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Der Einfluss kultureller Distanz in internationalen Projektteams auf den Projekterfolg

Eine Untersuchung in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche

©2009 Diplomarbeit 189 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In Zeiten der Globalisierung ist es für immer mehr Großunternehmen einerseits sehr profitabel, andererseits aber auch überlebenswichtig, grenzüberschreitend tätig zu werden und so in Folge international zu expandieren. Insbesondere die immer schneller fortschreitenden Entwicklungen im Technologiebereich fördern die Möglichkeiten über große Distanzen in anderen Nationen Kontakte aufzubauen und Handel zu treiben. Außerdem rücken die neuen Kommunikationstechniken sowie die wesentliche Vereinfachung des Reisens und des Transports alle Teile der Welt ein großes Stück näher zu einander.
Die intensivere Zusammenarbeit von Menschen unterschiedlicher Nationen bietet aber nicht nur neue Ressourcen und Sichtweisen. Sie bedeutet auch eine wesentliche Erhöhung der Komplexität in der gemeinsamen Zusammenarbeit, im Umgang und der Kommunikation miteinander.
Dass Kommunikation nicht nur auf sprachlicher Ebene stattfindet, haben viele Manager schon lange verstanden, schließlich ist interkulturelle Kompetenz nun schon seit mehr als 5 Jahrzehnten Gegenstand der Forschung. Nichts desto trotz treten in der interkulturellen Zusammenarbeit neben den kommunikativen Problemstellungen, zusätzlich noch weitere Erschwernisse bei der Bearbeitung von gestellten Aufgaben auf. Besonders in Anbetracht unterschiedlicher Arbeits- und Denkweisen, der Wahrnehmung von Geschlechterrollen, Zeit oder Hierarchien, aber auch in Bezug auf Regeln und Normen kann kulturelle Distanz die Effektivität und Effizienz der Zusammenarbeit erschweren.
Diese Arbeit beschäftigt sich dabei grundsätzlich in einem ersten Schritt mit der Frage, ob sich kulturelle Unterschiede unter den Mitgliedern internationaler Projektteams auf die Effizienz und den Erfolg der Zusammenarbeit der Teilnehmer am Projekt auswirken. Darüber hinaus liegt der Fokus dieser Arbeit aber auf der zu erörternden Frage, ob die kulturelle Distanzdabei die Projektarbeit auf Grund von Branchengegebenheiten stärker oder schwächer beeinflusst.
In dieser Arbeit steht nun die Branche ‘Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung’ im Vordergrund. Auf Grund der immer wachsenden Verflechtung von Unternehmen besteht hier immer mehr das Bedürfnis umfassender Beratung. Zusätzlich müssen erfolgreiche Beratungsunternehmen sich ständig an eine sich im Spannungsfeld von Regulierung und Deregulierung befindlichen Wirtschaft anpassen. Um diesen Erwartungen zu entsprechen und eine breite, komplementäre und konvergente […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung

2. Kultur und Projektmanagement in der Literatur
2.1. „Kultur“ in der betriebswirtschaftlichen Literatur
2.1.1. Das Kultur-Konzept nach Schein
2.1.2. Die Kulturdimensionen nach Hall
2.1.3. Das Kulturmodell nach Hofstede
2.1.4. Die Kulturdimensionen nach der GLOBE Studie
2.2. „Kulturelle Distanz“ im betriebswirtschaftlichen Umfeld
2.2.1. Das Ronen/Shenkar-Cluster
2.2.2. Der Kogut-Singh Index
2.2.3. Die GLOBE-Studie als 7-Punkte-Likert Skala
2.3. Erkenntnisse zum Einfluss kultureller Distanz auf die wirtschaftliche Performance

3. Überblick über den Themenbereich Projektmanagement
3.1. Zu den Begrifflichkeiten „Projekt“ und „Projektmanagement“
3.2. Wie misst man den Erfolg eines Projekts?

4. Die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche und ihre Akteure
4.1. Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche
4.1.1. Berufsbild und Aufgabenstellungen in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung
4.1.2. Die Organisationsstruktur der Beratungsunternehmen
4.1.3. Eine Branche im Wandel
4.2. Die Unternehmen
4.2.1. KPMG
4.2.2. Deloitte Touche Tohmatsu
4.2.3. PricewaterhouseCoopers
4.2.4. Ernst&Young
4.2.5. Weitere mittelgroße Unternehmen, mit deren Mitarbeitern Interviews geführt wurden

5. Methodischer Zugang und Darstellung des Interviewkonzepts
5.1. Die qualitative Sozialforschung als methodischer Zugang zur Problemstellung
5.2. Umsetzung der Untersuchung
5.2.1. Das Leitfadengespräch als Verfahren der Datenerhebung
5.2.2. Der Leitfaden zur Durchführung der Interviews
5.2.3. Zusatzprotokoll zum Interview
5.2.4. Transkribtionsregeln

6. Überblick über die qualitativen Interviews in der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche
6.1. Hintergrundinformationen zu den durchgeführten Interviews
6.2. Interkulturelle Ausbildung in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche
6.3. Werkzeuge und Schulungen der Unternehmen für die interkulturelle Zusammenarbeit in internationalen Projekten
6.4. Einfluss kultureller Distanz auf die grenzüberschreitende Projektarbeit
6.4.1. Die Bemessung von Projekterfolg
6.4.2. Erfahrungen mit kulturellen Einflüssen auf die Projektarbeit
6.4.3. Wie stark wirken sich kulturelle Einflüsse auf den Projektverlauf aus?
6.4.4. Fachliche und soziale Fähigkeiten bei internationalen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsprojekten
6.5. Der Umgang mit kulturellen Einflüssen im Projektmanagement und im Management der Kundenerwartungen
6.5.1. Die Vorbereitung auf internationale Projekte in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung
6.5.2. Die Verwendung von zeitlichen Puffern in der Planung internationaler Projekte

7. Zusammenfassung und abschließende Beantwortung der Forschungsfrage

8. Handlungsempfehlung für den idealen Umgang mit kulturellen Einflüssen auf die internationale Projektarbeit in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche

9. Literaturverzeichnis

Executive Summary

Anhang | Transkribierte Interviews

Abstract

Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurde anhand von 25 qualitativen Interviews bewiesen, dass kulturelle Distanz signifikante Auswirkungen auf die Dauer und die Kosten internationaler Projekte hat. Hierbei lag der Fokus auf der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche, einem Berufsfeld, das sehr stark rechtlich und finanztechnisch geprägt ist.

Ausgehend von den Erkenntnissen dieser Untersuchung sollten große, multinationale und mittelgroße Unternehmen dieser Branche die Erfahrungen mit kulturellen Einflüssen auch durchgängig und strategisch auf Marketing- und Personalentwicklungs-Ebene in die interne und externe Kommunikation einfließen lassen und für die jeweiligen Niederlassungen in kulturähnlichen Ländern sammeln und proaktiv den Mitarbeitern für internationale Projekte zur Verfügung stellen.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Diplomarbeit

Abbildung 2: Kultur-Cluster nach Ronen und Shenkar

Abbildung 3: Nominaler Index kultureller Distanz

Abbildung 4: Gegenüberstellung der 4 Kulturdimensionen für Indien und Deutschland

Abbildung 5: Vergleich der Dimensionen der GLOBE-Studie in Bezug auf den deutschsprachigen Raum und den Mittleren Osten

Abbildung 6: Performance, cost, time project targets

Abbildung 7: Critical Success Indicators Modell

Abbildung 8: Critical Success Criteria Model

Abbildung 9: Theoretical Success Cycle

Abbildung 10: Die Aufgabenarten in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung

Abbildung 11: Übersicht und Verteilung der Unternehmensgrößenklassen

Abbildung 14: Verteilung der Antworten auf die Forschungsfrage, ob kulturelle Unterschiede einen Einfluss auf den Projekterfolg haben

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Karrierestufen und Tätigkeiten in der Steuerberatung

Tabelle 2: Karrierestufen und Tätigkeiten in der Wirtschaftsprüfung

Tabelle 3: Unterteilung der Branche in 3 Untergruppen gemäß der Einstellung zu kulturellen Einflüssen

1. Einleitung

In Zeiten der Globalisierung ist es für immer mehr Großunternehmen einerseits sehr profitabel, andererseits aber auch überlebenswichtig, grenzüberschreitend tätig zu werden und so in Folge international zu expandieren. Insbesondere die immer schneller fortschreitenden Entwicklungen im Technologiebereich fördern die Möglichkeiten über große Distanzen in anderen Nationen Kontakte aufzubauen und Handel zu treiben. Außerdem rücken die neuen Kommunikationstechniken sowie die wesentliche Vereinfachung des Reisens und des Transports alle Teile der Welt ein großes Stück näher zu einander.

Die intensivere Zusammenarbeit von Menschen unterschiedlicher Nationen bietet aber nicht nur neue Ressourcen und Sichtweisen. Sie bedeutet auch eine wesentliche Erhöhung der Komplexität in der gemeinsamen Zusammenarbeit, im Umgang und der Kommunikation miteinander.

Dass Kommunikation nicht nur auf sprachlicher Ebene stattfindet, haben viele Manager schon lange verstanden, schließlich ist interkulturelle Kompetenz nun schon seit mehr als 5 Jahrzehnten Gegenstand der Forschung (Bergemann & Bergemann, 2005). Nichts desto trotz treten in der interkulturellen Zusammenarbeit neben den kommunikativen Problemstellungen, zusätzlich noch weitere Erschwernisse bei der Bearbeitung von gestellten Aufgaben auf. Besonders in Anbetracht unterschiedlicher Arbeits- und Denkweisen, der Wahrnehmung von Geschlechterrollen, Zeit oder Hierarchien, aber auch in Bezug auf Regeln und Normen kann kulturelle Distanz die Effektivität und Effizienz der Zusammenarbeit erschweren.

Diese Arbeit beschäftigt sich dabei grundsätzlich in einem ersten Schritt mit der Frage, ob sich kulturelle Unterschiede unter den Mitgliedern internationaler Projektteams auf die Effizienz und den Erfolg der Zusammenarbeit der Teilnehmer am Projekt auswirken. Darüber hinaus liegt der Fokus dieser Arbeit aber auf der zu erörternden Frage, ob die kulturelle Distanz dabei die Projektarbeit auf Grund von Branchengegebenheiten stärker oder schwächer beeinflusst.

In dieser Arbeit steht nun die Branche „Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung“ im Vordergrund. Auf Grund der immer wachsenden Verflechtung von Unternehmen besteht hier immer mehr das Bedürfnis umfassender Beratung. Zusätzlich müssen erfolgreiche Beratungsunternehmen sich ständig an eine sich im Spannungsfeld von Regulierung und Deregulierung befindlichen Wirtschaft anpassen. Um diesen Erwartungen zu entsprechen und eine breite, komplementäre und konvergente Beratungsleistung bereitstellen zu können, kommt es auch in dieser Branche immer häufiger zu grenzüberschreitender Zusammenarbeit in internationalen Projektteams. Das vorrangige Ziel ist dabei, das implizite Wissen und die verteilten Erfahrungswerte auf regionaler Ebene im breitgewachsenen Unternehmen oder Unternehmensnetzwerk noch besser auszunutzen und so Wettbewerbsvorteile zu generieren.

Die rechtlichen und finanz-technischen Rahmenbedingungen in diesem spezifischen Beratungssektor haben dabei zur Folge, dass den Beratern durch sehr klar definierte Handlungsspielräume und Projektvorgaben Grenzen eingeräumt werden, innerhalb derer sie die Aufgabenstellungen zu bewältigen haben. Ob diese Limitierungen die hemmende Wirkung von kultureller Distanz einschränken oder eher nicht, stellt also in Folge den zweiten Kernaspekt dieser Arbeit dar.

Die bisherige Forschung geht zwar davon aus, dass kulturelle Unterschiede grundsätzlich einen signifikanten Einfluss auf die Zusammenarbeit haben können. Allerdings ging man dabei noch nicht konsequent auf die Zusammenarbeit in Projekten ein, die sich ja alleine schon durch den zeitlichen und ressourcenmäßigen Horizont von der allgemeinen Zusammenarbeit in Teams oder Organisationen unterscheiden. Ebenso wenig wurde bisher auf mögliche branchenspezifische Unterschiede eingegangen.

