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Total Cost of Ownership und ihre Bedeutung für das internationale Beschaffungsmanagement

©2009 Masterarbeit 96 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Relevanz des Themas:
Die heutige Geschäftswelt, die durch einen zunehmenden Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung der Märkte gekennzeichnet ist, hat sich entscheidend verändert. ‘Durch die fortschreitende Öffnung der osteuropäischen und asiatischen Märkte erschließen sich für produzierende Unternehmen immer mehr Perspektiven, enorme Einsparungen durch die Beschaffung von Teilen und Komponenten (…) zu erwirtschaften. Der Trend zur weltweiten Beschaffung nimmt daher auch für deutsche Unternehmen mit stetig steigender Tendenz zu’. In Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise fordert die Politik immer stärker, dass die deutsche Wirtschaft den globalen Konkurrenzkampf annimmt. Längst ist die deutsche Qualität kein schlagendes Verkaufsargument mehr, sondern Preis, Leistung, Verfügbarkeit und Servicequalität sind die bestimmenden Faktoren, die Produktions- und Handelsbetriebe optimieren müssen, um im internationalen Wettbewerb erfolgreich sein zu können. Gleichzeitig sind diese Faktoren auch die Determinanten für die moderne Ausrichtung des Beschaffungsmanagements mit kürzeren Entwicklungs- und Produktlebenszeiten, geringen Lagerkapazitäten und erhöhtem Outsourcing. Diese internationale Marktkomplexität erfordert adäquate Instrumente des strategischen Kostenmanagements in der Beschaffung, wobei die Einkaufsabteilung ausgehend von differenzierten Preisvergleichen, Lieferantenbewertungen, Make or Buy Entscheidungen oder Cost Benchmarking auch die Möglichkeiten des Total Cost of Ownership (TCO) Konzeptes in Erwägung ziehen sollte.
Dabei ist zu beachten, dass der Einkauf häufig einen Großteil der Gesamtausgaben eines Unternehmens ausmacht und somit nachhaltig die Wettbewerbsposition und die anderen Prozesse entlang der Wertschöpfungskette beeinflusst. Da in vielen Fällen die Folgekosten nach dem Kauf den ursprünglichen Einkaufspreis um ein Vielfaches übersteigen, bedeutet der niedrigste Einkaufspreis von Gütern nicht automatisch, dass sie auch die niedrigsten Kosten über den gesamten Lebenszyklus im Unternehmen verursachen. ‘In der Vergangenheit waren die Anschaffungskosten von Investitionsgütern traditionell eines der zentralen Auswahlkriterien im Beschaffungsprozess. Sie sind jedoch nur die Spitze des Kosteneisbergs und tragen nicht selten mit lediglich 10-50 Prozent zu den gesamten Lebenszykluskosten bei’.
Zur Betrachtung aller Lebenszykluskosten wird daher die TCO Methode mit dem Ziel eingesetzt, alle Kosten in Verbindung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Gliederung

I. Eidesstattliche Erklärung

III. Abkürzungsverzeichnis

IV. Tabellenverzeichnis

V. Abbildungsverzeichnis

VI. Formelverzeichnis

VII. Verzeichnis der Anhänge

VIII. Vorwort

1. Allgemeine Einführung in das Thema
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Betrachtung des TCO Konzepts in der Wissenschaft
2.1 Einführung in den TCO Gedanken
2.1.1 Herkunft
2.1.2 TCO Begriff und Definitionen
2.2 TCO Modelle, Methodik und Systeme
2.2.1 Darstellung der Ursprungsmodelle aus der IT Branche
2.2.2 Darstellung der Vorgehensweise im Beschaffungsmanagement
2.2.3 Integration von TCO in das Einkaufscontrolling und Aufbau eines Informationssystem im strategischen Einkauf
2.3 Darstellung empirischer Erkenntnisse
2.3.1 Umfrage des iimt zur Anwendung von TCO
2.3.2 Studie zur Anwendung von TCO in niederländischen Unternehmen
2.4 Wissenschaftliche Einordnung von TCO

3. TCO Abgrenzung und Kombination mit anderen Werkzeugen und Verfahren
3.1 Abgrenzung von TCO zu weiteren Werkzeugen des strategieorientierten Kostenmanagements
3.1.1 Life Cycle Costing
3.1.2 Cost Benchmarking
3.1.3 Wertanalyse
3.1.4 Target Costing
3.2 Angewandte Investitionsrechnungsverfahren in Kombination mit TCO
3.2.1 Statische und dynamische Amortisationsrechnung
3.2.2 Return on Investment
3.2.3 Kapitalwertmethode
3.2.4 Interne Zinsfuss Methode

4. TCO Analysen bei internationalen Beschaffungen
4.1 Geeignete Untersuchungsobjekte für TCO Analysen im Rahmen internationaler Beschaffungen
4.2 Auswahl des Untersuchungsteams
4.3 Identifikation der relevanten Kostenelemente
4.4 Lieferantenmanagement und TCO als Grundlage der Lieferantenauswahl
4.5 Risiko- und Kostenminimierung durch TCO bei internationalen Beschaffungen
4.5.1 Vollkostenanalyse der internationalen Beschaffung mit Total Cost of Supply
4.5.2 Risikomanagement mit Hilfe der Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse
4.5.3 Absicherung und Effizienzsteigerung mit risikovariablen Prozessen

5. Schlussbetrachtung
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
5.2 Ausblick auf die Weiterentwicklung des TCO Ansatzes

IX. Anhänge

X. Literaturverzeichnis

I. Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen angefertigt habe.

