Lade Inhalt...

Möglichkeiten und Grenzen der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung

Eine Einführung in die Fraud-Thematik

©2007 Studienarbeit 146 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Bilanzskandalen publik, u.a. von großen Firmen wie Enron, Worldcom, Parmalat und Comroad. Um ähnliche Fälle zukünftig zu vermeiden, wurden im Anschluss mehrere Gesetze erlassen, wie z.B. der Sarbanes-Oxley-Act in den USA, oder Richtlinien zur integren Unternehmensführung wie der Corporate Governance Kodex in Deutschland. Diese Änderungen reichten jedoch nicht aus, da zwar die Zahl der bekannt gewordenen Fälle in den letzten Jahren zurückging, jedoch neue Fälle immer wieder auftauchen.
Die vorliegende Arbeit befasst sich deshalb mit den verschiedenen Möglichkeiten von betrügerischen Manipulationen des Jahresabschlusses. Grundsätzlich kann man Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften in bewusst gegangene Manipulationen und unbewusst begangene Fehler unterteilen. Diese Arbeit fokussiert sich auf die bewusst begangenen Manipulationen, und versucht hierbei, die Möglichkeiten eines Abschlussprüfers zur Aufdeckung solcher Manipulationen darzustellen. Ebenso werden aber auch die Einschränkungen und Grenzen von Prüfungshandlungen aufgezeigt. Die Arbeit gliedert sich dabei in verschiedene Kapitel.
Im nächsten Kapitel werden zunächst Definitionen der einzelnen Begriffe dargestellt. Anschließend folgt eine Klärung der Verantwortlichkeit für die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Abschluss sowie eine kurze Darstellung der einer Abschlussprüfung zugrunde liegenden Prüfungsnormen.
Im dritten Kapitel wird das systematische Prüfungsvorgehen erläutert: hierbei wird versucht, sowohl eine allgemeine Risikoeinschätzung auf Unternehmensebene als auch über verschiedene Teilbereiche und -systeme zu treffen.
Darauf aufbauend werden im vierten Kapitel konkrete Prüfungshandlungen der Abschlussprüfung mit dem Ziel der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten beschrieben. im Anschluss an die Erläuterung möglicher Auswahl- und Auswertungsverfahren werden mögliche Analysetechniken von Datenmaterial vorgestellt, um entsprechende Manipulationen im Rechnungswesen aufzudecken. Ein entsprechendes Beispiel aus der Praxis wird hierzu im Anhang nachgereicht.
Beendet wird diese Arbeit mit einer kritischen Beurteilung der Ergebnisse und einer Zusammenfassung. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisI
AnhangsverzeichnisIV
AbbildungsverzeichnisV
AbkürzungsverzeichnisVI
1.Einleitung1
2.Grundlagen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung3
2.1Begriffsdefinition von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Marcus Senninger
Möglichkeiten und Grenzen der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der
Abschlussprüfung
Eine Einführung in die Fraud-Thematik
ISBN: 978-3-8366-3623-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2010
Zugl. FernUniversität Hagen, Hagen, Deutschland, Studienarbeit, 2007
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2010

,,Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden,
und nicht alles, was gezählt werden kann,
zählt..."
Albert Einstein
(deutsch-amerikanischer Physiker, Nobelpreisträger, 1879-1955)

I
Seite
Inhaltsverzeichnis I
Anhangsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
V
1. Einleitung ... 1
2. Grundlagen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der
Abschlussprüfung ... 3
2.1
Begriffsdefinition von Unregelmäßigkeiten ... 3
2.1.1 Unrichtigkeiten (Error) ... 4
2.1.2 Verstöße (Fraud) ... 4
2.1.2.1 Täuschungen ... 5
2.1.2.2 Vermögensschädigungen ... 9
2.1.3 Sonstige Gesetzesverstöße ohne Fehldarstellung der Rechnungs-
legung ... 11
2.2
Ziele und Aufgaben der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten ... 12
2.3
Verantwortlichkeit zur Verhinderung und Aufdeckung ... 13
2.4
Gesetzliche Normen und berufsständische Verlautbarungen ... 17
2.4.1
IDW PS 210 ... 17
2.4.2
ISA 240 ... 19
2.4.3
SAS 99 ... 21
2.5
Wesentlichkeit und Prüfungsrisiko ... 23
3. Systematisches Prüfungsvorgehen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten ... 29
3.1
Vergleich der Risikofaktoren aus den verschiedenen gesetzlichen Normen ... 29
3.2
Allgemeine Risikoeinschätzung ... 31

II
3.2.1 Grundlegende Methoden ... 31
3.2.2 Data Mining und künstliche neuronale Netze ... 37
3.3
Systemprüfungen zur Konkretisierung des Fehlerrisikos ... 39
3.3.1
Prüfung des Internen Kontrollsystems (IKS) ... 39
3.3.2
Prüfung der Risikomanagementsystems ... ......................... 42
3.3.3
Prüfung der eingesetzten Informationstechnologie ... 44
4. Konkrete Prüfungshandlungen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten ... 47
4.1 Einzelfallprüfungen ... 47
4.2 Auswahlverfahren ... 48
4.3 Auswertungsverfahren ... 52
4.4 Analyse des Datenmaterials ... 54
4.4.1 Analysetechniken ... 54
4.4.2 Anwendungsbeispiele ... 59
4.5 Kritische Evaluation der Prüfungsmaßnahmen ... 66
5. Zusammenfassung ... 68
Anhang ... 70
Literaturverzeichnis ... 122
Verzeichnis der Internetquellen ... 134
Rechtssprechungsverzeichnis ... 136

III
Anhangsverzeichnis
Seite
Anhang 1: Risikofaktoren der einzelnen berufsständischen Verlautbarungen 70
Anhang 2: Rangliste der Risikofaktoren, die in Deutschland bei
Bilanzmanipulationen vorhanden waren
80
Anhang 3: Vergleich von Prüfungsmethoden mit Prüfungskosten
90
Anhang 4: idealisierte Benford-Verteilung
92
Anhang 5: Datenbasis für Rechenbeispiel
94
Anhang 6: klassische Auswertungen des Rechenbeispiels
115
Anhang 7: Auswertung der Benford-Verteilung
120