Diese Arbeit soll deshalb aufzeigen, dass es durchaus Branchen gibt, in denen kulturelle Distanz zwischen den Projektmitgliedern ein zu vernachlässigender Faktor in Planung, Durchführung und Abschluss internationaler Projekte sein kann. In Folge würde je nach Branche die kulturelle Herkunft der Projektteilnehmer bei der Auswahl, der Steuerung und dem Monitoring des Projektverlaufs keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielen. Diese Erkenntnisse könnten dann in weiterer Folge Projektmanagern bei der Planung und Umsetzung von Projekten unterstützen, je nachdem, in welcher Branche bzw. welchem Tätigkeitsfeld sie eine Projektleitung übernehmen.

Dabei ist die Arbeit so strukturiert, dass zu Beginn ein Überblick über die unterschiedlichen Konzepte von Kultur und kultureller Distanz gegeben wird. Im Anschluss wird auch noch auf den speziellen Bereich der Projektarbeit eingegangen, sowie darauf, welche Faktoren überhaupt den Erfolg von Projektteams bestimmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Diplomarbeit

Quelle: Eigene Darstellung

Forschungsfrage:

Wirkt sich die kulturelle Distanz zwischen den Projektmitgliedern bei internationalen Projekten in einem sehr finanz-technisch und rechtlich geprägten Umfeld wie der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung wesentlich auf den Erfolg der Projekte aus?

2. Kultur und Projektmanagement in der Literatur

Dieses Kapitel soll einen groben Überblick über bisherige Erkenntnisse der Forschung im Bereich Kultur und ihren Einfluss auf die Zusammenarbeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht geben. Im Anschluss wird aufgezeigt, was Projektmanagement ausmacht, welche Anforderungen an Projektmanager gestellt werden und wie Erfolg in einem Projekt überhaupt gemessen wird. All diese Informationen sind essentiell bei der Betrachtung des kulturellen Einflusses auf die Zusammenarbeit in internationalen Projekten.

2.1. „Kultur“ in der betriebswirtschaftlichen Literatur

„Culture is more often a source of conflict than of synergy. Cultural differences are a nuisance at best and often a disaster."

Prof. Geert Hofstede, Emeritus Professor, Universität Maastricht (Homepage Hofstede 2008)

Jedem, der schon in irgendeiner Form mit Menschen anderer Nationalität zusammenarbeiten oder -leben musste, ist sicherlich schnell deutlich geworden, dass Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft anders denken, handeln oder urteilen. In der Betriebswirtschaftslehre hat dieser Einfluss der jeweiligen Landeskultur erst in den sechziger und siebziger Jahren intensivere Beachtung gefunden, da in diesem Zeitraum ein immer stärker werdender Handel und Austausch zwischen verschiedenen Nationen zu beobachten war. Immer häufiger kam es zu Akquisitionen im Ausland und grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

In diesem Zeitraum waren insbesondere die Einflüsse aus dem Umfeld der politischen und sozialen Ausrichtung des jeweiligen Kulturkreises, aber auch die Ansichten und Bedürfnisse von Konsumenten und Lieferanten für die betrachteten Unternehmen von Interesse. Die immer dynamischere Globalisierung und Internationalisierung der vergangenen Jahrzehnte hatte zur Folge, dass die unterschiedlichen Länder und Kulturen zwar immer näher zusammenrückten, die engere Zusammenarbeit und die vermehrten internationalen Aktivitäten von Unternehmen sorgten aber auch für immer mehr Reibungsfläche. Dadurch werden kulturelle Unterschiede auch immer mehr determinierende Variablen für Risiken, Zeit- und Kostenaufwand, sowie die Erfolgswahrscheinlichkeit der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivität. Mangelnde kulturelle Kompetenz kann in diesem Umfeld also wesentlich die Komplexität erhöhen.

Die Folgen sind weitestgehend bekannt. Dennoch gestaltet sich weiterhin gerade die Beschreibung, Kategorisierung und Analyse dessen, was Kultur prägt, problematisch. Eine eindeutige Definition kann auch diese Arbeit nicht geben. Ziel dieses Kapitels ist vielmehr einen kurzen Überblick über die herausragendsten Untersuchungen aber auch die vielfältigen Blickwinkel auf diesen Themenbereich wiederzugeben.

2.1.1. Das Kultur-Konzept nach Schein

Viele wissenschaftliche Arbeiten beschäftigen sich in ihrem Zugang zu dem Konzept „Kultur“ mit den verschiedenen Ebenen, die Kultur ausmachen. Schein (1997) identifiziert in seiner Arbeit hierbei 3 Abstufungen von kultureller Ausprägung. Je nachdem, ob diese wahrnehmbaren Einflüsse sich nun sichtbar oder unsichtbar und unbewusst in einer Kultur manifestieren, unterscheidet Schein sie nach Artefakten, Werten und grundlegenden Annahmen:

- Grundannahmen kennzeichnen alles, was von den Mitgliedern einer Kultur für wahr gehalten wird. Sie sind meist unsichtbar und unbewusst. Dabei beeinflussen Grundannahmen das Denken und Handeln auf eine Art und Weise, in der sie weder angezweifelt oder angefochten werden und so nur schwerlich verändert werden können. Sie bestimmen, welche Denkmuster vorliegen und in Folge, welche Emotionen und Handlungen als Reaktion in bestimmten Situationen am adäquatesten sind.
- Werte sind teils sichtbar, teils unbewusst vorhanden. Sie bauen auf den Grundannahmen auf und beeinflussen ebenfalls das menschliche Verhalten. Sie beschreiben aber eher Einstellungen und können von Grundannahmen abweichen. Werte können erwünscht sein, erarbeitet und etabliert werden. Kollektive Werte beschreiben somit Einstellungen wie Ehrlichkeit, Sparsamkeit oder Konservativität (Schein 2004).
- Artefakte dagegen treten an der Oberfläche der Wahrnehmung auf als sichtbare und interpretationsbedürftige Äußerungsform. Diese können sich beispielsweise als Kommunikationsverhalten, bestimmte Symbole oder Leitbilder widerspiegeln. Ihnen kommt die Aufgabe zu, die komplexen und unterschwelligen Werte und Grundannahmen darzustellen und den Mitgliedern sowie Außenstehenden zu vermitteln (Schein 1997).

2.1.2. Die Kulturdimensionen nach Hall

Einen anderen Zugang über verschiedene Dimensionen von Kultur, die eine Unterscheidung von Kulturausprägungen möglich machen soll, bietet der Anthropologe Edward Hall (1990), der in seiner Arbeit vier grundlegende Dimensionen, die das menschliche Zusammenleben prägen, unterscheidet:

- Kontextorientierung: Diese Dimension spricht die Verbalisierung von Information in der Kommunikation an. Dabei unterscheidet Hall zwischen High-Context- und Low-Context-Kulturen. Bei Ersteren ist in einer explizit formulierten Botschaft nur ein geringer Teil der tatsächlichen Information enthalten. Der hauptsächliche Teil der Botschaft bleibt im Kontext der Kommunikation verborgen. In Low-Context-Kulturen hingegen wird ein hohes Maß an Kommunikation in der Aussage übermittelt.
- Raumorientierung: Hierbei unterscheidet Hall zwischen der Privatsphäre und dem sogenannten Territorium. Die Privatsphäre wird als jener nicht sichtbare Bereich einer Person betrachtet, der von anderen nicht ohne Erlaubnis betreten werden darf. Das Territorium betrifft die Orte und Gegenstände, die das Individuum als persönliches Eigentum betrachtet und nur von dieser Person verwendet werden dürfen. Die Eingrenzung dieser Bereiche kann sich dabei von Kultur zu Kultur unterscheiden.
- Zeitorientierung: Diese Dimension bezieht sich darauf, ob Aktivitäten eher linear, also nacheinander, oder synchron, das heißt gleichzeitig, erledigt werden. Hall bezeichnet dies als monochrone bzw. polychrone Zeitauffassung.
- Informationsgeschwindigkeit: Die vierte Dimension zeigt auf, in welchen unterschiedlichen Geschwindigkeiten Botschaften in einer Kommunikationssituation kodiert bzw. dekodiert werden können oder sollen.

Das Modell von Hall dient dabei schon sehr gut der Unterscheidung von Kulturen und wird deshalb in der betriebswirtschaftlichen Literatur häufig bei Fragestellungen des internationalen Marketings herangezogen, da hier die Kommunikation eine bedeutende Rolle spielt. Bei anderen betriebswirtschaftlichen Diskussionen, vor allem bei ausländischen Direktinvestitionen oder Fragen der Politik multinationaler Personalressourcen bieten andere Dimensionierungsansätze greifbareren Einblick.

2.1.3. Das Kulturmodell nach Hofstede

Das Kulturmodell von Hofstede gilt generell als eine der umfassendsten Untersuchungen nationaler Kulturausprägungen. In seiner Tätigkeit als Personalchef der IBM-Division Europa führte er international standardisierte Befragungen zur Arbeitnehmerzufriedenheit durch, in deren Rahmen er von 1967 bis 1973 über 116.000 Fragebögen aus insgesamt 72 Ländern als Datenbasis zusammenführt (Ressourcen Hofstede 2008). Die Unterschiede aus den Antworten ließen wesentliche Rückschlüsse auf die Wertesysteme der befragten Personen zu, auf deren Basis Hofstede (2001) 5 verschiedene Kulturdimensionen herausarbeiten konnte:

- Machtdistanz: Der sogenannte Power Distance Index beschreibt, in welchem Maße weniger mächtige Individuen ein ungleiche Machtverteilung akzeptieren und auch erwarten. Dabei steht eine hohe Machtdistanz für eine sehr ungleiche Machtverteilung.
- Unsicherheitsvermeidung: Die Dimension Unsicherheitsvermeidung oder Risikobereitschaft gibt Auskunft, wie hoch in einer Kultur die Bereitschaft ist, ohne Sicherheit zu leben. Kulturen, die zu einer hohen Unsicherheitsvermeidung tendieren, zeichnen sich durch eine Vielzahl an Gesetzen, Richtlinien und Regelungen aus und legen sehr viel Wert auf niedergeschriebene Vereinbarungen. Die Mitglieder einer solchen Kultur sind meist von einer inneren nervösen Energie angetrieben im Gegensatz zu den Mitgliedern einer Kultur in der Unsicherheit eher akzeptiert wird. Diese sind meist toleranter und werden eher phlegmatisch wahrgenommen.
- Individualismus gegenüber Kollektivismus: Diese Dimension beschreibt die Beziehung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft hinsichtlich dem Wunsch eher individuelle Selbstverwirklichung zu erreichen oder im Einklang mit der Gruppe zu handeln.
- Maskulinität gegenüber Femininität: Dies betrifft nicht die Rollenverteilung innerhalb der Gesellschaft, sondern vielmehr meint diese Dimension die Ausprägung von Werten, die dem jeweiligen Geschlecht zugeschrieben werden. So zählt Hofstede als typisch feminine Werte Kooperation, Fürsorglichkeit oder Bescheidenheit auf, während typisch maskuline Werte beispielsweise Konkurrenzbereitschaft und Selbstbewusstsein darstellen.
- Lang- oder kurzfristige Ausrichtung: Diese fünfte Dimension ist als letzte aus den Untersuchungen Hofstede’s hervorgegangen und hat erst in seinem 2001 erschienenen Buch „Culture’s Consequence“ Erwähnung gefunden[1]. Diese Dimension betrachtet die Ausprägung des zeitlichen Planungshorizonts einer Kultur. Dabei machen Kulturen mit einer eher langfristigen Ausprägung Werte wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit und Nachhaltigkeit aus. Kulturen mit einem eher kurzfristigen Planungshorizont zeichnen eher Werte wie Egoismus aber auch ein höheres Maß an Flexibilität aus.