Kiel, den 30.03.2015

Sascha Krischun

III. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

IV. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Darstellung eines Einkaufscontrolling

Tabelle 2: Kostenrechnungssysteme

Tabelle 3: Ablauf der Wertanalyse in sechs Phasen

Tabelle 4: Durchführung des Target Costing in drei Schritten

Tabelle 5: Gegenüberstellung von Kapitalwert- und Interner Zinsfuss Methode

Tabelle 6: Mikro- und Makroökonomische Entscheidungsebenen im Global Sourcing

V. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Lebenszykluskosten im Eisberg Modell

Abbildung 2: Kostenverteilung zwischen indirekten und direkten Kosten

Abbildung 3: Die TEI Methodik

Abbildung 4: Vorgehensweise bei der TCO Analyse

Abbildung 5: Vorüberlegungen einer TCO Untersuchung

Abbildung 6: Kategorien von Kostentreibern in der TCO Analyse

Abbildung 7: 3D Beschaffungsstrategie Matrix

Abbildung 8: Hauptmotive für die Anwendung von TCO

Abbildung 9: Angewandte Methoden zur Kostenidentifizierung

Abbildung 10: Angewandte Investitionsrechnungsverfahren in Kombination mit TCO

Abbildung 11: Andere wichtige Faktoren nebst der Kostenbetrachtung

Abbildung 12: Möglichkeiten zur Kostenreduzierung ohne Qualitätsverlust

Abbildung 13: Ausprägungsebenen für die Anwendung von TCO

Abbildung 14: Gliederungsphasen des Benchmarkingprozesses

Abbildung 15: Einteilung TCO relevanter Investitionsrechnungsverfahren

Abbildung 16: Return on Investment Schema

Abbildung 17: Portfoliodarstellung von TCO Teilen

Abbildung 18: Das Profil des internationalen Einkäufers

Abbildung 19: Teilprozesse als Brücke zu den Hauptprozessen

Abbildung 20: Amerikanisches und europäisches (deutsches) Kostenrechnungssystemen

Abbildung 21: Die Kernbestandteile des risikominimierten Lieferantenmanagements

Abbildung 22: Portfolio zur Auswahl der geeigneten Lieferantenstrategie

Abbildung 23: Portfolio zur Auswahl der geeigneten Absicherungsstrategie

Abbildung 24: Identifikation von Handlungsbedarfe mit dem Sourcing Check

VI. Formelverzeichnis

Formel 1: Formel zur Berechnung der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten

Formel 2: Formel zur Berechnung der Amortisationsdauer

Formel 3: Formel zur Berechnung des Return on Investment

Formel 4: Formel zur Berechnung des Kapitalwerts

Formel 5: Berechnung des Internen Zinsfusses

VII. Verzeichnis der Anhänge

Anhang 1: Excel Bewertungstabellen für die Lieferantenauswahl nach TCO

Anhang 2: Die drei Ebenen des SCOR Modells

VIII. Vorwort

In den letzten Monaten habe ich mich mehr und mehr in das TCO Konzept hineingearbeitet, insbesondere unter der Berücksichtigung seiner Bedeutung für das internationale Beschaffungsmanagement. An dieser Stelle bietet sich für mich die Möglichkeit, sich bei den Personen zu bedanken, die einen nicht unerheblichen Beitrag zur Fertigstellung der Master Thesis geleistet haben.

Zunächst ist da Herr Prof. Dr. Klaus Dieter Lorenzen zu nennen, dem der Dank für die gute Betreuung während der Master Thesis gilt.

Des Weiteren danke ich meinen Freunden und Kommilitonen. Während der Master Thesis stellten sie eine willkommene Abwechslung dar. Besonders möchte ich hier meine Freundin Nadja Restorff herausstellen.

Abschließend möchte ich folgenden Freunden für das Korrekturlesen meinen Dank aussprechen:

- Ramona Buddeberg, Abteilungsleiterin Rechnungswesen bei der DPD Deutscher Paketdienst Nord GmbH & Co. KG, Flensburg
- Jörg Matthiessen, Sales Manager im Lindner Hotel Windrose,

Wenningstedt

1. Allgemeine Einführung in das Thema

1.1 Relevanz des Themas

Die heutige Geschäftswelt, die durch einen zunehmenden Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung der Märkte gekennzeichnet ist, hat sich entscheidend verändert. „Durch die fortschreitende Öffnung der osteuropäischen und asiatischen Märkte erschließen sich für produzierende Unternehmen immer mehr Perspektiven, enorme Einsparungen durch die Beschaffung von Teilen und Komponenten (…) zu erwirtschaften. Der Trend zur weltweiten Beschaffung nimmt daher auch für deutsche Unternehmen mit stetig steigender Tendenz zu“ (pub-386.bi.fraunhofer.de 27.07.2009a: CD-ROM). In Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise fordert die Politik immer stärker, dass die deutsche Wirtschaft den globalen Konkurrenzkampf annimmt. Längst ist die deutsche Qualität kein schlagendes Verkaufsargument mehr, sondern Preis, Leistung, Verfügbarkeit und Servicequalität sind die bestimmenden Faktoren, die Produktions- und Handelsbetriebe optimieren müssen, um im internationalen Wettbewerb erfolgreich sein zu können. Gleichzeitig sind diese Faktoren auch die Determinanten für die moderne Ausrichtung des Beschaffungsmanagements mit kürzeren Entwicklungs- und Produktlebenszeiten, geringen Lagerkapazitäten und erhöhtem Outsourcing. Diese internationale Marktkomplexität erfordert adäquate Instrumente des strategischen Kostenmanagements in der Beschaffung, wobei die Einkaufsabteilung ausgehend von differenzierten Preisvergleichen, Lieferantenbewertungen, Make or Buy Entscheidungen oder Cost Benchmarking auch die Möglichkeiten des Total Cost of Ownership (TCO) Konzeptes in Erwägung ziehen sollte.

