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Teenagermütter - Zwischen Kindeswohl und Selbstverwirklichung

©2009 Masterarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Teenagermütter sind in einer sehr schwierigen Situation. Sie sind selbst noch Kind der eigenen Mutter und wohnen oftmals auch noch mit ihr in einem gemeinsamen Haus oder einer gemeinsamen Wohnung. Auf der anderen Seite aber sind sie bereits selbst Mutter und müssen für ein eigenes Kind sorgen. Da die jungen Mütter oftmals aber noch keine 18 Jahre alt sind, dürfen sie nicht einmal alle Entscheidungen, die sie und ihr Kind betreffen selbst entscheiden, sondern sind auf einen Erziehungsberichtigten angewiesen – meistens die eigenen Eltern. Eine sehr unglückliche Situation also, denn eigentlich sind die Teenagermütter gerade in einem Alter, in welchem sie sich von den eigenen Eltern lösen wollen um eigene Wege zu gehen. Und in einem Alter, in dem sie vielleicht lieber ihre eigenen Freiheiten genießen wollen und nicht so sehr unter dem Zwang stehen wollen jederzeit für einen kleinen Menschen da zu sein, der einen so bedingungslos braucht.
Doch nicht nur die alltäglichen Entscheidungen sind schwieriger für junge Mütter, auch die Tatsache, dass sie oft noch schulpflichtig sind, vereinfacht ihre Situation in keiner Weise.
Wie soll es eine junge Mutter schaffen Schule, oder auch Ausbildung, mit dem Kind zu meistern? Und wie schafft sie es, ihre eigene Entwicklung zu erleben, ohne dabei zu vergessen, dass sie noch eine Verantwortung für einen weiteren Menschen übernommen hat?
Diese und weitere Fragen werden in der vorliegenden Masterarbeit aufgreifen.
Ich werde mich auf die Entwicklungsaufgaben, die Havighurst, ein Professor für Kindererziehung im Jahre 1948 in seinem Werk „Development tasks and education“ herausgebracht hat beziehen und hier deutlich machen, dass eine Teenagermutter nicht nur Mutter, sondern vor allem auch Teenager sein muss, um im späteren Leben auch mit dem eigenen Kind bestehen zu können.
Havighurst besagt, dass in jeder Zeit des Menschen bestimmte Entwicklungsaufgaben zu erfüllen sind aber eine Teenagermutter muss Entwicklungsaufgaben erfüllen, die eigentlich zu einer ganz anderen Zeit anstehen und ist damit in der schwierigen Situation für Aufgaben zuständig zu sein ohne das die Voraussetzungen dafür auch schon geben sind. „Eine Entwicklungsaufgabe ist eine Aufgabe, die sich in einer bestimmten Lebensperiode des Individuums stellt. Ihre erfolgreiche Bewältigung führt zu Glück und Erfolg, während Versagen das Individuum unglücklich macht, auf Ablehnung durch die Gesellschaft stößt und zu Schwierigkeiten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsangabe

1. Einleitung

2. Teenagermütter. Darstellung eines Phänomens
2.1 Statistische Angaben zur Thematik der Teenagerschwangerschaften und eine kurze Ursachenforschung

3. Das Jugendalter. Anforderungen und Entwicklungsaufgaben
3.1 Das Entwicklungskonzept von Robert J. Havighurst
3.2 Die Zeit der Adoleszenz nach Havighurst
3.3 Jede Kultur hat andere Entwicklungsaufgaben
3.4 Wie löst man eine Entwicklungsaufgabe?

4. Wann ist die Phase der Jugend wirklich beende
4.1 Neue und reifere Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts aufbauen
4.2 Übernahme der männlichen bzw. weiblichen Geschlechtsrolle
4.3 Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung und effektive Nutzung des Körpers
4.4 Emotionale Unabhängigkeit von den Eltern und anderen Erwachsenen
4.5 Vorbereitung auf Ehe und Familienleben
4.6 Vorbereitung auf eine berufliche Karriere
4.7 Werte und ein ethisches System erlangen, das als Leitfaden für Verhalten dient sowie Entwicklung einer Ideologie
4.8 Sozial verantwortliches Verhalten erstreben und erreichen
4.9 Ausblick in das frühe Erwachsenenalter und dessen weitere Entwicklungsaufgaben

