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Betrachtung des Marktes für Bio-Lebensmittel in Deutschland

©2009 Diplomarbeit 111 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den letzten Jahren sind die politische Bedeutung des Öko-Landbaus und die Nachfrage nach Bio-Produkten in Deutschland deutlich gestiegen. 2001 wurde im Zuge der BSE-Krise unter der damaligen Bundesverbraucherministerin Renate Künast die Agrarwende beschlossen. Ziel der Agrarwende ist es, den Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche bis 2010 von damals 3 % auf 20 % zu steigern. Damit einher ging die Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Die staatliche Förderung führte zu größeren Anbaumengen, einer Preissenkung und einer Ausweitung von Distribution und Sortiment von Bio-Lebensmitteln. In diesem Zusammenhang wurde auch das staatliche Bio-Siegel eingeführt. Mit dieser einheitlichen Kennzeichnung für Bio-Lebensmittel wurde die Zeichenvielfalt verringert und die Transparenz am Markt für Bio-Produkte erhöht, um so deren Absatz zu stimulieren. Das Ergebnis ist, dass der deutsche Bio-Markt boomt. Deutschland hat sich zum größten Bio-Markt in Europa entwickelt. Aus diesem Grund ist die Betrachtung des deutschen Marktes sehr interessant und wurde daher auch für diese Arbeit gewählt. Dennoch ist der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln noch von den politischen Zielen entfernt und das Nachfragepotenzial für Bio-Produkte nicht ausgeschöpft. Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Ausweitung des Bio-Marktes sind gegeben. Auch von der Nachfragerseite erhalten Bio-Lebensmittel einen immer stärkeren Zuspruch und die Bedeutung von Seiten der Konsumenten nimmt stetig zu. Doch trotz dieser Entwicklungen handelt es sich beim deutschen Markt für Bio-Lebensmittel um einen Nischenmarkt. Daher hat diese Arbeit das Ziel zu untersuchen, wie eine weitere Ausweitung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln in Deutschland durch das Marketing möglich ist. Genauer gesagt verfolgt diese Arbeit das Ziel zu zeigen, wie es mit Unterstützung des Marketings möglich ist, den Sprung aus der Öko-Nische zu schaffen, d.h. den Marktanteil von Bio-Lebensmitteln auf mindestens 5 % zu steigern. Dabei legt diese Arbeit den Schwerpunkt darauf, die Ausweitung des Absatzes mittels Überwindung der Kaufbarrieren zu erzielen. Daher setzt das Marketing hier gezielt bei den Gründen an, die zum Nichtkauf von Bio-Lebensmitteln führen und damit eine Erhöhung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln verhindern.
Der Auseinandersetzung mit dem Thema ‘Betrachtung des Marktes für Bio-Lebensmittel in Deutschland unter Berücksichtigung der besonderen Kaufbarrieren und den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Theoretische Grundlagen
2.1.1 Qualität
2.1.2 Qualitätsunsicherheit aufgrund von Informationsasymmetrie
2.1.3 Signalling und Screening zum Abbau von Qualitätsunsicherheit
2.1.4 Preis-Leistungs-Verhältnis
2.2 Grundlagen zu Bio-Lebensmitteln
2.2.1 Abgrenzung des Begriffs Bio-Lebensmittel nach dem Anbauverfahren
2.2.1.1 Biologische Lebensmittel
2.2.1.2 Konventionelle Lebensmittel
2.2.1.3 Gegenüberstellung des ökologischen und konventionellen Landbaus
2.2.2 Anwendung des Qualitätsbegriffs auf Bio-Lebensmittel
2.2.2.1 Qualität nach der Bewirtschaftungsform
2.2.2.2 Qualitätsbegriff bei Bio-Lebensmitteln

3 Betrachtung des Marktes für Bio-Lebensmittel in Deutschland
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen nach der EG-Öko-Verordnung
3.2 Absatzkanäle für Bio-Lebensmittel
3.3 Wettbewerbskräfte in der Branche für Bio-Lebensmittel
3.3.1 Branchenstrukturanalyse nach Porter
3.3.2 Der Handel als Gatekeeper für Bio-Lebensmittel
3.3.3 Folgen der Wirkung der Wettbewerbskräfte
3.4 Bio-Käufer und ihre Motive
3.4.1 Zielgruppen von Käufern von Bio-Lebensmitteln
3.4.2 Motive für den Kauf von Bio-Lebensmitteln
3.4.3 Die Zielgruppe der LOHAS

4 Besondere Kaufbarrieren bei Bio-Lebensmitteln
4.1 Preisbedingte Kaufbarrieren
4.2 Informationsbedingte Kaufbarrieren
4.2.1 Qualitätsunsicherheit
4.2.2 Opportunismusrisiko
4.2.3 Wissensdefizit
4.2.4 Geringe Transparenz
4.3 Fazit zu den Kaufbarrieren von Bio-Lebensmitteln

5 Konsequenzen für das Marketing
5.1 Entwicklung des Marketingplans
5.2 Überwindung der Preisbarriere
5.3 Überwindung der Informationsbarriere
5.3.1 Aufbau von Vertrauen mittels Signalling
5.3.1.1 Ökologische Reputation
5.3.1.2 Selbstbindung
5.3.2 Anreizschaffung für das Screening ökologischer Informationen
5.4 Grenzen des Marketings für Bio-Lebensmittel

6 Schlusswort

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der teleologische Qualitätsbegriff

Abbildung 2: Informationsdefizite der Nachfrager in Abhängigkeit des Gütertyps

Abbildung 3: Geschlossener Betriebskreislauf

Abbildung 4: Aufgebrochener Betriebskreislauf der konventionellen Landwirtschaft

Abbildung 5: Formen der konventionellen Landwirtschaft

Abbildung 6: Das Bio-Siegel

Abbildung 7: Absatzkanäle für Bio-Lebensmittel

Abbildung 8: Branchenstrukturanalyse nach Porter

Abbildung 9: Wettbewerbskräfte auf dem deutschen Markt für Bio-Lebensmittel

Abbildung 10: Wertschöpfungskette

Abbildung 11: Kaufmotive für Bio-Lebensmittel

Abbildung 12: Gründe für den Nichtkauf ökologischer Lebensmittel

Abbildung 13: Informationsbedingte Kaufbarrieren

Abbildung 14: Vertrauensproblem

Abbildung 15: Marktversagen im informationsökonomischen Dilemma

Abbildung 16: Kausaler Zusammenhang zwischen den Kaufbarrieren

Abbildung 17: Der Marketingplan

Abbildung 18: Informationen auf Bio Wertkost-Verpackungen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Bewirtschaftungsformen

Tabelle 2: Übersicht der Untersuchungsergebnisse zu den soziodemographischen Faktoren von Bio-Käufern

Tabelle 3: Charakterisierung der Bio-Zielgruppen

1 Einleitung

In den letzten Jahren sind die politische Bedeutung des Öko-Landbaus und die Nachfrage nach Bio-Produkten in Deutschland deutlich gestiegen. 2001 wurde im Zuge der BSE-Krise unter der damaligen Bundesverbraucherministerin Renate Künast die Agrarwende beschlossen. Ziel der Agrarwende ist es, den Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche bis 2010 von damals 3 % auf 20 % zu steigern (vgl. Künast 2001, S. 34 f.). Damit einher ging die Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Die staatliche Förderung führte zu größeren Anbaumengen, einer Preissenkung und einer Ausweitung von Distribution und Sortiment von Bio-Lebensmitteln (vgl. Eichenlaub u.a. 2006, S. 75; Bruhn 2002, S. 52, S. 211 f.; Jonas 2005, S. 1). In diesem Zusammenhang wurde auch das staatliche Bio-Siegel eingeführt. Mit dieser einheitlichen Kennzeichnung für Bio-Lebensmittel wurde die Zeichenvielfalt verringert und die Transparenz am Markt für Bio-Produkte erhöht, um so deren Absatz zu stimulieren (vgl. Bruhn 2003, S. 195). Das Ergebnis ist, dass der deutsche Bio-Markt boomt (vgl. Zils 2008, S. 77). Deutschland hat sich zum größten Bio-Markt in Europa entwickelt (vgl. Wright u.a. 2007, S. 4). Aus diesem Grund ist die Betrachtung des deutschen Marktes sehr interessant und wurde daher auch für diese Arbeit gewählt. Dennoch ist der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln noch von den politischen Zielen entfernt und das Nachfragepotenzial für Bio-Produkte nicht ausgeschöpft (vgl. Wirthgen 2003, S. 157). Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Ausweitung des Bio-Marktes sind gegeben. Auch von der Nachfragerseite erhalten Bio-Lebensmittel einen immer stärkeren Zuspruch und die Bedeutung von Seiten der Konsumenten nimmt stetig zu (vgl. Balz 2008, S. 23). Doch trotz dieser Entwicklungen handelt es sich beim deutschen Markt für Bio-Lebensmittel um einen Nischenmarkt[1]. Daher hat diese Arbeit das Ziel zu untersuchen, wie eine weitere Ausweitung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln in Deutschland durch das Marketing möglich ist. Genauer gesagt verfolgt diese Arbeit das Ziel zu zeigen, wie es mit Unterstützung des Marketings möglich ist, den Sprung aus der Öko-Nische zu schaffen, d.h. den Marktanteil von Bio-Lebensmitteln auf mindestens 5 % zu steigern. Dabei legt diese Arbeit den Schwerpunkt darauf, die Ausweitung des Absatzes mittels Überwindung der Kaufbarrieren zu erzielen. Daher setzt das Marketing hier gezielt bei den Gründen an, die zum Nichtkauf von Bio-Lebensmitteln führen und damit eine Erhöhung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln verhindern.

