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Koordinationsmechanismen im Supply Chain Management

©2008 Diplomarbeit 110 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den letzten Jahren ist dem Thema Supply Chain Management in der betriebswirtschaftlichen Forschung und der unternehmerischen Praxis viel Aufmerksamkeit zugekommen. Diese Entwicklung lässt sich auf die Dynamisierung des Wettbewerbsumfeldes zurückzuführen, die durch die anhaltende Tendenz zu Globalisierung, steigenden Effizienzdruck und immer weiter ansteigende Kundenanforderungen hinsichtlich Qualität, Zeit und Preis bestimmt wird. Ständig zunehmende Intensität und die Komplexität von internationalen Wirtschaftsbeziehungen führen dazu, dass immer mehr Unternehmen in grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten eingebunden werden. Mit dem Ziel der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen stellt die Koordination mehrstufiger, vernetzter Wertschöpfungsprozesse die zentrale Aufgabe des Supply Chain Managements dar. Bei der Koordination handelt es sich um eine wechselseitige Abstimmung einzelner Aktivitäten der Beteiligten in Bezug auf ein übergeordnetes Gesamtziel.
Die zielgerichtete Koordination aller Wertschöpfungsprozesse erfordert eine integrierte, abgestimmte, unternehmensübergreifende Planung der Leistungserstellung. Supply Chain Management bewegt sich dabei im Spannungsfeld zwischen einem zentralen Planungsansatz mit dem Ziel, der notwendigen simultanen Berücksichtigung aller an der Leistungserstellung beteiligten Prozesse gerecht zu werden, und einer in der Praxis etablierten und wesentlich einfacher durchsetzbaren dezentralen Herangehensweise. Bei der Auswahl des Koordinationsprinzips besteht das grundsätzliche Problem darin, dass die Supply Chain aus rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen besteht und die Unterschiede in der Zusammenarbeit im Supply Chain Management überwiegend durch die bestehenden Machtverhältnisse zwischen den Unternehmen in der Supply Chain bestimmt werden. Existiert in einer Supply Chain ein dominantes Unternehmen, von dem die anderen Unternehmen der Supply Chain abhängen, kann dieses direkten Einfluss auf die untergeordneten Unternehmen ausüben und damit die Supply Chain autonom steuern, so dass eine zentrale bzw. hierarchische Koordination vorliegt. Besteht eine Supply Chain aus gleichberechtigten Unternehmen, müssen die agierenden Unternehmen ihre Aktivitäten mit dem Ziel einer fairen Aufteilung des Nutzens gemeinsam aufeinander abstimmen, damit für alle Unternehmen die Zusammenarbeit attraktiv ist; so muss hier die Koordination der dezentral bzw. heterarchisch geplanten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jelena Kolesnewa
Koordinationsmechanismen im Supply Chain Management
ISBN: 978-3-8366-3432-8
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

I
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis ... IV
Abkürzungsverzeichnis ... V
Symbolverzeichnis ... VII
1.
Einleitung ... 1
1.1
Zielsetzung der Arbeit ... 1
1.2
Aufbau der Arbeit ... 2
2.
Grundlagen ... 6
2.1
Supply Chain Management ... 6
2.2
Planungsaufgaben des Supply Chain Managements ... 7
2.3
SC-Verhalten bei fehlender Koordination: Bullwhip-Effekt ... 9
2.4
Koordinationshindernisse im SCM ... 11
2.5
Theoretische Konzepte zur SC-Koordination ... 13
3.
Direkte Koordination bei der hierarchischen Koordinationsrichtung ... 14
3.1
Problemstellung ... 14
3.2
Hierarchisches Koordinationskonzept ... 15
3.3
Koordinationsmechanismen ... 18
3.3.1
Koordination durch Weisungen ... 19
3.3.2
Koordination durch Selbstabstimmung ... 19
3.3.3
Koordination durch Programme ... 20
3.3.4
Koordination durch Pläne ... 21
3.3.5
Hierarchische Koordinationsformen oder Differenzierung der
hierarchischen Koordination nach Groll ... 22
3.4
Spezifische Ausprägung der hierarchischen Koordinations-mechanismen im
Supply Chain Management ... 23
3.4.1
Koordination durch Programme: Standardisierung ... 23
3.4.2
Koordination durch Pläne ... 26
3.5
Beurteilung der hierarchischen Koordinationsformen... 29
4.
Direkte Koordination bei der heterarchischen Koordinationsrichtung ... 33
4.1
Problemstellung ... 33
4.2
Heterarchisches Koordinationskonzept ... 35
4.3
Koordinationsmechanismen ... 36
4.4
Supply Chain Koordination durch Vertragsdesign ... 38
4.4.1
Double Marginalization ... 40
4.4.2
Informationsasymmetrie zwischen Vertragspartnerpartnern ... 42

