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Der genossenschaftliche Wohnbau in der Nordwestschweiz

Bestandsanalyse und künftige Herausforderungen

©2009 Masterarbeit 126 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:EINLEITUNG
Der genossenschaftliche Wohnbau leistete innerhalb der letzten 100 Jahre Außerordentliches zur Bekämpfung der teils kriegsbedingten Wohnungsnot in der NWS. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben sich die Rahmenbedingungen für WBGen im Vergleich jedoch erheblich verändert. Die demographische Entwicklung in der Schweiz, steigender Wettbewerb, veränderte Wohnansprüche der Mieter und teils stark renovierungsbedürftige Liegenschaften sind nur einige der künftig zu meisternden Aufgaben. Somit stellt sich allgemein die Frage, wie WBGen der Region NWS aufgestellt sind, welche Probleme sich daraus ableiten lassen und über welche Alternativen sie zu deren Bewältigung angesichts der Herausforderungen eines neuen Marktumfeldes verfügen. Die Abhandlung setzt sich als Ziel, die aktuellen Gegebenheiten innerhalb des genossenschaftlichen Wohnbaus der Region NWS zu messen und diese aus finanzwirtschaftlicher Sicht zu bewerten, um unter Berücksichtigung der ermittelten Problemfelder sowie unter Einbeziehung der neue Marktstrukturen Optimierungsvorschläge zur künftigen Steuerung des genossenschaftlichen Wohnbaus zu erarbeiten. Zur These, dass WBGen in den Dimensionen Struktur, Nachhaltigkeit und Organisation nur bedingt auf kommende Aufgaben vorbereitet sind, soll abschließend Stellung bezogen werden.
Der erste Teil der Arbeit stellt Genossenschaften und ihre Grundsätze zunächst allgemein vor, um im nächsten Schritt die Abgrenzung und Typisierung einer WBG und des Untersuchungsraumes vornehmen zu können. Im Verlauf des Grundlagenteils werden nachfolgend die Finanzierungsoptionen eines wohnbaugenossenschaftlichen Investitionsobjektes konkretisiert. Die in drei Perioden aufgeteilte Geschichte der Entstehung und Entwicklung des genossenschaftlichen Wohnbaus beschließt den ersten Teil. Der zweite Teil der Analyse dient zur Aufnahme der aktuellen Gegebenheit innerhalb des genossenschaftlichen Wohnbaus der NWS und erarbeitet die datenmäßige Grundlage zur Bewertung von Problemen und Potenzialen der Zukunft. Abschnitt eins ermittelt hierzu nach Auswahl der geeigneten Datenerhebungsmethode zunächst die konkret vorliegenden WBGstypen in der Untersuchungsregion und analysiert abschließend die wohnbaugenossenschaftliche Substanz in den Dimensionen Baubestand, Mieterschaft und Wohnraum. Im zweiten Abschnitt setzt sich die Untersuchung mit der wirtschaftlichen Situation der WBGen im Raum NWS anhand der Analyse von Bilanzen auseinander. Nach Darstellung der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Florian Kirsch
Der genossenschaftliche Wohnbau in der Nordwestschweiz
Bestandsanalyse und künftige Herausforderungen
ISBN: 978-3-8366-3701-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Basel, Basel, Schweiz, MA-Thesis / Master, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

I
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis...II
Abbildungsverzeichnis ...V
Tabellenverzeichnis...VII
Abkürzungsverzeichnis... VIII
Einleitung ...1
Erster Teil:
Grundlagen zur Analyse von Wohnbaugenossenschaften
(WBGen) in der Nordwestschweiz (NWS)...2
A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungsraum ...2
B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung ...8
C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus...13
Zweiter Teil:
Statische Analyse des Status quo von WBGen in der NWS...18
A.
Messung des strukturellen Bestands...18
B.
Messung der internen wirtschaftlichen Situation ...28
C.
Analyse der externen Bonitätsbewertung durch Kreditinstitute...48
Dritter Teil:
Dynamische Zukunftsanalyse der WBGen in der NWS ...55
A.
Ableitung aktueller Problemstrukturen aus der statischen Analyse ...55
B.
Darstellung allgemeiner sowie problemspezifischer
Steuerungsansätze für WBGen...65
C.
Synthese zu Handlungsempfehlungen in den verschiedenen
Beeinflussbarkeitsdimensionen ...73
Fazit ...85
Anhang ... IX
Literaturverzeichnis... XXVII

II
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ...V
Tabellenverzeichnis...VII
Abkürzungsverzeichnis... VIII
Einleitung ...1
Erster Teil:
Grundlagen zur Analyse von Wohnbaugenossenschaften
(WBGen) in der Nordwestschweiz (NWS)...2
A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungsraum...2
I.
Die Genossenschaften und der genossenschaftliche Leitgedanke...2
II.
Begriff und Typisierung der WBG...4
III. Der Raum NWS als sektoraler Untersuchungsparameter ...5
1.
Allgemeine Charakteristik der Kantone...5
2.
Die wohnbaugenossenschaftlichen Dachverbände ...7
3.
Darstellung der steuerlichen Rahmenbedingungen...8
B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung...8
I.
Die Struktur einer konventionellen genossenschaftlichen
Wohnbaufinanzierung ...9
II.
Wohnbaugenossenschaftliche Sonderinstrumente im Rahmen der
Fremdfinanzierung ...10
III. Das Baurecht als direkte Unterstützungsalternative der
öffentlichen Hand ...13
C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus ...13
I.
Die Einführung genossenschaftlichen Wohnbaus als historischer
Problemlösungsansatz ...13
II.
Der genossenschaftliche Wohnbau zwischen 1900 und 1950...15
III. WBGen von 1951 bis heute...16
Zweiter Teil:
Statische Analyse des Status quo von WBGen in der NWS...18
A.
Messung des strukturellen Bestands ...18
I.
Grundlagen zur strukturellen Analyse...18
1.
Die Ziele der strukturellen Analyse ...18
2.
Charakteristik der gewählten Datenerhebungsmethode...19

Inhaltsverzeichnis
III
3.
Darstellung der Datenquellen und des Erhebungsumfangs ...19
II.
Einordnung der WBGen in die Typisierungssystematik...20
III. Die Merkmale der WBGssubstanz ...21
1.
Die Charakteristik des Baubestandes...21
2.
Illustration der Altersstrukturen in der Mieterschaft...24
3.
Die Eigenheiten des genossenschaftlichen Wohnraums...26
a)
Die Quantität der zur Verfügung stehenden Wohnungen ...26
b)
Das Attribut Fläche als Spezifizierungsansatz
der Wohnungen ...26
c)
Illustration der Mietzinsstrukturen für genossenschaftliches
Wohnen...27
B.
Messung der internen wirtschaftlichen Situation...28
I.
Grundlagen zur Verwendung der Bilanzen als Bemessungsbasis...29
1.
Die Zielsetzungen einer bilanziellen Analyse...29
2.
Charakteristik des verwendeten Datenmaterials ...29
3.
Komposition von WBGsclustern als datenschutzbedingte tiefere
Analysemethode...30
II.
Bilanzstrukturkennzahlen und Reservesituation der WBGen ...32
1.
Die Eigenkapital- und Hypothekenquote...32
2.
Der Verschuldungsgrad und die Fristenkongruenz...34
3.
Untersuchung zu den Reserven der WBGen...36
a)
Darstellung der bilanziellen Reservesituation ...36
b)
Ermittlung des Selbstfinanzierungsgrades als Indikator für
Wille und Möglichkeiten zur Gewinnthesaurierung ...38
c)
Erhebung zur Quantität an gebildeten stillen Reserven...39
III. Die wohnbaugenossenschaftliche Kostenstatistik...43
1.
Zur Verdichtung der wohnbaugenossenschaftlichen
Aufwandspositionen ...43
2.
Vom Brutto- zum Nettomietfranken der WBGen...43
3.
Der Fremdkapitalkostensatz und die Veränderungsrate des
Eigenkapitals...46
C.
Analyse der externen Bonitätsbewertung durch Kreditinstitute ...48