5. Die Situation von Teenagermüttern vor dem Hintergrund der Entwicklungsaufgaben nach Havighurst

6. Unterstützungsangebote für junge Mütter
6.1 Das Projekt Mosaik
6.2 Förderansätze in der vorberuflichen Bildung
6.3 Förderansätze in der beruflichen Bildung
6.4 Fazit für die beiden Projekt

7. Fazit und eigene Meinung

8. Literaturangaben

Einleitung

Teenagermütter sind in einer sehr schwierigen Situation. Sie sind selbst noch Kind der eigenen Mutter und wohnen oftmals auch noch mit ihr in einem gemeinsamen Haus oder einer gemeinsamen Wohnung. Auf der anderen Seite aber sind sie bereits selbst Mutter und müssen für ein eigenes Kind sorgen. Da die jungen Mütter oftmals aber noch keine 18 Jahre alt sind, dürfen sie nicht einmal alle Entscheidungen, die sie und ihr Kind betreffen selbst entscheiden, sondern sind auf einen Erziehungsberichtigten angewiesen – meistens die eigenen Eltern. Eine sehr unglückliche Situation also, denn eigentlich sind die Teenagermütter gerade in einem Alter, in welchem sie sich von den eigenen Eltern lösen wollen um eigene Wege zu gehen. Und in einem Alter, in dem sie vielleicht lieber ihre eigenen Freiheiten genießen wollen und nicht so sehr unter dem Zwang stehen wollen jederzeit für einen kleinen Menschen da zu sein, der einen so bedingungslos braucht.

Doch nicht nur die alltäglichen Entscheidungen sind schwieriger für junge Mütter, auch die Tatsache, dass sie oft noch schulpflichtig sind, vereinfacht ihre Situation in keiner Weise.

Wie soll es eine junge Mutter schaffen Schule, oder auch Ausbildung, mit dem Kind zu meistern? Und wie schafft sie es, ihre eigene Entwicklung zu erleben, ohne dabei zu vergessen, dass sie noch eine Verantwortung für einen weiteren Menschen übernommen hat?

Diese und weitere Fragen werden in der vorliegenden Masterarbeit aufgreifen.

Ich werdemich auf die Entwicklungsaufgaben, die Havighurst, ein Professor für Kindererziehung im Jahre 1948 in seinem Werk „Development tasks and education“ herausgebracht hat beziehen und hier deutlich machen, dass eine Teenagermutter nicht nur Mutter, sondern vor allem auch Teenager sein muss, um im späteren Leben auch mit dem eigenen Kind bestehen zu können.

Havighurst besagt, dass in jeder Zeit des Menschen bestimmte Entwicklungsaufgaben zu erfüllen sind aber eine Teenagermutter muss Entwicklungsaufgaben erfüllen, die eigentlich zu einer ganz anderen Zeit anstehen und ist damit in der schwierigen Situation für Aufgaben zuständig zu sein ohne das die Voraussetzungen dafür auch schon geben sind.„Eine Entwicklungsaufgabe ist eine Aufgabe, die sich in einer bestimmten Lebensperiode des Individuums stellt. Ihre erfolgreiche Bewältigung führt zu Glück und Erfolg, während Versagen das Individuum unglücklich macht, auf Ablehnung durch die Gesellschaft stößt und zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung späterer Aufgaben führt.“[1]

Das bedeutet für die junge Mutter, dass sie einige Entwicklungsaufgaben überspringen muss, denn sie kann nicht gleichzeitig die Rolle der Mutter und die Rolle eines pubertierenden Mädchens ausführen. Beide Rollen unterscheiden sich einfach zu sehr voneinander. Das bedeutet aber auch, dass die junge Mutter ihre eigene Entwicklung nachholen muss, um keine dauerhaften Schwierigkeiten innerhalb der Gesellschaft zu bekommen.