II
1.1.1.1
Typen von Informationsasymmetrie ... 43
4.4.2.1
Lösungsempfehlungen für erfolgsreiche Partnerschaft ... 45
4.4.2.2
Schlussfolgerung ... 47
4.4.3
Zeitungsjungenproblem ... 48
4.4.3.1
Problemstellung ... 48
4.4.3.2
Annahmen und Voraussetzungen des Modells ... 49
4.4.3.3
Formulierung des Modells ... 50
4.4.3.4
Beispiel ... 53
4.4.4
Vertragsgestaltung ... 54
4.4.4.1
Großhandelspreisvertrag ... 54
4.4.4.2
Vertrag mit Rücknahmegarantie ... 60
4.4.4.3
Vertrag mit Umsatzteilung ... 63
4.4.4.4
Zusammenfassung und Vergleichsanalyse alternativer
Vertragsformen ... 66
4.5
Beurteilung der heterarchischen Koordination ... 69
5.
Indirekte Koordination im SCM ... 71
5.1
Vertrauen und Netzwerkkultur als indirekte Koordinationsmechanismen ... 71
5.2
Vertrauen im theoretischen Kontext der Prinzipal-Agent-Theorie ... 72
5.3
Einfluss von Vertrauen auf die Koordinationsrichtung in der Supply Chain . 73
5.3.1
Selbstabstimmung und Kontrollverzicht als Einflussfaktoren auf die
Koordinationsform ... 74
5.3.2
Dynamische Veränderungen der Koordinationsformen ... 76
5.4
Beurteilung der indirekten Koordination ... 78
6.
Fallstudie zur Analyse der Koordinationsformen der Supply Chain am
Beispiel einer Supply Chain der Pharma-Industrie ... 80
6.1
Einleitung ... 80
6.2
Koordinationsformen im Rahmen des Supply Chain Planning ... 82
6.3
Analyse der Ergebnisse der Supply Chain Planning in Abhängigkeiten der
Koordinationsformen ... 85
6.4
Probleme und Möglichkeiten des Übergangs von einer dezentralen zu einer
zentralen Koordination ... 86
6.5
Schlussfolgerung ... 87
7.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Implikationen für die Praxis ... 88
Literaturverzeichnis ... 93

III
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Abhängigkeit der Gewinne vom Großhandelspreis
56
Tabelle 2: Rücknahmepreise, Bestellmenge und Gewinne in Abhängigkeit vom
Großhandelspreis bei einem Vertrag mit Rücknahmegarantie
62
Tabelle 3: Umsatzanteil, Bestellmenge und Gewinne in Abhängigkeit vom
Großhandelspreis bei einem Vertrag mit Umsatzteilung
66
Tabelle 4: Gewinne bei den einzelnen Vertragsformen
68
Tabelle 5: SC-DB bei verschiedenen Koordinationsformen im SCP
85

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vertikale Interdependenzen im Supply Chain Management
8
Abbildung 2: Nachfrageschwankungen entlang der Supply Chain
10
Abbildung 3: Spektrum der Koordination
13
Abbildung 4: Hierarchisches Koordinationskonzept
16
Abbildung 5: Standardisierung auf den vier Kommunikationsebenen
24
Abbildung 6: Der Koordinationszyklus als angepasster Planungs- und Kontrollzyklus
für das Supply Chain Management
27
Abbildung 7: Heterarchisches Koordinationskonzept
35
Abbildung 8: Gewinnfunktionen in Abhängigkeit des Großhandelspreises
57
Abbildung 9: Dynamische Veränderungen der Koordinationsformen
78
Abbildung 10: Relevanter Ausschnitt der betrachteten SC für Infusionslösungen
81
Abbildung 11: Vollständig dezentrales SCP und partiell zentralisiertes SCP
82
Abbildung 12: Ergebnisse des zentralen SCP
84

V
Abkürzungsverzeichnis
4 PL
4
th
Party Logistics Provider
APS-Systeme
Advanced Planning Systeme
bzw. beziehungsweise
CPFR
Collaborative Planning, Forecasting and
Replenishment
d.h. das
heißt
DV-Systemen Datenverarbeitungsysteme
DZ1
heterarchische (dezentrale) Koordination
DZ2
partiell zentralisierte Koordination
EAN
European Article Number
EDIFACT
Electronic Data Interchange For
Administration, Commerce and Transport
EDI-Nachrichten Elektronischer
Datenaustausch
ERP-Systeme
Enterprise Resource Planning
GCI- Scorecard
Global Commerce Initiative
GE Geldeinheit
Hrsg. Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
i.e.S
im engeren Sinne
ILN
Die Internationale Lokationsnummer
LP Leistungsprogramme
LPP Leistungsprogrammplanung
ME Mengeneinheiten
No. Number
Nr. Nummer
NVE-Codes
Die Nummern der Versandeinheit in der
Konsumgüterindustrie
ODETTE
Organisation for Data Exchange and Tele
Transmission Europe
OSI-Referenzmodell
Open System Interconnection
Referenzmodell
S. Seite

VI
SC Supply
Chain
SCC
Supply Chain Configuration
SC-DB
Supply Chain Deckungsbeitrag
SCE
Supply Chain Execution
SCM
Supply Chain Management
SCOR-Referenzmodell
Supply-Chain Operations Reference
Modell
SCP
Supply Chain Planning
SEDAS Standardregelugen Einheitlicher
DatenAustauschSysteme
u.a. unter
anderem
VDA
Der Verband der Automobilindustrie
Vgl. Vergleiche
VMI
Vendor Managed Inventory
Vol. Volume
XML-Sprachen
Die Extensible Markup Language
z. B.
Zum Beispiel
Zentral hierarchische,
einseitige Koordination
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft

VII
Symbolverzeichnis
% Prozent
ä
Gewinn des Herstellers
Gewinn des Händlers
Gewinn des Lieferanten in einer Periode
Gewinn der gesamten Supply Chain
Kosten des Herstellers in einer Periode
Gesamtkosten der Supply Chain in einer
Periode
,
mit j(i)=1,...,J(i), den j(i)-ten Standort zur
Durchführung des i-ten Wertschöpfungs-
prozesses
Menge an Standorten, an denen
Ressourcen zur Durchführung des i-ten
Wertschöpfungsprozesses zur Disposition
stehen
Überbestandskosten
/
Unterbestandskosten
[
/
optimale Bestellmenge des Herstellers
optimale Bestellmenge der Supply Chain
Euro
I
Anzahl der stationären
Wertschöpfungsprozesse (i=1,...,I), z.B.
Produktions-, Lager- und Umschlags-
prozesse, die in einer SC, bzw. dem
problemrelevanten Ausschnitt einer SC,
durchgeführt werden
Erwartungswert des Gewinns bei
Bestellmenge