Inhaltsverzeichnis
IV
I.
Zum Einfluss von Basel II auf WBGen...48
II.
Aufbau eines fiktiven Bankratingsystems zur Bonitätsbewertung...50
III. Resultate zu den Einstufungen der Bewertungssystematik ...52
Dritter Teil:
Dynamische Zukunftsanalyse der WBGen in der NWS ...55
A.
Ableitung aktueller Problemstrukturen aus der statischen Analyse ...55
I.
Der genossenschaftliche Entscheidungsprozess als potenzielles
Hindernis von Optimierungsansätzen ...55
II.
Das Risiko der Kapitalstruktur vor dem Hintergrund
wohnbaugenossenschaftlicher Grundsätze...56
III. Die Gefahr struktureller und wirtschaftlicher Schieflagen angesichts
unzureichender Zukunftsreserven ...59
1.
Wirtschaftliche Beurteilung der bilanziellen Reservesituation...60
2.
Untersuchung zu den Ursachen der bilanziellen Reservemisere ...62
3.
Würdigung der wohnbaugenossenschaftlichen Vorsorge durch
stille Reserven...64
B.
Darstellung allgemeiner sowie problemspezifischer Steuerungsansätze
für WBGen...65
I.
Definition von Zielmietergruppen als Ausgangspunkt struktureller
Optimierungsansätze ...65
II.
Wohnbaugenossenschaftliche Konzepte zur Optimierung der
Eigenkapitalsituation ...68
III. Kooperation von WBGen als Reaktion auf die demographische
Entwicklung und den steigenden Wettbewerb in der Wohnwirtschaft ...71
C.
Synthese zu Handlungsempfehlungen in den verschiedenen
Beeinflussbarkeitsdimensionen ...73
I.
Die WBGen als zentrale Institutionen zur Implementierung
nachhaltiger Verbesserungen...73
II.
Unterstützungsoptimierung seitens der Dachverbände ...80
III. Anreizadäquate Steuerung der WBGen durch Veränderung der
steuerlichen Parameter...82
Fazit ...85
Anhang ... IX
Literaturverzeichnis... XXVII

V
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
genossenschaftliche Grundwerte ...3
Abb. 2:
Typisierung der WBGen ...5
Abb. 3:
der Raum NWS als geographische Analysegrenze ...6
Abb. 4:
ordinäres Finanzierungsschema einer genossenschaftlichen
Wohnbaugesellschaft...9
Abb. 5:
Bevölkerungsentwicklung der NWS ...14
Abb. 6:
Anteil der Bewohner an den Mitgliedern der WBGen...20
Abb. 7:
Einordnung in die verschiedenen WBGstypen...21
Abb. 8:
Alterstruktur der Genossenschaftsbauten ...22
Abb. 9:
Renovationshäufigkeit nach Jahren...22
Abb. 10: geplante Rennovationen in den Befragungsdimensionen...23
Abb. 11: geplante Liegenschaftsrenovationen nach Bauepoche ...24
Abb. 12: Alterstruktur in den Genossenschaften...25
Abb. 13: genossenschaftliche Wohnungen nach Zimmerzahl ...26
Abb. 14: Wohnungsfläche nach Zimmeranzahl ...27
Abb. 15: Mietzins nach Zimmerzahl...28
Abb. 16: bilanziell ausgewiesene Reserven absolut...37
Abb. 17: bilanzielle Reserven in Prozent der Bilanzsumme ...37
Abb. 18: durchschnittliche Unterbewertung der Liegenschaften nach Ertragswert
und Versicherungswert...41
Abb. 19: stille Reserven pro Wohnung ...42
Abb. 20: durchschnittliche Kosten pro Wohnung im Cluster zwei...44
Abb. 21: Verwendung des Mietfrankens bei Baurecht im Geschäftsjahr 2007 ...45
Abb. 22: Verwendung des Mietfrankens ohne Baurecht im Geschäftsjahr 2007 ...46
Abb. 23: Gesamtrating bei vier und drei Ratingkriterien ...52
Abb. 24: Ratingergebnisse bei zwei Ratingkriterien...53
Abb. 25: Ratingergebnisse nach einzelnen Kriterien ...54
Abb. 26: Mieterhöhungen bei angenommener Freisetzung der stillen Reserven
durch Hypothek ...65

Abbildungsverzeichnis
VI
Abb. 27: durchschnittliche Mietpreise pro Wohnung nach Zimmerzahl ...75
Abb. 28: relative Differenzen zu den Nettomietpreisen der WBGen...76
Abb. 29: Problemstrukturen und Lösungsansätze des genossenschaftlichen
Wohnbaus in der NWS...86

VII
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Schweizer Dachverbände des genossenschaftlichen Wohnbaus...7
Tab. 2:
Definition und Selektionsergebnisse des Größenclusters...31
Tab. 3:
Definition und Selektionsergebnisse des Baurechtsclusters...31
Tab. 4:
Definition und Selektionsergebnisse des Jahresergebnisclusters ...32
Tab. 5:
Definition und Selektionsergebnisse des Altersclusters...32
Tab. 6:
Ergebnisse zur Eigenkapital- und Hypothekenquote in den Clustern ...34
Tab. 7:
Ergebnisse zum Verschuldungsgrad und Fristenkongruenz
in den Clustern...36
Tab. 8:
Ergebnisse zum Selbstfinanzierungsgrad in den Clustern...38
Tab. 9:
Schema der Vereinheitlichung der Erfolgsrechnungen...43
Tab. 10:
Daten zu Mieterträgen und Wohnungsanzahl im Cluster zwei ...44
Tab. 11:
Hypothekarzins und Eigenkapitalveränderung in den Clustern ...47
Tab. 12:
Definition der Ratingklassen für WBGen ...51
Tab. 13:
Ratingkriterien der Analyse...52

Anhang 2
VIII
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
AG
Aktiengesellschaft
BIS
Bank for International Settlement
BL
Basel Land
BS
Basel Stadt
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CHF
Schweizer Franken
f.
folgende
ff.
fortfolgende
GuV
Gewinn- und Verlust
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
IFRS
International Financial Reporting Standards
Kap.
Kapitel
Mio.
Millionen
NWS
Nordwestschweiz
OR
Obligationenrecht
S.
Seite
SVW
Schweizerischer Verband für Wohnungswesen
SWE
Schweizerischer Verband für Wohnbau- und Eigentumsförderung
Tab.
Tabelle
vgl.
vergleiche
VLB
Schweizerischer Verband Liberaler Baugenossenschaften
WBG
Wohnbaugenossenschaft
WFG
Wohnraumförderungsgesetz
z.B.
zum Beispiel

