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Elektronische Patientenakten: Stärkung der Patientenrechte oder Technisierung der Gesundheit?

©2008 Bachelorarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Unser Gesundheitssystem krankt, so heißt es von Seiten zahlreicher Experten. Auch am Bürger dürfte diese Erkenntnis nicht vorbeigegangen sein, spätestens wenn er zum Leidenden, also zum Patienten, wird, der sich im Versorgungssystem zurechtfinden muss.
Die Probleme im Gesundheitswesen hängen mit unterschiedlichen Entwicklungen zusammen. Eine entscheidende ist der demographische Wandel. In unserer Gesellschaft übersteigt die Sterberate seit den 1970er Jahren die Geburtenziffer. Eine Umkehrung dieses Prozesses ist momentan nicht in Sicht. Die gleichzeitig gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung führt dazu, dass sowohl die jüngeren als auch die älteren Generationen länger leben und somit länger in den sozialen Sicherungssystemen verbleiben.
Hinzu kommt, dass sich seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts das Krankheitsspektrum in der Bevölkerung von den Infektionskrankheiten hin zu chronisch-degenerativen Erkrankungen und Todesursachen verschoben hat. In den nächsten Jahren muss mit einer Zunahme von häufiger im Alter vorkommenden Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Demenz und Osteoporose, gerechnet werden. Für das Gesundheitssystem bedeutet das höhere Ausgaben für die Krankheits- und Gesundheitsversorgung und strukturelle Veränderungen. In jedem Fall werden Auswirkungen auf und Belastungen von Kapazitäten in Krankenhäusern und Arztpraxen erwartet. Die Anzahl der pflegebedürftigen Personen in Deutschland wird sich laut Statistischem Bundesamt von 2005 ausgehend bis 2050 nahezu verdoppeln.
Neben den steigenden Ausgaben in der Zukunft sind auch der Rückgang der Erwerbsarbeit und damit verbundene geringere Einnahmen ein weiteres finanzielles Problem. Seit den 1970er Jahren ist eine rückläufige Lohnquote zu verzeichnen.
Weitere Veränderungen, wie die zunehmende soziale Ungleichheit und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Gesundheit sowie gewandelte Lebenskonzepte, mit meist kleineren Familien und späterer Familiengründung, werden in Zukunft das Gesundheitswesen zusätzlich herausfordern.
Die Entwicklungen bezüglich Gesellschaft und Gesundheit stellen neue Ansprüche an die Akteure in Politik, Krankenversorgung, Gesundheitsförderung bzw. Prävention sowie den Bürger. Die Rufe nach Kosteneffizienz und Einsparungen, aber auch nach einer besseren Versorgung, sind laut. Mit zahlreichen Gesundheitsreformen wird ebenfalls seit den 1970er Jahren versucht, die ‘Krankheit’ des Systems […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sonja Lütkehaus
Elektronische Patientenakten: Stärkung der Patientenrechte oder Technisierung der
Gesundheit?
ISBN: 978-3-8366-3620-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), Magdeburg, Deutschland, Bachelorarbeit,
2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

I
1
,,Das Gefährlichste an der Technik ist, dass sie ablenkt von dem,
was den Menschen wirklich ausmacht, von dem,
was er wirklich braucht."
Elias Canetti (1905-94), Schriftsteller und Nobelpreisträger
1
Bildnachweis: Bildagentur SXC (2008). Verfügbar unter: http://www.sxc.hu [14.07.2008, 21:00 h],
verändert durch Nachbearbeitung.

II
Inhaltsverzeichnis
1. Technik und Gesundheit - Chance oder Gefahr für den Patienten
und seine Rechte? ... 1
2. Die Elektronische Patientenakte ... 5
2.1 Begriffsdefinitionen ... 5
2.2 Inhalte der EPA ­ was wird gespeichert?...11
2.3 Voraussetzungen und Anforderungen für den Einsatz der EPA ...13
2.4 Angestrebte Ziele und Nutzen der flächendeckende
Implementierung von elektronischen Patientenakten...17
3. Patientenrechte und elektronische Patientenakten: gesetzliche
Grundlagen ... 20
3.1 Ausgangslage...20
3.2 Regelungen auf europäischer Ebene...20
3.3 Regelungen auf nationaler Ebene...23
3.4 Patientenrechte im Überblick ...29
4. Auswirkungen der EPA: Nutzen und Risiken für den Patienten
unter ethisch-rechtlichen Gesichtspunkten ... 32
4.1 Selbstbestimmung ­ Mitbestimmung ­ Eigenverantwortung:
Der Patient und seine Möglichkeiten und Grenzen ...32
4.1.1 Forderungen und Hintergründe für mehr Selbstbestimmung
und Eigenverantwortung ...32
4.1.2 Voraussetzungen zur Nutzung und Folgen von
Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts im
Zusammenhang mit der EPA...34
4.1.3 Die Position des Patienten ...38
4.2 Sichere Gesundheitsdaten oder gläserner Patient?...39
4.3 Auswirkungen der elektronischen Patientenakte auf die Beziehung
zwischen Arzt und Patient...45
4.3.1 Die klassische Arzt-Patienten-Beziehung ...45