IV
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1:
Unregelmäßigkeiten nach nationalen und internationalen
Prüfungsnormen 3
Abb. 2:
Fraud-Dreieck 35
Abb. 3:
Regelungsbereiche des IKS gemäß IDW PS 261.20 41
Abb. 4:
Techniken und Verfahren der Zufallsauswahl 50
Abb. 5:
Analyse-Techniken für Daten 54
Abb. 6:
IT-gestützte Prüfungstechniken zur Untersuchung aussage-
bezogener Prüfungshandlungen 57
Abb. 7:
Benford-Verteilung für die erste Ziffer einer Zahl 64

V
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
BGBL
Bundesgesetzblatt
bzgl.
bezüglich
EDI
Electronic Data Interchange
engl.
englisch
EUR
Euro
f.
folgende
ff.
fortfolgende
GAAS
Generally Accepted Auditing
Standards
ggf.
gegebenenfalls
Gl.
Gleichung
HFA
Hauptfachausschuss
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
IKS
Internes Kontrollsystem
ISA
International Standard on
Accounting
IT
Informationstechnologie
Jg.
Jahrgang
S.
Seite(n)
SAS
Statements on Auditing Standards
sog.
sogenannte
TEUR
1.000 Euro
US-amerikanisch
die Vereinigten Staaten von
Amerika betreffend
VFE-Lage
Vermögens-, Finanz- und
Ertragslage
z.B.
zum Beispiel

1
1. Einleitung
In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Bilanzskandalen
publik, u.a. von großen Firmen wie Enron
1
, Worldcom, Parmalat und
Comroad. Um ähnliche Fälle zukünftig zu vermeiden, wurden im
Anschluss mehrere Gesetze erlassen, wie z.B. der Sarbanes-Oxley-Act
in den USA, oder Richtlinien zur integren Unternehmensführung wie der
Corporate Governance Kodex in Deutschland. Diese Änderungen
reichten jedoch nicht aus, da zwar die Zahl der bekannt gewordenen
Fälle in den letzten Jahren zurückging, jedoch neue Fälle immer wieder
auftauchen
2
.
Die vorliegende Arbeit befasst sich deshalb mit den verschiedenen
Möglichkeiten
von
betrügerischen
Manipulationen
des
Jahresabschlusses.
Grundsätzlich
kann
man
Verstöße
gegen
Rechnungslegungsvorschriften in bewusst gegangene Manipulationen
und unbewusst begangene Fehler unterteilen. Diese Arbeit fokussiert
sich auf die bewusst begangenen Manipulationen, und versucht hierbei,
die Möglichkeiten eines Abschlussprüfers zur Aufdeckung solcher
Manipulationen
darzustellen.
Ebenso
werden
aber
auch
die
Einschränkungen und Grenzen von Prüfungshandlungen aufgezeigt. Die
Arbeit gliedert sich dabei in verschiedene Kapitel.
Im nächsten Kapitel werden zunächst Definitionen der einzelnen Begriffe
dargestellt. Anschließend folgt eine Klärung der Verantwortlichkeit für die
Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Abschluss sowie eine kurze
1
Vgl. LUEDENBACH, N. (2002), S. 1169.
2
Vgl. PIETSMEIER, H. (2007), S. 19; FAZ (2007), S. 13.

2
Darstellung
der
einer
Abschlussprüfung
zugrunde
liegenden
Prüfungsnormen.
Im dritten Kapitel wird das systematische Prüfungsvorgehen erläutert:
hierbei wird versucht, sowohl eine allgemeine Risikoeinschätzung auf
Unternehmensebene als auch über verschiedene Teilbereiche und -
systeme zu treffen.
Darauf
aufbauend
werden
im
vierten
Kapitel
konkrete
Prüfungshandlungen der Abschlussprüfung mit dem Ziel der Aufdeckung
von Unregelmäßigkeiten beschrieben. im Anschluss an die Erläuterung
möglicher Auswahl- und Auswertungsverfahren werden mögliche
Analysetechniken von Datenmaterial vorgestellt, um entsprechende
Manipulationen im Rechnungswesen aufzudecken. Ein entsprechendes
Beispiel aus der Praxis wird hierzu im Anhang nachgereicht.
Beendet wird diese Arbeit mit einer kritischen Beurteilung der
Ergebnisse und einer Zusammenfassung.

3
2. Grundlagen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im
Rahmen der Abschlussprüfung
2.1 Begriffsdefinition von Unregelmäßigkeiten
Die Neufassung des IDW Prüfungsstandards "Zur Aufdeckung von
Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung" (IDW EPS 210
n.F.)
zeigt,
dass
Unregelmäßigkeiten
im
Jahresabschluss
unterschiedliche Ursachen haben können
3
.
In der nachfolgenden Abbildung wird dieser Begriff "Unregelmäßigkeiten"
entsprechend systematisiert:
Unregelmäßigkeiten IDW PS 210
falsche Angaben in der Rechnungslegung
keine falsche Angaben
in der Rechnungslegung
ISA 240
ISA 250
unbeabsichtigt
beabsichtigt
beabsichtigt
beabsichtigt
beabsichtigt/
unbeabsichtigt
fraud
Verstöße im engeren Sinne
Verstöße im weiteren Sinne
Unrichtigkeiten
Gesetzes-
verstöße
sonstige
Gesetzesverstöße
Manipulation
der Rech-
nungslegung
Vermögens-
schädigungen
(fraudulent
financial
reporting)
(misappropria-
tion of assets)
(sonstige
unbeabsichtigte
Normenverstöße,
die zu falschen
Angaben in der
Rechnungslegung
führen)
(sonstige
beabsichtigte
Normenverstöße,
die zu falschen
Angaben in der
Rechnungslegung
führen)
(sonstige
(un-)beabsichtigte
Normenverstöße,
die nicht zu falschen
Angaben in der
Rechnungslegung
führen)
Abb. 1: Unregelmäßigkeiten nach nationalen und internationalen Prüfungsnormen
4
3
Vgl. IDW (2005), S. 218 ff.

