicklung immer wieder neue Rollenmuster und Verhaltensweisen
ausprobieren und einüben müssen, um später aus einem möglichst großen Repertoire
schöpfen zu können.
Exkurs: Jugend-Kultur ­ die ,,Kultur" der Jugendkultur
Als Kultur im allgemeinen Verständnis bezeichnen wir heute das ,,komplexe Ganze,
welches Wissen, Glaube, Kunst, Moral, Recht, Sitte und Brauch sowie alle anderen
Tätigkeiten und Gewohnheiten einschließt, welche der Mensch als Mitglied der
Gesellschaft erworben hat" (Nohlen/Schutze, 2005, S. 503). Kultur meint in diesem
Zusammenhang sowohl die immaterielle Kultur, also die Werte, Normen, Ideen und
Verhaltensweisen einer Gesellschaft oder einer Gruppe in der Gesellschaft, als auch
ihre materiellen Ausformungen wie Mode, Musik, Kunst, Werkzeuge, Publikationen
und vieles mehr.
Jugendkultur bezeichnet dementsprechend ein bestimmtes System von Werten,
Normen, Vorstellungen und den daraus resultierenden Ver haltens wei sen von
Jugendlichen, ,,die sich von denen der Erwachsenen sys te ma tisch und typisch
unterscheiden" (Reinhold, 1991, S. 289). Das Finden einer eigenen Identität und damit
die Abgrenzung und Loslösung von den bisher dominierenden Erwachsenen ­ also
Eltern, Groß eltern, Lehrern und anderen ­ und damit von der allgemeinen Ge sell-
schafts kultur sind die originären Gründe, warum Jugendliche eigene Kulturen ausbilden.
Und überall dort, wo sich Menschen ­ in diesem Fall Jugendliche ­ in einer ähnlichen
Situationbefindenundsichzusammenschließen,bestehtdieMöglichkeitzurBildung
von Teilkulturen, die in einigen Bereichen von der als dominierend, überkommen,
langweilig, spießig empfundenen Kultur der Erwachsenen oder besser gesagt der
Gesamtgesellschaft abweichen. Jugendkulturen ent stehen und entstanden oftmals als
Protestbewegungen oder Protestkulturen gegen eine bestehende Gesellschaftsordnung,
gegen Missstände in der Gesellschaft und der direkten Lebensumgebung, gegen Um-
welt ver schmut zung und Atomkraft oder einfach gegen die Elterngeneration oder die
allgemeine Konsumkultur (vgl. Farin, 2006, S. 145ff.).
Jugendkulturen helfen den Jugendlichen auf diese Weise, ihrem Unmut Ausdruck
zu verleihen, sich zusammenzuschließen und sich für oder auch gegen etwas zu
engagieren. Sie bieten den Jugendlichen gleichzeitig jugendgerecht aufbereitete
Weltbilder und Wertmaßstäbe, die leicht zu verstehen und zu adaptieren sind. Somit
können Jugendkulturen auch als ein Ausdruck der Stimmung in der Jugend ihrer Zeit

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angesehen werden, wie zum Beispiel die Punk- und
,,
No Future
"
-Jugend in den 80er
Jahren, als die Arbeitsplätze knapp wurden und die Arbeitslosigkeit stieg oder die
Techno-Jugend in den späten 90er Jahren, die wieder mit Zuversicht in die Zukunft
blickten, dabei aber eher egozentriert, individualistisch und hedonistisch ausgerichtet
waren.
Vogelgesang (2006) beschrieb einige Strukturmerkmale von Jugendkulturen, ,,die
gleichsam als analytisch-kategoriales Raster für die heutige Ju gend kul tur sphä re
insgesamt angesehen werden können" (S. 449):
,,Die Zahl der Jugendkulturen hat stark zugenommen [...] (Pluralisierung).
·
Jugendkulturen unterliegen ständigen Differenzierungen und Auf spal tungen [...]
·
(Diversifizierung).
[...] Drei Typen des Fantums lassen sich dabei unterscheiden: der Novize, der
·
Tourist und der Freak [...] (gestufte Szenebindung).