Dabei ist zu beachten, dass der Einkauf häufig einen Großteil der Gesamtausgaben eines Unternehmens ausmacht und somit nachhaltig die Wettbewerbsposition und die anderen Prozesse entlang der Wertschöpfungskette beeinflusst (vgl. Degreave et al. 2004: 4). Da in vielen Fällen die Folgekosten nach dem Kauf den ursprünglichen Einkaufspreis um ein Vielfaches übersteigen (vgl. Brown 1979: 109), bedeutet der niedrigste Einkaufspreis von Gütern nicht automatisch, dass sie auch die niedrigsten Kosten über den gesamten Lebenszyklus im Unternehmen verursachen. „In der Vergangenheit waren die Anschaffungskosten von Investitionsgütern traditionell eines der zentralen Auswahlkriterien im Beschaffungsprozess. Sie sind jedoch nur die Spitze des Kosteneisbergs [vgl. Abbildung 1] und tragen nicht selten mit lediglich 10-50 Prozent zu den gesamten Lebenszykluskosten bei“ (Schweiger 2008: 25).

Zur Betrachtung aller Lebenszykluskosten wird daher die TCO Methode mit dem Ziel eingesetzt, alle Kosten in Verbindung mit der Akquisition, der Nutzung, der Wartung und der Entsorgung bei der Lieferantenauswahl zu berücksichtigen (vgl. Ellram 1993b: 163). Außerdem liefern steigende Lohn-, Energie-, Material- und Betriebskosten einen weiteren Grund für den Einsatz von TCO im Rahmen von Beschaffungsvorgängen (vgl. Wouters et al. 2005: 167).

Abbildung 1: Lebenszykluskosten im Eisberg Modell

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Schweiger (2008: 26), www.dadalos-d.org (03.06.2009: CD-ROM) und eigene graphische Darstellung.

Bei einer effektiven Anwendung von TCO sind erhebliche Kosteneinsparungen im Produktlebenszyklus möglich. Allerdings hat die Praxis bewiesen, dass sich die Implementierung von TCO Systemen in Beschaffungsprozessen zur Auswahl und Evaluation von Zulieferern und Produkten schwierig gestaltet (vgl. Wynstra und Hurkens 2004: 464). Noch anspruchsvoller ist die Anwendung von TCO im Rahmen der Bewertung von internationalen Lieferanten.

Obwohl das TCO Werkzeug nicht immer in seiner ganzen Intensität notwendig ist, erscheint es im Rahmen dieser Arbeit sinnvoll zu hinterfragen, was die Gründe für die Schwierigkeiten in der Anwendung von TCO sind und wie das Unternehmen sowie vor allem der internationale Einkäufer handeln kann, um TCO an angemessenen Stelle im Beschaffungsprozess zu implementieren.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Wie oben erwähnt, zielt die vorliegende Arbeit darauf ab, das TCO Modell an einer sinnvollen Stelle im Beschaffungsmanagement einzuordnen. Ausgehend von der Herkunft des TCO Gedanken (vgl. Kap. 2.1.1) und einer Definitionsaufzählung von Autoren, die sich in der Literatur mit dem Thema wissenschaftlich auseinandergesetzt haben (vgl. Kap. 2.1.2), werden zunächst die Ursprungsmodelle aus der IT Branche dargestellt (vgl. Kap. 2.2.1), um in Kapitel 2.2.2 zu wissen, auf welchen Grundlagen die TCO Vorgehensweise für das Beschaffungsmanagement beruht. Eine wichtige Grundvorrausetzung für den erfolgreichen Einsatz von TCO im Beschaffungsmanagement ist die Integration von TCO in das Einkaufscontrolling und die Sammlung prozessrelevanter Informationen, um anschließend Beschaffungsstrategien zu entwickeln (vgl. Kap. 2.2.3).

Für den weiteren Verlauf der Arbeit ist es in Kapitel 2.3.1 sinnvoll, einen Blick auf empirische Erkenntnisse zur Anwendung von TCO zu werfen. Sie geben unter anderem Aufschluss über verwendete Investitionsrechnungsverfahren, die dann in den Kapiteln 3.2.1, 3.2.2, 3.2.3 und 3.2.4 erläutert und bezüglich ihrer Anwendbarkeit in Kombination mit TCO bewertet werden. Im Rahmen der empirischen Erkenntnisse wird auch auf das bisweilen geringe Anwendungsniveau von TCO Untersuchungen eingegangen (vgl. Kap. 2.3.2), was die Wichtigkeit der Auswahl eines geeigneten Untersuchungsobjekts (vgl. Kap. 4.1) und Untersuchungsteams (vgl. Kap. 4.2) im Rahmen internationaler Beschaffungen unterstreicht.

Die wissenschaftliche Einordnung der TCO Methode (vgl. Kap. 2.4) erfolgt in das strategische Kostenmanagement. Aus diesem Grund grenzt Kapitel 3.1 TCO zu anderen Instrumenten des strategischen Kostenmanagements ab, das Life Cycle Costing (vgl. Kap. 3.1.1), das Cost Benchmarking (vgl. Kap. 3.1.2), die Wertanalyse (vgl. Kap. 3.1.3) und das Target Costing (vgl. Kap.3.1.4).

Wie ein roter Faden zieht sich der Begriff der Prozesskostenrechnung (PKR) durch diese Arbeit. Er fällt z. B. bei den Definitionen (vgl. Kap. 2.1.2), bei der Vorgehensweise im Beschaffungsmanagement (vgl. Kap. 2.2.2) und bei der verwendeten Kostenidentifizierungsmethode im Rahmen der empirischen Erkenntnisse (vgl. Abbildung 9), ehe in Kapitel 4.3 die PKR als relevante Kostenidentifizierungsmethode für internationale Beschaffungen erläutert wird. Sie eignet sich besonders, da die Prozesskosten die Summe der Bewertung aller Transaktionen und Aktivitäten darstellt, die ein Prozess umfasst. Mit Hilfe der PKR sollen die Schwächen traditioneller Kostenrechnungen beseitigt werden, indem Faktoren wie Qualitäts- und Kapitalbindungskosten, Kosten beim Aufbau und der Betreuung von Lieferanten als Prozesskosten im Rahmen von TCO erfasst werden.