1
EINLEITUNG
Der genossenschaftliche Wohnbau leistete innerhalb der letzten 100 Jahre Au-
ßerordentliches zur Bekämpfung der teils kriegsbedingten Wohnungsnot in der
NWS. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben sich die Rahmenbedingungen für
WBGen im Vergleich jedoch erheblich verändert. Die demographische Entwick-
lung in der Schweiz, steigender Wettbewerb, veränderte Wohnansprüche der Mie-
ter und teils stark renovierungsbedürftige Liegenschaften sind nur einige der künf-
tig zu meisternden Aufgaben. Somit stellt sich allgemein die Frage, wie WBGen
der Region NWS aufgestellt sind, welche Probleme sich daraus ableiten lassen und
über welche Alternativen sie zu deren Bewältigung angesichts der Herausforderun-
gen eines neuen Marktumfeldes verfügen.
Die Abhandlung setzt sich als Ziel, die aktuellen Gegebenheiten innerhalb des ge-
nossenschaftlichen Wohnbaus der Region NWS zu messen und diese aus finanz-
wirtschaftlicher Sicht zu bewerten, um unter Berücksichtigung der ermittelten Pro-
blemfelder sowie unter Einbeziehung der neue Marktstrukturen Optimierungsvor-
schläge zur künftigen Steuerung des genossenschaftlichen Wohnbaus zu erarbeiten.
Zur These, dass WBGen in den Dimensionen Struktur, Nachhaltigkeit und Organi-
sation nur bedingt auf kommende Aufgaben vorbereitet sind, soll abschließend
Stellung bezogen werden.
Der erste Teil der Arbeit stellt Genossenschaften und ihre Grundsätze zunächst
allgemein vor, um im nächsten Schritt die Abgrenzung und Typisierung einer
WBG und des Untersuchungsraumes vornehmen zu können. Im Verlauf des
Grundlagenteils werden nachfolgend die Finanzierungsoptionen eines wohnbauge-
nossenschaftlichen Investitionsobjektes konkretisiert. Die in drei Perioden aufge-
teilte Geschichte der Entstehung und Entwicklung des genossenschaftlichen
Wohnbaus beschließt den ersten Teil.
Der zweite Teil der Analyse dient zur Aufnahme der aktuellen Gegebenheit inner-
halb des genossenschaftlichen Wohnbaus der NWS und erarbeitet die datenmäßige
Grundlage zur Bewertung von Problemen und Potenzialen der Zukunft. Abschnitt
eins ermittelt hierzu nach Auswahl der geeigneten Datenerhebungsmethode zu-
nächst die konkret vorliegenden WBGstypen in der Untersuchungsregion und ana-
lysiert abschließend die wohnbaugenossenschaftliche Substanz in den Dimensio-
nen Baubestand, Mieterschaft und Wohnraum. Im zweiten Abschnitt setzt sich die
Untersuchung mit der wirtschaftlichen Situation der WBGen im Raum NWS an-
hand der Analyse von Bilanzen auseinander. Nach Darstellung der Grundlagen
folgen Analysen zu Kapitalstruktur und Reservesituation. Die Aufstellung einer

A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungszeitraum
2
Kostenstatistik beschließt den zweiten Abschnitt. Eine bilanzorientierte Beurtei-
lung der wohnbaugenossenschaftlichen Bonität bei Kreditinstituten schließt die
Messung der wirtschaftlichen Situation ab.
Im dritten Teil der Abhandlung ­ dem dynamischen Teil ­ werden im ersten Ab-
schnitt durch Bewertung der gesammelten Daten potenzielle künftige Problemfel-
der des genossenschaftlichen Wohnbaus in der NWS identifiziert. Einer Darstel-
lung von allgemeinen und spezifischen Steurungsansätzen des zweiten Abschnitts
folgt im letzten Abschnitt die Synthese zu Handlungsempfehlungen an die über die
Zukunft des genossenschaftlichen Wohnbaus entscheidenden Institutionen.
Erster Teil:
Grundlagen zur Analyse von WBGen
in der NWS
A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Unter-
suchungsraum
I.
Die Genossenschaften und der genossenschaftliche Leitgedanke
Die genossenschaftliche Idee entstand aus der Not und den Sorgen der gemeinen
europäischen Landbevölkerung bezüglich der fortschreitenden Industrialisierung
Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Fundament kann als das umfassende Bedürfnis der
Stärkung des Einzelnen durch den Zusammenschluss zu einer Gruppe beschrieben
werden.
1
Der Grundgedanke entwickelte sich bis heute in die unterschiedlichsten Dimensio-
nen weiter. Im weiteren Verlauf des Textes soll unter dem Begriff einer Genossen-
schaft nachfolgende Definition Anwendung finden:
Eine Genossenschaft ist ein autarkes, gleichberechtigtes Bündnis zwischen ein-
zelnen Individuen, aufgebaut auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Das gemein-
same Ziel ist der Aufbau einer Unternehmung, durch welche die Gruppe ihren
kleinsten gemeinsamen Nenner in den Bedürfnisdimensionen Kultur, Wirtschaft
und Zwischenmenschlichkeit zu verwirklichen versucht. Das zugrunde liegende
Entscheidungsprinzip ist hierbei stets das demokratische.
2
Aus der Definition gehen die in Abb. 1 dargestellten und bis heute gültigen
Grundwerte zum Aufbau und zur Führung einer Genossenschaft hervor:
1
Vgl. PLEISTER (2001), S. 12 ff.
2
Vgl. INTERNATIONAL CO-OPERATIVE ALLIANCE (2008); PLEISTER (2001), S. 10 ff.;
LAURINAKARI (1990), S. 71 ff.; ENGELHARDT (1985), S. 85 ff.

A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungszeitraum
3
Abb. 1: genossenschaftliche Grundwerte
3
Der Internationale Genossenschaftsbund mit Sitz in Genf erarbeitete aus der Defi-
nition und den benannten Werten Grundsätze, die den Genossenschaften als Leit-
faden zur Erarbeitung und Implementierung entsprechender genossenschaftlicher
Statuten in der Praxis dienen sollen. Im Folgenden werden selbige zur Darstellung
des Wesens einer heutigen Genossenschaft herangezogen.
4
Grundsatz I
­ Freiwillige und offene Mitgliedschaft ­
Der Eintritt in eine Genossenschaft ist freiwillig und hat jedem Interessenten offen-
zustehen. Die Grundbedingung hierfür ist die Akzeptanz der zugrunde liegenden
persönlichen Anforderungen an den Interessenten durch diesen selbst.
Grundsatz II
­ Demokratisches Entscheidungsprinzip ­
Die genossenschaftliche Entscheidungsfindung hat nach dem Gleichberechtigungs-
prinzip zu erfolgen. Jedes Mitglied besitzt eine Stimme. Niemand ist der Gemein-
schaft übergeordnet.
Grundsatz III
­ Wirtschaftliche Partizipation ­
Der Beitritt zu einer Genossenschaft erfordert die Zeichnung von genossenschaftli-
chen Anteilsscheinen. Die Verzinsung des zur Verfügung gestellten Kapitals ist
nicht zwingend. Erwirtschaftete Erträge kommen entweder der Aufwertung des
genossenschaftlichen Eigentums zugute oder dienen der Kompensation des Auf-
wands einzelner für die Allgemeinheit aktiver Mitglieder.
3
Vgl. INTERNATIONAL CO-OPERATIVE ALLIANCE (2008); eigene Darstellung.
4
Die Grundsätze V, VI und VII wurden aus Gründen der Beschränkung des Umfangs unter dem
Grundsatz der Nachhaltigkeit aggregiert. Vgl. INTERNATIONAL CO-OPERATIVE
ALLIANCE (2008).

A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungszeitraum
4
Grundsatz IV
­ Souveränität ­
Eine Genossenschaft wird als selbstständige Selbsthilfe-Einrichtung verstanden.
Die Entscheidungsfindung erfolgt einzig durch die Mitglieder. Externe Institutio-
nen dürfen keine Kontrolle über den Prozess der Abstimmung ausüben.
5
Grundsatz V
­ Nachhaltigkeit ­
Die Genossenschaft fördert Fortbildungsmaßnahmen ihrer gewählten Vertreter
bezüglich der auszuführenden genossenschaftlichen Aufgaben, sie bewirbt die Ge-
nossenschaft in der Öffentlichkeit und protegiert die Kooperation mit anderen Ge-
nossenschaften auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Der allumfas-
sende Leitgedanke ist das Wirtschaften für ein nachhaltiges und langfristiges Be-
stehen der Genossenschaft.
Die erarbeiteten Grundsätze haben sich teilweise auch in der Schweizer Gesetzge-
bung zu Genossenschaften niedergeschlagen.
6
II.
Begriff und Typisierung der WBG
In Theorie und Praxis existieren die unterschiedlichsten WBGs-Definitionen.
7
Trotz der Gemeinsamkeit in der Ausrichtung ­ dem Erwerb und der Erstellung von
Wohnraum für ihre Mitglieder ­ lassen sich diverse Typen von WBGen anhand
einiger Grundkriterien isolieren. WBGen unterscheiden sich in folgenden Punk-
ten:
8
Größe, Ausrichtung, geographischer Ausbreitung, Tätigkeitsfeld, Alter bzw.
Gründungsphase, Struktur des Immobilienbestandes, Verbandszugehörigkeit, Um-
setzung des Genossenschaftsgedankens, Grad der Gemeinnützigkeit, Aktivität der
Mitglieder und Zielpublikum.
Aufgrund der Vielzahl der durch diese Kriterien entstehenden WBG-Typen soll in
dieser Abhandlung auf Basis der Definition und Typisierung des SVW
9
sowie un-
5
Ein Beispiel hierfür wäre der Abschluss eines Bankdarlehensvertrages, welcher ein Vetorecht
für das Kreditinstitut inkludieren würde.
6
Nach dem Obligationenrecht ist die Genossenschaft eine ,,als Körperschaft organisierte Verbin-
dung einer nicht geschlossenen Zahl von Personen oder Handelsgesellschaften, die in der Haupt-
sache die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in
gemeinsamer Selbsthilfe bezweckt". Vgl. WEIMER (2008), S. 373, Artikel 828. Für genauere
gesetzliche Klassifizierung siehe WEIMER (2008), S. 373 ff., Artikel 829­966.
7
Siehe KUSTER (1993), S. 20 ff.; DÜFLER (1966), S. 5 ff.; RUF (1930), S. 18 f.
8
Vgl. die Zusammenfassungen von SCHMID (2005), S. 9 ff. und WÜRMLI (1994), S. 6 f.
9
Als weitere Möglichkeit hätte ebenso die Typisierung des Bundesamts für Statistik herangezo-
gen werden können. Der im Rahmen der Volkszählung 2000 erarbeite Gebäudefragebogen un-
terscheidet in Genossenschaften, deren Mitglieder mehr als 50 Prozent der Mieter repräsentieren