4
(Quelle: in Anlehnung an: MARTEN, K.-U. / QUICK, R. / RUHNKE, K. (2007), S. 421)
2.1.1
Unrichtigkeiten
Eine gesetzliche Definition des Begriffes "Unregelmäßigkeiten" existiert
im Handelsgesetzbuch nicht; das Institut der Wirtschaftsprüfer als
berufsständiges Organ beschreibt den Begriff "Unrichtigkeiten" dabei als
Angaben, die zu einer Falschdarstellung im Jahresabschluss bzw. im
Lagebericht führen. Solche falschen Angaben können zum Beispiel
durch Schreib- oder Rechenfehler, durch die falsche Anwendung von
Rechnungslegungsgrundsätzen aufgrund mangelnder Kompetenz oder
durch unzutreffende Schätzungen aufgrund eines falsch interpretierten
oder übersehenen Sachverhalts resultieren
5
.
Solche
Fehler
können
durch
einen
Abschlussprüfer
jedoch
nachvollzogen werden, da gegenüber im folgenden Gliederungspunkt
noch zu definierenden Verstößen hierbei keine Maßnahmen von Dritten
unternommen werden, diese zu verdecken
6
.
2.1.2
Verstöße
Der Begriff "Verstöße" (engl. Fraud
7
) umfasst beabsichtigte Handlungen
einer oder mehrerer Personen aus dem Kreis der gesetzlichen Vertreter,
der Mitglieder des Aufsichtsorgans, der Mitarbeiter oder Dritter, um sich
durch diese Handlungen ungerechtfertigte oder rechtswidrige Vorteile zu
5
Vgl. IDW (2006b), Tz. 7.
6
Vgl. SELL, K. (1999), S. 2; MERTIN, D. (2001), S. 1304 f.
7
Im Folgenden sind die beiden Begriffe "Verstöße" und "fraud" als synonym
anzusehen.

5
verschaffen
8
. Solch beabsichtigte Handlungen können dabei z.B. durch
Diebstahl, Unterschlagung
9
i.V.m. Manipulation der Buchführung oder
Täuschungen geschehen
10
. Dabei unterteilt man die Verstöße in
Manipulationen, Vermögensschädigungen und Gesetzesverstöße
11
.
2.1.2.1 Täuschungen
Täuschungen als eine mögliche Form der Manipulation der
Rechnungslegung umfassen bewusst falsche wesentliche Angaben im
Jahresabschluss oder im Lagebericht. Ziel hierbei ist die Täuschung der
Abschlussadressaten,
welche hierdurch ein falsches Bild der
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (VFE-Lage) des Unternehmens
erhalten
12
.
Als potentielle Täter kommen hierfür nur Personen in Frage, die bei der
Erstellung des Jahresabschlusses mitgewirkt haben
13
. Deren Motivation
kann jedoch vielfältig sein. Eine zu positive Darstellung der Ertragslage
würde z.B. bei eventuellen Kreditgebern zu einer Vergabe von Krediten
führen, die bei Darstellung der tatsächlichen Ertragssituation nicht mehr
gewährt würden oder einem Geschäftsführer eine höhere erfolgsab-
hängige Tantieme zukommen lassen, als dies dem tatsächlichen
Periodenerfolg des Geschäftsjahres entspräche. Ebenso könnte eine zu
8
Vgl. MARTEN, K.-U. / QUICK, R. / RUHNKE, K. (2007), S. 421.
9
Vgl. MIKOLAJCZYK, S. (2005), S. 11.
10
Vgl. ERHARDT, M. (2004), S. 83.
11
Vgl. DORIN, M. (2006), S. 30 f.
12
Vgl. KADUK, M. (2007), S. 13.
13
Vgl. SCHRUFF, W. (2003), S. 902.

6
negative Darstellung der Ertragslage eine im Gegensatz zu den
tatsächlichen Verhältnissen zu niedrige steuerliche Bemessungs-
grundlage oder eventuelle Gewinnausschüttungen an Anteilseigner des
Unternehmens bedeuten
14
.
Um eine Fehldarstellung der VFE-Lage zu erreichen, sind prinzipiell
folgende Täuschungen möglich:
-
Falsche Bewertung von Vermögensgegenständen und
Schulden: möglich ist im Rahmen des Abschlusses eine zu
hohe oder zu niedrige Bewertung besonders bei Bilanzposi-
tionen, die einen Ermessensspielraum beinhalten
15
, wie z. B.
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder Rück-
stellungen. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen wer-
den dabei entsprechend dem zu erwartenden Ausfallrisiko
entweder mit einer aus vergangenen Jahren abgeleiteten Aus-
fallquote pauschal wertberichtigt oder aufgrund individuell be-
reits erreichter Mahnstufen entsprechend manuell wertberich-
tigt
16
. Bewertungsspielräume existieren hierbei bei der Höhe des
Bewertungsabschlags für einzelne Mahnstufen als auch beim
Ansatz der Quote für die Pauschalwertberichtigungen. Allerdings
sind
die
Grenzen
hierbei
eingeschränkt
durch
die
Rechtsprechung
17
als auch die Angemessenheit, welche der
Abschlussprüfer letztlich bestätigt. Der Ansatz von Rückstel-
lungen hingegen bietet einen vergleichsweise hohen Ermes-
14
Vgl. SELL, K. (1999), S. 15.
15
Vgl. ENZWEILER, T. (1999), S. 27.
16
Vgl. GRÜNBERGER, H. (2004), S. 94 ff.
17
Vgl. BFH (2003).

7
sensspielraum, da hierbei Verbindlichkeiten ausgewiesen, die
hinsichtlich ihres Grundes bzw. ihrer Höhe nach noch nicht
feststehen. Diesem erhöhten Ermessensspielraum wird im
Rahmen der Abschlussprüfung jedoch durch eine vertiefte und
detaillierte Prüfung begegnet.
-
Falsche Periodenabgrenzung: hierbei werden Erträge oder
Aufwendungen, die dem alten Geschäftsjahr zuzurechnen sind,
fälschlicherweise erst im neuen Geschäftsjahr verbucht und
zeitlich nachverlagert bzw. aus dem neuen Geschäftsjahr ins
alte vorverlagert
18
. Ebenso sind bei einer langfristigen Fertigung
über mehrere Perioden hinweg der Fertigstellungs-grad und
damit verbundene Erträge und Aufwendungen manipulierbar
19
.
Eine entsprechende Prüfung auf korrekte Abgrenzung von
Erträgen und Aufwendungen
20
(Cut-Off-Prüfung) durch den
Abschlussprüfer stellt jedoch eine wesentliche, notwendige
Prüfungshandlung
dar,
sodass
hierdurch
wesentliche
Abgrenzungsfehler erkannt werden können.
-
Falsche Zuordnung von Konten: durch eine falsche
Zuordnung von Konten zu Bilanzpositionen können diese in ihrer
Struktur und ggf. daraus abgeleitete Kennzahlen zu einem
falschen Bild der VFE-Lage des Unternehmens führen. Beispiel
hierfür wäre die Zuordnung eines Kontos zur Bilanzposition
"Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" anstatt zu
18
Vgl. MERTENS, M. (1998), S. 13.
19
Vgl. TERLINDE, C. (2005), S. 69 ff.
20
Vgl. IDW (2006), Tz. R 464.

