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Möglichkeiten und Grenzen Sozialpädagogischer Familienhilfe

©2009 Diplomarbeit 165 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In dieser Arbeit sollen die Möglichkeiten und Grenzen Sozialpädagogischer Familienhilfe vor dem Hintergrund der Intermediarität Sozialer Arbeit dargestellt werden. Daraus ergibt sich folgende Fragestellung: ‘In welchen Bereichen der Sozialpädagogischen Familienhilfe werden Grenzfelder bezüglich ihrer Handlungsspielräume ersichtlich?’ Auf der einen Seite ist die Sozialpädagogische Familienhilfe (im Folgenden SPFH) fest im § 27 des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) verankert und zählt zu den Hilfen zur Erziehung, die sich auf das gesamte Familiensystem beziehen. Auf der anderen Seite unterliegt sie dem Spannungsverhältnis zwischen Hilfe und Kontrolle, woraus sich wiederum Konflikte für die Praxis der sozialpädagogischen Arbeit mit Familien ergeben. Durch ihre intermediäre Stellung im Bereich der Sozialen Arbeit erhält sie einen Vermittlungsauftrag, der zwischen dem gesellschaftlichen System einerseits und den Anforderungen des Individuums andererseits fungiert. Doch in der sozialpädagogischen Praxis ist genau diese Zusammenführung der beiden Konstrukte nur bedingt umsetzbar. Aufgrund dieser Problematik ergeben sich klare Grenzen, die sich in verschiedenen Bereichen der Sozialpädagogischen Familienhilfe widerspiegeln. Diese Grenzfelder werden sowohl mit Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch hinsichtlich der methodischen Arbeitsweisen und der Professionalität der Helfer (im Folgenden nur die männliche Form ausgeschrieben, die weibliche ist inbegriffen) deutlich. Daher werden im Folgenden die einzelnen Bereiche, die eine SPFH umfasst, nicht nur in Bezug auf ihre möglichen Hilfeleistungen vorgestellt, sondern auch und vor allem in Bezug auf die Grenzen, an die sie im Praxisalltag stoßen.
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Erläuterung des Intermediaritätsbegriffes, welcher für den Einstieg in das Thema dieser Arbeit von Bedeutung ist. Schließlich stellt Intermediarität vor allem die Vermittlung zwischen dem gesellschaftlichen System und der Umwelt der Individuen dar, die wiederum ein zentrales Element Sozialpädagogischer Familienhilfe ist. Dafür wird der Begriff einerseits in seiner allgemeinen Bedeutung und andererseits anhand der Funktionsbestimmungen von Intermediarität auch in seiner Bedeutung als Vermittler zwischen Lebenswelt und sozialem System für die Soziale Arbeit genauer erläutert. Anschließend werden vor diesem Hintergrund in einem Fazit die daraus resultierenden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Karoline Vogel / Linda Ströver
Möglichkeiten und Grenzen Sozialpädagogischer Familienhilfe
ISBN: 978-3-8366-3532-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Dortmund, Dortmund, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

- 2 -
Danksagung
Zuerst möchten wir uns bei Prof. Dr. Uwe Uhlendorff für seine aufschlussreichen
Seminare während unserer Studienlaufbahn bedanken, die uns über das Thema der
Sozialpädagogischen Familienhilfe hinaus sensibilisiert haben und uns den Anreiz
gaben, dieses Thema für unsere Abschlussarbeit zu wählen.
Weiterhin möchten wir uns für die Unterstützung und Begleitung während der
Bearbeitung dieses Themas bedanken.
Besonders danken wir Frau Dr. Nicole Rosenbauer für ihre Unterstützung, ausdauernde
Geduld und dafür, dass sie für all unsere zahlreichen Fragen
jederzeit zur Verfügung stand.
Ein ganz besonderer Dank richtet sich auch an unsere Familien, die uns emotional
unterstützt haben und mit viel Verständnis auf
Vernachlässigung reagiert haben.
Zudem bedanken wir uns bei all unseren Freunden, die uns während der Monate
,,aushalten" mussten.
Und natürlich danken wir uns gegenseitig für die ständige Unterstützung und
Motivation während dieser Monate.
Vielen Dank an alle!!!

- 3 -
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ... - 6 -
1. Intermediarität der Sozialen Arbeit ... - 11 -
1.1. Begriffsklärung... - 11 -
1.2. Funktionsbestimmung von Intermediarität... - 12 -
1.3. Fazit ... - 17 -
2. Rechtliche und konzeptionelle Rahmenbedingungen... - 19 -
2.1. Definition und Zielsetzung... - 20 -
2.2. Historische Entwicklung und Modellformen... - 23 -
2.2.1. Berliner Honorarmodell ... - 24 -
2.2.2. Diakoniemodell ... - 25 -
2.2.3. Das Caritasmodell ... - 26 -
2.2.4. SPFH in Heimträgerschaft ... - 27 -
2.3. Finanzierung ... - 27 -
2.4. Rechtliche Grundlagen ... - 32 -
2.5. Spannungsverhältnis zwischen Kindeswohl und Elternrecht... - 35 -
2.5.1. Kindeswohl... - 36 -
2.5.2. Elternrecht ... - 39 -
2.5.2.1. Entwicklungen Anfang des 20. Jahrhunderts ... - 39 -
2.5.2.2. Entwicklungen nach 1945 ... - 40 -
2.5.3. Zusammenfassung ... - 41 -
3. Zur erzieherischen Bedarfsituation von Familien ... - 43 -
3.1. Wandel der Familie/Sozialpädagogik... - 44 -
3.1.1. Wandel und Formierung der Sozialpädagogik... - 44 -
3.1.2. Wandel der Familie/Entgrenzung der Familie ... - 46 -
3.2. Zur gegenwärtigen Bedarfssituation ... - 53 -
3.2.1. Zur Bedarfssituation von 1995 bis 2006 ... - 53 -
3.2.2. Unterversorgungslagen... - 56 -
3.2.2.1. Armut als häufige Unterversorgungslage ... - 56 -
3.2.3. Ausschlusskriterien ... - 60 -
3.2.4. Mindestanforderungen ... - 62 -

- 4 -
3.3. Forschung zur Ausgestaltung und Praxis der Sozialpädagogischen
Familienhilfe ... - 62 -
3.3.1. Sozialpädagogische Familienhilfe aus Klientensicht ... - 63 -
3.3.2. Sozialpädagogische Familiendiagnose... - 66 -
3.3.3. Fazit ... - 85 -
4. Methodisches Handeln in der Sozialpädagogischen Familienhilfe - 86
-
4.1. Methodische Arbeitsprinzipien als Orientierung... - 87 -
4.2. Ebenen der Arbeitsansätze ... - 90 -
4.3. Systemisches Arbeiten in der Sozialen Arbeit ... - 91 -
4.3.1. Grundlagen systemischen Denkens... - 92 -
4.3.2. Modelle zur systemischen Arbeit mit Familien ... - 93 -
4.3.3 Systemische Handlungsrichtlinien ... - 105 -
4.4. Fall- statt Feldarbeit... - 108 -
5. Professionalität der Familienhelfer ... - 115 -
5.1. Kompetenzen der Familienhelfer ... - 115 -
5.1.1. Professionelle Kompetenzen ... - 117 -
5.1.2.. Basiskompetenzen ... - 117 -
5.1.3. Organisationskompetenzen ... - 118 -
5.1.4. Zusammenarbeitskompetenzen ... - 119 -
5.2. Selbstevaluation als weitere professionelle Kompetenz ... - 119 -
5.2.1. Perspektiven der Selbstevaluation... - 121 -
5.2.1.1.. Selbstevaluation als (Selbst-)Kontrolle ... - 122 -
5.2.1.2. Selbstevaluation als Aufklärung... - 123 -
5.2.1.3. Selbstevaluation als Qualifizierung ... - 125 -
5.2.1.4. Selbstevaluation als Innovation ... - 127 -
5.2.2. Zusammenfassung ... - 129 -
5.3. Falldiagnoseverfahren ... - 129 -
6. Das Strukturproblem der SPFH im Spannungsverhältnis zwischen
Hilfe und Kontrolle ... - 142 -
6.1. Hilfe ... - 144 -
6.2. Kontrolle ... - 144 -

- 5 -
6.3. Beispiel: Sexueller Missbrauch ... - 146 -
6.4. Fazit ... - 151 -
Schluss ... - 152 -
Literaturverzeichnis... - 157 -
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ... - 163 -

- 6 -
Einleitung
In dieser Arbeit sollen die Möglichkeiten und Grenzen Sozialpädagogischer
Familienhilfe vor dem Hintergrund der Intermediarität Sozialer Arbeit dargestellt
werden. Daraus ergibt sich folgende Fragestellung: ,,In welchen Bereichen der
Sozialpädagogischen
Familienhilfe
werden
Grenzfelder
bezüglich
ihrer
Handlungsspielräume ersichtlich?" Auf der einen Seite ist die Sozialpädagogische
Familienhilfe (im Folgenden SPFH) fest im § 27 des SGB VIII (Kinder- und
Jugendhilfegesetz) verankert und zählt zu den Hilfen zur Erziehung, die sich auf das
gesamte Familiensystem beziehen. Auf der anderen Seite unterliegt sie dem
Spannungsverhältnis zwischen Hilfe und Kontrolle, woraus sich wiederum Konflikte
für die Praxis der sozialpädagogischen Arbeit mit Familien ergeben. Durch ihre
intermediäre Stellung im Bereich der Sozialen Arbeit erhält sie einen
Vermittlungsauftrag, der zwischen dem gesellschaftlichen System einerseits und den
Anforderungen des Individuums andererseits fungiert. Doch in der sozialpädagogischen
Praxis ist genau diese Zusammenführung der beiden Konstrukte nur bedingt umsetzbar.
Aufgrund dieser Problematik ergeben sich klare Grenzen, die sich in verschiedenen
Bereichen der Sozialpädagogischen Familienhilfe widerspiegeln. Diese Grenzfelder
werden sowohl mit Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch hinsichtlich
der methodischen Arbeitsweisen und der Professionalität der Helfer (im Folgenden nur
die männliche Form ausgeschrieben, die weibliche ist inbegriffen) deutlich. Daher
werden im Folgenden die einzelnen Bereiche, die eine SPFH umfasst, nicht nur in
Bezug auf ihre möglichen Hilfeleistungen vorgestellt, sondern auch und vor allem in
Bezug auf die Grenzen, an die sie im Praxisalltag stoßen.
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Erläuterung des
Intermediaritätsbegriffes, welcher für den Einstieg in das Thema dieser Arbeit von
Bedeutung ist. Schließlich stellt Intermediarität vor allem die Vermittlung zwischen
dem gesellschaftlichen System und der Umwelt der Individuen dar, die wiederum ein
zentrales Element Sozialpädagogischer Familienhilfe ist. Dafür wird der Begriff
einerseits in seiner allgemeinen Bedeutung und andererseits anhand der
Funktionsbestimmungen von Intermediarität auch in seiner Bedeutung als Vermittler
zwischen Lebenswelt und sozialem System für die Soziale Arbeit genauer erläutert.
Anschließend werden vor diesem Hintergrund in einem Fazit die daraus resultierenden
sozialpädagogischen Folgeprobleme angerissen, die dann im weiteren Verlauf dieser
Arbeit näher erläutert werden.

