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Nachhaltigkeitszertifikate bei der Bewertung von Büroimmobilien

©2008 Diplomarbeit 131 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wer dieser Tage den Immobilienteil einer Tageszeitung oder eine Immobilienfachzeitschrift aufschlägt, wird feststellen, dass sich die Meldungen über eine Nachfragesteigerung nach nachhaltigen Immobilien, oft auch als ‘Green Buildings’ bezeichnet, häufen. So schreibt die Süddeutsche Zeitung, dass die ‘Nachfrage nach Gebäuden mit Nachhaltigkeits-Siegel steigt’, die Financial Times Deutschland, dass ‘nachhaltige Immobilien (..) gefragter denn je’ sind und die Immobilienzeitung, dass die ‘Nachfrage nach sogenannten Green Buildings wächst’. Was allerdings genau unter einer nachhaltigen Immobilie oder unter einem Green Building verstanden wird, ist zurzeit noch nicht eindeutig definiert und abgegrenzt, so dass das allgemeine Verständnis dieser Begriffe sehr vage ist.
Die Entwicklung von Nachhaltigkeitszertifikaten auf dem Immobilienmarkt erfolgte in den letzten Jahren analog zu der Entwicklung nachhaltiger Gebäude. Diese Zertifikate werden bislang häufig als Marketinginstrument eingesetzt, welches Investoren und Nutzern einen Anreiz bieten soll, in nachhaltige Immobilien zu investieren. Dies wird erreicht, indem sie eine Beurteilung der Nachhaltigkeit einer Immobilie durchführen und dokumentieren, welche besonderen Eigenschaften und Vorteile diese Immobilie gegenüber einem konventionellen Gebäude bietet. Zudem zeichnet ein Zertifikat sowohl Eigentümer als auch Nutzer aus, ökologisch und sozialverantwortlich zu handeln. Die daraus resultierende Wirkung, nämlich ein positiver Imagezuwachs für Investoren und Nutzer, soll die Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien steigen lassen.
Mit der Erhöhung der Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien, wird jedoch die Lösung der Problematik, wie die Nachhaltigkeit eines Gebäudes in die Immobilienbewertung integriert werden kann, dringender. Marktentwicklungen lassen bereits jetzt den Trend erkennen, dass konventionelle, nicht nachhaltige Immobilien eine geringere Marktakzeptanz finden. Eine rechnerische und angemessene Quantifizierung dieses Mehr- oder Minderwerts ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht möglich.
Demnach bedarf es weiterer Forschungsbemühungen, um geeignete Bewertungsmethoden zu identifizieren, welche es ermöglichen, die Nachhaltigkeit generierenden Eigenschaften eines Gebäudes in eine Immobilienbewertung zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Miriam Waibel
Nachhaltigkeitszertifikate bei der Bewertung von Büroimmobilien
ISBN: 978-3-8366-3685-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Stuttgart, Stuttgart, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

- 4 -
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... 7
Tabellenverzeichnis ... 8
Abkürzungsverzeichnis ... 9
Formelzeichenverzeichnis ...12
1
Einleitung ...13
1.1
Problemstellung ...13
1.2
Zielsetzung ...14
1.3
Vorgehensweise ...14
2
Grundlagen ...16
2.1
Nachhaltigkeit ...16
2.1.1
Politischer Diskurs ...16
2.1.2
Der Nachhaltigkeitsbegriff ...18
2.2
Nachhaltiges Gebäude bzw. Green Building ...23
2.2.1
Eigenschaften eines Green Buildings ...27
2.3
Grundstücksbewertung ...35
2.3.1
Marktwert und Investitionswert ...36
3
Nachhaltigkeitszertifikate für Immobilien ...38
3.1
BREEAM ...39
3.1.1
Struktur des Zertifizierungssystems ...39
3.1.2
Zertifizierungsprozess ...41
3.1.3
Bewertungssystem ...41
3.2
LEED ...43
3.2.1
Struktur des Zertifizierungssystems ...43
3.2.2
Zertifizierungsprozess ...44
3.2.3
Bewertungssystem ...45
3.3
DGNB ...46
3.3.1
Struktur des Zertifizierungssystems ...46
3.3.2
Zertifizierungsprozess ...47
3.3.3
Bewertungssystem ...47
3.4
Vergleich der Zertifikate BREEAM, LEED und DGNB ...51
3.5
Andere Zertifikate ...55

- 5 -
4
Integrationsmöglichkeiten des Green Value in die Grundstücksbewertung ...60
4.1
Green Value ...60
4.2
Eignung der traditionellen Bewertungsmethoden ...61
4.2.1
Vergleichswertverfahren und Sales Comparison ...61
4.2.2
Ertragswertverfahren und Income Approach ...62
4.2.3
Sachwertverfahren und Cost Approach ...69
4.2.4
Residualwertverfahren und Residual Approach ...70
4.3
Eignung der modernen Bewertungsmethoden ...70
4.3.1
Hedonische Preisermittlungsmethode ...70
4.3.2
Künstlich neuronale Netze ...71
4.3.3
Räumliche Analysemethoden ...72
4.3.4
Fuzzy Logik ...72
4.3.5
Autoregressive Integrated Moving Average ...73
4.3.6
Realoptionsmethode ...74
4.4
Ergebnis ...74
5
Nachhaltigkeitszertifikate bei der Grundstücksbewertung ...75
5.1
Anwendung der hedonischen Preisermittlungsmethode ...76
5.1.1
Lineare und multiple lineare Regressionsanalyse ...76
5.1.2
Kenngrößen ...82
5.1.3
Einsatzmöglichkeit zur Bewertung von nachhaltigen Immobilien ...84
5.2
Datenquellen für die hedonische Preisermittlungsmethode ...86
5.3
Erfordernisse zur Verwendung von Nachhaltigkeitszertifikaten bei der
Grundstücksbewertung ...87
5.4
Eignung von BREEAM, LEED und DGNB zur Grundstücksbewertung ...91
6
Anwendungsbeispiel ...97
6.1
Bemerkungen und Annahmen ...97
6.2
Das Bewertungsobjekt ...97
6.3
Durchführung der Bewertung ... 100
6.4
Unsicherheiten bei der Bewertung ... 104
6.5
Beurteilung der Bewertung ... 105
7
Fazit ... 107
7.1
Zusammenfassung... 107
7.2
Ergebnis ... 107
7.3
Ausblick ... 109

- 6 -
Literaturverzeichnis ... 112
Internetquellen ... 115
Gesetze, Normen und Richtlinien ... 118
Anhang ... 119

- 7 -
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Drei-Säulen-Konzept ...21
Abbildung 2: Ein-Säulen-Konzept ...22
Abbildung 3: Anforderungen an Green Buildings und nachhaltige Gebäude...23
Abbildung 4: Bewertungsbeispiel zu BREEAM ...42
Abbildung 5: Bewertungsbeispiel zu LEED ...46
Abbildung 6: Nachhaltigkeitskonzept des DGNB ...48
Abbildung 7: Bewertungsschema des DGNB ...50
Abbildung 8: Vorgehen beim Ertragswertverfahren ...63
Abbildung 9: Direct Capitalization Income Approach oder Maklermethode ...64
Abbildung 10: Auswirkungen von nachhaltigen Eigenschaften auf den Green Value ...68
Abbildung 11: Lineare Regressionsgerade einer Stichprobe ...77

- 8 -
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ausgewählte Aufwendungen und Nutzen einer nachhaltigen Immobilie ...26
Tabelle 2: Ermittlungsbeispiel für die effektive Gewichtung bei BREEAM ...53
Tabelle 3: Effektive Gewichtungen für BREEAM...53
Tabelle 4: Effektive Gewichtung für LEED ...54
Tabelle 5: Auswahl von in den Zertifikaten nicht bewerteten Kriterien ...54
Tabelle 6: Stichprobendaten zu Büroimmobilien ...79
Tabelle 7: Allgemeine Daten des zu bewertenden Objekts ...98
Tabelle 8: Ergebnisse der LEED-Zertifizierung ...99
Tabelle 9: Kenngrößen der Regressionsgleichung ... 104