Hofstedes Arbeit bildet auch heute noch die Basis für eine Vielzahl von wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich kultureller Ausprägung. Nichts desto trotz ist doch die Aussagekraft der Untersuchung im Nachhinein auf Grund mehrerer Punkte zu kritisieren.

So hebt beispielsweise Schwartz (1994) hervor, dass die Wertedimensionen keinesfalls vollständig sind, sondern vielmehr noch andere Wertedimensionen existieren können. McSweeney (2002) kritisierte, dass sich die Untersuchung Hofstedes nur mit „modernen Ländern“ beschäftigt, in denen IBM zur damaligen Zeit auch ansässig war. So fallen aus der Analyse die Regionen des damaligen Ostblocks, aber auch afrikanische und arabische Regionen sind wesentlich unterrepräsentiert. Aber auch Hofstede (Kritik an Hofstede 2002) selbst ist sich der Einschränkungen seiner Arbeit bewusst. So weist er auf den zeitlichen Rahmen hin, der die Untersuchung auf die Jahre `67-`73 eingrenzt, wodurch Veränderungen, die in den vergangenen 3 Jahrzehnten stattgefunden haben, ausgeblendet werden.

2.1.4. Die Kulturdimensionen nach der GLOBE Studie

Abschließend soll an dieser Stelle noch die GLOBE Studie angeführt werden, eine noch aktuellere Studie mit dem Ziel, „Eigenschaften von Kultur empirisch zu quantifizieren“. Im Rahmen dieses Projekts führte man in den späten Neunzigern Befragungen mit rund 18.000 Managern aus 62 Ländern, beschäftigt in Nahrungsmittelindustrie, Bankengewerbe und Telekommunikation, durch. Im Gegensatz zu Hofstede konnte hier also ein verzerrender Einfluss der Unternehmenskultur weitestgehend vermieden werden, da die Teilnehmer aus vielen unterschiedlichen Kulturen kamen (House, Hanges, Javidian, Dorfman, & Gupta 2004).

Anhand der analysierten Daten, zu denen auch Sekundärdaten zur ethnischen Zusammensetzung oder der Religion der betrachteten Bevölkerung herangezogen wurden, konnten so neun Kulturdimensionen ausgemacht werden. Diese decken sich zwar teilweise mit Ergebnissen Hofstedes’, bringen aber auch neue Blickwinkel auf die vielfältigen Ausprägungen von Kultur (House, et al. 2004):

- Leistungsorientierung: Hier wird beschrieben, wie sehr Erfolg und Leistung in einer Gesellschaft belohnt und geschätzt werden.
- Zukunftsorientierung: In wie weit orientieren sich Individuen an Erwartungen und Planungen für die Zukunft, wenn sie Handlungen setzen.
- Geschlechtergleichheit: Wie stark spielen Unterschiede zwischen den Geschlechtern in einer Gesellschaft eine Rolle.
- Selbstbehauptung: Diese Dimensionierung zeigt auf, wie hoch die Bereitschaft zu Konfrontationen ist und man Anerkennung erhält, wenn sich Mitglieder einer Gesellschaft aggressiv verhalten um ihre Ziele zu erreichen.
- Gruppenkollektivismus: Hier wird beschrieben, welche Bedeutung die Zugehörigkeit einer Gruppe für die Mitglieder einer Gesellschaft zugeschrieben wird.
- Gesellschaftlicher Kollektivismus: Wie sehr werden die Mitglieder einer Gesellschaft in dieser Gesellschaft durch bestimmte institutionelle Mechanismen dazu angeregt und dafür belohnt, sich in bestimmte Gruppen zu integrieren und die eigenen Interessen denen der Gruppe unterzuordnen.
- Machtdistanz: In wie weit erwarten oder akzeptieren die Mitglieder einer Gesellschaft eine ungleiche Verteilung von Macht.
- Humanität: In wie fern wird großzügiges und freundliches Handeln in einer Gesellschaft geschätzt und anerkannt.
- Unsicherheitsvermeidung: In wie weit versucht eine Gesellschaft mittels Riten, Normen oder Regelungen Unsicherheit zu vermeiden.

Die GLOBE-Studie ist insgesamt die größte Kulturstudie der Neunziger Jahre und hat einen wesentlichen Anteil geleistet, viele der noch offenen Fragen kulturvergleichender Forschung zu beantworten und so Lücken der vorangegangenen Forschung zu schließen. Allerdings gibt es auch einige Kritikpunkte zu dieser Studie. Beispielsweise wurden bei dieser Studie, wie auch bei anderen kulturvergleichenden Studien, in Bezug auf große heterogene Länder wie China, Indien oder den USA mögliche Teilkulturen nicht ausreichend berücksichtigt (Hofstede, G., & Spangenberg 1989). Ebenso wurde zwar durch den Fokus auf die mittlere Management-Ebene eine durchgängige Vergleichbarkeit geschaffen. Nichts desto trotz ist diese Stichprobe nicht auf die Gesamtbevölkerung eines Kulturkreises umlegbar, da hier auch Unterschiede in Verhalten und Wertesystem zwischen den Hierarchieebenen einer Gesellschaft auftreten können (Dickson, BeShears, & Gupta 2004).

Somit kann also auf der Basis verschiedener Arbeiten, eine Beschreibung für die meisten Länderkulturen gefunden und so in Folge anhand von Punktwerten für die einzelnen Dimensionen Unterschiede zwischen Kulturen quantifiziert werden. Da aber auch in aktuelleren Forschungsansätzen immer noch viele offene Fragen zu beantworten sind, wird die Arbeit an neuen Erkenntnissen hier wohl noch einige Jahre und Jahrzehnte andauern. Vor allem im Hinblick auf eine immer rascher fortschreitende Globalisierung und Internationalisierung, die beide einen wesentlichen Einfluss auf die Kultur und das Miteinander von Gesellschaften ausüben. Im anschließenden Kapitel wird deshalb nun auf das Konzept der „kulturellen Distanz“ eingegangen, das schließlich nur aufbauend auf o.g. Ergebnissen verifizierbar wird.

2.2. „Kulturelle Distanz“ im betriebswirtschaftlichen Umfeld

Im vorangegangenen Kapitel wurde aufgezeigt, was Kultur ist und in welchen Dimensionen ihr von einer Gesellschaft und deren Individuen, aber auch Untergruppen oder Unternehmen, Ausdruck verliehen wird. Kulturelle Distanz bezeichnet also die Gesamtheit der Unterschiede in Bezug auf die unterschiedlichen Dimensionen von Kultur, die zwischen 2 beobachteten Individuen oder Gruppen verschiedener Herkunft bestehen (Ackermann 2004). Für die Definition von Distanz oder Unterschieden ist also immer der Vergleich des „Eigenen“ mit dem „Fremden“ von Bedeutung. Dabei ziehen die Individuen das Vertraute aus dem eigenen Umfeld heran und vergleichen das Unvertraute, um dadurch das Andersartige herauszufiltern. Anzumerken ist hier ebenfalls, dass den meisten Ermittlungsverfahren die Kulturdimenstion von Hofstede zur Berechnung kultureller Distanz zugrunde liegen.

2.2.1. Das Ronen/Shenkar-Cluster

Ein einfacher Ansatz kulturelle Distanz abbildbar und in Folge vergleichbar zu machen, ist das Ronen/Shenkar-Cluster. Dieses nutzt die Vorteile des Cluster-Konzepts, bei dem Objekte, die sich nur in marginalen Details unterscheiden, gleichermaßen bezeichnet und behandelt werden. Dies führt zu einer wesentlichen Vereinfachung, indem Objekte, die sich möglichst ähnlich sind, in Clustern zusammengefasst werden, die sich von anderen Clustern signifikant unterscheiden (Ackermann 2004).

Kulturelle Distanz zwischen verschiedenen Ländern wird dabei von Ronen und Shenkar auf der Basis eines Vergleichs zwischen interkulturellen Verhaltensmustern aufgezeigt. Im Fokus der Untersuchung standen Unternehmensbelegschaften, wobei versucht wurde, das Ausmaß der kulturellen Beeinflussung auf Einstellung und Verhalten der befragten Mitarbeiter herauszuarbeiten. So konnten Länder-Cluster zu verschiedenen, definierten Unternehmensvariablen gebildet werden. Dabei wurde auf die Ergebnisse von 8 bereits vorausgegangenen Studien, die ebenfalls das Länder-Cluster-Verfahren als Konzept zum Ländervergleich herangezogen hatten, zurück gegriffen (Ronen, Shenkar 1985).

Die dabei betrachteten Variablen betrafen grob die vier Bereiche: Bedeutung arbeitsbezogener Ziele, Arbeitszufriedenheit, Manager- und unternehmensbezogene Variablen und den Stellenwert der Arbeit und zwischenmenschlicher Orientierung. So konnten neun charakterisierende Cluster gebildet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kultur-Cluster nach Ronen und Shenkar

Quelle: Eigene Darstellung nach Ronen, Shenkar 1985, S.449

So kann auf einfache Weise eine Einteilung oder Kategorisierung unterschiedlicher Länder in Gruppen umgesetzt werden und so als einfache Entscheidungsgrundlage für Manager dienen. Allerdings wird dabei auch der größte Kritikpunkt des Verfahrens deutlich, denn das Cluster-Konzept ermöglicht so nur eine Aussage zur grundsätzlichen Unterschiedlichkeit von Landeskulturen. Die Größe der Unterschiede kann in dieser Einteilung nicht entnommen werden. Für eine differenzierte Analyse von kultureller Distanz sind also andere Konzepte zielführender.

2.2.2. Der Kogut-Singh Index

Ein weiteres bedeutendes und oft zitiertes Verfahren ist wohl der Index von Kogut und Singh (1988). Bei dieser Arbeit sollte der Effekt von Nationalkulturen auf die Wahl der adäquatesten Markteintrittsform von ausländischen Unternehmen untersucht werden. Dafür wurden die Daten von 228 Markteintritten ausländischer Unternehmen in die USA analysiert. Um kulturelle Distanz für diesen Forschungszweck meßbar zu machen, mussten Kogut und Singh eine nominale Messung ermöglichen. Die Basis dafür bildete folgender Index:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Nominaler Index kultureller Distanz

Quelle: Kogut, Singh 1988, S.422

Dieser Index übernimmt dabei die Dimensionen des Kulturkonzepts von Hofstede (2001). So wird kulturelle Distanz als Kennzahl bestehend aus den Variablen Individualität, Machtdistanz, Maskulinität und Unsicherheitsvermeidung gebildet. Nimmt man also in diesem Konzept, wie hier beispielhaft an der Arbeit von Welge und Holtbrügge (2003) dargestellt, die Länder Deutschland und Indien anhand der Dimensionen von Hofstede betrachten, käme man zu folgendem Ergebnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Gegenüberstellung der 4 Kulturdimensionen für Indien und Deutschland

Quelle: Welge & Holtbrügge 2003, S.198

Setzt man diese Punktwerte nun in die Gleichung des Kogut-Singh Index ein, erhält man den Wert 30 für die kulturelle Distanz zwischen dem indischen und deutschen Kulturkreis. Hierbei zeigt ein niedriger Wert bis 0 eine geringfügige bis gar keine Distanz zwischen den Ländern auf, ein hoher Wert bis 100 stellt eine maximale Distanz dar (Welge & Holtbrügge 2003).

Obwohl dieser Index gerade bei internationalen Investitionsprojekten häufig Verwendung findet, muss auch dieses Konstrukt kritisch betrachtet werden. So werden hierbei beispielsweise grundsätzlich Länder mit Kulturen gleichgesetzt, was ein Trugbild ist. Ebenso wird Kultur hier als konstant angesehen, was auf die Anlehnung an Hofstede zurückzuführen ist (Ackermann 2004).

2.2.3. Die GLOBE-Studie als 7-Punkte-Likert Skala

Eine größere Aktualität und breitere Datenbasis in Bezug auf die Anzahl der untersuchten Länder bietet hier die bereits oben ausführlich angeführte GLOBE-Studie (Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness). Auch hier wurden Punktwerte für die verschiedenen Dimensionen verglichen. Dabei erfolgte die Messung der Ausprägung immer auf Basis der 7-Punkte-Likert Skala[2], wobei 1 für ein hohes Maß an Zustimmung steht, 7 für hohe Ablehnung herangezogen wird.