VIII
bestellfixen
Kosten
jährliche Gesamtnachfrage nach
Endprodukt
Verteilungsfunktion
der
Zufallsvariable
Rüstkosten
Erwartungswert der Kosten bei
Bestellmenge
Dichtefunktion der Zufallsvariable
Rückgabepreis
[
/
Lagerhaltungskosten
/
Umsatzanteil
Verkaufspreis
/
Bestellmenge in
Rücknahmepreis
/
variable Stückkosten /Fertigungskosten
[
/
Großhandelspreis
/
Nachfrage an einem Tag in
ME
Umkehrfunktion der
Standardnormalverteilung
Erwartungswert
Standardabweichung

1
1. Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit
In den letzten Jahren ist dem Thema Supply Chain Management in der
betriebswirtschaftlichen Forschung und der unternehmerischen Praxis viel
Aufmerksamkeit zugekommen. Diese Entwicklung lässt sich auf die Dynamisierung des
Wettbewerbsumfeldes zurückzuführen, die durch die anhaltende Tendenz zu
Globalisierung, steigenden Effizienzdruck und immer weiter ansteigende
Kundenanforderungen hinsichtlich Qualität, Zeit und Preis
bestimmt wird.
1
Ständig
zunehmende Intensität und die Komplexität von internationalen Wirtschaftsbeziehungen
führen dazu, dass immer mehr Unternehmen in grenzüberschreitende
Wertschöpfungsketten eingebunden werden.
2
Mit dem Ziel der Schaffung von
Wettbewerbsvorteilen stellt die Koordination mehrstufiger, vernetzter
Wertschöpfungsprozesse die zentrale Aufgabe des Supply Chain Managements dar. Bei
der Koordination handelt es sich um eine wechselseitige Abstimmung einzelner
Aktivitäten der Beteiligten in Bezug auf ein übergeordnetes Gesamtziel.
3
Die zielgerichtete Koordination aller Wertschöpfungsprozesse erfordert eine integrierte,
abgestimmte, unternehmensübergreifende Planung der Leistungserstellung.
4
Supply
Chain Management bewegt sich dabei im Spannungsfeld zwischen einem zentralen
Planungsansatz mit dem Ziel, der notwendigen simultanen Berücksichtigung aller an
der Leistungserstellung beteiligten Prozesse gerecht zu werden, und einer in der Praxis
etablierten und wesentlich einfacher durchsetzbaren dezentralen Herangehensweise.
5
Bei der Auswahl des Koordinationsprinzips besteht das grundsätzliche Problem darin,
dass die Supply Chain aus rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen
besteht und die Unterschiede in der Zusammenarbeit im Supply Chain Management
überwiegend durch die bestehenden Machtverhältnisse zwischen den Unternehmen in
der Supply Chain bestimmt werden. Existiert in einer Supply Chain ein dominantes
Unternehmen, von dem die anderen Unternehmen der Supply Chain abhängen, kann
dieses direkten Einfluss auf die untergeordneten Unternehmen ausüben und damit die
1
Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 3.
2
Vgl. Steven/Bochum (1995), S. 195.
3
Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 54.
4
Vgl. Sucky (2004), S. 1.
5
Vgl. Alicke (2005), S. 287.

2
Supply Chain autonom steuern, so dass eine zentrale bzw. hierarchische Koordination
vorliegt. Besteht eine Supply Chain aus gleichberechtigten Unternehmen, müssen die
agierenden Unternehmen ihre Aktivitäten mit dem Ziel einer fairen Aufteilung des
Nutzens gemeinsam aufeinander abstimmen, damit für alle Unternehmen die
Zusammenarbeit attraktiv ist; so muss hier die Koordination der dezentral bzw.
heterarchisch geplanten Leistungsprogramme erfolgen.
Je nachdem ob eine Supply Chain oder einzelne Kunde-Lieferantenbeziehung innerhalb
einer Supply Chain eher zum hierarchischen oder heterarchischen Ansatz zur Steuerung
von Netzwerkprozessen neigt, eignen sich unterschiedliche Koordinationsmechanismen.
Außerdem kann das Vertrauen ergänzend zu den Machtverhältnissen zwischen den
Supply Chain Partnern auf die Koordinationsform Einfluss ausüben, wobei die
grundlegenden Machtverhältnisse zwischen den Unternehmen unverändert bleiben.
6
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit müssen somit die bestehenden Mechanismen zur
Koordination in Bezug auf die Koordinationsrichtung (hierarchische bzw.
heterarchische) zwischen den Unternehmen innerhalb der Supply Chain behandelt
werden, um die Zusammenarbeit erfolgreich, mit dem Ziel der gemeinsamen
Optimierung der Supply Chain, gestalten zu können.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nach dem einleitenden ersten Teil werden im zweiten Teil die notwendigen Grundlagen
des Supply Chain Management für das Verständnis der Arbeit erläutert. Es werden
zunächst im Kapitel 2.1 die verwendeten Begriffe und die Ziele des Supply Chain
Management dargestellt. Im Weiteren erfolgt eine Vorstellung der wichtigsten
Planungsaufgaben des Supply Chain Management, wobei sich SCM als hierarchisches
Planungskonzept auf drei interdependenten Planungsebenen im Hinblick auf den
Planungshorizont und die Planungsobjekte darstellen lässt. Im Kapitel 2.3 wird das
Supply Chain Verhalten bei der fehlenden Koordination betrachtet, das durch Bullwhip-
Effekt gekennzeichnet ist. Anschließend sind zudem im Kapitel 2.4 die Hindernisse für
die Umsetzung der Koordination im Supply Chain Management auszuführen; hierzu
gehören das Double-Marginalization-Problem und Informationsasymmetrie. Die
Überwindung dieser Probleme ist die Hauptaufgabe der Koordination im Supply Chain
6
Vgl. Groll (2004), S. 3.