- 9 -
Abkürzungsverzeichnis
Euro
A/V
Verhältnis der Fläche zum Volumen
Abs.
Absatz
abzgl.
abzüglich
ARIMA
Autoregressive Integrated Moving Average
BauGB
Baugesetzbuch
BEE
Building Environmental Efficiency
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BRE
Building Research Establishment Ltd.
BREEAM
Building Research Establishment Environmental Assessment Method
BUND
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
bzw.
beziehungsweise
CASBEE
Comprehensive Assessment System for Building Environmental Effi-
ciency
CO
2
Kohlenstoffdioxid
CSR
Corporate Social Responsibility
CSTB
Centre Scientifique et Technique du Bâtiment
d. h.
das heißt
DCF
Discounted Cashflow
DGNB
Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen; Deutsches Gütesie-
gel für Nachhaltiges Bauen
DIN
Deutsches Institut für Normung; ursprünglich: Deutsche Industrie
Norm
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EG
Europäische Gemeinschaft
EN
Europäische Norm
EnEv
Energieeinsparverordnung
etc.
et cetera
ETS
Environmental Tobacco Smoke
EU
Europäische Union
f., ff.
folgende
FCKW
Fluorchlorkohlenwasserstoff
FKW
Fluorkohlenwasserstoff
GBCA
Green Building Council Australia
GEFMA
German Facility Management

- 10 -
GIS
Geografisches Informationssystem
Green Star NZ
Green Star New Zealand
GWP
Global Warming Potential
HGB
Handelsgesetzbuch
HK BEAM
Hong Kong Building Environmental Assessment Method
HQE
Haute Qualité Environnementale
HVB Expertise
Immobilienberatungsgesellschaft der HypoVereinsbank
iiSBE
International Initiative for a Sustainable Built Environment
Inc.
Incorporated (Zusatz für eine amerikanische/kanadische Unterneh-
mensform)
IPD
Investment Property Databank
ISO
International Organization for Standardization
IVSC
International Valuation Standards Committee
JLL
Jones Lang LaSalle
JSBC
Japan Sustainable Building Consortium
k. A.
keine Angabe(n)
K. O.-Kriterium
Knocked Out-Kriterium (im Sinne von Mindestanforderung)
LCA
Life-Cycle-Accounting
LCC
Life-Cycle-Costing
LEED
Leadership in Energy and Environmental Design
LEED Canada NC LEED Canada New Construction
Ltd.
Limited (britische Unternehmensform)
m
Meter
m
2
Quadratmeter
MIT
Massachusetts Institute of Technology
NGO
Non-Governmental-Organization (Nichtregierungsorganisation)
NHK
Normalherstellungskosten
NOI
Net Operating Income
NO
X
Stickstoffe
o. ä.
oder ähnliche
o. V.
ohne Verfasser
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
RICS
Royal Institution of Chartered Surveyors
S.
Seite
S-Bahn
Schnellbahn
SBTool
Sustainable Building Tool

- 11 -
SPSS
Ursprünglich: Statistical Package for the Social Sciences; heute hat
die Abkürzung jedoch keinen bestimmten Inhalt, sondern bezeichnet
das Softwareprodukt SPSS
SRU
Sachverständigenrat für Umweltfragen
TEGoVA
The European Group of Valuers,, Associations
u. a.
unter anderem; und andere
U-Bahn
Untergrundbahn
UNEP
United Nations Environment Programme
UNO
United Nations Organization
USA
United States of America
USGBC
United States Green Building Council
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
WCED
World Commission on Environment and Development
WertR
Wertermittlungsrichtlinien
WertV
Wertermittlungsverordnung (Verordnung über Grundsätze für die
Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken)
WLC
Whole-Life-Costs
z. B.
zum Beispiel

- 12 -
Formelzeichenverzeichnis
BW
Bodenwert
df
Freiheitsgrad
E
Erwartungswert
EW
Ertragswert
f
(x)
Funktion von x
H
0
Nullhypothese
H
a
Alternativhypothese
i
Diskontierungszinssatz
n
Anzahl Jahre
N(,
2
)
Normalverteilung
NOI
Net Operating Income (Rohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten)
p
Zinssatz in Prozent
r
2
Korrelationskoeffizient
RE
Reinertrag des jeweiligen Jahres
t
t-Wert
Var(X) =
2
Varianz
VE
Verkaufserlös am Ende des Investitionszeitraums
x
Kovariable
X
Normalverteilte Stichprobenvariable
y
Zielvariable
z
z-Wert
Signifikanzniveau
0
systematische Abweichung vom Nullpunkt auf der Ordinate
n
Regressionskoeffizient der Kovariablen
Störgröße
Mittelwert
Standardabweichung
Summe

- 13 -
1
Einleitung
1.1
Problemstellung
Wer dieser Tage den Immobilienteil einer Tageszeitung oder eine Immobilienfachzeit-
schrift aufschlägt, wird feststellen, dass sich die Meldungen über eine Nachfragesteige-
rung nach nachhaltigen Immobilien
, oft auch als ,,Green Buildings" bezeichnet,
häufen. So
schreibt die Süddeutsche Zeitung, dass die ,,Nachfrage nach Gebäude
n mit Nachhaltig-
keits-
Siegel steigt"
1
, die Financial Times Deutschland, dass ,,nachhaltige Immobilien (..)
gefragter denn je"
2
sind und die Immobilienzeitung, das
s die ,,Nachfrage nach sogenan
n-
ten Green Buildings wächst".
3
Was allerdings genau unter einer nachhaltigen Immobilie
oder unter einem Green Building verstanden wird, ist zurzeit noch nicht eindeutig definiert
und abgegrenzt, so dass das allgemeine Verständnis dieser Begriffe sehr vage ist.
Die Entwicklung von Nachhaltigkeitszertifikaten auf dem Immobilienmarkt erfolgte in den
letzten Jahren analog zu der Entwicklung nachhaltiger Gebäude. Diese Zertifikate werden
bislang häufig als Marketinginstrument eingesetzt, welches Investoren und Nutzern einen
Anreiz bieten soll, in nachhaltige Immobilien zu investieren. Dies wird erreicht, indem sie
eine Beurteilung der Nachhaltigkeit einer Immobilie durchführen und dokumentieren, wel-
che besonderen Eigenschaften und Vorteile diese Immobilie gegenüber einem konventio-
nellen Gebäude bietet. Zudem zeichnet ein Zertifikat sowohl Eigentümer als auch Nutzer
aus, ökologisch und sozialverantwortlich zu handeln. Die daraus resultierende Wirkung,
nämlich ein positiver Imagezuwachs für Investoren und Nutzer, soll die Nachfrage nach
nachhaltigen Immobilien steigen lassen.
Mit der Erhöhung der Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien, wird jedoch die Lösung
der Problematik, wie die Nachhaltigkeit eines Gebäudes in die Immobilienbewertung in-
tegriert werden kann, dringender. Marktentwicklungen lassen bereits jetzt den Trend er-
kennen, dass konventionelle, nicht nachhaltige Immobilien eine geringere Marktakzeptanz
finden. Eine rechnerische und angemessene Quantifizierung dieses Mehr- oder Minder-
werts ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht möglich.
Demnach bedarf es weiterer Forschungsbemühungen, um geeignete Bewertungsmetho-
den zu identifizieren, welche es ermöglichen, die Nachhaltigkeit generierenden Eigen-
schaften eines Gebäudes in eine Immobilienbewertung zu integrieren.
1
Nohn (2008), S. 27
2
Haimann (2008), S. C1
3
Busch / Puritscher (2008), S. 10

