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Sterben Nacht-Schichtarbeiter früher?

Eine Analyse der gesundheitlichen und sozialen Folgen von Nacht-Schichtarbeit

©2009 Bachelorarbeit 92 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In dieser Arbeit möchte ich meine bisher im Studium erworbenen Fähigkeiten vertiefen und anwenden. Daher habe ich mich für eine empirische Arbeit entschieden. Dies gibt mir einerseits die Möglichkeit eine deskriptive Beschreibung meiner Thematik und des aktuellen Forschungsstandes vorzunehmen; andererseits kann ich mein Wissen im Bereich computergestützte Datenauswertung mit SAS nutzen und festigen.
Als Public Health relevante Thematik, analysiere ich Nacht-Schichtarbeiter im Vergleich zu nicht Nacht-Schichtarbeitern im Bezug auf Gesundheit, Mortalität, Zufriedenheit und ihr soziales Gefüge. Ich halte dies für eine sehr wichtige Thematik, da in mehreren nationalen sowie internationalen Studien nachgewiesen wurde, dass Personen die Nacht-Schichtarbeit leisten dadurch gesundheitlich und sozial beeinträchtigt sind. Hierin sehe ich die besondere Public Health Relevanz, da es sich bei Nacht-Schichtarbeitern um eine genau definierbare Personengruppe, mit spezifischen gesundheitlichen und sozialen Problemen handelt. Die Erforschung solcher spezifischer Problemlagen und darauf aufbauend die Erstellung präventiver Maßnahmen sehe ich als ein wichtiges Aufgabenfeld im Bereich Public Health.
Gang der Untersuchung:
Anfangs beschreibe ich grundlegend was Sozialstrukturanalyse ist sowie verschiedene grundlegende Modelle. Im Weiteren gehe ich auf die Messung der einzelnen Dimensionen sozialer Schicht ein. Danach zeige ich verschiedene Ansätze und Modelle der Sozialforschung auf, um daraufhin Grundlagen sozialer Ungleichheit darzustellen. Im weiteren Verlauf erkläre ich den Sozialgradienten sowie die physischen, psychischen und sozialen Folgen der Nacht-Schichtarbeit. Im Anschluss an den deskriptiven Teil der Arbeit lege ich meine Hypothese und Forschungsfragen dar, bevor ich Basisangaben zum Datensatz und zur Methodik mache.
Der erste analytische Abschnitt dient zur weiteren Beschreibung des Datensatzes, zur Darstellung der Verteilung von Männern und Frauen und der Analyse der Sterblichkeit. Darauf folgt die Auswertung verschiedener Dimensionen subjektiver Gesundheit. Im weiteren Verlauf werden physische Beschwerden und Symptome ausgewertet. Danach untersuche ich die Auswirkung der Nacht-Schichtarbeit auf den Schlaf, das Schlafbedürfnis sowie auf den Konsum von Schlafmitteln. Der nächste Abschnitt betrachtet zwei weitere, häufig Abhängigkeit hervorrufende, Medikamentengruppen. Darauf folgt eine Analyse des Rauchverhaltens. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen der Sozialstrukturanalyse
2.1 Theoretische Grundlagen: Soziale Schichten und Klassen
2.2 Darstellung und Messung sozialer Schicht
2.2.1 Bildung
2.2.2 Beruf
2.2.3 Einkommen

3. Beschreibung der Lebensstil- und Milieuansätze
3.1 Lebensstile
3.2 Milieus

4. Soziale Ungleichheit
4.1 Forschungsstand der Auswirkung des Sozialgradienten
4.2 Soziale Auswirkungen der Nacht-Schichtarbeit
4.3 Gesundheitliche Auswirkungen von Nacht-Schichtarbeit

5. Hypothesen

6. Beschreibung der Datenbasis

7. Methodik

8. Analysen zur weiteren Beschreibung des Datensatzes
8.1 Geschlecht & Nacht-Schichtarbeit
8.2 Altersverteilung der Nacht-Schichttätigkeit
8.3 Abhängigkeit der Nacht-Schichtarbeit vom Bildungsniveau
8.4 Subjektive Belastung durch Nacht-Schichtarbeit
8.5 Mortalitätsanalysen
8.5.1 Mortalitätsanalysen: Logistische Regression

9. Subjektive Einschätzungen zur Gesundheit
9.1 Beachtung der eigenen Gesundheit
9.2 Gegenwärtiger Gesundheitszustand
9.3 Zufrieden mit der Gesundheit
9.4 Diskussion

10. Beschwerden
10.1 Schluckbeschwerden
10.2 Sodbrennen oder saures Aufstoßen
10.3 Diskussion

11. Schmerzen
11.1 Kreuz und Rückenschmerzen
11.2 Nacken und Schulterschmerzen
11.3 Diskussion

12. Auswirkungen auf den Schlaf
12.1 Übermäßiges Schlafbedürfnis
12.2 Schlaflosigkeit
12.3 Schlafmittelkonsum
12.4 Diskussion