Meine Arbeit spaltet sich in mehrere Bereiche auf. Zu Beginn möchte ich grob eine Darstellung des Phänomens Teenagermütter geben um deutlich zu machen, dass es viele junge Frauen in Deutschland gibt, die in der Situation sind trotz des jungen Alters selbst schon für ein kleines Wesen sorgen zu müssen. Wie schwierig dies sein muss, führe ich im zweiten Teil meiner Arbeit auf, in dem ich erst auf den theoretischen Hintergrund von Entwicklungsaufgaben eingehe und diese dann auf die Situation der Teenagermütter beziehen werde. Hier zeige ich dann genau die Probleme auf, die sich für die jungen Mütter stellen, wenn sie selbst noch mitten in den gestellten Entwicklungsaufgaben der Jugendphase stecken aber gleichzeitig auch schon die Aufgaben eines Erwachsenen übernehmen müssen. Im letzten Teil meiner Arbeit zeige ich dann Möglichkeiten der Unterstützung von jugendlichen Müttern auf, die dazu beitragen können, dass diese jungen Frauen sowohl ihrer eigenen Entwicklung nachkommen können, als auch dem Kind eine gute Mutter sein können, trotz des so jungen Alter.

2.Teenagermütter. Darstellung eines Phänomens

Nicht mehr Kind, aber auch noch lange nicht erwachsen. Teenager im Alter zwischen 13 und 18 Jahren durchleben die vielleicht schwierigste Zeit ihres Lebens. „Die Pubertät ist die Phase, in der der Heranwachsende besonders einschneidende physiologisch- biologische Veränderungen durchmacht und im Zusammenhang dieser Erfahrungen die allmähliche Ablösung vom Elternhaus intensiviert.“[2] Teenager lernen langsam eigene Entscheidungen in allen Lebensbereichen zu treffen und sich von ihren Eltern zu lösen und eigenständige Entscheidungen zu treffen.

Was aber, wenn ein Teenager plötzlich selbst ein Kind bekommt?

Diese Tatsache erschwert den Ablösungsprozess von den eigenen Eltern ungemein, denn kaum ein Teenager traut sich ein Leben mit dem eigenen Kind ohne Unterstützung der eigenen Eltern zu. Die Teenagermütter geraten also in eine Art Zwickmühle. Auf der einen Seite wollen sie sich von den Eltern lösen und ein eigenes Leben mit eigenen Entscheidungen beginnen, auf der anderen Seite aber sind sie auf die Hilfe der eigenen Eltern angewiesen und dürfen es sich nicht mit diesen „verscherzen“, wenn sie auch weiterhin Hilfe bekommen möchten. Ein anderer Punkt ist, dass die jungen Mütter oft rechtlich noch nicht in der Lage sind eigene Entscheidungen zu treffen, die auch das Kind miteinbeziehen. Bis zum 16. Lebensjahr brauchen die jungen Mütter für das eigene Kind einen gesetzlichen Vormund. In Familien, in denen die junge Frau noch bei den eigenen Eltern lebt, übernehmen diese meistens auch diese Aufgabe, was die Situation für die Teenagermutter nicht einfacher macht.

In diesem Kapitel möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es in Deutschland viele junge Frauen gibt, die gewollt oder ungewollt sehr früh Mutter geworden sind und genau vor diesen Problemen stehen. Allerdings muss auch erwähnt werden: Das Thema Teenagermütter hat in der letzten Zeit gerade in den Medien eine große Präsenz bekommen und es scheint immer so, als gäbe es unglaublich viele, sehr junge Mütter und deren Zahl würde stetig ansteigen. Dem ist nicht so. Es handelt sich eher um einen gefühlten Anstieg, weil das Thema so oft behandelt wird.

2.1 Statistische Angaben zur Thematik der Teenagerschwangerschaften und eine kurze Ursachenforschung

Schwangerschaften von Teenagern[3] gibt es weltweit. Am meisten betroffen von diesem Phänomen sind die afrikanischen Länder, wo Verhütung kaum ein Thema ist. Aber auch die westlichen Länder kennen die Thematik der Schwangerschaften im Jugendalter nur zu gut. Amerika führt die Statistik der westlichen Länder deutlich an. England ist innerhalb Europas der Spitzenreiter.[4] Deutschland liegt in der europäischen Statistik im Mittelfeld wie die hier aufgeführte Tabelle zeigt.[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Besonders betroffen von Phänomen der Teenagerschwangerschaften sind die 0stdeutschen Bundesländer.