A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungszeitraum
5
ter dem Einfluss der Definition des Bundesamtes für Statistik und einer in der
Literatur erarbeiteten Definition
10
folgende in Abb. 2 dargestellte Unterscheidung
verwendet werden. Genossenschaften werden demnach in drei Gruppen gegliedert:
Abb. 2: Typisierung der WBGen
11
III.
Der Raum NWS als sektoraler Untersuchungsparameter
Das Gebiet NWS wird vom Schweizer Bundesamt für Statistik unter den Kanto-
nen BS, BL und Aargau zusammengefasst.
12
Abweichend ­ und für die Untersu-
chung maßgebend ­ ist jedoch die Definition des SVW. Selbiger gliedert die
Schweiz in folgende Sektionen auf: Aargau, Bern-Solothurn, Innerschweiz, NWS,
Ostschweiz, Romandie, Schaffhausen, Winterthur und Zürich. Der Kanton Aargau
gehört somit im Rahmen der Analyse nicht zur Region NWS.
13
Die Untersuchung
beschränkt sich einzig auf die Schweizer Kantone BS und BL.
1.
Allgemeine Charakteristik der Kantone
Abbildung 3 stellt das sektorale Untersuchungsgebiet dar. Der Kanton BS, als
kleinster Kanton der Schweiz, wird laut Bundesamt für Statistik nicht in weitere
Unterbezirke gegliedert.
14
Flächenmäßig erstreckt sich BS über etwas mehr als 37
Quadratkilometer, wovon ca. 70 Prozent besiedelt sind. Ende des Jahres 2005 leb-
ten dort ca. 186.000 Menschen. Eine Studie aus dem Jahr 2000 ermittelte eine
Wohndichte
15
von 0,58 und eine Wohneigentumsquote von 12,6 Prozent. 2002­
2008 folgten weitere Studien zum aktuellen Stand der Wohnstruktur. Die Anzahl
und andere Genossenschaften. Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2000). Die Typisierung
des Schweizer Verbands für Wohnungswesen vermittelt dem Autor jedoch ein angebrachteres
Verhältnis zwischen Schärfe und Unschärfe bezüglich der Clusterbildung von WBGen.
10
Vgl. KÄUFELER (1993), S. 15.
11
Vgl. den Ansatz von WÜRMLI (1994), S. 7.
12
Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008a).
13
Vgl. SVW (2008a).
14
Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008b).
15
Die Wohndichte misst die durchschnittliche Zahl an Bewohnern pro Wohnraum. Vgl.
BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008c).

A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungszeitraum
6
neu gebauter Wohnungen je 1.000 Einwohner wurde 2002 auf 1,5 geschätzt ­ die
Leerstandsquote des kantonalen Wohnbestandes 2008 mit 1,2 Prozent angegeben.
16
Es bleibt festzuhalten, dass der Kanton BS im Vergleich zum Schweizer Durch-
schnitt
17
sowie im europäischen Vergleich eine sehr geringe Wohneigentumsquote
ausweist.
18
Folglich ist die Bedeutung der Mietwohnung in diesem Kanton verhält-
nismäßig hoch. Die Wohndichte unterscheidet sich kaum von den Schweizer
Durchschnittszahlen. Generell ist hier jedoch schweizweit ein sinkender Trend
festzustellen.
19
Folglich geht die Tendenz verstärkt zu größeren Wohnungen mit
geringer Belegung.
20
Die anderen beiden Bewertungskennzahlen bewegen sich im
Schweizer Durchschnitt.
21
Abb. 3: der Raum NWS als geographische Analysegrenze
22
Der Kanton BL als zweiter Kanton des sektoralen Untersuchungsparameters setzt
sich aus fünf Bezirken zusammen: aus dem sich unmittelbar an BS anschließenden
Bezirk Arlesheim sowie den Bezirken Laufen, Liestal, Sissach und Waldenburg.
Der Kanton erstreckt sich über eine Fläche von knapp 518 Quadratkilometern, von
welchen rund 16 Prozent durch ca. 265.000 Bürger besiedelt sind. Die analog zum
Kanton BS durchgeführten Untersuchungen ergaben 0,56 für die Wohndichte, 41,5
Prozent für die Wohneigentumsquote, 3,1 Neubauten pro 1.000 Einwohner sowie
eine Leerstandsquote von 0,5 Prozent.
23
Im Vergleich weist BL eine erheblich höhere Wohneigentumsquote in Relation zu
BS, aber auch zum Schweizer Durchschnitt auf, und darüber hinaus ebenfalls eine
16
Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008c).
17
Der Schweizer Durchschnitt für die Wohneigentumsquote beträgt anhand der letzten Volkszäh-
lung aus dem Jahre 2000 34,6 Prozent. Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008d).
18
Die Schweiz weist im Vergleich zu allen europäischen Ländern ohnehin die geringste Wohnei-
gentumsquote auf. Vgl. BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008a).
19
Vgl. WÜEST PARTNER (2008), S. 48 ff.
20
Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008i), S. 1.
21
Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008d).
22
Für Anzahl der WBGen vgl. Mitgliederverzeichnis SVW Anhang 1; eigene Darstellung.
23
Vgl. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008e).

A.
Konkretisierung von Untersuchungssubjekt und Untersuchungszeitraum
7
mehr als doppelt so hohe Neubauanzahl sowie eine wesentlich geringere Leer-
standsquote. Erstere Kennzahl lässt sich durch günstigere Kaufpreise für Wohnei-
gentum in Relation zu BS erklären. Die letzten beiden Kennzahlen zeigen die an-
haltende Abwanderung der Bevölkerung weg vom zentralen Stadtgebiet hin zu den
ländlichen Regionen. Im Zeitraum 1996 bis 2006 verzeichnete der Kanton BL ei-
nen Nettozuwachs von mehr als 12.000 Personen einzig aus dem Kanton BS.
24
2.
Die wohnbaugenossenschaftlichen Dachverbände
In der Schweiz existieren mit dem SVW, dem VLB und dem SWE die auch in
Tab. 1 dargestellten drei Dachverbände.
Tab. 1: Schweizer Dachverbände des genossenschaftlichen Wohnbaus
25
Aufgrund des Schwerpunktes NWS, der Anzahl an Mitgliedern und der vertretenen
Wohnungen wird der SVW, explizit die Sektion NWS des SVW, als zentraler Ver-
band für die weitere Untersuchung ausgewählt.
26
Die Mitglieder des SVW können
auf diverse, vom Verband zur Verfügung gestellte Dienstleistungen zurückgreifen.
Diese reichen von jeglicher Form von Beratung
27
über die Unterstützung und Ver-
mittlung von Finanzierungen bis hin zur Rechtsberatung und Weiterbildung.
28
Im Teilbereich NWS des SVW sind insgesamt 172 WBGen mit ca. 14.000 Genos-
senschaftswohnungen vertreten. Die Verteilung der einzelnen WGBen in den Be-
zirken kann anhand von Abb. 3 nachvollzogen werden. Es ist eine starke Konzen-
tration der Genossenschaften in dem Kanton BS festzustellen. Im Kanton BL sind
vor allem die Bezirke Arlesheim und Liestal überdurchschnittlich in der Sektion
NWS des SVW vertreten.
29
24
Vgl. STATISTIK BL (2008), S. 2.
25
Vgl. SVW (2008b); SWE (2008); VLB (2008); SCHMID (2005), S. 20 f.
26
Genauere Erläuterungen zu Statuten, Geschichte, Unterschieden und räumlicher Verteilung der
Verbände SWE und VLB werden aus Umfangsgründen zurückgestellt.
27
In den Dimensionen Verwaltung, Neugründung und Bauen.
28
Es wurde nur die, nach Meinung des Autors, wichtigsten Dienstleistungen aufgeführt. Für eine
vollumfängliche Aufzählung siehe SVW (2008c).
29
Vgl. Mitgliederverzeichnis des SVW ANHANG 1.