Abschließend werden das internationale Lieferantenmanagement und die internationale Lieferantenauswahl in Verbindung mit TCO behandelt (vgl. Kap. 4.4) und Möglichkeiten der Risiko- und Kostenminimierung durch TCO bei internationalen Beschaffungen entwickelt (vgl. Kap. 4.5).

2. Betrachtung des TCO Konzepts in der Wissenschaft

2.1 Einführung in den TCO Gedanken

2.1.1 Herkunft

Bei Cavinato (1991: 285) heißt es, das TCO Modell wurde erstmals in den 1940er Jahren in den Bereichen Transport und Lagerhaltung eingesetzt: „Interfunctional total cost is the core concept of logistics. It was formally implemented in the 1940s between physical functions such as traffic and warehousing.”

Im Jahr 1987 stellte der amerikanische IT Analyst Gartner Group publikumswirksam heraus, dass in der Unternehmenspraxis der faktisch aus der Nutzung einer IT Infrastruktur resultierende Werteverzehr, interpretiert als Kosten einer IT Infrastruktur in aller Regel nur mit dem jeweiligen finanziellen Anschaffungswert kostenrechnerisch berücksichtigt wird und die im laufenden Betrieb entstehenden Kosten nicht transparent sind (vgl. Holm und Wolf 1998: 19). Für die betrachteten Kosten wurde der Terminus Total Cost of Ownership geprägt.

Mit der Zielsetzung, transparente IT Kostenstrukturen in Unternehmen zu schaffen, entwickelte die Gartner Group in der Folge ein Modell zur Erfassung und Analyse von TCO (vgl. Riepl 1998: 8). Mit seiner Anwendung soll eine Erfassung aller Kosten erreicht werden, die während der Dauer einer Investition durch Beschaffung und Einsatz des entsprechenden Investitionsgutes entstehen, um so eine breite Basis für die Bewertung der Investition zu erhalten (vgl. Janssen und Neumann 1998: 33). Insgesamt verfolgte Gartner mit seinem Modell zur Erfassung und Analyse der Kosten einer IT Infrastruktur das Ziel, Unternehmen dabei zu unterstützen, Kostenuntersuchungen nach adäquaten Leitlinien durchzuführen.

Lisa M. Ellram hat seit Beginn der 1990er Jahre eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu TCO geschrieben (siehe Literaturverzeichnis) und sich mit dem Thema schwerpunktmäßig in den Bereichen Transparenzschaffung und Einkaufsprozessoptimierung wissenschaftlich auseinandergesetzt.

Degreave und Roodhoft beschäftigen sich seit Mitte der 1990er Jahre damit, TCO Methoden für die Lieferantenauswahl zu entwickeln. Im Rahmen dieser Arbeit wird ihre dreidimensionale Beschaffungsstrategie Matrix noch näher betrachtet (vgl. Kap. 2.2.3).

2.1.2 TCO Begriff und Definitionen

Der Begriffsbestandteil „Total“ weist auf die möglichst vollständige Berücksichtigung der „Cost“ hin, wobei mit diesen nicht unbedingt „Kosten“ gemeint sind, sondern auch Auszahlungen oder andere Rechengrößen (vgl. Götze und Weber 2008: 249). Ownership drückt die Verfügungsgewalt über ein spezifisches Objekt aus, wobei ein derartiges Verständnis im Sinne von Eigentum eine Bezugnahme der TCO auf Beschaffungsobjekte nahe legt, die zum längeren Verbleib im Unternehmen gedacht sind (vgl. Götze und Weber 2008: 249 f.).

Aufgrund der im vorherigen Kapitel ermittelten Herkunft der TCO Thematik beginnt dieses Kapitel mit einigen Definitionen aus der IT Branche. Anschließend werden Definitionen zitiert, die den TCO Gedanken in das Beschaffungsmanagement integriert haben.

Gartner beispielsweise definiert die TCO als die umfassende Bewertung von Kosten eines Unternehmens über den Lebenszyklus eines Systems. Es sind also die Kosten, die Unternehmen für die Beschaffung, die Einrichtung, den Betrieb und die Wartung von Computer-Systemen entstehen (vgl. Thomas 2008: 26).

Bill Gates (2000: 449) schreibt über TCO: „The cost of owning, operating, and maintaining a computer system. TCO includes the up-front costs of hardware and software, plus the costs of installation, training, support, upgrades, and repairs."

Alinean, ein weiterer Anbieter von Managementinstrumenten für die IT Branche integriert zusätzlich die Personalkosten in seine Definition: TCO quantifiziert die gesamten Kosten eines Wirtschaftsguts während seiner Lebensdauer (Lebenszykluskosten) inklusive Akquisitionskosten, Personalkosten sowie versteckte Kosten (vgl. Pisello und Strassmann 2003: 50).

Ellram (2002: 661) definiert TCO als ein Ansatz, um alle entlang der Supply Chain entstehenden und relevanten Kosten zu verstehen, die bei der Geschäftsabwicklung mit einem Lieferanten für eine bestimmte Ware / Service auftreten.

Nach Degraeve et al. (2004: 3) betrachtet TCO alle Einkaufs- und Folgekosten durch die Nutzung einer Komponente entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens.

