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Der Wandel der russischen Außenpolitik gegenüber der EU

Das Beispiel des Energiechartavertrags

©2009 Masterarbeit 155 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Mit Sorge beobachtete man lange in der EU den seit 1996 währenden Streit um Transitgebühren, Gaspreise und ausstehende Zahlungen zwischen der Ukraine und der russischen Gazprom. Inzwischen – bedingt durch immer kürzere Transitverträge - kehrt diese Auseinandersetzung beinahe jährlich zurück auf die Tagesordnung. Seinen ersten Höhepunkt erreichte dieser Streit am 1. Januar 2006, als Gazprom zum ersten Mal die Gaslieferungen an die Ukraine einstellte. Da die Ukraine jedoch weiterhin Gas aus der Druzba-Pipeline entnahm, kam es in einigen Zielländern des Gases zu Versorgungsengpässen. Schon damals war das Entsetzen unter den EU-Mitgliedern groß und noch größer war es um die Jahreswende 2008/2009, als Russland die Gaslieferungen über die Ukraine vollständig einstellte und in einigen der ost- und südosteuropäischen EU-Staaten das öffentliche Leben für mehrere Tage zum Erliegen kam.
Diese Ereignisse zeigen einmal mehr wie eng die wirtschaftlichenVerflechtungen und Abhängigkeiten zwischen Russland und Europa sind. Gerade heute, wo die Zeiten preisgünstiger Importe fossiler Energieträger, wie sie von den 1980ern an knapp zwei Jahrzehnte lang vorherrschten, endgültig vorbei sind, rückt Russland als Energielieferant immer stärker in den Fokus Europas. Die EU-Mitglieder sind heute mehr als je zu vor auf russisches Gas und Öl angewiesen, da die europäischen Quellen nahezu erschöpft sind.
Die energiewirtschaftlichen Beziehungen zwischen den westeuropäischen Staaten und Russland reichen bis in das Jahr 1968 zurück. Damals lieferte die Sowjetunion zum ersten Mal Erdgas nach Österreich und zwei Jahre später schloss Mannesmann den ersten Erdgas-Röhrenvertrag mit der UdSSR. In dessen Folge wurden die Erdgasfelder Westsibiriens erschlossen und lieferten ab 1973, geregelt durch langfristige Verträge, Gas nach Westeuropa. Inzwischen machen die Erdgasimporte aus Russland z.B. 24 Prozent in Frankreich und 100 Prozent im Baltikum, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien aus. Die EU-Mitgliedstaaten sind die größten Konsumenten der russischen Energieexporte und die russische Infrastruktur zum Transport von Energieträgern ist stark auf Westeuropa ausgerichtet.
Bis zur kürzlichen Unterbrechung der Lieferungen über die Druzba-Pipeline konnte Russland seine Lieferverträge über Gas und Öl immer erfüllen, denn schließlich hat Russland nicht nur die weltweit größten Erdgasreserven, sondern nimmt auch bei den Erdölreserven den 7. Platz hinter den führenden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung/ Abstract

1. Einleitung
1.1. Forschungsfrage und Aufbau der Arbeit
1.2. Forschungsstand
1.3. Anmerkungen zu Transkription und Übersetzung

2. Theorien und Hypothesen 15H
2.1. Liberalismus
2.2. Neorealismus
2.3. Hypothesen

3. Operationalisierung der Variablen
3.1. Operationalisierung der abhängigen Variable
3.2. Operationalisierung der unabhängigen Variablen
3.2.1. Machtverteilung innerhalb Russlands
3.2.1.1. Identifizierung der für die außenpolitischen Entscheidungen relevanten Gruppen und ihrer außenpolitischen Präferenzen
3.2.1.1.1. Identifizierung relevanter Gruppen
3.2.1.1.2. Feststellen außenpolitischer Präferenzen
3.2.1.2. Beschreibung des Netzwerks und Identifizierung der dominanten Gruppe
3.2.1.3. Überprüfung der liberalen Hypothesen
3.2 .2. Relative Machtstellung Russlands und der EU-15
3.2.2.1. Relative Machtressourcen
3.2.2.2. Machtpole
3.2.2.3. Überprüfung der neorealistischen Hypothesen

4. Der Energiechartavertrag
4.1. Die Europäische Energiecharta
4.2. Verhandlungen zum Energiechartavertrag
4.2.1. Handel
4.2.2. Förderung und Schutz von Investitionen
4.2.3. Souveränität über Energievorkommen
4.2.4. Transparenz
4.2.5. Streitbeilegung
4.2.6. Strukturelle und institutionelle Bestimmungen
4.2.7. Schlussbestimmungen
4.3. Das Transitprotokoll

5. Messung der abhängigen Variable – Die Art der russischen Außenpolitik zum ECV
5.1. Die Verhandlungen zum ECV 1992-1994
5.1.1. Investitionen
5.1.2. Handel
5.1.3. Übergangsbestimmungen
5.2. Erster Ratifizierungsversuch 1996-1998
5.3. Zweiter Ratifizierungsversuch und Transitprotokoll 1999-2004
5.3.1. REIO-Klausel
5.3.2. Right of First Refusal
5.4. Schlussfolgerungen

6. Messung der unabhängigen Variablen
6.1. Machtverteilung innerhalb Russlands
6.1.1. Untersuchungsabschnitt 1992-1994
6.1.1.1. Identifizierung der für die außenpolitischen Entscheidungen relevanten Gruppen und ihrer außenpolitischen Präferenzen
6.1.1.1.1. Mögliche PAS-Akteure
6.1.1.1.2. Mögliche private Akteure
6.1.1.2. Beschreibung des Netzwerks und Identifizierung der dominanten Gruppe
6.1.1.2.1. Netzwerkverbindungen
6.1.1.2.2. Bestimmung der dominanten Gruppe
6.1.2. Untersuchungsabschnitt 1996-1998
6.1.2.1. Identifizierung der für die außenpolitischen Entscheidungen relevanten Gruppen und ihrer außenpolitischen Präferenzen
6.1.2.1.1. Mögliche PAS-Akteure
6.1.2.1.2. Mögliche private Akteure
6.1.2.2. Beschreibung des Netzwerks und Identifizierung der dominanten Gruppe
6.1.2.2.1. Netzwerkverbindungen
6.1.2.2.2. Bestimmung der dominanten Gruppe
6.1.3. Untersuchungsabschnitt 1999-2004
6.1.3.1. Identifizierung der für die außenpolitischen Entscheidungen relevanten Gruppen und ihrer außenpolitischen Präferenzen
6.1.3.1.1. Mögliche PAS-Akteure
6.1.3.1.2. Mögliche private Akteure
6.1.3.2. Beschreibung des Netzwerks und Identifizierung der dominanten Gruppe
6.1.3.2.1. Netzwerkverbindungen
6.1.3.2.2. Bestimmung der dominanten Gruppe
6.1.4. Überprüfung der liberalen Hypothesen
6.2. Relative Machtstellung Russlands und der EU-15
6.2.1. Relative Machtressourcen
6.2.1.1. Erdöl- und Erdgasproduktion
6.2.1.2. Importe und Exporte
6.2.1.3. Anteil des BEK an den Staatseinkünften
6.2.1.4. Investitionen und Investitionsbedarf in den russischen BEK
6.2.2. Machtpole
6.2.3. Überprüfung der neorealistischen Variablen

7. Schlussfolgerungen
7.1. Implikationen
7.2. Erklärungskraft der Theorien
7.3. Weitere Untersuchungen

Anhang

Abkürzungen

Karten

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1 Mitglieder der Energiechartakonferenz

Tabelle 2 Anteil (%) der Einfuhren aus Russland in die EU-15

Abbildung 1 Erdöl- und Erdgasproduktion Russlands

Abbildung 2 Erdöl- und Erdgasproduktion der EU-15

Abbildung 3 Russlands Exporte nach und Importe aus der EU-15

Abbildung 4 Ausländische Direktinvestitionen in den russischen BEK

Abbildung 5 Verteilung der notwendigen Investitionen im russischen BEK

Karte 1 Russische Ölförderregionen und Pipelines

Karte 2 Russische Gasförderregionen und Pipelines

Zusammenfassung

Die Versorgungssicherheit im Bereich Energie ist in den letzten Jahren zu einem immer wichtigeren Thema geworden. Die EU-Mitglieder decken einen großen Teil ihres Bedarfs an Öl und Gas durch Importe aus Russland und für die Russische Föderation sind die EU-Mitglieder die größten Abnehmer in diesem Bereich. In der EU erkannte man schon 1990 wie wichtig es ist den Bereich des Energiehandels international zu verrechtlichen. Mit dem Energiechartavertrag wurde ein Schritt in diese Richtung unternommen. Das Vertragswerk konnte seine volle Wirkung aber nicht entfalten, da Russland es nach anfänglicher Unterstützung nicht ratifizierte.

In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie sich der Wandel der russischen Außenpolitik zum Energiechartavertrag gegenüber der EU-15 erklären lässt. Im Ergebnis wird festgestellt werden, dass der Wandel der Außenpolitik seine Ursachen in einem Wandel der Präferenzen der dominanten Gruppen innerhalb Russlands hatte und demnach die liberale Theorie der IB eine hohe Erklärungskraft besitzt. Es wird auch gezeigt werden, dass die Annahmen des Neorealismus weit weniger zur Erklärung des außenpolitischen Wandels beitragen.

Abstract

Security of energy supply has become a more and more important topic in the last years. The Members of the EU largely cover their requirements of oil and gas by imports from Russia and for Russia the Member States are the most important customers. The importance to regulate the energy trade was recognized by the EU as early as 1990 and the Energy Charter Treaty was one step on this way. But the Treaty could not unfold its potential, because Russia did not ratify it after first supporting it.

This paper will examine the reasons for the change in Russian foreign policy to the Energy Charter Treaty towards the EU. The result will be, that Russian foreign policy changed, because preferences of the dominant group in Russia changed. So the liberal theory of IR has a high explanation potential. It will be shown, that neorealist assumptions can contribute only a little to the explanation of Russian foreign policy change.