Der Auseinandersetzung mit dem Thema „Betrachtung des Marktes für Bio-Lebensmittel in Deutschland unter Berücksichtigung der besonderen Kaufbarrieren und den Konsequenzen für das Marketing“ wird zunächst Kapitel 2 vorangestellt, das sich mit den theoretischen Grundlagen dieser Arbeit beschäftigt. Dabei erfolgt zunächst eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff. Diese Begriffsbestimmung ist erforderlich, da sich Bio-Lebensmittel vom Vergleichsangebot auf dem Markt durch ihre besondere Qualität differenzieren. Nachdem die Bio-Lebensmittel anhand des Kriteriums Anbauverfahren abgegrenzt wurden, erfolgt die Anwendung des Qualitätsbegriffs auf die Bio-Lebensmittel. Hier wird gezeigt werden, dass sich die besondere Qualität von Bio-Lebensmitteln aus ihren ökologischen Eigenschaften ergibt und dass diese ökologische Qualität einen Zusatznutzen darstellt. Da der Lebensmitteleinzelhandel durch stagnierende Umsätze geprägt ist (vgl. Mercer Management Consulting 2006), ist er auf der Suche nach neuen ertragsreichen Geschäftsfeldern. Dabei sind Lebensmittel mit Zusatznutzen von besonderer Bedeutung, wodurch die Thematik dieser Arbeit an Relevanz gewinnt.

Um einen gezielten Einsatz des Marketinginstrumentariums planen zu können, ist zunächst eine Betrachtung des Marktes für Bio-Lebensmittel in Deutschland erforderlich. Nur wenn die Gegebenheiten des Marktes bekannt sind, ist es möglich die Mar­ke­ting­instrumen­ta­rien optimal miteinander zu kombinieren, um so auf die Bedingungen des Marktes reagieren zu können. Daher werden in Kapitel 3 die Marktbedingungen vorgestellt, die für die weiteren Ausführungen der Arbeit wichtig sind. Zunächst werden kurz die rechtlichen Rahmenbedingungen für Bio-Lebensmittel nach der EG-Öko-Verordnung aufgezeigt. Dadurch wird an einem konkreten Beispiel gezeigt, welchen Rahmen der Gesetzgeber für die Ausweitung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln geschaffen hat. Vor allem wird in diesem Kapitel eine einheitliche Definition für Bio-Lebensmittel gegeben. Im Anschluss werden die Absatzkanäle für die Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft vorgestellt, weil sie für den Bio-Lebensmittelmarkt charakteristisch sind. Dieses Kapitel wird herausstellen, dass ein Wandel von den traditionellen Vertriebswegen hin zu neuen Absatzkanälen zu beobachten ist. Diese neuen Absatzkanäle bringen eine erhebliche Dynamik in den Bio-Markt. Die Wettbewerbsdynamik der Branche für Bio-Lebensmittel wird an der Bran­chen­struktur­analyse nach Porter aufgezeigt werden. Dabei legt das Kapitel über die Wettbewerbskräfte der Bio-Branche den Schwerpunkt auf den Handel als Gatekeeper und die daraus resultierenden Folgen. Abgeschlossen wird die Marktbetrachtung mit einer Charakterisierung der Bio-Käufer und ihrer Kaufmotive. Die Analyse der Bio-Käufer wird zeigen, welche Zielgruppe das größte Potenzial für die Ausweitung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln hat und aus welchen Gründen sie Bio-Lebensmittel kauft. Es ist wichtig die Gründe für den Kauf bzw. die Bedürfnisse der Konsumenten zu kennen, um diese mittels gezielter Marketingmaßnahmen für die Überwindung der Kaufbarrieren nutzen zu können.

Im Anschluss an die Marktbetrachtung werden im Kapitel 4 die besonderen Kaufbarrieren bei Bio-Lebensmitteln dargestellt. Dabei wird gezeigt werden, dass das größte Hemmnis für den Absatz von Bio-Lebensmitteln die preis- und informationsbedingten Kaufbarrieren sind. Die informationsbedingten Barrieren ergeben sich aufgrund von Informationsasymmetrie, die insbesondere auf dem Mark für Bio-Lebensmittel herrscht. Diese Informationsasymmetrie ist ursächlich für die Qualitätsunsicherheit der Konsumenten hinsichtlich der ökologischen Qualität von Bio-Lebensmitteln und damit einher geht ein erhöhtes Opportunismusrisiko. Es wird gezeigt werden, dass die Konsumenten aufgrund der In­for­mations­asym­me­trie Informationsnachteile haben, aus denen sich ein Wissensdefizit der Verbraucher ergeben kann und dass die Informationsasymmetrie ursächlich für die geringe Transparenz auf dem Markt für Bio-Lebensmittel ist.

Nachdem die Zusammenhänge der Kaufbarrieren verdeutlicht wurden, werden in Kapitel 5 die Konsequenzen für das Marketing abgeleitet. In diesem Kapitel werden die Inhalte der vorigen Kapitel zusammengeführt. So wird die Entwicklung der Marketingstrategie auf die Zielgruppe der Nicht-, Selten- und Gelegenheitskäufer und auf den Absatzkanal des kon­ven­tio­nel­len Lebensmitteleinzelhandels ausgerichtet, weil die vorigen Ausführungen deutlich gemacht haben, dass diese Konstellation das größte Potenzial für die Ausweitung des Absatzes von Bio-Lebensmitteln liegt.

2 Grundlagen

2.1 Theoretische Grundlagen

Das Besondere an Bio-Produkten ist ihre spezielle bzw. ökologische Qualität. Anhand ihrer ökologischen Qualitätsmerkmale unterscheiden sich Bio-Lebensmittel vom Lebensmittelvergleichsangebot. Daher setzt sich diese Arbeit zunächst theoretisch mit dem Qualitätsbegriff auseinander.

2.1.1 Qualität

Qualität ist ein sehr komplexes mehrdimensionales Konstrukt. Folglich sind für den Be­griff Qualität in der Literatur verschiedene Definitionen zu finden. Hier soll nun zunächst der Qualitätsbegriff allgemein definiert werden.

Der Begriff Qualität ist aus dem Lateinischen quālitās (Beschaffenheit, Güte, Eigenschaft, alle Erwartungen zufriedenstellende Ausführung) bzw. quālis (wie beschaffen) entlehnt. Im 17. Jahrhundert bekommt der Begriff Qualität in der Kaufmannssprache Bedeutung im Sinne von „besondere Eigenschaft“. Hier bezog sich der Begriff auf die Beschaffenheit einer Ware. Folglich handelte es sich um die Produktqualität (vgl. Kluge 1995, S. 659; Pfeifer 1993, S. 1065). Allgemein wird unter Qualität die Gesamtheit von cha­rak­teris­ti­schen Eigenschaften bzw. die Art der Beschaffenheit einer Sache oder Person verstanden (vgl. Ahlheim 1986, Pi-Rn S. 334; Drosdowski 1996, S. 1201), die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Anforderungen bezieht (nach DIN 55350). Die Erfordernisse ergeben sich aus dem Verwendungszweck des Produkts (vgl. Poth u.a. 2003, S. 421).

Mit dem Qualitätsbegriff kann zum einen eine einfache Aussage über Eigenschaften einer Sache (Beschreibung der Beschaffenheit) und zum anderen eine wertende Aussage (Beurteilung der Eignung) gemacht werden (vgl. Lisowsky 1928, S. 17).