- 14 -
1.2
Zielsetzung
Aus der in Abschnitt 1.1 erläuterten Problemstellung heraus haben sich die Aufgabenstel-
lung und die Zielsetzung dieser Arbeit entwickelt. Denn mit den traditionellen Bewer-
tungsmethoden, worunter in Deutschland das Vergleichswertverfahren, das Ertragswert-
verfahren, das Sachwertverfahren und das Residualwertverfahren zählen, kann bisher
nicht der (Mehr-)Wert einer nachhaltigen Immobilie ermittelt werden. Entweder ist ein Ein-
bezug der Nachhaltigkeit in die jeweilige Bewertungsmethode aus strukturellen Gründen
nicht möglich, oder aber eine angemessene Bewertung ist durch fehlende Erfahrungswer-
te für den Einbezug von Nachhaltigkeit nicht durchführbar.
Daher ist das Ziel dieser Arbeit, neben der Erfassung und Beschreibung der grundlegen-
den Begrifflichkeiten, eine Methode zur Integration der Nachhaltigkeit in die Immobilien-
bewertung zu entwickeln.
Dazu wird erarbeitet, welche Bewertungsmethode sich dazu eignet, den (Mehr-)Wert ei-
ner nachhaltigen Immobilie abzubilden. Gleichzeitig werden ausgewählte Nachhaltigkeits-
zertifikate für Immobilien beschrieben und dahingehend analysiert, wie sie in die Bewer-
tung von nachhaltigen Immobilien integriert werden können. Denn neben ihrer Funktion
als Marketinginstrument können sie voraussichtlich auch zur Generierung und Dokumen-
tation von Daten über die Nachhaltigkeit von Immobilien eingesetzt werden. Diese Daten
können dann zur Ermittlung der fehlenden Erfahrungswerte, welche zum Einbezug der
Nachhaltigkeit in die Immobilienbewertung notwendig sind, genutzt werden.
1.3
Vorgehensweise
Diese Arbeit verbindet drei Themen der Immobilienwirtschaft miteinander. Als erstes ist
das Thema der Green Buildings zu nennen, welches zurzeit immer mehr die Aufmerk-
samkeit der Öffentlichkeit erlangt. Des Weiteren beinhaltet die Arbeit das Thema der
Nachhaltigkeitszertifikate. Sie ermöglichen es, den Ausprägungsgrad der Nachhaltigkeit
von Immobilien zu beurteilen. Das dritte Thema, welches betrachtet wird, ist das Thema
der Grundstücksbewertung. Für alle drei Themen werden im Laufe der Arbeit die Grund-
lagen erarbeitet, bis sie schließlich zu dem Thema der Bewertung von nachhaltigen Im-
mobilien mit Hilfe von Nachhaltigkeitszertifikaten zusammengeführt werden.
Zu Anfang werden grundlegende Begriffe und Sachverhalte im Kapitel ,,Grundlagen" e
r-
läutert. Es wird erörtert, was unter dem Begriff
,,Nachhaltigkeit"
verstanden wird, welche
Konzepte es dazu gibt und wie sich auf politischer Ebene die Diskussion über Nachhaltig-
keit und ihre Umsetzung entwickelt hat. Darauffolgend wird eine Definition für die Begriffe
,,nachhaltiges Gebäude" und ,,Green Building"
gegeben und erläutert, welche Eigenschaf-
ten solche Gebäude üblicherweise aufweisen. Abschließend wird der Begriff der Grund-

- 15 -
stücksbewertung behandelt und der Unterschied zwischen dem Marktwert und dem Inves-
titionswert herausgestellt.
Im Kapitel 3 werden die Nachhaltigkeitszertifikate für Immobilien näher betrachtet. Dabei
wird jeweils die Struktur des Zertifizierungssystems, des Zertifizierungsprozesses und des
Bewertungssystems beschrieben. Für die Zertifikate Building Research Establishment
Environmental Assessment Method (BREEAM), Leadership in Energy and Environmental
Design (LEED) und des Deutschen Gütesiegels für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erfolgt
dies im Detail und für die Zertifikate Sustainable Building Tool (SBTool), Green Star,
Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency (CASBEE) und
Haute Qualité Environnementale (HQE) in Steckbriefform. Zudem wird ein Vergleich der
Zertifikate BREEAM, LEED und DGNB durchgeführt, um Schwächen und Stärken der
einzelnen Zertifikate zu identifizieren.
Anschließend erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Grundstücksbewertungsmetho-
den. Hierbei wird zunächst
erörtert, was unter dem ,,Green Value" verstanden wird und
welchen Platz er bei der Bewertung von nachhaltigen Immobilien einnimmt. Bei der nach-
folgenden Beschreibung der traditionellen und modernen Bewertungsmethoden werden
diese daraufhin untersucht, inwieweit sie in der Lage sind, den Green Value einer nach-
haltigen Immobilie bei der Bewertung mit abzubilden.
Im fünften Kapitel werden letztendlich die drei Themengebiete Green Buildings, Nachhal-
tigkeitszertifikate für Immobilien und Grundstücksbewertung zusammengeführt. Zu Anfang
wird eine für die Bewertung von Nachhaltigkeit geeignete Methode vorgestellt. Dabei wer-
den ihre Anwendung und die Voraussetzungen dafür näher betrachtet. Anschließend
werden die Möglichkeiten zum Einsatz bei der Grundstücksbewertung von nachhaltigen
Immobilien analysiert. Im abschließenden Teil dieses Kapitels wird erarbeitet, welche
Voraussetzungen die Nachhaltigkeitszertifikate erfüllen müssen, damit sie für die vorge-
stellte Bewertungsmethode brauchbare Daten liefern. BREEAM, LEED und das DGNB
werden auf diese Anforderungen hin geprüft.
An einem Anwendungsbeispiel für das LEED-Zertifikat wird abschließend veranschaulicht,
wie eine Bewertung mit den Daten des Nachhaltigkeitszertifikates und mittels einer für
den Einbezug von Nachhaltigkeit geeigneten Bewertungsmethode durchgeführt werden
kann. Dazu wird exemplarisch der konkrete Wert einer zertifizierten, nachhaltigen Büro-
immobilie ermittelt.

- 16 -
2
Grundlagen
Um eine fachgerechte, präzise und nachvollziehbare Diskussion über das Thema der Be-
wertung von Immobilien unter Berücksichtigung ihrer Nachhaltigkeit zu gewährleisten,
werden vorab einige Begriffe oder Themengebiete definiert, abgegrenzt und erläutert.
Dies erfolgt in diesem Kapitel, wobei zu Beginn die Begriffe
,,Nachhaltigkeit"
sowie
,,nac
h-
haltiges Gebäude" bzw.
,,
Green Buil
ding"
näher betrachtet werden. Abschließend wird das
Thema der Grundstücksbewertung vorgestellt, wobei auch der Unterschied zwischen dem
Investitionswert und dem Marktwert einer Immobilie verdeutlicht wird.
2.1
Nachhaltigkeit
Zu Anfang wird dargestellt, wie sich die politische Diskussion um den Inhalt des Nachhal-
tigkeitsbegriffes und dessen Umsetzung entwickelt hat. Darauffolgend wird der Nachhal-
tigkeitsbegriff definiert und dessen unterschiedliche Konzepte zur Umsetzung vorgestellt.
2.1.1
Politischer Diskurs
Den ersten Ansatz zur Diskussion des Themas Nachhaltigkeit stammt von dem Club of
Rome,
1
welcher 1968 von einem italienischen Industriellen und einem schottischen Wis-
senschaftler gegründet wurde. Diese internationale Gruppe setzte sich aus Mitgliedern
von Kreisen der Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und der Gesellschaft zusammen. Sie
setzte sich zum Ziel die Folgen des kurzfristigen Planungshorizontes, welcher von Politik
und Wirtschaft verfolgt wurde, mit besonderem Fokus auf die Ressourcenknappheit zu
ergründen und zu diskutieren. 1972 veröffentlichte der Club of Rome die Studie des Mas-
sachusetts Institute of Technology (MIT)
namens ,,Limits to Growth" (Die Grenzen des
Wachstums) und erzielte damit öffentliches Interesse für das Nachhaltigkeitsthema. In-
nerhalb des Berichtes wurden die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Umwelt und
Gesellschaft analysiert und verschiedene Szenarios simuliert, die abbildeten, wie sich die
Gesellschaft bei unterschiedlichen Wachstumsraten und bei unterschiedlichem Umgang
mit den knappen Ressourcen innerhalb der nächsten Jahrzehnte entwickelt. Dabei wurde
verdeutlicht, dass der bisherige Lebensstandard nicht lange aufrechtzuerhalten ist, wenn
das exponentielle Wachstum beibehalten und die natürlichen Ressourcen weiterhin ohne
langfristige Sichtweise auf hohem Niveau verbraucht werden.
1
Vgl. Club of Rome (03.08.2008), Internetquelle