B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung
8
3.
Darstellung der steuerlichen Rahmenbedingungen
Im Kanton BS entrichten WBGen als juristische Personen ein Minimum von 9
Prozent ihres Reinertrages an kantonalen Gewinnsteuern. Dieser Minimalsatz wird
von den lokalen Steuerbehörden um den Anteil des Reingewinns am steuerbaren
Kapital
30
zu Beginn der Steuerperiode bis auf maximal 24,5 Prozent Gewinnsteuer-
satz ergänzt. Darüber hinaus sind WBGen in BS verpflichtet, 5,25 Promille ihres
steuerbaren Kapitals als Kapitalsteuer abzuführen. Sowohl Kapitalsteuer als auch
Gewinnsteuer sind bei der Steuerbemessung für juristische Personen mit der
Grundstücksteuer des Kantons zu vergleichen. Diese beträgt einheitlich 0,2 Pro-
mille des von den Steuerbehörden angesetzten Grundstücks- und Liegenschafts-
wertes
31
und ist in den Steuergesetzen des Kantons als Minimalsteuer verankert.
32
Eine derartige steuerliche Mindestabgabe ist im Kanton BL nicht vorzufinden. Im
zweiten Untersuchungskanton ansässige WBGen entrichten jedoch ebenso Ge-
winn- und Kapitalsteuern, die sich in Höhe und Berechnungsschematik von selbi-
gen in BS unterscheiden. Der Steuersatz auf den Reinertrag beträgt in BL pauschal
6 Prozent für die ersten 100.000 CHF und weitere 12 Prozent für jeden CHF über
dieser Grenze. Die Kapitalsteuer für juristische Personen wird hier entsprechend
der Definition des steuerbaren Kapitals mit 1 Promille von selbigem angesetzt.
33
B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen
Projektfinanzierung
WBGen können im allgemeinen Fall als gemeinnützige Bauträger definiert wer-
den.
34
Dieser Unterschied zu gewerblichen und somit auf Profit ausgerichteten In-
stitutionen verschafft ihnen bei Rückgriff auf öffentliche Unterstützung einen Fi-
nanzierungsvorteil durch geringere Mindesteigenkapitalanforderungen.
Darüber hinaus existieren diverse Finanzierungsinstrumente, die einzig gemeinnüt-
zigen Genossenschaften oder auch nur Mitgliedern des SVW zur Verfügung ste-
30
Das steuerbare Kapital kann als das Vermögen der WBG definiert werden. Es umfasst die ein-
bezahlten Aktien, das Grund- oder Stammkapital, alle bestehenden offenen Reserven, die durch
versteuerten Reinertrag gebildeten stillen Reserven und das verdeckte Eigenkapital. Vgl.
STEUERVERWALTUNG BS (2009a).
31
Zur Ermittlung des steuerbaren Grundstücks- und Liegenschaftswertes siehe Kap. B.II.3.c) im
zweiten Teil.
32
Vgl. STEUERVERWALTUNG BS (2009b); STEUERVERWALTUNG BS (2009c);
STEUERVERWALTUNG BS (2009d).
33
Vgl. STEUERVERWALTUNG BL (2009a).
34
Gemeinnützige Bauträger sind unter anderem Genossenschaften, Stiftungen, Vereine und ande-
re, deren Wille zur Bereitstellung von preiswertem Wohnraum in den entsprechenden Statuten
verankert ist, die die Ausschüttung von Dividenden beschränken und die Kalibrierung von Tan-
tiemen verbieten. Vgl. BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008b), S. 2.

B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung
9
hen.
35
Im Folgenden soll zunächst das Schema einer herkömmlichen Finanzierung
dargestellt werden, was im Weiteren durch die angesprochenen speziellen genos-
senschaftlichen Gestaltungsoptionen Erweiterung finden soll.
I.
Die Struktur einer konventionellen genossenschaftlichen
Wohnbaufinanzierung
Abbildung 4 zeigt das konventionelle Schema einer genossenschaftlichen Baufi-
nanzierung. Zwischen 5 und 10 Prozent der Finanzierung werden durch das genos-
senschaftliche Eigenkapital erbracht. Es kann im Regelfall in zwei Untergruppen
aufgeteilt werden ­ in das gezeichnete Anteilsscheinkapital der Genossenschaft und
die sogenannten Mieterdarlehen. Ersteres wird entweder von Mitgliedern der Ge-
nossenschaft von juristischen oder von natürlichen Personen eingebracht. Mieter-
darlehen werden der Genossenschaft von Mitgliedern, meist Bewohnern der genos-
senschaftlichen Gebäude, zu einem gewissen Zinssatz
36
zur Verfügung gestellt.
37
Die Majorität einer profanen Wohnbaufinanzierung wird durch die sogenannte
Hypothek I gestellt. Sie umfasst rund 65 Prozent des Kapitalbedarfs. Im Normal-
fall sind entweder Hausbank, Versicherungen oder Pensionskassen die Hypothe-
kengeber. Voraussetzung für die Gewährung einer Hypothek I ist die Sicherung des
entliehenen Kapitals durch ein Grundpfandrecht ersten Ranges.
38
Abb. 4: ordinäres Finanzierungsschema einer genossenschaftlichen Wohnbaugesellschaft
39
Typischerweise stellen die gesamten Anlagekosten die Berechnungsbasis für die
Belehnungshöhe dar.
40
Der Zinssatz für das entliehene Kapital inkludiert keine
genossenschaftlichen Sonderstellungen ­ er ist somit marktkonform und wird im
35
Vgl. SVW (2008d), S. 1 ff.
36
Der Zinssatz liegt im Normalfall unter dem zu entrichtenden Hypothekzins der Bank.
37
Vgl. SVW (2008d), S. 3.
38
Die Ausgestaltungsform des Grundpfandrechts ist eine Maximalhypothek. Sie garantiert dem
Gläubiger die Sicherstellung seiner Forderungen bis zu einem im Grundbuch eingetragenen Ma-
ximalbetrag. Vgl. SVW (2008d), S. 2; WÜNNEMANN (2004), S. 137 ff.
39
Vgl. SVW (2008d), S. 1.
40
Dies gilt ebenso für die Hypothek II.