Neben dieser sehr allgemeinen Qualitätsdefinition sind in der Literatur differenziertere Definitionsansätze zu finden. Den Versuch einer Klassifizierung von Qualität machte Garvin (vgl. Garvin 1984, S. 25ff.). Sein Ansatz basiert auf fünf Blickrichtungen des Qualitätsbegriffs. Bei seiner transzendenten Sichtweise wird Qualität als etwas Absolutes und Einzigartiges angesehen. Sie wird nur durch Erfahrungen empfunden und ist daher nicht präzise zu definieren. Bei der produktbezogenen Sichtweise ist Qualität präzise und messbar. Nach den gewählten Maßstäben lässt sich die Qualität bspw. in gut, mittel und schlecht kategorisieren (vgl. Meffert u.a. 2003, S. 271). Es handelt sich hierbei um eine objektive Betrachtung von Qualität, da subjektive Kriterien ausgeschaltet werden. Weiter bestimmt Garvin Qualität aus einem kundenbezogenen Blickwinkel. Dieser Ansatz setzt Qualität mit optimaler Befriedigung der Kundenbedürfnisse gleich (vgl. Bruhn 2000, S. 1048). Der prozessbezogene Ansatz geht davon aus, dass Qualität abhängig ist vom Herstellungsprozess eines Produkts. Und schließlich geht Garvin noch von einem wertorientierten Blickwinkel aus. Hier drückt er Qualität als Preis-Leistungs-Verhältnis aus Sicht der Kunden aus (vgl. Meffert u.a. 2003, S. 271). Durch die Verbindung dieser fünf Blickwinkel wird die Vielschichtigkeit des Qualitätsbegriffs deutlich. Daher ist es wichtig, sich bei einer Qualitätsbetrachtung bewusst zu machen, aus welchem Blickwinkel die Betrachtung vorgenommen wird (vgl. Kamiske u.a. 2007, S. 172).

Diese Klassifizierung von Garvin soll hier nicht einfach übernommen werden, sondern als Anhaltspunkt für die folgende Qualitätsbetrachtung herangezogen werden.

Neben den eben aufgeführten Sichtweisen findet in der Literatur häufig eine Unterscheidung zwischen objektivem, subjektivem, relativem und teleologischem Qualitätsbegriff statt.

Die objektive Qualität wird durch ein von Dritten vorgegebenes Maß[2] bestimmt (vgl. Brockhaus 1999, Peru-Rag S. 657) bzw. es handelt sich um Eigenschaften, die mit (naturwissenschaftlichen Methoden) messbar und vergleichbar sind wie Inhaltsstoffe und Gewicht (vgl. Hoffmann u.a. 2007, S. 20; Hüser 1996, S. 26). Es handelt sich dabei um eine absolute und wertfreie Größe: D.h. die gemessenen Eigenschaften gehen ungewichtet in die Urteilsbildung ein.[3] Ziel ist die neutrale Beschreibung der Beschaffenheit eines Produkts (vgl. Böcker u. a. 2004, S. 15). Dieser produktorientierte Qualitätsbegriff entspricht Garvins produktbezogener Sichtweise (vgl. Böhm u.a. 2007, S. 7).

1928 prägte Lisowsky erstmals den subjektiven Qualitätsbegriff. Nach diesem Qualitätsbegriff ist Qualität ein Maß für die Befriedigung der Wünsche und Vorstellungen der Nachfrager und dient der Bewertung eines Produkts (vgl. Lisowsky 1928, S. 49). Die Qualität der Produkte hängt also von der subjektiven Wahrnehmung und Beurteilung der Konsumenten ab. Somit wird hier unter dem Begriff Qualität der Grad der Übereinstimmung zwischen Ansprüchen bzw. Erwartungen an ein Produkt und dessen Eigenschaften verstanden (vgl. Crosby 1979, S. 15 f.). Es handelt sich hier um Garvins kundenorientierten Qualitätsbegriff. Beispiele für subjektive Qualitätseigenschaften sind Geschmack, Aussehen oder Herkunft (vgl. Hoffmann u.a. 2007, S. 20).

Die relative Qualität ist entscheidend für den Markterfolg, da hier die Qualität im Vergleich zum Konkurrenten betrachtet wird (vgl. Brockhaus 1999, Peru-Rag S. 657).

Folglich bildet die objektive Qualität die Grundlage für die Qualitätsbeurteilung, aber die subjektive und relative Qualität ist entscheidend für den Erfolg eines Produkts (vgl. Böhm u.a. 2007, S. 8; Böcker u. a. 2004, S. 13).

Beim teleologischen Qualitätsbegriff ergibt sich die Produktbewertung abhängig von den Ansprüchen und dem Verwendungszweck. Hierbei spielen kognitive (vernunftorientierte) und affektive (gefühlsorientierte) Verhaltenskomponenten der Verwender eine Rolle (vgl. Koppelmann 1993, S. 336). Der teleologische Qualitätsbegriff ist verwendungszielorientiert, weil er den Grad der Eignung eines Produkts für seinen Verwendungszweck ausdrückt. Juran sprach von der „fitness of use“, also von der Gebrauchstauglichkeit in der Wahrnehmung der Kunden (vgl. Juran 1974, S. 2.2-2.3). Folglich gibt der teleologische Qualitätsbegriff das Maß der Übereinstimmung an, zwischen den wahrgenommenen Eigenschaften eines Produkts und den gestellten Anforderungen an dieses Produkt (vgl. Hansen u.a. 2001, S. 19). Diese Betrachtungsweise ist Garvins kundenbezogenem Blickwinkel zuzuordnen, denn die Qualität eines Produkts wird durch die Anforderungen des Verwenders definiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der teleologische Qualitätsbegriff.

Quelle: Abgewandelt nach Hansen u.a. 2001, S. 19.

Folglich handelt es sich bei der Definition des subjektiven und des teleologischen Qualitätsbegriffs um Garvins kundenbezogenen Blickwinkel. Wie die Ausführungen gezeigt haben, sind die subjektiven Qualitätsbeurteilungen für den Erfolg eines Produkts entscheidend. Daher wird Garvins kundenbezogener Blickwinkel auch in dieser Arbeit zugrunde gelegt.

Eine andere Differenzierung, die in der Literatur zu finden ist, ist die Unterscheidung in Produktqualität und Prozessqualität. Bei der Produktqualität handelt es sich um Eigenschaften, die unmittelbar oder mittelbar am Produkt feststellbar sind wie z.B. die Größe. Sie entspricht Garvins produktbezogener Sichtweise. Bei der Prozessqualität geht es um Eigenschaften, die nicht mehr am Produkt selbst feststellbar sind, sondern im Zusammenhang mit der Herstellung stehen wie z.B. Tierschutz oder der Einsatz von Biotechnologie (vgl. Henning 2002, S. 26; Tauscher u.a. 2003, S. 15; Böcker u.a. 2004, S. 43). Sie entspricht Garvins prozessbezogenem Ansatz.

Weiter können die Qualitätseigenschaften auch aus informationsökonomischer Sicht betrachtet werden. Dabei wird nach dem Grad der Unsicherheit bezüglich der Qualitätseigenschaft unterschieden.

Bei den Sucheigenschaften (search quality) besteht die Möglichkeit, die Qualität bereits vor dem Kauf zu bestimmen: D.h. diese Eigenschaften können beim Kauf gezielt gesucht und die Qualität bestätigt werden. Zu diesen Eigenschaften zählen bspw. Aussehen, Frische oder Eignung für ein Gericht. Anders dagegen die Erfahrungseigenschaften (experience quality). Sie sind erst nach dem Kauf feststellbar, d.h. die Qualität kann erst durch den Gebrauch beurteilt werden. Ein Beispiel einer solchen Produkteigenschaft stellt der Geschmack dar. Schließlich gibt es noch die Vertrauenseigenschaften (credence quality). Diese Qualität lässt sich auch nicht nach dem Kauf und Gebrauch (oder nur unverhältnismäßig aufwendig) beurteilen. Zu den Vertrauenseigenschaften zählt die Pro­zess­qua­li­tät wie etwa die Angabe, dass das Produkt aus ökologischem Landbau stammt (vgl. Meffert u.a. 2007, S. 40 f.; Kaas 1990, S. 543; Böcker u.a. 2004, S. 43). Folglich hat der Verbraucher bei Vertrauenseigenschaften kaum Überprüfungsmöglichkeiten und der Unsicherheitsgrad hinsichtlich der Qualität ist am höchsten. Diese Zusammenhänge sind in Abbildung 2 noch einmal graphisch veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Informationsdefizite der Nachfrager in Abhängigkeit des Gütertyps.

Quelle: Irmscher 1997, S. 161.