8
"Vorräten", da hierdurch Kennzahlen wie Umschlagshäufigkeit
der Vorräte verändert werden
21
.
-
Unvollständige oder falsche Angaben in Anhang und
Lagebericht: entsprechend können unkorrekte Angaben in
Anhang und Lagebericht eine falsche VFE-Lage vortäuschen
22
;
würde zum Beispiel in einem Produktionsunternehmen, welches
sich in einer Umstrukturierungsphase befindet, statt einer
leichten
Zunahme
der
Zahl
der
Beschäftigten
eine
entsprechende Abnahme gezeigt werden, würde dies bei
konstantem Umsatz zu einer Zunahme der Mitarbeiter-
produktivität anstatt korrekterweise einer weiteren Abnahme
führen. Entsprechend würden ggf. die Wirksamkeit der
Restrukturierungsmaßnahmen falsch eingeschätzt werden.
-
Aktivierung von Aufwendungen: durch § 248 Abs. 2 HGB
23
wird geregelt, dass immaterielle Vermögensgegenstände des
Anlagermögens nicht angesetzt werden dürfen, sofern sie nicht
entgeltlich erworben wurden. Würden z.B. bei einem Pharma-
Unternehmen die Aufwendungen für ein selbst entwickeltes
Medikament aktiviert werden, so widerspräche dies den
Bilanzierungsvorschriften
24
. Eine solche fälschliche Aktivierung
21
Vgl. GRÜNBERGER, H. (2004), S. 90 f.
22
Vgl. NIEMANN, W. (2004), S. 533 ff.
23
Vgl. HGB (2007).
24
Vgl. IIR (2002), S. 39.

9
würde jedoch im Rahmen der detaillierten Prüfung der Zugänge
des Anlagevermögens aufgedeckt werden können
25
.
2.1.2.2 Vermögensschädigungen
Die Bezeichnung Vermögensschädigungen umfasst alle widerrecht-
lichen Handlungen, die auf eine Aneignung oder Verminderung von
Vermögen oder die Erhöhung von Verpflichtungen der Gesellschaft
ausgerichtet sind
26
. Solche Vermögensschädigungen können z.B. in
Form von Diebstahl von Lagerartikel durch Mitarbeiter, durch Aus-
zahlung von Gehältern an fiktive Mitarbeiter durch die Lohnbuchhaltung
oder aber auch durch Verkauf von Gütern bei unverhältnismäßig hoher
Rabattgewährung stattfinden.
In den meisten Fällen sind bei Vermögensschädigungen interne
Mitarbeiter
in
hohen
Hierarchiepositionen
oder
sogar
der
Geschäftsführung beteiligt
27
. Je nachdem, in welcher Position der
betroffene
Mitarbeiter
tätig
ist,
stehen
ihm
unterschiedliche
Verschleierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei sind für interne
Täter aus dem Management interne Kontrollen leichter außer Kraft zu
setzen bzw. zu umgehen, als dies für Täter der Nicht-Management-
Ebene möglich wäre
28
.
Dabei lassen sich Vermögensschädigungen in zwei Gruppen unterteilen:
einerseits
die
Entwendung
von
monetären
oder
sonstigen
25
Vgl. GRÜNBERGER, H. (2004), S. 87 ff.
26
Vgl. MARTEN, K.-U. / QUICK, R. / RUHNKE, K. (2007), S. 422.
27
Vgl. KPMG (2007); KPMG (2006).
28
Vgl. HAUSER, H. (2000), S. 40 ff.

10
Vermögensgegenständen,
andererseits
die
Herbeiführung
einer
unberechtigten Auszahlung
29
. Bei der Entwendung von monetären
Vermögensgegenständen unterteilt man wiederum in eine Entwendung
vor und nach Eingang in das Rechnungswesen. Bei einer
Unterschlagung vor Eingang in das Rechnungswesen (sog. Vorweg-
unterschlagung) werden monetäre Mittel nur teilweise verbucht, und die
Differenz über die Gewährung von Rabatten verschleiert. Bei einer
Entwendung nach Eingang in das Rechnungswesen wird dies dem
einfachen Diebstahl zugeordnet und eine später resultierende
Kassendifferenz über fiktive Storni oder Retouren ausgebucht
30
. Die
Entwendung von sonstigen Vermögensgegenständen (z.B. Vorrats-
vermögen im Lager) wird ebenfalls dem einfachen Diebstahl zuge-
ordnet. Bei der Herbeiführung von unberechtigten Auszahlungen hin-
gegen werden vom Täter, ggf. in Zusammenarbeit mit externen Dritten,
überhöhte
Rechnungen
beglichen,
fiktive
oder
überhöhte
Spesenabrechnungen bezahlt oder fiktive Mitarbeiter auf der Gehaltsliste
geführt
31
.
Um
entsprechende
Vermögensschädigungen
im
Rahmen
der
Abschlussprüfung aufdecken zu können, stehen zumeist nur analytische
Prüfungen von ungewöhnlichen oder unerwarteten Verhältnissen dar
(z.B. bei einem gestiegenen Verhältnis von Materialaufwand zu
Umsatzerlösen trotz identischer Fertigung). Teilweise können aus den
gewonnenen Erkenntnissen der später noch genauer erklärten Prüfung
des
Internen
Kontrollsystems
(IKS)
weitere
Ansatzpunkte
für
29
Vgl. KADUK, M. (2007), S. 18 f.
30
Vgl. HAUSER, H. (2000), S. 200 f.
31
Vgl. MARTEN, K.-U. / QUICK, R. / RUHNKE, K. (2007), S. 422.