- 7 -
Das zweite Kapitel umfasst die rechtlichen und konzeptionellen Rahmenbedingungen,
die für das allgemeine Verständnis von Sozialpädagogischer Familienhilfe notwendig
sind und durch welche aufkommenden Spannungsverhältnisse ersichtlich werden. Dabei
werden zunächst die Definition ,,Sozialpädagogischer Familienhilfe" und das dahinter
stehende Konzept mit seinen Zielsetzungen vorgestellt. In diesem Kontext werden die
historische Entwicklung und die damit einhergehende Institutionalisierung der
Sozialpädagogischen
Familienhilfe
dargestellt,
um
die
ausschlaggebenden
Entstehungshintergründe für die SPFH zu beleuchten. Daran anknüpfend werden vier
der bekanntesten Organisationsmodelle von Sozialpädagogischer Familienhilfe
beschrieben. Weiterhin soll auf den Bereich der Finanzierung der Sozialpädagogischen
Familienhilfe eingegangen werden, um auch hier die Ursachen von Möglichkeiten und
Grenzen der Hilfeform aufzuzeigen. Anhand einer Gegenüberstellung zweier
unterschiedlicher Finanzierungsformen (Pauschalfinanzierung und Fachleistungsstunde)
sollen Angaben zu den Auswirkungen hinsichtlich der Qualität in der
Sozialpädagogischen Familienhilfe gemacht werden. Schließlich sollen die rechtlichen
Grundlagen dargestellt werden, die einerseits für die Bestimmung der Funktion der
Jugendhilfe
grundlegend
sind
und
andererseits
für
die
Funktion
der
Sozialpädagogischen Familienhilfe, die als Hilfe zur Erziehung zu den Aufgaben der
Jugendhilfe zählt. Daran anknüpfend erfolgt eine Einordnung in verfassungs- und
sozialrechtliche Grundlagen. Vor dem Hintergrund der rechtlichen und konzeptionellen
Rahmenbedingungen soll in einem weiteren Schritt das Spannungsverhältnis zwischen
,,Kindeswohl" und ,,Elternrecht" im Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit näher beleuchtet
werden. Dabei wird der Fokus auf die Herausbildung des spezifischen
sozialpädagogischen Blicks auf die Familie gerichtet, der sich aus diesem
Spannungsverhältnis konstituiert. Die Entwicklung des Kindeswohls und des
Elternrechts stehen dabei im Vordergrund der Betrachtung. Letztlich wird in einem
Fazit die aus der dichotomisierenden Sichtweise auf die Familie hervorgehende
Konsequenz für die sozialpädagogische Arbeit konkretisiert.
In Kapitel drei wird ein Blick auf die erzieherische Bedarfssituation von Familien
gerichtet. Diese Betrachtung erfolgt über das Verständnis der Familienformen, die in
den vergangenen Jahren einen gesellschaftlichen Wandel erfahren haben, ebenso wie es
auch zum Wandel und zur Formierung der Sozialpädagogik kam. Auf diesen Wandel
wird genauer eingegangen, um anschließend vor diesem Hintergrund die gegenwärtige
rechtliche Bedarfssituation von Familien, die SPFH in Anspruch nehmen, zu schildern.
Dabei wird die empirische Sachlage in einem tendenziellen Verlauf von 1995 bis 2006

- 8 -
dargelegt. Zudem wird auf die verschiedenen Unterversorgungslagen eingegangen, die
im Vordergrund der Inanspruchnahme der Hilfe stehen. Hierfür wird ein genauer Blick
auf die Armut, als häufigste Unterversorgungslage bei Sozialpädagogischer
Familienhilfe, gerichtet. Ferner wird auf die Ausschlusskriterien eingegangen, an denen
sich die SPFH bedient, um eine sinnvolle Hilfe gewährleisten zu können. Zudem
werden bestimmte Mindestanforderungen genannt, die die Voraussetzung für eine
einwandfreie Zusammenarbeit zwischen Familienhelfer und Bedürftigen bilden. Neben
der Betrachtung des Bedarfs beinhaltet dieser Punkt auch eine Betrachtung der
Bedürfnisse der Familie, die durch die Forschungsprojekte zur Ausgestaltung und
Praxis der Sozialpädagogischen Familienhilfe sichtbar werden. Hierfür soll das
Forschungsprojekt
,,SPFH
aus
Sicht
der
Klientinnen
und
Klienten
-
Forschungsergebnisse und offene Fragen" dargestellt werden. Dieses befasst sich mit
der Eruierung von unterschiedlichen Konfliktthemen und Selbstdeutungsmustern
einzelner Familienmitglieder. Dadurch soll ein Einblick ermöglicht werden, wie
Klienten die Qualität und Effektivität der SPFH, bezogen auf deren tatsächliche
Bedürfnisse, bewerten und wie sie die Interventionen und Intentionen der Fachkräfte
wahrnehmen. Des Weiteren wird das Forschungsprojekt ,,Sozialpädagogische
Familiendiagnose" nach Uhlendorff, Cinkl und Marthaler vorgestellt. Dieses befasst
sich mit der Eruierung von Problemtypen familiärer Belastungssituationen und
erzieherischen Notlagen, wodurch gezeigt wird, inwiefern die Angebote der Jugendhilfe
den tatsächlichen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden und inwiefern sie
optimiert werden müssen. In einem Fazit sollen schließlich die bedeutendsten
Ergebnisse bezüglich der Verbesserungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten
sozialpädagogischer Arbeit mit Familien zusammengefasst werden.
Im vierten Kapitel geht es um das methodische Handeln in der Sozialpädagogischen
Familienhilfe. Dabei stehen die Arbeitsprinzipien, unter deren Bedingungen die Hilfe
stattfindet, im Vordergrund, da sie in gewisser Weise das Grundgesetz des fachlichen
Handelns darstellen. Hierzu werden die vier Ebenen der Arbeitsansätze erläutert. Ein
weiterer Punkt dieses Themenblocks beinhaltet die Darstellung des systemischen
Ansatzes in der Sozialen Arbeit und insbesondere in der Sozialpädagogischen
Familienhilfe, da er als angemessenes theoretisches Modell für die SPFH angesehen
wird. In diesem Kontext soll zunächst auf die Grundlagen systemischen Denkens
eingegangen werden. Daran anknüpfend werden zwei verschiedene Modelle vorgestellt;
einerseits das ,,ökosoziale Modell der Systemebenen" nach Uri Bronfenbrenner und
andererseits das Modell
,,
Systemische Perspektiven der Beschreibung sozialer

- 9 -
Wirklichkeit" nach Wolf Ritscher. In einer Zusammenfassung sollen die signifikanten
Merkmale systemischer Sozialer Arbeit nochmals hervorgehoben werden. Der
abschließende Punkt dieses Kapitels beschäftigt sich mit den zwei unterschiedlichen
Handlungsorientierungen,
,,Fallbezug"
und
,,Feldbezug",
die
innerhalb
der
Sozialpädagogischen Familienhilfe vorzufinden sind. Es wird deutlich, dass von einer
tendenziellen Orientierung in Richtung fallbezogenem Arbeiten innerhalb der
Sozialpädagogischen Familienhilfe gesprochen werden kann, obwohl es sinnvoll wäre,
den Blick für feldorientiertes Arbeiten zu öffnen, um die familiären Problemlagen
ganzheitlich anzugehen.
Um der Frage nachzugehen, welche Qualifikationen und Kompetenzen die
Familienhelfer überhaupt ausmachen, wird im fünften Kapitel genau darüber berichtet.
Somit werden zunächst einzelne Kompetenzen (Professionelle Kompetenzen,
Basiskompetenzen, Organisationskompetenzen und Zusammenarbeitskompetenzen)
genauer erläutert. Anschließend wird über eine weitere Kompetenz, und zwar die der
Selbstevaluation ausführlich berichtet, da eine Auswertung der eigenen Arbeit,
hinsichtlich ihrer Wirkung in qualitativer Weise, ebenfalls entscheidend ist, wenn es
sich um eine professionelle Hilfeleistung handelt. Schließlich erfolgt die Darstellung
eines Fallbeispiels zur Konzeption eines sozialpädagogischen Falldiagnoseverfahrens.
Da dieses Diagnoseverfahren die subjektive Problemsicht der Adressaten betrachtet und
sich gezielt an der Lebenswelt der Individuen orientiert, umfasst es ein zentrales
Element der sozialpädagogischen Arbeit mit Familien und kann letztlich zu
professionellem Handeln und gleichzeitig zu einer Professionalisierung der Sozialen
Arbeit beisteuern.
Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen Hilfe und
Kontrolle, das besonders in der Sozialen Arbeit als unvermeidbar betrachtet wird. Durch
dieses Spannungsverhältnis wird eine Vielzahl von bereits angerissenen Problematiken
deutlich, wodurch wiederum klare Grenzen für die SPFH ersichtlich werden. Durch die
Begriffsklärungen von ,,Hilfe" und ,,Kontrolle" sollen die Widersprüchlichkeiten im
Auftrag der Jugendhilfe deutlich gemacht werden. In diesem Kontext soll das
Verhältnis von Fremd- und Selbstkontrolle veranschaulicht werden. Um die Grenzen,
die sich aus diesem Spannungsverhältnis ergeben, zu beleuchten, wird ein praktisches
Beispiel, und zwar das des sexuellen Missbrauchs herangezogen. Durch dieses
Grenzfeld werden nicht nur die Problematiken für das professionelle Handeln der
Fachkräfte deutlich, sondern auch Problematiken, die diesbezüglich auf politischer
Ebene bestehen.

- 10 -
Im Schlussteil dieser Arbeit werden die signifikanten Ergebnisse bezüglich der
Fragestellung zusammengefasst und diskutiert.