3
Management und spielt in dieser Arbeit eine wichtige Rolle. Der allgemeine Teil
schließt mit Kapitel 2.6 ab, in diesem werden die bestehenden Konzepte zur Supply
Chain Koordination dargestellt werden, wobei hier zwischen direkter und indirekter
Koordination unterschieden wird.
Der dritte Teil der Arbeit widmet sich der direkten Koordination bei der hierarchischen
Koordinationsrichtung. Ein hierarchisches Koordinationskonzept basiert auf den
Grundlagen der hierarchischen Planung. Dazu wird ein von Schneeweiss entwickeltes
Konzept der hierarchischen Planung dargestellt, dem ein Top-Down-Gedanke zu
Grunde liegt. Anschließend werden im Kapitel 3.2 nun die geeigneten
Koordinationsmechanismen zur Lösung des Koordinationsbedarfs in einer Supply
Chain mit hierarchischer Koordinationsrichtung vorgestellt. Hierbei lassen sich die
Koordination durch Pläne, durch Programme, durch persönliche Weisungen und durch
Selbstabstimmung unterscheiden, die dem zeitlichen Ablauf der Koordination
zugeordnet sind. Während zum Zwecke einer vorausschauenden Abstimmung die
Vorauskoordination erfolgt, wird als eine Reaktion auf Störungen, die
Feedbackkoordination angewendet. Im Folgenden werden die genannten
Koordinationsmechanismen detailliert behandelt. Im Kapitel 3.2.5 wird nach Groll die
hierarchische Koordination in hierarchische, einseitige und hierarchische, beidseitige
Koordination differenziert, je nachdem welche Koordinationsmechanismen angewendet
und wie sie miteinander kombiniert werden. Im nächsten Schritt wird gezeigt, wie die
Koordinationsmechanismen der Vorauskoordination Programme und Pläne konkret in
der Praxis angewendet werden. Es wird dazu ein Koordinationszyklus dargestellt, der
die ablauforganisatorische Rahmen für die verschiedenen Koordinationsformen
repräsentiert, nämlich für hierarchische, einseitige Koordination, hierarchische,
beidseitige Koordination und heterarchische Koordination, wobei er je nach der
Koordinationsform unterschiedlich ausgeprägt wird. Zum Abschluss dieses Teils
werden die hierarchischen Koordinationsformen verglichen und beurteilt, indem die
Unterschiede der konkreten Ausgestaltung der alternativen Koordinationsformen
identifiziert werden und untersucht wird, worin die Vor- und Nachteile der einzelnen
hierarchischen Koordinationsformen bestehen.
Gegenstand des vierten Teils sind die Ansätze zur direkten Koordination bei der
heterarchischen Koordinationsrichtung in Supply -Chains. Dabei zählen zu den
möglichen Koordinationsmechanismen für einen unternehmensübergreifenden Einsatz

4
die Koordination durch Preise und die Koordination durch Selbstabstimmung. Die
Selbstabstimmung stellt einen Hauptkoordinationsmechanismus bei der heterarchischen
Koordination dar. Im Rahmen der Selbstabstimmung spielen Supply Chain Verträge
eine wichtige Rolle, wobei diese häufig die einzige Möglichkeit der Koordination
darstellen und damit zur Optimierung der Supply Chain beitragen. Wie die Supply
Chain durch die Supply Chain Verträge koordiniert werden kann, wird im Kapitel 4.4
behandelt. Hierzu sind in Kapitel 4.4.1 und 4.4.2 Problembereiche wie Double
Marginalization Problem und Informationsasymmetrie vorzustellen, die im Rahmen der
Gestaltung von Verträgen auftreten. Darauf aufbauend werden im Kapitel 4.4.2.2
mögliche Lösungsempfehlungen für eine erfolgreiche Partnerschaft dargestellt. Zur
Lösung des Marginalization Problems werden zunächst die relevanten theoretischen
Grundlagen wie das Zeitungsjungenproblem als Grundmodell der stochastischen
Lagerhaltungstheorie vorgestellt. Im Kapitel 4.4.4 wird an Beispielen gezeigt, wie durch
die Wahl passender Verträge zwischen den beteiligten Partnern und durch das Verhalten
der Entscheidungsträger die Supply Chain koordiniert werden kann, d.h. eine
systemweite Effizienzsteigerung in der Supply Chain erzielt wird. Es werden nur drei
Typen von Verträgen betrachtet: Großhandelspreisvertrag, Vertrag mit
Rücknahmegarantie und Vertrag mit Umsatzteilung, wobei sich das Design von
Verträgen als Instrument zur Bestellmengenplanung in der Supply Chain darstellt. Im
Kapitel 4.4.4.4 werden die Vertragsformen verglichen und analysiert. Die Beurteilung
der heterarchischen Koordination schließt den vierten Teil ab.
Der fünfte Teil der Arbeit widmet sich der indirekten Koordination. Hier werden
Vertrauen und Netzwerkkultur als indirekte Koordinationsmechanismen vorgestellt. Im
Kapitel 5.2 wird das Vertrauen im theoretischen Kontext der Prinzipal-Agent-Theorie
analysiert, im Hinblick auf die Überwindung von Adverse Selection, Hold-Up und
Moral Hazard durch explizite Anreizsysteme und Sanktionen, sodass Vertrauen an
deren Stelle treten kann. Im folgenden Kapitel 5.3 wird gezeigt, welcher Einfluss das
Vertrauen auf die Koordinationsrichtung in der Supply Chain ausüben kann.
Im sechsten Teil wird eine Fallstudie beschrieben, in der drei Koordinationsformen am
Beispiel einer real existierenden Supply Chain der Pharma-Industrie betrachtet werden.
Vorgestellt und analysiert wird, wie der konkrete Planungsprozess in Abhängigkeit der
Koordinationsformen gestaltet ist und welche Implikationen sich durch die Anwendung

5
verschiedenen Koordinationsformen auf die Ergebnisse des Supply Chain Planning
ableiten lassen.
Der siebte Teil fasst in einem Fazit die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und liefert
einen Ausblick auf weiterführende Forschungsfelder.