13. Medikamentenkonsum
13.1 Beruhigungsmittel
13.2 Stimmungsbeeinflussende Medikamente
13.3 Diskussion

14. Rauchen
14.1 Diskussion

15. Zufriedenheit
15.1 Arbeitssituation
15.2 Wohnsituation
15.3 Finanzielle Lage
15.4 Freizeit
15.5 Familiäre Situation
15.6 Soziale Beziehungen
15.7 Leben Allgemein
15.8 Diskussion

16. Soziale Netzwerke
16.1 Familienstand-ledig
16.2 Familienstand- verheiratet
16.3 Verlass auf Personen
16.4 Freundschaft mit Personen
16.5 Diskussion

17. Hauptergebnisse
17.1 Entstandene Forschungsfragen

18. Kritik

19. Literaturverzeichnis
Bücher
Internetquellen
Zeitschriftenartikel

20 Anhang
20.1 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Bildungsschicht / Beachtung der eigenen Gesundheit
Tabelle 2: Bildungsschicht / Beachtung der eigenen Gesundheit
Tabelle 3: Bildungsschicht / gegenwärtiger Gesundheitszustand
Tabelle 4: Bildungsschicht / gegenwärtiger Gesundheitszustand
Tabelle 5: Bildungsschicht / Kreuz- oder Rückenschmerzen
Tabelle 6: Bildungsschicht / Kreuz- oder Rückenschmerzen
Tabelle 7: Bildungsschicht / Nacken- oder Schulterschmerzen
Tabelle 8: Bildungsschicht / Nacken- oder Schulterschmerzen
Tabelle 9: Bildungsschicht / Zufrieden mit der Gesundheit
Tabelle 10: Bildungsschicht / Zufrieden mit der Gesundheit
Tabelle 11: Bildungsschicht / Übermäßiges Schlafbedürfnis
Tabelle 12: Bildungsschicht / Übermäßiges Schlafbedürfnis
Tabelle 13: Bildungsschicht / Schlaflosigkeit
Tabelle 14: Bildungsschicht / Schlaflosigkeit

1. Einleitung

In dieser Arbeit möchte ich meine bisher im Studium erworbenen Fähigkeiten vertiefen und anwenden. Daher habe ich mich für eine empirische Arbeit entschieden. Dies gibt mir einerseits die Möglichkeit eine deskriptive Beschreibung meiner Thematik und des aktuellen Forschungsstandes vorzunehmen; andererseits kann ich mein Wissen im Bereich computergestützte Datenauswertung mit SAS nutzen und festigen.

Als Public Health relevante Thematik, analysiere ich Nacht-Schichtarbeiter im Vergleich zu nicht Nacht-Schichtarbeitern im Bezug auf Gesundheit, Mortalität, Zufriedenheit und ihr soziales Gefüge. Ich halte dies für eine sehr wichtige Thematik, da in mehreren nationalen sowie internationalen Studien nachgewiesen wurde, dass Personen die Nacht-Schichtarbeit leisten dadurch gesundheitlich und sozial beeinträchtigt sind. Hierin sehe ich die besondere Public Health Relevanz, da es sich bei Nacht-Schichtarbeitern um eine genau definierbare Personengruppe, mit spezifischen gesundheitlichen und sozialen Problemen handelt. Die Erforschung solcher spezifischer Problemlagen und darauf aufbauend die Erstellung präventiver Maßnahmen sehe ich als ein wichtiges Aufgabenfeld im Bereich Public Health.

Anfangs beschreibe ich grundlegend was Sozialstrukturanalyse ist sowie verschiedene grundlegende Modelle. Im Weiteren gehe ich auf die Messung der einzelnen Dimensionen sozialer Schicht ein. Danach zeige ich verschiedene Ansätze und Modelle der Sozialforschung auf, um daraufhin Grundlagen sozialer Ungleichheit darzustellen. Im weiteren Verlauf erkläre ich den Sozialgradienten sowie die physischen, psychischen und sozialen Folgen der Nacht-Schichtarbeit. Im Anschluss an den deskriptiven Teil der Arbeit lege ich meine Hypothese und Forschungsfragen dar, bevor ich Basisangaben zum Datensatz und zur Methodik mache.

Der erste analytische Abschnitt dient zur weiteren Beschreibung des Datensatzes, zur Darstellung der Verteilung von Männern und Frauen und der Analyse der Sterblichkeit. Darauf folgt die Auswertung verschiedener Dimensionen subjektiver Gesundheit. Im weiteren Verlauf werden physische Beschwerden und Symptome ausgewertet. Danach untersuche ich die Auswirkung der Nacht-Schichtarbeit auf den Schlaf, das Schlafbedürfnis sowie auf den Konsum von Schlafmitteln. Der nächste Abschnitt betrachtet zwei weitere, häufig Abhängigkeit hervorrufende, Medikamentengruppen. Darauf folgt eine Analyse des Rauchverhaltens. Anschließend werden unterschiedlichste Dimensionen subjektiver Zufriedenheit ausgewertet. Den Abschluss der Analysen bildet die Betrachtung des Familienstandes und der sozialen Netzwerke.