2.1.2 Qualitätsunsicherheit aufgrund von Informationsasymmetrie

Der Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel ist durch besondere Informationsprobleme gekennzeichnet. Zu diesen Informationsproblemen zählen Informationsasymmetrie und Unsicherheit, insbesondere Qualitätsunsicherheit (vgl. Jung 1998, S. 22). Daher soll an dieser Stelle zunächst auf den theoretischen Hintergrund dieser Informationsprobleme eingegangen werden.

Wie die Betrachtung der Qualitätseigenschaften aus informationsökonomischer Sicht gezeigt hat, sind die Qualitätsmerkmale eines Produkts durch Unsicherheit geprägt. Diese Qualitätsunsicherheit entsteht auf der Nachfragerseite infolge von Informationsasymmetrien, also infolge von unvollständig und ungleich verteilten Informationen. Dabei gilt folgender Zusammenhang: Je größer die Qualitätsunsicherheit ist, desto unvollkommener ist die Informationsverteilung (vgl. Spremann 1988, S. 613). Folglich haben im Fall von asymmetrisch verteilten Informationen Anbieter und Nachfrager nicht den selben Informationsstand (z.B. bezüglich der Eigenschaften eines Produkts). Üblicherweise ist der Anbieter besser über die Technologie, Funktion oder Qualität des Produkts informiert, während der Nachfrager seine Bedürfnisse, seine Lebensbedingungen und seine Preisbereitschaft besser kennt (vgl. Kaas 1990, S. 542). Gerade umweltrelevante Informationen sind weder leicht verständlich noch für jeden zugänglich. Deshalb herrscht insbesondere hier eine Informationsasymmetrie (vgl. Hüser 1996, S. 27). Aufgrund dieses unterschiedlichen Informationsstandes besteht die Gefahr, dass die schlechter informierten Marktteilnehmer benachteiligt werden. „Für opportunistische Anbieter besteht zudem ein Anreiz, durch versteckte Qualitätsverschlechterungen kurzfristig Gewinne zu erzielen, anstatt dauerhaft eine hohe Qualität anzubieten.“ (Jung 1998, S. 26; zitiert nach Tolle 1994, S. 927). Neben der Problematik, dass diese Anbieter, die sich negativ von den anderen unterscheiden, Imageschäden verursachen und für Misstrauen der Konsumenten sorgen, geht es auch um das Problem der Fehlauswahl (adverse Selektion) bzw. um den Prozess der Qualitätsverschlechterung. In seinem Aufsatz „The Market for Lemons“ erklärt Akerlof die Bedeutung von Informationen für Märkte und geht dabei erstmals auf das Problem der adversen Selektion ein (vgl. Akerlof 1970, S. 488-500). Die im Folgenden dargestellte Problematik hat bis heute auf Märkten, auf denen Informationsasymmetrie herrscht, seine Aktualität behalten.

Am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes (Market for Lemons) zeigt Akerlof wie die „Lemons“ (schlechte Gebrauchtwagen) die gewünschten Anbieter verdrängen. Zu dieser adversen Selektion kommt es aufgrund von Informationsasymmetrien. Hier liegt der Informationsnachteil beim Käufer, weil der Verkäufer das Erfahrungsgut besser kennt und einschätzen kann. Die unvollständig informierten Käufer können nicht zwischen minderwertigen und höherwertigen Angeboten unterscheiden und sind daher nicht bereit, angemessene Preise für die besseren Autos zu zahlen. Die Anbieter überdurchschnittlicher Qualität können nur noch Durchschnittspreise erzielen und haben keinen Anreiz, ihren Wagen auf diesem Markt anzubieten. Das Angebot an guten Autos geht zurück. Es kommt zu einer adversen Selektion zugunsten der „Lemons“ (vgl. Akerlof 1970, S. 488-500).

Nach Akerlof lösen asymmetrisch verteilte Qualitätsinformationen zwischen Anbietern und Nachfragern den Prozess der Qualitätsverschlechterung aus. Die adverse Selektion zugunsten der Lemons erhöht die Gefahr eines Marktversagens (vgl. Jung 1998, S. 27; Hüser 1996, S. 33; Kaas 1992, S. 479).

Ein weiteres Problem, das sich aus dem Ausnutzen von Informationsvorteilen ergeben kann, ist das moralische Risiko (moral hazard). Hier kann der besser informierte Vertragspartner die Unkenntnis bzw. die fehlenden Kontrollgegebenheiten opportunistisch ausnutzen, ohne nachträglich entlarvt zu werden. So wird ein Anbieter über die Nachteile seiner Produkte und die Vorteile anderer Produkte schweigen oder sogar, falls es sich für ihn lohnt, falsche Informationen übermitteln. Somit handelt es sich beim „moral hazard“ um das Risiko auf Übertreibungen, Irreführungen oder falsche Versprechungen, aber auch auf heimliche Handlungen und Unterlassungen hereinzufallen (vgl. Kaas 1990, S. 543; Lehmann 1999, S. 62).

Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die unvollkommene Information und die Unsicherheit ursächlich für Veränderungen und Anpassungen im Markt sind (vgl. Kaas 1990, S. 541). Für diese Arbeit ist besonders der Zusammenhang wichtig, dass für die Konsumenten ein Risiko entsteht, wenn sie vor dem Kauf nicht die Möglichkeit haben, relevante Produktmerkmale zu beurteilen. Dieses Risiko führt aufgrund der „hidden characteristics“ (verborgenen Eigenschaften) zu Qualitätsunsicherheit und bietet folglich einen Anreiz zu opportunistischem Handeln. Diese Kausalität kann letztlich zum Marktversagen führen (vgl. Hüser 1996, S. 35; Kaas 1992, S. 479 f.; Grolleau u.a. 2001, S. 210 ff.).

2.1.3 Signalling und Screening zum Abbau von Qualitätsunsicherheit

Signalling und Screening sind informationsökonomische Instrumente zur Überwindung von Informationsasymmetrien. Folglich werden durch Signalling und Screening relevante Marktinformationen zwischen den Marktparteien ausgetauscht, um so Qua­li­täts­un­sicher­heit abzubauen. Beim Signalling handelt es sich um Formen der Informationsübertragung, beim Screening um Formen der Informationsbeschaffung. Grundsätzlich gilt, dass beide Marktseiten, Nachfrager und Anbieter, Informationen beschaffen und übertragen (vgl. Kaas 1991, S. 357 ff.).

Beim Signalling übermittelt der besser informierte Akteur aktiv Informationen. Durch diese Informationsbereitstellung werden die Informationsunterschiede abgebaut. Signalling kann nur von der informierten Seite ausgehen (vgl. Kaas 1990, S. 541). Diese Arbeit setzt sich mit der Überwindung von Hemmnissen für den Kauf von Bio-Lebensmitteln auseinander. Ein Kaufhindernis stellt die Qualitätsunsicherheit auf Konsumentenseite dar. Folglich ist hier nur die Form des Signallings interessant, bei der die Anbieter von Bio-Lebensmitteln aktiv Informationen bezüglich der ökologischen Qualität an die Konsumenten übertragen, um das Informationsdefizit auf Nachfragerseite abzubauen. Solche Qualitätssignale können für Sucheigenschaften bspw. Qualitätssiegel und für Erfahrungsgüter bspw. (Geld-zurück-) Garantien sein. Schwieriger ist es bei Vertrauensgütern. Hier können Garantieversprechen lediglich helfen, die Unsicherheit beim Kauf zu reduzieren, jedoch nicht als Qualitätssignal fungieren, „denn der Eintritt des Garantiefalls (mangelnde Qualität) lässt sich bei Vertrauenseigenschaften praktisch nicht feststellen“ (Diller 2001, S. 646). Bei Vertrauensgütern können Erfahrungsbeweise in Form von gleichbleibender Qualität als Qualitätssignale wirken oder der Aufbau von Reputation. Durch das Schaffen eines Signals entstehen den Anbietern Kosten.[4]

Im Gegensatz zum Signalling ist beim Screening die schlechter informierte Seite aktiv. Sie versucht hier ihren Informationsstand zu verbessern, indem sie sich auf Informationssuche begibt. Auf das Thema dieser Arbeit bezogen, handelt es sich hier um die aktive Informationsbeschaffung der Nachfrager. Die Konsumenten möchten etwas über die Anbieter ökologischer Produkte wissen (welche Produkte, Anbieter, Qualitäten und Preise gibt es). Um diese Informationen zu gewinnen, stellen die Nachfrager z.B. Preis- und Qualitätsvergleiche an oder sie orientieren sich an Qualitätsurteilen von Verbraucherberatungen, Testberichten oder Freunden. Wie dieses Beispiel zeigt, ist das Screening mit Such- und Informationskosten verbunden (vgl. Kaas 1990, S. 541; Kaas 1991, S. 360 f.; Benkenstein u.a. 2006, S. 209)4.