III
4.3.2 Der Wandel der Arzt-Patienten-Beziehung unter Einfluss
der EPA ...47
4.3.2.1 Nutzen für den Patienten ...47
4.3.2.2 Risiken für den Patienten...49
4.3.3 Zusammenfassende Beurteilung der Auswirkungen auf das
Arzt-Patienten-Verhältnis ...51
5. Patient und EPA: Risiken beachten, Kompetenzen der
Patienten stärken... 53
Abkürzungsverzeichnis ... 57
Literaturverzeichnis... 59
Verzeichnis der verwendeten Rechtsquellen... 69
Regelements und Richtlinien der Europäischen Union ...69
Verträge und Empfehlungen des Europarates...69
Gesetzliche Grundlagen in Deutschland...70
Urteile in Deutschland ...71
Sonstige Regelwerke...71

1
1. Technik und Gesundheit - Chance oder Gefahr für den
Patienten und seine Rechte?
Unser Gesundheitssystem krankt, so heißt es von Seiten zahlreicher Experten.
2
Auch am Bürger dürfte diese Erkenntnis nicht vorbeigegangen sein, spätestens
wenn er zum Leidenden, also zum Patienten
3
, wird, der sich im Versorgungssystem
zurechtfinden muss.
Die Probleme im Gesundheitswesen hängen mit unterschiedlichen Entwicklungen
zusammen. Eine entscheidende ist der demographische Wandel. In unserer Gesell-
schaft übersteigt die Sterberate seit den 1970er Jahren die Geburtenziffer. Eine
Umkehrung dieses Prozesses ist momentan nicht in Sicht.
4
Die gleichzeitig gestie-
gene durchschnittliche Lebenserwartung führt dazu, dass sowohl die jüngeren als
auch die älteren Generationen länger leben
5
und somit länger in den sozialen Siche-
rungssystemen verbleiben.
6
Hinzu kommt, dass sich seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts das
Krankheitsspektrum in der Bevölkerung von den Infektionskrankheiten hin zu chro-
nisch-degenerativen Erkrankungen und Todesursachen verschoben hat.
7
In den
nächsten Jahren muss mit einer Zunahme von häufiger im Alter vorkommenden
Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Demenz und
Osteoporose, gerechnet werden.
8
Für das Gesundheitssystem bedeutet das höhere
Ausgaben für die Krankheits- und Gesundheitsversorgung und strukturelle Verände-
rungen.
9
In jedem Fall werden Auswirkungen auf und Belastungen von Kapazitäten
in Krankenhäusern
10
und Arztpraxen erwartet. Die Anzahl der pflegebedürftigen
Personen in Deutschland wird sich laut Statistischem Bundesamt von 2005 ausge-
hend bis 2050 nahezu verdoppeln.
11
2
Im folgenden Text wird wegen der besseren Lesbarkeit zumeist die männliche Schreibweise (z. B. Pati-
ent) benutzt, gemeint sind jedoch immer Frauen und Männer.
3
Der Begriff Patient leitet sich ab vom lateinischen Wort ,,patiens", was so viel bedeutet wie ,,erleiden"
oder ,,erdulden". Vgl. Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus (2008), Internetquelle.
4
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Statistisches Bundesamt (2008), S. 5.
5
Vgl. Gerlinger & Rosenbrock (2006), S. 39.
6
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Statistisches Bundesamt (2008), S. 6.
7
Vgl. Gerlinger & Rosenbrock (2006), S. 39ff.
8
Vgl. Robert Koch-Institut (2006b), S. 19 und Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2008),
S. 12.
9
Vgl. Robert Koch-Institut (2006b), S. 187.
10
Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2008), S. 12f.
11
Vgl. ebenda, S. 24.