Schließen möchte ich diese Arbeit mit einem dreigliedrigen Fazit. Aussagekräftige Ergebnisse sollen zusammengefasst dargestellt- und ein Hinweis auf entstandene Forschungsfragen gegeben werden. Den letzten Abschnitt bildet eine Diskussion der grundlegenden Kritikpunkte an dieser Arbeit.

2. Grundlagen der Sozialstrukturanalyse

Als Sozialstrukturen werden alle beständigen Institutionen, Konstrukte und Gruppierungen einer Gesellschaft, sowie die in und zwischen ihnen bestehenden Wechselwirkungen und ihre gemeinsamen Voraussetzungen bezeichnet. Wichtig für die Sozialstrukturanalyse sind lediglich solche sozialen Gruppierungen, in denen fast alle Teile der Gesellschaft entweder leben oder zeitweise in ihnen gelebt haben. Dies wären z.B. Familien, Cliquen oder das Gefüge in der Schule. Solche Gruppierungen haben eine gesamtgesellschaftliche Relevanz. Somit zeigt die Sozialstruktur einen Teil der Vielzahl an sozialen Strukturen auf. Menschen mit sehr ähnlichem sozialen Gefüge oder ähnlicher sozialer Stellung befinden sich in gleichen Sozialkategorien bzw. sozialstrukturellen Gruppierungen (Hradil, 2004). So können unterschiedlichste Teilbereiche der Gesellschaft erfasst und zwischen ihnen bestehende Wechselwirkungen analysiert werden. Dies können z.B. die Bildung, der Beruf, die demografische Entwicklung oder die Sterblichkeit sein. Hierzu müssen je nach Forschungsfrage Teilbereiche der Sozialstruktur beschrieben und untereinander verglichen werden, wie es z.B. bei der Beschreibung von Bildungs- und Beschäftigungsstrukturen geschieht. Sie können jeweils einzeln dargestellt oder mit gleichen Merkmalen anderer Länder oder Regionen verglichen werden. Des Weiteren können aber auch Auswirkungen der Bildungsstrukturen auf die Beschäftigung erforscht werden.

<< Die Sozialstrukturanalyse zergliedert „die Gesellschaft“ in ihre relevanten Elemente und Teilbereiche und untersucht die zwischen ihnen bestehenden Wechselbeziehungen und Wirkungszusammenhänge.>>(Geißler, 2002 S. 19) Sozialstrukturen zeigen sich in Verteilungen und Häufigkeiten sowie deren zeitlichen Veränderungen. Die daraus resultierende Betrachtung relativ „großer Gruppen“ macht die Sozialstrukturanalyse zu einem grundlegenden Teilbereich der Makrosoziologie (Klein, 2005).

2.1 Theoretische Grundlagen: Soziale Schichten und Klassen

Die Begriffe soziale Schicht und Klasse gehen davon aus, dass sich einzelne Individuen zu sozialen Gruppen, mit sehr ähnlichen sozialen Lagen zusammenfassen lassen. Innerhalb dieser Gruppen bilden sich dann charakteristische Verhaltensmuster, Interessen und Werte heraus. Zusätzlich ergeben sich durch die charakteristischen Ressourcen gruppenspezifische Lebenschancen und Risiken.

Es finden sich allerdings Unterschiede zwischen Klassen und sozialen Schichten. In der Klassentheorie liegt die Grundlage für die Entstehung verschiedener Klassen in der Ungleichverteilung von Produktionsmitteln, während die Theorie der sozialen Schichten mit der Entstehung von Berufen verknüpft ist. Die Ungleichheit im Schichtmodell zeigt sich im sozialen Status, der sehr eng mit dem Beruf in Verbindung steht. Demnach liegt die Gemeinsamkeit der einzelnen Schichten darin, dass die Individuen aus einer Schicht von sehr ähnlichen Vor- und Nachteilen betroffen sind. Diese Vor- bzw. Nachteile bestimmen, ob eine soziale Schicht einer anderen über- oder untergeordnet wird. Das Klassenmodell ist durch gegenteilige Interessen der Klassen im Bezug auf Besitz und Macht geprägt (Borchert, 2008) Grundlegend unterscheiden sich Klassen- von Schichtanalysen in vier Punkten:

1. Die Ökonomische Ausrichtung: Die Gesellschaft wird stark durch ökonomisch bestimmte Kennzeichen eingeteilt. Dies sind z.B. nach Marx und Weber der Produktionsmittelbesitz oder die Erwerbs- und Marktchancen.
2. Die Ausrichtung nach Konflikten und Macht: Eine Klassenanalyse bedarf immer auch einer Erforschung der zwischen den Klassen bestehenden Machtstrukturen und Konflikten.
3. Die historische Ausrichtung: Die Untersuchung von Klassen bezieht immer ihre Veränderungen über die Zeit mit ein.
4. Die theoretische Ausrichtung: In Klassenanalysen werden nicht nur Strukturen beschrieben, sondern ihre Konflikte aufgedeckt und im zeitlichen sowie gesellschaftlichen Bezug erforscht.

Zwar können auch Schichtanalysen ökonomische Gesichtspunkte heranziehen und Machtverhältnisse und Konflikte erforschen, doch beschränken sich diese Studien oft auf die Beschreibung sozialer „Lagen“ und ihrer Auswirkungen auf Mortalität oder Morbidität (Geißler, 2002).