- 17 -
Parallel zur Veröffentlichung der Studie des Club of Rome fand 1972 die UNO-
Weltkonferenz über die menschliche Umwelt in Stockholm statt.
1
Diese erste Konfe-
renz der UN-Staaten zum Thema Umwelt wird als Anfang der internationalen Umweltpoli-
tik angesehen. Mit der Stockholmer Deklaration verpflichteten sich die damals 112 Mit-
gliedsstaaten zur Zusammenarbeit beim grenzüberschreitenden Umweltschutz. Diese
Konferenz setzte ihren Schwerpunkt zwar beim Schutz der Umwelt, erörterte dabei aber
auch die Konsequenzen für Mensch, Gesellschaft und Wirtschaft. So wurde als Ergebnis
dieser Konferenz festgehalten, dass als Grundlage zur Verbesserung der Lebensverhält-
nisse sorgfältig mit natürlichen Ressourcen umgegangen werden muss. Im Rahmen die-
ser Veranstaltung wurde das United Nations Environment Programme (UNEP, Umweltor-
ganisation der Vereinten Nationen) gegründet, welche noch heute als internationale In-
stanz zur Förderung des Umweltschutzes fungiert.
Auf die Stockholmer Konferenz folgte die durch die Vereinten Nationen 1987 einberufene
World Commission on Environment and Development (WCED, Weltkommission für Um-
welt und Entwicklung), die auch als Brundtland Kommission bekannt ist.
2
Als Ergebnis
dieser Kommission entstand der Brundtland-Bericht
,,Our Common Future" (Unsere g
e-
meinsame Zukunft), welcher erstmals das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung definier-
te (siehe Abschnitt 2.1.2). Er bildet die Grundlage für eine integrative Politikstrategie, wel-
che die bisher als Einzelprobleme gesehenen Bereiche wie der Umweltpolitik, Nahrungs-
mittelversorgung, Städtewachstum, Schuldenkrise und Bevölkerungswachstum in den
Entwicklungsländern als Ganzes betrachtet. Dieser Ansatz der Brundtland Kommission
übte und übt immer noch einen wesentlichen Einfluss auf den internationalen Diskurs
über die Entwicklungs- und Umweltpolitik aus.
Um auf die im Brundtland-Bericht gemachten Forderungen Taten folgen zu lassen, luden
die Vereinten Nationen 1992 zu der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio
de Janeiro, kurz Rio-Konferenz, ein. Nach langem Verhandeln mit den unterschiedlichen
Mitgliedsstaaten wurden von allen fünf Konventionen und Deklarationen unterzeichnet,
die politisch und rechtlich verbindliche Handlungsziele setzten. Eines dieser fünf Doku-
mente war die Agenda 21, die Maßnahmen zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
unter Berücksichtigung des Schutzes der natürlichen Ressourcen vorgeben. Diese Konfe-
renz stellt einen wichtigen Schritt für die Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzeptes dar, da
die Regierungen der einzelnen Nationen wegen ihrer Verpflichtung durch die Agenda 21
1
Vgl. UNEP (03.08.2008), Internetquelle
2
Vgl. WCED (1987)

- 18 -
die Vorgaben der Konventionen und Deklarationen durch nationale Programme umsetzen
müssen.
Nach der Rio-Konferenz war auch die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, ein
nationales Programm zur nachhaltigen Entwicklung zu entwerfen. In der Tradition der
Enquête-Kommissionen des Deutschen Bundestages befasste sich in der 12. Wahlpe-
riode eine Kommission mit dem ,,Schutz des Menschen und der Umwelt
­
Wege zum
nachhaltigen Umgang mit Stoff-
und Materialströmen". In ihrem Abschlussbericht empfahl
sie, die Untersuchung des Themas Nachhaltigkeit weiter zu führen und eine weitere
Kommission einzuberufen. Dies wurde mit der 13. Enquête-
Kommission ,,Schutz des
Menschen und der Umwelt
­
Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunfts-
verträglichen Entwicklung"
umgesetzt. In beiden Kommissionen wurde das Thema Nach-
haltigkeit erörtert, diskutiert und Maßnahmen zur Umsetzung in Deutschland entwickelt.
Zusätzlich dazu verfasst der 1971 einberufene Sachverständigenrat für Umweltfragen
(SRU) alle zwei Jahre einen Bericht über die Situation und Entwicklung der Umwelt sowie
über die Umweltpolitik in Deutschland. Dieser Bericht soll eine Urteilsfindung in Umwelt-
belangen unterstützen. Die für die Nachhaltigkeitsdiskussion relevanten Berichte wurden
ab 1994 verfasst.
Die Ergebnisse der genannten Berichte bildeten u. a. die Grundlage für die 2002 veröf-
fentlichte Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung
,,
Perspektiven für Deutsch-
land
­
Unsere Strategie für ein nachhaltiges Deutschland
"
. Sie setzte die Vorgabe der
Rio-Konferenz um, eine eigene nationale Nachhaltigkeitsstrategie zu entwerfen, und defi-
nierte den Rahmen für alle darauffolgenden Maßnahmen zur Umsetzung von Nachhaltig-
keit in Deutschland. Im Jahr
2006 wurde zudem der ,,
Indikatorenbericht
" der Bundesr
e-
gierung veröffentlicht, welcher versucht durch die Definition von Indikatoren Nachhaltigkeit
messbar zu gestalten.
2.1.2
Der Nachhaltigkeitsbegriff
Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde erstmals in der Forstwirtschaft genutzt. Dabei galt
das einfache Prinzip, dass nur so viele Bäume gefällt werden, wie nachwachsen können,
damit der Wert und die künftige Nutzung des Waldes erhalten werden können.
1
Seit der
Einführung des Begriffes haben sich zahlreiche weitere, teilweise auch recht unterschied-
liche, Definitionen entwickelt. Das Spektrum reicht von sehr vereinfachten, allgemeinen
Auslegungen des Begriffes bis hin zu ausgearbeiteten Konzepten, welche auch Hand-
lungsanweisungen zur Entscheidungsfindung bieten. Dabei wird deutlich, dass sich die
1
Deutscher Bundestag (06.06.2008), Internetquelle