B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung
10
Regelfall variabel abgeschlossen.
41
Amortisationszahlungen werden im Rahmen
einer Hypothek I gewöhnlich nicht geleistet. Die wirtschaftliche Belastung für die
Bau- und Wohngenossenschaft ist folglich auf die Zinszahlungen begrenzt.
42
Die Hypothek II mit einem Anteil von ca. 30 Prozent schließt den herkömmlichen
Finanzierungskreis der Wohngenossenschaften. Grundvoraussetzung für die Ge-
währung seitens der Hypothekarinstitute ist die vollständige Tilgung des zur Ver-
fügung gestellten Kapitals innerhalb von 25 Jahren nach Vertragsabschluss.
43
Die
Sicherung der Valuta erfolgt gewöhnlich durch drei unterschiedliche Mechanis-
men, die entweder einzeln oder in Kombination Verwendung finden, und zwar
durch nachrangige Grundpfandrechte, Lebensversicherungen und Bürgschaften.
44
Die Zinszahlungen für die Hypothek II sind gewöhnlich ebenfalls variabler Natur.
Aufgrund der nachrangigen Sicherungsstruktur bewegt sich der zu entrichtende
Zinssatz infolge von Kreditrisikozuschlägen, explizit verursacht durch höheres
Ausfallrisiko der Banken
45
, gemeinhin im Intervall zwischen einem viertel und
einem halben Prozentpunkt über dem der Hypothek I.
46
II.
Wohnbaugenossenschaftliche Sonderinstrumente im Rahmen der
Fremdfinanzierung
Grundsätzlich können die im Folgenden dargestellten indirekten Unterstützungen
nur von Mitgliedern einer staatlich anerkannten Dachorganisation beansprucht
werden.
47
Es existieren generell drei staatliche Förderungsinstrumente zur Unter-
stützung der Baugenossenschaften.
Die erste Form der indirekten öffentlichen Förderung sind die sogenannten Fonds
de Roulement. Diese umfassen vollumfänglich Darlehen des Bundes und werden
von den jeweiligen Dachorganisationen treuhänderisch administriert.
Das Ziel selbiger ist die Bereitstellung von Darlehen, welche von den Genossen-
schaften zu einem Zinssatz unterhalb der allgemeinen Marktbedingungen bedient
41
Der Abschluss einer Festhypothek (feste Laufzeit und fester Zinssatz) oder einer Annuitäten-
hypothek (feste jährliche Zusammensetzung von Zins- und Tilgungsbetrag) findet bei der ge-
nossenschaftlichen Wohnbaufinanzierung bei Hypothek I und II ebenfalls Anwendung.
42
Vgl. SVW (2008d), S. 1 f.
43
Siehe Annuitätenhypothek.
44
Siehe Kap. B.II. im ersten Teil.
45
Der erwartete Verlust erhöht sich aufgrund einer geringeren erwarteten Rückzahlungsquote.
Vgl. SCHIERENBECK (2003a), S. 317 ff.
46
Vgl. SVW (2008d), S. 2.
47
Legitimierte Organisationen sind der SVW, der VLB und der SWE. Vgl. BUNDESAMT FÜR
WOHNUNGSWESEN (2008b), S. 2.

B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung
11
werden müssen.
48
Die Darlehen sind zwecklich an das komplette Spektrum von
genossenschaftlichen Finanzbedarfsstrukturen, wie z.B. Erneuerungs- und Er-
werbsfinanzierung, gebunden. Typischerweise liegt die Höhe des Gesamtdarlehens
bei ca. 5 Prozent der gesamten Anlagekosten.
49
Die Bewilligung seitens der Dach-
organisation ist für die Genossenschaften jedoch an einige zwingende Bedingungen
geknüpft:
50
­ Bau- und Erneuerungsvorhaben müssen den Grundsätzen des WFG
entsprechen.
­ Die maximale Höhe des Fonds-de-Roulement-Darlehens beträgt
30.000.- CHF pro Wohnung, wobei von minimalen Investitionskosten
von 35.000.- CHF ausgegangen werden muss und eine 50-prozentige
Wertvermehrung vorausgesetzt wird.
­ Die Anlagekosten müssen mit mindestens 10 Prozent durch genossen-
schaftliches Eigenkapital abgedeckt sein. Eine Anrechnung des Fonds-
de-Roulement-Darlehens auf selbiges ist nur zu 50 Prozent gestattet.
­ Die Laufzeitbeschränkung beträgt 20 Jahre mit einer rückzahlungsfrei-
en Zeit von drei Jahren.
­ Der Gebrauchswert nach dem Wohnungs-Bewertungs-System des
Bundesamtes für Wohnungswesen
51
soll mindestens 1,5 betragen.
Das zweite zur Verfügung stehende staatlich unterstützte Instrument ist die Hilfe
durch die Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger. Durch deren
Emission von Anleihen am Geld- und Kapitalmarkt können durch die Bürgschaft
des Bundes, was ein hohes Anleiherating impliziert, zinsgünstige Darlehen an ge-
meinnützige Bauträger zur Verfügung gestellt werden. Typischerweise bewegt sich
der Anteil der Anleihensquoten an dem Anlagewert im Intervall zwischen 25 und
30 Prozent. Die Nutzung von Anleihequoten ist jedoch an einen Mindestaufnah-
mebetrag von 500.000.- CHF gebunden. Die Absicherung erfolgt analog zur Hypo-
thek I durch Grundpfandrechte oder aber durch Schuldverschreibungen auf das
48
Der Berechnung des entsprechenden Zinssatzes für die Fonds de Roulement dient der von der
Schweizer Nationalbank ausgegebene Durchschnittszinssatz für Hypotheken der Kategorie I als
Berechnungsbasis. Der Fonds-Zinssatz beträgt exakt 1,5 Prozent weniger. Die Zinsuntergrenze
wurde jedoch bei 2 Prozent festgelegt. Auf- oder Abrundung erfolgt auf ein viertel Prozent. Vgl.
BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008b), S. 2; SVW (2008d), S. 3.
49
Vgl. SVW (2008d), S. 3.
50
Die Aufzählung beansprucht keine Vollständigkeit. Für weitere Bedingungen siehe
BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008b), S. 2.
51
Das Wohnungs-Bewertungs-System als Bewertungsinstrument misst nach bestimmten Richtli-
nien den Gebrauchswert einer Wohnung für den Endnutzer. Für weitere Informationen siehe
BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008c).

B.
Möglichkeiten der wohnbaugenossenschaftlichen Projektfinanzierung
12
Objekt der Finanzierung. In der Regel erfolgt hier eine Beleihung von bis zu 80
Prozent der Anlagekosten, was einen klaren Vorteil zur Hypothek I impliziert.
Die Laufzeit einer solchen Refinanzierung liegt gewöhnlich bei zehn Jahren. Die
Kostenbelastung für die Genossenschaft beschränkt sich auf zwei Dimensionen:
Einerseits sind entsprechende Zinszahlungen für das zur Verfügung gestellte Kapi-
tal zu leisten, andererseits die Emissionskosten der Anleihe
52
zu tragen.
53
Die dritte Dimension der staatlichen Genossenschaftsunterstützung im Rahmen der
Refinanzierung ist die Hypothekar-Bürgschaftsgenossenschaft. Es handelt sich
um eine Non-Profit-Organisation, welche Bürgschaften für grundpfandgesicherte,
nachrangige Darlehen im Rahmen der Hypothek II zur Verfügung stellt. Die ma-
ximale Bürgschaftshöhe beträgt 90 Prozent der Anlagekosten.
54
Der zu entrichtende Zinssatz orientiert sich an dem der Hypothek I. Eine derartige
Senkung ist nur durch die Nichtberücksichtigung der Risikoprämie, und zwar ver-
ursacht durch minderwertige Darlehenssicherungen, möglich. Der Bund übernimmt
durch die Gewährung von Rückbürgschaften gemäß dem Wohnraumförderungsge-
setz das entsprechende Mehr an Risiko. Der besondere Vorteil liegt folglich entwe-
der in der erhöht zur Verfügung stehenden Darlehenssumme aufgrund der gestei-
gerten Quantität an Sicherungen oder in verbesserten Kreditbedingungen durch die
bessere Qualität der Absicherung.
55
Der Kostenfaktor bei Rückgriff auf dieses In-
strument stellt sich für die Genossenschaften wie folgt dar:
56
­ Erwerb von Anteilsscheinen an der Hypothekargenossenschaft in Höhe
von maximal 5 Prozent der verbürgten Darlehenssumme. Typischer-
weise geht man an der Stelle von einem jährlichen Splitting und Ein-
zahlung bis zum Gesamtbetrag aus.
­ Bezahlung einer jährlichen Prämie von maximal 0,25 Prozent der ver-
bürgten Darlehenssumme.
­ Amortisierung der verbürgten Gesamtschuld in einem Zeitfenster von
maximal 30 Jahren nach Vertragsabschluss.
52
Die Emissionskosten bewegen sich gewöhnlich bei 2,5 Prozent des Anleihenominalwertes, be-
rechnet über die Gesamtlaufzeit. Die Kosten gliedern sich hauptsächlich in Bankkommissionen
und eidgenössische Umsatzabgaben.
53
Vgl. BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008b), S. 3; SVW (2008d), S. 4.
54
Vgl. BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (2008b), S. 3.
55
Vgl. HYPOTHEKAR- BÜRGSCHAFTSGENOSSENSCHAFT (2008).
56
Vgl. SVW (2008d), S. 4.