Für Wynstra und Hurkens (2004: 464) ist TCO ein Werkzeug des internen Rechnungswesens für die Bewertung und / oder Auswahl von Lieferanten und / oder Angeboten, welches nicht nur den Preis, sondern auch die Kosteneffekte der Alternativen betrachtet.

Bei Wouters (2005: 167) wird TCO als eine Anwendung von Activity Based Costing (ABC)[1] beschrieben, die die Kosten der Akquisition und Nutzung von Gütern oder Dienstleistungen quantifizieren hilft.

2.2 TCO Modelle, Methodik und Systeme

2.2.1 Darstellung der Ursprungsmodelle aus der IT Branche

„Als 1987 Gartner sein TCO Modell auf den Markt brachte, standen lediglich die Arbeitsplatzrechner im Blickfeld der Kostenanalyse. Mit dem technischen Fortschritt und den Veränderungen der IT Infrastrukturen wurde auch das TCO Modell weiterentwickelt und deckt inzwischen fast alle Bereiche einer IT Landschaft ab“ (www.computerwoche.de 27.05.2009: CD-ROM).

Dominantes Merkmal aller TCO Modelle der Gartner Group ist die Trennung von direkten und indirekten Kosten, die in der Addition die Summe der in Abbildung 2 dargestellten Unterkategorien ergibt und demzufolge als TCO Kennzahl bezeichnet werden kann (vgl. Schwickert et al. 2004: 25).

„Direkte Kosten sind Kosten, die direkt als Ausgaben für Geräte, Software und Personal anfallen und budgetiert sind. Indirekte Kosten sind Aufwände, die beim Endbenutzer in Form von IT Tätigkeiten anfallen, die nicht zu seinen eigentlichen Sachaufgaben gehören und die seine Produktivität vermindern. Sie sind nicht direkt budgetiert“ (Thomas 2008: 26-27).

Abbildung 2: Kostenverteilung zwischen indirekten und direkten Kosten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Thomas (2008: 27) und eigene graphische Darstellung.

Das TCO Modell von Forrester Research wurde 1995 veröffentlicht (vgl. Schwickert et al. 2004: 36). Von Abweichungen in Details abgesehen, kann eine weitgehende Kongruenz zwischen den Kostenfaktoren der Gartner Group und Forrester Research bei der Ermittlung von TCO festgestellt werden, was die folgende Aufzählung der grundlegenden Kostenkomponenten von Forrester deutlich macht (vgl. Herges und Wild 2000: 17):

- Hard und Software
- Wartungsverträge
- Management der IT
- Support Dienste
- Mittelbar aus der Nutzung hervorgehende Aktivitäten
- Zeiten, in denen Teile der IT nicht nutzbar sind
- Disaster Vorsorge, Disaster bedingtes Recovery

„Forrester Research hat sich mit seinem TCO Modell gegenüber Gartner nicht durchsetzten können. Anfang 2003 hat Forrester die Giga Information Group übernommen“ (Schwickert et al. 2004: 37).

Giga entwickelte 1997 die Total Economic Impact (TEI) Methodik zur Beurteilung einer potenziellen IT Investition mit dem Ziel, Projekt- und Produktentscheidungen unter Berücksichtigung der individuellen Unternehmensziele zu evaluieren (vgl. Nguyen 2005: 20).

Die im Folgenden dargestellten vier Elemente bilden das Fundament der TEI Methodik (vgl. Schwickert et al. 2004: 77-79):

Flexibilität (Flexibility): Sie beschreibt das Potenzial, das geschaffen wird, um aufbauend auf der zu beurteilenden Investition in der Zukunft zusätzlichen Nutzen für das Unternehmen zu realisieren.

Nutzen (Benefits): In dieser Kategorie wird der Nutzen, den die zu beurteilende Investition schaffen soll, bewertet.

Kosten (Costs): Hier werden diejenigen Kosten der Investition betrachtet, die notwendig sind, um einen bestimmten Wert des Projektes zu realisieren.

Risiken (Risks): Die Risikobetrachtung soll eine realitätsnähere Einschätzung des Erfolgspotenzials einer Investition unter Berücksichtung von Unsicherheiten ermöglichen.

Abbildung 3: Die TEI Methodik

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: www.forrester.com (27.05.2009: CD-ROM)

Abschließend soll im Rahmen dieser Arbeit eine kurze Bewertung der dargestellten TCO Modelle in der IT Branche erfolgen. Das Gartner Modell besitzt die große Stärke, dass es den Pionier Status auf diesem Gebiet innehat und über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügt. Allerdings finden Risiken, die sich aus der Unsicherheit zukünftiger Entwicklungen ergeben ebenso wenig Berücksichtigung wie die Anfälligkeit des Systems gegen Datendiebstahl (vgl. Eisenberg et al. 2009: 578).

Das Modell des IT Analysten Giga Information Group betrachtet im Gegensatz zum Gartner Modell diese Risiken und bringt den großen Vorteil mit, nicht nur den von einer IT Infrastruktur ausgehenden Werteverzehr abzubilden, sondern auch den durch sie bedingten Wertzufluss zu erfassen (vgl. Janssen und Neumann 1998: 33). Im Giga Modell hingegen fehlen die quantitativen Parameter, was die Kostenbeurteilung im Allgemeinen erschwert. Insgesamt muss festgehalten werden, dass die Interpretation der Kostenkomponenten aufgrund unterschiedlich verwendeter Terminologien sensibel erfolgen muss.