6
2. Grundlagen
2.1 Supply Chain Management
Aufgrund der von Praktikern verfolgten unterschiedlichen Ziele und der zu Grunde
gelegten unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Autoren herrscht in der Literatur
eine definitorische Vielfalt bezüglich der Begriffe Supply Chain und Supply Chain
Management.
7
So stellt Ross fest:"As in the case with any management philosophy,
especially one that is still in the process of evolving, available definitions of scm can be
characterized as possessing a wide spectrum of different meanings and equally
numerous applications."
8
In der Praxis versteht man unter einer Supply Chain
gewöhnlich ein Netzwerk bzw. einen Wertschöpfungsverbund aus verschiedenen
Partnern, insbesondere Lieferanten, Produzenten, logistischen Dienstleistern und
Kunden, durch den die Beschaffungs-, Produktions- und Absatzaktivitäten eines
Unternehmens mit denen auf den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen
verknüpft werden
.
9
Für den deutschsprachigen Raum wird nach Busch/ Dangelmaier
häufig eine Definition des Supply Chain Management von Scholz-Reiter/Jakobza
verwendet
10
: ,,Supply Chain Management, als Lieferkettemanagement, ist die
unternehmensübergreifende Koordination der Material- und Informationsflüsse über
den gesamten Wertschöpfungsprozess von der Rohstoffgewinnung über die einzelnen
Veredelungsstufen bis hin zum Endkunden mit dem Ziel, den Gesamtprozess sowohl
zeit- als auch kostenoptimal zu gestalten."
11
Das Konzept des Supply Chain
Managements zielt somit auf die Schaffung von Transparenz entlang der
Wertschöpfungsprozesse, den Abbau von Informationsasymmetrien, die ganzheitliche
Wertschöpfungsketteorientierung, sowie die Beschleunigung der Material- und
Informationsflüsse.
12
Im Gegensatz zur klassischen Logistik, die sich lediglich mit der
Steuerung unternehmensinterner Aktivitäten befasst, liegt die Besonderheit des Supply
Chain Management in dem unternehmensübergreifenden Charakter der betrachteten
Problemstellungen und Aufgaben.
13
Durch eine prozessorientierte Planung und
7
Vgl. Stevens (2005), S. 42 und Sucky (2004), S. 18-21.
8
Ross (2007), S. 4.
9
Vgl. Steven/Bochum (1995), S. 195.
10
Vgl. Busch/Dangelmaier (2004); S. 6. Einen Überblick zu anderen Definitionen von Supply Chain
Management, die im deutschsprachigen Raum verwendet werden, gibt Sucky (2004), S. 19. Für einen
Überblick über Supply Chain Management Definitionen im angelsächsischen Sprachraum siehe Tan
(2001), S. 39-40. und Grünauer (2001), S. 17-18.
11
Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 4-5.
12
Vgl. Winkler (2005), S. 11 und Busch/Dangelmaier (2004), S. 8.
13
Vgl. Hansmann (2001), S. 295.

7
Optimierung der Beschaffungs-, Produktions- und Distributionsprozesse zwischen allen
Supply Chain Partnern (Lieferanten, Herstellern, Logistikdienstleistern, Händlern und
Kunden) lassen sich Effizienzsteigerungen und Wettbewerbsvorteile erzielen.
14
Der Kern des Konzepts des
Supply Chain Managements ist es, dass nicht einzelne
Unternehmen im Wettbewerb zueinander stehen, sondern Wertschöpfungsketten
miteinander konkurrieren, so dass eine partielle Optimierung die Konkurrenzfähigkeit
der Supply Chain in Gefahr bringen kann.
15
Wettbewerbsvorteile von Supply Chain zu
erreichen, erfordert eine Koordination der Wertschöpfungsprozesse zwischen den
einzelnen Akteuren der gesamten Supply Chain von den Rohstofflieferanten bis zu den
Endkunden und eine Integration der Informationssysteme. Hierbei ist die
Grundvoraussetzung eines effizienten Supply Chain Managements ein kooperatives
Verhalten aller Wirtschaftssubjekte einer Wertschöpfungskette, sodass die faire
Verteilung des Zusatzgewinns Bestandsteil eines umfassenden Supply Chain
Managements ist.
16
2.2 Planungsaufgaben des Supply Chain Managements
Das Supply Chain Management setzt einen arbeitsteiligen Leistungsprozess voraus, der
über den Einflussbereich der einzelnen Unternehmen hinausgeht und die Integration der
einzelnen Leistungsprozesse impliziert. Somit muss die zu erfüllende Gesamtaufgabe in
die Teilaufgaben zerlegt und dann den einzelnen Supply Chain Akteuren zugeordnet
werden. Nach der Lösung der Teilaufgaben werden diese wieder zur Gesamtaufgabe
zusammengeführt.
17
Dies erfordert eine entsprechende Planung bzw. Erfassung der
Aufgaben und Prozesse, d.h. dass die Leistungserstellung der einzelnen Akteure durch
eine entsprechende Planung vorbereitet werden muss.
Unter Planung versteht man die zielgerichtete Vorbereitung oder Festlegung des
zukünftigen Handelns. Die Planungsaufgaben lassen sich je nach Länge des
Planungshorizonts und der Entscheidungsbedeutung in langfristige (strategische),
mittelfristige (taktische) und kurzfristige (operative) Planungsebenen unterteilen, die
den betrieblichen Funktionsebenen der Supply Chain Beschaffung, Produktion,
14
Vgl. Beckmann (2003), S. 1-5.
15
Vgl. Sucky (2004), S. 22 und Wildemann (2003), S. 2.
16
Vgl. Zimmermann (2005), S. 2.
17
Vgl. Corsten/Gössinger (2001), S. 52.