- 11 -
1. Intermediarität der Sozialen Arbeit
Um einen Einstieg in dieses Thema zu erhalten und den Basisfaktor für die
Fragestellung zu erläutern, wird zunächst auf den Begriff der ,,Intermediarität"
innerhalb der Sozialen Arbeit genauer eingegangen, durch dessen Verständnis erst die
Möglichkeiten, aber vor allem die Grenzen Sozialpädagogischer Familienhilfe zu
erfassen sind. Dafür wird zunächst einmal der Begriff einerseits in seiner allgemeinen
Bedeutung und andererseits in seiner Bedeutung als Vermittler zwischen Lebenswelt
und sozialem System für die Soziale Arbeit genauer erläutert (Punkt 1.1.). Daran
anknüpfend wird auf die Funktionsbestimmung von Intermediarität eingegangen (Punkt
1.2.), wodurch die Vermittlerrolle noch präziser verdeutlicht wird. Anschließend
werden vor diesem Hintergrund im Fazit dieses Blockes (Punkt 1.3.) die daraus
resultierenden sozialpädagogischen Folgeprobleme angerissen, die dann im weiteren
Verlauf dieser Arbeit näher erläutert werden.
1.1. Begriffsklärung
Wird der Begriff ,,Intermediarität" oder ,,intermediär" im Allgemeinen betrachtet, so
bedeutet dieser übersetzt ,,in der Mitte liegend", ,,dazwischen liegend", aber auch
,,vermittelnd" (vgl. Brockhaus 2006, S. 682). Übertragen auf die Soziale Arbeit, die
gegenwärtig als intermediäre Instanz verstanden wird, bedeutet Intermediarität die
Vermittlung zwischen dem Sozialen System und der Lebenswelt der Menschen. Ihr
Ansiedlungspunkt liegt demnach an der Schnittstelle zwischen Gesellschaft und
Individuum, denn auf der einen Seite geht es darum, den Anforderungen des
Individuums zu entsprechen, aber auf der anderen Seite muss dieser Vorgang genau im
Sinne des gesellschaftlich Sozialen Systems geschehen.
Genau diese Vermittlerrolle wird besonders deutlich, wenn ein genauer Blick auf die
Funktionsbestimmungen der Sozialen Arbeit gerichtet wird, was im folgenden
Unterpunkt geschieht. So liegt die Bestimmung Sozialer Arbeit als gesellschaftlich
organisiertes System in der Bearbeitung sozialer Problemlagen, und zwar als Folge
einer gesellschaftlichen Ausdifferenzierung. Konkret formuliert Rauschenbach die
Funktion Sozialer Arbeit wie folgt:

- 12 -
,,Soziale Arbeit ist als personenbezogene Dienstleistung ein Produkt der
zunehmenden
Entkoppelung
von
System
und
Lebenswelt.
Diese
Entkoppelung konstruiert und charakterisiert in spezifischer Weise die
Gesellschaft der Moderne. Und erst auf dieser Stufe der gesellschaftlichen
Entwicklung erweist sich die Entstehung besonderer sozialpädagogischer
Hilfeinstitutionen als notwendig, möglich und ´sinnvoll´" (Rauschenbach
1999, S. 131).
Durch dieses Zitat von Rauschenbach wird deutlich, dass der Ursprung der Sozialen
Arbeit im gesellschaftlichen Auseinanderdriften zwischen der eigenen Lebenswelt der
Menschen und des gesellschaftlichen Systems liegt. Zudem wird deutlich, dass es sich
bei diesem Entkoppelungsprozess um ein zwangsläufiges Phänomen der Moderne
handelt und dass es einer vermittelnden Instanz zwischen der Lebenswelt und des
Systems bedarf, und zwar der intermediären Instanz der sozialpädagogischen
Hilfeleistungen.
1.2. Funktionsbestimmung von Intermediarität
In Zusammenarbeit mit Rainer Treptow und Hans Gängler hat Rauschenbach,
aufbauend auf Jürgen Habermas, eine sehr präzise Funktionsbeschreibung der Sozialen
Arbeit entwickelt. In Habermas ,,Theorie des kommunikativen Handelns" geht es
hauptsächlich darum, eine Verbindung zwischen den Handlungstheorien einerseits und
den Gesellschaftstheorien andererseits herzustellen, da sich Gesellschaft zum einen als
System und zum anderen als Lebenswelt versteht. Somit werden die beiden Konstrukte
,,System" und ,,Lebenswelt" nebeneinander gestellt und es wird von einer
,,Entkoppelung von System und Lebenswelt" als Modernisierungsfolge gesprochen,
wobei sich System und Lebenswelt gleichzeitig und voneinander differenzieren (vgl.
ebd., S. 95). Bei dieser Entkoppelung handelt es sich um ein deutliches Merkmal der
Moderne, wonach jedoch das System für eine materielle Reproduktion zuständig ist und
die Lebenswelt für die symbolische Reproduktion, also den Aufbau tragfähiger
Identitäten und die Gewährleistung von kulturellen Überlieferungen und Werten.
Habermas nennt dieses Konzept das ,,zweistufige Konzept der Gesellschaft" (vgl. ebd.,
S. 95).
Zusammengefasst stellt die Soziale Arbeit demnach das Produkt der zunehmenden
Entkoppelung von System und Lebenswelt dar. Schließlich bedarf es eines Hilfsmittels
und einer Verbindungskraft, die trotz dieser wachsenden Distanz und der
unterschiedlichen Kommunikationswege, eine gewisse Verständigung und Stabilität
gewährleisten können. Denn System und Lebenswelt werden auch weiterhin

- 13 -
auseinander driften und in diesem Sinne wird die Soziale Arbeit als ,,intermediäre
Instanz" verstanden, deren Aufgabe es sein soll, genau zwischen System, also den
staatlichen und ökonomischen Strukturen, und der Lebenswelt der Betroffenen zu
vermitteln. Als ein System personenbezogener und sozialer Dienstleistungen nimmt sie
eine Art Brückenfunktion ein und dient als Verständigungsträger zwischen diesen
beiden Welten, da Sozialpolitik allein mittels materieller Zuwendung nicht oder nur
begrenzt auf die symbolische Reproduktion der Subjekte zugreifen kann (vgl. Galuske
2002, S. 135).
Folgendes Schaubild beschreibt die einzelnen Entwicklungslinien Sozialer Arbeit als
intermediäre Instanz:
Abbildung 1: ,,Soziale Arbeit als intermediäre Instanz" (Galuske 2002, S. 135).
Die obige Darstellung der Sozialen Arbeit als intermediäre Instanz verdeutlicht sehr
anschaulich die im Text angesprochenen Strukturen und ihre Beziehungen zueinander.
Auf der linken Seite steht das ,,System", welches durch Politik, Ökonomie und Recht
vertreten wird. Dabei geht es schwerpunktmäßig um die Vernetzung nicht-normativ
gesteuerter Handlungsfolgen und die von Galuske beschriebene Steuerung durch Macht
und Geld sowie die materiellen Reproduktionen. Dieses System hat einen ganz
speziellen Auftrag an die Soziale Arbeit, und zwar den Auftrag der
Normalitätsrepräsentation und -kontrolle. Auf der rechten Seite befindet sich der Block
der ,,Lebenswelt", der durch Freunde, Familie und andere soziale Netzwerke

- 14 -
repräsentiert wird. Hierbei geht es um die Vernetzung durch Handlungsorientierung, um
die Steuerung durch Kommunikation sowie um die symbolische Reproduktion
(kulturelle Reproduktion, Sozialisation und soziale Integration). Der Verbindungsfaktor
dieses Blocks mit dem der Sozialen Arbeit liegt in der Hilfe bei Problemen der sozialen
Integration und der Lebensbewältigung im Alltag. Zentriert unterhalb der beiden Blöcke
befindet sich die Soziale Arbeit, die eine Art ,,Dolmetscherfunktion" übernimmt,
nämlich zwischen Lebenswelt und System. Der Block der sozialen Arbeit beinhaltet
unter anderem Kriterien wie die Förderung sozialer Integration durch personenbezogene
soziale Dienstleistungen, also die Hilfefunktion, auf der einen Seite und die
Stabilisierung gesellschaftlicher Normalitätsstandards, also die Kontrollfunktion, auf
der anderen Seite. Die Verbindung zur Lebenswelt ist dadurch gegeben, dass die
Soziale Arbeit gewisse Rückmeldungen aus der Lebenswelt erhält und daraufhin ein
systemisch induziertes Krisenmanagement ausarbeitet, wodurch sie wiederum mit dem
System verbunden wird. Zudem wird deutlich, dass die Soziale Arbeit weder eindeutig
dem System zuzuordnen ist, noch eindeutig der Lebenswelt oder zu einem der beiden
eine engere Verbindung hat. Vielmehr wird ersichtlich, dass sie den beiden Blöcken
völlig gleichberechtigt gegenübersteht und sich ihre Bestimmung auf beiden Ebenen
gleichermaßen erfüllt, zumindest sollte es so auch in der Praxis der Fall sein, wenn von
der Sozialen Arbeit als intermediäre Instanz die Rede ist. Auf der Systemebene
orientiert sie sich an dem Sozialstaat und an seinen Ordnungsvorstellungen, schließlich
wird sie von diesem beauftragt. Auf der Lebensweltebene orientiert sie sich an den
Bedürfnissen der betroffenen Zielgruppe.
Somit kann die Vermittlung zwischen Lebenswelt und System auch als eine Art
,,Integrationsauftrag" der Sozialen Arbeit gesehen werden. Auch Böhnisch spricht in
diesem Zusammenhang von der Sozialen Arbeit, die aufgrund ihrer personenbezogenen
und pädagogischen Dienstleistung zum Instrument sozialer Integration geworden ist und
sich dadurch immer mehr an der Lebenswelt der Betroffenen orientiert, indem sie die
Lebenswelten so stützen soll, dass diese nicht abgleiten, sondern in einem gewissen
Überhang gehalten werden, der die zukünftige Rückkehr zur Normalität nicht verbaut
(vgl. Böhnisch 1982, S. 25). Laut ihm liegt die grundlegende Aufgabe der Sozialen
Arbeit in der Stützung der Lebenswelten.
Des Weiteren geht aus der Darstellung hervor, dass Soziale Arbeit durch ihre
Einbindung in den sozialstaatlichen Funktionstext zwar eindeutig systemisch induziert
ist, also staatlich finanziert, zudem rechtlich reglementiert und institutionalisiert, aber
sie erhält ihre funktionale Existenzberechtigung erst dadurch, dass sie sich erst einmal

- 15 -
den Problemlagen der Betroffenen annimmt, diese dann auch auf der Ebene der
Lebenswelt angeht und bearbeitet (vgl. Galuske 2002, S. 136). Auch Rauschenbach
greift diesen Aspekt auf, indem er von der Sozialpädagogik spricht, die eine
,,intermediäre Stellung" einnimmt (vgl. Rauschenbach 1999, S. 100). In dem Abschnitt
zur gesellschaftlichen Funktion der sozialen Arbeit bringt er hervor, dass Soziale Arbeit
konstitutiv auf die symbolische Reproduktion der Lebenswelt bezogen ist und dass sie
einen Teil des Systems personenbezogener sozialer Dienstleistungen darstellt. Er bringt
die Funktion Sozialer Arbeit auf den Punkt:
,,Systemisch induziert, aber in lebensweltliche Rationalität eingelassen, muss
Soziale Arbeit versuchen, zwischen den Anforderungen und Imperativen der
Systeme
(effizientorientierte
Produktionsformen,
administrativ
funktionierender Staat) und den Überlebens- und Lernbedürfnissen der
Betroffenen in der Lebenswelt zu vermitteln." (Rauschenbach 1999, S. 105).
Wie aus diesem Zitat deutlich wird, geht es in der Sozialen Arbeit als systemisches
Medium sowohl um Stützung als auch Kontrolle von Subjekten mit ihren Lebenswelten
und um ihre Ausrichtung auf die Beförderung symbolischer Reproduktionen.
Um welche Reproduktionsfunktionen verständigungsorientierten Handelns es sich dabei
konkret handelt, geht aus dem folgenden Schaubild deutlich hervor:
Abbildung 2: ,,Reproduktionsfunktionen verständigungsorientierten Handelns"
(Habermas 1981, S. 217).
Aus dem Schaubild wird ersichtlich, dass Habermas der Lebenswelt die zentrale
Aufgabe der symbolischen Reproduktion zuspricht. Faktoren wie Kultur, Gesellschaft
und Persönlichkeit, also die strukturellen Komponenten, stärken und sichern die