2.2 Darstellung und Messung sozialer Schicht

Durch die Einteilung in soziale Schichten ist die Grundlage für die Erstellung von schichtspezifischen Modellen zur sozialen Ungleichheit geschaffen. Ein empirisches Konzept sozialer Schichtung sollte als zentrale Dimensionen die Bildung, den Beruf und das Einkommen beinhalten. In der neueren Sozialstrukturanalyse wird allerdings angemerkt, dass angesichts zunehmender sozialstruktureller Veränderungen diese vertikalen Merkmale und ihre entsprechenden Ausprägungen als Schichtansatz nicht mehr ausreichen. Allerdings herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die genannten Dimensionen großen Einfluss auf die soziale Ungleichheit haben (Helmert, 2003)

2.2.1 Bildung

Diese Dimension wird über den höchsten erreichten Schulabschluss bestimmt. Die Kategorien in diesem Teilbereich sind die Abschlüsse des deutschen Schulsystems (Abschluss der Hauptschule, der Realschule oder Abitur). Derzeit besteht das Problem, dass in Deutschland sehr viele Menschen leben, die einen Abschluss im Bildungssystem der DDR erlangt haben, oder solche mit Migrationshintergrund, deren Schulsysteme gänzlich anders aufgebaut sind. Dies Problem muss bei der Konzeption von Erhebungsinstrumenten und jeder Operationalisierung bedacht werden. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, den höchsten Ausbildungsabschluss (z.B. Fachhochschulreife, Hochschulabschluss) in diese Dimension mit einzubeziehen. So wird eine größere Anzahl an Kombinationsmöglichkeiten erreicht und es kann eine Einteilung in fünf bis sieben Kategorien vorgenommen werden. Ohne die Ausbildungsabschlüsse ließen sich nur drei (plus eine Kategorie: ohne Abschluss) Kategorien erstellen. Dadurch wird eine genauere Zuordnung möglich. Lediglich die Abfrage der Schulabschlüsse hat den Vorteil, dass es sich um einen Indikator mit wenigen Schwankungen handelt, da etwa ab dem 25. Lebensjahr keine Änderungen mehr eintreten. Um internationale Vergleiche zu ermöglichen, wird in der Epidemiologie häufig ein Indikator eingesetzt, der aus den aufsummierten Jahren, der Schul- bzw. Berufsausbildungszeit besteht. So können auch sehr unterschiedliche Bildungs- bzw. Ausbildungssysteme verglichen werden. Weitere Vorteile des Indikators Bildung liegen in der Einfachheit der Erhebung, der hohen Responseraten, sowie der Validität und Reliabilität. Als problematisch erweist sich allerdings, dass die Stabilität der Bildung nicht immer mit der Sozialschicht korrelieren muss, da Einkommensarmut und weitere Faktoren erst nach dem Ausbildungsabschluss zum Tragen kommen. Auch die Bildungsinflation im zeitlichen Verlauf sowie weitere Effekte müssen beim Umgang mit diesem Indikator berücksichtigt werden (Empfehlungen der DAE / GMDS / DGSMP / Helmert, 2003)

2.2.2 Beruf

Der Beruf kann über die berufliche Stellung oder die berufliche Tätigkeit erfasst werden. Für die Zuordnung zu sozialen Schichten wird in nationalen Untersuchungen die Erfassung der beruflichen Stellung anhand einer differenzierteren Klassifikation der sozialrechtlichen Stellung empfohlen. Um internationale Vergleiche zu ermöglichen sollte die Erhebung der beruflichen Tätigkeit eine Einordnung in die (ISCO) Internationale Standardklassifikation der Berufe zulassen (Empfehlungen der DAE / GMDS / DGSMP). Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Gesundheit und beruflicher Abwärtsmobilität kann man Kritik daran üben, wenn zur Schichteinteilung nicht berufstätiger Menschen der letzte oder am längsten ausgeführte Beruf herangezogen wird, da mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine Verschlechterung der beruflichen Stellung einhergehen kann.

Bei der Erhebung des Berufs sollte die genaue Berufsbezeichnung nur in sehr großen Stichproben vorgenommen werden, ansonsten sind die einzelnen Berufe nur sehr schwach besetzt und verlieren statistische Aussagekraft. Des Weiteren ist es mit zu vielen Fehlern behaftet, lediglich über die Berufsbezeichnung auf Belastungen physischer und psychischer Art zu schließen, um diese in Studien zu bewerten. Positiv hervorzuheben ist bei der Erfassung des Berufs die relativ einfache Erhebung (Helmert, 2003).