- 19 -
Begriffsbestimmung als Basis für wirtschaftliches und politisches Handeln als äußerst
schwierig erweist. Während Probleme in der Schwerpunktsetzung und im Priorisieren der
Maßnahmen zur Nachhaltigkeit noch gelöst werden müssen, besteht meist ein Konsens
bezüglich des Grundverständnisses von Nachhaltigkeit. So sind im Zusammenhang mit
Nachhaltigkeit häufig genannte Stichworte
beispielsweise ,,nachhaltige Entwicklung", ,,Z
u-
kunftsfähigkeit", ,,Zukunftsverträglichkeit", ,,G
enerationsge
rechtigkeit" und ,,dauerhaft".
Zu der am häufigsten zitierten Definition gehört die des Brundtland-Berichts der Welt-
kommission für Umwelt und Entwicklung von 1987. Sie bezeichnet nachhaltige Entwick-
lung als eine, ,,(...) die den Bedürfnissen der heutigen Gene
ration entspricht, ohne die
Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedi-
gen"
1
. In diesem Ansatz können zwei generelle Elemente identifiziert werden. Auf der ei-
nen Seite ist dies das Element der Lebensqualität, also dem Befriedigen von Bedürfnissen
der Menschen, und auf der anderen Seite die der inter-generativen und der intra-
generativen Gerechtigkeit.
2
Unter inter-generativer Gerechtigkeit versteht man jene Aus-
geglichenheit von Ressourcen und Möglichkeiten, die zwischen der derzeitigen und den
zukünftigen Generationen herrscht. Die intra-generative Gerechtigkeit hingegen bezeich-
net jene, die alle Individuen innerhalb einer Generation betrifft.
Der Brundtland-Bericht liefert jedoch nur eine Definition von Nachhaltigkeit, schlägt aber
kein Konzept vor, aus dem direkte Maßnahmen abgeleitet werden können, mit welchen
Nachhaltigkeit umgesetzt werden könnte. Aus diesem Defizit heraus entwickelte sich ein
solches operatives Konzept zur Nachhaltigkeit: das
,,
Triple-Bottom-Line
"
Konzept. Bei
diesem Ansatz bestehen Maßnahmen, welche die nachhaltige Entwicklung fördern, aus
Maßnahmen zur ökonomischen und sozialen Entwicklung unter Beachtung ökologischer
Aspekte.
Unter der ökologischen Dimension versteht man Zielvorgaben zur Erhaltung und zum
Schutz der ,,vielfältigen Funktionen der Natur zum Nutzen der Menschen"
3
der heutigen
und zukünftiger Generationen. Diese Vorgaben können sich sowohl über eine private als
auch über eine nationale oder globale Ebene erstrecken. Als Beispiel können Vorgaben
zum Primärenergiebedarf von Gebäuden auf privater Ebene genannt werden. Diese müs-
sen von Eigentümern und Nutzern eingehalten werden, tragen aber zum Einhalten der
nationalen Zielvorgabe und somit zum globalen Umweltschutz bei. Bei deduktiver Be-
1
Im englischen Original: ,,Sustainable development is development that meets the needs of the
present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.",
WCED (1987), S. 43
2
Vgl. Lützkendorf / Lorenz (2005), S. 213 und Rydin (03.06.2008), S. 3, Internetquelle
3
Deutscher Bundestag (07.06.2008), S. 20, Internetquelle

- 20 -
trachtungsweise kann aber auch eine globale Zielvorgabe, wie z. B. die Handlungsanwei-
sungen der Agenda 21, dazu führen, dass nationale Ziele gesteckt werden und auf priva-
ter Ebene erfüllt werden müssen. Die soziale Dimension beschreibt das Ziel, men-
schenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen. Dazu zählen auf der globalen, den jewei-
ligen nationalen und privaten gesellschaftlichen Ebenen die Befriedigung der Bedürfnisse
nach Solidarität, sozialer Gerechtigkeit, Freiheit, Individualität und persönlicher Entwick-
lung.
1
Neben den Grundbedürfnissen nach Unterkunft und Nahrung sollen darüber hinaus
auch die Bedürfnisse nach ,,
Gesundheit, Erwerbsfähigkeit und -möglichkeit, Bildungs- und
Ausbildungschancen, Arbeitsbedingungen, Altersversorgung
"
2
gestillt werden. So sollte
beispielsweise ein Bürogebäude Eigenschaften bieten, die ein angenehmes Arbeitsklima
gewährleisten. Das kann z. B. sichergestellt werden, indem die Gesundheit der Mitarbeiter
gefördert, Behaglichkeit geschaffen und Kommunikation unter den Mitarbeitern unterstützt
wird, aber auch Rückzugs- und Erholungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die öko-
nomische Dimension beinhaltet die Erhaltung und Sicherung
,,
der Funktionsfähigkeit der
ökonomischen Systeme"
3
, um eine dauerhafte Grundlage für ein gutes Versorgungsni-
veau zu sichern. Für ein Gebäude würde dies die Minimierung der Kosten und die Maxi-
mierung der Erträge bedeuten, bei gleichzeitigem Erhalt der Gebäudefunktionen.
Bezüglich des Verhältnisses der drei Dimensionen Ökologie, Soziales und Ökonomie zu-
einander gehen die Fachmeinungen auseinander. Im Besonderen kann man sich nicht
einigen, ob der ökologischen Dimension eine gesonderte Position zugeschrieben werden
soll. Aus diesem unterschiedlichen Verständnis von der Relation der Dimensionen zuei-
nander entstanden mehrere auf dem Triple-Bottom-Line Ansatz aufbauende operative
Konzepte zur Nachhaltigkeit, welche nachfolgend erläutert werden.
Bei dem Drei-Säulen-Konzept werden die drei Dimensionen in ihrer Priorität als gleich-
wertig und in wechselseitiger Beziehung zueinander angesehen. Nachhaltige Entwicklung
kann erzielt werden, wenn sowohl der ökologische Aspekt, als auch soziale und ökonomi-
sche Entwicklung so kombiniert werden, dass sie einen möglichst großen gemeinsamen
Nenner haben. Die in Abbildung 1 rot eingegrenzte Fläche, der definierte Bereich der
Nachhaltigkeit, stellt eine solche Kombination dar. Zudem wird aus der Abbildung ersicht-
lich, warum dieses Modell auch das ,,Magische Dreieck"
4
genannt wird.
1
Vgl. Deutscher Bundestag (07.06.2008), S. 22-24, Internetquelle
2
Ebenda, S. 23
3
Ebenda, S. 22
4
Vgl. Dierkes (1985), S. 44 f.

- 21 -
Ökologische
Dimension
Ökonomische
Dimension
Soziale
Dimension
Abbildung 1: Drei-Säulen-Konzept
1
Dieses Schnittmengen-Prinzip, welches der Ansatz verfolgt, impliziert allerdings auch,
dass eine Kompensation der Dimensionen untereinander möglich ist. So könnte man eine
Verringerung in der ökologischen Dimension durch die Erweiterung der sozialen Dimensi-
on (z. B. emissionsintensiveren Produktionsprozess mit der zusätzlichen Schaffung von
Arbeitsplätzen) ausgleichen, ohne dass sich die Fläche der Schnittmenge verkleinern
würde. Das Prinzip des Substituierens der Dimensionen stellt auch gleichzeitig den größ-
ten Kritikpunkt an diesem Konzept dar, da damit der Erhalt der natürlichen Ressourcen,
also der ökologischen Nachhaltigkeit, nicht gesichert wird. Deshalb wird dieses Konzept
auch ,,Konzept der schwachen Nachhaltigkeit"
2
bezeichnet.
Im Abschlussbericht der deutschen Enquête-
Kommission ,,Schutz des Menschen und der
Umwelt" des 1
2. Deutschen Bundestages ist dieses Konzept dokumentiert.
,,Es wird immer klarer, daß die verfügbaren Umweltressourcen (...) begrenzt
sind (...). Wechselwirkungen zu wirtschaftlichen und sozialen Krisenersche
i-
nungen werden deutlich. Aus dieser existenziell bedrohlichen Situation gibt es
nur dann einen wirklichen Ausweg, wenn Ökonomie, Ökologie und sozialer
Ausgleich als Einheit begriffen werden (...)."
3
,,Damit eine Entwicklung nachhaltig zukunftsverträglich sein kann, muß sie also
gleichzeitig ökologische, ökonomische und soziale Ziele gleichermaßen berück-
sichtigen."
4
1
Vgl. Rydin (03.06.2008), S. 3, Internetquelle
2
Vgl. SRU (01.07.2008), S. 59-64, Internetquelle
3
Deutscher Bundestag (1994), S. 54
4
Ebenda