1. Einleitung

Mit Sorge beobachtete man lange in der EU den seit 1996 währenden Streit um Transitgebühren, Gaspreise und ausstehende Zahlungen zwischen der Ukraine und der russischen Gazprom. Inzwischen – bedingt durch immer kürzere Transitverträge - kehrt diese Auseinandersetzung beinahe jährlich zurück auf die Tagesordnung. Seinen ersten Höhepunkt erreichte dieser Streit am 1. Januar 2006, als Gazprom zum ersten Mal die Gaslieferungen an die Ukraine einstellte. Da die Ukraine jedoch weiterhin Gas aus der Družba-Pipeline entnahm, kam es in einigen Zielländern des Gases zu Versorgungsengpässen. Schon damals war das Entsetzen unter den EU-Mitgliedern groß und noch größer war es um die Jahreswende 2008/2009, als Russland die Gaslieferungen über die Ukraine vollständig einstellte und in einigen der ost- und südosteuropäischen EU-Staaten das öffentliche Leben für mehrere Tage zum Erliegen kam.

Diese Ereignisse zeigen einmal mehr wie eng die wirtschaftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen Russland und Europa sind. Gerade heute, wo die Zeiten preisgünstiger Importe fossiler Energieträger, wie sie von den 1980ern an knapp zwei Jahrzehnte lang vorherrschten, endgültig vorbei sind, rückt Russland als Energielieferant immer stärker in den Fokus Europas. Die EU-Mitglieder sind heute mehr als je zu vor auf russisches Gas und Öl angewiesen, da die europäischen Quellen nahezu erschöpft sind.

Die energiewirtschaftlichen Beziehungen zwischen den westeuropäischen Staaten und Russland reichen bis in das Jahr 1968 zurück. Damals lieferte die Sowjetunion zum ersten Mal Erdgas nach Österreich und zwei Jahre später schloss Mannesmann den ersten Erdgas-Röhrenvertrag mit der UdSSR. In dessen Folge wurden die Erdgasfelder Westsibiriens erschlossen und lieferten ab 1973, geregelt durch langfristige Verträge, Gas nach Westeuropa. Inzwischen machen die Erdgasimporte aus Russland z.B. 24% in Frankreich und 100% im Baltikum, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien aus.[1] Die EU-Mitgliedstaaten sind die größten Konsumenten der russischen Energieexporte und die russische Infrastruktur zum Transport von Energieträgern ist stark auf Westeuropa ausgerichtet.

Bis zur kürzlichen Unterbrechung der Lieferungen über die Družba-Pipeline konnte Russland seine Lieferverträge über Gas und Öl immer erfüllen, denn schließlich hat Russland nicht nur die weltweit größten Erdgasreserven, sondern nimmt auch bei den Erdölreserven den 7. Platz hinter den führenden OPEC-Ländern ein.[2] Auf jeden Russen kommen 17 Mal mehr Bodenschätze als auf jeden Europäer.[3] Doch diese Zahlen können nicht über die eigentliche Knappheit dieser Ressourcen hinweg täuschen, denn sie wird uns durch das langsame Versiegen von Öl- und Gasfeldern in Russland vor Augen geführt. So sind die westsibirischen Erdgasfelder Urengoj, Jamburg und Medvežje, deren gefördertes Gas zum größten Teil nach Westeuropa geliefert wird und die im Jahr 2000 85% der Gesamtfördermenge des russischen Erdgases lieferten, zu 50%, 26% und 68% erschöpft.[4]

Bei den Teuerungsraten für Energie in den letzten Jahren handelt es sich also nicht nur um ein temporäres oder konjunkturelles Phänomen, sondern der Preisanstieg ist strukturell bedingt. Hinzu kommen die steigenden Förderkosten durch die Erschließung kleiner und schwierig zu erschließender Vorkommen, eine steigende Nachfrage und die verschärfte Konkurrenz alter mit neuen Wachstumsregionen im Zeichen der Globalisierung. Die hausgemachten Probleme wie mangelnde Energieeffizienz, fehlende Investitionen privater Energiekonzerne zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbaren Energien sowie das Fehlen klarer energiepolitischer Prioritäten scheinen dabei noch am ehesten zu lösen zu sein.[5]

Die Mitglieder der Europäischen Union hoffen auch in Zukunft einen großen Teil ihres Energiebedarfs durch Importe aus Russland abdecken zu können. Doch durch die kürzlichen Ereignisse ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit russischer Energielieferungen erheblich erschüttert worden. Die russischen „Gaskriege“ mit Georgien, der Ukraine und Weißrussland in den letzten Jahren zeigen, dass Russland nicht länger davor zurückschreckt Energielieferungen als außenpolitisches Druckmittel zu nutzten.

Die EU erkannte schon Anfang der 1990er Jahre die wachsende Bedeutung von Versorgungssicherheit und Energiepolitik im Allgemeinen und versuchte mit der Energiecharta von 1991 und dem Energiechartavertrag (ECV) von 1994 die langfristige Versorgung Europas durch Energieimporte zu sichern. Dieser Vertrag sah vor, den osteuropäischen und postsowjetischen Staaten für den Zugang zu ihren Energiereserven im Gegenzug, Investitionen in ihre Energiesektoren zu garantieren. Gleichzeitig sollten die WTO-Regeln auf den Energiehandel übertragen werden. In Folge dessen wären auch die alljährlichen ukrainisch-russischen Streitigkeiten über die Transitpreise für russisches Gas vertraglich geregelt worden und ein Stopp der Gaslieferungen wäre einem schweren Verstoß gegen den ECV gleichgekommen.

Russland unterzeichnete diesen Vertrag zwar wie auch 50 andere Staaten und die EU, als eigenständiger Vertragspartei, hat ihn aber bis heute nicht ratifiziert. Die beiden 1996 und 2001 angesetzten Ratifizierungsverfahren wurden jeweils nach den parlamentarischen Anhörungen abgebrochen. Im Jahr 2004 wurden die Gespräche mit den Institutionen der Energiecharta über dem Streitpunkt des Transitprotokolls sogar gänzlich abgebrochen. Wenn sie auch später wieder aufgenommen wurden, bis heute wurde kein erneutes Ratifizierungsverfahren in der russischen Föderalversammlung eingeleitet.

Ohne die Beteiligung Russlands am ECV bleibt der Vertrag jedoch weit hinter den Erwartungen der EU zurück. Ohne Russland können neue Bauprojekte nicht umgesetzt werden. Ohne Russland ist kein freier Transit von Energieträgern aus den zentralasiatischen Staaten nach Europa möglich.

1.1. Forschungsfrage und Aufbau der Arbeit

Energiepolitik hat somit in den letzten beiden Jahrzehnten an immer größerer Bedeutung gewonnen. Inzwischen sprechen einige Wissenschaftler schon von der „Geopolitik des Öls“[6] und Dokumente wie die russische „Energiestrategie bis 2020“[7] zeigen eindrucksvoll, welche herausragende Bedeutung der Brennstoff- und Energiekomplex (BEK)[8] für Russland bis heute in gesamtwirtschaftlicher und politischer Hinsicht hat.

Die gestiegene Bedeutung der Energiethematik in der Außenpolitik ist Anlass sich in dieser Arbeit mit folgender Frage auseinanderzusetzen:

Wie lässt sich der Wandel der russischen Außenpolitik gegenüber der EU-15 am Beispiel des Energiechartavertrags erklären?

Die Art der Außenpolitik soll in dieser Arbeit als abhängige Variable dienen, während die Ursachen für den Wandel der Außenpolitik die unabhängigen Variablen bilden werden. Diese unabhängigen Variablen werden aus der liberalen Theorie der Internationalen Beziehungen und dem Neorealismus abgeleitet. Der hier verwendete Liberalismus sieht in gesellschaftlichen Präferenzbildungsprozessen die Ursache für außenpolitische Entscheidungen. Konkret bedeutet dies, dass die außenpolitischen Präferenzen einer dominanten innenpolitischen Gruppe die Außenpolitik Russlands bestimmen. Der Neorealismus betrachtet dagegen die Verteilung von Macht und Machtmitteln, sowie die Existenz von Machtpolen zwischen zwei Staaten als ausschlaggebend für die Art der Außenpolitik. Das folgende Kapitel wird näher auf die beiden Theorien und die daraus entwickelten Hypothesen eingehen.

In Kapitel 3 werden die verwendeten Variablen operationalisiert. Die abhängige Variable „Art der russischen Außenpolitik“ wird so operationalisiert, dass der Indikator die Unterschiede zwischen den Präferenzen Russlands und der EU-15 erfasst. Der Indikator kann die Werte Kooperation, aufschiebende Kooperation und Konfrontation annehmen. Die Messung geschieht innerhalb der drei Untersuchungszeiträume 1992-1994, 1996-1998 und 1999-2004. Diese Abschnitte sind so gewählt, dass sie die Zeiträume eingrenzen, in denen verstärkt Auseinandersetzungen mit der Thematik des ECV zwischen Russland und der EU stattgefunden haben.

Aus der liberalen Theorie der Internationalen Beziehungen lässt sich die unabhängige Variable „Machtverteilung innerhalb Russlands“ ableiten. Der dazu entwickelte Indikator soll die dominante innergesellschaftliche Gruppe und ihre Präferenzen bezüglich der russischen Außenpolitik gegenüber der EU am Beispiel des ECV erfassen. Dazu werden die strukturelle und die situative Mobilisierung aller in Frage kommender Gruppen gemessen und dominante von ihnen ermittelt.

Die Operationalisierung der neorealistischen unabhängigen Variable „Relative Machtstellung Russlands und der EU-15“ geschieht über die Bildung von Indikatoren zur Messung der relativen Machtressourcen und der Machtpole. Die Messung der relativen Machtressourcen geschieht durch spezifische, dem Energiebereich entnommene Kennzahlen. Als Machtpole, die die Beziehung zwischen Russland und der EU beeinflussen, kommen nur die Staaten in Frage, die selbst über genügend Machtressourcen zur Einflussnahme verfügen.

Auf den Abschnitt zur Operationalisierung der Variablen folgt ihre Messung. Die Messung der abhängigen Variable wird zeigen, dass es einen Wandel der russischen Außenpolitik von Kooperation, über aufschiebende Kooperation hin zu Konfrontation gegeben hat.