2.2.3 Einkommen

Um Einsicht in die aktuelle ökonomische Stellung einer Person oder eines Haushaltes zu erhalten, stellt das Einkommen einen sehr wichtigen Indikator dar. Bei der Erhebung dieser Dimension treten jedoch praktische Probleme auf, zum einen wollen nicht alle Personen ihr genaues Einkommen angeben und zum anderen wissen nicht alle Befragten, wie hoch ihr eigenes bzw. ihr Haushaltseinkommen ist. Hier zeigt sich eine weitere Schwierigkeit. Da nicht alle Personen in einem Haushalt über Einkommen verfügen bzw. dies alleine für sich beanspruchen können, reicht eine Berechnung des Pro-Kopf-Einkommens nicht aus. Die unterschiedlichen Kosten, welche durch Kinder oder Erwachsene entstehen werden ebenfalls nicht differenziert. Daher wird ein nach Alter gewichtetes Äquivalenzeinkommen aus den Gewichtungsfaktoren und dem Haushaltseinkommen berechnet. Für die Gewichtung findet man verschiedene Grundlagen und Altersverteilungen. Zu nennen wären die Äquivalenzziffern des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA1991), die Bedarfsgewichte nach Bundessozialhilfegesetz und die Gewichtung der OECD (Empfehlungen der DAE / GMDS / DGSMP). Analysen des Haushaltseinkommens können großen Schwankungen unterlegen sein, da die Höhe durch Scheidung, Berentung oder Arbeitslosigkeit stark variiert. Ebenfalls schwer zu ergründen sind die Wechselwirkungen und die Richtung der Auswirkungen zwischen Einkommen und Gesundheit. Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der Nichtbeachtung von Schulden oder Vermögenswerten im Äquivalenzeinkommen (Helmert, 2003).

3. Beschreibung der Lebensstil- und Milieuansätze

Durch die gestiegene Zahl der sozialen Wahlmöglichkeiten und gesteigerten materiellen Ressourcen wird häufig Kritik an traditionellen Schicht- und Klassenmodellen zur Erfassung sozialer Ungleichheit geübt. Die sozialen Wandlungen haben dazu beigetragen, dass sich die Art der Lebensführung von der Schichtzugehörigkeit distanziert. Neben den sozialen Lagen haben sich daher zur Erfassung mehrdimensionaler Ungleichheiten der Lebensstil- und der Milieuansatz herausgebildet. Nicht geklärt ist der Zusammenhang zwischen Individualisierungsprozessen und der Entstehung von verschiedenen Lebensstilen und Milieus (Burzan, 2007).

3.1 Lebensstile

Moderne Lebensstilansätze sind in ihrer Konzeption aus Ansätzen entstanden, die z.B. in der Marktforschung genutzt werden. Hier dienen sie dazu, Produkte und Werbung spezifischen Käufertypen anzupassen. Auch die Konsum- und Wahlforschung wenden ähnliche Konzepte an.

Im Bereich der Ungleichheitsforschung werden neben der Frage, was ein Lebensstil ist und was ihn ausmacht, zusätzlich lebensstilspezifische Auswirkungen auf Lebensweisen und die Lebensführung untersucht. Auch die Verhältnisse der Lebensstile untereinander sowie deren Veränderung kann Gegenstand von Analysen sein (Burzan, 2007). Lebensführungsmuster, die Lebensstile darstellen, ergeben sich aus vier Kriterien.

1. Lebensstile umfassen das ganze Leben, nicht lediglich bestimmte Teilbereiche. Ein Hauptaugenmerk liegt in den Bereichen Freizeit- und Konsumverhalten. Weiteres Interesse besteht auf familiärer sowie kultureller Ebene.
2. Lebensstilanalysen erforschen die nach außen gerichteten Handlungsmuster und unterschiedlichen Arten der Selbstdarstellung in Geschmacksfragen und im Bereich Kultur.
3. Die einzelnen, einen Lebensstil ausmachenden, Dimensionen haben für die ihnen zugeordneten Personen einen sinnhaften Zusammenhang.
4. Lebensstile unterstützen die Identitätsbildung, wonach sich einzelne oder Gruppen durch ihre gemeinsamen Lebensführungen und Verhaltensweisen „zusammenfinden“ (Geißler, 2002).

Lebensstilansätze beanspruchen für sich, eine feinere Einteilung als Klassen und Schichtmodelle zu ermöglichen, da sie neben den vertikalen Merkmalen auch horizontale Faktoren berücksichtigen. Dies führt zu einer horizontalen und vertikalen Struktur, welcher genauere Erforschung der Gründe für Ungleichheiten zulässt. So können z.B. gleich qualifizierte, aber vom Alter her stark unterschiedliche Arbeitnehmer aufgrund des Alters verschiedenen Lebensstilen zugeordnet werden. Diese können, aber müssen sich nicht im Bezug auf Risiken und Ressourcen unterscheiden.

Innerhalb der Lebensstilforschung werden hauptsächlich zwei Theorien in der Literatur vertreten. Zum einen die Strukturierungsmodelle und zum anderen die Entstrukturierungsmodelle. Im ersten Modell stellen sich als strukturierende Einflussgrößen sowohl das Alter und das Geschlecht (horizontal), als auch das Bildungsniveau (vertikal) dar. Diese Ansätze wollen nicht als Ersatz der traditionellen Sozialforschung auftreten, sondern sie durch ihre Vorteile ergänzen. Im zweiten Modell werden Lebensstile als komplett eigenständiger Ansatz gesehen. Hier sind sie nicht das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener Dimensionen, sondern bedingen selbst spezifische Handlungen und Verhaltensmuster (Burzan, 2007).