- 22 -
Im Gegensatz zum Drei-Säulen-Konzept wird bei dem Ein-Säulen-Konzept die ökologi-
sche Nachhaltigkeit als vorrangig gegenüber den anderen zwei Dimensionen angenom-
men. Maßnahmen sind nach diesem Konzept nur dann
nachhaltig, wenn sie ,,langfristig
ökologisch verträglich"
1
sind, d. h. dass nur insoweit natürliche Ressourcen verbraucht
werden dürfen, wie sie späteren Generationen auch wieder zu Verfügung gestellt werden
können. Somit setzt die dominierende ökologische Dimension die Bedingungen (Leitplan-
ken) bzw. die Zielrichtung für Nachhal
tigkeit fest, weshalb das Modell auch häufig ,,Lei
t-
plankenmodell"
2
oder ,,Konzept der starken Nachhaltigkeit"
3
genannt wird. Um eine Win-
Win- oder sogar eine Win-Win-Win-Situation für die drei Dimensionen zu generieren, d. h.
um auch Voraussetzungen für ökonomische und soziale Entwicklung zu gewährleisten,
müssen sich diese zwei Dimensionen bestmöglich an die Vorgaben der ökologischen Di-
mension anpassen. In Abbildung 2 wird eine solche Angleichung dargestellt. Auch hier
befindet sich der definierte Bereich der Nachhaltigkeit in der rot eingegrenzten Fläche.
Ökologische
Dimension
Ök
on
om
isc
he
Di
m
en
sio
n
Sozia
le
Dime
nsion
Abbildung 2: Ein-Säulen-Konzept
4
Vertreter dieses Konzeptes ist u. a. der SRU, der im Jahr 2002 empfohlen hat, dieses
Konzept gegenüber dem der Drei-Säulen vorzuziehen.
5
Die Mehr-Säulen-Konzepte sollen der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben. Bei
diesen Konzepten werden zusätzlich zu den Dimensionen der Ökologie, Ökonomie und
Soziales noch weitere definiert. Unter anderen können die Dimensionen der Kultur, der
1
Renn (2007), S. 27
2
Vgl. Ebenda
3
Vgl. SRU (01.07.2008), S. 64-66, Internetquelle
4
Vgl. Rydin (03.06.2008), S. 3, Internetquelle
5
Vgl. SRU (01.07.2008), S. 67, Internetquelle

- 23 -
Politik oder der Institutionen hinzu kommen
1
. Zum großen Teil sind es kirchliche Institutio-
nen oder Nichtregierungsorganisationen (NGO), die diesem Modell folgen.
2.2
Nachhaltiges Gebäude bzw. Green Building
Lützkendorf versucht die klare Differenzierung der Begriffe
,,nachhaltiges Gebäude" und
,,Green Building"
zu etablieren. Er definiert Green Buildings als Gebäude, die sowohl
Energie- und Ressourceneffizienz aufweisen als auch, wenn auch nur optional, den Ein-
fluss auf Umwelt und Gesundheit verringern sowie sozio-kulturelle Aspekte berücksichti-
gen. Nachhaltige Gebäude dagegen erfüllen nicht nur die gerade genannten Anforderun-
gen, sondern auch die der Funktionalität, der Lebenszykluskostenbetrachtung sowie die
Eigenschaft Erträge zu generieren und wertstabilisierend zu wirken. Diese Differenzierung
wird in Abbildung 3 veranschaulicht.
Green Buildings
Nachhaltige Gebäude
Funktionalität
Energieeffizienz
Ressourceninanspruchnahmen
Umweltverträglichkeit
Gesundheit/Behaglichkeit
Sozio-kulturelle Aspekte
Lebenszykluskosten
Ertrag/Wertstabilität
Technische Qualität
wird erfüllt
wird optional erfüllt
Abbildung 3: Anforderungen an Green Buildings und nachhaltige Gebäude
2
Die Differenzierung zwischen Green Buildings und nachhaltigen Gebäuden erscheint
sinnvoll und ist nachvollziehbar. Jedoch scheint es, als ob das Verständnis der Wirtschaft
vom Begriff
,,
Green Building
"
über die Zeit und über die Entwicklung der gesamten Nach-
haltigkeitsdiskussion hinweg mitgewachsen sei. Das heißt, dass letztendlich mit dem Be-
griff
,,
Green Building
"
die Eigenschaften assoziiert werden, die ein nachhaltiges Gebäude
nach Lützkendorf aufweist. Beispielsweise gibt die Royal Institution of Chartered Sur-
veyors (RICS) in ihre
m Bericht ,,Green Value: Green Building, Growing Asset"
folgende
Definition zu Green Buildings:
1
Vgl. Renn (2007), S. 27
2
Vgl. Lützkendorf (2008), S. 55

- 24 -
,,Im Allgemeinen verringern
Green Buildings die Einwirkung auf das sie umge-
bende ökologische und soziale System. Sie erweitern unser ökonomisches, so-
ziales und ökologisches Kapital. Verglichen mit konventionellen Gebäuden ver-
brauchen nachhaltige Bauwerke weniger Wasser und Energie, sowie Rohstoffe
und andere Ressourcen. Weiterhin stellen sie hochwertigere Orte dar, an denen
gelebt und gearbeitet wird, da sie die Behaglichkeit, gemessen an Gesundheit
und Produktivität, steigern."
1
Des Weiteren liefern Bauer, Mösle und Schwarz eine Definition aus der Sicht der (bau-
)
technischen Erstellung und des Betriebes:
,,Green Buildings sind Gebäude jeder Nutzungska
tegorie, bei denen bewusst
mit den natürlichen Ressourcen umgegangen wird. Dies betrifft einen möglichst
geringen Eingriff in die Natur, umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenk-
liche Materialien, den Komfort, kommunikationsfördernde Raumlösungen, einen
geringen Energiebedarf, den Einsatz von regenerativen Energien, die Qualität
und Langlebigkeit der Konstruktion sowie den wirtschaftlichen Betrieb. Um dies
zu erreichen ist ein ganzheitlicher, gewerkeübergreifender Ansatz erforderlich,
der eine möglichst schnittstellenfreie Bearbeitung von Architektur, Tragwerk,
Fassade, Bauphysik, Gebäudetechnik und Energie unter Berücksichtigung von
Nutzung und Klima erfordert."
2
Da sich, wie man an den beiden obigen Definitionen erkennen kann, der synonyme Ge-
brauch de
r Begriffe ,,Green Building" und ,,nachhaltiges Gebäude" bereits eingepräg
t und
etabliert hat, soll dieses Verständnis der Begriffe auch in dieser Arbeit beibehalten wer-
den.
Werden die oben gegebenen Begriffsdefinitionen näher betrachtet, können zwei Haupt-
elemente eines nachhaltigen Gebäudes genannt werden.
Der Kern der Nachhaltigkeitsidee bei Immobilien ist die implementierte langfristige Be-
trachtungsweise, also die des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Dabei müssen
sämtliche Maßnahmen, die das Gebäude betreffen, über alle Phasen des Immobilienle-
benszyklus betrachtet werden. Zu den Phasen gehören die Konzeption, die Planung, die
Errichtung, die Vermarktung, die Beschaffung, der Betrieb und die Nutzung, der Umbau
und die Sanierung, der Leerstand und die Verwertung
3
. Aufgrund dieser ganzheitlichen
1
Im englischen Original: ,,In general, a green building reduces the impact on the environmental and
social systems that surround it. Green buildings enlarge our economic, social and environmental
capital. Compared to conventional buildings, green structures use less water and energy, as well
as fewer raw materials and other resources. They are also better places in which to live and work,
for green buildings improve human wellbeing as measured by
health and productivity.",
RICS (02.04.2008a), S. 12, Internetquelle
2
Bauer / Mösle / Schwarz (2007), S. 16
3
Vgl. GEFMA 100-1:2004, S. 5