- 16 -
Lebenswelt, aber diese drei Komponenten können sich nur reproduzieren, indem im
Alltag ein Netz aus kommunikativen Interaktionen entsteht, welches das notwendige
Medium bildet. Genau diese Reproduktionsvorgänge erstrecken sich wiederum auf die
symbolischen Strukturen der Lebenswelt (vgl. ebd., S. 107). Die drei wesentlichen
Aspekte der symbolischen Reproduktion, die kulturelle Reproduktion, die soziale
Integration sowie die Sozialisation, sind die entscheidenden Reproduktionsprozesse, die
das
kommunikative
Rationalitätspotenzial
der
Lebenswelt
sichern
und
weiterentwickeln. Über die Spalte der kulturellen Reproduktion wird sichergestellt, dass
neu auftretende Situationen an die bestehenden Weltzustände angeschlossen werden
können und somit eine Überlieferung des Wissens stattfinden kann. Es geht hierbei also
um die Vermittlung von Werten, Normen, Traditionen und Kulturtechniken. Über
soziale Integration der Lebenswelt wird sichergestellt, dass neue Situationen an die
Weltzustände angeschlossen werden können und somit Handlungskoordinierungen über
geregelte, legitime und interpersonale Beziehungen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe
stattfinden lassen können. Das betrifft vor allem den Anschluss des Subjekts an den
sozialen Raum und die Vernetzung innerhalb sozialer Bezüge. Die letzte Spalte der
Sozialisation dient dazu, dass neu auftretende Situationen an die bisherigen
Weltzustände auf historischer Ebene sichergestellt werden können. Das wiederum hat
den Zweck einer Zurechnungsfähigkeit der nachwachsenden Generation durch den
Erwerb generalisierter Handlungsfähigkeiten und durch die Abstimmung individueller
Lebensgeschichten. Hierbei geht es also schwerpunktmäßig um die Entwicklung einer
stabilen Identität. Durch diese genaue Darstellung der beiden Faktoren ,,Lebenswelt"
und ,,System" und durch die Darstellung ihrer Beziehungen zueinander und zur
Sozialen Arbeit wird deutlich, was unter Soziale Arbeit als intermediäre Instanz
verstanden
werden
kann.
Durch
die
immer
stärkere
Entkopplung
bzw.
Auseinanderentwicklung von System und Lebenswelt bedingt es einer Instanz, die ihren
Aufgabenbereich in der Vermittlung zwischen diesen beiden Faktoren sieht. Genau das
macht die Intermediarität der Sozialen Arbeit aus, besonders wenn es um die
Vermittlung in Form eines ,,Integrationsauftrages" der Sozialen Arbeit geht. Auf der
Systemebene ist sie den sozialstaatlichen Mechanismen ausgesetzt und auf der
Lebensweltebene folgt sie den individuellen Lebensbereichen der Betroffenen, indem
sie soziale Konflikte und die sich daraus ergebenen psychosozialen Auswirkungen
bearbeitet. Durch ihre sozialstaatliche Orientierung ist sie allerdings auch nicht
autonom. Galuske spricht von einer Doppelfunktion der Sozialpädagogik in den
Lebensbereichen. Auf der einen Seite soll sie primär die Lebenswelten stützen und auf

- 17 -
der anderen Seite aber den Staat von konfliktreichen und politisch riskanten
Auswirkungen aus dieser Lebenswelt entlasten (vgl. Galuske 2002, S. 137). Das
bedeutet, dass genau diese möglicherweise auftretenden Konflikte erst gar nicht in den
politischen Risikobereich transformiert werden können. Diese Doppelfunktion, die
einen ständigen Wechsel der Sozialen Arbeit von System zu Lebenswelt bedingt, ist
aber auch das Charakteristische der professionellen Instanz Soziale Arbeit, wie
Rauschenbach im folgenden Zitat verdeutlicht: ,,(...) in spezifischer Weise zwischen
Verständigungsorientierung und strategischer Orientierung, zwischen zweckrationaler
und kommunikativer Vernunft, zwischen manipulativen und illokutionären Akten
interessengeleitet zu oszillieren" (Rauschenbach 1999, S. 118).
In diesem Zusammenhang muss die Intermediarität der Sozialen Arbeit allerdings auch
von einer anderen Seite beleuchtet werden. In ihrer Vermittlerrolle läuft auch die
Soziale Arbeit Gefahr, sich allein der systemischen Vernunft, also der staatlichen
Instanz, zu beugen und sich somit gegen den Willen der Betroffenen zu stellen und
ihren Lebensweltbereich zu verzerren oder gar zu unterdrücken. Es ist klar, dass Soziale
Arbeit nicht nur den Hilfefaktor beinhaltet, sondern immer zugleich auch über ihre
Hausordnungen und Institutionalisierungsformen eine Form der gesellschaftlichen
Kontrolle darstellt. Dadurch, dass Soziale Arbeit als intermediäre Instanz verstanden
wird, ist diese Ambivalenz zunächst strukturell aufgehoben, schließlich bewegt sie sich
zwischen den Welten und vermittelt zwischen diesen beiden. Dabei dient sie nicht nur
den Anstellungsträgern, Geldgebern und der Öffentlichkeit, sondern auch dem Klienten
auf der anderen Seite. Aufgrund ihrer Funktionalität ist sie darauf angewiesen, sich auf
die Strukturen und Formen der Lebenswelt einzulassen ohne dabei den systemischen
Auftrag, also die Bewahrung und Reproduktion von Normalitätszuständen zu
vernachlässigen (vgl. Galuske 2002, S. 137).
1.3. Fazit
Aufgrund der erläuterten Funktionsbestimmungen von Intermediarität und aufgrund des
Spannungsverhältnisses bei der Vermittlung zwischen der Lebenswelt einerseits und des
sozialen Systems andererseits lässt sich schlussfolgern, dass Soziale Arbeit eben
aufgrund ihrer intermediären Stellung auch sozialpädagogische Folgeprobleme mit sich
bringt. Die bekannten Schlagwörter ,,Das doppelte Mandat" oder ,,Hilfe-Kontrolle-
Paradigma" sind nur wenige Aspekte, die auf die Folgeproblematiken verweisen. Auf
diese Aspekte wird allerdings an anderen Stellen dieser Arbeit genauer eingegangen.

- 18 -
Auch Böhnisch spricht davon, dass genau dieser Doppelcharakter von Hilfe und
Kontrolle der Preis der Profession für ihre Entstehungsgeschichte und Erfolgsgeschichte
zugleich sei, weil die Originalität und Einzigartigkeit Sozialer Arbeit in ihrer
intermediären Stellung zugleich ihre Ambivalenz bedingt (vgl. Böhnisch 1982, S. 24f.).
Er spricht von einem sozialstaatlich geprägten Profil der Sozialen Arbeit, bei dem sich
zwar die Funktionen der Sozialen Arbeit erweitert haben, jedoch haben sich ihre
sozialen Möglichkeiten, in Relation dazu, eher beschränkt. So kann sich Soziale Arbeit
ihrer Kontrollinstanz nicht entziehen, sie kann aber darüber reflektieren, inwiefern ein
Gleichgewicht zwischen Hilfe und Kontrolle für beide Seiten gleichermaßen fair zu
schaffen ist.
Vor
dem
Hintergrund
dieser
Informationen
und
der
Erläuterung
des
Intermediaritätsbegriffs der Sozialen Arbeit sollen nun die Folgeprobleme, die sich aus
diesem Spannungsverhältnis ergeben, anhand einer Bearbeitung verschiedener
Themengebiete und Arbeitsansätze der Sozialpädagogischen Familienhilfe genauer
erläutert werden.

- 19 -
2. Rechtliche und konzeptionelle Rahmenbedingungen
Da die Erläuterung von rechtlichen sowie konzeptionellen Rahmenbedingungen für das
allgemeine Verständnis von Sozialpädagogischer Familienhilfe notwendig ist, werden
diese im Folgenden vorgestellt. Zudem ergeben sich aus diesen rechtlichen und
konzeptionellen Rahmenbedingungen aufkommende Spannungsverhältnisse, wie unter
anderem das Spannungsverhältnis zwischen Kindeswohl und Elternrecht, welches als
repräsentatives Beispiel für Grenzen von Sozialpädagogischer Familienhilfe gilt.
In diesem Punkt der Arbeit soll zunächst die Definition ,,Sozialpädagogische
Familienhilfe" aus dem Frankfurter Lehr- und Praxis-Kommentar zum KJHG/SGB VIII
aufgeführt werden, um anschließend auf das Konzept der Sozialpädagogischen
Familienhilfe eingehen zu können (Punkt 2.1.). Diesbezüglich erfolgt ein Überblick
über die Zielsetzungen und grundlegenden Arbeitsweisen dieser ambulanten Hilfeform,
auf die im Verlauf der Arbeit noch ausführlich eingegangen wird. Des Weiteren soll die
historische Entwicklung und die damit einhergehende Institutionalisierung der
Sozialpädagogischen Familienhilfe dargestellt werden, um die ausschlaggebenden
Entstehungshintergründe für die SPFH zu beleuchten (Punkt 2.2.). In diesem
Zusammenhang werden anschließend vier der bekanntesten Organisationsmodelle
(Berliner Honorarmodell, Diakoniemodell, Caritasmodell, SPFH in Heimträgerschaft)
von Sozialpädagogischer Familienhilfe vorgestellt (Punkt 2.2.1.-2.2.4.), um einen
Einblick in verschiedene Organisationsformen zu erhalten. Weiterhin soll auf den
Bereich der Finanzierung der Sozialpädagogischen Familienhilfe eingegangen werden,
um auch hier die Ursachen von Möglichkeiten bzw. Grenzen der Hilfeform aufzuzeigen
(Punkt
2.3.).
Anhand
einer
Gegenüberstellung
zweier
unterschiedlicher
Finanzierungsformen (Pauschalfinanzierung und Fachleistungsstunde) sollen Angaben
zu den Auswirkungen hinsichtlich der Qualität in der Sozialpädagogischen
Familienhilfe gemacht werden. Es zeigt sich, dass der Trend der Finanzierungsform von
der
Pauschalfinanzierung
hin
zur
Fachleistungsstunde,
als
zentrale
Finanzierungsmodalität, verändert hat. Was wiederum verdeutlicht, dass diese
Finanzierungsform aufgrund ihrer Vorteile zum Standard in den Institutionen wurde.
Schließlich sollen die rechtlichen Grundlagen dargestellt werden (Punkt 2.4.), die
einerseits für die Bestimmung der Funktion der Jugendhilfe grundlegend sind und
andererseits für die Funktion der Sozialpädagogischen Familienhilfe, die als Hilfe zur
Erziehung zu den Aufgaben der Jugendhilfe zählt. Dabei soll veranschaulicht werden,
dass es sich um eine Rechtsgrundlage für eine ganzheitliche und intensive Hilfestellung
der Familie handelt. Daran anknüpfend erfolgt eine Einordnung in verfassungs- und