2
Neben den steigenden Ausgaben in der Zukunft sind auch der Rückgang der Er-
werbsarbeit und damit verbundene geringere Einnahmen ein weiteres finanzielles
Problem. Seit den 1970er Jahren ist eine rückläufige Lohnquote zu verzeichnen.
12
Weitere Veränderungen, wie die zunehmende soziale Ungleichheit und die damit
verbundenen Auswirkungen auf die Gesundheit sowie gewandelte Lebenskonzepte,
mit meist kleineren Familien und späterer Familiengründung, werden in Zukunft das
Gesundheitswesen zusätzlich herausfordern.
Die Entwicklungen bezüglich Gesellschaft und Gesundheit stellen neue Ansprüche
an die Akteure in Politik, Krankenversorgung, Gesundheitsförderung bzw. Präventi-
on sowie den Bürger. Die Rufe nach Kosteneffizienz und Einsparungen, aber auch
nach einer besseren Versorgung, sind laut. Mit zahlreichen Gesundheitsreformen
wird ebenfalls seit den 1970er Jahren versucht, die ,,Krankheit" des Systems zu
heilen. Dabei geht es in den Reformen meist um die Lösung finanzieller Schwierig-
keiten. Strukturelle Probleme werden nur unzureichend behoben und innovative,
z. B. präventive und gesundheitsförderliche, Ansätze spielen häufig nur eine Neben-
rolle.
Im Zusammenhang mit der Förderung des Wettbewerbs bei Leistungserbringern
und Krankenkassen zur Kosteneinsparung ist das Thema Qualitätssicherung in der
Patientenversorgung von hoher Bedeutung.
13
Ein weiteres Ziel der Umstrukturie-
rungen ist die Vernetzung von Leistungserbringern, speziell die Aufhebung von Bar-
rieren bei der Zusammenarbeit von ambulantem und stationärem Sektor. Integrier-
te Versorgung zu implementieren ist dabei immer wieder Gegenstand der Bemü-
hungen von Politik und Akteuren der Gesundheitsversorgung.
14
Nicht zuletzt soll der
mündige Bürger in die Prozesse innerhalb des Gesundheitswesens integriert werden
und mehr Eigenverantwortung für seine Gesundheit übernehmen.
15
Als ein Instrument der Optimierung des Gesundheitssystems, und damit der Patien-
tenversorgung, wird die Technisierung und Vernetzung von Abläufen, Prozessen
und Dokumentationsstrukturen angesehen.
16
Die elektronische Patientenakte (im
Weiteren EPA) spielt dabei eine Schlüsselrolle. Sie soll dazu beitragen, die Versor-
gung zu verbessern, die Qualität zu erhöhen und die Kosten zu senken. Wissen-
12
Vgl. Gerlinger & Rosenbrock (2006), S. 115.
13
Vgl. ebenda, S. 243f.
14
Vgl. ebenda, S. 252f.
15
Vgl. Ahrens (2004), S. 220 und Bundesministerium für Gesundheit (2008a), Internetquelle.
16
Vgl. Paland & Riepe (2005), S. 623.

3
schaft und Politik sehen die elektronische Patientenakte als wichtiges Instrument
für Umstrukturierungen und Verbesserungen im Gesundheitswesen an.
17
Elektronische Patientenakten sind in vielen Gesundheitseinrichtungen bereits im
Einsatz, zu unterschiedlichen Zwecken und in unterschiedlicher Ausprägung. Im
Zuge der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die seit 2004 von der
Politik forciert wird, deren Einführung bislang aber immer wieder verschoben wur-
de, wird es einen freiwilligen Teil geben, der eine elektronische Patientenakte bein-
haltet. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hält dazu fest, dass die Wirk-
samkeit dieser elektronischen Patientenakte auf die Qualität der Versorgung stark
von der eigenverantwortlichen Nutzung durch den Patienten abhängt, dem die Ent-
scheidungsbefugnis für Zugriffs- und Einsichtsrechte alleinig übertragen werden
soll.
18
Aus dieser Äußerung wird ersichtlich, dass der Patient zunehmend zum eigenver-
antwortlichen Handeln motiviert werden soll indem er Alternativen bewertet, Ent-
scheidungen trifft und sein Selbstbestimmungsrecht ausgiebig nutzt
19
. In wie weit
er dazu in der Lage sein kann und will, bleibt in der öffentlichen Diskussion häufig
unbeachtet. Man versucht durch die Übertragung von Verantwortung strukturelle
Probleme des Gesundheitswesens zu lösen und deklariert dies häufig als uneinge-
schränkten Vorteil und Stärkung der individuellen Patientenrechte.
Die vorliegende Arbeit betrachtet diese Forderung nach Eigenverantwortung im
Kontext des Selbstbestimmungsrechts bzw. des informationellen Selbstbestim-
mungsrechts, wenn es um personenbezogene Daten des Patienten geht. Es erfolgt
eine kritische Darstellung von Nutzen und Risiken der EPA für den Patienten im Zu-
sammenhang mit politischen Zielen. Dabei finden rechtliche und moralisch-ethische
Gesichtspunkte besondere Berücksichtigung.
Bei der Auseinandersetzung mit der Thematik sind in diesem Zusammenhang eine
Reihe von Fragen zu stellen: Sind die Patientenrechte für den Umgang mit elektro-
nischen Patientenakten ausreichend und angemessen? Hat der Patient genügend
Kompetenzen, um die EPA zu seinem Vorteil zu nutzen? Oder besteht die Gefahr,
dass die EPA die meisten Patienten überfordert oder sie gar kein Interesse an ihren
Gesundheitsdaten haben? Welche Risiken entstehen daraus für den Patienten und
seine Rechte? Wie kann diesen Risiken entgegengewirkt werden und welche In-
17
Vgl. Stausberg & Uslu (2006), S. 1.
18
Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2007a), S. 29.
19
Vgl. Menzel (2006), S. 148ff.