Obgleich Riepl (1998: 3) eine Standardisierung der Modelle fordert, besteht zwischen den Entwicklern kein Konsens darüber, welche Kostenfaktoren zu berücksichtigen und wie diese zu berechnen und zu gewichten sind. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Vergleich mit anderen Unternehmen als schwierig, da keine allgemeingültigen Regeln und Definitionen verwendet werden. Überein gehen die Unternehmen lediglich darin, dass bei der Nutzung eines Investitionsgutes alle Kosten zu betrachten sind, die aus seinem Besitz und Betrieb während der Dauer der entsprechenden Investition resultieren (vgl. Römer 1998: 39). Identisch ist auch die Zielsetzung, durch die Schaffung einer transparenten und realitätsnahen Kostenstruktur Kostentreiber zu erkennen, Zusammenhänge offen zu legen und erfolgreiche Vorgehensweisen in Best Practise Katalogen zu formulieren (vgl. Schwickert et al. 2004: 18).

2.2.2 Darstellung der Vorgehensweise im Beschaffungsmanagement

„Die Methodik der TCO spiegelt (…) die Überlegung wider, dass das alleinige Heranziehen des Kaufpreises als Entscheidungskriterium zu kurz greift“ (Zeibig 2005: 691). Neben den Kosten sollten die TCO auch den Nutzen der Lieferantenbeziehungen für ein Unternehmen messen. Hierzu sei folgendes Beispiel konstruiert:

Schon durch eine einfache Rentabilitätsberechnung kann festgestellt werden, dass der Lieferant mit dem günstigsten Verkaufspreis nicht der Wirtschaftlichste sein muss, da zusätzliche Kosten hervorgerufen durch Qualitätsprobleme, Rabattsystemen oder Zahlungs- und Lieferbedingungen auftreten können. Dieses Beispiel zeigt, dass das beschaffende Unternehmen neben dem Kaufpreis auch alle anderen durch den Lieferanten hervorgerufenen Kosten in der Lieferkette analysieren sollte.

Im Beschaffungsmanagement werden demzufolge allgemein alle durch den Einkauf, der Verwendung und der Entsorgung eines Produktes oder Dienstleistung hervorgerufenen Kosten für das beschaffende Unternehmen in die TCO Berechnungen integriert (vgl. Kap. 2.1.2). Die grobe Vorgehensweise dieses Integrationsprozesses wird bei Ellram (1993a: 53) skizziert.

Der erste Schritt bei der Implementierung von TCO ist die Zielfestlegung bzw. die Bedarfs- und Nutzenerkennung. Wie in Kapitel 1.1 dargestellt, können die Markt- und Wettbewerbsbedingungen, sowie die hohe Anzahl an verborgenen Kosten entlang der Wertschöpfungskette der Auslöser einer TCO Analyse sein.

Abbildung 4: Vorgehensweise bei der TCO Analyse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ellram (1993a: 53) und eigene graphische Darstellung.

Wynstra und Hurkens (2004: 465) sowie Zeibig (2005: 691) nennen folgende Zielfelder im Rahmen von TCO Untersuchungen, die einmalig oder periodisch erfolgen können:

- Outsourcing Entscheidungen
- Lieferantenauswahl, -bewertung -optimierung und -kommunikation
- Strukturierung wichtiger Änderungen im Beschaffungsprozess
- Kostentreiberidentifikation und -management
- Preisfindung und Kalkulation

Bei Monczka et al. (2002: 441 f.) finden sich folgende weitere Einsatzmöglichkeiten von TCO:

- Lieferantenentwicklung durch Aufzeigen nicht erbrachter Leistungen oder Korrekturmaßnahmen
- Verbesserung der Lieferantensteuerung
- Einführung einer Messdisziplin mit Hilfe eines verlässlichen Auswertungsinstruments

Innerhalb der Zielfestlegung trifft Ellram (2002: 664) einige Vorüberlegungen zum Auflegen einer TCO Untersuchung bezüglich des zu untersuchenden Objekts, die in nachfolgender Abbildung zusammengefasst werden.

Abbildung 5: Vorüberlegungen einer TCO Untersuchung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ellram (2002: 664) und eigene graphische Darstellung.

Als ein Beispiel für die Wahl der gewünschten Lieferantenbeziehung kann die Daimler AG dienen, die in ihrem Maintenance Total Cost of Ownership Verfahren (M-TCO) zur ganzheitlichen Betrachtung und Minimierung von Instandhaltungskosten eine enge Beziehung mit dem Maschinenlieferanten voraussetzte und so mit Hilfe eines Partners für die Interessenvermittlung das Verfahren gemeinsam mit dem Lieferanten entwickelt hat (vgl. Albrecht und Wetzel 2008: 82 f.).

Des Weiteren finden sich bei Ellram (1994: 172) weitere Anwendungsmöglichkeiten für TCO:

- Planung der zukünftigen Lieferantenleistung und Lieferanteile
- Reduzierung der Lieferantenzahl unter Identifikation von Schlüssellieferanten
- Lieferantenauszeichnung und -vergleich (Benchmarking)
- Festlegung der Prioritäten für verschiedene Projekte im Einkauf
- Datenbereitstellung für Verhandlungen
- Leistungsvorhersage neuer Artikel mit Hilfe historischer Daten
- Ressourcenkonzentration auf die wichtigen Einkäufe

Im zweiten und dritten Schritt der Einführung von TCO wird das Untersuchungsobjekt festgelegt und ein Organisationsteam gebildet. Für genauere Informationen sei an dieser Stelle auf die Kapitel 4.1 und 4.2 verwiesen, die diese Schritte für das internationale Beschaffungsmanagement erläutern.

Die Identifizierung und Festlegung der relevanten Kostenelemente und der dazugehörigen Kostentreiber erfolgt im vierten Schritt. Wenn keine Prozessbeschreibungen oder Prozesslandkarten vorhanden sind, kann der betrachtete Beschaffungsprozess z. B. skizziert und alle direkt und indirekt mit dem Prozess verbundenen Kostenelemente ermittelt werden. Um anschließend alle relevanten Kostentreiber einzubeziehen und den Beschaffungsprozess ganzheitlich abzubilden teilt Ellram (2002: 666) sie in drei Phasen auf: Vortransaktionsphase, Transaktionsphase und Nachtransaktionsphase. Auch an dieser Stelle hat die Daimler AG die theoretischen Grundüberlegungen von Ellram in die Praxis übertragen, indem sie ihren M-TCO Prozess in die drei Phasen Ausschreibungsphase, Inbetriebnahmephase und Betriebsphase aufteilten (vgl. Albrecht und Wetzel 2008: 84).