11
detailliertere Prüfungen gewonnen werden; allerdings wird bei
Mitwirkung des Managements innerhalb der Vermögensschädigung
dieses IKS-System umgangen bzw. stehen dem Management weitere
Mittel zur Verschleierung zur Verfügung
32
.
2.1.3
Sonstige Gesetzesverstöße
Neben
Unrichtigkeiten
und
Verstößen
gibt
es
noch
weitere
Unregelmäßigkeiten, die jedoch keine bzw. keine wesentliche
Auswirkung auf die Rechnungslegung des Unternehmens haben. In
diesen Fällen wird gegen sonstige Normen verstoßen, wie z.B.
Gesellschaftsvertrag, Satzung, oder sonstige Gesetze und Normen, wie
Umweltgesetze oder Offenlegungspflichten
33
.
Im Rahmen der Abschlussprüfung wird ein solcher Gesetzesverstoß nur
dann
relevant,
wenn
er
aufgrund
rechtlicher
Folgen,
z.B.
Schadensersatz- oder Strafzahlungen, in der Rechnungslegung
abgebildet werden muss. Dabei stellt sich für den Abschlussprüfer die
Existenz an möglichen Gesetzesverstößen, da im Rahmen der
Abschlussprüfung nicht alle existierenden Gesetze auf eventuelle
Verstöße hin untersucht werden können
34
. Als Lösung dieses Problems
bietet sich die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften und
insbesondere der Umkehrung des Imparitätsprinzips an, da für
Zahlungsverpflichtungen, bei denen man weder Grund noch Höhe kennt,
32
Vgl. KADUK, M. (2007), S. 17 f.
33
Vgl. SOLFRIAN, G. / WILLEKE, C. (2002), S. 1110.
34
Vgl. RUHNKE, K. / SCHWIND, J. (2006), S. 732.

12
keine Rückstellung gebildet werden kann und darf
35
. Es werden daher
auch nur Gesetzesverstöße mit konkreten rechtlichen Folgen abgebildet;
für diese existiert jedoch dann eine Pflicht zur Abbildung in der
Rechnungslegung.
Generell ist somit die Aufdeckung von sonstigen Gesetzesverstößen
nicht Gegenstand der Abschlussprüfung; ergeben sich jedoch im
Rahmen der Prüfung Tatsachen, die schwerwiegende sonstige
Gesetzesverstöße erkennen lassen, folgen für den Prüfer spezielle
Berichtspflichten gemäß § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB
36
, auf die jedoch im
Rahmen dieser Arbeit nicht detaillierter eingegangen wird.
2.2 Ziele
und
Aufgaben
der
Aufdeckung
von
Unregelmäßigkeiten
Vom Abschlussprüfer wird erwartet, dass er die im Abschluss
enthaltenen Fehlaussagen aufdeckt, unabhängig von den in Kapitel 2.1
genannten Ursachen. Da jedoch die Möglichkeiten, entsprechende
Fehler, Bilanzdelikte und dolose Handlungen aufzudecken, bereits durch
die zeitliche Begrenzung der Abschlussprüfung eingeschränkt sind, kann
keine absolute Sicherheit für die Nichtexistenz von wesentlichen Fehlern
bestehen
37
. Ebenso kann eine wesentliche Unterschlagung ggf.
unentdeckt bleiben, sofern ein entsprechender Unterschlagungs-
sachverhalt nicht in der vom Abschlussprüfer gezogenen Stichprobe
35
Vgl. § 249 HGB.
36
Vgl. ELLROTT, H. / FÖRSCHLE, G. / HOYES, M. / WINKELJOHANN, N.
(2006), S. 1959 f.
37
Vgl. KADUK, M. (2007), S. 21 f.

13
enthalten ist, bzw. wenn Unterlagen perfekt gefälscht vorliegen und
mehrere Mitarbeiter im Unternehmen gezielt zusammenarbeiten, um
interne Kontrollen zu umgehen. Diese unter-schiedlichen Erwartungen
an eine Abschlussprüfung werden auch als Erwartungslücke
38
bezeichnet. Diese Differenz zwischen den von der Öffentlichkeit
erwarteten Arbeit des Abschlussprüfers einerseits und den vom Gesetz
vorgegebenen Aufgaben andererseits besteht, da die Öffentlichkeit
überwiegend erwartet, dass eine Abschlussprüfung mit absoluter
Sicherheit betrügerische Handlungen auf-deckt
39
; die gesetzlichen
Vorgaben weisen den Abschlussprüfer je-doch nur an, dass seine
Prüfung so ausgerichtet sein muss, dass er Unrichtigkeiten und
Verstöße, die sich wesentlich auf die Darstellung der VFE-Lage
auswirken, erkennen kann
40
.
2.3 Verantwortlichkeit zur Verhinderung und Aufdeckung von
Unregelmäßigkeiten
Die primäre Verantwortlichkeit zur Verhinderung und Aufdeckung on
Unregelmäßigkeiten liegt bei den gesetzlichen Vertretern des
Unternehmens sowie den Mitgliedern des Aufsichtsorgans
41
. Dabei hat
die Unternehmensleitung als gesetzlicher Vertreter des Unternehmens
die Verantwortung, ein Internes Kontrollsystem einzurichten, welches auf
38
Vgl. RUHNKE, K. / DETERS, E. (1997), S. 924 f.;
39
Vgl. SELL, K. (1999), S. 74.
40
Vgl. IDW (2006a), S. 1973 ff.; SELL, K. (1999), S. 76.
41
Vgl. IFAC (2007), Tz. 13.