4
strumente sind dazu notwendig? Führt die EPA zu einer Stärkung der Patienten-
rechte, wie häufig versprochen wird?
Die Arbeit versucht oben stehende Fragen anhand des heutigen Standes der Litera-
tur zu beantworten und greift dazu Konflikte zwischen der ,,Technisierung von Ge-
sundheit" und Patientenrechten auf. Dabei steht die Position des Patienten uneinge-
schränkt im Vordergrund. Von einer Bewertung, ob die EPA die Versorgung tatsäch-
lich verbessert, wird in den Ausführungen weitgehend abgesehen.
Um ein einheitliches Verständnis der Elektronische Patientenakte zu schaffen, wer-
den zunächst der Begriff der EPA definiert sowie Inhalte, Voraussetzungen und an-
gestrebte Ziele erläutert (Kapitel 2). In Kapitel 3 folgt eine umfassende Darstellung
der grundlegenden Rechtslage in Bezug auf die EPA und die Patientenrechte auf
europäischer und nationaler Ebene. Darauf aufbauend werden in Kapitel 4 die un-
terschiedlichen rechtlichen und ethischen Auswirkungen der EPA auf die Selbstbe-
stimmung im Kontext der geforderten Eigenverantwortung, auf den Datenschutz
und auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient als essentieller Bestandteil der
Versorgung diskutiert. Der Schlussteil (Kapitel 5) liefert abschließend einen zu-
sammenfassenden Überblick über die Diskussion und stellt noch einmal heraus,
dass wichtige Grundvoraussetzungen für die Stärkung von Patientenrechten in Ver-
bindung mit der EPA zu beachten sind und Technik aufgrund der hohen Individuali-
tät von Gesundheit und Krankheit nicht als Generallösung für Probleme im Gesund-
heitswesen betrachtet werden kann.

5
2. Die Elektronische Patientenakte
2.1 Begriffsdefinitionen
Der Begriff Elektronische Patientenakte wird in der Literatur auf unterschiedliche
Weise definiert. Weiterhin gibt es verschiedene Bezeichnungen für Inhalte und Sze-
narien elektronischer Dokumentationen, die gleiche oder ähnliche Ziele verfolgen.
Haas bezeichnet diese Tatsache als ,,verwirrende Begriffsvielfalt".
20
Er stellt heraus,
dass es eine Fülle an Begriffen und Definitionen für die Elektronische Patientenakte
gibt, die häufig synonym genutzt werden. Beispiele dafür sind im deutschsprachi-
gen Raum die Elektronische Fallakte, die Elektronische Krankenakte (EKA), die
elektronische Karteikarte und die Elektronische Gesundheitsakte (EGA). Im interna-
tionalen Zusammenhang werden für die EPA Bezeichnungen wie Electronic Health
Record (EHR), Computer-Based Patient Record (CPR), Computerized Medical Record
(CMR) und andere genutzt.
21
Weit verbreitet ist das 5-Stufen-Modell nach Waegemann
22
vom Medical Record
Institute, welches die Entwicklungsebenen von der einrichtungsbezogenen, compu-
terunterstützten, noch papiergebundenen Dokumentation von Patientendaten hin
zu einer gemeinschaftlich von Patient und Heilberufen moderierten, elektronischen
Dokumentation sämtlicher Krankheits- und Gesundheitsdaten beschreibt:
Automated Record: Die Krankenakten werden nach wie vor papiergebunden
genutzt und erfüllen vorwiegend administrative Aufgaben. Sie enthalten Pa-
tientenstammdaten, fallbezogenen Daten und Daten zur Leistungsabrech-
nung. Ca. 50 % der Dokumentation wird computergestützt erstellt, über
nicht zusammengeführte Softwareprogramme, z. B. zur Verschriftlichung
von Berichten.
Computerized Medical Record: Die Krankenakten werden nach wie vor pa-
piergebunden geführt, jedoch werden über ein zentrales System sämtliche
Dokumentationen elektronisch, mittels Einscannen der Papierdokumente,
zusammengefasst und dem Patienten zugeordnet.
Electronical Medical Record: Auf dieser Stufe erfolgt eine, wie in den voran-
gehenden Stufen, einrichtungsbezogene Dokumentation von Patientendaten,
mit dem Unterschied, dass die Daten ausschließlich EDV-gestützt erfasst
20
Vgl. Haas (2006), S. 434.
21
Vgl. ebenda, S. 434f.
22
Für die nachfolgenden Ausführungen zum Fünf-Stufen-Modell vgl. Waegemann nach Haas (2005b),
S. 192ff., Haas (2006), S. 436 und Kolpatzik (2005), S. 28.