Es sind vor allem die jugendlichen Szeneveteranen, die ihr Wissen und ihre
·
Stilhoheit auch sehr prononciert als Konfrontations- und Abgrenzungsstrategie
gegenüber Erwachsenen einsetzen [...] (asymmetrische Wahrnehmungsstile).
Jugendkulturen sind Formationen auf Zeit, deren Leben und Überleben aufs
·
Engste mit ihrer Stilexklusivität verknüpft ist [...] (Kampf um Exklusivität und
Distinktion).
Mit der Expansion des Jugendkulturmarktes zu Beginn der 1980er Jahre und
·
der freien Wählbarkeit von kulturellen Mustern und Gruppierungen, [sic] verlieren
klassenkulturell orientierte Stil bil dungs pro zesse an Bedeutung [...] An die Stelle
der Milieugebundenheit ist die Markt orientierung getreten (Marktanhängigkeit
anstelle von Her kunfts gebundenheit).
Durch Fixierungen, Übersteigerungen und Radikalisierungen kann es auch zu
·
pro blematischen Entwicklungen innerhalb von bestimmten Jugendkulturen und
-gruppen kommen [...] (deviante Jugendszenen)" (ebd., S. 449f.).
Diese Strukturmerkmale beschreiben sehr treffend die heutige jugendkulturelle
Landschaft und sind auf nahezu alle anzutreffenden Jugendkulturen anwendbar.
Somit sind die Jugendkulturen zum einen ein autonomer Ausdruck der Lebensphase
Jugend und des dieser Lebensphase inhärenten Protests und der Suche nach einer
eigenen Identität, zum anderen bieten die Jugendkulturen den Jugendlichen aber auch
gleichzeitig Lösungen, Identitätsmuster, Rollenbilder, Wertesysteme und vieles mehr
an, was den Heranwachsenden auf ihrem Weg zu einer eigenen, stabilen Ich-Identität
Unterstützung und Hilfe gibt, vor allem wenn ein Ausprobieren von und ,,Spielen" mit
verschiedenen Rollenbildern im geschützten Rahmen von Gleichaltrigengruppen
ermöglicht wird.

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Jugendkulturen lassen sich demnach charakterisieren als Strukturen mit relativ
offenem Zugang, die den Jugendlichen zum einen Schutzräume zum Ausprobieren
und Sammeln von Erfahrungen bieten, zum anderen ihnen auch die Möglichkeit geben,
sich durch die jugendkulturtypischen Moden, Musikstile und Verhaltensweisen von den
Erwachsenen abzugrenzen. Jugendkulturen stellen somit in der heutigen Gesellschaft
ein wichtiges Element im Sozialisationsgefüge für die jungen Menschen dar.
2.5 Jugendkultur, Subkultur, Szene ­ Nomenklaturen
Im folgenden Abschnitt werde ich mich mit den Begrifflichkeiten von ,,Subkultur",
,,Jugendkultur" und ,,Szene" im Zusammenhang mit Hip-Hop befassen und beispielhaft
die einzelnen Begriffe erläutern. Diese Begriffe werden teilweise Synonym verwendet
und sind auch unter Hip-Hop-Aktivisten nicht klar definiert. Dabei werde ich mich
zunächst den beiden ,,Kulturbegriffen" widmen und später auf den Begriff und die
Strukturen der Szene eingehen.
,,Die Kultur einer Teilgruppe der Gesellschaft, die sich durch Merkmale wie Beruf,
Einkommen, Schicht, Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Religion usw. von
anderen Gruppen der Gesamtgesellschaft abhebt, wird mit dem Begriff Subkultur
(Eigenkultur, Gegenkultur) gefasst [...]" (Friedrich, in: Fachlexikon der sozialen Arbeit
1986, S. 833f.).
In der Soziologie wird eine Subkultur bezeichnet als eine ,,Lebensform eines
Personenkreises oder Bevölkerungsteils mit bestimmten Auffassungen, Werten,
Normen, sozialen Strukturen und Verhaltensweisen, die von jenen der jeweiligen
Mehrheitskultur oder dominanten Kultur erheblich, deutlich gegebenenfalls in
konfliktträchtigerWeiseabweichen"(Hillmann,1994,S.850).