Die anschließende Messung der unabhängigen Variablen wird zeigen, dass sich die russische Außenpolitik mit Hilfe der liberalen Theorie der IB erklären lässt und den neorealistischen Hypothesen nur eine geringe Erklärungskraft beizumessen ist.

1.2. Forschungsstand

Die häufig von Auseinandersetzungen und Machtkämpfen, aber auch von Kooperation geprägten Beziehungen zwischen Russland und Westeuropa schlagen sich auch in der wissenschaftlichen Literatur nieder. So befassen sich europäische und russische Wissenschaftler in unzähligen Schriften mit der russischen Außenpolitik und den Beziehungen zwischen Russland und der EU.[9]

Angesichts der Einzigartigkeit des Energiechartavertrags ist es allerdings erstaunlich, dass es bisher kaum wissenschaftliche Arbeiten gibt, die sich mit der Position Russlands zum Energiechartavertrag näher befassen. Selbst zum Energiechartavertrag als solchem gibt es nur wenige wissenschaftliche Arbeiten: Rainer Liesens Dissertation untersucht Ursprünge, Voraussetzungen, Inhalt und Bedeutung des Energiechartavertrags unter juristischem Blickwinkel.[10] Julia Dorè und Robert de Bauw beschäftigen sich in ihrem Werk mit dem Inhalt des Vertrags, gehen aber auch auf den wirtschaftlichen Hintergrund ein und zeichnen Teile der Verhandlungen nach.[11]

Der bisher umfangreichste Band zum Energiechartavertrag wurde von Thomas Wälde herausgegeben.[12] Darin kommen neben Juristen, Politikwissenschaftler und Ökonomen auch Vertreter verschiedener Staaten und aus der Wirtschaft zu Wort.

Hervorhebenswert ist der darauf aufbauende Band von Thomas Wälde und Andrei Konoplyanik in russischer Sprache.[13] Darin befassen sich russische und internationale Experten mit der rechtlichen und wirtschaftlichen Seite des Vertrags, betrachten seine Entwicklung und setzen sich mit der Ratifizierungsdebatte innerhalb Russlands auseinander.

Die einzige wissenschaftliche Arbeit, die sich eingehend mit der russischen Position zum Energiechartavertrag auseinandersetzen wird, ist die sich noch in der Entstehung befindende Dissertation von Boris Barkanov von der University of California at Berkeley. Ein erstes Ergebnis seiner Arbeit legte er mit den beiden Aufsätzen für die Berkeley Graduate Students Conference im Mai 2007 und im April 2008 vor. In „Constructing the National Interest …“ untersucht Barkanov die russische Außenpolitik zum ECV mit dem Fokus auf das Verständnis des nationalen Interesses in diesem Bereich durch die Entscheidungsträger.[14] Basierend auf einem konstruktivistischen Ansatz nimmt Barkanov eine Analyse der Äußerungen von Entscheidungsträgern im Zeitraum von 2000 bis 2003 vor und argumentiert, dass der Wandel der russischen Außenpolitik auf einen Wandel des Verständnisses von nationalem Interesse zurückgeht. Barkanov identifiziert drei Prozesse, die zu diesem Wandel führten: 1) die Gegner des ECV, insbesondere Gazprom, verbreiteten neue Erkenntnisse über den Vertrag, 2) die Ernennung eines engen Vertrauten Präsident Putins zum Chef von Gazprom ließ eine effektive Lobby gegen den Vertrag entstehen und 3) die EU-Energiepolitik in dieser Zeit wurde von den Gegnern des ECV als Ressource gegen den Vertrag genutzt.

In „Saving the Gold Mine …“ untersucht Barkanov die Bildung und den Wandel der russischen Präferenz zum Energiechartavertrag von 1997 bis 2001.[15] Im Mittelpunkt steht dabei der Moment in dem sich die russischen Präferenzen von Unterstützung zu Ablehnung wandelten und die Denkweise der Akteure, die diesen Wandel zu verantworten haben. Einen besonderen Blick wirft Barkanov auf die Rolle Gazproms und die Frage des Third-Party-Access.

Am Beispiel der Argumentationsmuster zweier russischer Politiker zeigt er wie sich Normen und Werte auf ihre Präferenzbildung hinsichtlich des ECV ausgewirkt haben. Hierbei stellt er fest, dass die Dynamiken der Präferenzänderung stark von den Mustern in etablierten Theorien abweichen.

1.3. Anmerkungen zu Transkription und Übersetzung

Die Transkription der kyrillischen Buchstaben erfolgt entlang der wissenschaftlichen Bibliotheksumschrift. Abweichend davon wird auf die Punktierung des Buchstaben ё verzichtet. Das Weichheitszeichen wird durch ein Apostroph, das Härtezeichen durch zwei wiedergegeben.

Eine Ausnahme in der Transkription bilden in anderer Form in Deutschland gebräuchliche russische Eigennamen für international bekannte russische Persönlichkeiten, wie Boris Jelzin anstatt Boris El’cin oder Ewgenij Primakow anstatt Evgenij Primakov. Davon betroffen sind auch geographische Bezeichnungen und Firmennamen großer russischer Unternehmen, wie etwa Yukos statt Jukos. Die Nennung der fremdsprachlichen Literatur folgt der jeweils verwandten Transkription, um das Wiederfinden zu erleichtern.

Alle Zitate aus dem Russischen wurden von der Autorin nach bestem Wissen übersetzt.

2. Theorien und Hypothesen

Die Frage, warum sich Phänomene so entwickeln, wie sie es tun, kann mit Hilfe deskriptiver Beschreibungen nicht beantwortet werden. Anschauliche Darstellungen geschichtlicher Ereignisse können aber trotzdem wissenschaftlich wertvoll sein, indem sie Hintergrundinformationen und Daten liefern und vor allem Fragen aufwerfen, die ein Ereignis erst zu einem Untersuchungsgegenstand werden lassen. Gerade am Anfang eines Forschungsprozesses erfüllen sie daher eine wichtige Funktion.[16]

Um jedoch eine Aussage über den kausalen Zusammenhang zwischen X und Y treffen zu können und zu erklären, warum X zu Y führt, bedarf es Theorien. Theorien sind die Werkzeuge des Wissenschaftlers mit denen Ereignisse erklärt werden können. Eine Theorie „[…] is an intellectual construct that helps one to select facts and interpret them in such way as to fascilitate explanation and predictions concerning observed phenomena.”[17]

Ein solches Phänomen wird im Abschnitt über die russische Außenpolitik zum Energiechartavertrag in Form der abhängigen Variable dargestellt und gemessen. Die dabei festgestellte Varianz der Werte ist die Grundlage der Forschungsfrage und bildet den Ausgangspunkt des Forschungsprozesses. In diesem Fall sind nicht alle Theorien der Internationalen Beziehungen dazu geeignet, Anwendung zu finden. Die meisten Theorien erheben auch nicht den Anspruch für alle Aspekte der Internationalen Beziehungen geeignete Erklärungen anbieten zu können. Vielmehr ist ein oft anzutreffendes Merkmal von Theorien ihre begrenzte Reichweite.

Hier soll es darum gehen bestehende Theorien anzuwenden, um die Veränderungen in der Außenpolitik Russlands zu erklären. Dazu bieten sich vor allem die Großtheorien der Internationalen Beziehungen an.[18]

„Großtheorien in den Internationalen Beziehungen formulieren allgemeine Annahmen über die entscheidenden Akteure und ihre Ziele sowie, über die Qualität und Struktur des Handlungsumfeldes dieser Akteure, über die zentralen Antriebsmomente der internationalen Politik, ihre grundlegenden Probleme und ihre Entwicklungsperspektiven. Sie sind wie grobmaschige Netze, die das unendliche Meer der Fakten und Möglichkeiten auf je eigene Weise organisieren und vorstrukturieren.“[19]

In dieser Forschungsarbeit sollen die Theorien des Liberalismus und des Neorealismus Anwendung finden. Diese Theorien repräsentieren zwei entgegen gesetzte Betrachtungsweisen der Ursachen für eine bestimmte Außenpolitik. Der Liberalismus nimmt die Innensicht ein, d.h. er sucht die Ursachen für die Durchsetzung einer bestimmten Außenpolitik bei den gesellschaftlichen Akteuren und Gruppen. Laut Neorealismus wird Außenpolitik dagegen von den Zwängen des internationalen Systems bestimmt.

Aus wissenschaftlicher Sicht sollte es für den liberalen Erklärungsansatz eine größere Herausforderung sein, das außenpolitische Verhalten Russlands zu erklären, denn unzählige Forschungsarbeiten haben festgestellt, dass die innergesellschaftlichen Prozesse nach der russischen Systemtransformation in weiten Teilen nicht demokratisch geprägt waren und sind. So wird Russland als delegative oder defekte Demokratie beschrieben.[20] Demokratische Spielregeln sind jedoch eine Voraussetzung, damit es zu innergesellschaftlichen Willensbildungsprozessen kommen kann. Fehlt es an Demokratie, dann müsste die liberale Erklärung versagen.

Für die realistische Erklärung sollte es unter diesen Annahmen wesentlich einfacher sein, die russische Außenpolitik zu erklären, da innergesellschaftliche Prozesse hier keine Rolle spielen.

Im folgenden Kapitel soll ein Überblick über Aussagen und Erklärungen der beiden Theorien gegeben werden. Aus der Darstellung des theoretischen Rahmens ergeben sich dann Hypothesen zur russischen Außenpolitik gegenüber der EU.

2.1. Der Liberalismus

Der Liberalismus ist eine sehr heterogene Theorie. In der praktischen Politik wird der Begriff vor allem beiderseits des Atlantiks für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. In den USA meint Liberalismus eine eher progressive bis links orientierte Anschauung, während der Begriff in Deutschland oft nur in Beziehung mit dem Wirtschaftsliberalismus verwendet wird und dann einen Beigeschmack von ungezügeltem Kapitalismus hat.