2.1.4 Preis-Leistungs-Verhältnis

Bei seinem wertorientierten Qualitätsbegriff beschreibt Garvin Qualität durch das Preis-Leistungs-Verhältnis. So werden Kosten und Preise zu qualitätsbestimmenden Faktoren (vgl. Bobzien 1996, S. 40).

Doch was ist das Preis-Leistungs-Verhältnis? Das Preis-Leistungs-Verhältnis beschreibt den Produktnutzen, der sich aus Sicht des Käufers zusammensetzt aus dem Produktvorteil und dem Preisvorteil. Der Produktvorteil ergibt sich aus der Leistung des Produkts. Ein Leistungsvorteil kann zum Beispiel vorliegen, wenn das Produkt Premiumqualität hat oder ein Lebensmittel gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzt. Der Preisvorteil stellt die Kostenersparnis für den Käufer dar (vgl. Kreilkamp 1987, S. 118). Dabei sei darauf hingewiesen, dass sich der Konsumentenpreis aus dem Produktpreis und den wahrgenommenen Transaktionskosten (Zeitaufwand, Unbequemlichkeit, Oppor­tu­ni­täts­kos­ten etc.) zusammensetzt. Diese Nutzenkombination aus Preis und Leistung ist folglich das Preis-Leistungs-Verhältnis (vgl. Becker 2001, S. 439). Dementsprechend sollte ein Produkt, um erfolgreich zu sein, dem Kunden einen Nutzenzuwachs versprechen (Leistungsverbesserung, geringere Kosten) (vgl. Hüser 1993, S. 268; Kaas 1992, S. 474 ff.).

Somit ergibt sich die Qualitätseinschätzung aus der Beurteilung des Kunden. Er schätzt das Preis-Leistungs-Verhältnis ein und beurteilt, ob das Produkt seinen Preis „wert“ ist (vgl. Stauss 1991, S. 24 f.). Der Wert, den ein Käufer einem Produkt beimisst, ergibt sich wiederum aus der von ihm angenommen Fähigkeit des Produkts, sein Bedürfnis zu befriedigen. Folglich ist die Wahrnehmung des Preis-Leistungs-Verhältnisses bzw. des Produktnutzens subjektiv (vgl. Kreilkamp 1987, S. 184).

Für die weiteren Ausführungen dieser Arbeit ist eine Beschäftigung mit dem Preis als Qualitätsindikator nicht erforderlich. Daher findet die Auseinandersetzung mit diesem Aspekt im Anhang statt.

2.2 Grundlagen zu Bio-Lebensmitteln

2.2.1 Abgrenzung des Begriffs Bio-Lebensmittel nach dem Anbauverfahren

Die ökologische Landwirtschaft gilt im Allgemeinen als Alternative zur konventionellen Landwirtschaft. Da diese beiden Bewirtschaftungsweisen häufig miteinander verglichen werden, sollen sie auch hier einander gegenübergestellt werden.

Die Landwirtschaft arbeitet in einem Kreislaufsystem aus Pflanzenbau, Fütterung, Tierhaltung und Düngung. Anhand dieses Kreislaufsystems wird im Folgenden der Unterschied zwischen der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft aufgezeigt.

2.2.1.1 Biologische Lebensmittel

Bei Bio-Lebensmitteln handelt es sich um ökologische Produkte, die sich durch ihre ökologische Anbauweise und durch artgerechte Tierhaltung auszeichnen. Allgemein wird von einem ökologischen Produkt gesprochen, wenn es gegenüber einem konventionellen Produkt den gleichen Gebrauchsnutzen erfüllt, aber bei der Herstellung, Verwendung und Entsorgung eine geringere Umweltbelastung hervorruft. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich bei ökologischen Produkten im Vergleich zu konventionellen Lebensmitteln um eine relative Umweltfreundlichkeit handelt, da grundsätzlich jedes Produkt mit Um­welt­be­lastun­gen verbunden ist (Produktion, Transport etc. verbrauchen Ressourcen und Energie). Vielmehr handelt es sich bei ökologischen Produkten um um­welt­freund­lichere Varianten (vgl. Jung 1998, S. 41; Villiger 2000a, S. 58; Töpfer 1985, S. 242; Herker 1993, S. 7 f.; Geb­hardt 2006, S. 26; Belz 1999a, S. 165; Türck 1990, S. 23).[5]

Kurz zusammengefasst ist ökologischer Landbau der Versuch, das Land nachhaltig zu bewirtschaften, d.h. Wirtschaften im Einklang mit der Natur. Um diesen Anspruch zu erfüllen, hat ökologisches bzw. nachhaltiges Wirtschaften das Ziel, geschlossene Stoff­kreis­läufe zu bewahren und Tiere artgerecht zu halten. Dabei sollen die Umwelt so wenig wie möglich belastet und Ressourcen geschont werden (vgl. Volk-Uhlmann 2001, S. 9). Das landwirtschaftliche Grundprinzip lautet Kreislaufwirtschaft (siehe Abbildung 3). Kreis­lauf­wirtschaft bedeutet: Der Ökobetrieb wird als ganzheitliches System betrachtet, be­stehend aus Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen (vgl. Jung 1998, S. 42). Die Tiere werden mit Futter vom eigenen Hof ernährt und der von ihnen produzierte Mist dient wiederum als Dünger für die Pflanzen (vgl. Neuerburg u.a. 1992, S. 12). Der Zukauf von Futtermitteln ist beschränkt. Zum einen spart das Ressourcen und die Natur bleibt im ökologischen Gleichgewicht und zum anderen behält der Landwirt die Kontrolle über die Futtermittel seiner Tiere.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Geschlossener Betriebskreislauf.

Quelle: Neuerburg u.a. 1992, S. 12.

D.h. im ökologischen Landbau wird ein geschlossener Betriebskreislauf angestrebt, die Ertragssteigerung steht nicht im Vordergrund. Daher wird auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, mineralische Stickstoffdünger, Kunstdünger, Gentechnik etc. verzichtet. Auch dürfen Gülle und Mist nur in Maßen eingesetzt werden, damit sie nicht aus dem Boden ausgewaschen werden und ins Grundwasser gelangen oder das Gemüse bspw. durch einen erhöhten Nitratgehalt belastet wird (vgl. Sabersky 2006, S. 8 f.; Frühschütz 2006, S. 7).

Das Ziel des ökologischen Landbaus ist die schonende Bodenbearbeitung. Um die Er­trä­ge zu sichern und dabei die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, wird auf eine ausgewogene Fruchtfolge mit standortgerechten Sorten gesetzt[6] (vgl. Neuerburg u.a. 1992, S. 5). So soll auch erreicht werden, dass sich spezialisierte Schädlinge und typische Krankheiten nicht so stark ausbreiten wie in Monokulturen. Dennoch ist das Risiko von Qualitäts- und Er­trags­schwankungen höher als bei konventionellen Anbaumethoden, weil im Fall von Krankheits- und Schädlingsepidemien nicht generell mit chemisch-synthetischen Hilfs­mit­teln eingegriffen werden darf. Es dürfen aber auch im Bio-Landbau Pflan­zen­schutz­mit­tel eingesetzt werden, jedoch nur bei unmittelbarer Bedrohung der Pflanzen und auch dann sind nur 25 bestimmte Wirkstoffe zugelassen. Im Vergleich dazu sind rund 250 für die konventionelle Landwirtschaft erlaubt (vgl. Groll u.a. 2007, S. 95). Somit kann es beim Bio-Landbau zu größeren Ertragseinbußen kommen (vgl. Dienel 2000, S. 53). Auch sind die Flächenerträge im ökologischen Landbau geringer als bei den konventionellen Hochleistungszüchtungen (vgl. Sabersky 2006, S. 8 f.; Frühschütz 2006, S. 8; Borowski u.a. 2006, S. 8 f.; Villiger 2000a, S. 84; Schmid u.a. 2005, S. 20).

Besonderes Kennzeichen von Bio-Lebensmitteln ist die art- und umweltgerechte Er­zeu­gung tierischer Produkte.[7] Bei der ökologischen Landwirtschaft gilt die Flächen­bin­dung der Tierhaltung, d.h. es dürfen nur so viele Tiere gehalten werden, wie der Ertrag der eigenen Flächen ernähren kann bzw. wie auch Gülle und Mist genutzt werden können (i.S.d. Kreislaufwirtschaft) (siehe Anhang I, Abschnitt B: Tiere und tierische Erzeugnisse, Art. 1 Abs. 4 EG-Öko-VO; Idel u.a. 2004, S. 1; Neuerburg u.a. 1992, S. 5).