,,Die ,Subkultur`-Theorien gehen jeweils davon aus, dass die einzelnen Subkulturen
präzise lokalisierbar seien (in einer bestimmten sozialen Schicht, in einer bestimmten
politischen Grundhaltung etc.)" (Baacke, 2004a, S. 134). Die Phänomene der
jugendlichen Gesellungsformen beschränken sich allerdings nicht auf spezifische
Einkommens- oder Berufsgruppen, Schicht-, religiöse oder ethnische Zugehörigkeiten,
noch weichen ihre Werte oder Normen erheblich von denen der Gesamtgesellschaft
ab. Daher lässt sich eine Bewegung wie beispielsweise Hip-Hop auch nicht auf
eine bestimmte Schicht oder Klasse begrenzen, wie dies zum Beispiel noch bei der

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Wandervogelbewegung oder der Arbeiterjugend zu Anfang des letzten Jahrhunderts
möglich war. Vielmehr ist auch Hip-Hop inzwischen zu einer Massenkultur
geworden, Protagonisten, Akteure, Publikum und Konsumenten sind nahezu in
jederBevölkerungsgruppezufinden(vgl.dazuBaacke,2004a,S.134).Auchsteht
der Zugang zu Hip-Hop für jeden offen, Magazine, Videos und Musik sind überall
erhältlich, so dass sich jeder in relativ kurzer Zeit ein entsprechendes Expertenwissen
aneignen kann. Des Weiteren stehen die Werte und Normen der Hip-Hop-Kultur, wie
beispielsweise Ruhm
(Fame,
vgl. Krekow, Steiner und Taupitz, 2003, S. 225), Ehre und
RespektinkeinemKonfliktmitdenenderGesamtgesellschaft.LediglichdieMittelund
Wege zum Erreichen dieser Ziele unterscheiden sich. So erntet zum Beispiel derjenige
besonders viel Respekt, der besonders gute Rap-Texte verfasst, außergewöhnliche
Breakdance-Moves vollzieht oder die meisten oder besten Bilder sprüht. Aus den oben
genannten Gründen kann man von Hip-Hop nicht als einer ,,Subkultur" sprechen, da
keinederVoraussetzungenoderursprünglichenSubkulturdefinitionenzutreffen(vgl.
dazu Baacke, 2004a, S. 133f.).
Vielmehr bietet sich im Zusammenhang mit Hip-Hop der Terminus
,,Jugendkultur" an.
Der Begriff ,,Jugend" kennzeichnet dabei keine speziellen Altersgruppen, denn ,,als
Lebensstil ist
Jugend
quasi altersübergreifend" (Ferchhoff, 1999, S. 68, Hervorhebung
im Original). Die Jugendphase lässt sich heute nicht mehr als ein klar abgegrenzter
ZeitrauminderEntwicklungvomKindzumErwachsenendefinieren,sondernbesitzt
gerade zu ihrem Ende hin ,,in der Regel keinen einheitlichen Abschluß [...] und dehnt
sich zudem nach Ansicht der meisten Jugendsoziologen immer weiter aus" (ebd.).
Zwar bilden Jugendliche in der Altersgruppe von 13 bis 20 Jahren den Hauptteil der
Konsumenten und des Publikums, doch ist der Großteil der Künstler und ,,Stars" des
Hip-Hop längst dem Jugendalter entwachsen, sie haben teilweise Familien und Kinder,
aber auch sie präsentieren sich immer noch in Hip-Hop-Outfits und geben sich
durchweg jugendlich. Von daher kann man auch bei der relativ großen Altersspanne
der Anhänger von Hip-Hop, seien es nun die Konsumenten oder auch die Protagonisten
und Künstler, durchaus von einer ,,Jugend"-Kultur sprechen.
,,,Kultur` in den heutigen Jugendkulturen meint [...] die Schaffung von Stilen über
Medien, deren ,bildender Gehalt` unter Pädagogen eher strittig sein dürfte: Konsum,
Pop und Rock, Mode sowie Schaffung neuer sozialer Treffpunkte" (Baacke, 2004a,
S. 143). Die Verwendung des Begriffs ,,Kultur" ist durchaus angebracht, da auch und
geradedieHip-Hop-BewegungeineReihespezifischerWerte,Normen,Symboleund
Medien geschaffen hat, die auch in die dominante Kultur mit hineinwirken.