3.2 Milieus

Unter einem Milieu ist die Summe äußerer (z.B. Klima) und sozialer Gegebenheiten (z.B. Gesetze) zusammengefasst, die auf ein Individuum oder auf Gruppen einwirken. Hieraus ergeben sich gemeinsame Ausdrucksmöglichkeiten und Umgangsformen. Milieus können durch regionale Bezüge-, oder ohne räumlichen Zusammenhang der Individuen entstehen. Die einzelnen Milieus sind durch unterschiedliche Wertvorstellungen voneinander getrennt. Jedoch sind sie nicht völlig losgelöst von sozioökonomischen und soziodemographischen Gesichtspunkten. Abhängig vom gewählten Milieuansatz nähert sich dieses Modell in einigen Punkten dem Modell sozialer Lagen an.

Zur weiteren Klärung des Milieuansatzes ist ein Vergleich mit dem Lebensstilkonzept sinnvoll. Beide Modelle sind Alternativen zu Klassen- und Schichtmodellen. Sie rücken Handlungen, Entscheidungen und Lebensweisen in den Vordergrund der Analyse, doch nicht ohne die Lebensbedingungen unbeachtet zu lassen. Gruppen und Personen werden Lebensstilen bzw. Milieus zugeordnet. Nach einigen Theorien können aus bestimmten Lebensstilen Milieus hervorgehen und sich etablieren. Weitere Theorien besagen, dass ein Lebensstil lediglich eine Ausdrucksform des Milieus ist. Ein großer Unterschied findet sich im Aspekt Verhalten, während Lebensstile auf Wahl- und Ausdrucksfreiheit basieren, wird dieser Freiheit im Milieukonzept eben die Abhängigkeit vom Milieu unterstellt. Dadurch werden diese Freiheiten immer nur dem Milieu entsprechend umgesetzt. So erkennt man, dass hier im Vergleich zu den Lebensstilen eine stärkere Ausrichtung nach „objektiven“ Gegebenheiten vorgenommen wird (Burzan, 2007).

4. Soziale Ungleichheit

Bereits seit der Industrialisierung sind die soziale Ungleichheit und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit dokumentiert. Während in den 1960er Jahren noch davon ausgegangen wurde, dass diese Ungleichheiten verschwinden, hat sich durch neuste Forschung herausgestellt, dass beträchtliche Unterschiede weiterhin bestehen. Diese Differenzen zeigen sich allerdings nicht nur in einem Vergleich der höchsten mit der niedrigsten sozialen Schicht, sondern lassen sich auch zwischen direkt aneinander grenzenden Schichten nachweisen. Je höher die Ansiedlung im Index sozialer Schicht, desto geringere Mortalitäts- bzw. Morbiditätsrisiken liegen vor. Dies bezeichnet einen Sozialgradienten im Bezug auf Gesundheit und Sterblichkeit (Siegrist & Marmont, 2008). Von sozialer Ungleichheit wird gesprochen, wenn mit der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Strukturen bestimmte Lebenschancen und Umstände einhergehen, deren Auswirkungen im direkten Vergleich zu anderen Strukturierungen relativ schlechtere oder bessere Lebensumstände und Lebenschancen mit sich bringen. Die beeinflussenden Faktoren sind unter anderem das Geschlecht, Einkommen, Alter, Konfession, Bildung, Beruf, Migrationshintergrund usw. Diese werden häufig in offensichtliche vertikale Ungleichheiten und horizontale weniger offensichtliche „Disparitäten“ (nebeneinander bestehend) unterschieden. Gesellschaftliche Vor- bzw. Nachteile machen somit soziale Ungleichheit aus. Solche Vor- und Nachteile können allerdings nur bei sozialgruppenübergreifendem Bedarf entstehen. Dieser umfasst beispielsweise die Arbeitsbedingungen, soziale Integration und Gesundheit, aber auch das Einkommen und weitere materielle Ressourcen (Klein, 2005). Hradil unterscheidet zwei Arten von sozialer Ungleichheit, die Verteilungsungleichheit und die Chancenungleichheit. Verteilungsungleichheit ist die Ungleichverteilung relevanter Merkmale wie z.B. Einkommen in der Bevölkerung. Chancenungleichheit drückt aus, dass eine bestimmte Gruppe (Migranten, Kinder) im Vergleich zu anderen Gruppen schlechtere Chancen besitzt, besser oder schlechter „bewertet“ zu werden (Hradil, 2004) (z.B. die geringeren Chancen auf dem Arbeitsmarkt Ungelernter im Vergleich zu Ausgelernten). Man unterscheidet Ursachen, Determinanten, Dimensionen und Folgen sozialer Ungleichheit.

1. Ursachen

In der Ursachenforschung sozialer Ungleichheit liegen die Schwerpunkte auf der Analyse der Entstehung und dem Fortbestand von Ungleichheiten. Es sollen Zusammenhänge dargestellt und Theorien entwickelt werden.