- 25 -
Betrachtung kann entschieden werden, ob die Maßnahme vorteilhaft und nachhaltig ist.
Beispielsweise basieren die Verfahren des Life-Cycle-Assessment (LCA), auch Ökobilan-
zierung genannt, und des Life-Cycle-Costing (LCC) für Immobilien auf dem Ansatz des
Immobilienlebenszyklus. Bei der Ökobilanzierung, erläutert in der DIN EN ISO 14040
und von Eyerer und Reinhardt
1
, wird von den Bauteilen eines Gebäudes die über den
gesamten Lebenszyklus der Immobilie enthaltene Energie ermittelt. Mit Hilfe dieses Ver-
fahrens kann entschieden werden, welche Baustoffe, Verfahren oder technische Einrich-
tungen sich am nachhaltigsten bzw. energieärmsten in der Herstellung, im Einbau, bei der
Nutzung und in der Entsorgung erweisen. Mit dem LCC-Verfahren, welches ausführlich
von Pelzeter
2
im Bezug auf Immobilien vorgestellt wird, kann die finanzielle Vorteilhaftig-
keit eines Green Buildings gegenüber konventionellen Gebäuden nachgewiesen werden.
Im Unterschied zum LCA werden beim LCC die gesamten Kosten von betrachteten Ge-
bäudekriterien, wie Gebäudeausrichtung, Heizsystem o. ä., über den Lebenszyklus der
Immobilie ermittelt.
Entsprechend der Bedeutung des Begriffes Nachhaltigkeit erfüllen Green Buildings nach
dem Triple-Bottom-Line Ansatz die Forderungen zur ökonomischen und sozialen Ent-
wicklung unter Berücksichtigung von ökologischen Aspekten. Besonderer Wert wird hier-
bei auf die Effizienz, d. h. auf die effiziente Ausnutzung der in und von den Gebäuden
genutzten Ressourcen gelegt (im Sinne des Ein- oder Drei-Säulen-Konzeptes). Meist
kann dies durch den Einsatz fortschrittlicher und vor allem angemessener Technik ermög-
licht werden. Hierbei ist wichtig, dass der Bauherr seine Anforderungen an das Gebäude
in der Leistungsbeschreibung nicht überspezifiziert. Dies bedeutet, dass er seine Be-
schreibung der Anforderungen allgemein hält und nicht vorgibt, wie diese erreicht werden
sollen. So wäre es z. B. anstatt der Forderung nach einer Klimaanlage ausreichend, in
einer funktionalen Leistungsbeschreibung anzugeben, welche Anforderungen an das
Raumklima im Gebäude gestellt werden. Somit bleibt dem Planer und dem Ausführenden
genügend Spielraum, um eine angemessene Lösung unter Beachtung von Nachhaltig-
keitsaspekten zu finden.
In der Fachliteratur sind zahlreiche Darstellungen des zusätzlichen Nutzens eines Green
Buildings gegenüber einem konventionellen Gebäude zu finden. Dieser zusätzliche Nut-
zen resultiert aus den nachhaltigen Eigenschaften eines nachhaltigen Gebäudes.
3
Nach-
folgend führt die Tabelle 1 diese Nutzen in gleichzeitiger Gegenüberstellung mit den mög-
1
Vgl. Eyerer / Reinhardt (2000)
2
Vgl. Pelzeter (2006)
3
Im Weiteren wird aus Gründ
en der Lesbarkeit ,,nachhaltige Eigenschaft" gleichbedeutend zu ,,E
i-
genschaft einer Immobilie, welche
die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt" genutzt.

- 26 -
lichen zusätzlichen Aufwendungen zur Erstellung der nachhaltigen Eigenschaften auf.
Dabei erhebt diese Tabelle keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellt nur eine
Sammlung aus unterschiedlichen Literaturquellen der Recherche dar und soll lediglich die
Verhältnismäßigkeit von Aufwendungen zu Nutzen verdeutlichen.
Zusätzliche Aufwendungen
Zusätzlicher Nutzen
Ökonomische Aufwendungen
Intensivere und längere Planungsphase
Höhere Investitionskosten
Risiko des Eintretens eines anderen als
des geplanten Betriebsverhaltens
Ökologischer Nutzen
Globaler Umweltschutz (Klima, Ozon-
schicht, biologische Vielfalt, natürliche
Ressourcen)
Energieeinsparungen
Reduzierung des Wasserverbrauchs
Emissionenreduzierung
Schonung von natürlichen Ressourcen
Ökonomischer Nutzen
Nutzen für den Investor oder Nutzer
Senkung der Energie-/Wasserkosten
Reduzierung der Entsorgungskosten
Reduzierte Risiken (legislative, investive
Risiken etc.)
Langlebigkeit des Gebäudes
Steigerung des Grundstückswertes und
der -erträge
Sozialer Nutzen
Nutzen für den Nutzer oder Investor
Angenehmeres Raumklima und somit
bessere Behaglichkeit und Gesundheit
Gesteigerte Produktivität
Besseres Image, Attraktivität und als
Folge bessere Vermietbarkeit
Tabelle 1: Ausgewählte Aufwendungen und Nutzen einer nachhaltigen Immobilie
1
Anhand dieser Gegenüberstellung wird sichtbar, dass die Vorteile eines Green Buildings
überwiegen. Es wurden auch Studien durchgeführt, die diese Aussage unterstützen. Sie
liefern konkrete Zahlenbeispiele zu dem Nutzen und den Kosten realer nachhaltiger Ge-
bäude. Diese Studien ergeben, zusammenfassend dargestellt, dass die herrschende Mei-
nung, Green Buildings seien mit bis zu 15 % der Investitionskosten teurer als konventio-
nelle Gebäude, klar widerlegt werden kann
2
, und dass sogar der Nutzen, der aus den
nachhaltigen Eigenschaften dieser Gebäude erwächst, weitaus größer ist als die marginal
1
Vgl. USGBC (26.08.2008), Internetquelle, vgl. Edwards (2003), S. 2-9, und vgl. Bauer / Mösle /
Schwarz (2007), S. 16
2
Vgl. Lützkendorf / Lorenz (2005), S. 217

- 27 -
erhöhten Kosten.
1
Kats konnte in seiner umfassenden Studie zu diesem Thema zeigen,
dass sich die zusätzlichen Investitionskosten im Durchschnitt auf unter 2 % belaufen.
2
Matthiessen und Morris legten dar, dass es sogar möglich ist, das Budget eines konven-
tionellen Gebäudes einzuhalten.
3
Darüber hinaus liegen die Einsparungen bei den Le-
benszykluskosten von nachhaltigen Gebäuden im Vergleich zu konventionellen Gebäu-
den bei 20 % der Baukosten
4
. Folglich ist eine gering höhere Investitionssumme durch die
wesentlich höhere Einsparmöglichkeit bei den Lebenszykluskosten gerechtfertigt. Bei der
Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass sich diese Studien zum größten
Teil auf den amerikanischen Markt beziehen und deren technische Standards sich teilwei-
se stark von den europäischen unterscheiden. Allerdings können diese Zahlen zumindest
belegen, dass die herrschende Meinung, nachhaltig zu bauen sei wesentlich kosteninten-
siver als eine konventionelle Bauweise und erbringe außer der Befriedigung des ethi-
schen Gewissens keinen Nutzen, widerlegt werden kann.
2.2.1
Eigenschaften eines Green Buildings
Nachdem im vorhergehenden Abschnitt erläutert wurde, was unter einem nachhaltigen
Gebäude zu verstehen ist, stellt sich nun die Frage nach dessen Eigenschaften. Analog
zur Tabelle 1 in Abschnitt 2.2 wird diskutiert, welche Eigenschaften eines Green Buildings
den jeweiligen Nutzen hervorrufen.
Energie- und Wassereinsparungen und die damit verbundenen Kostensenkungen setzen
die entsprechende Technik und ein effizientes Management voraus. Hierunter fallen u. a.
folgende Eigenschaften eines Green Buildings:
Energetisch günstige Ausrichtung und Bauweise des Gebäudes
Die Ausrichtung eines Gebäudes ist entscheidend für den Kühl- und Heizbedarf der
Räume. Nach Süden orientierte Räume tragen viel solare Energie ein, was vorteilhaft
für den Winter ist, weil vergleichsweise weniger geheizt werden muss. Dieser Eintrag
wirkt sich aber eher nachteilig im Sommer aus, da der Kühlbedarf steigt. Räume, wel-
che nach Norden ausgerichtet sind, gewinnen weniger solare Einträge und sind somit
eher dunkel und kühl. Dies führt zu erhöhtem Heizbedarf im Winter, aber gesenktem
Kühlbedarf im Sommer. Jedoch entscheidet nicht nur die Ausrichtung über den Ener-
giebedarf für das Heizen und Kühlen, sondern auch die Bauweise. Ein freistehendes
1
Vgl. Kats u. a. (31.05.2008), S. VII, Internetquelle
2
Für ein ,,
g
old"
-zertifiziertes Gebäude nach LEED; siehe auch Abschnitt 3.2
3
Vgl. Matthiessen / Morris (16.04.2008), S. 3, Internetquelle
4
Vgl. Kats u. a. (31.05.2008), S. II, Internetquelle