„Die Zahl der minderjährigen Mütter in Sachsen hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. […] Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt werden demnach in Sachsen mehr minderjährige Frauen schwanger und entscheiden sich häufiger für das Austragen des Kindes.“[6][7]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aber auch im übrigen Deutschland sind die Zahlen der Teenagerschwangerschaften noch zu hoch. Die Anzahl der Schwangerschaften bei unter 18- jährigen Mädchen nimmt zwar seit 2004 langsam ab, bleibt aber nach wie vor auf einem recht hohen Niveau. Dafür steigt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche fast kontinuierlich an.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ursachen für den Anstieg bei den Schwangerschaften und auch Schwangerschaftsabbrüchen bei minderjährigen Mädchen in Deutschland sind sehr vielfältig. Die wesentlichsten Gründe sind wohl die sexuelle Frühreife, mangelnder sexueller Wissensstand und eine unzureichende und verspätet Aufklärung.[9]

Betrachtet man das Alter, in dem junge Mädchen unter 18 Jahren schwanger werden, so fällt auf, dass es eine fast verschwindend kleine Anzahl an Mädchen unter 16 Jahren gibt, die schwanger werden. Die meisten jungen Frauen sind im Alter zwischen 16 und 17 Jahren, wenn sie schwanger werden. Diese unter Unterpunkt 10 aufgeführte Tabelle zeigt keine Werte der 18 Jährigen jungen Frauen. Diese Werte liegen jedoch noch einmal über den Zahlen der 17 Jährigen jungen Frauen und steigen mit dem Alter weiter an. Es zeigt sich also, dass es zwar immer wieder extrem junge Mütter in Deutschland gibt, ihre Zahl aber nicht erschreckend hoch einzuordnen ist.[10]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Erschreckend im Zusammenhang mit Teenagerschwangerschaften ist auch die Tatsache, dass es offensichtlich vom Bildungsniveau abhängt, ob ein Mädchen sehr jung schon schwanger wird. „Die Schulbildung hat einen massiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, minderjährig schwanger zu werden. Hauptschülerinnen sind erheblich häufiger betroffen als Gymnasiastinnen, und zwar in allen Altersgruppen. Da in der Population der jugendlichen Hauptschüler und Gymnasiasten etwa gleich häufig sind, kann man davon ausgehen, dass das Risiko einer Hauptschülerin etwa fünfmal so hoch ist, minderjährig schwanger zu werden, wie das einer Gymnasiastin.“[11]

Außer der Bildung gibt es noch weitere Aspekte, die typisch für eine Schwangerschaft im Jugendalter sind.

Hierzu gehört auch die Tatsache, dass die meisten Schwangerschaften am Beginn einer Beziehung entstehen, wenn die Verhütung noch nicht besprochen worden ist und das Paar einfach noch nicht gut eingespielt ist. Auch glauben viele Jugendliche, dass sie sich ausreichend vor einer Schwangerschaft schützen, die Verhütungsmittel jedoch falsch anwenden und es so zu einer Schwangerschaft kommt. Hier fehlt dann einfach das spezifische Wissen über die verschiedenen Arten von Verhütungsmitteln.

Festzustellen bleibt: über 90% der Teenagerschwangerschaften sind ungeplant und durch bessere Aufklärung hätten sie vielleicht verhindert werden können.[12]

3.Das Jugendalter. Anforderungen und Entwicklungsaufgaben

Das Jugendalter ist eine Zeit, in der das Kind zum Erwachsenen heranreift. Eine Zeit also, in der der Jugendliche weder zu der einen, noch zu anderen Gruppe Mensch gehört und sozusagen „zwischen den Stühlen“ steht. „Pubertät ist genau genommen ein körperlicher Reifeprozess, bei dem sich die sekundären Geschlechtsmerkmale entwickeln und der zu Fruchtbarkeit führt. Im Gegensatz dazu wird das Jugendalter besser als ein psychischer und sozialer Reifeprozess beschrieben, der unter anderem zur vollen gesellschaftlichen Verantwortung führt. Pubertät ist ein biologisches Phänomen, das Jugendalter eine kulturell bestimmte Phase. Die Pubertät beginnt beim Menschen normalerweise mit dem zehnten Lebensjahr und endet ein paar Jahre später. Das Jugendalter beginnt mit der Pubertät und kann heute ein Jahrzehnt oder auch länger dauern.“[13]

Erwin Haeberle macht in diesem Zitat deutlich, dass Pubertät und Jugend zwei unterschiedliche Dinge sind, auch wenn sie oftmals gleichzeitig stattfinden. Es kann also durchaus vorkommen, dass ein junger Mensch mit 13 Jahren schon körperlich entwickelt ist wie eine erwachsene Person, sich aber nach wie vor benimmt wie ein Kind. Natürlich ist der Fall auch umgekehrt denkbar. Ein 13 Jähriger kann aussehen wie ein Kind, sich aber verhalten als gehöre er bereits zu den Erwachsenen.