2. Determinanten

Hierunter fallen die sozialen Merkmale von Personen (Berufsgruppen, Geschlecht, Alter usw.), denen sich objektiv keine Vor- bzw. Nachteile zuordnen lassen, diese jedoch empirisch belegt sind. Unterschiedliche Determinanten können Chancenungleichheit hervorrufen. Die Determinanten sowie ihre Auswirkungen erinnern stark an die horizontalen Disparitäten (eigene Anmerkung).

3. Un- bzw. vorteilhafte Lebensbedingungen

Diese gibt es in verschiedensten Ausprägungen und innerhalb vieler Bereiche. In modernen Gesellschaften findet man sie verstärkt im Zusammenhang mit der beruflichen Stellung. Hierzu gehören besonders Bildung, Wohlstand und Macht. Ihre Relationen zueinander ergeben den sozialen Status, welcher zusammengefasst Schichten ergibt. Hierin erkennt man die vertikale Dimension Beruf, die stark durch die Bildung beeinflusst wird (eigene Anmerkung).

4. Dimensionen

Ungleiche Lebensbedingungen (z.B. Bildung, Einkommen) und ihre Auswirkungen werden als Dimensionen zusammengefasst. Sie können das Denken, das Handeln, das Wahlverhalten und die Wertesysteme beeinflussen. Dadurch können wiederum die Ungleichheit fördernde Lebensstile und soziale Gruppierungen entstehen (Hradil, 2004). Hierin sieht man die Anlehnung an den Lebensstil- und Milieuansatz (eigne Anmerkung).

5. Folgen

Die Folgen sozialer Ungleichheit im Bezug auf Gesundheit drücken sich durch erhebliche Mortalitäts- und Morbiditätsunterschiede zwischen der untersten- und der obersten sozialen Schicht aus. Des Weiteren zeigen sie sich deutlich im Sozialgradienten und seinen Auswirkungen (eigene Ergänzung da Hradil, an dieser Stelle nicht näher darauf eingeht).

4.1 Forschungsstand der Auswirkung des Sozialgradienten

Menschen mit geringer Bildung und entsprechend niedriger beruflicher Stellung sterben früher. Zusätzlich sind sie häufiger von schweren Krankheiten betroffen. Aber nicht nur in diesen „gravierenden“ Indikatoren lässt sich der Schichtgradient feststellen; bereits bei der subjektiven Gesundheitseinschätzung ist er vorhanden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Schichtgradient ist in allen Altersklassen erkennbar. Die größten Differenzen zwischen Ober- und Unterschicht zeigen sich hier bei Männern im Alter von 30 – 44 Jahren. Gleichzeitig finden sich in diesem Alter die deutlichsten Differenzen der Mittelschicht zur Ober- und Unterschicht. Bei Frauen liegen die größten Differenzen zwischen Ober- und Unterschicht im Alter von 18 – 29 Jahren. Hier zeigt auch der größte Unterschied zwischen Mittel- und Oberschicht bei den Frauen (Aus Politik und Zeitgeschichte, 42/2007).

Die von der Bildung abhängige verlängerte Lebenserwartung für Deutschland, ab einem Alter von 16 Jahren, liegt im Vergleich von Abiturienten und Hauptschülern, für Frauen bei 3,9 Jahren und für Männer bei 3,3 Jahren.

Ein wichtiger Ungleichheitsfaktor ist das Einkommen. Es ist in oberen sozialen Schichten (obersten 20%) um den Faktor 4,4 höher als in unteren sozialen Schichten (untere 20%). Bei der Geburt liegt die Differenz der Lebenserwartung vom obersten zum untersten Einkommensquintil für Frauen bei 9 Jahren und für Männer bei 10 Jahren.

Die Grundlagen der folgenden Untersuchungen stammen aus dem Sozio-ökonomische Panel (SOEP). Der Analysezeitraum ist von 1995 bis 2005. Gegenstand der Analyse sind Personen ab 18 Jahren. Den Einkommensindikator bildet das Nettoäquivalenteinkommen. Dies lag 2005 bei Personen ab 18 Jahren im Mittel bei 1398€. Aus dem Einkommen wurden Kategorien gebildet: Unter 60 Prozent, 60 bis unter 80 Prozent, 80 bis unter 100 Prozent, 100 bis unter 150 Prozent und über 150 Prozent. Daraufhin wurden die Überlebensraten für Männer und Frauen in diesen Kategorien verglichen. Die Grafik zeigt die Höhe des Anteils der Überlebenden (Männer / Frauen) bis zu einem bestimmten Alter in Abhängigkeit vom Einkommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hieraus wird ersichtlich, dass bei Frauen und Männern ab etwa 50 Jahren eine Zunahme der Überlebensraten mit der Höhe des Einkommens einhergeht. Auffällig ist die geringere Überlebensrate bei Frauen aus der untersten Kategorie.

Ein weiteres Beispiel zeigt die Abbildung der Sterblichkeit vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, bezogen auf die gleichen Einkommenskategorien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch hier zeigt sich deutlich die Benachteiligung der untersten Kategorie, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. In der untersten Einkommensgruppe sterben 31 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen vor Erreichen eines Alters von 65. In der Obersten sind es lediglich 13 Prozent der Männer und 7 Prozent der Frauen, die vor diesem Alter sterben. An dieser Abbildung fällt zum einen auf, dass sich der Sozialgradient bei Männern sehr viel stärker abbildet und zum anderen die großen Differenzen innerhalb gleicher Kategorien zwischen Männern und Frauen. Immerhin ist der Prozentanteil der Männer, die in der jeweiligen Kategorie vor 65 Jahren sterben, fast immer doppelt so hoch wie der Prozentanteil der Frauen.