Hier ein Beispiel eines Vergleichs zwischen 2 Kulturkreisen, bei dem die Werte einer Kultur und die tatsächlich praktizierte Handlungen verglichen wurden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Vergleich der Dimensionen der GLOBE-Studie in Bezug auf den deutschsprachigen Raum und den Mittleren Osten

Quelle: House, et al. 2004, S.33ff

Somit können mit den Ergebnissen der GLOBE-Studie also Ausprägungen einfach verglichen werden und Schlüsse aus Vorteilhaftigkeit oder die hemmende Wirkung von bestimmten kulturellen Einflüssen für die Zusammenarbeit gezogen werden. Vor allem auf Grund der breiten Datenbasis ist dieses Konzept ein sehr nützliches Instrument im interkulturellen Management.

Nichts desto trotz gilt hier die Kritik dem zugrundeliegenden Skalierungsverfahren nach Likert. Dieses hat zwar den Vorteil, dass auf Grund der Antwortvorgaben, welche jeweils positiv oder negativ sein können, eine Symmetrie geschaffen wird. Allerdings kommt es dadurch auch zu mittleren Skalenwerten, die nur schwer interpretierbar sind. Diese Werte kommen teilweise auch deshalb zustande, weil die Probanden nicht die Fähigkeit oder den Willen zur Offenlegung ihrer Einstellung aufweisen. Ebenso kann die momentane Einstellung im Augenblick der Fragestellung von der grundsätzlichen Einstellung abweichen.

2.3. Erkenntnisse zum Einfluss kultureller Distanz auf die wirtschaftliche Performance

Wie geht man nun mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen innerhalb einer Organisation oder eines Projekts um? Haben kulturelle Unterschiede grundsätzlich einen negativen Einfluss auf die Zusammenarbeit?

Kahn und McDonough (1997) heben in ihrer Arbeit hervor, dass der Einfluss unterschiedlicher Kulturen den Steuerungsaufwand für Projektmanager internationaler Produktentwicklungsteams wesentlich erhöht. Denn kulturelle Diversität hat 2 Seiten einer Medaille und bringt sowohl Vor- und als auch Nachteile mit sich.

Verschiedene Studien konnten bereits aufzeigen, dass heterogene Teams, im Vergleich zu homogenen Teams, signifikant bessere Ergebnisse in den Bereichen Kreativität und Innovationsfähigkeit erzielen (Jackson 1992). Dies wird zumeist darauf zurückgeführt, dass eine hohe Diversität der Gruppenmitglieder eine breitere Erfahrungs- und Perspektivenvielfalt bietet und deshalb besser dazu geeignet ist, komplexe Problemstellungen zu lösen (Miliken & Martins 1996).

Auf der anderen Seite bringt eine gewisse kulturelle Distanz auch ein höheres Konfliktpotential und Probleme in der Kommunikation untereinander mit sich. Dies führt zu einer schlechteren Teamintegration und einer geringeren Produktivität. Die verschiedenen Ansichten, Wertesysteme, Verhaltens- und Ausdrucksweisen, Erfahrungswerte und Sprachen führen dabei zu Missverständnissen, Fehlinterpretationen oder ganz einfach zu Kommunikationsbarrieren (Adler 1991).

Unter Laborbedingungen ergab die Arbeit von Watson, Kumar und Michaelsen (1993), dass ethnisch homogene Gruppen zu Beginn der Gruppenarbeit eine besonders gute Teamarbeit aufwiesen und eine stärkere Teamintegration zu beobachten war. Im Vergleich mit heterogenen Gruppen verlor sich dieser Vorteil im Zeitverlauf aber wieder und die Gruppen mit höherer kultureller Diversität konnten die Arbeitsleistung in einem Großteil der definierten Meßgrößen übertreffen.

Wie Adler (1991: 134) anmerkt, wird kulturelle Distanz derzeit eher ignoriert, anstatt als steuerbare Einflussgröße eingesetzt zu werden:

„(...) cultural diversity is more frequently ignored than managed, culturally diverse teams often perform below expectation and below the organization’s norm.“

Kulturelle Diversität sollte in Projektteams also aktiv gesteuert werden, um so von den Vorteilen in vollem Umfang profitieren zu können. Um hier einen optimalen Erfolg zu erzielen, müsste man aber das optimale Maß an kultureller Distanz unter den Gruppenmitgliedern feststellen. Obwohl kulturelle Distanz ein tiefgründig erforschtes Gebiet in der Betriebswirtschaft ist, gibt es zu dieser Fragestellung bisher nur sehr wenige Studien.

Sivakumar und Nakata (2003) beschäftigen sich in ihrer Arbeit dazu auf Basis mathematischer Szenarien. Dabei wurde die Intensität bestimmter kultureller Faktoren gemäß Hofstede (1980) in Relation zur Wichtigkeit und dem Einfluss der verschiedenen Phasen der Gruppenarbeit bzw. –integration gesetzt. So sollte ein Verhältnis aus kultureller Distanz, Produkterfolg und der Innovativität des Projektteams abgebildet werden. Sie stellten dabei fest, dass je größer die kulturelle Diversität und je kleiner damit die Schnittmenge gemeinsamer Wissens- und Erfahrungswerte wurde, desto stärker erhöhte sich das Potential kreative Problemlösungen zu finden. Ab einem bestimmten Punkt der kulturellen Diversität aber wurde die Schnittmenge der gemeinsamen Werte so gering, dass die Zusammenarbeit nicht mehr in einem ausreichenden Maße gewährleistet werden konnte.

Um allerdings einen wirklich optimalen Wert der kulturellen Diversität in Projektteams festzulegen, müssen noch weitere und breitere Studien folgen, besonders, wenn es um die Erkenntnisfindung der hier greifenden Mechanismen der interkulturellen Gruppenintegration geht.

3. Überblick über den Themenbereich Projektmanagement

3.1. Zu den Begrifflichkeiten „Projekt“ und „Projektmanagement“

Generell wird ein „Team“ als eine konstruktiv zusammenarbeitende Gruppe von mindestens zwei Individuen bezeichnet, die wechselseitig voneinander abhängig und in gemeinsamer Verantwortung für die Entwicklung eines Projektes, das Erreichen bestimmter Ziele oder der Lösung konkreter Problemstellungen bearbeiten.

Arbeitet ein Team im Rahmen eines Projektes zusammen, untersteht dieses der Leitung des Projektmanagers. Diese Person ist dabei verantwortlich für die Planung, Implementierung, Steuerung und den erfolgreichen Abschluss eines Projekts. Der Begriff „Projekt“ selbst geht auf das lateinische Wort „proicere“ [lat.: entwerfen] zurück. Ein Projekt ist also nur ein Entwurf, Plan oder Vorhaben.

Ein Projekt unterscheidet sich gemäß der Deutschen Industrienorm 69901 von einer normalen Gruppenaufgabe vor allem darin, dass ein Projekt ein „Vorhaben (ist), das im wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist“. Einmalig insbesondere im Bezug auf die zeitlich, finanziell und ressourcentechnische Abgrenzung gegenüber anderen Tätigkeiten in einer Organisation. Zwar ist dabei oft ein klares Ziel im Voraus definiert, für das ein konkreter zeitlicher Rahmen vorgegeben wird, der exakte Lösungsweg ist allerdings dabei meist noch nicht bekannt (Projektmagazin online 2008).

Im Zentrum der Projektarbeit steht dabei das Ergebnis. Ein Projekt ist also produktbezogen, wobei der Projektabschluss auch in Verbindung auf das Erreichen von zeitlichen wie budgetären Zielen steht. Meredith und Mantel (1995: 3) beschreiben diese Abhängigkeit so:

„There’s a tendency to think of a project solely in terms of ist outcome – that is its performance. But the time at which the outcome is available is itself a part of the outcome, as is the cost entailed in achieving the outcome. The completion of a building on time and on budget is quite a different outcome from the completion of the same physical structure a year late or 20 percent over budget, or both.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Performance, cost, time project targets

Quelle: Meredith & Mantel 1995, S.3

Da der Projektmanager PM die Aufgabe hat, alle Aspekte der Aufgabenstellung in die Planung und Umsetzung zu integrieren und dafür zu sorgen, dass Informationen und Ressourcen wenn nötig bereitstehen, um das Projekt im oben angeführten zeitlichen, budgetären und ergebnisorientierten Zielkorridor abzuschließen, wird diese Position auf Grund der Komplexität oft auch als „Supermanager“ bezeichnet (Meredith & Mantel 1995).

Zu den speziellen Aufgaben des Projektmanagers zählt Meredith die folgenden sieben Anforderungen, von deren Erfüllung und Umsetzung oft der Erfolg von Projekten entscheidend abhängt (Meredith & Mantel 1995):

- Akquisition der notwendigen Ressourcen: Dabei geht es neben der Bereitstellung und Planung von Ressourcen zu Projektbeginn auch darum, im Laufe des Projektes optimal auf ressourcenmäßige Defizite zu reagieren, die sich aus plötzlichen Entwicklungen oder aber Planungsfehlern ergeben haben.
- Auswahl und Motivation der Projektmitarbeiter: Eine Schwierigkeit für den Projektmanager stellt die Tatsache dar, dass meist die Mitarbeiter, die für eine Projektaufgabe gebraucht werden, aus ihrem bestehenden Arbeitsumfeld, ihrer Abteilung oder Linie, „ausgeliehen“ werden müssen. Dies bedeutet nicht nur zusätzlichen Planungsaufwand, sondern meist auch Verhandlungsarbeit für den PM. Ein weiterer Punkt in diesem Aufgabenbereich ist die Motivation der Projektmitarbeiter, die ja in diesem Umfeld mit „Zusatzarbeit“ konfrontiert sind und sich nicht immer über diese neue Herausforderung freuen können.
- Umgang mit Schwierigkeiten im Projektverlauf: Schwierigkeiten im Projektverlauf stehen oft in Verbindung mit den für die Erreichung der Projektziele notwendigen Ressourcen. Diese Ressourcenausstattung wurde meist schon im Voraus mit Klienten oder Vorgesetzten abgestimmt. Eine Abweichung von der Planung kann hier schon zu Problemen bei der Abnahme des Produkts führen, weshalb die permanente Kontrolle und Anpassung an Engpässe zum täglichen Geschäft des PMs gehören.
- Ausgleich zwischen konfliktären Projektzielen schaffen: Dies betrifft nicht nur den Ausgleich zwischen den Zielen Zeit, Budget und Ergebnis, sondern kann sich im Rahmen eines breiten Projektportfolios auch auf Zielkonflikte zwischen einzelnen Projekten ausweiten.
- Umgang mit Misserfolgen und Fehlschlägen: Kaum ein Projekt kann völlig ohne plötzlich auftauchende Schwierigkeiten oder neue Problemstellungen umgesetzt werden. Je später ein solches Problem im Projektverlauf erkannt wird, desto schwieriger ist es, die Projektziele zu erreichen. Dies kann zum Scheitern des Projekts führen, was in Folge nicht nur Auswirkungen auf die Mitarbeiterperformance haben kann, sondern ebenso auf Prozesse in der Gesamtorganisation.
- Projektinformationen kommunizieren: Ein Projekt zu leiten, bedeutet auch immer viel Zeit mit der Kommunikation von spezifischen Informationen zum Projektgegenstand zwischen den verschiedenen Arbeitsgruppen und Projekt-Stakeholdern zu verbringen. Deshalb ist es wichtig, hier über ein weites Informationsnetzwerk zu verfügen. Gleichzeitig gehen viele Projekte aber auch mit besonderen Geheimhaltungsbestimmungen einher, die in diesem Rahmen ebenfalls beachtet werden müssen.
- Verhandeln: Um die oben angeführten Anforderungen immer wieder zu meistern, muss der PM ein hohes Maß an Verhandlungserfahrung sowie kommunikativen Fähigkeiten aufweisen.