Auch in der Politikwissenschaft herrscht eine begriffliche Verwirrung, ist doch in der amerikanischen Debatte von einem neoliberalen Institutionalismus oder Neoliberalismus die Rede.[21] Dabei handelt es sich um die inzwischen als Institutionalismus bezeichnete Theorie der Verregelung und Verrechtlichung der Internationalen Beziehungen mit Hilfe von internationalen Organisationen und Regimes. Der Institutionalismus, der in den letzten Jahrzehnten vor allem von Robert Keohane und Joseph Nye repräsentiert wird, geht wie der Realismus davon aus, dass Staaten die wichtigsten Akteure in den Internationalen Beziehungen sind und vor allem ihre eigene Sicherheit im Mittelpunkt ihrer Bemühungen steht.[22] Im Gegensatz zum Realismus sieht der Institutionalismus Kooperation als wichtiges Instrument im internationalen System.

In Abgrenzung zum Realismus ist der Liberalismus weniger staatszentriert, „[…] für ihn steht das (bürgerliche) Individuum, stehen Freiheit und Partizipation sowie Wohlstand, Glück und Frieden für möglichst Menschen im Zentrum der Zielsetzungen.“[23] Daraus resultiert auch das Interesse des Liberalismus an Demokratisierung, von der er eine pazifizierende Wirkung erwartet wird. Dies ist nur eine der Ideen des politischen Liberalismus, die auf Immanuel Kant zurückgehen.[24] Kant stellte bereits die Hypothese auf, dass Demokratien[25] keine Kriege gegeneinander führen, weil die Kosten und Auswirkungen von denen getragen werden müssten, die über Krieg oder Frieden entscheiden.

Als Theorie in den Internationalen Beziehungen hat der Liberalismus in den letzten Jahrzehnten - insbesondere nach dem Ende des Kalten Krieges – verstärkt Bedeutung erlangt.[26] Trotzdem fehlt immer noch ein kohärentes Theoriegebäude, da lange Zeit nicht die Beziehungen zwischen Staaten, sondern die Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Staaten im Mittelpunkt des Forschungsinteresses standen. Wurde Außenpolitik untersucht, dann wurden entweder die Außenpolitiken verschiedener Länder miteinander verglichen oder spezielle außenpolitische Politikfelder untersucht. Dennoch wurde dadurch deutlich, dass die Bereiche der internationalen Politik einen größeren Rahmen abdecken und in ihrer Gewichtung unterschiedlicher sind, als dies der Realismus zugestehen will.[27] Der Liberalismus „[…] rejects the notion that the agenda of international politics is dominated primarily by military-security issues.”[28]

Seit Mitte der 1970er Jahre wuchs die Zahl liberaler Außenpolitikanalysen und erreichte in den 1990er Jahren ihren Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt kam es auch durch die Arbeiten von Andrew Moravcsik zu einer ersten Integration liberaler außenpolitischer Ansätze.[29] Er unterscheidet hinsichtlich der unterschiedlichen Art und Weise der Präferenzbildungsprozesse drei Varianten der liberalen Theorie. Der „ideational liberalism“ sieht die Grundlage der Präferenzen eines Staates in der Selbstidentifikation, dem Selbstbild und der Werteordnung seiner Bürger. Zu zwischenstaatlichen Konflikten kann es kommen, wenn etwa territoriale Grenzen nicht mit der Selbstzuordnung großer sozialer Gruppen übereinstimmen. Der „commercial lieberalism“ betont die ökonomischen Präferenzen einer Gesellschaft und ihre staatliche Vermittlung. So können Differenzen über die Legitimität der politischen und sozioökonomischen Ordnung Anlass für zwischenstaatliche Konflikte werden. Die dritte Variante des Liberalismus nach Moravcsik ist der „republican liberalism“. Dabei steht die Art des politischen Systems im Zentrum, welches die Herausbildung und Artikulierung der Interessen der herrschenden Koalition beeinflusst.[30]

Im Mittelpunkt des hier verwendeten Liberalismus steht also die Betrachtung gesellschaftlicher Präferenzbildungsprozesse. Mit der Akteursbetrachtung auf der Mikroebene ist auch ein klarer Unterschied zu Institutionalismus und Realismus zu erkennen, die sich mit Staaten als zentralen Akteuren befassen, auch wenn der Institutionalismus transnationalen Akteuren ebenfalls eine wichtige Rolle zuschreibt.

Wenn der Liberalismus Individuen und Gruppen in den Mittelpunkt stellt, folgt daraus, dass im Zentrum der Untersuchungen die Konflikte stehen, die die Individuen und Gruppen beim Kampf um die Macht im Staate austragen und die Auswirkungen, welche diese Auseinandersetzungen auf die zwischenstaatlichen Beziehungen haben. Für das Außenverhalten eines Staates, so die Kernaussage der liberalen Theorie der Internationalen Beziehungen, sind die spezifischen Interessen der Herrschaftsträger, d.h. der dominanten Gruppen und Koalitionen in einer Gesellschaft entscheidend. Eine Analyse außenpolitischer Entscheidungen muss also über die dominante Koalition eines Landes führen.[31] In Anlehnung an den Realismus könnte man von einer Übertragung der realistischen Vorstellung von Macht und der Verteilung von Macht auf die innerstaatliche Ebene sprechen. Aus der Betrachtung der Verteilung von Macht auf innerstaatlicher Ebene folgt, dass die Priorität der dominierenden Gruppe eines Staates die Sicherung und wenn möglich der Ausbau der eigenen Position ist. Außenpolitische Entscheidungen dienen diesem Interesse und resultieren nicht aus Zwängen des internationalen Systems. Diese Annahme hat zur Folge, dass „[…] the distribution of capabilities among states does not influence the emergence of interstate conflict but may only impinge on their outcome.”[32]

Die Präferenzen von Staaten entstehen “[…] durch die Aufnahme und Umwandlung von Anforderungen aus ihrem gesellschaftlichen Umfeld […], und zwar zunächst unabhängig von den Strategien anderer Staaten.“[33] Wenn die Art der Präferenz durch das gesellschaftliche Umfeld vorgegeben wird, können sich also keine Interessen entwickeln und durchsetzen, die nicht einer gesellschaftlichen Gruppe entstammen.

Um einem weit verbreiteten Missverständnis entgegenzuwirken, muss betont werden, dass es dem Liberalismus der IB nicht um Innenpolitik geht.

„Präferenzbildungsprozesse über Auswärtige Angelegenheiten sind nicht Innenpolitik, sondern das, was der Name sagt: Präferenzbildungsprozesse über Außen politik: man kann sie allenfalls als die Innen seite der Außenpolitik bezeichnen.“[34]

Natürlich gibt es auch innenpolitische Themen, um deren Durchsetzung von betroffenen gesellschaftlichen Akteuren gerungen wird. Diese sind jedoch für die Untersuchung uninteressant, so lange sie keinen Einfluss auf die Beziehungen zwischen Staaten haben.

Der Liberalismus verneint nicht nur die realistische Annahme, dass der Staat ein unitary actor sei, er stellt auch die Annahme des rationalen Akteurs in Frage. Einige Autoren, wie Viotti und Kauppi, bezweifeln, dass der Kampf um die Macht bzw. um die Durchsetzung der eigenen Präferenzen immer damit verbunden ist, auch die für die Allgemeinheit vernünftigste Entscheidung zu sein.[35] Auf der anderen Seite stehen Autoren, wie Freund und Rittberger, die von durchaus rationalem Handeln ausgehen.[36] Hierbei handelt es sich um einen Scheinwiderspruch. Im ersten Fall wird auf die neorealistische Annahme, es gebe ein natürliches und logisch definiertes Interesse, eingegangen. Die liberale Theorie geht aber davon aus, dass außenpolitische Entscheidungen, nicht unbedingt einem nationalen Interesse dienen. Der Begriff des rationalen Handelns bezieht sich in der liberalen Theorie der IB immer nur auf das einzelne Individuum. Dieses Individuum wird beständig versuchen, solche außenpolitischen Entscheidungen herbeizuführen, die seinem eigenen Interesse dienen. Er handelt also nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung.[37] In der Politik besteht Nutzenmaximierung primär in der Bewahrung und Ausdehnung politischer Macht und sekundär von finanziellen Mitteln. In der Wirtschaft verhält es sich anders herum. Dieses Nutzen maximierende Verhalten erscheint aus subjektiver Sicht vollkommen rational. Objektiv rational muss es dagegen nicht sein, d.h. eine einmal durchgesetzte außenpolitische Präferenz einer Person oder Gruppe muss nicht dem Allgemeinwohl dienen.

Wie lässt sich nun die Beziehung von Staaten zueinander mit Hilfe des innenpolitischen Kampfes um die Macht erklären?

Ausgehend von der Annahme, dass der Staat kein „unitary actor“ ist, ist das Interesse, welches von einem Staat nach außen artikuliert wird das Interesse einer dominanten Gruppe in diesem Staat. Somit treffen in der internationalen Sphäre der Politik diese Präferenzen aufeinander. Kooperation ist nur dann wahrscheinlich, wenn sie sich als kompatibel erweisen. Stehen sich Interessen jedoch konträr gegenüber, können daraus Konflikte entstehen.[38] Ein solcher Konflikt kann nur durch einen Kompromiss gelöst werden. Da aber die vertretenen Präferenzen zunächst unabhängig von den Strategien der anderen Staaten entwickelt wurden, ist für das Eingehen eines Kompromisses innenpolitische Rückendeckung notwendig. Ohne die Zustimmung und Unterstützung der gesellschaftlich dominanten Gruppe oder Koalition ist kein Kompromiss durchsetzbar. Es müssen also gleichzeitig Verhandlungen auf zwei Ebenen stattfinden.[39]

Neben Kooperation und Konflikt lässt sich durch die Annahme eines Einflusses innenpolitischer Strukturen auf außenpolitische Entscheidungen auch der Wandel der Außenpolitik eines Landes erklären. Nach der Theorie des Liberalismus kann der Wandel des außenpolitischen Verhaltens zwei Ursachen haben. Erstens, kann die Veränderung der Präferenzen der herrschenden Gruppe zu einem außenpolitischen Wandel führen. Zweitens, können sich die innenpolitischen Strukturen ändern, d.h. eine andere Gruppe kann zur dominanten Fraktion im Staat werden.