Abbildung 6: Kategorien von Kostentreibern in der TCO Analyse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ellram (2002: 666) und eigene graphische Darstellung.

Das Niveau der Transaktionskostenbetrachtung wird dabei von folgenden Faktoren in den Vorüberlegungen einer TCO Untersuchung (vgl. Abbildung 5) bestimmt: Kostenhöhe der transaktionsgebundenen Investition, Durchführungshäufigkeit des Prozesses und Grad der externen und internen Unsicherheit bezüglich bisher unbekannter Transaktionskosten (vgl. Ellram 1997: 13).

Ein weiteres hilfreiches Instrument zur Kostenidentifizierung sind Prozess- oder ABC-Kostenrechnungssysteme, da darin bereits die Aktivitäten zu Teil- und Hauptprozessen über die zugehörigen Kostentreiber zugeordnet sind. Die Unterscheidung des amerikanischen Activity Based Costing (ABC) und der deutschen Prozesskostenrechnung sowie die Verwendung dieser Kostenrechnungssysteme in Zusammenhang mit TCO im internationalen Beschaffungsmanagement werden in Kapitel 4.3 thematisiert.

Im fünften Schritt wird entweder ein bereits vorhandenes Modell an veränderte Anforderungen angepasst und anschließend mit den ermittelten Daten gefüllt oder ein neues TCO Berechnungsmodell mit Hilfe der identifizierten Kostenelemente implementiert. Das implementierte oder angepasste Modell wird dann mit den entsprechenden Daten getestet und in Schritt sechs optimiert.

Im Erfolgsfall, das heißt das Modell erarbeitet konsistente und als glaubwürdig klassifizierte Ergebnisse, kann das Modell in Schritt sieben mit den operativen Instrumenten und insbesondere mit dem in Schritt vier betrachteten Kostenrechnungssystem verknüpft werden.

Damit die TCO Analyse die Realität ausreichend genau abbilden kann, sollte eine permanente Aktualisierung und Pflege des Systems sowie ein regelmäßiges Monitoring der Ergebnisse erfolgen. Beispielsweise über Condition Monitoring, also die gezielte Beobachtung des TCO Objekts hinsichtlich kritischer Trends zur Prognose des Ausfallzeitpunkts, können Störungen noch vor ihrem Auftreten erkannt, Reparaturen in produktionsfreie Zeiten verlagert und Folgekosten durch stehende Produktion vermieden werden (vgl. Albrecht und Wetzel 2008: 94 f.). Zumindest die Schritte vier bis sieben sollten bei Bedarf an geänderte Anforderungen und Rahmenbedingungen angepasst werden.

2.2.3 Integration von TCO in das Einkaufscontrolling und Aufbau eines Informationssystem im strategischen Einkauf

„Neben der eigentlichen quantitativen und qualitativen Bewertung von Kriterien beim TCO Konzept ist die Integration in ein entsprechendes Einkaufscontrolling und Informationsmanagementsystem von großer Bedeutung“ (Krokowski 2008: 55). Dabei zielt das internationale Einkaufscontrolling auf eine ergebnisorientierte Steuerung der in Tabelle 1 dargestellten Aufgaben und Aktivitäten mit den aufgeführten Instrumenten ab. „Insbesondere bei Make-or-buy-Entscheidungen ist das Beschaffungsmanagement auf das (…) Beschaffungscontrolling und dessen Informationsleistungen angewiesen. Zu beachten sind dabei unterschiedliche Zielkriterien, (…) die in Abhängigkeit mit dem zu beschaffenden Gut und der damit verbundenen Beschaffungssituation jeweils gewichtet werden können“ (Arnold 2007: 45).

Tabelle 1: Darstellung eines Einkaufscontrolling

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Krokowski (2008: 56f. ) und eigene Darstellung.

Ein weiteres Mal soll hier das Beispiel des M-TCO Verfahrens der Daimler AG aufgegriffen werden, um zu erklären, wie operative Kennzahlen in die strategische Vertragsgestaltung integriert werden können. Dabei wurden für die TCO Kennzahlen Mean Time Between Failure (MTBF), Mean Costs of Replacement Parts (MCRP) und Mean Time To Repair (MTTR) folgende Grenzwerte vereinbart und durch einen TCO Vertrag sowie über ein Grenzwert-Controlling gesteuert (vgl. Albrecht und Wetzel 2008: 84 ff.):

- Minimaler MTBF von zwei Jahren, d. h. die Maschine wird z. B. in zehn Jahren nur maximal fünfmal repariert
- Maximal 12.000 EUR durchschnittliche Ersatzteilkosten je Reparatur (MCRP)
- Maximal vier Stunden Reparaturdauer je Reparatur (MTTR)

Im Beschaffungsmanagement kann TCO auch als Evaluations- bzw. Informationsinstrument für die Bewertung der Lieferantenbasis, der Unterstützung von Outsourcing Entscheidungen sowie im Rahmen der Supply Chain Management Aktivitäten genutzt werden (vgl. Zeibig 2005: 691).