Das Jugendalter beschreibt zum größten Teil die Altersspanne zwischen 13 und 18 Jahren. In dieser Zeit durchlebt der junge Mensch einen sehr aufregenden Lebensabschnitt. Das Ende der Schulzeit steht an, der Anfang in die Berufswelt, erste Liebe, erste sexuelle Erfahrungen, die Abnabelung der Eltern und natürlich die Findung einer eigenen Identität. In keiner anderen Lebenszeit hat ein junger Mensch so viele unterschiedliche Aufgaben zu erledigen, wie in der Jugendzeit. Jede dieser Aufgaben ist aber sehr wichtig für das weitere Leben und damit für das Leben als Erwachsener und jede dieser Aufgaben erfordert Zeit und Geduld.

3.1Das Entwicklungskonzept von Robert J. Havighurst

Auch viele Wissenschaftler haben die Zeit der Jugend als eine spannende Zeit entdeckt, die es lohnt genauer erforscht zu werden. Für meine Arbeit habe ich mich für einen der vielen wissenschaftlichen Vertreter entscheiden, der zum Thema Entwicklung des Menschen und natürlich zum Thema Entwicklung im Jugendalter geforscht und geschrieben hat. Sein Name ist Robert James Havighurst, ein 1900 in Depere (USA) geborener Mann, der 1948 sein wohl bedeutendstes Werk „Development tasks and education“ verfasst hat. Dieses Werk war dazu gedacht „entwicklungspsychologisches Wissen und Denken zur Förderung pädagogisch kompetenten Handelns zu vermitteln“[14] Havighurst beschreibt in seinem Werk, dass Entwicklungsaufgaben eigentlich 'Lernaufgaben' darstellen, der Entwicklungsprozess wird also als Lernprozess verstanden. Und diese Lernprozesse ziehen sich durch das gesamte Leben. „Man lernt ständig, das ganze Leben lang“[15] oder wie Havighurst selbst sagt: „The human individual lerns his way through life.“[16]

Dieser Prozess erstreckt sich, wie erwähnt, „über die gesamte Lebensspanne (…), und (führt) im Kontext realer Anforderungen zum Erwerb von Fertigkeiten und Kompetenzen (…), die zur konstruktiven und zufrieden stellenden Bewältigung des Lebens in einer Gesellschaft notwendig sind. Eine 'Entwicklungsaufgabe' stellt gewissermaßen ein Bindeglied dar im Spannungsverhältnis zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen

Anforderungen.“[17]. Alle Menschen werden nach Havighurst in einem bestimmten Alter mit bestimmten Herausforderungen konfrontiert und jeder muss selbst Techniken entwickeln und Fähigkeiten erlernen, um genau diese Aufgaben auch erfolgreich meistern zu können. Gelingt einem Menschen dieses, stellt sich Zufriedenheit und Wohlbefinden ein. Gelingt dies nicht, ist die Bewältigung der nachfolgenden Entwicklungsaufgaben behindert.[18]

Wird eine Aufgabe zum geeigneten Zeitpunkt nicht erfüllt, heißt dies nicht, dass man diese Aufgabe nicht nachholen kann, aber es erfordert mehr Zeit und der Aufwand ist höher im Vergleich zum zu erwartenden Ergebnis. Havighurst nimmt immer die gesamte Lebensspanne in den Blick, von Geburt bis zum Tod und grenzt bestimmte Alters- und Entwicklungsbereiche voneinander ab. Diese Bereiche nennt er Kleinkindalter, frühe Kindheit, mittlere Kindheit, Adoleszenz, frühes, mittleres und späteres Erwachsenenalter. Und jeder Bereich hat seine eigenen Aufgaben.