- 20 -
sozialrechtliche Grundlagen. Vor dem Hintergrund der rechtlichen und konzeptionellen
Rahmenbedingungen soll in einem weiteren Schritt das Spannungsverhältnis zwischen
,,Kindeswohl" und ,,Elternrecht" im Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit näher beleuchtet
werden. Dabei wird der Fokus auf die Herausbildung des spezifischen
sozialpädagogischen Blicks auf die Familie gerichtet, der sich aus diesem
Spannungsverhältnis konstituiert (Punkt 2.5.). Zunächst soll auf die Entwicklung des
eigenen Rechtsstatus des Kindes eingegangen werden, weil diese Entwicklung
ausschlaggebend für die pädagogische Ausrichtung auf das Kindeswohl war (Punkt
2.5.1.). Ferner wird das Konzept der Verwahrlosung in einem Exkurs vorgestellt, da es
bis zur Einführung des KJHG eine Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen
rechtfertigte. Anschließend soll der Blick vor allem auf die geschichtliche Entwicklung
des Elternrechts von Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit gerichtet
werden
(Punkt
2.5.2.).
Diesbezüglich
erfolgt
eine
Unterteilung
in
zwei
Entwicklungsabschnitte, wobei der Fokus zunächst auf die rechtlichen Bestimmungen
des Elternrechts von Anfang des 20. Jahrhunderts bis einschließlich 1945 gerichtet wird
(Punkt 2.5.2.1.). Es soll vor allem die Sicherung des elterlichen Erziehungsrechts
gegenüber der Staatsmacht thematisiert werden. Der zweite Abschnitt befasst sich mit
der Zeitspanne ab 1945 bis heute und beschreibt die Neuentwicklung des elterlichen
Erziehungsrechts und die damit einhergehende veränderte Funktion des Staates (Punkt
2.5.2.2.). Letztlich wird in diesem Kontext die aus der dichotomisierenden Sichtweise
auf die Familie hervorgehende Konsequenz für die sozialpädagogische Arbeit
konkretisiert (Punkt 2.5.3.).
2.1. Definition und Zielsetzung
§ 31
,,Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und
Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von
Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontext
mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie
ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der
Familie" (Münder u.a. 1999, S. 286).
Als Regelangebot der Jugendhilfe an Eltern gemäß § 27 SGB VIII (Kinder- und
Jugendhilfegesetz) richtet die SPFH ihre Hilfe auf das gesamte Familiensystem. Ihr liegt
ein mehrdimensionaler Ansatz zugrunde, der sich am sozialen Netzwerk der Familie,
ihren Erziehungs-, Beziehungs-, sozialen und materiellen Problemen und Ressourcen
orientiert. SPFH wird dann eingesetzt, ,,wenn eine dem Wohl eines Kindes/Jugendlichen

- 21 -
entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung
geeignet und notwendig ist" (Helming/Schattner/Blüml 1998, S. 6).
Als ambulante Intensivhilfe orientiert sie sich an Familien in besonderen Belastungs-
und Krisensituationen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Familien, bei
denen eine Häufung von mindestens zwei Unterversorgungslagen, beispielsweise aus
dem finanziellen Bereich, dem Bereich der Gesundheit und Bildung zu erkennen ist,
oder auch aus den Bereichen Wohnung, Arbeit und fehlende soziale Partizipation. Diese
Familien
werden
schließlich
als
,,Multiproblemfamilien"
oder
als
,,Multilösungsfamilien" bezeichnet. Obwohl es mittlerweile zahlreiche soziale
Dienstleistungen und Beratungsstellen gibt, die verschiedene Angebote für Kinder und
Jugendliche und auch speziell für die gesamte Familie bereithalten, reichen diese für die
Problemlagen der so genannten ,,Multiproblemfamilien" oftmals nicht aus oder können
aus verschiedenen Gründen nicht von ihnen in Anspruch genommen werden. Aufgrund
der Mehrdimensionalität ihrer Problemlagen fallen sie letztlich durch das Netz der
sozialen Dienstleistungen hindurch (vgl. ebd., S. 6). SPFH spiegelt die Intentionen einer
lebensweltorientierten Jugendhilfe wider. Sie verschafft hilfebedürftigen Familien Hilfe
,,aus einer Hand" für eine längere Dauer, ohne dabei in differenzierte Amts- oder
Fachzuständigkeiten aufgeteilt zu sein. Damit liegt sie im Trend des sozialpolitischen
Familienengagements (vgl. Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und
Gesundheit 1990, S. 139).
Werden die Ziele einer solchen Hilfe zur Erziehung betrachtet, so zeigt sich, dass es
sich um eine pädagogische Dienstleistung handelt, die durch die systematische
Verbindung von pädagogischen und alltagspraktischen Hilfen dazu führen soll, eine
Stärkung der Selbsthilfekompetenz der Familie zu ermöglichen (vgl. Münder u.a. 1999,
S. 286). In diesem Kontext gilt das Empowerment als die konzeptionelle Basis
Sozialpädagogischer Familienhilfe. Im Zentrum dieses Konzepts ,,steht der Aspekt der
Gewinnung oder Wiedergewinnung von Kontrolle über das eigene Leben und die
eigenen Lebensbedingungen, von Stärke, Energie und Phantasie zur Gestaltung seines
Lebens" (Helming 2001, S. 352). Ferner soll SPFH zur Unterstützung der elterlichen
Erziehungsaufgabe dienen. Durch die Förderung von innerfamiliären und
außerfamiliären Ressourcen soll versucht werden, eine langfristige Optimierung der
gesamten familiären Situation herzustellen (vgl. Helming/Schattner/Blüml 1998, S.
216). Zudem soll diese Ressourcenorientierung zur Stärkung bereits vorhandener
innerfamiliärer Stärken dienen. Die intensive Betreuung und Begleitung der Familie soll
ihr dazu verhelfen, die Fähigkeit zu einer autonomen Lebensfähigkeit zurück zu

- 22 -
gewinnen (vgl. Schmidt 2007, S. 8). Insgesamt gesehen, soll eine Verbesserung des
Erziehungsverhaltens der Eltern zu einer gefestigten Familienstruktur beitragen und
somit vor allem die Chancen der Kinder auf eine gelungene Entwicklung erhöhen.
Diese Hilfe zur Selbsthilfe bedarf in den meisten Fällen einer längeren Zeitspanne, im
Gegensatz zu den meisten anderen Hilfen, wie beispielsweise der Betreuung und
Versorgung eines Kindes in Notsituationen laut § 20 (vgl. Münder u.a. 1999, S. 287).
Weiterhin ist kennzeichnend, dass es sich bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe
um eine aufsuchende Arbeit handelt. Der Hilfeprozess findet im Lebensumfeld der
Familie statt. Daher wird die Struktur der Sozialpädagogischen Familienhilfe auch als
,,Geh-Struktur" bezeichnet (vgl. Helming/Schattner/Blüml 1998, S. 7). Durch die
Hausbesuche wird den Fachkräften die Gelegenheit geboten, sich direkt vor Ort einen
Überblick über die aktuelle Familiensituation bzw. über die Problemlage zu
verschaffen, um schließlich direkt im Geschehen die Hilfe einzusetzen. Zudem soll die
aufsuchende Arbeit einerseits die Chance auf eine erhöhte Motivation seitens der
Familie steigern, andererseits soll das Vertrauensverhältnis zwischen dem
Familienhelfer und den Familienmitgliedern gestärkt werden (vgl. ebd., S. 39). In der
Regel werden die Familien zwischen zwei und 20 Stunden in der Woche betreut. Die
Zeitstrukturen können jedoch von Familie zu Familie variieren. Laut einem Bericht des
Statistischen Bundesamts von 2005 beträgt die durchschnittliche Dauer einer
Sozialpädagogischen Familienhilfe 16 Monate, bei einem Zeitaufwand von zehn
Stunden pro Woche (vgl. Schattner 2007, S. 594). Dabei wird sie in drei verschiedene
Phasen unterteilt. Sofern es zur Entscheidung kommt SPFH durchzuführen, erfolgt
zunächst die Probephase bzw. die Orientierungsphase, die einen Zeitraum von circa (im
Folgenden ca.) drei Monaten umfasst. In dieser Zeit wird sowohl die Bereitschaft zur
gegenseitigen
Zusammenarbeit
geklärt,
als
auch
die
weiterführenden
Arbeitsvereinbarungen getroffen, die in der darauf folgenden Hauptphase bzw.
Intensivphase (ca. elf Monate) umgesetzt werden sollen (vgl. ebd., S. 604). In der
Ablösephase, die ungefähr zwei Monate andauert, sollen die Fachkräfte allmählich ihre
Anwesenheit reduzieren. Diese Arbeitsweise erfordert allerdings auch eine besondere
Bereitschaft der Familie zur Mitarbeit und eine besondere Beziehung der einzelnen
Familienmitglieder zum Familienhelfer. Bei dieser Form der Hilfe handelt es sich
weniger um ein therapeutisches Angebot. Es ist vielmehr ein Angebot der konkreten,
praktischen Lebenshilfe, bei der versucht wird, ,,die Isolation der Familien
aufzubrechen und deren Öffnung nach außen (Institutionen und informelle Gruppen) zu
unterstützen" (Münder u.a. 1999, S. 287).