2.2. Neorealismus

Der Realismus bzw. der Neorealismus ist nach wie vor eine der dominanten Großtheorien der Internationalen Beziehungen. Deutlich wird das unter anderem daran, dass sich andere Erklärungsversuche oftmals an dieser Theorie messen und explizit versuchen ihre Aussagen zu widerlegen.[40]

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass sich die Theorie des Realismus in zwei Hauptströmungen einteilen lässt: den klassischen (politischen) Realismus und den Neorealismus, der auch als struktureller Realismus bezeichnet wird. Bevor die Grundannahmen beider Strömungen kurz erläutert werden sollen, muss wie schon beim Liberalismus auf einige Missverständnisse eingegangen werden, die der Vorstellung vom Realismus bis heute anhaften.

Der Begriff des Realismus wird sehr unterschiedlich interpretiert. Er wird sowohl auf die praktische Politik, als auch auf das theoretische Konstrukt bezogen. Die Bedeutungsvielfalt und Erscheinungsformen des Realismus in der Praxis hat Gert Krell in vier Formen zusammengefasst.[41] Am einen Ende des Spektrums ist der Nationalsozialismus, als ein hoch ideologisierter Superrealismus, anzusiedeln. Deutlich zu unterscheiden davon ist die nüchterne bis zynische, aber ideologiefreie Politik der Machterweiterung absolutistischer Herrscher. Die dritte Richtung charakterisiert Krell als maßvolle und sittlich gebundene Machtpolitik, auf der der Realliberalismus als Versuch des Ausgleichs zwischen Utopie und Realität als letztes folgt.

Neben dieser Bedeutungsvielfalt wird der Begriff Realismus auch häufig mit Eigenschaften wie Amoralität und Aggressivität in Verbindung gebracht. Diese Charakteristika gehören jedoch nicht zwingend zu realistischer Politik. Darüber hinaus gehen, ähnlich wie beim Liberalismus, die Einschätzungen wissenschaftlicher Autoren dahingehend auseinander, was in der praktischen Politik den Neorealismus ausmacht. Man kann deshalb auch hier von einer heterogenen Theorie der Internationalen Beziehungen sprechen.

Der Realismus entstand als Gegenentwurf zu dem nach dem Ersten Weltkrieg vorherrschenden Idealismus. Die krisenhaften Entwicklungen der Zeit zwischen den Weltkriegen, die Eindrücke der Weltwirtschaftskrise, des Faschismus und Nationalsozialismus und schließlich auch die Kriege selbst bilden den historischen Hintergrund dieser Theorie.[42] Angesichts der Verbrechen im Zweiten Weltkrieg hatte sich sowohl das idealistische Bild von einem vernünftigen und friedfertigen Menschen, also auch die Betonung der Weltgemeinschaft, die internationale Krisen mit Hilfe des Völkerbundes beizulegen vermochte, als Illusion erwiesen.

Ausgehend von diesen Ereignissen und Erfahrungen entwickelte sich ein Gegenbild zum Idealismus, welches ein Menschenbild im Sinne Thomas Hobbes vertritt. Einer der ersten Vertreter des Realismus war Edward Hallet Carr, der die Negierung von Macht und Interessen durch die Idealisten kritisierte. Erstaunlich ist, dass sein Werk „The Twenty Years’ Crisis“ schon vor dem Zweiten Weltkrieg entstand.[43] Die meisten anderen Werke, so auch die des „Vaters des Realismus“ Hans Morgenthau entstanden erst in dessen Folge.[44] Für Morgenthau steht in der internationalen Politik der stetige Kampf um die Macht im Mittelpunkt, der vor allem das eigene Überleben sichern soll. Morgenthaus Welt wird also von gegensätzlichen Interessen, Konflikten und einer anarchischen Umwelt beherrscht, wodurch Kooperation und Frieden immer nur vorübergehend möglich sind.

In der Welt des Realismus kann ein Staat nicht darauf verzichten Macht zu akkumulieren, will er nicht sein Überleben riskieren. In jegliches strategisches Denken muss immer der casus belli einbezogen werden.

Morgenthaus Menschenbild zeichnet sich dadurch aus, dass Macht nicht nur als Notwendigkeit angesehen wird, sondern dass allen Individuen unterstellt wird, aktiv nach Macht zu streben. Macht verleiht dem Menschen die Herrschaft über andere Menschen, genau so wie sie Staaten befähigt andere Staaten zu dominieren.[45]

Diese Erkenntnis bedeutet jedoch nicht, dass Morgenthau diese Art von Politik befürwortet. Sein Verständnis von Politik ist keineswegs unmoralisch oder amoralisch. Er unterscheidet ausdrücklich zwischen der schrankenlosen und zynischen Macht bzw. Gewalt des Absolutismus und des Nationalsozialismus auf der einen und einer sittlich gebundenen Machtpolitik auf der anderen Seite. Sittlich gebundene Machtpolitik bedeutet ein sorgfältiges und vernünftiges Abwägen verschiedener Optionen im Sinne des Nationalinteresses.

„Überlegt und vorsichtig zu handeln, das ist die moralische Pflicht des Staatsmannes, der nicht das schlechthin Gute anstreben soll (das wäre unrealistisch), sondern sich auf das geringstmögliche Übel einzustellen hat. Die politische Pflicht des Staatsmannes besteht darin, erfolgreich zu handeln; und erfolgreich handeln kann er nur, wenn er die Gesetzmäßigkeiten der Macht kennt.“[46]

Während Morgenthau den Kampf um die Macht im internationalen System betrachtet, konzentriert sich John Herz auf das Sicherheitsdilemma. Herz erklärt Konflikte durch den Versuch der Staaten ihre Sicherheit zu gewährleisten. Die dazu notwendige Anhäufung von Macht, stellt sich in den Augen Anderer als Bedrohung dar, wodurch sie sich ebenfalls gezwungen sehen, Macht anzuhäufen. Defensivmaßnahmen können also offensiv interpretiert werden, mit der Folge, dass sich Staaten in einem Sicherheitsdilemma befinden. Diese Situation wird durch das Fehlen einer regulierenden, übergeordneten Instanz im internationalen System, also durch die Anarchie, und durch die fehlende oder unzureichende Kommunikation zwischen den Staaten begünstigt.[47]

Der Neorealismus oder strukturelle Realismus sinniert nicht über die Natur des Menschen. Diese Frage spielt nur eine untergeordnete Rolle, da das Verhalten der Staaten strukturellen Zwängen unterliegt, die nicht beeinflusst werden können. Kenneth Waltz, der Hauptvertreter des Neorealismus, geht wie auch alle anderen realistischen Ansätze davon aus, dass die internationale Staatenwelt ein anarchisches System darstellt. In „Man, the State, and War“ resümiert er, dass das Risiko von Gewalt und Krieg, welches mit der Existenz separater souveräner Staaten dauerhaft verbunden sein wird, solange es keinen zwingenden und zuverlässigen Prozess der Regulierung von Interessenkonflikten gibt, nicht übersehen werden kann.[48]

Daher sind Staaten immer zuerst und vor allem bestrebt, ihr eigenes Überleben zu sichern. Anders als im klassischen Realismus ist das zentrale Konzept hier nicht die Macht, sondern die Sicherheit eines Staates. Waltz sieht das internationale System als ein Selbsthilfesystem in dem Macht nur ein Mittel ist, um diese Sicherheit zu gewährleisten. Das einzige Problem dabei ist, dass Macht und Ressourcen, also capabilities, unterschiedlich zwischen den Staaten verteilt sind. Die Neorealisten sehen die Internationalen Beziehungen also hauptsächlich geprägt „[…] by the distribution of power among states, liberals see them primarily shaped by the distribution of power and interests within states.[49]

Ist ein Staat mit einem besonders hohen Machtpotenzial ausgestattet, werden die anderen Staaten versuchen diesen Zustand auszugleichen. Dazu werden sie sogar miteinander kooperieren, wenn dies nötig wird. Das Zusammenspiel von Macht- und Gegenmachtbildung bestimmt also das System. Diesem Zwang kann sich kein Staat entziehen, wenn er überleben will.[50] Da jeder Staat ein Interesse am Selbsterhalt hat, ist eine Machtbalance im internationalen System der einzige Weg, Stabilität und damit Frieden zu sichern. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass ein Staat mit geringer Macht, der dies nicht durch Kooperation ausgleicht, für stärkere Staaten attraktiv wird. Im umgekehrten Fall – akkumuliert ein Staat mehr Macht im Verhältnis zu den anderen – wird die Bildung einer Koalition gegen ihn wahrscheinlich.

Hieraus gewinnt Waltz zwei grundlegende Annahmen über das Verhalten von Staaten. Zum einen versuchen sie ihre Autonomie zu waren, d.h. nicht von anderen Staaten abhängig zu werden. Zum anderen achten sie, wenn sie kooperieren, darauf, dass die anderen nicht mehr gewinnen als sie selbst. Während im Institutionalismus win-win Situationen, also absolute Gewinne, durchaus vorstellbar sind, geht Waltz davon aus, dass die Staaten vor allem verhindern wollen, dass die anderen mehr gewinnen als sie selbst. Relative Gewinne stehen hier also im Vordergrund, da kein Staat seine eigene Position verschlechtern will.

„Actors become sensitive to costs, which for convenience can be called an assumption of rationality.“[51]

Die Grundannahmen des neorealistischen Ansatzes lassen sich wie folgt zusammenfassen. Staaten existieren in einem anarchischen internationalen System, das von Konflikten geprägt ist. Staaten sind unitary actors und handeln rational. Auf Grund der ständigen Konfliktgefahr im internationalen System ist die Sicherstellung des eigenen Überlebens die wichtigste Aufgabe des Staates. In der Hierarchie der Politikfelder rangiert deshalb die Sicherheitspolitik an erster Stelle.[52] Das Mittel zum Sichern des Überlebens ist Macht. Da eine einseitige Machtverteilung andere Staaten gefährdet, kommt es immer zu Gegenmachtbildung in Form zeitweiliger Koalitionen oder militärischem Aufrüsten. Ein Machtvakuum besteht niemals auf Dauer, sondern wird von den Staaten im internationalen System absorbiert.