Havighurst vertritt die Einstellung, dass es innerhalb der Lebensspanne Zeiträume gibt, die für bestimmte Lernprozesse besonders geeignet sind. Und er spricht von den "sensitive periods for learning" und bezüglich des Erlernens von Entwicklungsaufgaben von "teachable moments":

„Thus, some of the developmental tasks may be located at the ages of special

sensitivity for learning them. When the body is ripe, and the society requires, and the self is ready to achieve a certain task, the teachable moment has come.“[19]

„Die zeitliche Terminierung erweckt den Eindruck, dass jede Entwicklungsaufgabe eine in sich abgeschlossene Einheit darstellt.

Im Grunde trifft dies jedoch nur für bestimmte Thematiken zu. Havighurst unterscheidet explizit zwischen Aufgaben, die zeitlich begrenzt sind (z.B. Erwerb von grundlegenden Kulturtechniken) und solchen, die sich unter variierenden Anforderungen über mehrere Perioden der Lebensspanne erstrecken (z.B. Aufbau von Beziehungen zu Gleichaltrigen).“[20]

Für die Entstehung von Entwicklungsaufgaben gibt es nach Havighurst drei verschiedene Ursachen. Als erster Punkt ist die körperliche Veränderung zu nennen, die sich aus genetischen und biologisch- hormonellen Prozessen ergibt. Alle Einflüsse, die sich aus der biologischen, inneren Entwicklung ergeben, werden meistens unter dem Begriff Reifung zusammengefasst. Reifungsbedingte Anforderungen sind fast gar nicht beeinflussbar, weil genetische Prozesse bisher kaum willentlich gesteuert werden können. Einen jungen Menschen als „unreif“ zu bezeichnen heißt also, ihn in einem unfertigen Entwicklungsstadium zu sehen. Das Jugendalter ist so eine Zeit der Unreife.

Es muss also gewartet werden, bis die Zeit und der Jugendliche selbst reif sind. Eine Einflussnahme durch den jungen Menschen selbst oder durch die Umwelt wäre also nicht möglich.

Nach Havighurst stellen Umwelteinflüsse den zweiten Bereich der Entwicklungsaufgaben- und dadurch der menschlichen Entwicklung dar. Die normativen Erwartungen der Gesellschaft werden meistens durch Erziehung transportiert, dass heißt: Die Gesellschaft hat bestimmte Vorstellungen davon, wie ein Mensch in einem bestimmten Alter zu sein hat. Diese Erwartungen werden nicht nur durch die Medien dargestellt und vermittelt, sondern auch direkt durch Freunde, die Familie und die Geschwister. Die gesellschaftlichen Erwartungen wirken sehr oft spitzfindig und schwierig. Wirklich geäußert werden sie nämlich erst dann, wenn ein Mensch die Entwicklungsaufgaben nicht bis zu dem dafür vorgesehenen Zeitpunkt bewältigt. Ein Beispiel wäre, wenn junge Menschen dieses tolerante Mindestalter bereits überschritte haben, kommt es häufig vor, dass sie von Freunden, der Familie oder Nachbarn gefragt werden, warum sie noch keine eigene Wohnung hätten, wann sie denn ausziehen würden oder ob sie denn noch immer keinen Freund hätten.

Auch ist ein Verhältnis zu den Eltern irgendwann sehr schwierig, wenn der Jugendliche selbst eigentlich reif ist seine eigenen Entscheidungen zu treffen, aber noch bei den Eltern wohnt und diesen auch „gehorchen“ muss. Mark Twain, ein bekannter Jugendbuchautor sagte zu dieser Thematik einen sehr treffenden Satz: „Erziehung ist organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend“[21] Dieser Satz beschreibt den subtilen, gesellschaftlichen Druck und die Erwartungen der Gesellschaft an den Jugendlichen.

Es gibt neben den gesellschaftlichen Erwartungen und den biologischen Veränderungen einen weiteren Punkt, der für die Entwicklungsaufgaben nach Havighurst entscheidend ist. Dies sind die individuellen Ziele und Wünsche. Jeder Mensch hat eine eigene Vorstellung davon, wie er ist und auch wie er sein möchte. Daraus formt er dann seine eigenen Entwicklungsaufgaben.