- 28 -
Haus wird durch die vergrößerte Außenfläche und das dadurch ungünstigere
A/V-Verhältnis einen höheren Energiebedarf als ein Reihenhaus aufweisen.
Fassadentyp
Energetisch günstige Fassaden sind in der Regel gut gedämmte Fassaden mit gerin-
gem Fensterflächenanteil. Durch die Dämmung wird der Heizenergieverlust verringert
und ein geringer Fensterflächenanteil minimiert den Heizverlust durch die Fenster,
welche von Natur aus einen höheren Wärmedurchgangskoeffizienten aufweisen.
Wenn Glasfassaden beim Bau einer Büroimmobilie ausgeführt werden sollen, werden
immer häufiger Doppelfassaden bevorzugt. Sie ermöglichen eine Lärmabschottung
von außen bei gleichzeitiger natürlicher Lüftung durch die Möglichkeit Fenster zu öff-
nen. Durch die natürliche Zwangslüftung wird der künstliche Lüftungsbedarf vermin-
dert, was wiederum zu einer kleineren Dimensionierung der Lüftungsanlage und somit
zu weniger Energiebedarf führt.
Geeignete Lüftungs-, Heizungs- und gegebenenfalls Kühlungsanlagen
Bei der Auslegung von Heizungs-, Lüftungs- und Kühlungsanlagen von Green Buil-
dings sollte immer geprüft werden, ob die jeweilige Leistung nicht energetisch effizien-
ter erbracht werden kann. Dies trifft auf den Fall der natürlichen Lüftung zu, dessen
energetischer Vorteil bereits bei den Fassadentypen beschrieben wurde. Eine weitere
Möglichkeit stellt die thermische Aktivierung von Bauteilen dar. Dabei wird die Gebäu-
demasse (meist von Decken) zur thermischen Regulierung verwendet, indem Wasser
als Transportmedium innerhalb von Rohrleitungssystemen die erwünschte Kühl- bzw.
Heizleistung erbringt. Zum Erhitzen oder Abkühlen des Trägermediums kann bei-
spielsweise Geothermie verwendet werden, bei der z. B. durch Erdsonden die Erd-
wärme genutzt wird. Denselben Vorteil machen sich Erdwärmetauscher zur Erwär-
mung oder Kühlung der Zuluft von Lüftungsanlagen zu Nutze. Desweiteren ist es zu
empfehlen, Wärmerückgewinnungsverfahren innerhalb der Lüftungsanlagen zu nut-
zen. Durch unterschiedliche Mechanismen wird dabei die Wärme der Abluft genutzt,
um die Zuluft zu erwärmen. Somit wird eine Effizienzsteigerung der Lüftungsanlage er-
reicht. Neben der thermischen Aktivierung von Bauteilen gibt es noch eine andere
Möglichkeit zur energieeffizienten Kühlung von Gebäuden. Dazu wird z. B. die in
thermischen Solarkollektoren gewonnene Wärme an einen Medienkreislauf weiterge-
geben, der eine Ab- oder Adsorptionskälteanlage betreibt.
Optimierte Dämmung
Zur Minimierung des Wärme- oder Kühlbedarfs ist es essentiell, dass wirtschaftlich op-
timal gedämmt wird, gegebenenfalls auch über die gesetzlichen Anforderungen hi-
naus. Dabei sind auch die Detailausführungen genau zu planen, damit Wärmebrücken
oder Tauwasserbildung vermieden werden können.

- 29 -
Gewinnung und Nutzung von erneuerbaren Energien
Zur Senkung des Primärenergiebedarfs nicht erneuerbarer Energien für das nachhal-
tige Gebäude können erneuerbare Energien eingesetzt werden. Wichtig dabei ist,
dass alle Kosten für die Gewinnung und Nutzung von regenerativen Energien über die
geplante Laufzeit nicht diejenigen der nicht erneuerbaren übersteigen. Beispiele für
die Gewinnung von regenerativen Energien wären die bereits genannte Geothermie,
solare Thermie, Photovoltaikanlagen oder kleine Windanlagen auf den Gebäuden. Der
bei den beiden letztgenannten Beispielen erzeugte Strom kann anschließend entwe-
der selbst genutzt, was die Energiekosten senkt, oder in das Stromnetz eingespeist
werden, was einen zusätzlichen Ertrag generiert.
Energetisch effizientes Beleuchtungssystem
Bereits bei der Beleuchtungsplanung sollte die spätere Nutzung des nachhaltigen Ge-
bäudes mit einbezogen werden. Dabei wird, soweit möglich, häufig Tageslichtbeleuch-
tung eingesetzt. Eine Überdimensionierung des Beleuchtungssystems sollte vermie-
den werden. Sowohl energiesparende Leuchtmittel als auch eine dem Nutzerverhalten
angepasste Steuerung der Beleuchtung tragen zu einer Senkung des Strombedarfs
bei. Eine Schulung der Nutzer fördert zusätzlich ein stromsparendes Verhalten.
Intelligente und technisch aktuelle Aufzugsysteme
Es werden Aufzugsysteme eingesetzt, welche die Beförderungswünsche koordinieren
und somit die effizienteste Kombination der Beförderungswege berechnen und aus-
führen. Dadurch werden unnötige Wege vermieden und Energie gespart. Des Weite-
ren kann die Wahl der Ausführungsart des Aufzuges den Energiebedarf des Beförde-
rungsmittels verringern.
Nutzung von Regenwasser
Ein großer Teil des täglichen Brauchwasserbedarfs kann durch gesammeltes Regen-
wasser gedeckt werden. Hierzu wird der auf das Dach des Gebäudes gefallene Regen
über Rohre in ober- oder unterirdische Zisternen geleitet und dort gesammelt. Das
Regenwasser kann dann als Brauchwasser für das Gebäude und die Außenanlagen
genutzt werden. Auch hier ist vor der Installation solcher Anlagen zu prüfen, ob sie
wirtschaftlich im Sinne der Lebenszykluskostenbetrachtung sind.
Einbau von wassersparenden Sanitärinstallationen
Mittlerweile werden zahlreiche Installationen auf dem Sanitärmarkt angeboten, die den
Wasserbedarf senken. Diese wassersparenden Maßnahmen umfassen die Spülstopp-
Taste an Toilettenspülkästen und reichen bis zu wassersparenden Armaturen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836636858
DOI
10.3239/9783836636858
Dateigröße
1.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Stuttgart – Fakultät 2: Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, Baubetriebslehre
Erscheinungsdatum
2009 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
nachhaltigkeit immobilien zertifikat leed dgnb
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Titel: Nachhaltigkeitszertifikate bei der Bewertung von Büroimmobilien
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