2.2.1.2 Konventionelle Lebensmittel

Konventionelle Lebensmittel sind Produkte aus konventioneller Landwirtschaft. Unter konventioneller Landwirtschaft wird die herkömmliche Landwirtschaft verstanden. Dem­ent­sprechend wirtschaften die meisten landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland kon­ventionell. Ziel dieser Landwirtschaftsform ist die möglichst produktive Be­wirt­schaf­tung.

Auch in der konventionellen Landwirtschaft finden natürliche Kreisläufe Berücksichtigung. Allerdings ist nicht der geschlossene Betriebskreislauf die Zielsetzung, sondern die erhöhte Produktivität. Daher ist die Kreislaufwirtschaft kein betriebsintern geschlossenes System. So sind z.B. einige Betriebe auf die Erzeugung von Futtermitteln spezialisiert, andere auf die Tierhaltung. Dementsprechend ist in der konventionellen Landwirtschaft eine Entkopplung von Ackerbau und Viehzucht zu beobachten. Dennoch ist der Kreislauf erhalten, er wird jedoch nicht mehr in einem Betrieb, sondern durch mehrere Betriebe realisiert.

Um das Ziel der erhöhten Produktivität zu erreichen, werden im Bereich des Pflanzenbaus gezielt mineralische und chemische Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingesetzt, um so die Bodenfruchtbarkeit und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen zu erhöhen. Die Tiere werden nicht der Flächenbindung entsprechend gehalten, sondern in höheren Stückzahlen, wodurch Futtermittel zugekauft werden müssen.

Die geschilderten Zusammenhänge sind in Abbildung 4 grafisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Aufgebrochener Betriebskreislauf der konventionellen Landwirtschaft.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Neuerburg u.a. 1992, S. 12.

Die konventionelle Landwirtschaft lässt sich weiter nach dem Grad der Intensität der Landwirtschaft unterteilen. Der Grad der Intensität der Landwirtschaft wird bestimmt nach dem Grad der Spezialisierung[8] und der Intensivierung der Landwirtschaft. Um diese Kategorisierung zu verdeutlichen, werden die beiden Extreme industrielle und integrierte Landwirtschaft vorgestellt (vgl. dazu Abbildung 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Formen der konventionellen Landwirtschaft.

Quelle: Eigene Darstellung.

Ist die konventionelle Landwirtschaft durch einen sehr hohen Grad an Intensität geprägt, wird auch von intensiver bzw. industrieller Landwirtschaft gesprochen. Sie hat nicht nur das Ziel die Produktivität der Lebensmittelerzeugung zu steigern, sondern sie verfolgt das Ziel die Erträge zu maximieren. Die erforderliche Produktivitätsmaximierung ist nur durch eine sehr intensive Bewirtschaftung realisierbar. Die industrielle Landwirtschaft beinhaltet einen hohen Grad an Spezialisierung, intensive Bodenbearbeitung[9] sowie die vollständige Entkopplung von Ackerbau und Viehzucht. Die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln erfolgt mittels intensiver Massentierhaltung[10]. Auch hier gilt das Grundprinzip der Produktivitätsmaximierung.

Der industriellen Landwirtschaft gegenüber steht der integrierte Landbau. Er hat das Ziel „durch optimierte Produktionsmethoden befriedigende wirtschaftliche Erträge bei größtmöglicher Schonung der Umwelt zu erwirtschaften.“ (Böcker u.a. 2004, S. 11). So darf Kunstdünger angewendet werden, organischer Dünger hat allerdings Vorrang. Insbesondere unterscheidet sich der integrierte Landbau durch seine Tierhaltung. Zentrales Merkmal ist dabei das besonders tierfreundliche Stallhaltungssystem[11], welches den Tieren Liege-, Fress-, und Auslaufmöglichkeiten garantiert. Dementsprechend kann die integrierte Landwirtschaft auch als Kompromisslösung zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft verstanden werden.

2.2.1.3 Gegenüberstellung des ökologischen und konventionellen Landbaus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Bewirtschaftungsformen.

Quelle: Eigene Darstellung.

Der ökologische Landbau besitzt einen hohen Nachhaltigkeitsgrad, weil im Zuge des geschlossenen Betriebskreislaufs natürliche Ökosysteme erhalten bleiben. In diesem Sinne wird auch auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und mineralische Düngemittel verzichtet. Die damit einhergehende geringere Produktivität führt zu einem höheren Flä­chen­bedarf beim Pflanzenbau. Auch durch die artgerechte Tierhaltung steigt der Flä­chen­be­darf, da ausreichend große Weide- und Auslaufflächen zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese ökologischen Produktionsbedingungen stellen an die Halter häufig höhere Anforderungen. So ist z.B. die Tierbetreuung und die Einhaltung guter Hy­giene­be­din­gun­gen aufwendiger. Folglich ist die Erzeugung biologischer Produkte teuer und kann daher auch im Konflikt mit wirtschaftlichen Zielen stehen (vgl. Borowski u.a. 2006, S. 25). Die systembedingt höheren Kosten werden in Form höherer Verkaufspreise an den End­ver­brau­cher weitergegeben. Dadurch ist eine Ernährung nur durch Bio-Lebensmittel nicht für jeden finanzierbar.

Die konventionelle Landwirtschaft dagegen hat aufgrund ihrer Spezialisierung und ihrer geringeren ökologischen Anforderungen eine höhere Produktivität bei geringerem Flä­chen­be­darf und kann so kostengünstiger Lebensmittel produzieren. Dies wird durch den Ein­satz chemisch-synthetischer Düngemittel beim Pflanzenbau und durch die Mas­sen­tier­hal­tung bei der Viehzucht erreicht. In der Folge kann dies jedoch zu Rückständen auf den produzierten Lebensmitteln führen. Auch erhalten die Tiere insbesondere bei der in­dus­triellen Landwirtschaft aus Kostengründen häufig eine antibiotische Prophylaxe (vgl. Burdick u.a. 2004, S. 249 ff.; Rusche u.a. 2003, S. 230 ff.; Idel u.a. 2004, S. 197 ff.), die eben­falls zu Rückständen in den produzierten tierischen Waren führen können. Der ge­rin­gere Nach­haltigkeitsgrad der konventionellen Landwirtschaft ergibt sich aus dem auf­ge­bro­che­nen Betriebskreislauf. Dadurch ist es schwieriger das ökologische Gleichgewicht in der Landwirtschaft zu erhalten. Ein Beispiel für die Folgen eines gestörten ökologischen Gleich­gewichts stellt die Eutrophierung der Ostsee dar.[12] Zu dieser Sauerstoffarmut kommt es vor allem durch hohe Einträge von Stickstoff und Phosphor aus der Land­wirt­schaft infolge von Überdüngung (vgl. Umweltbundesamt 2004).

2.2.2 Anwendung des Qualitätsbegriffs auf Bio-Lebensmittel

2.2.2.1 Qualität nach der Bewirtschaftungsform

Generell kann nicht beantwortet werden, ob Bio-Lebensmittel eine bessere Qualität liefern als konventionelle Produkte. Für eine derartige Qualitätsbeurteilung mangelt es bislang noch an Ergebnissen vergleichender Untersuchungen (vgl. Dabbert u.a. 2003, S. 64). Allerdings gibt es bei konventionellen Lebensmitteln Risiken, die bei Bio-Lebensmitteln geringer sind. So ist das Risiko von Rückständen (Pestizide oder Nitrat in Lebensmitteln) bei Bio-Lebensmitteln geringer. Auch ist das BSE-Risiko geringer, da die Verfütterung von Tiermehl verboten ist (vgl. Dabbert u.a. 2003, S. 64 f.). Wie die Ausführungen zur Qualität gezeigt haben, ist die Qualitätsbeurteilung durch die subjektive Wahrnehmung des Beurteilers gekennzeichnet. Dabei ist entscheidend, welche Beurteilungskriterien herangezogen werden und wie diese gewichtet sind. Einigen Konsumenten ist diese Risikoreduktion wichtig und sie gewichten daher den von ihnen wahrgenommenen Sicherheitsgewinn stark. Dementsprechend haben Bio-Lebensmittel für sie eine bessere Qualität im Vergleich zu konventionellen Substituten[13], denen sie die Befriedigung dieses Sicherheitsbedürfnisses nicht zurechnen.