- 23 -
Letztlich muss darauf geachtet werden, dass kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen
dem Familienhelfer und der Familie entsteht. Vielmehr soll ein unterstützender Verlauf
zur langsamen Ablösung vom Helfenden einerseits und zur Stärkung der Selbsthilfe
andererseits stattfinden.
2.2. Historische Entwicklung und Modellformen
In diesem Punkt der Arbeit soll auf die Entstehungsgeschichte und die Etablierung der
Sozialpädagogischen Familienhilfe eingegangen werden. Es soll verdeutlicht werden,
welche Gründe und Ursachen für die Entwicklung dieser ambulanten Hilfeform
ausschlaggebend waren. Daher beginnen in diesem Kontext die Ausführungen zur
Entstehungsgeschichte am Ende der 60er Jahre, mit der Diskussion um die
Heimerziehung. Daran anknüpfend sollen die vier bekanntesten Modellformen
Sozialpädagogischer Familienhilfe, das Honorarmodell, das Diakoniemodell, das
Caritasmodell und die SPFH in Heimträgerschaft, vorgestellt werden, um einen
Einblick in die unterschiedlichen Organisationsformen zu ermöglichen.
Den Anstoß für die Einrichtung Sozialpädagogischer Familienhilfe gaben die
Diskussionen um die Heimerziehung Ende der 60er Jahre. SPFH galt als präventives
Mittel, um eine Heimunterbringung von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden. Dabei
sollte die intensive und direkte Betreuung von Familien, vor allem den Kindern zu Gute
kommen
und
gleichzeitig
wesentlich
kostengünstiger
ausfallen
als
die
Heimunterbringung (vgl. Blömer/Garz 1998, S. 473f.). Die SPFH entwickelte sich in
einer Zeit, in der sich politisch und fachlich die Orientierung am Klienten durchsetzen
konnte. Einerseits hat sie die modernen Vorstellungen über die Menschenrechte
vertreten, andererseits auch die Intentionen des Sozialgesetzbuches (SGB) VIII. Ferner
stellte die SPFH eine flexible Hilfeform dar, die auf gesellschaftliche Entwicklungen
und Veränderungen eingehen konnte (vgl. Schattner 2007, S. 596). Mit der Zeit wurde
immer deutlicher, dass vorhandene Hilfen, wie die Heimunterbringung, den Ansprüchen
der jugendhilfebedürftigen Familien nicht gerecht wurden oder gar nicht erst
wahrgenommen wurden, wie beispielsweise die Erziehungsberatungsstellen. Dabei war
vor allem dieser Teil der Hilfebedürftigen am stärksten von sozialer Degradierung
bedroht. Sichtbar wurden die sozialen Probleme der Familien anhand der strukturellen
Unterversorgung der Kinder, zum Beispiel durch mangelnde finanzielle Ressourcen der
Eltern (vgl. Nielsen 1990, S. 234).

- 24 -
Bis zum Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes am 1.1.1991 im SGB VIII,
in Verbindung mit den Regelungen nach § 27 ff KJHG (Hilfe zur Erziehung,
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge
Volljährige), wurde die rechtliche Grundlage der Sozialpädagogischen Familienhilfe
durch § 5 und § 6 des alten Jugendwohlfahrtsgesetzes bestimmt. Durch die Erneuerung
des Gesetzes veränderte sich auch der Arbeitsansatz, und zwar ,,von einem mehr
eingriffs-
und
ordnungsorientierten
Ansatz
zu
einem
präventiven
familienunterstützenden Arbeiten" (Schattner 2007, S. 596f). Diese Veränderung ist
auch zurückzuführen auf die gleichzeitige Weiterentwicklung hinsichtlich der
Professionalisierung der Fachkräfte. Da SPFH auf einem Leistungsanspruch basiert,
wird von folgender Grundsituation ausgegangen: ,,BürgerInnen in Not, aber mit
Rechten, haben mit staatlich beauftragten BürgerInnen zu tun, die für diese
Beratungsaufgabe professionell ausgebildet sind" (ebd., S. 597). SPFH sollte als
Hilfeform angesehen werden, die weit über hauswirtschaftliche Zuwendungen
hinausgeht. Ihre Unterstützung sollte demnach auf die gesamte Versorgungs- und
Erziehungsfähigkeit der ganzen Familie gerichtet sein. Das ihr zugrunde liegende
Konzept ,,Hilfe zur Selbsthilfe" geht letztlich aus der Geschichte der Sozialen Arbeit
hervor (vgl. Helming/Schattner/Blüml 1998, S. 7).
Im Rahmen der Sozialpädagogischen Familienhilfe haben sich im Lauf der Zeit
unterschiedliche
Organisationsformen
entwickelt.
Die
Durchführung
der
Sozialpädagogischen Familienhilfe basiert jeweils auf der konzeptionellen Orientierung
einer Einrichtung, der Finanzierung sowie auf den räumlichen und personellen
Beständen,
auf
der
Grundlage
differenzierter
Variationsoptionen
(vgl.
Christmann/Müller 1986, S. 117). Im Folgenden werden vier der bekanntesten Modelle
dargestellt.
2.2.1. Berliner Honorarmodell
Die Ende der 60er Jahre gegründete Berliner Gesellschaft für Heimerziehung (BGfH),
die 1977 in Berliner Gesellschaft für Sozialarbeit (BGfS) umbenannt wurde, führte
1969 die erste SPFH durch. Das Bezirksamt Kreuzberg richtete sie als erstes Jugendamt
mit eigener Konzeption ein. In Anlehnung an das Kreuzberger Modell führte der
Berliner Senat die SPFH schließlich in allen Bezirken Berlins ein. Um SPFH schließlich
in
den
Berliner
Bezirken
einheitlich
durchzuführen,
wurden
1981
die
Familienhelfervorschriften realisiert. Aufgrund der konzeptionellen und finanziellen

- 25 -
Veränderungen stellte die Berliner Gesellschaft für Sozialarbeit ihre Arbeit schließlich
ein. Letztlich wurde die Tätigkeit der Familienhelfer von den ,,Ausführungsvorschriften
über die Hilfe zur Erziehung in der Familie" auf Grundlage der §§ 5,6 des
Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG) in Verbindung mit § 1 Abs. 3 JWG geregelt (vgl.
ebd., S. 118). Die Aufgaben der Familienhelfer gründeten in der Unterstützung der
Familie in lebenspraktischen Situationen. Die Anlässe für einen Einsatz basierten
überwiegend in Erziehungsproblemen mit Kindern und Überlastungen der Eltern. Die
Arbeit der Familienhelfer wurde zunächst durch die Berliner Senatsverwaltung, als erste
Behörde über Honorarkräfte, finanziert (vgl. Blömer/Garz 1998, S. 475). Als
Honorarkräfte hatten Familienhelfer weder Anspruch auf Arbeitslosen- noch auf
Krankengeld und waren zudem weder materiell noch sozial abgesichert. Die Einsätze
für eine SPFH wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Bezirkssozialarbeiter und dem
Abteilungsleiter in der Familienfürsorge vereinbart. Die Voraussetzungen, um als
Familienhelfer tätig zu werden, lagen sowohl in sozialpädagogischen als auch
psychologischen Ausbildungen und praktischen Erfahrungen.
2.2.2. Diakoniemodell
Basierend auf dem Modellprojekt Familienhilfe wurde die SPFH am 1.2.1978 in Kassel
institutionalisiert. In diesem Fall wurde sie in Kooperation mit dem Diakonischen Werk
und dem Jugendamt stadtteilorientiert organisiert und ausgeführt. Zunächst wurde das
Projekt
vom
Bundesjugendplan
bezuschusst.
Nach
Beendigung
der
Bundesmodellförderung hat das Jugendamt die Förderung des Projekts weitergeführt
(vgl. Christmann/Müller 1986, S. 120). Mit der Zeit etablierten sich zwei regionale
Familienhilfezentren, so dass gleichzeitig dezentral und stadtteilorientiert gearbeitet
werden konnte. Im Diakoniemodell waren ausschließlich Sozialarbeiter als
Familienhelfer beschäftigt, da eine gewisse Grundausbildung erfordert wurde,
besonders in den Bereichen der Sozialpädagogik, der Psychologie, im juristischen
Bereich und im Bereich der Soziologie (vgl. Jugendamt/ Diakonisches Werk der Stadt
Kassel 1984, S. 12). ,,Das Projekt Familienhilfe versteht sich als Alternative zur
Heimerziehung und will im Vorfeld ggf. auch nach einer Heimunterbringung Aufgaben
der offenen Erziehungshilfe durch Erprobung neuer Konzeptionen und Methoden der
Jugendhilfe wahrnehmen" (Pressel 1981, S. 12). Die Intention dieses Projekts bestand
in der Erprobung einer ambulanten Hilfeform, die sich anhand einer höheren Flexibilität
und verbesserten Lösungsstrategien hinsichtlich differenzierter Problemkonstellationen

- 26 -
profilieren sollte. Ferner sollte das Projekt als Modellversuch zur Vorbereitung der
Jugendhilferechtsreform dienen. Aufgrund der mangelnden Erfahrung im Bereich der
Familienhilfe wurde das Projekt wissenschaftlich betreut. Diese Betreuung wurde in
Form einer Beratung durchgeführt, die einerseits die Entwicklung konzeptioneller
Vorstellungen und Arbeitsansätze beinhalten sollte, andererseits die Probleme der
Organisation und dauerhaften Institutionalisierung der Familienhilfe in Kassel (vgl.
ebd., S. 13). Durch die wissenschaftliche Begleitperson sollte eine ausführliche Analyse
vorgenommen werden, die die Ansprüche an die Familienhilfe eruieren sollte, um
dementsprechend auch angemessene Hilfsmaßnahmen einleiten zu können.
Die Zusammenarbeit erfolgte auf fünf verschiedenen Ebenen. In der ersten Phase der
Zusammenarbeit standen der Austausch und die Analyse von Einzelerfahrungen im
Vordergrund. Die zweite Ebene der Zusammenarbeit fokussierte die theoretische
Reflexion und die Wissensvermittlung. Diesbezüglich sollten sowohl das Handeln der
Familienhelfer als auch das ihnen zugrunde liegende fachliche Wissen überprüft
werden. In der dritten Ebene ging es um die Kooperation der Familienhilfe mit örtlichen
Institutionen. Dabei war es die Aufgabe der Familienhelfer, den Kontakt und die
Zusammenarbeit mit den umliegenden Einrichtungen aufzunehmen, um den Familien
möglichst adäquate Hilfen gewähren zu können (vgl. ebd., S. 16). Des Weiteren ging es
darum, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Zunächst wurde das Projekt der Familienhilfe
bei einer Pressekonferenz im März 1980 vorgestellt und anschließend im September
1980 in einer Radiosendung publik gemacht. Schließlich wurde die Konzeption des
Modells vor dem Erziehungsausschuss diskutiert. In der fünften Ebene wurden
schließlich Erfahrungen mit anderen Familienhelfern ausgetauscht, unter anderem bei
Fortbildungen.
2.2.3. Das Caritasmodell
Das Caritasmodell war aufgrund spezieller Förderungsbedingungen überwiegend in
Nordrhein-Westfalen
vertreten.
1977
erschien
die
erste
Konzeption
Sozialpädagogischer Familienhilfe, wobei das Jugendamt mit freien Trägern
zusammenarbeitete. In diesem Fall wurde die Auswahl der Familien durch das
Jugendamt bestimmt. Jedoch waren die Freiwilligkeit zur Annahme der Hilfe und die
Mitwirkung der Adressaten notwendig für den Einsatz und die Effektivität der
Sozialpädagogischen Familienhilfe. In den Leitungskreisen dieses Modells waren
überwiegend Diplompädagogen und ­psychologen sowie Sozialpädagogen mit