Der externe Einkauf von Produkten und Dienstleistungen stellt in den meisten Unternehmen einen hohen Kostenfaktor dar. Demzufolge können signifikante Kosteneinsparungen durch die effektive Ermittlung von Beschaffungsstrategien realisiert werden. Die große Herausforderung dabei ist, die verfügbaren Informationen in anwendbares Wissen umzuwandeln. Idealerweise entsteht ein System zur Unterstützung von Managemententscheidungen, dass durch die Integration von TCO Berechnungen Objektivität in Auswahlprozessen erreicht (vgl. Degraeve und Roodhooft 2000: 3). Hier setzen Degraeve und Roodhooft (2000: 4) mit ihren drei Schritten zur Minimierung der TCO bei der Entwicklung von Beschaffungsstrategien an:

1. Identifikation aller Aktivitäten im Rahmen der strategischen Einkaufsrichtlinien
2. Zuordnung der Kosten zu den identifizierten Aktivitäten
3. Determinierung des Einflusses der verschiedenen Zulieferer auf die Aktivitäten

Aufbauend auf diesen Ansatz entwickelten Degraeve und Roodhooft (2000: 10) eine auf TCO Informationen basierende dreidimensionale Matrix, die die Definition von Beschaffungsstrategien ermöglicht.

Abbildung 7: 3D Beschaffungsstrategie Matrix

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Degraeve und Roodhooft (2000: 10) und eigene graphische Darstellung.

Die Eignung dieses Ansatzes lässt sich am anschaulichsten anhand von Beispielen erklären. Die Kosten der Akquisitionsphase beziehen sich auf alle Aktivitäten, die vor dem Empfang von Produkten oder Dienstleistungen stattfinden. Auf der Zuliefererebene können kurzfristige Kosteneinsparungen durch allgemein gewährte Rabattregelungen erreicht werden. Langfristig müssen Kosten für Verträge und Verhandlungen, Qualitätsaudits, Lieferantenentwicklungen und Lieferantenwechsel betrachtet werden. Kosten für Aktivitäten auf der Ebene der Einheiten entstehen durch die Bestellung einer Einheit eines spezifischen Produkts bei einem bestimmten Lieferanten. Hier führen kurzfristig der Preis für eine Einheit, die Preisentwicklung und Rabatte, sowie langfristig Serviceleistungen oder Produkttests zu Kosten bzw. Kosteneinsparungen.

In der Empfangsphase auf der Ebene des allgemeinen Bestellvorgangs sind kurzfristig die Transportkosten und langfristig die Kosten für die Rechnungsabwicklung anzusiedeln. Auf der Ebene der Produktbestellung handelt es sich hingegen um eine bestimmte Ware einer bestimmten Bestellung. Dort können beim Empfang langfristige Kosten durch quantitativer und qualitativer Produktüberprüfungen auftreten. In der Besitzphase eines Produktes ist die Lagerhaltung auf der Ebene der Einheiten ein typisches Beispiel für langfristige Kosten. Bei der Verwendung sind auf der Produktebene kurzfristig mögliche Wiederbeschaffungskosten und langfristig mögliche Kosten für Produktschulungen anzusetzen. Auf der Ebene der Einheiten müssen Installations- Wartungs- und Qualitätskontrollkosten, Produkt- und Produktionsfehler langfristig betrachtet werden. Abschließend sind die zum Teil durch Umweltrichtlinien kurzfristig anfallenden Entsorgungskosten der Einheitsebene zuzuordnen.

Die dargestellten Beispiele zeigen, dass die dreidimensionale Betrachtung von Beschaffungsaktivitäten den Entscheidungsprozess im strategischen Einkauf praktikabel unterstützt. Aus dem Modell lassen sich Richtlinien zur Minimierung der TCO generieren, die die adäquatesten Zulieferer für verschiedene Komponenten identifizieren. Darüber hinaus sind die gewonnenen Informationen zur finanziellen Leistungsmessung eines Zulieferers sinnvoll für Einkaufsverhandlungen, da diese Methode objektiv und vergleichend bewertet. Dazu kommt, dass durch die Informationssammlung für die einzelnen Aktivitätsphasen (Dimension 1) die Kommunikation zwischen den Funktionsbereichen gefördert werden kann. Auch die Betrachtung von langfristigen Kosteneinsparungen zählt zu den Vorteilen. Frank Lingohr sagt dazu in Focus Money: „Die Konzentration auf kurzfristige Gewinne verstellt den Blick aufs Wesentliche und führt zu langfristigen Verlusten“ (Bangert und Kühn 2007: 34).

Allerdings sollten noch weitere unternehmensspezifische Bedingungen mit einfließen. Hier seien beispielsweise die Lagerkapazitäten und eine bewusst gering gehaltene Anzahl von Zulieferern zur Wahrung von Unabhängigkeit oder Vermeidung von Managementproblemen aufgrund von Komplexität genannt. Außerdem werden in diesem Ansatz die unsicheren zukünftigen Handlungen der Zulieferer und der Einfluss von strategischen Entscheidungen auf die TCO wie beispielsweise Materialstandardisierung, Infrastrukturentwicklung oder Lieferantenzertifizierung vernachlässigt.

[...]


[1] Ein insbesondere in den USA entwickeltes Kostenrechnungssystem, das auf der Grundaussage basiert, dass Kosten nicht durch Kostenträger verursacht werden, sondern durch Aufträge oder Aktivitäten entstehen, die sich wie ein Prozess durch das ganze Unternehmen ziehen (vgl. Schneck 2007: 760).

[2] Klassifizierung der Materialarten nach ihrem relevanten Anteil am Wert des Gesamtbestandes in A-, B- und C-Güter (vgl. Schneck 2007: 1).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836636735
DOI
10.3239/9783836636735
Dateigröße
697 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Kiel – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (Oktober)
Note
2,0
Schlagworte
beschaffungsmanagement strategisches kostenmanagement supply chain management global sourcing
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Titel: Total Cost of Ownership und ihre Bedeutung für das internationale Beschaffungsmanagement
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