Wie lässt sich nun die Außenpolitik eines Staates aus neorealistischem Blickwinkel erklären?[53] Da das Ziel eines Staates immer die Sicherheit ist, zeichnet sich die Außenpolitik, also der Weg hin zur Sicherheit, durch das Streben nach Autonomie und Einfluss aus.[54] Das Mittel dazu ist auch hier wieder die Macht. Mit den beiden Strategien autonomie- und einflussmaximierender Politik versuchen die Staaten ihre Machtposition für die bestmögliche Wahrung ihrer Interessen zu nutzen. Je stärker die Machtposition eines Staates ist, desto mehr wird er autonomie- und einflussmaximierende Politik betreiben.

An dieser Stelle müssen die Begriffe Autonomie, Einfluss und Macht kurz erörtert und in Beziehung zueinander gesetzt werden. Der Begriff der Autonomie eines Staates bezieht sich auf den Grad seiner Unabhängigkeit von den anderen Akteuren im internationalen System. Die Autonomie ist umso höher, je weniger die Gestaltung von außenpolitischen Entscheidungen durch andere Staaten beeinflusst wird.[55] Der Begriff des Einflusses bezieht sich auf das entgegengesetzte Verhalten. Einfluss beschreibt die Fähigkeit, das Verhalten von anderen Akteuren dahingehend zu beeinflussen, dass ihre Aktionen den eigenen Interessen dienen.[56]

Da das Interesse eines Staates immer auf die Sicherung des eigenen Überlebens und das damit verbundene Streben nach Festigung und Ausbau der eigenen Machtposition im internationalen System gerichtet ist, sollte die beobachtbare Außenpolitik auch dieses Interesse widerspiegeln. Grundsätzlich bedeutet ein Gewinn an Autonomie einen Verlust an Einfluss und umgekehrt, wobei jedoch auch beide Faktoren in die gleiche Richtung zeigen können. Die Kombinationen von Gewinn und Verlust, von Autonomie und Einfluss sind vielfältig. Dieses Streben nach Autonomie und Einfluss und dessen Realisierung kann jedoch nur in einem Umfeld gelingen, in dem die Machtpotenziale zwischen den Staaten eindeutig verteilt sind. Eine Veränderung des außenpolitischen Verhaltens eines Staates müsste dann auf eine Veränderung der Machtverteilung zurückzuführen sein.

Für den dritten der oben genannten Begriffe, für die Macht, gibt es trotz seiner Wichtigkeit in der neorealistischen Theorie noch keine allgemeingültige Definition. Einige Faktoren werden aber von den Autoren immer wieder genannt. Dazu zählen vor allen militärische und wirtschaftliche Faktoren. Da die Verteilung der Macht im internationalen System die im Folgenden zu erhebende unabhängige Variable ist, die der Neorealismus liefert, soll darauf im Abschnitt zur Operationalisierung näher eingegangen werden.

Sowohl das Entstehen von Konflikten als auch zwischenstaatlicher Kooperation kann mit Hilfe des Neorealismus erklärt werden, da beide Optionen die eigene Sicherheit und das Überleben sichern können. Entscheidend dafür ist die Verteilung von Macht zu einem gegebenen Zeitpunkt. Die zur Verfügung stehenden außenpolitischen Möglichkeiten unterscheiden sich, je nach dem wie viel Machtpotenzial vorhanden ist. Dabei wird der Akteur immer versuchen, autonomie- und einflussmaximierend zu handeln, um sein Sicherheitsziel zu erreichen.[57] Je nachdem welches Verhalten zum Erreichen dieses Zieles zweckmäßiger und im Hinblick auf die Machtverteilung im internationalen System möglich ist, wird es kooperative oder konfrontative Elemente beinhalten.

Anders als im Liberalismus sind es also hier nicht Präferenzen innerstaatlicher Gruppen, sondern die unterschiedlichen Machtpotenziale der Staaten und ihr Wandel, die den Wandel der Beziehung zwischen Akteuren erklären. Somit kann dieser Ansatz die drei wichtigsten Merkmale der abhängigen Variable (kooperative, aufschiebend kooperative und konfrontative Außenpolitik) erklären und soll als Gegenmodell zum Liberalismus dienen.

Abschließend bleibt festzustellen, dass der neorealistische Ansatz geeigneter als der realistische erscheint, um die Beziehung Russlands zur EU am Energiechartervertrag zu analysieren. Hier steht nicht die Untersuchung eines bestimmten anthropologischen Menschenbilds der Politiker in Moskau und Brüssel im Mittelpunkt. Viel wichtiger ist es zu untersuchen, ob die Struktur des internationalen Systems die Außenpolitik eines Staates erklären kann.

2.3. Hypothesen

Die beiden erörterten Theorien sollen die Grundlage für die folgende Analyse bilden. Zunächst sollen die grundlegenden Aussagen der beiden Theorien zusammengefasst werden.

Liberalismus

1. Das außenpolitische Verhalten eines Staates wird durch nichtstaatliche Akteure beeinflusst.
2. Der Staat ist Repräsentant einer bestimmten Gruppe innerhalb des Staates.
3. Die Außenpolitik ist daher Ausdruck gesellschaftlicher Präferenzbildungs- prozesse, d.h. sie ist Ausdruck der Interessen der dominanten Gruppe im Staat.
4. Da die Außenpolitik von der jeweils dominanten Gruppe bzw. Koalition bestimmt wird und deren Interessen repräsentiert, folgt daraus, dass

a) die Außenpolitik aus objektiver Sicht nicht rational sein muss (aus der subjektiven Sicht der dominanten Gruppe ist sie es dagegen schon)
b) neben der Sicherheit eines Staates noch andere Themenfelder in der Außenpolitik existieren und in deren Rangfolge nicht zwingend die Sicherheitspolitik an erster Stelle steht.

Neorealismus

1. Im internationalen System herrscht Anarchie.
2. Der Staat ist der einzige maßgebliche Akteur in den internationalen Beziehungen.
3. Der Staat ist ein unitary actor, er spricht mit einer Stimme.
4. Das wichtigste außenpolitische Interesse eines Staates – sein nationales Interesse – ist die Sicherung des eigenen Überlebens.
5. Die Außenpolitik eines Staates wird durch die Zwänge des internationalen Systems bestimmt. Zur Sicherung des Überlebens wird ein Staat versuchen, die eigene Macht relativ zur Macht anderer Staaten zu wahren und so das Machtgleichgewicht aufrecht zu erhalten oder seine Macht auszubauen.
6. Macht ist die Voraussetzung für das Streben der Staaten nach Einfluss und Autonomie.
7. Staaten handeln stets rational.

Hieraus lassen sich folgende für die Beantwortung der Forschungsfrage relevante Hypothesen ableiten:

Liberalismus

1. Die Ursachen der Art des außenpolitischen Verhaltens eines Akteurs liegen in den Präferenzen der dominanten Gruppe, die von diesem Verhalten innenpolitisch profitiert.
2. Der Wandel der Außenpolitik wird 1) entweder durch die innenpolitische Veränderung der Machtverteilung, d.h. dem Wechsel der dominanten Gruppe oder 2) durch die Änderung der Präferenzen der dominanten Gruppe verursacht.

Neorealismus

1. Die Ursachen der Art von Außenpolitik sind in den Zwängen des internationalen Systems zu suchen. 1) Kooperativ wird sich ein Akteur verhalten, wenn dies auf Grund fehlender Machtressourcen die einzige Möglichkeit ist seine Stellung im internationalen System zu halten. 2) Konfrontativ wird sich ein Akteur verhalten, wenn es seine relative Stärke zulässt und er seine Machtstellung bzw. Einfluss und Autonomie dadurch erhalten oder ausbauen kann.
2. Der Wandel der Außenpolitik hat seine Ursache in der veränderten Verteilung von Macht zwischen den Akteuren. 1) Ein Wandel in Richtung von Kooperation bedeutet eine Abnahme der relativen Stärke. 2) Ein Wandel in Richtung von Konfrontation bedeutet eine Zunahme der relativen Stärke.

3. Operationalisierung der Variablen

Die Operationalisierung bezeichnet den Schritt vom theoretischen Konstrukt zum Indikator, denn um Aussagen über die Art und den Wandel von Außenpolitik machen zu können, muss Außenpolitik messbar gemacht werden.[58] Die genaue Beschreibung der Vorgehensweise zur Messung von Außenpolitik dient dazu, die Ergebnisse dieser Arbeit nachvollziehbar, wiederholbar und damit überprüfbar zu machen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Begriffsklärung, die Verbindung des Indikators zu den Aussagen der Theorien, seine Bedeutung für die zu messenden Werte der Variablen und die Art der Erhebungsmethode.

Der folgende Abschnitt verfolgt also zwei Ziele. Er soll einen Beitrag zur Beantwortung der Forschungsfrage leisten und die einzelnen Schritte dahin verständlich und logisch erklären.

3.1. Operationalisierung der abhängigen Variable

Die abhängige Variable Art der russischen Außenpolitik soll messen, welcher Art die Beziehung Russlands zur EU waren und ob sie sich gewandelt hat. Das Spektrum der Messwerte reicht dabei von kooperativem über aufschiebend kooperatives hin zu konfrontativem Verhalten. Zunächst sollen die beiden Begriffe Kooperation und Konfrontation näher betrachtet werden.

Zu den elementaren Begriffen der Internationalen Beziehungen gehören Kooperation und Konfrontation. Da sie auch in den anderen Bereichen der Politikwissenschaft von zentraler Bedeutung sind, lag der Schwerpunkt der Konfliktforschung oft außerhalb des Fachbereichs IB und beschäftigte sich mehr mit Konflikten innerhalb von Gesellschaften.[59] Diese Ansätze, die Konflikte häufig in Form von Klassenkämpfen betrachten oder von Marx inspirierte Elemente beinhalten, sind für die Betrachtung zwischenstaatlicher Beziehungen ungeeignet.