- 27 -
Qualifikationen in Familienberatung und -therapie beschäftigt, während in der
Sozialpädagogischen Familienhilfe Erzieher und Familienpfleger tätig waren. Finanziert
wurde die SPFH durch Personalkostenzuschüsse durch das Land NRW (vgl.
Blömer/Garz 1998, S. 475).
2.2.4. SPFH in Heimträgerschaft
Als das bekannteste Modell der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Heimträgerschaft
gilt die evangelische Einrichtung für Jugendhilfe "Sophienpflege" im Landkreis
Tübingen. In Kooperation mit dem Kreisjugendamt, das die Familien für die SPFH
vorgeschlagen hat, führte sie Hilfsmaßnahmen für Familien im gesamten Kreisgebiet
durch. Gemeinsam mit dem Bezirkssozialarbeiter und dem Familienhelfer vereinbarte
die Familie schließlich eine zeitlich befristete Probephase. Je nach Verlauf dieser Phase
wurde einer Zusammenarbeit zugestimmt, oder aber sie wurde abgelehnt. Die
Sophienpflege besaß Außenwohngruppen, Tagesheimgruppen, eine Heimsonderschule
und eine Fachschule für Sonderpädagogik. Die Qualifikationen der Familienhelfer
sollten von Kenntnissen der Familientherapie bis hin zu Kenntnissen über Verhaltens-
und Gesprächstherapie reichen. Des Weiteren wurden unter anderem rechtliches,
sozialpolitisches und psychologisches Verständnis vorausgesetzt, um als Familienhelfer
auch in Beziehungskonflikten kompetent und angemessen handeln zu können.
Schließlich zählten Supervision und Nachbetreuung zu wesentlichen Bestandteilen der
Arbeit (vgl. Christmann/Müller 1986, S. 123f.).
2.3. Finanzierung
Nachdem nun die Organisationsmodelle vorgestellt wurden, soll in diesem Abschnitt
der Arbeit grundlegend geklärt werden, inwiefern sich die Finanzierung auf die Qualität
Sozialpädagogischer Familienhilfe auswirkt. Grundlegend kann festgehalten werden,
dass die Finanzierung eine wichtige Rolle hinsichtlich der Realisierung von
Rahmenbedingungen
einnimmt,
die
wiederum
zum
Bestandteil
des
Qualitätsmanagements zählen. Des Weiteren hat sie Auswirkungen auf die Art und
Weise der praktischen Hilfeleistung, den Wert der materiellen Ausstattung, den
arbeitsrechtlichen Status und dementsprechend auch auf die Arbeitseinstellungen und
Motivationen der Angestellten in der Sozialpädagogischen Familienhilfe (vgl.
Helming/Schattner/Blüml 1998, S. 110). Das bedeutet jedoch nicht, dass eine hohe

- 28 -
Finanzierung gleichzeitig auch einer hohen Qualität entspricht. Da Qualität und
Finanzierung in einer eher dialektischen Beziehung zueinander stehen, müssen
Auftraggeber
und
Auftragnehmer,
zusätzlich
zu
den
jährlichen
Finanzierungsverhandlungen, partnerschaftliche Aushandlungsprozesse führen. Dabei
soll schließlich der für die praktische Arbeit notwendige finanzielle Bedarf geklärt
werden. Dieser Aushandlungsprozess zwischen den Beteiligten sollte zudem durch
Verfahren der Qualitätssicherung gekennzeichnet sein.
Sobald in einem Hilfeplanverfahren eine Gewährung von Sozialpädagogischer
Familienhilfe festgelegt wird, haben die Klienten einen Rechtsanspruch auf die
Hilfeleistung. Nach § 79 SGB VIII muss das Jugendamt in Verbindung und
Übereinstimmung mit den freien Trägern der Jugendhilfe einen Plan zur Hilfeleistung
erstellen, der den Ansprüchen und Bedürfnissen der Betroffenen entspricht. In den
meisten Fällen wird die Hilfeleistung nicht vom öffentlichen Jugendhilfeträger
durchgeführt, sondern von freien Jugendhilfeträgern. Das Jugendamt und der freie
Träger müssen dann, wie in § 4 SGB VIII geregelt, in einem partnerschaftlichen
Arbeitsverhältnis miteinander kooperieren. Bei einer Inanspruchnahme von
Sozialpädagogischer Familienhilfe wird zwischen den Leistungsberechtigten und der
ausführenden Trägerschaft der Hilfe ein privatrechtlicher Vertrag abgeschlossen, der
keine Kostenbeteiligung der Hilfeempfänger vorsieht (vgl. ebd., S. 111). Die Höhe und
die Art und Weise der Kostenerstattung des öffentlichen Jugendhilfeträgers an den
freien Träger, sofern er die Hilfe ausführt, ist im SGB VIII nicht festgelegt. Jedoch
müssen diesbezüglich Abkommen zwischen den Jugendhilfeträgern getroffen werden,
die die Ausführung des kompletten Leistungsangebotes durch den öffentlichen Träger
sichern. Die freien Träger müssen dabei immer eine angemessene Eigenleistung
hervorbringen, die jedoch unter Berücksichtigung ihrer Finanzen festgelegt werden soll.
Dabei ist die Höhe der öffentlichen Förderung unabhängig von der Höhe der
Eigenleistung. Pauschale Kostenerstattungsvereinbarungen regeln die Höhe und Form
einer Rückzahlung. Dabei werden sowohl die Personal- und Personalnebenkosten
miteinbezogen als auch ,,die Kosten für Fortbildung und Supervision bzw.
Praxisberatung, die Kosten für flankierende Maßnahmen (z.B. im Rahmen von
Familienfreizeiten), Sachkosten und Verwaltungskosten, ggf. Investitionskosten und,
nicht zu vergessen, Fahrtkosten, denn SPFH arbeitet ambulant vor Ort, muß also mobil
sein" (Bayerisches Landesjugendamt 1992, S. 40). Jedoch werden in diesem Kontext
die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen der freien Träger eher kritisch betrachtet. Da sie
in Abhängigkeit zu den öffentlichen Trägern stehen, haben sie keine Rechte

- 29 -
Arbeitsverträge zu ändern, indem sie sie verlängern oder befristen. Um sich jedoch vor
Risiken seitens aktueller Personal- und Sachkosten abzusichern, müsste eine
entsprechende Erlaubnis in vertraglicher Form eingeholt werden, auf der Basis von
Leistungsverträgen. In diesem Fall würde eine Zahlung erst nach erbrachter
Hilfeleistung erfolgen. Diese Form der Handhabung würde dann einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb widerspiegeln, dessen Zukunftsperspektive nicht gewiss ist. Ferner
werden die Leistungsverträge kritisiert, da sie andere nicht klar definierbare Aufgaben
der Sozialpädagogischen Familienhilfe, die schließlich den Hauptanteil der Aufgaben in
dieser Hilfeform ausmachen, in den Hintergrund drängen und einer Finanzierung
vorenthalten
(vgl.
Helming/Schattner/Blüml
1998,
S.
112).
Folgende
Finanzierungsformen kennzeichnen die SPFH:
·
Pauschale Projektfinanzierung
·
Pauschale Einzellfallfinanzierung
·
Einzelfallfinanzierung
·
Sonstige Finanzierung
Die pauschale Projektfinanzierung beinhaltet eine von den Einzelfällen unabhängige
Finanzierung des Angebotes des freien Trägers. Allerdings muss dabei ein
Gesamtnachweis absolvierter Stunden vorgelegt werden. Bei der pauschalen
Einzelfallfinanzierung wird trotz Einzelfallorientierung insgesamt nach Stunden-,
Tages- oder Monatssatz abgerechnet. Dabei wird der Stundenanteil für die Hilfe in den
Familien vorab errechnet und dementsprechend bezahlt. In dieser Finanzierungsform
sind die Personalkosten schon integriert. Bei der Einzelfallfinanzierung werden
Honorarkräfte nach ihren abgeleisteten Stunden bezahlt. Fortbildungen und
Supervisionen können, je nach ortsgebundenen Vereinbarungen, auch mit in diese Form
der Finanzierung fallen. Die Vorteile seitens der Form der pauschalen
Projektfinanzierung werden in der flexiblen Arbeitsweise gesehen, beispielsweise in
Bezug auf zeitliche Strukturen und in der nachbereitenden Arbeit mit den Familien. Da
der Stundenanteil ohne komplizierte und hinderliche Vorgaben verlängert oder verkürzt
werden kann, können die Fachkräfte spontan mehr Familien als zuerst geplant in die
Hilfe integrieren und damit Krisenintervention leisten. Ferner sind fachliche
Entscheidungen durch die pauschale Projektfinanzierung unabhängig von finanziellen
Faktoren. ,,Wenn SPFH nicht als ,,Produkt" mit klaren Qualitätsmaßstäben definiert
wird, droht (...) die Gefahr, daß fachliche Standards heruntergefahren werden,
Fachkräfte zu schlechten Tarifen eingestellt werden oder auf unqualifiziertes Personal

- 30 -
zurückgegriffen wird und damit eine Effektivität der Hilfe in Frage gestellt ist (...)"
(ebd., S. 114).
Anknüpfend an die Darstellungen der Pauschalfinanzierung in der Sozialpädagogischen
Familienhilfe soll nun das Forschungsprojekt ,,Auswirkungen unterschiedlicher
Finanzierungsstrukturen auf Inhalte und Qualität von Jugendhilfeleistungen - untersucht
am Beispiel der Sozialpädagogischen Familienhilfe" vorgestellt werden, um aktuelle
Angaben zur Finanzierungsform der Fachleistungsstunde und deren Einfluss auf die
qualitative Arbeit in der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu erhalten. Das Projekt
wurde vom Zentrum für Kinder- und Jugendforschung, der Kontaktstelle für
praxisorientierte Forschung an der evangelischen Fachhochschule Freiburg,
durchgeführt. Die Dauer der Durchführung betrug zweieinhalb Jahre, von September
2003 bis März 2005. Gefördert wurde dieses Projekt vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung (vgl. Rönnau/Engel/Fröhlich-Gildhoff 2006, S. 63). Das Projekt
basiert auf dem ,,Neuen Steuerungsmodell", das die Qualität und Effektivität der Hilfen
zur Erziehung durch grundlegende Elemente, wie dezentrale Ressourcenverantwortung,
Personalmanagement, Output- und Kundenorientierung, fördern soll.
Bevor im weiteren Verlauf die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammengefasst
dargestellt werden, soll vorab ein Exkurs zur Fachleistungsstunde vorgenommen
werden. Seit der Neuregelung des Entgeltrechts mit dem 01.01.1999 schreibt das SGB
VIII eine vertragliche Regelung in § 78 SGB VIII vor. ,,Die kommunalen
Spitzenverbände auf Landesebene schließen mit den Verbänden der Träger der freien
Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer auf Landesebene
Rahmenverträge über den Inhalt der Vereinbarungen nach § 78 Abs. 1" (Deutscher
Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. 2006, S. 1). Die Fachleistungsstunde ist
demnach eine Entgeltvereinbarung in der Jugendhilfe. In Verbindung mit den
Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement
(KGST), bieten diese Rahmenverträge eine gute Grundlage für die Errechnung von
Stundensätzen für die Fachleistungsstunde, auch von selbständigen Anbietern der
Jugendhilfe.
Das Projekt ,,Auswirkungen unterschiedlicher Finanzierungsstrukturen auf Inhalte und
Qualität von Jugendhilfeleistungen - untersucht am Beispiel der Sozialpädagogischen
Familienhilfe" setzte sich aus einer quantitativen und einer qualitativen Studie
zusammen. Die quantitative Studie sollte anhand einer Fragebogenerhebung einen
Überblick über die aktuellen Strukturen und Rahmenbedingungen (Konzepte,
Finanzierungsformen und Standards) der Sozialpädagogischen Familienhilfe bei allen