Damit der PM all diesen Ansprüchen gerecht werden kann, benötigt er unbedingt fachliche, wie administrative Akkreditierung. Darüber hinaus zeichnen sich erfolgreiche PMs vor allem durch ihr Gespür für den Umgang mit konfliktträchtigen Situationen, aber auch durch die Behauptung sowie Schlichtung zwischenmenschlicher Konfrontationen aus. Außerdem sind PMs typischerweise Führungspersonen mit einem hohen Grad an Stressresistenz (Meredith & Mantel).

Um bei den verschiedenen Anforderungen an das Projektmanagement einen Überblick zu behalten, eignet sich der Projekt-Lebenszyklus, bei dem sich die Dynamik des Projektaufwands über den Zeitverlauf in vier Phasen aufteilen lässt. Im ersten Schritt kann man die Konzeptphase hervorheben, in deren Verlauf die Notwendigkeit des Projekts deutlich wird und in Folge Ziele und mögliche Alternativen, diese Ziele zu erreichen, spezifiziert werden. In der zweiten Phase, der Planungsphase, werden die formalen Planungsarbeiten zur Zielerfüllung durchgeführt. In dieser Phase stehen vor allem die Budgetierung sowie die Ressourcenallokation im Vordergrund. In der Exekutionsphase wird nun das Projekt umgesetzt. Materialien und Ressourcen werden ihren Aufgaben zugeteilt und der Projektstatus permanent kontrolliert und meist auch protokolliert. Abschließende Tätigkeiten werden schließlich in der Projektendphase, wenn die Projektabnahme erfolgt, gesetzt. Dabei werden die gebundenen Ressourcen wieder freigesetzt und das Projekt dem Auftraggeber übergeben. Mitarbeiter am Projekt werden nun wieder ihren normalen Tätigkeiten zugeteilt (Meredith & Mantel 1995).

Der Gruppenarbeit kommt im Projekt besondere Bedeutung zu, denn der kreative Prozess der Gruppenarbeit steht dabei in einer inversen Beziehung zum Verständnis der Problemstellung. So ist beispielsweise der Bau eines Lagerhauses relativ einfach zu Verstehen. Das Verständnis für die Problemstellung ist also sehr hoch, wohingegen die Kreativität zur Lösung des Problems relativ eingeschränkt und damit niedrig ist. Im Gegensatz dazu ist zum Beispiel die Bewohnbarmachung des Mondes eine Problemstellung zu der auf verschiedenste Weisen ein Zugang gefunden werden kann. Das Verständnis für die Problemstellung ist also niedrig, der Grad der Kreativität, die zur Lösung des Problems von Nöten wäre aber enorm hoch. Die Gruppenarbeit wird dabei als wichtiger Zugang zur Kreativität gesehen. Dafür sprechen vor allem folgende Gründe (Meredith & Mantel 1995):

1. Gruppen verfügen über mehr Wissen und Kenntnisse, als eine einzelne Person.
2. Gruppen arbeiten effizienter als das Individuum, da durch die kritische Auseinandersetzung miteinander Fehler reduziert werden.
3. Lösungen, die aus einer Gruppenabstimmung hervorgehen, werden von den umsetzenden Mitarbeitern leichter akzeptiert als die Lösungen einzelner Personen.
4. Wenn Projektteilnehmer auf Grund einer Entscheidung Maßnahmen umsetzen müssen, so arbeiten sie daran effizienter und produktiver, wenn sie an der vorausgegangenen Entscheidungsfindung teilgenommen hatten.
5. Gruppenmitglieder lernen voneinander und fördern einander. So können aus dem Wissen und den Erkenntnissen Mehrerer Synergien entstehen.

Vor dem Hintergrund kultureller Distanz heben Miliken und Martins (1996) außerdem hervor, dass die Gruppenarbeit in Teams mit einem gewissen Maß an kultureller Diversität die Lösung komplexer Problemstellungen fördern kann, da man annehmen kann, dass die Gruppenmitglieder sehr unterschiedliche Erfahrungswerte in das Team mit einbringen. In Folge könne man von signifikant unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Problemstellung profitieren.

So kann abschließend festgehalten werden, dass das Projektmanagement sehr komplexe Anforderungen umfasst und dabei die Komplexität mit dem Umfang des Projekts und der Anzahl beteiligter Interessensgruppen in gleichem Maße steigt. Doch was macht ein Projekt zu einem erfolgreichen Projekt? Wie macht man Projekterfolg meßbar? Dieser Frage widmet sich das folgende Kapitel.

3.2. Wie misst man den Erfolg eines Projekts?

„There is no evidence that doing all those Gantt charts and status reports actually ensure the project success. It is a leap of faith that by leading the process that you will achieve your results but it’s an indirect relationship.“

Auszug aus einem Interview mit einem Senior Projektmanager

(Delisle 2001: 21)

Projektmanagement hat in den vergangenen 20 Jahren wesentlich an Bedeutung gewonnen und in dieser Zeit wurden immer fundiertere Erkenntnisse in Bezug auf Planung und Durchführung von Projekten hervorgebracht. Dennoch ist ein Kernfaktor, nämlich die Definition von Projekterfolg immer noch nicht gründlich erforscht worden und es gibt aktuell nur sehr allgemeine Beschreibungen.

Des Weiteren muss man aber auch zwischen 2 unterschiedlichen Konzepten, die sich mit Projekterfolg beschäftigen, unterscheiden (Baccarini 1999):

- Der Erfolg durch das Projektmanagement - dieses Konzept richtet sich vor allem auf die Erreichung der Ziele in Bezug auf Zeit, Kosten und qualitativen Vorgaben an das Projekt.
- Der Produkterfolg aus dem Projekt - dieses Konzept wiederum beschäftigt sich mit dem Resultat des Projekts, also dem Output der Projektarbeit.

Die Unterscheidung zwischen beiden Konzepten tritt klar hervor, wenn man sich die Stakeholder eines Projektes vor Augen führt. Für den Projektmanager als solchen gilt ein Projekt als gescheitert, wenn er die Erwartungen an Zeit und Kosten nicht erfüllen kann. Für die Empfänger des Projektergebnisses, also die Verwender oder Nutznießer, gilt ein Projekt als Erfolg, wenn das erarbeitete Produkt gemäß den Erwartungen verwendet werden kann. Ersteres zieht also zur Bewertung von Projekterfolg eher kurzfristige und präsente Kriterien heran. Für Zweiteres gelten eher langfristige Kriterien (Baccarini 1999).

Betrachtet man nun also den reinen Erfolg des Projektmanagements, so bilden nach Thamhain und Wilemon (1987: 135) die drei Variablen Qualität, Zeit und Kosten das „Triumvirat“ der Meßfaktoren zur Bewertung von Projekterfolg und Teamarbeit. Couillard (1995) unterscheidet in seiner Arbeit sogar sechs verschieden Zugänge zur Messung von Projekterfolg, wobei diese Liste je nach Organisations- oder Unternehmenssicht noch erweitert oder heruntergebrochen werden:

- Die subjektive Messung des technischen Erfolgs im Verhältnis zu den Anforderungen zu Projektbeginn
- Die Messung des technischen Erfolgs im Vergleich zu anderen Projekten
- Die Messung der Über- oder Untererreichung des Projektbudgets
- Die Messung der Über- oder Untererreichung der geplanten Projektdauer
- Den Grad der Zufriedenheit bezüglich der Prozesse mit denen das Projekt geleitet wurde
- Die subjektive Messung des Gesamtprojekterfolgs

In der wohl umfassendsten aktuellen Arbeit in Bezug auf Erfolg und Kommunikation in Projektteams weist Delisle (2001) darauf hin, dass es viele von einander abweichende Konzepte zum Projekterfolg gibt und ebenso viele Sichtweisen auf die Definition von Projekterfolg auf unterschiedlichen Ebenen in der Projektdurchführung. Um diese Definitionsvielfalt zu vermindern, zeigt sie ein Konzept auf, bei dem Projekterfolg auf Erfolgsindikatoren und Erfolgskriterien heruntergebrochen wird. Erfolgsindikatoren beschreiben hierbei interne und externe Einflüsse, die eine Organisation im Falle eines erfolgreichen Projektabschlusses erfährt. Erfolgskriterien dienen dagegen direkt der Bewertung, ob ein Projekt erfolgreich ist oder war. Dabei können einzelne Erfolgskriterien auch in Clustern zusammengeführt werden. Um eine Bewertung der Ausprägung der Indikatoren und Kriterien meßbar zu machen, werden hierbei den einzelnen Faktoren Werte zugeordnet und so eine statistische Vergleichbarkeit geschaffen. Diese Aufteilung ist mit der Darstellung von Baccarini (1999) vergleichbar, geht aber noch stärker ins Detail. Delisle (2001) filtert dabei folgende Indikatoren heraus, die als kritische Erfolgsfaktoren gesehen werden können:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Critical Success Indicators Modell

Quelle: Delisle 2001, S.290

Demgegenüber stellt sie diese Erfolgskriterien und verknüpft sie mit traditionellen Erfolgswerten für Projekte und Innovationswerten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Critical Success Criteria Model

Quelle: Delisle 2001, S.292

Damit bietet Delisle eine gute Übersicht über die verschiedenen Faktoren, die für den Projekterfolg, sowohl in der Definition als Projektmanagementerfolg als auch als Produkterfolg, ausschlaggebend sind und so meßbar und vergleichbar gemacht werden können. Delisle merkt dabei auch an, dass aber auch die Messung der Indikatoren selbst einen Einfluss auf den Projekterfolg haben kann. Da nicht alle hier aufgezeigten Faktoren im Projektverlauf gemessen werden (können), wird nur auf bestimmte Werte fokussiert. Dies hat zur Folge, dass das Projektmanagement das Erreichen der fokussierten Resultate zum Ziel hat, andere Erfolgsfaktoren aber ausgeklammert werden und das Projekt somit auf anderen Ebenen scheitert (Delisle 2001).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Theoretical Success Cycle

Quelle: Delisle 2001, S. 91

Es gibt also verschiedenste Definitionen und Ebenen von Projekterfolg. In dieser Arbeit wird hierbei aber von der Bewertung der befragten Personen ausgegangen, sowie den zur Erfolgsmessung herangezogenen Methoden oder Kennzahlen, die durch das jeweilige Unternehmen zur Erfolgsbeurteilung definiert werden.

4. Die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche und ihre Akteure

Die vorangegangenen Kapitel dienten dazu einen Überblick über die theoretischen Hintergründe der Definition von Kultur sowie der kulturvergleichenden Forschung zu geben. Den Anschluss bildete ein Querschnitt durch die Welt des Projektmanagements zum Verständnis der Abgrenzung zur laufenden operativen Managementtätigkeit und deren Beurteilung. Zur Abrundung der Übersicht von Hintergründen und Theoriebezug dieser Arbeit widmet sich dieses Kapitel dem Aufriss der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche, um so Einsicht in Organisation und Tätigkeitsgebiet der beobachteten Akteure zu erhalten.

4.1. Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche

4.1.1. Berufsbild und Aufgabenstellungen in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind für Mandanten aus allen Bereichen der Industrie, des Handwerks, Handels sowie des Dienstleistungsgewerbes tätig. Sie unterstützen aber auch Freiberufler, Privatpersonen, gemeinnützige Körperschaften und juristische Personen des öffentlichen Rechts. Hierbei kann man die Aufgabengebiete folgendermaßen voneinander abgrenzen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Die Aufgabenarten in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung

Quelle: Lehrstuhl für betriebliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung RWTH Aachen 2008, S.4

Steuerberatung und Wirtschaftsberatung sind in einem gemeinsamen Gesamtbild zu sehen, da beide Tätigkeitsbereiche Hand in Hand gehen und oft durch dieselben Personen ausgeführt werden. So gehört die Wirtschaftsprüfung zu den gesetzlich vereinbarten Tätigkeiten, die unter Einhaltung gewisser „Erlaubnisvorbehalte anderer Gesetze“ von einem Steuerberater erbracht werden dürfen (Gilgan 2002: 27).