14
die Verhinderung und Aufdeckung von Verstößen ausgerichtet ist
42
.
Desweiteren ist von der Unternehmensleitung sicherzustellen, dass die
Geschäfte des Unternehmens auch in Übereinstimmung mit den
einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Normen durchgeführt werden.
Das Aufsichtsorgan selbst ist verantwortlich für die Überwachung der
Unternehmensleitung
43
. Dies umfasst dabei nicht nur die Kontrolle über
die Rechnungslegung
44
, sondern auch die Wirksamkeit des von der
Unternehmensleitung eingerichteten Risikomanagement- und Internen
Kontrollsystems
45
.
Letztlich zeichnet das Aufsichtsorgan auch für die Aufdeckung von
Verstößen
der
Unternehmensleitung
verantwortlich
(sog.
Top-
Management-Fraud
46
). Dem Top-Management ist es aufgrund seiner
Position im Unternehmen zum einen möglich, die internen Kontrollen zu
umgehen bzw. außer Kraft zu setzen, zum anderen werden Argumente
des Top-Managements aufgrund der besonderen Vertrauensstellung
kaum angezweifelt bzw. kritisch hinterfragt
47
.
In diesem Zusammenhang ist der direkte Wechsel von der
Unternehmensführung in das Aufsichtsorgan, wie er in Deutschland des
öfteren
praktiziert
wird,
kritisch
zu
beurteilen:
Ein
früherer
42
Vgl. IFAC (2007), Tz. 16.
43
Vgl. § 111 AktG.
44
Vgl. § 171 AktG.
45
Vgl. SCHEFFLER; E. (2005), S. 480 f.
46
Vgl. SCHINDLER, J. / GÄRTNER, M. (2004), S. 1236; SCHRUFF, W. (2003),
S. 901.
47
Vgl. KADUK, M. (2007), S. 27.

15
Unternehmensführer wird, sofern er entsprechende Verstöße begangen
und vertuscht hat, in seiner späteren Funktion als Mitglied des
Aufsichtsorgans versuchen, diese Verstöße nicht aufzudecken bzw.
aufdecken zu lassen. Da jedoch eine gezielte Rückführung von
einzelnen Kontrollmaßnahmen mangels Begründung nicht möglich sein
wird, kann dies nur durch eine generelle Schwächung des internen
Kontrollsystems vonstatten gehen, wodurch wiederum weitere, von
Dritten begangene Verstöße ebenfalls unentdeckt bleiben und das
gesamte Unternehmen dadurch weiteren Schaden trägt
48
.
Um solche direkte Wechsel zukünftig zu vermeiden, wurde von der
Bundesregierung 2002 ein Kodex (sog. Corporate Governance Codex)
entwickelt
49
, der zwar keine gesetzliche Bindungswirkung besitzt, jedoch
eine über die reine Signalwirkung hinausgehende Empfehlung an
Unternehmen
darstellt,
da
zumindest
börsennotierte
Aktiengesellschaften jährlich angeben müssen, inwiefern sie von den
Empfehlungen des Kodex abgewichen sind
50
.
Der Abschlussprüfer hingegen kontrolliert, ob die für die Erstellung des
Abschlusses einschlägigen gesetzlichen Normen sowie ggf. ergänzende
Bestimmungen aus weiteren Quellen (z.B. Gesellschaftsvertrag oder
Satzung)
eingehalten
werden
51
.
Neben
dieser
Kontroll-
und
Beglaubigungsfunktion nimmt der Abschlussprüfer im Rahmen der
48
Vgl. hierzu den Wechsel Dr. Heinrich von Pierer, der von 1992 bis 2005
Vorstandsvorsitzender der Siemens AG war, und im Januar 2005 unmittelbar
vom Vorstand in den Aufsichtsrat wechselte; SIEMENS (2007).
49
Vgl. GROSS, G. (2005), S. 110.
50
Vgl. HEMPEL, J./WIEMKEN, F. (2006), S 73 ff.
51
Vgl. WESTERBURG, J. (2002), S. 40 f.

16
Prüfung
auch
eine
Informationsfunktion
ein,
indem
er
dem
Aufsichtsorgan über die bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse
informiert
52
.
Durch die Neufassung des § 317 Abs. 1 Satz 3 HGB im Rahmen des
KonTraG
53
wurde für den Abschlussprüfer das Prüfungsziel innerhalb
der Abschlussprüfung erweitert: gegenüber der entsprechenden
Gesetzesfassung vor dem KonTraG kann der Abschlussprüfer nun nicht
mehr nur vor bereits offensichtlichen Unrichtigkeiten die Augen
verschließen, sondern er muss die Prüfung entsprechend darauf
ausrichten, dass er solche erkennen kann
54
. Neben diversen
Änderungen
wurde
der
Abschlussprüfer
bei
börsennotierten
Gesellschaften verpflichtet
55
, die Einrichtung und Tauglichkeit eines
Überwachungssystem zu überprüfen. Zwar fand bereits vor der
Gesetzesänderung eine Prüfung des auf die Überwachung der
Rechnungslegung orientierten Internen Kontrollsystems statt, durch
welches mittels Fehler innerhalb von internen Kontrollen auf etwaige
Mängel in der Buchhaltung Rückschlüsse gezogen werden konnten
56
.
52
Vgl. WESTERBURG, J. (2002), S. 42 f.
53
Das ,,Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich" (kurz
KonTraG) wurde 1998 von der Bundesregierung erlassen. Ziel des Gesetzes ist
dabei die Verbesserung des Corporate Governance innerhalb der Unternehmen.
U.a. wurde mit dem KonTraG die Haftung von Geschäftsführung, Aufsichtsorgan
sowie Abschlussprüfer erweitert. Kern des Gesetztes stellt die Pflicht zur
Einführung eines Risikofrüherkennungssystems sowie Aussagen im Lagebericht
zum Risiko des Unternehmens und zur Risikostruktur dar.
54
Vgl. WESTERBURG, J. (2002), S. 286.
55
Vgl. § 91 Abs. 2 AktG.
56
Vgl. WESTERBURG, J. (2002), S. 288 f.

17
Das durch den § 91 Abs. 2 AktG
57
geforderte Überwachungssystem
greift nunmehr jedoch in allen Unternehmensbereichen; hierzu muss der
Abschlussprüfer ein Urteil darüber abgeben, ob ein entsprechendes
System bzw. entsprechende Maßnahmen getroffen wurden, ob diese
geeignet sind und ob diese wirksam ausgeführt wurden
58
. Gegenüber
dem ursprünglichen Aufgabenbereich wurde somit der Prüfungsbereich
erheblich erweitert; trotzdem ist es nach wie vor nicht die Aufgabe des
Abschlussprüfers, mittels einer Geschäftsführungsprüfung über die
Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zu urteilen, sondern mittels einer
Systemprüfung die oben genannten Prüfungen vorzunehmen
59
.
2.4 Gesetzliche Normen und berufsständische Verlautbarungen
2.4.1
IDW PS 210
Die Vorschriften zur Rechnungslegung und Prüfung des HGB werden
insbesondere durch die berufsständischen Prüfungsstandards (IDW PS)
und Prüfungshinweise (IDW PH) ergänzt. Diese berufsständischen
Normen sind vom Abschlussprüfer bei der Durchführung seiner Arbeit
auch stets einzuhalten
60
. Dabei sind für den Themenbereich der
Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten insbesondere der PS 210 "Zur
Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung"
57
Vgl. AktG (2007).
58
Vgl. HEMPEL, J./WIEMKEN, F. (2006), S. 74 ff.
59
Vgl. WESTERBURG, J. (2002), S. 289.
60
Vgl. IDW (2006a), S. 2471 ff.