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Szenen lassen sich definieren als ,,thematisch fokussierte kulturelle Netzwerke
von Personen, die bestimmte materiale und/oder mentale Formen der kollektiven
Selbststilisierung teilen und Gemeinsamkeiten an typischen Orten zu typischen Zeiten
interaktiv stabilisieren und weiterentwickeln" (Hitzler et al., 2005, S. 20).
Der thematische Fokus der Hip-Hop-Szene ist natürlich Hip-Hop selbst, mit all seinen
Ausdrucks- und Kulturformen, Werten, Symbolen und Normen. Da Szenen, laut
Hitzler, ,,kommunikative und interaktive Teilzeit-Gesellungsformen" (ebd., S. 21) und
,,Netzwerke von Gruppen" (ebd., S. 25) sind, ist eines ihrer wichtigsten Merkmale der
persönliche Kontakt und die Interaktion ihrer Mitglieder selber.
Daher sind Szenen, auch die jeweiligen Hip-Hop-Szenen, eher regional und lokal
verortet als überregional, obwohl sich auch dies immer mehr relativiert, zum einen
durch die verstärkte Nutzung der neuen Medien, vor allem des Internets, und zum
anderen durch eine erhöhte Mobilität der Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
In nahezu jeder Stadt in Deutschland und in der westlichen Welt existiert eine Hip-
Hop-Szene, natürlich mit unterschiedlichen Ausprägungen und in unterschiedlichen
Größenordnungen.
Dabei sind alle Szenen gleich oder zumindest ähnlich strukturiert. Es existiert ein
Szenekern, die so genannte ,,Organisationselite", die über ein umfangreiches Wissen
und Erfahrung in der Szene und idealerweise über eine Vielzahl an Kontakten, vor allem
auch überregional, zu anderen ,,Organisationseliten", verfügt. Darum herum gruppieren
sich nun Freunde, nähere Bekannte und weitere stärker engagierte Szenemitglieder,
und darum wieder die ,,normalen" Szenegänger oder das Publikum (vgl. Hitzler et al.,
2005,S.27f.).DabeisinddieRänderderSzenenhäufigsehrdiffus,esgibtzumeist
keine klaren Mitgliedsdefinitionen, Zugangs- oder Initiationsriten. Somit können
Jugendliche nahezu beliebig zwischen einzelnen Jugendkulturen und ihren Szenen
hin- und herwechseln beziehungsweise an einzelnen Szeneevents teilnehmen, ohne
sichübermäßigstarkmitderJugendkulturzuidentifizieren.Esistebensomöglich,
eine Zeit lang einer bestimmten Szene anzugehören, sich mit anderen Aktiven zu
treffen und auszutauschen und irgendwann wieder die Szene zu verlassen, ohne aber
gravierende Sanktionen fürchten zu müssen. Da die lokalen Szenen als Netzwerke mit
persönlichen Kontakten und kommunikativem Austausch charakterisiert sind, reicht zur
Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit auch der Kontakt zu einer oder mehreren Personen
aus der Szene oder deren Umfeld aus.

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Anhand der obigen Feststellungen und Definitionen lässt sich zusammenfassend
festhalten: Jugendkulturen sind Ausdrucksformen und Zusammenschlüsse junger
Menschen, die sich an bestimmten Musikrichtungen, TV-Serien, Sportarten, Vereinen
oder Ähnlichem kristallisieren und die sich jeweils gegenüber der Erwachsenenkultur
und anderen Jugendkulturen durch spezifische Merkmale wie Kleidung, Musik
oder Verhaltensweisen abgrenzen. Als Subkulturen lassen sich dabei nur einige
Randphänomene der Jugendkulturen bezeichnen, etwa die gewaltbereite Hooligan-
und Neonazi-Bewegung, Teile der linksautonomen Bewegung oder die Graffiti-
Sprüher, da diese Gruppierungen mit herrschenden Normen und Gesetzen deutlich in
Konfliktgeratenund/oderdiebestehendeGesellschaftsordnungteilweiseabschaffen
wollen. Die regionalen Zusammenschlüsse der Anhänger einer Jugendkultur lassen
sich als
Szenen
bezeichnen, die durch persönliche Kontakte und Netzwerkstrukturen
charakterisiert sind.