In der Steuerberatung kommen den Unternehmen die Hauptaufgaben der steuerlichen Beratung und Vertretung zu. Die Beratungsleistung lässt sich hierbei grob auf drei Bereiche eingrenzen (Gilgan 2002):

- In der Steuerdeklarationsberatung wird der Steuerpflichtige durch den Berater darin unterstützt, seine auferlegten Steuererklärungspflichten formal und umfassend zu erfüllen. Dies umfasst beispielsweise die Erstellung von Jahresabschlüssen, die Aufstellung von Bilanzen oder die Ausfertigung privater und betrieblicher Steuererklärungen.
- Die Steuergestaltungsberatung beschäftigt sich mit der Optimierung des steuerrelevanten Hintergrunds des Mandanten.
- Und schließlich wird durch die Steuerrechtsdurchsetzungsberatung der Mandant im Dialog mit der Finanzbehörde unterstützt zum Beispiel als Vertretung in Steuerstraf- und Bußgeldverfahren oder im Falle einer Revision oder Klage vor einem Finanzgericht.

Darüber hinaus können Steuerberater auch ohne besondere Zulassung wirtschaftliche Gutachten begründen, sowie Kunden in Buchführung und Aufzeichnung von Geschäftsfällen unterstützen (Gilgan 2002).

Die typische Hierarchie in der Steuerberatungslaufbahn sieht folgende Positionsbezeichnungen vor, die je nach Unternehmen abweichen oder eine Hierarchie in weiteren Abstufungen aufweisen können (Lehrstuhl für betriebliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung RWTH Aachen 2008):[3]

Tabelle 1: Karrierestufen und Tätigkeiten in der Steuerberatung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Wirtschaftsprüfung kann man hauptsächlich 3 Aufgabenbereiche hervorheben: die Vorbehaltsabschlussprüfung, sonstige Abschlussprüfungen und die Tätigkeiten als Sachverständige auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Betriebsführung. Zusätzlich kommen hier in den letzten Jahren immer mehr Beratungstätigkeiten zur Bereitstellung von Informationen für bevorstehende Audits hinzu (Gilgan 2002).

In der Wirtschaftsprüfung werden dabei ähnliche Positionsbezeichnungen wie in der Wirtschaftsprüfung verwendet (Lehrstuhl für betriebliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung RWTH Aachen 2008):[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Karrierestufen und Tätigkeiten in der Wirtschaftsprüfung

4.1.2. Die Organisationsstruktur der Beratungsunternehmen

Typischerweise sind Beratungsgesellschaften von sehr flachen Hierarchien geprägt, wobei durch das schnelle Wachstum bei einigen Consulting-Unternehmen mehrere Ebenen hinzukommen können (Kienast 2007). Durch den starken Fokus auf die Kundenbedürfnisse liegt es in der Natur des Beratungsgeschäfts, dass schnell einzelfallbezogen und situationsbedingt Entscheidungen getroffen werden müssen. Deshalb ist es innerhalb der Organisationsstruktur der Gesellschaft von Vorteil, einen Großteil der internen Aufgaben Projekten zuzuordnen. So kann jedes Kundenprojekt, ebenso wie jede Branchengruppe als autonomes Projektteam mit eigener Budgethoheit, Controlling und Planungswerkzeugen, Umsatz- und Kostenverantwortung betrachtet werden (Heuermann & Hermann 2003).

Den Rahmen des organisatorischen Beratungsprozesses bilden dabei die unterschiedlichen Metastrukturen der Gesellschaft, geordnet beispielsweise nach Geschäftsbereichen, Branchenfokus oder regionaler Orientierung. Dabei werden spezielle kundenbezogene Anforderungen in temporären Projektteams umgesetzt, bei denen der Projektmanager auf wissens- und personalbasierte Ressourcen aller dafür relevanter Dimensionierungen und Ebenen national und international zugreifen bzw. um Unterstützung suchen kann. Daneben stehen den Projektmanagern zentrale Unterstützungsbereiche zur Verfügung, die das Fundament der Organisationsstruktur darstellen (Bamberger & Wrona 2005).

Für Beratungsunternehmen bieten sich nun, je nach Ebene innerhalb der Organisationsstruktur, unterschiedliche Portfolios an Projekten, die einer internen und externen Koordination bedürfen. Moderne Controllingsysteme und Datenbanken ermöglichen hierbei den Verantwortlichen einerseits Projekte klar abzugrenzen, aber auch relevante Projektumwelten einzubeziehen und Projekte anhand von Projektkennzahlen zu steuern. So kann dieses Netzwerk an Projekten analysiert und kontrolliert werden (Gareis 2004).

Ziel bei der Netzwerk-orientierten Sicht von Projekten ist es, die Kommunikation zwischen eng gekoppelten Projekten zu ermöglichen und zu optimieren, sowie konfliktäre oder komplementäre Beziehungen zwischen Projekten zu identifizieren und auszusteuern. Dies ermöglicht es Synergien aus der Wechselwirkung verschiedener Projekte zu nutzen und organisationelles Lernen über Projekte hinweg anzustossen (Gareis 2004).

Wie weit das Projektportfolio eines Beratungsunternehmens dabei ausgesteuert ist, hängt selbstverständlich von der Größe des Unternehmens, der strategischen Ausrichtung, der Erfahrung und Austattung mit Datenbanksystemen, sowie dem Entwicklungsgrad des Unternehmens ab.

4.1.3. Eine Branche im Wandel

„Beratung stellt eine Dienstleistung dar, deren Kernaufgabe in der Unterstützung der Unternehmen (=Dienst) durch die problemorientierte Kombination aus Fachwissen und Können (=Leistung) liegt. Ändern sich nun Wettbewerbs- und Marktbedingungen (...), ändert sich der Unterstützungsbedarf der Unternehmen und damit das von den Beratern geforderte Fachwissen und Können.“

Arnold Picot (Picot & Neuburger 2008: 715)

Eine Vielfalt von Entwicklungen beeinflussen aktuell die Organisation und den Ablauf von Unternehmens- aber auch Marktprozessen und in Folge die Anforderungen an die Berater in Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungstätigkeiten. Zu diesen Entwicklungen gehören vor allem (Picot & Neuburger 2008):

- Der technische Fortschritt insbesondere im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien und –trends. Dieser hat einerseits eine starke Digitalisierung und Standardisierung zur Folge, wodurch viele bisher manuelle Prozesse in den „virtuellen Raum“ verlegt wurden und sich eine enorme Beschleunigung und Vermehrung von Kommunikations- und Transaktionsvorgängen ergeben haben. Andererseits führt dieser Fortschritt zu einer Zunahme der Vernetzung zwischen Unternehmen im In- und Ausland sowie von Behörden und Institutionen.
- Rechtliche Entwicklungen wie staatliche Regulierung vor allem in traditionell staatlichen Monopolsektoren, wie der Telekommunikation, dem Energiesektor oder der Verkehrswirtschaft, aber auch in der Pharmaindustrie oder den Kapitalmärkten (z.B. durch BASEL II oder die MiFiD). Ebenso gibt es auch eine Gegenbewegung, die von einer starken Deregulierung geprägt ist, wie man es zum Beispiel am Arbeitsmarkt oder in den verschiedensten Dienstleistungsbereichen beobachten kann.
- Darüber hinaus sind in den letzten Jahrzehnten auch einschneidende gesellschaftliche Veränderungen weltweit beobachtbar, die zum Beispiel Einfluss auf das Rollenverhalten, den Umgang mit anderen Kulturen, den eigenen Wandel von Kulturen gegenüber demographischer Veränderungen betreffen. Aber auch andere Trends, wie das immer stärker werdende Bewusstsein der Menschen gegenüber der Umwelt oder auch der Spiritualität prägen immer mehr Politik, Gesellschaft und Wirtschaft auf vielerlei Ebenen.

Diese Entwicklungen stellen imminente Anforderungen an Beratungsunternehmen dar, die eine immer stärkere und kontinuierliche „Auseinandersetzung mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und ihren Einsatzmöglichkeiten in und zwischen Unternehmen“ mit sich bringen. Wissen oder Expertise stellt deshalb für moderne Beratungsunternehmen den entscheidenden Wettbewerbsfaktor dar, was nicht nur für das gesamte Unternehmen gilt, sondern auch für jeden einzelnen Berater. Hierbei befinden sich Unternehmen wie Individuen in einem intensiven

„(...) Spannungsfeld zwischen notwendiger Offenheit als Voraussetzung der Entwicklung von überlegenem Wissen und Expertise und erforderlicher Abschirmung zum Schutz von mit Hilfe der Epertise erlangtem Wettbewerbsvorteil (...) (Picot & Neuburger 2008: 721)“

Selbstverständlich hat Wissen schon immer einen Erfolgsfaktor für Unternehmen dargestellt. Aber im Gegensatz zum traditionellen Ansatz, bei dem Wissen niedergeschrieben oder anders festgehalten, transformiert und transferiert wurde, sieht man sich heute einer Wissensgesellschaft gegenüber, in der der im Wissensträger enthaltene Input in eine für den Kunden wertvolle Form gebracht werden muss. Diese Umformung und Darstellung von impliziten Wissen von Beratern und Unternehmen stellt die „Produktions- und Vermarktungskompetenz“ von Beratungs-unternehmen dar, mit dem sich eine Reputation am Markt und eine Wertsteigerung für den Kunden erreichen lässt (Picot & Neuburger 2008: 727f).

Besonders die großen, international tätigen Unternehmen verfügen dabei über einen nahezu unendlich großen Pool an implizitem Wissen, das noch durch die unterschiedliche Herkunft und Erfahrungsstand einen Multiplikationseffekt erfährt. Dabei wird dieser Wissensaustausch noch wesentlich durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt.

4.2. Die Unternehmen

Um im Rahmen dieser Arbeit einen umfassenden Überblick über die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche zu gewinnen und wie in dieser Branche der Einfluss kultureller Distanz auf die Projektarbeit wahrgenommen wird, soll hier ein Querschnitt durch die Branche dargestellt werden. Dabei wird die Mehrheit der Interviews mit Mitarbeitern der großen multinationalen Unternehmen – der sogenannten „Big Four“ – durchgeführt werden. Aber ebenso soll mit mittelgroßen internationalen und nationalen Unternehmen und mit kleinen Kanzleien, die aber in internationalen Netzwerken tätig sind, Gespräche zu den jeweiligen Erfahrungen mit kulturellen Einflüssen auf die grenzüberschreitende Projektarbeit geführt werden.

4.2.1. KPMG

KPMG ist ein weltweit agierendes internationales Wirtschaftsprüfungs- und Beratungs-unternehmen. Hierbei liegt der Fokus der Beratungsleistung auf betriebswirtschaftlichen, regulatorischen und transaktionsorientierten Themenstellungen. Hierbei wird die KPMG neben Deloitte Touche Tohmatsu, Ernst&Young und PricewaterhouseCoopers zu den „Big Four“ gezählt – den großen vier weltweit agierenden Unternehmen, die im Bereich Wirtschaftsprüfung dominieren. Der Firmenname KPMG steht dabei für die Initialen der Gründerväter der Gesellschaft:

Klynfeld, Peat, Marwick und Goerdeler

Das Unternehmen KPMG International ist heute als ein Verbund rechtlich selbständiger, nationaler Mitgliedsunternehmen mit ca. 113.000 Mitarbeitern in 148 Ländern weltweit beratend aktiv und kann dabei auf über 100 Jahre Erfahrung im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung zurückblicken. Seit der Gründung der „Deutsch-Amerikanischen-Treuhand-Gesellschaft“ 1890, hat sich aus strategischen und operativen Fusionen und Zusammenschlüssen die heutige, international tätige KPMG Unternehmensgruppe entwickelt (Markus 1996). Diese erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2007 geschätzte 19,8 Mrd. US-Dollar (DATAMONITOR: KPMG International 2008).