6
werden. Über ein IT-System sind gezielte Zugriffe und Auswertungen mög-
lich.
Electronic Patient Record: Die einrichtungsbezogene elektronische Doku-
mentation wird mit weiteren Institutionen verbunden. Die IT-Systeme, z. B.
von Krankenhäusern und Ärzten aus dem ambulanten Sektor, werden mit-
einander verbunden, so dass eine einrichtungsübergreifende Patientenakte
von den Beteiligten geführt werden kann. In dieser Stufe geht es, wie auch
in den Stufen eins bis drei, vorwiegend um die krankheitsrelevanten Daten
einer Person.
Electronic Health Record: Darunter wird die über die krankheitsbezogenen
Daten hinausgehende Dokumentation eines Patienten verstanden. Der Pati-
ent ist selbst in der Lage, Eintragungen in der Akte vorzunehmen und In-
formationen zur eigenen Gesundheit, wie z. B. Ernährungs- oder Sportge-
wohnheiten, aufzunehmen. Das System ist grundsätzlich, wie in Stufe vier,
einrichtungsübergreifend ausgelegt. Im Idealfall werden die Patientendaten
lebenslang geführt und gespeichert. Dem Patienten wird Zugriff auf seine
Daten und deren Bearbeitung ermöglicht.
In den letzten beiden Stufen rückt der Patient zunehmend in den Mittelpunkt. Die
erfassten Daten gehen über die gesetzliche Dokumentationspflicht hinaus und der
Patient hat die Möglichkeit eingebunden zu werden.
23
Bei der weiteren Betrachtung
und Definition zur elektronischen Patientenakte werden daher vor allem die letzten
beiden Stufen von Bedeutung sein.
Unabhängig von dem 5-Stufen-Modell nach Waegemann stellt Haas zunächst als
Oberbegriff für unterschiedliche Aktentypen eine allgemeine Definition für elektroni-
sche Krankenakten auf:
,,Eine elektronische Krankenakte ist die teilweise oder vollständig auf elektronischen (digita-
len) Speichermedien und nach definierten Ordnungskriterien abgelegte Sammlung der medi-
zinischen Informationen zu einem Patienten sowie eine zugehörige Interaktions- und Präsen-
tationskomponente zum Navigieren in und Arbeiten mit der Akte."
24
Weiterhin differenziert er die bereits oben erwähnten Arten von Akten: Fallakten,
Patientenakten, Gesundheitsakten und die noch nicht genannten Registerakten.
23
Vgl. Kolpatzik (2005), S. 28.
24
Zitat nach Haas (2005b), S. 199.

7
Diese werden wie folgt definiert:
Unter einer elektronischen Fallakte ist eine Behandlungsdokumentation zu
verstehen, die sich auf einen konkreten Zeitraum bezieht oder sich an einer
bestimmten Erkrankung orientiert.
25
Die elektronische Patientenakte enthält alle medizinischen Daten und Be-
handlungsdokumentationen zu einem Patienten. Sie beinhaltet somit alle
Fallakten eines Patienten.
26
EPA können nach den unten genannten Eintei-
lungskriterien weiter differenziert werden.
Unter elektronischen Gesundheitsakten (EGA) versteht man eine Dokumen-
tation aus medizinischen und gesundheitsbezogenen Aufzeichnungen der
Leistungserbringer und des Patienten. Dieser moderiert eine solche Akte,
welche meist auf einer Web-Anwendung basiert und zugänglich ist. Der Pati-
ent allein verfügt über die EGA und kann eigenständig Daten hinzufügen,
z. B. zu Ernährungsgewohnheiten, Sport oder anderen gesundheits- oder
krankheitsrelevanten Gewohnheiten.
27
Bisher existieren elektronische Ge-
sundheitsakten unabhängig von oder parallel zu elektronischen Patientenak-
ten, sie können aber auch an diese angekoppelt werden. Die Informationen
der EGA entstammen in der Regel der EPA. Sie werden vom Patienten ein-
gepflegt und mit zusätzlichen Informationen versehen.
28
Die Registerakten enthalten meist Teildokumentationen der Fall- oder Pati-
entenakten. Sie dienen Forschungszwecken und enthalten die Informationen
eines Patienten zu einem Krankheitsbild, die für das Register relevant ist.
Meist werden die Daten pseudonymisiert ausgewertet und betreffen den
konkreten Behandlungsverlauf nicht.
29
Haas gibt zu bedenken, dass die unterschiedlichen Aspekte Gegenstandsbereich,
Verwendungszweck, Implementierungsumfang, Krankheitsbezug und Moderation
bei der Begriffsbestimmung und Einteilung von elektronischen Patientenakten von
Bedeutung sind.
30
25
Vgl. Haas (2005b), S. 201.
26
Vgl. ebenda, S. 201.
27
Vgl. Warda (2005), S. 15.
28
Vgl. Haas (2005b), S. 189.
29
Vgl. Haas (2005b), S. 201 und Haas (2006), S. 514.
30
Für die nachfolgenden Ausführungen zu Aspekten der Begriffsbestimmung vgl. Haas (2006), S. 436ff.
und Haas (2005b), S. 195.