Im Weiteren werde ich den Terminus ,,Jugendkultur" für das Gesamtphänomen
der Hip-Hop-Kultur verwenden und von ,,Szenen" als ihren regionalen, lokalen
Zusammenhängen sprechen.
2.6 Jugendkulturen und ihre Medien
Schon seit Beginn der Geschichte der Jugendkulturen gegen Ende des
19. Jahrhunderts spielen Medien in diesen eine wichtige Rolle ­ anfangs als
Informationsträger, inzwischen immer stärker auch als Kristallisationspunkte der
Jugendkulturen. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wiederaufbau kam 1956 mit
der
Bravo
die erste Jugendzeitschrift auf den Markt, die immer noch als wichtigstes
Informationsmedium für Teenager und Heranwachsende bezeichnet werden kann.
Bis heute ist die Anzahl der Teenager- und Jugendmagazine stetig gestiegen, von
weiteren allgemeinen Zeitschriften wie
Popcorn
oder
Yam!
über spezielle Magazine
für die weiblichen Jugendlichen wie
Bravo Girl
oder
Mädchen
bis hin zu der fast
unüberschaubaren Masse an jugendkulturspezifischen Publikationen. In nahezu
jeder Jugendkultur gibt es eigene Magazine, von einfachen, regionalen und in eigener
Regie hergestellten Fanzines in Schwarz-Weiß bis hin zu professionell produzierten
und bundesweit erhältlichen Hochglanzheften, wie zum Beispiel
Backspin
und
Juice
in
der Hip-Hop-Jugendkultur,
Zillo
und
Sonic Seducer
in der Gothic-Kultur oder
Raveline
und die inzwischen eingestellte
Frontpage
in der Techno-Kultur.

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Eine besondere Stellung in einigen Jugendkulturen nehmen die Fanzines ein. Diese
meist in Eigenregie produzierten und oft nur als Schwarz-Weiß-Kopien vertriebenen
Hefte informieren zum einen zumeist über die und aus den lokalen Szenen und
leisten zum anderen eine Vernetzungsarbeit mit den Szenen in anderen Städten,
indem sie an befreundete Fanclubs, Bands oder Szenemitglieder aus anderen
Städten weitergegeben oder verschickt werden. ,,Sie bestätigen den Zusammenhalt
der Community, prägen den Szene-Geist und bestätigen natürlich mit jeder neuen
Nummer den herausgehobenen Status des Herausgebers und seiner Mitarbeiter"
(Farin, 2006b, S. 88). Die Fanzines informieren in ihren Ausgaben über lokale Bands
und Events, bieten Erlebnisberichte von Konzerten oder Fußballspielen sowie
Platten- oder Buchkritiken, alles im entsprechenden Jargon der Jugendkultur. Trotz
der fortschreitenden Technisierung auch in diesem Bereich und zahlreicher neuer
,,E-Zines" (Internetausgaben oder rein elektronisch erscheinende Fanzines) gibt es
weiterhin eine erhebliche Anzahl an ,,herkömmlich" hergestellten und vertriebenen
Fanzines (vgl. ebd.).
Ein weiteres spezielles Medium in vielen Jugendkulturen sind die so genannten Flyer,
die hauptsächlich zur Ankündigung von Partys oder Konzerten genutzt werden. Diese
heute zumeist in beidseitigem Farbdruck in allen möglichen Größen, Farben und Formen
erhältlichen Flugblätter oder Handzettel wurden ursprünglich in den 80er Jahren in der
aufkommenden House- und Techno-Jugendkultur entwickelt, um besonders günstig
und schnell für die ­ zumeist illegalen ­ Partys zu werben. Seit einigen Jahren werden
Flyer auch von anderen Jugendkulturen sowie teilweise auch von großen Konzernen
undMedienfirmengenutzt,umnichtnurfürVeranstaltungen,sondernauchfürneue
Produkte, Websites oder andere Events zu werben, da die Flyer als recht billiges
Werbemittel mit jugendkulturellem Image schnell an die entsprechende Zielgruppe
gebracht werden können. Zumeist werden sie auf Veranstaltungen verteilt oder liegen
in Szenebars und Diskotheken aus (vgl. Farin, 2006b, S. 47).