Zieht man als Beurteilungskriterium die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftungsmethode heran, wird deutlich, dass die ökologische Landwirtschaft nachhaltiger ist als die konventionelle. Daher wird in der Literatur auch davon gesprochen, dass Bio-Lebensmittel gegenüber herkömmlichen Lebensmitteln einen ökologischen Vorteil haben. Aus diesem Grund spricht Villiger von drei ökologischen Qualitätsstandards auf dem Lebensmittelmarkt. So unterteilt er in ein Segment „niedriger ökologischer Qualität“ mit konventionell produzierten Lebensmitteln, in ein Segment „mittlerer ökologischer Qualität“ in dem Erzeugnisse aus integrierter Produktion zu finden sind und in ein Segment „hoher ökologischer Qualität“, das durch Bio-Produkte repräsentiert wird (vgl. Villiger 2000a, S. 82 ff.). Dabei bestimmt sich er den Grad der ökologischen Qualität nach der Art des Anbaus und nach dem Grad der artgerechten Tierhaltung. Folglich bestimmt er die Lebensmittelqualität nur anhand ihrer Prozessqualität. Zu Villigers Ergebnis ist allerdings nur zu kommen, wenn man die gleichen Beurteilungskriterien wählt wie er. Geht man davon aus, dass es sich bei der von Villiger angeführten konventionellen Landwirtschaft um eine Form der intensiven Landwirtschaft handelt, wird sich hier Villigers Kategorisierung im Hinblick auf die ökologische Qualität angeschlossen.

Der Grundnutzen[14] von Lebensmitteln ist Stillung des Hungers bzw. Ernährung. Dieser Grundnutzen wird sowohl von ökologischen als auch konventionellen Lebensmitteln gedeckt. Der ökologische Vorteil, den Bio-Lebensmittel bieten, geht über den Grundnutzen hinaus und wird subjektiv wahrgenommen. Daher handelt es sich bei der ökologischen Qualität um einen Zusatznutzen, der für die Entwicklung von Marketingstrategien bedeutsamer ist als der Grundnutzen (vgl. Homburg u.a. 2003, S. 410). Auf diesen Aspekt soll im Verlauf dieser Arbeit näher eingegangen werden.

2.2.2.2 Qualitätsbegriff bei Bio-Lebensmitteln

Allgemein kann gesagt werden, dass die Qualität eines Bio-Lebensmittels durch die Gesamtheit der relevanten Produkteigenschaften bestimmt wird (vgl. Schmid u.a. 2005, S. 136). Bei Lebensmitteln können diese Eigenschaften gruppiert werden in ernährungsphysiologische Qualität, die den Gesundheitswert beschreibt (z.B. Inhaltsstoffe, Nährwert, Gehalt an Schadstoffen), die sensorische Qualität, darunter ist der Genusswert zu verstehen (z.B. Geschmack, Geruch, Aussehen, Konsistenz) und technologische Qualität (z.B. Haltbarkeit, Frische, Verpackung, Conveniencegrad[15] ). Diese Qualitäten sind messbare Eigenschaften. Gehen sie in ungewichteter Form in die Urteilsbildung ein, handelt es sich um die objektive Qualität des Bio-Lebensmittels (vgl. Böcker u.a. 2004, S. 12). Folglich handelt es sich bei der objektiven Lebensmittelqualität, um die Gesamtheit der Eigenschaften von Bio-Lebensmitteln. Bei der subjektiven Qualität dagegen geht es um die individuelle Beurteilung dieser Lebensmitteleigenschaften (vgl. Böcker u.a. 2004, S. 15). Darüber hinaus gewinnen der ökologische Wert (Umweltfreundlichkeit der Erzeugung etc.) und der ideelle Wert (Prestige etc.) zunehmend an Bedeutung (vgl. Hofmann u.a. 2007, S. 22; Kienzl–Plochberger u.a. 1999, S. 3 f.; Fries 2006, S. 8 f.; Lütke-Entrup u.a. 1996, S. 8 f.). Der ideelle Wert drückt auch aus, dass Lebensmittel heute dazu dienen, das Bedürfnis zu befriedigen, sich durch Konsum sozial zu unterscheiden.

Wie gerade ausgeführt, kann die Produktqualität von Bio-Lebensmitteln unterschieden werden in f unktionale Eigenschaften und Zusatznutzeneigenschaften (vgl. Schmid u.a. 2005, S. 136). Im Zusammenhang mit Bio-Lebensmitteln ist auch die Produktsicherheit, d.h. die Einhaltung der gesetzlich festgeschriebenen Richtlinien entlang der Wertschöpfungskette (Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung), eine Eigenschaft, durch welche die Qualität bestimmt wird.

Eine differenziertere Betrachtung der Qualität folgt aus der Unterscheidung in Produkt- und Prozessqualität. Die Produktqualität befasst sich mit den produktbezogenen Eigenschaften nach Garvin. Dabei kann bei Lebensmitteln zwischen gesundheitsfördernden Eigenschaften wie Inhaltsstoffen, Haltbarkeit oder Frische und gesundheitseinschränkenden Eigenschaften wie Schadstoffen oder Rückständen unterschieden werden (vgl. Henning 2002, S. 26). Folglich entspricht die Produktqualität den funktionalen Eigenschaften (Gesundheitswert, sensorische und technologische Eigenschaften). Bei der Prozessqualität, die Garvins prozessbezogener Sichtweise entspricht, geht es um Qualitätseigenschaften, die im Zusammenhang mit dem Herstellungsprozess, bestehend aus Anbau, Verarbeitung und Vermarktung, stehen. Auf jeder Prozessstufe können unterschiedliche Qualitätsausprägungen gefunden werden. Bei der Erzeugung wird die Qualität bspw. über die Art der Landbewirtschaftung oder die tiergerechte Haltung und Fütterung bestimmt. Bei der Verarbeitung werden die unterschiedlichen Qualitätsausprägungen z.B. über die Konservierungsmethoden oder die Zusatzstoffe bestimmt. Die Kriterien, die zu ökologischer Qualität auf der Verarbeitungsstufe führen, können aber auch zu Qualitätseinbußen bspw. bei der Produktqualität führen. So können alternative Formen der Konservierung die Haltbarkeitszeit im Vergleich zu konventionellen Konservierungsmethoden reduzieren. Die Auswahl von natürlichen Zusatzstoffen kann vom Konsumenten daher als ein sensorisches Qualitätsdefizit wahrgenommen werden. So erhielt bspw. die Bio-Tomatenkonserve von „Naturata“ (Demeter) von Stiftung Warentest die Bewertung „mangelhaft“. Dabei bekam das Produkt bei allen Qualitätsmerkmalen (chemische und mikrobiologische Qualität etc.) die Bewertungen „gut“ und „sehr gut“. Lediglich die sensorische Qualität stellte einen extremen Negativausreißer dar und wertete so das Gesamturteil ab. Zu dieser schlechten Beurteilung der Sensorik kam es, weil die konventionellen Produkte Zusatzstoffe wie z.B. Salz enthielten, die den Geschmack veredeln (vgl. Stiftung Warentest 11/2004, S. 22 ff.; Frühschütz 2007, S. 70). Beispiele für die Prozessqualität von Bio-Lebensmitteln sind der Umwelt- bzw. Naturschutz im Sinne von biologischem Anbau und artgerechter Tierhaltung.

Gerade bei der Prozessqualität ergibt sich das Problem, dass die Erzeugung der Produkte nicht oder nur schwer durch den Verbraucher überprüft werden kann. Dementsprechend können, wie eingangs dargestellt, die Qualitätseigenschaften auch nach dem Grad der Unsicherheit unterschieden werden.

Frische, Verpackungsgewicht etc. sind Eigenschaften, die direkt am „Point of Sale“[16] nachgeprüft werden können. Folglich handelt es sich um Sucheigenschaften. Dagegen können Eigenschaften wie Geschmack oder Lagerbarkeit erst beim Gebrauch festgestellt werden. Hierbei handelt es sich also um Erfahrungseigenschaften. Vertrauenseigenschaften hingegen sind nicht vom Verbraucher, sondern nur durch Dritte nachprüfbar. Doch gerade diese Vertrauenseigenschaften sind für die besondere Qualität von Bio-Lebensmitteln charakteristisch und sind vor allem durch Prozesseigenschaften bestimmt. So können die Verbraucher bspw. weder vor noch nach dem Kauf zu vertretbaren Kosten überprüfen, ob Umwelt- oder Tierschutzstandards bei der Produktion eingehalten wurden.

Gerade wegen der Dominanz der Vertrauenseigenschaften werden Lebensmittel aus ökologischem Landbau häufig in der Literatur als Vertrauensgüter bezeichnet. Dieser Klassifizierung wird sich hier nicht angeschlossen. Vielmehr handelt es sich bei Bio-Lebensmitteln um ein Bündel aus unterschiedlichen Eigenschaften (vgl. Brockhoff 1999, S. 22; Belz 1999a, S. 170). Denn Eigenschaften wie bspw. Geschmack oder Inhaltsstoffe sind häufig gerade für Bio-Lebensmittel entscheidende Verkaufsargumente und dürfen daher nicht vernachlässigt werden. Die Vertrauenseigenschaften sind ursächlich für die Ausweitung der Informationsasymmetrie auf dem Markt für Bio-Lebensmittel.