8
Betrachtet man das Kriterium Gegenstandsbereich, so geht es dabei um die in der
EPA gespeicherten Informationen zum Behandlungsfall und zur Einrichtung:
Es ist eine Behandlungsdokumentation einer Einrichtung abgespeichert, was
einer elektronischen Fallakte entspricht.
Es sind alle Behandlungsfälle eines Patienten innerhalb einer Einrichtung in
der Akte zusammengefasst. Dies entspricht einer einrichtungsbezogenen e-
lektronischen Patientenakte.
Es erfolgt eine Dokumentation aller an der Behandlung des Patienten betei-
ligten Organisationen, also z. B. sowohl im ambulanten als auch im stationä-
ren Sektor, was als eine einrichtungsübergreifende elektronische Patienten-
akte bezeichnet werden kann.
Es werden die Behandlungsdokumentationen aller Einrichtungen abgespei-
chert und zusätzlich nicht-medizinische Daten vom Patienten hinzugefügt,
was als elektronische Gesundheitsakte definiert werden kann.
Unter dem Verwendungszweck versteht man die Inhalte der Patientenakte im je-
weiligen Zusammenhang zu Behandlung, administrativen Aufgaben und For-
schungszwecken:
Als primären Verwendungszusammenhang bezeichnet man die Nutzung der
Akte ausschließlich für die Patientenbehandlung.
Unter sekundärem Verwendungszusammenhang versteht man die Anwen-
dung zu administrativen, gesetzlich geregelten Zwecken wie Abrechnung
und Qualitätsmanagement.
Als tertiärer Verwendungszusammenhang wird die Nutzung der Akte für For-
schungszwecke und Epidemiologie bezeichnet.
Ähnlich wie bei Waegemann ist danach zu differenzieren, in welcher digitalen Form
und in welcher Struktur die Informationen in den Akten abgelegt sind. Dieses Krite-
rium wird als Implementierungsumfang bezeichnet:
In der Akte werden Daten zum Patienten und zum Behandlungsfall sowie
Hinweise auf Dokumentationen in Papierform hinterlegt.
Die Akte enthält alle relevanten Informationen zur Behandlung und den
Stammdaten des Patienten, meist jedoch als Scan der Papierunterlagen.
Hinter der Dokumentation steht ein Ordnungssystem. Es sind alle relevanten
Informationen strukturiert abgespeichert.

9
Krankheitsbezug: Bezieht sich die Behandlungsdokumentation nur auf eine be-
stimmte Erkrankung, kann von einer Akte mit Krankheitsbezug gesprochen werden.
Krankheitsübergreifende Akten hingegen beinhalten darüber hinausgehende Be-
handlungsfälle auch zu anderen Erkrankungen.
Moderation: Es wird unterschieden, ob die Akte durch Ärzte und andere Heilberufe
übernommen wird (arztmoderierte Akte) oder ob der Patient die Kontrolle besitzt
und Eintragungen vornehmen kann (patientenmoderierte Akte).
Um ein umfassendes Bild der gängigen Definitionen zu geben, werden zwei weitere
Begriffsbestimmungen zu elektronischen Patientenakten von Institutionen in Ge-
sundheitswesen und Politik gegeben, die deren Ausrichtungen und Ziele erkennbar
machen.
Auf der Internetseite des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Infor-
mationssicherheit findet sich eine Ausarbeitung zu Datenschutz und Telemedizin
und die daran gestellten Anforderungen. Darin wird die elektronische Patientenakte
wie folgt definiert:
,,Zum einen wird unter einer Elektronischen Patientenakte eine Sammlung medizinischer
Informationen zu einem Patienten innerhalb einer Institution auf digitalen Datenträgern ver-
standen. Dies kann die Krankenakte über einen Patienten in einem Krankenhaus sein, aber
auch die ärztliche Dokumentation in einer Praxis. Daneben wird der Begriff zunehmend auch
werbewirksam von kommerziellen Anbietern benutzt. Sie bieten an, medizinische Daten über
eine Person über das Internet zur Verarbeitung oder/und zum Abruf durch einen Arzt, Kran-
kenhaus etc. bereitzuhalten. Im Rahmen der Diskussion der Reform im Gesundheitswesen
wird allerdings der Begriff in einer anderen Bedeutung verwendet. Unter einer "elektroni-
schen Patientenakte" ist dabei die jederzeit verfügbare, institutionsübergreifende und unter
Kontrolle des Patienten und (eines) Arztes befindliche Kopie aller relevanten Daten der Kran-
kengeschichte zu sehen."
31
Daran ist zu erkennen, dass hier die elektronische Patientenakte als Kommunikati-
ons- und Dokumentationsinstrument zwischen verschiedenen Einrichtungen genutzt
werden (einrichtungsübergreifende EPA) und neben dem Arzt auch der Patient Ein-
fluss und Kontrolle darüber ausüben soll. Weiter wird die EPA deutlich als krank-
heitsübergreifend mit einem hohen Digitalisierungs- und Standardisierungsgrad
(Implementierungsumfang) definiert.
Die Definition der Gesellschaft für Versicherungswirtschaft und ­gestaltung in ihrem
Managementpapier Elektronische Patientenakte ist ähnlich ausgelegt und schließt
31
Zitat nach Biermann, Bultmann et al. (2005), S. 29f.