8
Distribution und Absatz zugeordnet werden.
18
Im Rahmen des Supply Chain
Management ist die
Klassifizierung der
allgemeinen Aufgaben der Supply Chain in der
Supply Chain Planning Matrix aufgeführt.
19
Vor diesem Hintergrund lässt sich das
SCM als hierarchisches Planungskonzept in drei interdependenten Planungsebenen im
Hinblick auf den Planungshorizont und die Planungsobjekte darstellen, bei dem die
Gesamtaufgabe in hierarchisch strukturierte und aufeinander abgestimmte Teilprobleme
zerlegt wird. Dabei übernimmt die langfristigen Planungsaufgaben der gesamten Supply
Chain die Supply Chain Configuration (SCC), die die höchste Ebene repräsentiert. Auf
dieser Planungsebene besteht die Aufgabe des Supply Chain Management in der
Implementierung von Strategien, also in der zielgerichteten Konfiguration der gesamten
Supply Chain.
20
Es werden hier langfristig bindende Entscheidungen getroffen, die nur
begrenzt umkehrbar sind. Die Supply Chain Planning (SCP) liegt unmittelbar darunter
und generiert die mittel- bis langfristigen Leistungsprogramme für die gesamte Supply
Chain, die auf der hierarchisch übergeordneten Planungsebene der Supply Chain
Configuration gestaltet wurde.
21
Mit der kurzfristigen Anpassung und Realisierung der
durch die Supply Chain Planning festgelegten Leistungsprogramme beschäftigt sich die
unterste Planungsebene der SC, die Supply Chain Execution (SCE) genannt wird. Zur
Erfüllung der Planungsaufgaben werden die relevanten Informationen auf den
übergeordneten Planungsebenen bearbeitet, die auf untergeordneten Planungsebenen
generiert werden.
Abbildung 1: Vertikale Interdependenzen im Supply Chain Management
22
18
Rohde (2000), S. 183 ff.
19
Rohde/Meyr/Wagner (2000), S. 12.
20
Sucky (2004), S. 26.
21
Vgl. Sucky (2004), S. 27.
22
Quelle: Sucky (2004), S. 32.
Supply Chain Configuration
Supply Chain Planning
Supply Chain Execution
Strategische Planung:
Vorgabe von Standorten,
Kapazitäten und Technologien
der Ressourcen zur Realisierung
von Wertschöpfungsprozessen.
Notwendige Informationen:
Nachfragequantitäten, mittel-
bis langfristige Produktions-
Beschaffungs- und
Distributionspläne
Notwendige Informationen:
Produktions-und Lieferzeiten,
Ablaufpläne, Lagerbestände
Taktische Planung:
Vorgabe von mittel bis lang-
fristigen Leistungsprogrammen
Operative Planung:
Ermittlung von kurzfristigen Beschaffungs-,
Produktions- und Distributionspläne

9
Diese Interdependenzen zwischen den Planungsebenen des Supply Chain Management
veranschaulicht die Abbildung 1.
Die Darstellung der einzelnen Planungsebenen- und aufgaben des Supply Chain
Management zeigt, dass aufgrund der Arbeitsteilung in Supply Chains, d.h. die
Zerlegung einer Gesamtaufgabe in die Teilaufgaben und deren Zuordnung auf mehrere,
wirtschaftlich und rechtlich selbständige Unternehmen,
23
sowohl zwischen als auch auf
den einzelnen Planungsebenen Interdependenzen bestehen.
24
,,Aus diesen
Interdependenzen ergibt sich unmittelbar ein Koordinationsbedarf."
25
Koordination
bedeutet in diesem Zusammenhang, die einzelnen Handlungen der beteiligten Supply
Chain Partner so auszurichten, dass die Gesamtaufgabe zielgerichtet gelöst wird und
steht im Fokus dieser Arbeit.
2.3 SC-Verhalten bei fehlender Koordination: Bullwhip-Effekt
Im unternehmensübergreifenden Kontext einer gesamten Lieferkette müssen alle
wertschöpfenden Prozesse integriert geplant werden. Es muss immer das ganze
Netzwerk und nie nur ein einzelnes Unternehmen betrachtet werden. Die
unternehmensisolierte Betrachtung der Prozesse führt dazu, dass erhebliche
Nachfrageschwankungen entlang der Lieferkette auftreten.
26
Diese Schwankungen sind
umso größer, je weiter die Unternehmen einer Lieferkette vom Endkunden entfernt sind.
Wenn eine Lieferkette aus Endkunde, Produzent, Lieferant und Unterlieferant besteht,
fallen dem Produzenten die niedrigsten Nachfrageschwankungen zu und dem
Unterlieferanten die höchsten
27
. Durch den Versuch eines Unternehmens, sein
individuelles Optimum, zu erreichen, welches den eigenen Interessen am besten
entspricht, und durch unzureichende Informationsweitergabe oder falsche Interpretation
der Nachfrageinformationen zwischen den Wertschöpfungspartnern kommt es sehr
häufig zum Bullwhip-Effekt. Dieser Effekt wurde von den Ökonomen Forrester und
Burbridge bereits in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erkannt und
demonstriert.
28
,,Der Bullwhip-Effekt, oder auch Peitscheneffekt genannt, ist ein
Phänomen, bei dem die Güterströme nicht in der tatsächlich benötigten Höhe durch die
23
Vgl. Friedl (2006), S. 12.
24
Vgl. Steven/Otterpohl (2000), S. 189.
25
Corsten/Gössinger (2001), S. 54.
26
Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 17.
27
Vgl. Gronau (2004), S. 216.
28
Vgl. Alicke (2005), S. 100 ff.