Aufgrund ihrer Prozessqualität wird Bio-Lebensmitteln nachgesagt, dass sie gesünder seien. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Bio-Lebensmittel zwar ein gesundes Image haben, aber „Bio“ nicht generell gesund bedeutet. Aufgrund des Ziels, aus der Öko-Nische zu treten, müssen sich die Bio-Produkte an den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten des Massenmarktes orientieren, um wettbewerbsfähig zu sein. Daher geht der Trend bei Bio-Produkten auch zur einfachen Handhabung (Covenience Food). So stammen die Zutaten einer Bio-Pizza oder eines Bio-Erfrischungsgetränks zwar zu 95 % aus biologischer Erzeugung, sie enthalten keine künstlichen Farb- und Aromastoffe und keine konventionellen Zusatzstoffe (siehe Art. 5 Abs. 3a EG-Öko-VO), doch das macht die Lebensmittel nicht gesund. Eine Bio-Pizza und ein Bio-Erfrischungsgetränk enthalten genauso wie ihre konventionellen Pendants einen hohen Fettanteil bzw. einen hohen Zuckergehalt. Folglich werden die Inhaltsstoffe hinsichtlich des Energiewerts nicht gesünder, nur weil es sich um Bio-Zutaten handelt.

3 Betrachtung des Marktes für Bio-Lebensmittel in Deutschland

3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen nach der EG-Öko-Verordnung

Die gesetzliche Grundlage für ökologisch erzeugte Lebensmittel bildet die „Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau/die biologische Landwirtschaft und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel“ (kurz: EG-Öko-Verordnung). Die EG-Öko-Verordnung bestimmt EU-einheitliche Mindestanforderungen für die Erzeugung, Verarbeitung, Kennzeichnung und Kontrolle von Rohstoffen und Lebensmitteln (vgl. Frühschütz 2006, S. 11). Der Anwendungsbereich der Verordnung umfasst pflanzliche und tierische Lebensmittel (siehe Art. 1 EG-Öko-VO). Ziel ist der Schutz der Konsumenten vor Täuschungsversuchen und der Anbieter von Bio-Produkten vor unlauterem Wettbewerb. Darüber hinaus ist die EG-Öko-Verordnung ein Instrument zur Sicherung von Qualitätsstandards.

Bio-Lebensmittel unterscheiden sich durch ihre ökologische Qualität, die sich aufgrund ihrer Erzeugung ergibt. Daher wurden die Grundregeln für die ökologische Landwirtschaft bereits in Kapitel 2.2.1.1 dargestellt.

[...]


[1] Es wird von einer Öko-Nische gesprochen, wenn der Marktanteil von Lebensmitteln aus ökologischer Erzeugung unter 5 % des Gesamtlebensmittelmarktes liegt (vgl. Belz u.a. 1997, S. 9). Der Marktanteil für Bio-Lebensmittel lag 2007 bei ca. 3 % (vgl. GFK Gruppe 2008; Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie 2008).

[2] Ein Beispiel für so ein von Dritten vorgegebenes Maß ist ein Testergebnis der Stiftung Warentest, bei dem sich die Qualität als rein technische Summe von messbaren Eigenschaften ergibt (vgl. Böhm u.a. 2007, S. 7, 9).

[3] Zur Wertung bedarf es einer subjektiven Auffassung und dieser Qualitätsbegriff bezieht sich lediglich auf die einzelnen ungewichteten Produktmerkmale (vgl. Lisowsky 1928, S. 37; Böhm u.a. 2007, S. 7)

[4] Weiterführende Literatur zu diesem Thema: Stigler 1961; Stiglitz 1974; Spence 1976.

[5] Entsprechend der EG-Öko-Verordnung werden in dieser Arbeit die Begriffe „biologische“ und „ökologische Lebensmittel“ synonym verwendet (siehe dazu Kapitel 3.1). Weiter werden im Folgenden die Begriffe „Lebensmittel aus ökologischem Landbau/Anbau“, „Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft“, „Lebensmittel aus alternativem Anbau“, „Bio-Produkte“, „Öko-Lebensmittel“ oder „ökologisches Produkt“ synonym für Bio-Lebensmittel verwendet (vgl. zur synonymen Verwendung auch Jung 1998, S. 43; Haberer 1996, S. 375).

[6] Das bedeutet, dass sich die Fruchtfolge jährlich ändert, wodurch die Bodenfruchtbarkeit erhalten und die Widerstandskraft der Pflanzen gegen Schädlinge gestärkt wird. Außerdem werden von vornherein robuste und auf die Region abgestimmte Pflanzen, die weniger anfällig für Umwelteinflüsse sind, eingesetzt. Als Zwischenfrucht werden Leguminosen (Bohnen, Erbsen, Lupinen oder Klee) gepflanzt, die den Boden mit Stickstoff anreichern und auflockern (vgl. Frühschütz 2006, S. 6 f.; Brugger 1981, S. 32).

[7] Die Tiere werden unter artgerechten Lebensbedingungen gehalten. Sie erhalten Auslauf auf der Weide und können ihr art­spe­zi­fi­sches Bewegungs- und Beschäftigungsbedürfnis ausleben. Die Tiere aus ökologischer Landwirtschaft werden mit ökologisch er­zeug­tem Futter ernährt oder grasen auf der Weide, es wird kein Knochenmehl verfüttert (vgl. Schmid u.a. 2005, S. 27). Sie erhalten keine präventive Medikamentenvergabe, Masttieren wird mehr Zeit zum Wachsen gelassen, sie leben in einer vielfältigeren Um­ge­bung mit Tageslicht, frischer Luft und mehr Platz als in konventioneller Tierhaltung und die Intensität der Fütterung ist reduziert. Auch die Stallhaltung ist bedürfnisgerecht.

[8] Unter Spezialisierung ist z.B. der Grad der Entkopplung von Ackerbau und Viehzucht zu verstehen, wie etwa die Spezialisierung auf die Produktion von Milch.

[9] Unter intensive Bodenbearbeitung fällt die Zucht von Monokulturen bzw. eine vereinfachte oder einseitig übertriebene Fruchtfolge, deren Rentabilität durch vermehrten Einsatz von Düngemitteln und Chemikalien und durch intensiven Einsatz von landwirtschaftlicher Technik gesichert wird. Die zunehmende Mechanisierung erfordert einen hohen Kapital- und Energieeinsatz (vgl. Tauscher u.a. 2003, S. 12; Brugger 1981, S. 29 f.; KATALYSE Institut Köln 2004; Borowski u.a. 2006, S. 6).

[10] Intensive Massentierhaltung bedeutet, dass Masttiere in intensiven Haltungssystemen gehalten werden. In intensiven Haltungssystemen besitzen die Tiere nur geringste Bewegungsmöglichkeiten ohne jegliche Möglichkeit für artgerechtes Verhalten (vgl. Burdick u.a. 2004, S. 249 ff.; Rusche u.a. 2003, S. 230 ff.; Idel u.a. 2004, S. 197 ff.).

[11] Die Tiere dürfen nicht fixiert werden, vielmehr sind dem natürlichen Verhalten der Tiere angepasste Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten zu fördern. Es muss für genügend Tageslicht und ein geeignetes Stallklima gesorgt werden (vgl. Villiger 2000a, S. 84).

[12] Die Nährstoffe Phosphor und Stickstoff, die vor allem aus der Landwirtschaft in die Ostsee gelangen, verursachen massive Algenblüten. Die absterbenden Algen wiederum führen zu einem chronischen Sauerstoffmangel. 70.000 Quadratkilometer der Ostsee haben sich wegen Sauerstoffmangels in Folge der Überdüngung des Meeres in tote Zonen verwandelt. (vgl. WWF 2008; Umweltbundesamt 2004)

[13] Substitute sind Austauschprodukte.

[14] Grundnutzen ist die elementare Leistung eines Produkts zur Erfüllung grundlegender Anforderungen (vgl. Baranek 2007, S. 31).

[15] Conveniencegrad: Verarbeitungsgrad der Lebensmittel. Fertigprodukte sind Connvenienceprodukte.

[16] Point of Sale = Ort des Verkaufs.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836634366
DOI
10.3239/9783836634366
Dateigröße
1014 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Betriebswirtschaft, Betriebswirtschaftslehre, Abt. Marketing und Technologiemanagement
Erscheinungsdatum
2012 (Juni)
Note
1,3
Schlagworte
qualität informationsasymmetrie branchenstrukturanalyse eg-ökoverordnung bio-siegel
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