C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus
13
Der SVW als maßgebender Verband der Analyse verfügt zudem über eine Stif-
tung Solidaritätsfonds des SVW. Die seit 1999 eigenständige Stiftung vergibt
zinsgünstige
57
, aber rückzahlbare Darlehen an die Wohngenossenschaften mit dem
Zweck der Restfinanzierung bei Neubau oder Sanierung des bestehenden Baube-
standes. Anlässlich der Gründung stiftete der SVW 50.000 CHF und übertrug in
den kommenden Jahren insgesamt 22,5 Mio. CHF in das Stiftungsvermögen. Des-
sen heutiger Stand beläuft sich auf etwas mehr als 31 Mio. CHF, was durch freiwil-
lige Beiträge von Mitgliedern, Zins- und Finanzerträge, zweckgebundene Schen-
kungen oder Verfügungen nach dem Tod von Mitgliedern erzielt wurde. Allein im
Geschäftsjahr 2007 verzeichnete die Stiftung freiwillige Beiträge von Mitgliedern
von über 800.000 CHF, wovon ca. 10 Prozent aus der Sektion NWS stammten.
58
III.
Das Baurecht als direkte Unterstützungsalternative der öffentlichen
Hand
Im Baurecht existieren grundsätzlich zwei Parteien ­ der Baurechtsgeber und der
Baurechtsnehmer. Ersterer überlässt Letzterem Bauland für einen festgeschriebe-
nen Zeitraum
59
, was ihm durch den sogenannten Baurechtszins entgolten wird. Der
Baurechtsnehmer erhält im Folgenden das Recht, den überlassenen Boden zu
bebauen und die entsprechenden Erträge aus Vermietung und Verpachtung zu rea-
lisieren. Sollte nach Ende der vereinbarten Laufzeit der Baurechtsvertrag nicht ver-
längert werden, so wäre die unmittelbare Konsequenz entweder ein Kauf des
Grundstücks durch den Baurechtsnehmer oder eine Rückgabe sowie ein automati-
scher Eigentumsübertrag der bebauten Gebäude an den Eigentümer des Grund und
Bodens. Verträge dieser Art können nicht einheitlich abgebildet werden. In der
Praxis unterscheiden sie sich speziell in den Attributen Zins, Laufzeit, Regelung
des Heimfalls und Aufsicht. Aktuell sind Bestrebungen im Gange, eine für beide
Seiten sicherere und bessere Vertragsform zu erarbeiten.
60
C. Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen
Wohnbaus
I.
Die Einführung genossenschaftlichen Wohnbaus als historischer
Problemlösungsansatz
Die Entstehung des genossenschaftlichen Wohnbaus basiert historisch auf der sich
zunehmend verschlechternden Wohnungs- und Lebenssituation Mitte des 19. Jahr-
57
In begründeten Ausnahmefällen auf zinslose Darlehen.
58
Vgl. STIFTUNG SOLIDARITÄTSFONDS (2007).
59
Die Laufzeit wird grundsätzlich langfristig vereinbart. Im frühen 20. Jahrhundert wurde die
Minimumlaufzeit mit 30 Jahren angesetzt. Vgl. WÜRMLI (1994), S. 12.
60
Vgl. Interview HERBSTER (2008), S. 2.

C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus
14
hunderts. Die Bevölkerung dieser Zeit erlebte eine vermehrte Diskrepanz zwi-
schen zuziehenden Personen und verfügbaren Wohnungen, wobei der starke An-
stieg an Einwohnern in der Industrialisierung und Mechanisierung der Epoche
gründete.
61
Abbildung 5 zeigt die Bevölkerungsentwicklung der Region NWS, die
sich aus den Regionen BS und BL zusammensetzt. Es wird deutlich, dass sich die
Gesamtheit der in der NWS lebenden Menschen in den Jahren 1850­1900 von ca.
83.000 gemeldeten Personen auf über 180.000 mehr als verdoppelte, wobei die
Region BS mit einem überproportionalen Wachstum von ca. 280 Prozent konfron-
tiert wurde.
Abb. 5: Bevölkerungsentwicklung der NWS
62
Wohnungsnot führte zu beständig steigenden Mietpreisen, verschlechterten sanitä-
ren Gegebenheiten bis hin zum Ausbruch von Cholera und Typhus sowie dem Auf-
treten diverser Mangelerkrankungen bei der Bevölkerung. Die Regierung dieser
Zeit fasste die prekäre Wohnungsnot in der NWS als ein vorübergehendes Phäno-
men auf und überließ die Lösung der Fragestellung den privaten Kräften des Mark-
tes. Eine von der Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige gegründete Institu-
tion mit dem Namen AG für Arbeitshäuser trat als erste Interessengruppe für die
Lösung des Wohnungsmangelproblems der Region auf. Sie erwirkte den Bau von
verschiedenen für die arbeitende Bevölkerung bestimmten Wohnungssiedlungen in
den Jahren 1854 bis 1856. Im Jahre 1873 beschloss eine Ansammlung von Bürgern
des Bezirks NWS im Zuge einer Volksversammlung der Wohnungssuchenden die
Gründung einer Baugenossenschaft zur Lösung der akuten Probleme. Jene Bauge-
nossenschaft wurde im Jahr 1874 in die AG Basler Bauverein, dem ersten richtigen
61
In der Region Basel vollzog sich dies in erster Linie durch den Auftrieb der Seidenbandweberei
sowie die Entwicklung der chemischen Industrie. Vgl. WÜRMLI (1994), S. 8 ff.
62
Vgl. STATISTIK BS (2008a); STATISTIK BS (2008b); STATISTIK BS (2008c);
BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008f); BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2008g); eigene
Darstellung.

C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus
15
Urahn der heutigen Genossenschaftsformen in der NWS, umgewandelt. Der er-
folgreichen Erstellung von mehr als 50 Wohnungen folgte trotz der Unterstützung
durch die Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige die Pleite im Zuge der
wirtschaftlichen Depression ab dem Jahr 1880. Eine von der Regierung in Auftrag
gegebene Studie im Jahre 1889 resümierte den Bedarf an Gründungen von weite-
ren Baugesellschaften sowie die entsprechende Verankerung in der Sozialgesetz-
gebung.
63
Ein daraus hervorgehendes Gesetz zur Implementierung breiter staatli-
cher Subventionsmöglichkeiten, der Einsetzung einer Wohnungskommission sowie
der Möglichkeit zur gemeinnützigen, staatlichen Enteignung von privatem Besitz
zur Deckung sozialen Baubedarfs wurde jedoch in einer Volksabstimmung im Jah-
re 1900 abgelehnt.
64
II.
Der genossenschaftliche Wohnbau zwischen 1900 und 1950
Aufgrund der mangelnden staatlichen Unterstützung war man in der folgenden Zeit
gezwungen, die erste richtige WBG durch die Unterstützung einzelner Privater zu
gründen. Noch im Jahr der Verwerfung des angedachten Gesetzes konnte dies mit
der Gründung der Basler Wohngenossenschaft realisiert werden. Die entspre-
chenden Statuten, ausgearbeitet von der Kommission des Basler Mietvereins, leg-
ten die Basis zur Selbsthilfe bezüglich des Wohnungsmissstandes in der NWS.
65
Der Übergang zur Bautätigkeit wurde im Jahr 1912 durch Umsetzung des Bau-
rechts im staatlichen Zivilrecht eingeläutet.
66
Der besondere Vorteil des Baurechts für die Grundstücksbesitzer war vor allem in
ihrem konstant bleibenden Grundstücksvermögen zu sehen, während für die Be-
völkerung der Entzug des Bodens aus der allgemeinen Grundstückspekulation und
somit der Zugang zu billigem Land einen der wesentlichen Pluspunkte darstellte.
67
Im relevanten Zeitverlauf bis 1950 lassen sich im Wesentlichen drei geschichtliche
Phasen isolieren: zum einen die Zeit vor und während des Ersten Weltkrieges
(1900­1917), die Zwischenkriegszeit (1918­1939) sowie das Intervall Zweiter
Weltkrieg und dessen Folgejahre (1940­1950).
Vor und während des Ersten Weltkrieges stellten WBGen der NWS vergleichs-
weise wenige Wohnungen für die ärmere Bevölkerungsschicht zur Verfügung.
68
63
Vgl. BÜCHER (1891), S. 1 ff.
64
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 8­10.
65
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 11.
66
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 12 ff.
67
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 12.; Kap. B.III. des ersten Teils.
68
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 11 f.