10
Lieferkette fließen - das Supply Chain Management führt mithin nicht zum
gewünschten Ziel."
29
Dieses Phänomen ist schematisch in der Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Nachfrageschwankungen entlang der Supply Chain
30
Die Ursache für das Phänomen liegt darin, dass die Informationen über
Endkundennachfrage nicht unmittelbar an alle Partner in einer Supply Chain
weitergegeben werden, sondern diese Informationen nur implizit in Form von
Bestellungen durch den Zeitverzug vom Kunden zum Zulieferer, von einer Stufe zur
nächsten weitergegeben werden.
31
Jedes Unternehmen generiert die Bestellungen bei
seinem Lieferanten dann auf der Basis der eigenen, individuellen Prognosen. Aufgrund
der lokal vorgehaltenen Sicherheitsbestände und der Zeitverzögerung im
Informationsfluss schaukeln sich die prognostizierten Nachfragemengen sowie die
daraus resultierenden aggregierten Bestellmengen vom Endkunden über alle
Kettenglieder bis hin zu den letzten Lieferanten immer weiter auf.
32
Die mangelnde Koordination hat negative Auswirkungen auf die Profitabilität der
Unternehmen, da Durchlauf- und Lieferzeiten unnötig verlängert, Lagerbestände
aufgebaut und Lieferbereitschaften verschlechtert werden.
33
Hierdurch steigern sich
Bestands- und Lagerhaltungskosten für die Unternehmen der Lieferkette. Gleichzeitig
ist schnelles und effizientes Bedienen einer geänderten Endkundennachfrage aufgrund
29
Keller (2004), S. 15.
30
Quelle: Busch/Dangelmaier/Pape/Rüther (2003), S. 30.
31
Vgl. Groll (2004), S. 14.
32
Vgl. Stadtler (1999), S. 35.
33
Vgl. Groll (2004), S. 14.

11
der geringen Flexibilität kaum möglich. Dies kann sich negativ auf den Produktabsatz
und somit den Umsatz auswirken.
34
Der Bullwhip-Effekt soll vermieden werden, indem die logistischen Aktivitäten der
beteiligten Unternehmen durch eine direkte, verzögerungsfreie
Informationsbereitstellung der wichtigen Nachfragedaten für alle Partner in der Supply
Chain besser synchronisiert werden.
35
2.4 Koordinationshindernisse im SCM
Koordination und Gestaltung einer Supply Chain gehören zu den schwierigsten und
erfolgskritischen Problemen dieses Managementkonzepts.
36
,,Die Aufgabe- und
Ablauforganisation, sowie die Abgrenzung der verschiedenen organisatorischen
Einheiten wie z.B. Abteilungen und Unternehmen, die im Supply Chain Management
miteinander zusammenarbeiten, bestimmen die Koordinationsaufgabe des Supply Chain
Managements".
37
Die hohe Bedeutung der Koordination wurde bereits durch die
Beschreibung des Marginalization-Problems und des Bullwhip-Effektes deutlich. Die
meisten Probleme, die in einer Supply Chain auftreten, haben ihre Ursachen in
verschiedenen Koordinationsmängeln.
38
Die Supply Chain besteht aus rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen.
Allerdings ist jedes Unternehmen innerhalb eines Supply Chain mit anderen Gliedern
der Kette, z.B. Kunden, Lieferanten wirtschaftlich verbunden. Dabei soll jeder Akteur
in einer Supply Chain seine Aktivitäten an den gemeinsamen Zielen der Supply Chain
ausrichten. Dies führt aber oft dazu, dass ein Unternehmen durch die Verfolgung der
gemeinsamen Ziele schlechter gestellt wird, als wenn es sich an seinen eigenen Zielen
orientierte. Darin besteht die Grundproblematik des Supply Chain Managements.
Knolmayer/Mertens/Zeier beschreiben dies folgendermaßen: Es ,,[...] stimmt das
Optimum im Liefernetz nicht für jeden Teilnehmer mit seinem individuellen Optimum
überein. Vielmehr entstehen für einzelne Partner überproportionale SC-Gewinne, für
andere aber unterproportionale Vorteile oder gar Schlechterstellungen".
39
Daher muss
34
Vgl. Groll (2004), S. 15.
35
Vgl. Sucky (2004), S. 22.
36
Vgl. Ickerott (2007), S. 93, Zimmerman (2005), S. 2 und Corsten (2001), S. 21.
37
Vgl. Groll (2004), S. 30.
38
Vgl. Otto (2002), S. 199.
39
Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 19.

12
im Supply Chain Management auf die Schaffung der Win-Win-Situation abgezielt
werden.
40
Hier entsteht aber das Problem der Allokation des erzielten Gewinns, was
aber durch die speziellen Koordinationsmechanismen, die beispielsweise durch
Verträge gegeben sein können, gelöst werden kann. Wenn aber jeder Wirtschaftspartner
nur seine eigene Gewinnmarge betrachtet und nicht den Gesamtgewinn der ganzen
Kette, entsteht ein sogenanntes Double-Marginalization-Problem. Als Folge wird die
Supply Chain nicht koordiniert, d.h. der maximale Gesamtgewinn der Supply Chain
nicht erreicht.
41
Dabei ist es wichtig zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die
verschiedenen Unternehmen einer Supply Chain den Anreiz haben, ihr Verhalten so
aufeinander abzustimmen, dass die Supply Chain als Ganzes optimiert wird.
Ein weiteres Problem der Koordination der Supply Chain stellt
Informationsasymmetrie
42
dar, d.h. dass die Informationen innerhalb der Supply Chain
asymmetrisch verteilt sind. Dann steht weniger die reibungslose Versorgung der
Wertschöpfungspartner mit aktuellen Informationen zur Planung, Steuerung, Gestaltung
und Kontrolle zum richtigen Zeitpunkt und in der entsprechenden Form im Vordergrund
des Supply Chain Managements. Eine verzerrte Weitergabe der Informationen entlang
der logistischen Kette führt zu Unwirtschaftlichkeiten.
Eine Ausprägung der
Informationsasymmetrien ist der oben genannte Bullwhip-Effekt. Dadurch sind für die
beteiligten Firmen einer Supply Chain unnötige Lagerbestände und unwirtschaftliche
Kapazitätsauslastung die Folge, die zum einen zu höheren Kapazitätskosten und zum
anderen zu höheren Lager- und Kapitalbindungskosten führen.
Die Überwindung der oben genannten Probleme ist die Hauptaufgabe der Koordination
im Supply Chain Management und spielt in dieser Arbeit eine wichtige Rolle. Hierzu ist
es erforderlich die zielgerichteten speziellen Koordinationsformen anzuwenden, die von
der unkoordinierten dezentralen Planung, d.h. durch unternehmensübergreifendes
organisatorisches Lernen mit entsprechender Verhaltensanpassung der autonom
handelnden Einheiten, bis hin zur einheitlich zentralen Planung mittels zweckmäßig
konstruierter Anreizsysteme und durch systemweite Informationstransparenz reichen.
43
40
Vgl. Sucky (2004), S. 25.
41
Vgl. Thonemann (2005), S. 483.
42
Siehe auch Abschnitt 4.4.2.
43
Vgl. Ickerott (2007), S. 93.