10
Aussagen zum Nutzen der Akte mit ein. Es werden jedoch keine Angaben zur Mode-
ration gemacht.
,,Die elektronische Patientenakte wird hier als eine IT-gestützte, strukturierte Dokumentation
verstanden, in der die zeitlich und räumlich verteilt erhobenen Gesundheitsdaten eines Men-
schen zusammengefasst werden. Dies beinhaltet grundsätzlich sämtliche den Patienten wie
die Leistungserbringer betreffenden medizinischen und administrativen Behandlungsangaben
einschließlich der Prävention. Die Daten werden nach einheitlichen Ordnungskriterien elekt-
ronisch erfasst und gespeichert. Diese einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte
ermöglicht erstmals die problemorientierte Transparenz der Krankengeschichte mit dem Ziel
bestmöglicher Versorgung und der Minimierung unerwünschter Belastungen, Verzögerungen
und Doppelleistungen."
32
Unter Einbezug aller Definitionen und Einteilungskriterien kann zusammenfassend
gesagt werden, dass unter einer elektronischen Patientenakte eine einrichtungs-
und krankheitsübergreifende Akte zu verstehen ist, die alle medizinischen Informa-
tionen zu sämtlichen Behandlungen eines Patienten enthält und einen strukturierten
Zugriff und gezielte Auswertungen für Forschung und Gesundheitsberichterstattung
ermöglicht. Sie dient außerdem als Grundlage für Abrechnungszwecke und gesetz-
lich geregelte administrative Aufgaben. Ein Ordnungssystem und einheitlich festge-
legte Arbeitsstrukturen sind von hoher Bedeutung.
Die Moderation wird von den in den Einrichtungen arbeitenden Professionen (Ärz-
ten, Pflegepersonal usw.) übernommen, der Patient definiert jedoch vor der Nut-
zung Zugriffs- und Einsichtsrechte. Aus den Definitionen kann nur schwer abgeleitet
werden, welche Verantwortung in Zukunft auf den Patienten bezüglich seiner krank-
heits- und gesundheitsbezogenen Daten übertragen werden soll. Es wird sich noch
herausstellen, in welchem Umfang Patienten zukünftig an der Moderation von EPA
beteiligt sein werden oder werden müssen. Vermutlich werden dem Patienten, je
nach Einsatzgebiet und Interessenlage der Anbieter, unterschiedliche Verantwor-
tungen und Möglichkeiten übertragen. Denkbar sind auch Mischformen von elektro-
nischen Patienten- und Gesundheitsakten, bei denen der Patient umfangreiche Ein-
sichts- und Moderationsrechte erhält und selbst Daten einfügen kann.
33
32
Zitat nach Gesellschaft für Versicherungswirtschaft und -gestaltung e. V. GVG (2004), S. 9.
33
Vgl. Sondhof (2008), S. 64ff.

11
2.2 Inhalte der EPA ­ was wird gespeichert?
Aufgrund der unterschiedlichen theoretischen Definitionen und praktischen Ansätze,
können sich die Inhalte der EPA unterscheiden. Einige Daten sind jedoch in allen
Anwendungen ähnlich oder gleich bzw. müssen zwingend vorhanden sein. Zu be-
denken ist dabei, dass alle Informationen aller Einrichtungen eine große Menge an
Daten darstellen und für die Behandlung des Patienten nicht zwingend jede Infor-
mation notwendig ist. Alle Daten in die EPA aufzunehmen hätte zur Folge, dass sie
unpraktisch wird und nicht mehr dem Zweck der Vereinfachung und Verbesserung
der Patientenbehandlung dient. Es sind also klare Regelungen zu treffen, welche
Informationen die EPA enthalten soll. Haas empfiehlt, diese Entscheidung dem Arzt
in Absprache mit dem Patienten zu überlassen. Gemeinsam sollte nach jedem Arzt-
besuch besprochen werden, welche Behandlungsinformationen in die EPA über-
nommen werden.
34
Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich die Inhalte der EPA an dem nachgeordneten
Verwendungszweck (Patientenbehandlung, administrative Aufgaben, Forschungs-
zwecke, vgl. Kapitel 2.1) orientieren.
35
In jedem Fall werden die Patientenstammdaten (Name, Adresse usw.) gespeichert
und somit eine Zuordnung der Behandlungsfälle möglich gemacht. Darüber hinaus
sind administrative Daten (z. B. zur Abrechnung) und Fallmanagementdaten in der
EPA vorhanden.
Der Hauptzweck besteht in der medizinische Dokumentation der Patientenbehand-
lung. Die EPA enthält somit die Daten zu einzelnen Behandlungsfälle bzw. fallüber-
greifende Daten. Diese beinhalten Symptome, Diagnosen, Verlauf, Behandlungszie-
le und -plan, eventuell auftretende Probleme und Notizen des Behandlers. Weiter-
hin können Laborwerte, Medikationsprofile und Pflegemaßnahmen zum jeweiligen
Behandlungsfall eingestellt werden. Dazu können auch Ergebnisse der Krebsfrüher-
kennung oder Daten zu Schwangerschaft und Mutterschaft gehören. Als Ergebnis
dieser medizinischen Patientendaten können der elektronische Arztbrief, das elekt-
ronische Rezept und die Patientenquittung verstanden werden. Da mehrere Be-
handlungsfälle existieren bzw. unterschiedliche Versorgungsinstitutionen zu den
34
Vgl. Haas (2006), S. 493.
35
Vgl. Haas (2005b), S. 275.