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Jugendämtern und Anbietern von Sozialpädagogischer Familienhilfe in Baden-
Württemberg und Hessen liefern. Dieser Teil des Projekts sollte als Grundlage für die
qualitative Studie dienen, die mittels strukturierter Leitfadeninterviews mehr als 70
Hilfeprozesse untersuchte, ausgehend von vier unterschiedlichen Perspektiven
(Familien, Familienhelfer, Trägervertreter, ASD-Mitarbeiter). Dabei unterschieden sich
die Träger Sozialpädagogischer Familienhilfe in Struktur- und Rahmenbedingungen.
In der quantitativen Studie wurde zunächst sichtbar, dass in beiden Bundesländern die
SPFH überwiegend von freien Trägern durchgeführt wurde (Hessen 72,2%; Baden-
Württemberg 49,0%). Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass wiederum in
beiden Bundesländern das Beschäftigungsverhältnis von Teilzeitarbeit dominiert wurde.
Bei mehr als der Hälfte der Einrichtungen, in denen SPFH angeboten wurde, wurde
diese über Fachleistungsstunde abgerechnet. Damit verdrängte sie die pauschale
Finanzierungsform und wurde zum Standard in den Institutionen (vgl. ebd., S. 71).
Auch die Abrechnungen von Mitteln für die SPFH wurden überwiegend durch
Entgeltvereinbarungen vorgenommen.
Die Auswertungen der qualitativen Studie, in Bezug auf die Ausgestaltung der
Sozialpädagogischen Familienhilfe bei unterschiedlichen Finanzierungsformen,
ergaben, dass grundsätzlich keine offensichtlichen Unterschiede zu erkennen waren.
Jedoch konnten deutliche Vor- und Nachteile bezüglich der Finanzierungsformen,
festgehalten werden. Die Vorteile der Fachleistungsstunde wurden zum einen in der
Transparenz aller am Hilfeprozess Beteiligten gesehen. Dadurch, dass die Kosten auch
für die Familie ersichtlich wurden, wurde ihr Bewusstsein über die Kosten einer Stunde
verstärkt. Des Weiteren lagen die Vorteile in der genaueren und einfacheren
Kostenkontrolle, so die Angaben der Jugendamtsvertreter. Zum anderen wurde die
Flexibilität hinsichtlich der Erhöhung der Stundenanzahl, beispielsweise in Krisenzeiten
einer Familie, als Vorteil genannt, sofern eine positive Kooperation zwischen
Jugendamt und Familienhelfer vorausging. Nachteilig wurde die Fachstundenleistung in
Hinblick auf schlechte Rahmenbedingungen empfunden. Diesbezüglich wurden
Aspekte von mangelnder Zeit für Vor- und Nachbereitung und keine Anrechnung von
Fahrtzeiten erwähnt. Schließlich werden durch den immer stärker werdenden
Kostendruck, sowohl bei der Abrechnung nach Fachleistungsstunde als auch nach
Pauschalfinanzierung, Rahmenbedingungen unzureichender und Qualitätsstandards
niedriger. Zusätzlich entsteht durch die wachsende Konkurrenz von mehreren Anbietern
Sozialpädagogischer Familienhilfe in einem Jugendamtsbezirk die Gefahr der ,,De-
Qualifizierung" (vgl. ebd., S. 79). Aufgrund mangelnder Ressourcen seitens der

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Kostenträger versuchen die Leistungsanbieter den Preis zu senken, indem sie geringer
qualifiziertes Personal mit befristeten Verträgen einstellen.
Abschließend lassen sich die Ergebnisse der Studie dahingehend zusammenfassen, dass
sich einerseits der Trend der Finanzierungsform von der Pauschalfinanzierung hin zur
Fachleistungsstunde, als zentrale Finanzierungsmodalität, verändert hat. Andererseits
lässt sich festhalten, dass die Finanzierungsform die qualitative Umsetzung der
Sozialpädagogischen
Familienhilfe
insofern
beeinflusst,
wie
sie
von
den
Familienhelfern akzeptiert und angenommen wird. Zusätzlich wird der Kooperation
zwischen Jugendämtern und ausführenden Anbietern der Hilfe eine besondere
Bedeutung hinsichtlich der qualitativen Arbeit zugeschrieben. Letztlich hat aber auch
die beste und höchste Finanzierung keine Garantie für die Umsetzung qualitativer und
effizienter Arbeit, sofern nicht eine gelingende Passung bzw. eine gelingende
Zusammenarbeit zwischen allen am Hilfeprozess Beteiligten vorliegt (Familie,
Familienhelfer und Träger) (vgl. ebd., S. 79).
2.4. Rechtliche Grundlagen
In diesem Teil der Arbeit sollen die rechtlichen Grundlagen dargestellt werden, die
einerseits für die Funktionsbestimmung der Jugendhilfe und andererseits für die
Regelungen der Sozialpädagogischen Familienhilfe grundlegend sind. Die öffentliche
Jugendhilfe trägt die gesamte Verantwortung für die Ausführung der in § 2 SGB VIII
beschriebenen Aufgaben (Aufgaben der Jugendhilfe), wozu die Hilfen zur Erziehung
(§§ 27ff. SGB VIII) und demzufolge auch die SPFH (§ 31 SGB VIII) zählen. Der
öffentlichen Jugendhilfe wird somit eine Art Anwaltsfunktion für die Kinder und
Jugendlichen zugeschrieben, die auf der Förderung ihrer Entwicklung und ihrer
Integration in die Gesellschaft durch unterschiedliche Leistungsangebote in
verschiedenen Lebenssituationen basiert (vgl. Wiesner 1991, S. 18). Mit der Einführung
des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) vollzog sich ein deutlicher
Perspektivenwechsel in der Jugendhilfe. Während das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG)
das Ziel auf die Erhaltung der öffentlichen Ordnung richtete und die Jugendhilfe eher
als Mittel zur Kontrolle galt, wurden im Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) die
Bedürfnisse der Adressaten in den Vordergrund gestellt.
Das Konzept des KJHG beruht auf Jugendhilfestandards, die schon seit Mitte der 80er
Jahre in der Jugendhilfe praktiziert wurden. Darunter fallen die Angebote primärer und
sekundärer Prävention, die zur Bewältigung von Belastungen dienen sollen, um

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eventuelle Krisen zu vermeiden. Des Weiteren zählt das Prinzip der Existenzsicherung
zu den Standards der Jugendhilfe, auf dessen Grundlage ein selbstbestimmtes Leben
erst
gewährleistet
werden
kann.
Weiterhin
stehen
die
Prinzipien
der
Lebensweltorientierung, der Alltagsorientierung und der integrativen Orientierung im
Vordergrund, die die Hilfen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebenslagen der
Hilfeempfänger ausrichten, um so auch soziale Ausgrenzung zu vermeiden. Schließlich
basieren alle Hilfsangebote auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Nur wenn sich die
Hilfeempfänger auf die Hilfeleistungen einlassen, können Verbesserungen erzielt
werden. Die Freiwilligkeit hängt letztlich davon ab, inwiefern die Betroffenen im
Hilfeprozess selbst mitwirken können. Hinzu kommt das Prinzip der Einmischung, das
eine grenzüberschreitende Arbeit seitens der Jugendhilfe voraussetzt. Sie soll in
Zusammenarbeit mit Institutionen anderer Bereiche, beispielsweise mit Schulen,
zusätzliche Hilfsangebote für die Betroffenen entwerfen (vgl. BMJFFG - Achter
Jugendbericht 1990, S. 85ff.). Zudem basieren die Regelungen des KJHG auf dem
Recht der Menschenwürde, dem Recht auf Autonomie und auf dem Recht auf
informationelle Selbstbestimmung.
Betrachtet man schließlich die Rechtsgrundlage der Sozialpädagogischen Familienhilfe,
so kann festgehalten werden, dass es sich um eine Rechtsgrundlage für eine
ganzheitliche und intensive Hilfestellung der Familie handelt. Diese Vorschrift
beschreibt im Wesentlichen das Profil Sozialpädagogischer Familienhilfe. In diesem
Zusammenhang kann von einer Sonderstellung im Katalog der Hilfen zur Erziehung
gesprochen werden, da nicht einzelne Familienmitglieder Adressaten eines Angebotes
sind, sondern die Familie als Ganzes im Vordergrund der Hilfe steht (vgl. Wiesner
2000, S. 398).
Ferner sind für die SPFH besonders verfassungsrechtliche und sozialrechtliche
Grundlagen ausschlaggebend. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grundlagen sind
folgende Grundrechte relevant (vgl. Schmidt 2007, S. 11ff.):
Artikel 1 Abs. 1 GG
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist
Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

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Artikel 2 Abs. 1 GG
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die
Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstößt.
Artikel 6 Abs. 1-4 GG
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines
Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen
oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
Ferner gelten die folgenden sozialrechtlichen Grundlagen für die Sozialpädagogische
Familienhilfe:,,
§ 1 Abs. 1 SGB I [Aufgaben des Sozialgesetzbuchs]
Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und
sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen
gestalten. Es soll dazu beitragen,
·
ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, gleiche Voraussetzungen für die freie
Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen zu
schaffen,
·
die Familie zu schützen und zu fördern, den Erwerb des Lebensunterhalts durch
eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und
·
besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe,
abzuwenden oder auszugleichen.
§ 2 Abs. 2 SGB I [Soziale Rechte]
Die nachfolgenden sozialen Rechte sind bei der Auslegung der Vorschriften dieses
Gesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten: dabei ist sicherzustellen,
dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836635325
DOI
10.3239/9783836635325
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Erziehungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2009 (September)
Note
1,0
Schlagworte
spannungsverhältnis kindeswohl elternrecht evaluation armut
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Titel: Möglichkeiten und Grenzen Sozialpädagogischer Familienhilfe
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