Neben den Printmedien, die hauptsächlich zur Information der Anhänger und
Szenemitglieder dienen, ist Musik das zentrale Medium in den meisten Jugendkulturen
oder genauer gesagt deren Kristallisationspunkt. Musikhören, ob aus dem Radio oder
ebenvonCDundimmerhäufigervomMP3-PlayeroderComputer,gehörtheutewie
vor 80 Jahren zu den Hauptaktivitäten der Jugendlichen (vgl. Vogelgesang, 1994,
S. 470 und Langness et al., 2006, S. 78). Im Laufe der Geschichte der Jugendkulturen
bildeten sich besonders viele Jugendkulturen im Zusammenhang mit verschiedenen
Musikrichtungen oder -stilen (Hip-Hop, Techno, Punk, Gothic, Metal), in einigen

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anderen Jugendkulturen spielt Musik eine wichtige Rolle, auch wenn sie nicht der
Hauptfokus ist (Skinheads, Skater). Seit dem Rock 'n' Roll der 50er Jahre des letzten
Jahrhunderts hat die Jugend immer wieder neue und eigene Musikstile entwickelt, in
deren Umfeld sich nahezu immer eine entsprechende Jugendkultur gebildet hat, in
der es zur Ausbildung eigener Moden, eigener sprachlicher Codes sowie teilweise
eigener Werte- und Normensysteme kam. Die Musik und die Mode der Jugendkulturen
bieten dabei den Jugendlichen, wie bereits weiter oben beschrieben, Möglichkeiten
der Abgrenzung von den Eltern und anderen Erwachsenen, aber auch von anderen
Jugendlichen (vgl. Vogelgesang, 1994, S. 468).
Fast ebenso wichtig wie das Musikhören ist für Jugendliche das Fernsehen in der
Freizeit (vgl. Langness et al., 2006, S. 78). Für die jugendlichen Fans der Soap-
Operas ist es natürlich das Hauptmedium, während es für viele andere jugendkulturell
begeisterte Jugendliche eine ergänzende Informationsquelle darstellt. Besonders die
jugendorientierten Musiksender wie
MTV
und
VIVA
haben sich mit verschiedenen
jugendkulturspezifischenFormaten(z.B.,,MTVUrban"fürHip-HopundBlackMusic,
,,Rockzone" für Rock und Metal) auf die Jugendkulturen eingestellt. Neben dem
klassischen Fernsehprogramm gewinnen DVDs immer mehr an Bedeutung. Zum einen
ersetzen sie das ältere Medium Video, zum anderen können mit einer DVD sowohl
Filme als auch andere Medieninhalte wie Texte, Audiostücke und Computerprogramme
verbreitetwerden.SchonheutesindaufvielenSpielfilm-DVDsnebendemeigentlichen
Film auch andere Inhalte, wie zum Beispiel kleine Spiele oder Bildschirmschoner-
Programme ­ jeweils auf das Thema des Films abgestimmt ­, die auf dem heimischen
PC installiert werden können. Da die DVDs nicht nur in einem entsprechenden
Abspielgerät, sondern auch auf dem Computer angeschaut und genutzt werden
können, bieten sie hier eine Schnittstelle zwischen einem rein rezeptiven Medium wie
dem Film und einer interaktiven Nutzung via PC.
Innerhalb der letzten drei Jahrzehnte wurden Computer und das Internet im
Lebensalltag unserer Gesellschaft immer wichtiger. Dies gilt auch und im Besonderen
für Jugendliche und für jugendkulturelle Zusammenhänge (vgl. Vogelgesang, 2001,
S. 111). Um den Computer, um diverse Spielkonsolen und um das Internet entwickelten
sich einige Jugendkulturen, wie zum Beispiel die Onlinespieler oder die LAN-Szene.
Für die Anhänger dieser jugendkulturellen Bewegungen stehen der Computer und das
Internet natürlich im Mittelpunkt ihres Interesses.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2008
ISBN (eBook)
9783836649759
DOI
10.3239/9783836649759
Dateigröße
2.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld – Fakultät für Erziehungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2010 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
jugendkultur medienkompetenz mediennutzung jugendszenen
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Jugendmedienkultur Hip-Hop
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