In Österreich ist KPMG eine der führenden Gruppen in diesem Geschäftsfeld und mit mehr als 1.100 Mitarbeitern an 10 Standorten präsent. Die Leistungen der KPMG Gruppe sind in die Geschäftsbereiche Prüfung (Audit) und Beratung (Tax&Advisory) aufgeteilt. Im Mittelpunkt von Audit steht die Prüfung von Konzern- und Jahresabschlüssen. Tax steht für die steuerberatende Tätigkeit von KPMG. Der Bereich Advisory befasst sich mit der Beratung zu betriebswirtschaftlichen und transaktionsorientierten Themen, wie Finanzservices oder auch Mergers&Aquisitions (KPMG Österreich 2008).

Um für wesentliche Wirtschaftssektoren gesondert beraten zu können, wurde eine geschäftsbereichsübergreifende Branchenspezialisierung implementiert, wodurch die Erfahrungen von Spezialisten weltweit zusammengeführt werden können. Hierbei sind internationale Projekte mit einer multikulturellen Zusammensetzung an der Tagesordnung (KPMG Österreich 2008).

4.2.2. Deloitte Touche Tohmatsu

In der langen Geschichte der Wirtschaftsprüfung ist der Name Deloitte wohl der die längste Zeit durchgängig verwendete Markenname der gesamten Branche. Zurückzuführen ist dies auf William Welch Deloitte, der 1845 in London das erste Büro aufbaute. Bereits im 19.Jahrhundert expandierte das Unternehmen so rasant, dass bereits 1890 in die USA expandiert werden konnte (Markus 1996).

Wenig später eröffnete auch George Touche in London seine Kanzlei. Auch seinem Unternehmen war in den kommenden Jahrzehnten großes Wachstum beschert, so dass 1975 die in Japan sehr erfolgreiche Tohmatsu Awoki & Co akquiriert und integriert werden konnte (Markus 1996).

So kommt es 1990 mit der Fusion der beiden Unternehmen zur Gründung der Firma „Deloitte & Touche“, die auf Grund des internationalen Netzwerks dann 1993 zu Deloitte Touche Tohmatsu umbenannt wurde (Markus 1996). Das Unternehmen beschäftigt heute 150.000 Mitarbeiter in mehr als 140 Ländern. Um den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens aufzuzeigen, lassen sich vor allem die $23,1 Mrd. Gewinn im Geschäftsjahr 2006/07 anführen (Deloitte International 2008).

In Österreich lässt sich die Geschichte Deloitte’s auf die Gründung der Kanzlei Dr.Viktor Exinger 1922 zurückführen. Diese wurde 1993 in das Netzwerk Deloitte Touche Tohmatsu integriert, was im weiteren Verlauf zu einer starken nationalen Expansion durch Eröffnung von Standorten in St.Pölten, Salzburg, Graz, Eisenstadt und Klagenfurt führte (Deloitte Österreich 2008).

Deloitte bietet von allen Unternehmen der BigFour wohl das umfassendste Leistungsangebot, wobei die Säulen der Beratung die Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Unternehmensberatung und Corporate Finance-Beratung darstellen (Deloitte Österreich 2008).

4.2.3. PricewaterhouseCoopers

Das Unternehmen, das heute weltweite Bekanntheit als „PricewaterhouseCoopers“ genießt, machte seine ersten Schritte 1849 in Person des Buchprüfers Samuel Lowell Price, der zu jener Zeit in London seine eigene Kanzlei gründete. Ebenfalls in London eröffnete William Cooper 1854 seine Kanzlei. Nachdem Price 1865 sich mit den 2 Kollegen Holyland und Waterhouse zusammenschließt, expandieren beide Firmen über mehr als ein Jahrhundert lang international bis es schließlich nach einigen Jahrzehnten der verschiedensten Fusionen 1998 zum endgültigen Schulterschluss der beiden Unternehmen und der Firma „PricewaterhouseCoopers“ (PwC) kommt. Diese wird schlussendlich 2002 von IBM übernommen (Markus 1996; PWC International 2008).

Ebenso wie die beiden erstgenannten Unternehmen gliedert sich das Angebot von PwC in 3 Bereiche: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Advisory. Im Geschäftsjahr 2006/07 erwirtschaftete das Unternehmen dabei $25,15 Mrd. (DATAMONITOR: PricewaterhouseCoopers International 2008). Weltweit stehen dem Unternehmen heute 146.000 Mitarbeiter in 150 Ländern zur Verfügung. Österreichweit beschäftigt PwC aktuell etwa 520, zuzüglich Kooperationen in den Bundesländern, insgesamt 600 Mitarbeiter. Hierbei wird vor allem Wert auf IT-gestützten Prüfungs- und Beratungsansätze gelegt (PwC Österreich 2008).

4.2.4. Ernst&Young

Der letzte Key Player unter den Big Four der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche weltweit repräsentiert Ernst&Young (E&Y). Das ebenfalls 1849 in England gegründete Unternehmen hat in den letzten 150 Jahren eine Vielzahl an internationalen Unternehmenszusammenschlüssen erlebt und besteht in der heutigen Form seit der Fusion zwischen Ernst&Whinney und Arthur Young 1989 (Markus 1996).

Die Gruppe beschäftigt heute etwa 130.000 Mitarbeiter in 140 Ländern und insgesamt ca. 700 Standorten weltweit. Dabei bietet E&Y neben der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung ebenfalls Dienstleistungen im Bereich Transaktionsberatung und Immobilienberatung an (E&Y International 2008). In Österreich beschäftigt das Unternehmen derzeit an den Standorten Wien, Linz, Salzburg und Klagenfurt etwa 500 Mitarbeiter und konnte im Geschäftsjahr 2007 einen Umsatz von 56 Millionen Euro erreichen (E&Y Österreich 2008).

4.2.5. Weitere mittelgroße Unternehmen, mit deren Mitarbeitern Interviews geführt wurden

LeitnerLeitner GmbH & CoKG

LeitnerLeitner ist eine Sozietät der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, die heute 9 Standorte in 7 Ländern Zentral- und Südosteuropas betreibt, unter anderem in Wien und Salzburg. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt über 600 Mitarbeiter (LeitnerLeitner 2009).

Moore Stephens Austria Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH

Moore Stephens International Ltd. ist eines der 15 größten internationalen Netzwerke von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern und ist mit mehr als 400 Büros in über 80 Ländern weltweit präsent. Moore Stephens Austria bildet dabei ein österreichweites Netzwerk unabhängiger Unternehmensberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder (Moore Stephens Austria 2009).

ITS - International Tax Service Steuerberatungs GmbH & Co. KG

Die bereits 1977 gegründete CONFIDA Gruppe ist heute ein Netzwerk aus ca. 200 Mitarbeitern in Österreich und weiteren 50 im süd-ost-europäischen Raum. 2005 wurden die Gesellschaften in Wien und Weitra verselbständigt und sind dabei aus dem Unternehmensverband ausgeschieden. Der Wiener Standort besteht heute alleine als ITS - International Tax Service Steuerberatungs GmbH & Co. KG (CONFIDA Gruppe 2009).

Lehner & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH

Lehner&Partner ist eine österreichische Steuerberatungsgesellschaft, die auch Wirtschafts-prüfungstätigkeiten übernimmt, mit Sitz in Baden und Wien. Lehner&Partner ist Mitglied verschiedener nationaler und internationaler Steuerberatungs-Netzwerke, wie zum Beispiel der Treuhand-Union und IGAF Wordwide, und beschäftigt rund 20 Mitarbeiter in Baden und Wien (Lehner&Partner 2009).

5. Methodischer Zugang und Darstellung des Interviewkonzepts

5.1. Die qualitative Sozialforschung als methodischer Zugang zur Problemstellung

Ziel dieser Arbeit ist es, die soziale Wirklichkeit einer spezifischen Gruppe der Gesellschaft zu untersuchen und herauszufinden, ob gewisse gesamtgesellschaftliche interkulturelle Erscheinungen auch in dieser spezifisch abgegrenzten Gruppe zu beobachten sind. Bereits aus Vorabgesprächen mit einzelnen Mitarbeitern aus diesem Umfeld zeichnete sich ab, dass ein Gros der Gruppenmitglieder selbst das Auftreten dieses interkulturellen Phänomens für nicht-existent ansieht. Deshalb bestand die Überlegung, ob ein quantitativer Zugang methodisch nicht zu Fehlinterpretationen führen würde.

Quantitative Methoden dienen häufig der stärkeren Abstraktion einer zugrundeliegenden qualitativen Erhebung. So können quantitative Methoden leichter zu analysierende Informationen über bestimmte Themenstellungen liefern. Um allerdings die inhaltlichen Dimensionen sozialer Wirklichkeit herauszufiltern, sollte gerade in Fragestellungen der sozialen Interaktion in der Betriebswirtschaft dem qualitativen Forschungszugang zu Beginn der Vortritt überlassen werden (Heinze 1995). Man sollte allerdings nicht qualitative und quantitative Methoden in einem Konkurrenzverhältnis sehen. Vielmehr dienen sie nach Wilson (1982) der gegenseitigen Ergänzung von Informationen. So ist die grundlegende Voraussetzung für die Interpretation quantitativer Informationen das qualitative Verständnis für den sozialen Vorgang.

Vor diesem Hintergrund soll diese Arbeit über die Anwendung der qualitativen Sozialforschung zu allererst die Frage beantworten, ob interkulturelle Phänomene überhaupt einen Einfluss auf die beobachtete Branche und die konkrete Projektarbeit haben. Je nach dem, wie das Ergebnis dieser Untersuchung ausfällt, muss dann zu einem späteren Zeitpunkt die quantitativ-empirische Forschung diese Ergebnisse noch abstrahieren, so dass in Folge eine Vergleichbarkeit und konkrete Aussagen und Empfehlungen auch für andere Branchen abgeleitet werden können. Wie genau das Forschungsdesign strukturiert war, zeigt der folgende Abschnitt.

5.2. Umsetzung der Untersuchung

Um einerseits zielgerichtet den Forschungsgegenstand untersuchen zu können und andererseits die im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Anforderungen an qualitative Sozialforschung zu erfüllen, ist ein klar strukturiertes Forschungsdesign unerlässlich.

Die interviewten Personen wurden gezielt ausgewählt im Hinblick auf ihre bisherige Erfahrung in der Zusammenarbeit in internationalen Teams. Bewusst wurde hierbei darauf geachtet, nicht nur Personen einer bestimmten Hierarchieebene zu befragen, sondern vielmehr auf verschiedene Hierarchieebenen zugreifen zu können, um so ein ausgewogeneres Bild zu erzeugen. Ebenfalls wichtig bei der Auswahl der Personen war die Organisation und Größe des Unternehmens, da auch hier unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungswerte erwartet wurden.

Als am besten geeignete Methodik zur Erkenntnisfindung erschien nach eingängiger Evaluierung die Durchführung von Interviews unter Verwendung eines Leitfadens. Was genau das Leitfadeninterview ausmacht und welche weiteren Schritte gesetzt wurden, um eine möglichst umfassende und valide Interpretation zu gewährleisten, erklären die folgenden Kapitel.

5.2.1. Das Leitfadengespräch als Verfahren der Datenerhebung

Leitfadengespräche dienen dazu, grundlegende Informationen über ein konkretes Forschungsfeld herauszuarbeiten. Sie werden als Einstieg zu Explorationszwecken, zur Entwicklung von Hypothesen, sowie zur Systematisierung des vorwissenschaftlichen Verständnisses verwendet. Darüber hinaus können mit dieser Methodik auch seltene oder interessante Gruppen untersucht werden, die nur in geringer Stichprobe repräsentiert werden. So ist dieses Verfahren ein häufig angewandtes Mittel der Datenerhebung in der qualitativen Sozialforschung (Friedrichs 1973).