C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus
16
Die Spanne der Zwischenkriegszeit war stark von den Konsequenzen des Ersten
Weltkrieges geprägt. Armut, Inflation, konstant hohe Erwerbslosigkeit in Kombi-
nation mit kriegsbedingter Wohnungsnot sorgten für hohe Unzufriedenheit unter
der Bevölkerung. Als Folge kam es im Jahr 1918 zu einem Generalstreik. Zwei der
herausstechenden Appelle an die Regierung waren konstruktive Initiativen gegen
Wohnungsleid und überhöhte Mietpreise.
69
Aus der Krise dieses Jahres entstanden
anknüpfend die ersten fundamentalen Gesetze zur Förderung des Wohnungsbaus in
der NWS.
70
Als Folge kam es im Zeitraum bis 1939 zu einem signifikanten Anstieg
der genossenschaftlichen Wohnungserstellungen. Die beträchtlichen Bautätigkeiten
resultierten in einer Leerwohnungsquote Ende 1939 von knapp 3 Prozent. Der
Wohnungsmarkt befand sich zu diesem Zeitpunkt aus Bevölkerungssicht nahe an
einem Idealzustand
71
, aus dem Blickwinkel der Baugenossenschaften war jedoch
eine Überkapazität vorhanden, was fast zu einem Erliegen der Bautätigkeiten zwi-
schen 1934 und 1939 führte.
72
Die Zeit des Zweiten Weltkrieges und die Nachkriegszeit können als die erste
Blüte des genossenschaftlichen Wohnbaus in der NWS bezeichnet werden. Als
Folge des Mangels an Neubautätigkeiten der Vorjahre und des Krieges sank die
Leerstandsquote von Wohnungen in der NWS im Jahre 1942 auf historisch tiefe
0,3 Prozent. Die Regierung beschloss im Jahr 1942 ein umfangreiches Subventi-
onspaket zur Wiederbelebung der Bautätigkeit in der Region
73
, was einen exorbi-
tanten Anstieg an Wohnungsneuerstellungen zur Folge hatte.
74
Der Umfang der
baulichen Aktivitäten war einzig durch die immensen finanziellen staatlichen Un-
terstützungen möglich.
75
Anfang des Jahres 1950 stieg die Leerstandsquote in der
Region wieder auf knapp 1 Prozent.
76
III.
WBGen von 1951 bis heute
Im Jahre 1950 kam es zum Schutz vor Überproduktion zur Streichung des aufge-
führten staatlichen Subventionspakets. Ab 1951 steuerte die Schweiz einer Hoch-
69
Vgl. KRESS (1991), S. 33 f.
70
Der Bundesratsbeschluss zur Förderung der Hochbautätigkeit (Juli 1919) und der Bundesratsbe-
schluss zur Milderung der Wohnungsnot (Mai 1920). Vgl. WÜRMLI (1994), S. 13­15.
71
Vgl. RUF (1991), S. 8.
72
Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ab 1929 verschärften die prekäre Situation der
Wohngenossenschaften bezüglich ihres Absatzmarktes bspw. durch Mietzinsausfälle zusätzlich.
Vgl. RUF (1991), S. 8; WÜRMLI (1994), S. 13 ff.
73
Dies war die sogenannte ,,Verordnung betreffend Massnahmen zur Milderung der Wohnungsnot
durch Förderung der Wohnbautätigkeit". Vgl. WOHNBAUFÖRDERUNG (2008), S. 2.
74
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 26.
75
Allein von Juli 1943 bis November 1950 erhielten WBGen 335,7 Mio. CHF an direkten und
indirekten Subventionen. Vgl. WÜRMLI (1994), S. 31 f.
76
Vgl. STATISTIK BS (2008d), S. 11.

C.
Die Geschichte und Bedeutung des genossenschaftlichen Wohnbaus
17
konjunkturphase entgegen, was als unmittelbare Konsequenz einen Auf-
schwung des privaten und kommerziellen Wohnungsbaus mit sich brachte. Die
Nachfrage nach Baugrund und somit auch die Preise für selbigen, vor allem in BS,
stiegen enorm an. Die Kombination aus erneut starkem Bevölkerungswachstum
77
und höheren Einkommen erzeugte eine entsprechende Nachfrage nach größeren
und komfortableren Wohnungen. Die WBGen konzentrierten sich aufgrund der
Bodenpreisentwicklung in BS hauptsächlich auf Neuerstellung von Wohnraum in
BL, um der ärmeren Bevölkerungsschicht weiterhin günstiges Wohnen zu ermögli-
chen.
78
Die Zahl der neu erstellten Wohnungen durch WBGen sank bis 1966 auf-
grund der Preisentwicklung, um dann in einer zweiten Blütezeit, vor allem in BL
bis 1973, wieder anzusteigen. Die Wohnungsleerstandsquote in BS bewegte sich in
diesem Zeitraum auf einem konstant niedrigen Niveau zwischen 0,1 und 0,3 Pro-
zent.
79
Ab dem Jahr 1970 sank die Einwohnerzahl des Kantons BS, erstmals wieder seit
100 Jahren.
80
Die Schweizer Konjunktur hatte ab dem Jahr 1973 mit einer starken
Abkühlung zu kämpfen, und das Land steuerte direkt in eine wirtschaftliche Rezes-
sion. Die Preise für Wohnungen, vor allem in BS, gerieten durch die Überproduk-
tion der vorhergehenden Jahre
81
und durch die Krise unter immensen Druck. Die
Wohnungsleerstandsquote in BS stieg in den Folgejahren fast konstant auf ca. 1
Prozent.
82
Der genossenschaftliche Wohnbau kam in der Zeit der wirtschaftlichen
Schieflage und auch danach fast vollkommen zum Erliegen.
83
Dies kann durch
folgende Umstände erklärt werden:
­ Bis heute haben die Genossenschaften der Region NWS mit dem
Hauptproblem der späten 70er-Jahre zu kämpfen ­ der Beschaffung
von Bauland für Neubauprojekte.
Darüber hinaus ergaben sich bis dato noch folgende zwei Problemfelder:
­ ein architekturprogrammatisches Umdenken der Bevölkerung und
Stadtplaner weg von Plattenbauten mit einer hohen Anzahl an einfachen
und zweckmäßigen Wohnungen hin zu kleineren Bauten mit hohem
Komfortstandard, aber auch höheren Produktionskosten;
77
Vgl. Abb. 5.
78
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 33 ff.
79
Vgl. STATISTIK BS (2008d) S. 8 ff.; WÜRMLI (1994), S. 35 f.
80
Vgl. Abb. 5.
81
WÜRMLI (1994), S. 35.
82
Vgl. STATISTIK BS (2008d), S. 11.
83
Vgl. WÜRMLI (1994), S. 35 ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836637015
DOI
10.3239/9783836637015
Dateigröße
20.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Basel – Wirtschaftswissenschaften, Bankmanagement
Erscheinungsdatum
2009 (Oktober)
Note
1,5
Schlagworte
wohnbaugenossenschaften schweiz analyse finanzen kostenstatistik
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Titel: Der genossenschaftliche Wohnbau in der Nordwestschweiz
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