Die Definition von Ernst-Otto Czempiel stellt dagegen einen brauchbaren Ansatz dar. So definiert er einen Konflikt zwischen zwei Staaten als eine „[…] Positionsdifferenz über Werte […].“[60] Betrachtet man nun Werte nicht als Einstellung eines Staates zu einem bestimmten Gesellschaftssystem, sondern als Präferenzen zu Fragen der bilateralen Beziehungen im Allgemeinen, dann erhält man ein brauchbares Hilfsmittel zur Messung dieser Beziehung. Der hier Anwendung findende Indikator definiert sich also dadurch, dass er die unterschiedlichen Präferenzen zweier Staaten zum Energiechartavertrag abbildet.

Von konfrontativem außenpolitischem Verhalten kann man dann sprechen, wenn zwei Akteure zu einem Thema zwei verschiedene Präferenzen vertreten. Je weiter die Präferenzen auseinender liegen, desto konfrontativer ist das Verhältnis.

Unter aufschiebend kooperativem Verhalten soll hier das grundsätzliche Festhalten an Kooperation verstanden werden, bei dem aber das Kooperationsergebnis hinausgezögert wird. Ein Beispiel hierfür ist das nicht Ratifizieren eines Vertrags, aber die Anwendung der darin festgelegten Regeln.

Aufschiebende Kooperation meint auch die Verknüpfung kooperativen Verhaltens mit neuen Bedingungen. So verknüpfte Russland beispielsweise den Beitritt zum Kyoto-Protokoll mit der Forderung nach Unterstützung bei der Aufnahme in die WTO. Erst als dies erreicht war, trat Russland dem Protokoll bei.

Ein kooperatives Verhalten würde bedeuten, dass zwei Akteure eine gemeinsame Position und gemeinsame Präferenzen einnehmen. Der Grad der Kooperation ist umso höher, je mehr sich die Präferenzen angleichen. Vollständig übereinstimmende Präferenzen sind hingegen unwahrscheinlich und auch für ein kooperatives Verhältnis nicht nötig.

Allerdings ist es auch denkbar, dass Staaten die offensichtlich völlig unterschiedliche Präferenzen haben, trotzdem kooperieren. So kooperierten die Sowjetunion und die USA trotz des grundsätzlichen Gegensatzes ihrer Systeme in verschiedenen Bereichen. Die gemeinsame Präferenz der nicht-militärischen Nutzung der Antarktis durch beide Staaten deutet auf ein kooperatives Verhältnis hin, aber eben nur in diesem Bereich. Für das grundlegende Verhältnis beider Staaten war der Vertrag von 1959 von untergeordneter Bedeutung. Es zeigt sich also, dass der Themenbereich, der untersucht werden soll, genau abgegrenzt sein muss, um eventuelle Fehlinterpretationen auszuschließen. In dieser Arbeit ist deshalb auch nur der Verhandlungsbereich des Energiechartavertrags von Interesse.

Die qualitative Einschätzung der Art der Außenpolitik kann nur dann gelingen, wenn man der dynamischen Entwicklung der außenpolitischen Präferenzen Rechnung trägt. Deshalb sollen hier die Zeiträume der intensivsten Verhandlungen zwischen der Russischen Föderation und der EU-15 zum Energiechartavertrag 1992-1994, 1996-1998 und 1999-2004 untersucht werden. Die Jahre 1992 bis 1994 umfassen den Zeitraum der multilateralen Verhandlungen zum Energiechartavertrag, die in dessen Unterzeichnung mündeten.[61] Von 1996 bis 1998 lief in Russland der erste Ratifizierungsversuch dieses Dokuments. Der dritte Zeitraum ist deutlich länger als die anderen, da er sowohl das zweite Ratifizierungsverfahren als auch die lange andauernden Verhandlungen zur Erweiterung des Vertrags durch ein Transitprotokoll umfasst.

Ändert sich das außenpolitische Verhalten, stellen sich neue Fragen danach wer sein Verhalten ändert, in welche Richtung und unter welchen Umständen. Wurde z.B. Druck ausgeübt? Veränderungen des außenpolitischen Verhaltens auf Grund von Druck oder Zwang können nicht als kooperative Entwicklung gewertet werden. Bewegt sich dagegen ein Akteur auf einen anderen zu, obwohl ihm die Machtmittel zur gewaltsamen Durchsetzung seines Willens zur Verfügung stehen, kann auf das tatsächliche Vorhandensein von Kooperation geschlossen werden.

Während sich der eben genannte Punkt auf die Bewertung des Wertes des Indikators bezieht, soll jetzt definiert werden, mit Hilfe welcher Quellen der Indikator erhoben werden kann. Hier soll, wie in der qualitativen Forschung üblich, auf Quellenmaterial zurückgegriffen werden, das Auskunft über die offizielle Position gibt. In Betracht kommen dafür Gesetzestexte, Strategiepapiere, Reden und Äußerungen von Politikern, Verhandlungsführern und anderen Experten zum Energiechartavertrag. Konkrete Ereignisse und Handlungen können auch zur Erhebung des Indikators herangezogen werden.

Abschriften der Parlamentarischen Anhörungen in der Duma stehen nur begrenzt zur Verfügung. In Auszügen wurden Teile eines Seminars in der Föderalversammlung 1998 und der parlamentarischen Anhörungen zum Energiechartavertrag im Jahr 2001 in der Zeitschrift „Ekologija - XXI veka“ veröffentlicht. Des Weiteren werden die Aussagen verschiedener Experten, darunter die unzähligen Veröffentlichungen Andrei Konoplyaniks, der Mitglied der russischen Delegation zur Energiechartakonferenz war und später für das Energiechartasekretariat arbeitete, als Quellen herangezogen.

3.2. Operationalisierung der unabhängigen Variablen

Die unabhängigen Variablen ergeben sich aus den in Punkt 2.3. vorgestellten Hypothesen zu Liberalismus und Neorealismus. Die dort aufgezeigten Kausalzusammenhänge lassen zwei Variablen am erklärungskräftigsten für den Wert der abhängigen Variable erscheinen.

Aus der liberalen Theorie ergeben sich die außenpolitischen Präferenzen der dominanten innenpolitischen Gruppe als Variable mit dem größten Einfluss auf die Art der Außenpolitik. Dabei sind die Präferenzen der dominanten Gruppe variabel, ebenso wie es die Gruppe selbst ist. Diese Variable wird nachfolgend mit Machtverteilung innerhalb Russlands bezeichnet.

Der Neorealismus sieht andere Variablen als erklärungskräftiger an. Aus der Sichtweise dieser Theorie hat die Verteilung von Macht zwischen den Staaten den entscheidenden Einfluss auf die abhängige Variable. Als unabhängige Variable des Neorealismus soll deshalb die relative Machtstellung Russlands und der EU-15 untersucht werden.

Natürlich müssen auch hier die unabhängigen Variablen für die drei Zeiträume 1992-1994, 1996-98 und 1999-2004 erhoben werden.

Die folgenden Abschnitte sollen darlegen, wie die Messung der unabhängigen Variablen vorgenommen werden kann und wie dadurch die von den Theorien aufgestellten Hypothesen über kausale Zusammenhänge, die zu den beobachtbaren Ereignissen geführt haben, überprüft werden können.

3.2.1. Machtverteilung innerhalb Russlands

Um die Operationalisierung der unabhängigen Variable nach der liberalen Theorie – den außenpolitischen Präferenzen der gesellschaftlich dominanten Gruppe – durchführen zu können, müssen zwei Fragen beantwortet werden: Wer ist die dominante Gruppe innerhalb des Staates und welche Präferenzen hat diese Gruppe in Bezug auf das außenpolitische Verhalten des Staates?

Durch die Beantwortung dieser Fragen wird es möglich, die aufgestellten kausalen Zusammenhänge zu überprüfen und im konkreten Fall eine Einschätzung vorzunehmen. Dazu soll auf das von Freund und Rittberger entworfene Konzept der „network conceptualization of domestic interests“ zurückgegriffen werden.[62] Dieses Konzept gibt vier Schritte zur Messung der unabhängigen Variable und Überprüfung der Hypothesen vor:

1. Die außenpolitischen Präferenzen der gesellschaftlichen Akteure werden aus ihren grundlegenden Interessen abgeleitet.
2. Die dominante(n) Gruppe(n) im Staat werden identifiziert.
3. Das bestehende Politiknetzwerk wird in Struktur und Funktion beschrieben.
4. Durch die identifizierten Präferenzen der dominanten Akteure und des beschriebenen Netzwerks lassen sich wahrscheinliche außenpolitische Handlungen vorhersagen und an der Realität überprüfen.

Um dieses Konzept auf diese Arbeit anwendbar zu machen, muss es etwas abgewandelt werden. Forschungspragmatisch scheint es nicht notwendig in Punkt 1 die Präferenzen aller Akteure zu identifizieren, auch wenn die betreffenden Akteure für den Fall irrelevant sind. Es scheint sinnvoller zunächst die für die Thematik des ECV innerhalb Russlands relevanten Gruppen herauszufiltern und nur diese auf ihre Präferenzen zu untersuchen. Darüber hinaus werden die Punkte 2 und 3 zusammengefasst, so dass die Identifizierung der dominanten Gruppe parallel zur Beschreibung des Netzwerks stattfindet. Dies scheint zweckmäßiger, da das Netzwerk und seine Funktionsweise einen großen Einfluss darauf haben, welche Gruppe zur dominanten im Staat wird.

[...]


[1] Götz, Roland (2007): Zentralasiatische Energieexporte. Zwischen russischer Dominanz, Diversifizierungsplänen der EU und neuen Märkten in Asien. in: Russlandanalysen Nr. 137, S. 17.

[2] Götz, Roland (2004): Rußlands Energiestrategie und die Energieversorgung Europas. SWP-Studie, Berlin, S. 10ff.

[3] Tetel’min, V.V. (2001): Energičeskaja Chartija – eto šag k ustoičivomu razvitiju. in: Ekologija XXI vek, Band 1, Nr. 1/2001, Moskau, S. 6-9, S. 6.

[4] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2002): Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energieressourcen. Hannover, S. 368.

[5] Schulze, Peter W. (2007): Energiesicherheit – ein europäischer Traum. Russland als Energiemacht. Wien, S. 3

[6] Olcott, Martha Brill (2004): The Energy Dimension in Russian Global Strategy. Vladimir Putin and the Geopolitics of Oil. James A. Baker III for Public Policy of Rice University.