13
2.5 Theoretische Konzepte zur SC-Koordination
Nach Corsten kann grundsätzlich zwischen direkter und indirekter Koordination
unterschieden werden.
44
Dabei werden der direkten Koordination hierarchische und
heterarchische Koordinationsrichtungen zugeordnet. Die indirekte Koordination besteht
dagegen aus Vertrauen und Unternehmenskultur, sodass sich die in der Abbildung 3
dargestellte Struktur ergibt.
Abbildung 3: Spektrum der Koordination
45
Die Auswahl eines geeigneten Koordinationsprinzips ist von großer Bedeutung. ,,Die
Ausgestaltung der Kommunikations- und Koordinationswege innerhalb der Supply
Chain bestimmt maßgeblich, inwiefern zentrale Aspekte der Planung und bilaterale
Entscheidungsfindung zusammen berücksichtigt werden können."
46
Die zur Lösung des
Koordinationsbedarfs einzusetzenden Koordinationsmechanismen werden abhängig von
einer zugrunde liegenden Koordinationsrichtung bestimmt, wobei der Einsatz von
Koordinationsmechanismen im Supply Chain Management über den traditionellen
Koordinationsfokus eines unternehmensinternen Einsatzes hinausgeht und sich auf die
Supply Chain Ebene erweitert.
44
Vgl. Corsten (2001), S. 18.
45
Quelle: Corsten/Gössinger (2001), S. 55.
46
Alicke (2005), S. 287.
Koordination
direkt
Heterarchie
Hierarchie
indirekt
Vertrauen
Unternehmungs
kultur

14
3. Direkte Koordination bei der hierarchischen
Koordinationsrichtung
3.1 Problemstellung
Liegt eine hierarchische Koordinationsrichtung in der Supply Chain vor, erfolgt die
Führung der Supply Chain durch ein fokales (dominantes) Unternehmen.
47
Ein fokales
Unternehmen ist ein Mitglied der Supply Chain und schließt häufig die
Wertschöpfungskette.
48
Da es über ungleich mehr Finanzstärke, Wissen über Produkte
und Prozesse sowie über den größten Anteil an der gesamten Wertschöpfung verfügt,
,,[...] gibt ein fokales Unternehmen Art und Inhalt der Marktbearbeitungsstrategie
vor."
49
Es verfügt über die notwendige Entscheidungskompetenz aufgrund seiner
Machtposition oder Legitimation, die zentral generierten Planungsergebnisse in der SC
durchzusetzen. Die anderen Unternehmen oder Organisationseinheiten geben zur
Realisierung des zentralen Ansatzes ihre Planungsautonomie auf und sind oft direkt
oder indirekt von dem führenden Unternehmen abhängig. Sie übermitteln an das
zentrale Optimierungssystem die planungsrelevanten dezentralen Planungs- und
Steuerungsdaten. Das Optimierungssystem, das organisatorisch in der Regel dem
fokalen Unternehmen zugeordnet wird, legt für alle in der Supply Chain beteiligten
Unternehmen optimierte Lösungen hinsichtlich des Supply Chain Configuration und
Supply Chain Planning fest.
50
Als zentrale Entscheidungsinstanz kann auch eine von
den agierenden Unternehmen eingesetzte Planungsinstanz fungieren, z. B. ein
Steuerungsgremium
51
oder eine ganz neue Art von Service, ein sogenannter 4
th
Party
Logistics Provider (4 PL).
52
Ein Steuerungsgremium besteht wiederum aus Vertretern
der Unternehmen der Wertschöpfungskette, die unterschiedlich starkes Stimmrecht
haben. Dabei müssen die Entscheidungen per Mehrheitsbeschluss gefällt werden
53
. Ein
4
th
Party Logistics Provider
54
soll die Rolle eines neutralen Netzwerkintegrators
47
Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 10.
48
Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 11. Die Stufe, auf welcher sich das fokale Unternehmen in einer
hierarchischen Supply Chain befindet, hängt von Branche ab. So ist dies z. B. in der Automobilbranche
der Hersteller, in der Konsumgüterbranche dominieren oft die großen Handelsketten. Vgl. hierzu Ickerott
(2007), S. 95.
49
Busch/Dangelmaier (2004), S. 11.
50
Vgl. Busch/Dangelmaier (2004), S. 14.
51
Vgl. Ickerott (2007), S. 94 und Groll (2004), S. 143.
52
Vgl. Busch/Dangelmaier, (2004), S. 10­11 und Baumgarten/Darkow (2002), S. 103­106.
53
Vgl. Ickerott (2007), S. 94.
54
Mit 1PL wird die unternehmensinterne organisierte Logistik bezeichnet. Mit 2PL sind externe
Dienstleister gemeint, die einfache Logistik-Dienstleistungen (die Transport- und Lagerdienstleistungen)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836634328
DOI
10.3239/9783836634328
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg – Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Industriebetriebslehre
Erscheinungsdatum
2009 (August)
Note
1,3
Schlagworte
koordination supply chain management vertragsdesign pharmaindustrie
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Titel: Koordinationsmechanismen im Supply Chain Management
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