12
Behandlungsfällen Dokumentationen einstellen, ist eine genaue Zuordnung der In-
formationen nach vorher definierten Zugriffsrechten wichtig.
36
Darüber hinaus ist die Speicherung von Notfalldaten, gerade für EPA auf tragbaren
Speichermedien (z. B. der elektronischen Gesundheitskarte), in einigen Modellpro-
jekten und Einsatzszenarien vorgesehen. Zu den Notfalldaten können Informatio-
nen zu Grunderkrankungen, wie z. B. Allergien, weiteren Unverträglichkeiten z. B.
bezüglich Arzneimitteln, zur momentanen Medikation eines Patienten, zu bereits
erfolgten und wichtigen Operationen und zum Impfstatus sowie die Kontaktdaten
der Angehörigen oder des behandelnden Arztes gehören.
37
Abgesehen von den medizinischen Daten sollte die EPA ein Kommunikationsmodul
zum Austausch von Informationen und Daten, wie z. B. Arztbriefen, sowie eine Si-
cherheitskomponente für den Datenschutz enthalten.
38
Je nach Relevanz und Einsatz der EPA sind die genannten medizinischen Daten in
unterschiedlichem Umfang und Standard vorhanden. Für die Implementierung von
elektronischen Patientenakten sind die Ausrichtung und der damit verbunden Ver-
wendungszweck von Bedeutung. Die elektronische Patientenakte wird zurzeit in
unterschiedlichen Projekten und Modellen erprobt bzw. in die Praxis eingeführt. Die
Einsatzorte und ­szenarien sind sowohl von den technischen Aspekten als auch be-
züglich der Zielorientierung sehr verschieden ausgerichtet. Einheitliche Modelle und
Standards für eine einrichtungsübergreifende EPA in der Gesundheitsversorgung
gibt es bisher nicht, es wird jedoch weltweit daran gearbeitet.
39
Das größte, von der Politik forcierte Projekt ist die elektronische Gesundheitskarte
mit der freiwillig nutzbaren elektronischen Patientenakte. Sie soll in Zukunft die
Versichertenkarte ablösen. Neben dem Pflichtteil, der die administrativen Daten, die
europäische Krankenversicherungskarte und das elektronische Rezept beinhaltet,
soll die Speicherung von medizinischen Behandlungsdaten und Arzneimitteldoku-
mentationen innerhalb einer EPA sowie der Patientenquittung und eines Notfallda-
tensatzes als freiwillige Option möglich sein.
40
Die Entscheidung über den Inhalt
dieses freiwilligen Teils liegt beim Patienten.
41
36
Vgl. Haas (2005b), S. 278ff. und Gesellschaft für Versicherungswirtschaft und -gestaltung e. V. GVG
(2004), S. 43.
37
Vgl. Haas (2006), S. 492f., Bundesministerium für Gesundheit (2007a), S. 21ff. und Bundesministeri-
um für Gesundheit (2007c), S. 2ff.
38
Vgl. Haas (2005b), S. 465f. und S. 477ff.
39
Vgl. Schramm-Wölk & Schug (2004b), S. 15 und Krüger-Brand (2007), S. A 1296.
40
Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2007a), S. 7f.
41
Vgl. ebenda, S. 10 und S. 29.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836636209
DOI
10.3239/9783836636209
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg – Sozial- und Gesundheitswesen, Gesundheitsförderung und -management
Erscheinungsdatum
2009 (September)
Note
1,0
Schlagworte
gesundheitskarte gläsener patient arzt gesundheitsmanagement
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Titel: Elektronische Patientenakten: Stärkung der Patientenrechte oder Technisierung der Gesundheit?
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