[7] Russisches Industrie- und Energieministerium (2004): Energičeskaja strategija Rossii na period do 2020 goda. Verordnung der Regierung der Russischen Föderation Nr. 1234-p vom 28. August 2003. URL: http://www.mte.gov.ru/files/103/1354.strategy.pdf, 27.05.08.

[8] In Russland wird für die Energiewirtschaft der Begriff „Brennstoff- und Energiekomplex“ (Toplivno-energičeskij kompleks, TEK) verwendet. Dieser Begriff stammt aus der Zeit der Planwirtschaft, als die gesamte Wirtschaft in „Komplexe“ unterteilt war. Auch in dieser Arbeit, wie in den meisten wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit dieser Thematik befassen, soll der Begriff Verwendung finden.

[9] zum Beispiel: Bastian, Katrin (2006): Die Europäische Union und Russland. Multilaterale und bilaterale Dimensionen in der europäischen Außenpolitik. Wiesbaden. Prozorov, Sergei (2006): Understanding Conflict between Russia and the EU. The Limits of Integration. Basingstoke. Sumper, Andreas M. (2005): Die Beziehung zwischen der erweiterten Europäischen Union und der Russischen Föderation. Hamburg. Timmermann, Heinz (2005): Die Beziehungen zwischen Russland und der EU. in: Mangott, Gerhard/ Trenin, Dmitrij/ Senn, Martin/ Timmermann, Heinz (Hrsg.): Russlands Rückkehr. Außenpolitik unter Vladimir Putin. S. 203-266; Baden-Baden.

[10] Liesen, Rainer (2004): Der Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994. Ursprung, Voraussetzungen, Inhalt, Bedeutung. Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Rechte durch die juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.

[11] Doré, Julia/ DeBauw, Robert (1995): The Energy Charter Treaty. Origins, Aims, and Prospects. London.

[12] Wälde, Thomas W. (Hrsg.)(1996): The Energy Charter Treaty. An East-West Gateway for Investment and Trade. London.

[13] Wälde, Thomas W./ Konoplyanik, Andrei (Hrsg.)(2002): Dogovor k Energičeskoi Chartii: put’ k investicijam i torgovle dlja Vostoka i Zapada.

[14] Barkanov, Boris (2007): Constructing the National Interest: The Energy Charter Treaty and Transformations in Russian Foreign Energy Policy. URL: http://www.polisci.berkeley.edu/Grad/GradConference/papers/2007/3%20Barkanov.pdf; 24.06.2008.

[15] Barkanov, Boris (2008): Saving the Gold Mine: Gazprom, Energy Charter Treaty Preferences, and Transformations in Russian Policy Thought (1997-2001). URL: https://www.polisci.berkeley.edu/grad/GradConference/papers/2008/PSGSA%20Conference%20Barkanov.pdf; 24.06.2008

[16] Zum Ablauf des Forschungsprozesses, zu Methodik und Arbeitstechniken siehe: Alemann, Ulrich von (1995): Politikwissenschaftliche Methoden. Grundriss für Studium und Forschung. Opladen.

[17] Viotti, Paul R./ Kauppi, Mark V. (1999): International Relations Theory – Realism, Pluralism, Globalism, and Beyond. Boston, S. 3.

[18] Zum Begriff und zur Funktion von Großtheorien siehe: Meyers, Reinhard (1994): Internationale Beziehungen: Wissenschaft, Begriff und Perspektiven. in: Meyers, Reinhard/Bellers, Jürgen (Hrsg.): Politikwissenschaft III: Internationale Politik. Münster-Hamburg, S. 3-57.

[19] Krell, Gert (2004): Weltbilder und Weltordnung. Einführung in die Theorie der Internationalen Beziehungen. 3. erw. Auflage, Baden-Baden, S. 34.

[20] Merkel, Wolfgang/ Puhle, Hans-Jürgen/ Croissant, Aurel/ Eicher, Claudia/ Thiery, Peter (2003): Defekte Demokratie. Band 1: Theorie. Opladen.

Mangott, Gerhard (2002): Zu Demokratisierung Russlands. Band 1: Russland als defekte Demokratie. Baden-Baden.

[21] Krell, Gert (2004), S. 241

[22] Zum Institutionalismus siehe: Keohane, Robert O./ Nye, Joseph S. (1985): Macht und Interdependenz. in: Kaiser, Karl/ Schwarz, Hans-Peter (Hrsg.): Weltpolitik. Bonn, S. 74-88. Jervis, Robert (1999): Realism, Neoliberalism, and Cooperation: Understanding the Debate. in: International Security, 24:1, S. 42-63.

[23] Krell, Gert (2004), S. 183

[24] Kant, Immanuel (2004): Zum ewigen Frieden. 2. durchges. Aufl., Berlin.

[25] Kant spricht dabei von Republiken, da er mit „Demokratie“ die Diktatur der Massen im aristotelesschen Sinne begreift.

[26] Zum Liberalismus in den IB siehe: Moravcsik, Andrew (1997): Taking preferences seriously: a liberal theory of international politics. in: International Organizations 51/4, S. 513-553. Doyle, Michael W. (1995): Ways of War and Peace – Realism, Liberalism, and Socialism. New York, insbesondere Part II: Liberalism. S. 205ff. Krell, Gert (2004): Weltbilder und Weltordnung. Einführung in die Theorie der Internationalen Beziehungen. Baden-Baden. insbesondere Kap. 7 Liberalismus, S. 181 ff.

[27] Doyle, Michael W. (1995), S. 211

[28] Viotti/ Kauppi (1999), S. 8

[29] vgl. Moravcsik, Andrew (1992): Liberalism and International Relations Theory. Working Paper Series 92-6, Cambridge. Moravscik, Andrew (1996): Federalism and Peace: A Structural Liberal Perspective. in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 2, S. 123-132. Moravcsik, Andrew (1997)

[30] Moravcsik, Andrew (1997), S. 514 ff.

[31] Freund, Corinna/ Rittberger, Volker (2001): Utilitarian-Liberal Foreign Policy Theory. in: Rittberger, Volker (Hrsg.): German Foreign Policy Since Unification: Theories and Case Studies. Manchester, S. 68.

[32] Wolf, Reinhard (2002): How Partners become Rivals. Testing Neorealist and Liberal Hypotheses. in: Security Studies 12/2, S. 8.

[33] Krell, Gert (2004), S. 189

[34] Krell, Gert (2004), S. 189f., Betonung im Original

[35] Viotti/ Kauppi (1999), S. 199ff.

[36] Freund/ Rittberger (2001), S. 69

[37] Freund/ Rittberger (2001), S. 69

[38] Wolf, Reinhard (2002), S. 7

[39] Putnam, Robert D. (1988): Diplomacy and Domestic Politics: The Logic of Two-Level Games. in: International Organization, 42/3, S. 427-460.

[40] Viotti/ Kauppi (1999), S. 6

[41] Krell, Gert (2004), S. 146

[42] Krell, Gert (2004), S. 147

[43] Carr, Edward Hallet (1999): The Twenty Years’ Crisis 1919-1939: An Introduction to the Study of International Relations. Basingstoke.

[44] Morgenthau, Hans (1985): Politics among nations: the struggle for power and peace. 6. Aufl., New York.

[45] Krell, Gert (2004), S. 154

[46] Krell, Gert (2004), S. 155

[47] Krell, Gert (2004), S. 161

[48] Waltz, Kenneth (1992): Man, the State, and War. A Theoretical Analysis. New York/London, S. 238.

[49] Wolf, Reinhard (2002), S. 1, Betonung im Original

[50] Baumann, Rainer/ Rittberger, Volker/ Wagner, Wolfgang (2002): Neorelist foreign policy theory. in: Rittberger, Volker (Hrsg.): German Foreign Policy Since Unification: Theories and Case Studies. Manchester, S. 38.

[51] Waltz, Kenneth (1986): Reflections on Theory of International Politics. A Response to My Critics. in: Keohane, Robert O. (Hrsg.) Neorealism and Its Critics. New York, S. 331

[52] vgl. zu „high politics“: Baumann/ Rittberger/ Wagner (2002), S. 39, Viotti/ Kauppi (1999), S. 7

[53] Da der Neorealismus nach Waltz keine genuine Theorie der Außenpolitik ist, soll zur Beantwortung dieser Frage die Arbeit von Baumann/ Rittberger/ Wagner (2002) herangezogen werden.

[54] Baumann/ Rittberger/ Wagner (2002), S. 45ff.

[55] Baumann/ Rittberger/ Wagner (2002), S. 45

[56] Baumann/ Rittberger/ Wagner (2002), S. 47

[57] Baumann/ Rittberger/ Wagner (2002), S. 54

[58] Atteslander, Peter (2008): Methoden der empirischen Sozialforschung. 12. Aufl., Berlin, S. 40.

[59] hierzu siehe z.B: Dahrendorf, Ralf (1972): Konflikt und Freiheit: Auf dem Weg zur Dienstklassengesellschaft. München. Inglehart, Ronald (1983): Traditionelle politische Trennungslinien und die Entwicklung der neuen Politik in westlichen Gesellschaften. in: Politische Vierteljahresschrift, Nr. 24, S. 139-165.

[60] Czempiel, Ernst-Otto (1994): Internationale Politik: Ein Konfliktmodell. S. 198 f., zit. in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Politik. Bd. 6 Internationale Beziehungen. München, S. 258.

[61] In diesem Zeitraum bestand die EG nur aus 12 Mitgliedern. Da aber die drei erst 1995 beigetretenen Länder Österreich, Schweden und Finnland ebenfalls an den Verhandlungen zum ECV beteiligt waren und zu dieser Zeit in Beitrittsverhandlungen mit der EG standen, sollen sie hier in die Untersuchung miteinbezogen werden.

[62] Freund/ Rittberger (2001), S. 77ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836633048
Dateigröße
871 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald – Fakultät für Philosophie, Politikwissenschaft
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,3
Schlagworte
russland außenpolitik energiechartavertrag beziehungen
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Titel: Der Wandel der russischen Außenpolitik gegenüber der EU
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