18
sowie für die Prüfung des IKS der PS 260 "Das interne Kontrollsystem
im Rahmen der Abschlussprüfung" einschlägig.
Die
Entwicklung
des
einschlägigen
Prüfungsstandards
vom
Fachgutachten 1/1988
61
über die Stellungnahme HFA 7/1997
62
hin zum
IDW PS 210 zeigt, dass sich die Haltung des Berufsstandes in Bezug
auf eine Aufdeckung von Verstößen verändert hat. So wurde im
Fachgutachten 1/1988 noch vom "Wesen der Abschlussprüfung
innewohnenden Nicht-Aufdeckung"
63
gesprochen, in der Stellungnahme
HFA 7/1997 jedoch bereits die Anforderungen an die Prüfungsplanung
und ­durchführung unter einer ausdrücklichen Berücksichtigung des
Risikos wesentlicher falscher Angaben im Abschluss konkretisiert. Die
aktuelle Fassung des IDW PS 210 betont, dass es auch bei
ordnungsgemäßer Durchführung der Prüfung ein unvermeidbares, und
daher vom Abschlussprüfer nicht zu vertretendes Risiko der
Nichtaufdeckung wesentlicher falscher Angaben im Abschluss gibt
64
.
Kennzeichnend für die Grundhaltung des Abschlussprüfers gemäß den
Prüfungsstandards des IDW ist, dass von der Integrität und Ehrlichkeit
des Managements auszugehen ist, solange keine gegenteiligen
Umstände oder Sachverhalte bekannt werden
65
. Dabei ist die
Abschlussprüfung so auszurichten, dass über den risikoorientierten
Prüfungsansatz zum einen über Systemprüfungen die Funktionsfähigkeit
des IKS, zum anderen über Prüfungshandlungen in Form von
61
Vgl. IDW (1989), S. 9 ff.
62
Vgl. IDW (1998), S. 29 ff.
63
Vgl. IDW (1989), S. 9 ff.
64
Vgl. SCHRUFF, W. (2003), S. 904.
65
Vgl. TERLINDE, C. (2003), S. 132.

19
Stichproben analytische Prüfungshandlungen vorgenommen werden, um
mit hinreichender Sicherheit beurteilen zu können, dass der Abschluss
keine wesentlichen falschen Aussagen enthält
66
.
Die Abschlussprüfung ist nicht gezielt zur Aufdeckung von Fraud
ausgelegt, da dies ein besonderes Misstrauen sowie eine vollständige
anstatt
einer
stichprobenartigen
Prüfung
der
betreffenden
Geschäftsvorfälle erfordert. Der Prüfungsstandard führt hier-zu jedoch
explizit aus, dass vom Abschlussprüfer bei bekannt gewordenen
Verstößen und Unrichtigkeiten festzustellen ist, auf welchen Ursachen
diese zurückgehen, um mögliche Einflüsse auf die Prüfungsstrategie
abschätzen zu können
67
.
2.4.2
ISA 240
Neben den beiden Berufsorganisationen für Wirtschaftsprüfer in
Deutschland, der Wirtschaftsprüferkammer und dem IDW, gibt es auch
international tätige Organisationen und Verbände. Die speziell für
Prüfungsgrundsätze
zuständige
internationale
Organisation,
die
International Federation of Accountants (IFAC), erarbeitet hierbei
innerhalb einer Untergruppierung des IFAC, dem sog. International
Auditing
and
Assurance
Standards
Board
(IAASB),
ebenfalls
entsprechende Verlautbarungen. Diese vom IAASB erlassenen
internationalen Prüfungsstandards (kurz ISA) werden anschließend von
den einzelnen Mitgliedsorganisationen in jeweils geltendes, nationales
Recht umgesetzt
68
. Für einen deutschen Wirtschaftsprüfer waren somit
66
Vgl. ,SOLFRIAN, G. / WILLEKE, C. (2002), S. 1111.
67
Vgl. SCHRUFF, W. (2003), S. 904.
68
Vgl. LANGENBUCHER, G./BLAUM, U. (2004), S. 373 f.

20
neben dem HGB die nationalen Prüfungsstandards (IDW PS) und
Prüfungshinweise
(IDW
PH)
verbindlich.
Die
internationalen
Prüfungsstandards waren bisher hingegen allenfalls ergänzend
anzuwenden, sofern ein entsprechender Sachverhalt nicht oder noch
nicht in nationales Recht umgesetzt wurde
69
.
Im Rahmen der 5. Neufassung der 8. EU-Richtlinie
70
, welche am
25.04.2006 verabschiedet wurde und am 29.06.2006 in Kraft getreten
ist, erhalten die ISA jedoch verpflichtenden Charakter, sobald diese EU-
Richtlinie bis spätestens Juni 2008 in geltendes nationales Recht
umgesetzt ist. Damit ist eine Umsetzung der bisherigen internationalen
ISA-Normen in nationale Prüfungsstandards ab diesen Zeitpunkt nicht
mehr notwendig.
Gegenüber dem IDW PS 210 umfasst der ISA 240 sehr ausführliche und
konkretisierte Erläuterungen zur Vorgehensweise des Abschlussprüfers
bei Verstößen und zeigt dies anhand detaillierter Beschreibung von
Prüfungshandlungen auf.
71
Beide Prüfungsnormen schreiben zwar eine
Verpflichtung zur Befragung der gesetzlichen Vertreter und ggf. weiterer
Führungskräfte über Verstöße vor. Jedoch dienen solche Befragungen
vorrangig der Aufdeckung von Verstößen von Mitarbeitern, und sind
daher für die Aufdeckung von Verstößen von Führungskräften wenig
hilfreich
72
.
69
Vgl. GROSS, G. (2005), S. 106.
70
Vgl. GCPAS (2006).
71
Vgl. SCHINDLER, J. / GÄRTNER, M. (2004), S. 1240 f.
72
Vgl. SCHINDLER, J. / GÄRTNER, M. (2004), S. 1240 f.