Kleinkinder haben nur begrenzt die Möglichkeit ohne Einschränkungen ihren Entwicklungszielen nachzugehen, aber je älter sie werden, je mehr besteht die Möglichkeit über die eigene Entwicklungsaufgaben zu bestimmen. Und das ohne Hilfe oder Druck von außen.[22]

Entwicklungsaufgaben sind Lebensaufgaben

Festzuhalten bleibt: Das Konzept der Entwicklungsaufgaben gilt nicht nur für die Jugend, sondern alle Menschen haben von Geburt bis zum Tod Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Es beginnt mit dem selbstständigen Atmen lernen, der Kontaktaufnahme zur Umwelt durch Schreien und dem Entwickeln von Vertrauen und der Fähigkeit zur Bindung. Kleinkinder müssen Laufen und Sprechen lernen, Schulkinder lernen dann die Kulturtechniken, das Schreiben, Lesen und Rechnen. Diese Aufgaben sind sowohl vorhersehbar, als auch typisch für ein bestimmtes Alter und sie werden nicht vorher erwartet. Kein 4 Jähriges Kind muss schon lesen gelernt haben. Nur wenn das Kind nicht altergemäß mithalten kann und die Entwicklung verzögert ist, gibt dies Anlass zur Sorge und behindert die weiteren Lebensaufgaben.

Auch nach den Entwicklungsaufgaben der Jugend ist die Entwicklung selbst noch lange nicht abgeschlossen. Auch als Erwachsener steht man immer wieder vor neuen Entwicklungsaufgaben. Die wichtigsten Bereiche sind dann Beruf, Partnerschaft und Identität. Die Gesellschaft geht davon aus, dass es nun an der Zeit ist eine Familie zu gründen, diese auch zu versorgen, den Haushalt selbstständig zu führen, Geld zu verdienen und sich beruflich weiterzuentwickeln. Zudem sollen die eigenen Kinder großgezogen werden und zu selbstständigen Erwachsenen gemacht werden und man selbst soll auch noch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

Im höheren Lebensalter dann ergeben sich die Entwicklungsaufgaben aus dem Umbau der familiären und beruflichen Situation. Das bedeutet, es ist an der Zeit den Übergang in den Ruhestand zu bewältigen und neue soziale Rollen wie der der Großeltern zu übernehmen.

[...]


[1] Oerter, Rolf Montada, Leo: Entwicklungspsychologie

[2] Baacke, Dieter: Die 13- bis 18jährigen

[3] Unter dem Begriff Teenager verstehe ich in dieser Arbeit Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren.

[4] Stallmeister, Ute: Let´s talk about Sex. In: Die Bundesregierung: Magazin zur Entwicklungspolitik Nr. 66 7/2008

[5] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Teenagerschwangerschaften international, S. 31

[6] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Teenagerschwangerschaften in Sachsen, S. 11

[7] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Teenagerschwangerschaften international, S. 5

[8] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen, S. 9

[9] Bezirksamt Lichtenberg von Berlin: „Jugendgesundheitskonferenz… plötzlich schwanger“, Pressemitteilung, S. 29

[10] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Teenagerschwangerschaften international, S. 13

[11] Pro familia Forschung, Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen, S. 18 f.

[12] Pro familia Forschung, Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen, S. 38 ff.

[13] Erwin J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen. Handbuch und Atlas

[14] Dreher, Eva: Konzept „Entwicklungsaufgabe“ Robert J. Havighurst, S. 1

[15] Trautmann, Matthias: Entwicklungsaufgaben im Bildungsgang

[16] Havighurst R.J.: Human Development and Education

[17] Dreher, Eva: Konzept „Entwicklungsaufgabe“ Robert J. Havighurst, S. 1

[18] Vergleiche: Mienert, Malte: Total Diffus. Erwachsenwerden in der jugendlichen Gesellschaft, S. 31

[19] Havighurst, Robert J.: Developmental Tasks and Education. S. 7

[20] Dreher, Eva: Konzept „Entwicklungsaufgabe“ Robert J. Havighurst, S. 2

[21] Gefunden unter: http://www.zitate-online.de/literaturzitate/allgemein/416/erziehung-ist-organisierte-verteidigung-der.html

[22] Vergleiche: Mienert, Malte: Total Diffus. Erwachsenwerden in der jugendlichen Gesellschaft. S. 31 ff

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836633895
DOI
10.3239/9783836633895
Dateigröße
806 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld – Fakultät für Erziehungswissenschaften, Studiengang Erziehungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2009 (August)
Note
2,2
Schlagworte
teenager schwangerschaft kindeswohl selbstverwirklichung verantwortung
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Titel: Teenagermütter - Zwischen Kindeswohl und Selbstverwirklichung
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