„Ziel und Vorteil von Leitfadengesprächen werden im Allgemeinen darin gesehen, dass durch die offene Gesprächsführung und die Erweiterung von Antwortspielräumen der Bezugsrahmen des Befragten bei der Fragenbeantwortung miterfasst werden kann, um so einen Einblick in die Relevanzstrukturen und die Erfahrungshintergründe des Befragten zu erlangen (...) (Schnell, Hill, & Esser 2008: 387).“

Die Befragungen werden dabei mit Hilfe eines Interview-Leitfadens durchgeführt. Dieser soll gewährleisten, dass alle für die Untersuchung relevanten Themen angesprochen werden. So soll eine grundlegende Vergleichbarkeit der Interviewergebnisse erreicht werden. Bei den enthaltenen Fragestellungen kann zwischen „Schlüsselfragen“ und „Eventualfragen“ unterschieden werden. Erstere müssen in jedem Interview verwendet werden, Letztere können im Interviewverlauf relevant werden. Reihenfolge und genaue Ausformulierung der Fragestellungen bleiben hierbei dem Interviewer überlassen, um so einen möglichst „natürlichen“ Interaktionsfluss zu erzeugen (Friedrichs 1973: 227f).

5.2.2. Der Leitfaden zur Durchführung der Interviews

Wie schon im vorangegangenen Kapitel erwähnt, wurde die Methode des Leitfadeninterviews als Zugang zum Forschungsgegenstand gewählt. Ziel war es hierbei, aus den Erfahrungswerten der befragten Personen Einsicht in die soziale Interaktion der betrachteten Branche auf Projektebene zu erhalten und eine grundlegende Vergleichbarkeit der Interviewergebnisse zu schaffen. Dieser Leitfaden enthielt die folgenden Fragestellungen, die in Reihenfolge und Ausformulierung im Interviewverlauf an die Erzählsituation frei angepasst werden konnten:

1. Wie wurden Sie im Laufe Ihrer Ausbildung und Karriere auf die Zusammenarbeit in Projekten mit Teams unterschiedlicher Kulturen vorbereitet?
2. Welche Kenntnisse haben Ihnen am meisten bei der Zusammenarbeit mit anderen Kulturen geholfen?
3. An wie vielen internationalen Projekten haben Sie in Ihrer bisherigen Karriere schon mitgearbeitet?
4. Unterstützt Sie Ihr Unternehmen durch spezielle Tools, Schulungen oder Prozessvorgaben für/bei internationalen Projekten?
5. Haben Sie das Gefühl, diese Werkzeuge genügen / steigern die Effizienz des Projekts wesentlich?
6. Würden Sie sich zusätzliche Unterstützung durch Ihr Unternehmen wünschen? Wenn ja, was würden Sie ändern?
7. Mit welcher Erwartungshaltung gehen Sie in ein Projektteam mit internationaler Zusammensetzung? Wie bereiten Sie sich hier auf die Zusammenarbeit vor?
8. Wie stark würden Sie den Anteil der fachlichen Fähigkeiten und den der sozialen Fähigkeiten am Projekterfolg beurteilen?
9. Hatten Sie bei der Zusammenarbeit das Gefühl, dass auch die anderen Teammitglieder so gut kommunikativ und auf Verhandlungsebene ausgebildet waren, dass es trotz kultureller Unterschiede zu einem harmonischen Projektverlauf kam?
10. Erinnern Sie sich an Menschen, mit denen die Zusammenarbeit sehr problembehaftet war auf Grund Ihrer Herkunft?
11. Haben Sie schon einmal in einem Projekt mitgearbeitet, das Aufgrund der internen Kommunikation im Team gescheitert ist? Wenn ja, ließe sich das auf kulturelle Unterschiede zurückführen?
12. Wie viele Personen würden Sie sagen, bilden das Projektteam, wenn Sie an internationalen Projekten arbeiten?
13. Wie weit oder eng ist der Handlungsspielraum für Sie in einem Projekt, wenn Sie mit den anderen Teammitgliedern zusammenarbeiten? Gibt es da klare Vorgehensweisen und Vorgaben, die für alle Teammitglieder gelten?
14. In Ihrer langen Erfahrung: Wie stark wirken sich kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedern eines Projektteams auf die Dauer/Kosten eines Projekts?
15. Wodurch entstehen diese Zusatzkosten Ihrer Meinung nach?
16. Werden internationale Projekte Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren noch zunehmen oder denken Sie, wir haben jetzt bereits einen Höhepunkt erreicht bzw. die Entwicklung ist sogar schon rückläufig?

5.2.3. Zusatzprotokoll zum Interview

Um zusätzlich zum reinen Interview auch einen Überblick zur Interviewsituation, sowie Rahmenfaktoren wie Alter, Geschlecht, Position und Unternehmen der befragten Person zu erhalten, wurde ein kurzes, standardisiertes Zusatzprotokoll zu jedem Interview beigefügt. So sollte einerseits eine möglichst vollständige Dokumentation des Interviewkontexts gewährleistet werden. Andererseits hatte dies zum Ziel, eine anschließende statistische Vergleichbarkeit der Rahmenbedingungen gewisser Aussagen zu erzeugen.

5.2.4. Transkribtionsregeln

Um ein einheitliches Bild und eine bessere Vergleichbarkeit und eine durchgängige Darstellung der Interviews zu ermöglichen, wurden deshalb folgende Transkriptionsregeln verwendet:

Kodierung der Gesprächsteilnehmer:

Interviewer: I Befragte Person: B

Positionen und Namen, die aus Gründen der Anonymität nicht veröffentlicht werden dürfen, sind durch drei x in Klammern zu kennzeichnen. Bsp.: (xxx)

Vermuteter Wortlaut bei schlechtverständlichen Stellen ist in Klammer anzuführen. Bsp.: (etwa so)

Auffällig betonte Worte sind zu unterstreichen. Bsp.: etwa so

Sehr gedehnt gesprochene Worte sind durch Leerzeichen zwischen den Buchstaben gekennzeichnet. Bsp.: e t w a s o

Abgebrochene Worte sind durch Bindestrich gekennzeichnet. Bsp.: unge-

Pausen sind durch Bindestriche in Klammer darzustellen. Ein Bindestrich symbolisiert eine Sekunde. Pausen werden ab einer Länge von vollen 2 Sekunden aufgezeichnet. Bsp.: (------) = 5 Sekunden Pause

Hörersignale bzw. gesprächsgenerierende Beiträge des Interviewers sind in Klammer und in kursiver Schrift im fortlaufenden Text anzuführen. Bsp.: (I: Mhmm)

Nicht verbale Äußerungen, wie Lachen, Husten, etc. sind in runder Klammer und in kleiner Schriftgröße anzuführen. Bsp.: (B lacht)

Situationsspezifische Geräusche oder Handlungen sind in spitzer Klammer und kleiner Schriftgröße anzuführen. Bsp.: > B beginnt zu zeichnen <

6. Überblick über die qualitativen Interviews in der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche

6.1. Hintergrundinformationen zu den durchgeführten Interviews

Wie im vorangegangenen Kapitel beschrieben, besteht die Datenbasis für die Untersuchung des Einflusses kultureller Distanz auf den Projekterfolg internationaler Projektteams in der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche aus 25 qualitativen Interviews mit Beratern unterschiedlichster Hierarchieebenen aus Unternehmen unterschiedlicher Größenklassen. Wichtig war hierbei vor allem, dass die Grundgesamtheit möglichst heterogen ist, da ansonsten die Erkenntnisse auch sehr stark durch Fremdeinflüsse, wie die Firmenkultur, einheitlicher Ausbildungsanforderungen oder altersmäßigem Erfahrungsschatz, zu stark vereinheitlicht würden und dadurch das Blickfeld doch stark eingeschränkt wäre. Diese Anforderungen wurden in vollem Maße bei der Datensammlung erfüllt – mit einer Einschränkung in Bezug auf die Größenklassen. Nichts desto trotz ließen sich aber auch daraus gewisse Schlüsse auf Umgang mit und Wahrnehmung von kultureller Distanz ziehen.

Im folgenden Abschnitt soll nun kurz dargestellt werden, wie die genaue Zusammensetzung der Datenbasis aussieht, wie die Dimensionierung und Umsetzung der Interviews sich gestaltet hat, sowie die Ausprägung bestimmter Kriterien, welche Einfluss auf Implikationen der Datenauswertung haben werden. Dabei werden die unterschiedlichen Dimensionen kaskadenartig heruntergebrochen. So kann dann im Anschluss gezielt auf die Interviewauswertung eingegangen werden.

Die Eckdaten der Interviews stellen sich nun folgendermaßen dar: Die Interviews dauerten im Durchschnitt 19 min, wobei das kürzeste Interview nur 6 Minuten dauerte und das längste über 50 Minuten. Der Rahmen bildete fast ausschließlich ein persönliches Treffen. Diese fanden entweder vor Ort in einem der vielen Besprechungszimmer der Beratungsunternehmen statt oder an einem öffentlichen Ort. In 5 Fällen wurde auf Grund der Terminsituation der Gesprächspartner das Interview telefonisch durchgeführt. 2 Mal wurden die wichtigsten Inhalte des Interviews schriftlich aufgezeichnet und dann im Nachhinein mit der interviewten Person nochmals abgestimmt. 3 Teilnehmer waren besonders vorsichtig und bestanden darauf nur anonymisiert das Interview durchzuführen. Gründe dafür waren entweder vorausgegangene schlechte Erfahrungen durch Falsch-Zitierungen oder schlichte Vorsicht.

Die Interviews wurden durchgehend frei geführt und die vorbereiteten Fragestellungen des Fragebogens so an den jeweiligen Gesprächsverlauf angepasst. Dabei wurden nicht immer alle vorbereiteten Fragestellungen durchgegangen, da sich dies auf Grund des Gesprächsverlaufs nicht immer umsetzen ließ bzw. manche Fragestellung schon im Vorhinein beantwortet wurde. Es ergaben sich aber natürlich auch spontan einige zusätzliche Fragestellungen, die ebenfalls in die Auswertung einflossen.

Auf Unternehmensebene wurde die geplante Verteilung fast genau eingehalten. 19 der interviewten Personen kamen aus den BigFour der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche. 5 weitere Gesprächspartner sind Mitarbeiter oder Geschäftsführer aus mittelgroßen Kanzleien und eine Interviewpartnerin ist am Bundesministerium für Finanzen tätig und bearbeitet hier Themen aus dem Bereich der Steuerberatung. Aus kleinen Kanzleien war es leider nicht möglich Gesprächspartner zu finden, da hier entweder kein Interesse an der Mitarbeit bestand oder von den Kanzleien argumentiert wurde, dass zu diesem Thema leider nicht beigetragen werden könne, da keine oder nur sehr wenige grenzüberschreitende Projekte umgesetzt würden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Übersicht und Verteilung der Unternehmensgrößenklassen

Quelle: Eigene Darstellung

[...]


[1] vgl. Hofstede, Geert (1980): Culture's Consequences – International Differences in Work Related Values, Newbury Park, USA.

[2] Zur Erläuterung des Likert-Verfahrens (Ackermann 2004: 50): „Eines der am weitesten verbreiteten Verfahren der eindimensionalen Einstellungsmessung ist das 1932 von Rensis Likert entwickelte Verfahren der aufsummierten Itemwerte. Dessen Aufbau beginnt mit der Formulierung einer Reihe von eindeutigen Aussagen, die tendenziell eine negative oder positive Einstellung gegenüber einem Einstellungsobjekt darstellen sollen. Eine anschließende Voruntersuchung soll Klarheit bringen, ob Probanden auf einer meist fünfstufigen Antwortskala diesen Test-Items zustimmen oder diese ablehnen. Anschließend werden den einzelnen Antwortmöglichkeiten unter Berücksichtigung einer einheitlichen Richtung Zahlenwerte zugeordnet.“

[3] vgl. auch Deloitte Careers in Tax Consulting: http://careers.deloitte.com/united-states/experienced-professionals/wdyf.aspx?FunctionID=10

[4] vgl. auch KPMG „Karriere im Audit“: http://www.kpmg.at/de/files/Karriere_im_Audit.pdf

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836637749
DOI
10.3239/9783836637749
Dateigröße
2.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Betriebswirtschaft, Studiengang Internationale Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (November)
Note
1,0
Schlagworte
teams kulturelle distanz projektmanagement steuerberatung wirtschaftsprüfung
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Titel: Der Einfluss kultureller Distanz in internationalen Projektteams auf den Projekterfolg
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