21
Daher fordert zumindest der ISA 240 auch eine Befragung von weiteren
geeigneten Mitarbeitern, um deren mögliche Kenntnisse über
bestehende oder vermutete Verstöße im Unternehmen festzustellen
73
.
Mögliche geeignete Mitarbeiter hierzu hierfür wären z.B. Mitarbeiter der
Rechtsabteilung oder der Internen Revision
74
.
Zusätzlich fordert ISA 240 auch eine Befragung des Aufsichtsorgans, da
dieses für die Überwachung der Risikomanagementsystems sowie des
Internen Kontrollsystems zuständig ist. Andererseits stellt das
Aufsichtsorgan letztlich auch die Kontrolle der Geschäftsführung dar, da
jede Ebene des Unternehmens zwar von der nächsthöheren
Hierarchieebene kontrolliert wird, die direkte Hierarchiestruktur jedoch
bei der Geschäftsführung endet, und indirekt der Aufsichtsrat somit die
Kontrolle der Geschäftsführung übernimmt
75
.
2.4.3
SAS 99
Für die Abschlussprüfung von US-amerikanischen Unternehmen
existieren neben den oben dargestellten internationalen Rechnungs-
legungsstandards (ISA) entsprechende nationale Prüfungsstandards, die
sog. Statements on Auditing Standards (SAS)
76
.
Das amerikanische System der Prüfungsgrundsätze ist dreigegliedert
und besteht aus den Generally Auditing Standards (GAAS), den
Statements
on
Auditing
Standards
(SAS)
und
den
Auditing
73
Vgl. IFAC (2007), Tz. 38.
74
Vgl. IFAC (2007), Tz. 41.
75
Vgl. SCHRUFF, W. (2003), S. 901 ff.
76
Vgl. SELL, K. (1999), S. 68.

22
Interpretations (AUI). Dabei diente dieses System in seiner Struktur als
Vorlage für die zeitlich später geschaffenen ISA
77
. Entsprechend werden
in den einzelnen SAS gezielt abgegrenzte Prüfungsgebiete behandelt,
wobei der Umfang und die Detailtiefe der einzelnen Standards der SAS
größer als bei den entsprechenden IAS sind.
Die
GAAS
sind
den
SAS
übergeordnet
und
müssen
von
Abschlussprüfern zwingend beachtet werden. Die einzelnen SAS
werden dabei als Interpretation der GAAS angesehen. Die zusätzlich
existierenden AUI haben dagegen keine Bindungswirkung, sondern
diesen als Hilfestellung und Interpretationshilfe für die SAS
78
.
Im Vergleich mit deutschen und internationalen Prüfungsstandards sind
die US-amerikanischen Standards erheblich umfangreicher und
detaillierter. Allerdings ist es nicht möglich, sämtliche Aspekte einer
Abschlussprüfung
dort
zu
regeln,
sodass
trotzdem
die
Eigenverantwortlichkeit eines Abschlussprüfers gefordert und notwendig
ist.
Der SAS 99
79
mit der Bezeichnung "Consideration of Fraud in a
Financial Statement Audit" befasst sich hierbei im speziellen mit
Unregelmäßigkeiten. Entgegen der deutschen und internationalen
Prüfungsnormen wird hier dem Abschlussprüfer jedoch empfohlen, sich
von
den
bisherigen
Erfahrungen
aus
dem
spezifischen
Mandatsverhältnis zu lösen und nicht mehr von der Integrität und
Ehrlichkeit des Managements auszugehen. Die Möglichkeit von
77
Vgl. SELL, K. (1999), S. 69.
78
Vgl. SCHINDLER, J. / GÄRTNER, M. (2004), S. 1233 f.
79
Vgl. AICPA (Hrsg.) (2002).

23
Unregelmäßigkeiten (Fraud) soll somit regelmäßig im Verlauf der
Prüfung beachtet werden. Zwar wird durch die geforderte kritische
Grundhaltung nicht grundsätzlich vom Misstrauen ausgegangen,
allerdings wird dadurch der Abschlussprüfer auf die Problematik von
Unregelmäßigkeiten sensibilisiert und hingewiesen
80
.
In der Literatur wird mittelfristig im Rahmen einer Weiterentwicklung der
Prüfungsstandards von einer Anpassung von ISA 240 und dem IDW PS
210 an SAS 99 ausgegangen
81
. Zwar wird eine Verpflichtung innerhalb
von Prüfungsstandards zu einer Aufdeckung von ggf. vorhandenen Top-
Management-Fraud nicht erwartet, da dies nicht mit dem Ziel einer
Abschlussprüfung in Form von Prüfungs-aussagen unter Beachtung der
Wirtschaftlichkeit
vereinbar
ist.
Allerdings
wird
der
bisherige
Prüfungsansatz um eine explizite Beurteilung des Risikos von Top-
Management-Fraud ergänzt werden müssen
82
.
2.5
Wesentlichkeit und Prüfungsrisiko
Die Prüfung des Abschlusses ist gemäß § 317 Abs. 1 Satz 3 HGB so
anzulegen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf das Bild der
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wesentlich auswirken, bei
gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden
83
. Jedoch wird weder in
anderen Absätzen dieses Gesetzesparagraphen noch in anderen
Paragraphen die Definition der "Wesentlichkeit" vorgenommen. Eine
80
Vgl. SCHINDLER, J. / GÄRTNER, M. (2004), S. 1234 f.
81
Vgl. FÖRSCHLE, G. (2004), S. 788 f.; ELLROTT, H. / FÖRSCHLE, G. /
HOYES, M. / WINKELJOHANN, N. (2006), S. 1836-1838.
82
Vgl. SCHRUFF, W. (2005), S. 207 ff.;
83
Vgl. § 317 Abs. 1 Satz 3 HGB.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836636230
DOI
10.3239/9783836636230
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2009 (September)
Note
1,3
Schlagworte
fraud unterschlagung abschluss wirtschaftsprüfung idea
Zurück

Titel: Möglichkeiten und Grenzen der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
146 Seiten
Cookie-Einstellungen