4.2 Soziale Auswirkungen der Nacht-Schichtarbeit

Die Auswirkungen der Schicht- und Nachtarbeit zeigen sich auf verschiedenen Ebenen. Die sozialen Dimensionen wie Familienleben und Teilhabe am „öffentlichen Leben“ werden ebenso beeinflusst wie die physische und psychische Gesundheit. (Alheit et al. 1986)

Die Schichteinteilung wirkt sich auf das gesamte Familienleben aus. Zu Schlafzeiten des in Schichten arbeitenden Familienmitgliedes sollte Ruhe herrschen. Kinder können nur sehr begrenzt spielen und auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten können lediglich dann durchgeführt werden, wenn sie keinen Lärm verursachen. Gemeinsame Aktivitäten lassen sich nur an den freien Tagen planen und durchführen, da sich die Tagesabläufe der Schichtarbeiter meist nicht mit denen der anderen Familienmitglieder vereinbaren lassen. Die Partnerin eines Schichtarbeiters sagt:<<… wir hängen beide drinne in den drei Schichten. >> (Alheit et al. 1986 S75) Auch sie muss ihr Leben nach dem Schichtrhythmus planen, um Zeit mit ihrem Partner oder der ganzen Familie zu verbringen.

Entweder schlafen Schichtarbeiter wenn die anderen Familienmitglieder wach sind oder gehen zur Arbeit bevor diese aufstehen. Ein besonderes Problem stellt dies im Bezug auf die Kindeserziehung dar, denn die unregelmäßige Teilnahme am Familienalltag schließt sie aus einigen Bereichen beinahe gänzlich aus. (Alheit et al. 1986)

Schichtarbeiterfamilien müssen mit zwei Zeiten leben, zum einen der durch den Schichtrhythmus vorgegebenen Zeit und der „sozialen Zeit“ außerhalb der Familie. Dies führt zu einer Vielzahl an Problemen, da die „soziale Zeit“ wie Öffnungszeiten von Badeanstalten, Schulen und Behörden oder auch Einladungen zu Feiern und Vereinstreffen nur in seltenen Fällen mit den Schichtplänen vereinbar sind. Behördengänge und andere wichtige Termine bleiben dem Partner überlassen oder der/die im Schichtsystem arbeitende muss sich dazu Urlaub nehmen, besonders wenn er/sie alleine lebt. Die meisten Feiern und Treffen werden auf das Wochenende verschoben, da nicht Schichtarbeiter dann frei haben. Ein Schichtarbeiter meint dazu: << Du kommst zu spät hin oder musst früh weg. >> (Alheit et al. 1986 S101) Bei Nachtschicht muss er um 22:00 Uhr anfangen zu arbeiten und die Feier „früh“ verlassen. Hat er Spätschicht, kommt er „verspätet“ auf die Feier, ist geschafft von der Arbeit und hat Schwierigkeiten, sich der entspannten Stimmung anzupassen. Diese Probleme führen dazu, dass solche Einladungen oft generell abgelehnt werden. Auch die Mitgliedschaft in Vereinen wird dadurch stark beeinflusst, da man entweder nur sehr selten teilnehmen kann, oder es eine genaue Planung der Urlaubstage erfordert. Gerade Aufgaben, die eine regelmäßige Anwesenheit erfordern, können von Schichtarbeitern oft nicht übernommen werden. (Alheit et al, 1986) Jedoch besonders soziale und kulturelle Interaktionen und Gegebenheiten stellen eine wichtige Ressource zur Bewältigung der steigenden Belastungen durch die Arbeitswelt dar (Rüdiger H. W. DMW, 2006, 44).

4.3 Gesundheitliche Auswirkungen von Nacht-Schichtarbeit

Die gesundheitlichen Folgen der Nacht-Schichtarbeit beziehen sich auf die Auswirkungen der Arbeit, außerdem auf die Folgen des fehlenden Nachtschlafs, den unregelmäßigen Schlafrhythmus und die häufigen Störungen des Tagschlafs. Aus biologischer Sicht ist der Mensch tagaktiv. Dies wird durch einen zirkadianen 25 Stunden Rhythmus gesteuert.

Hierzu wird der zirkadiane Rhythmus mit der Umwelt synchronisiert. Als Zeitgeber werden der Wechsel von hell zu dunkel, Klimabedingungen, Aktivitäten und soziale Gegebenheiten wie Arbeitszeiten herangezogen (Lund, Engfer, 1994 / Klug et al. 2008). Eine Verschiebung oder Umstellung des zirkadianen Schlaf-Wachrhythmus hat negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Gerade bei Schichtarbeitern wird diese Umstellung, durch Licht als äußeren Zeitgeber, behindert. Denn zur Nachtschicht wird in beleuchteten Gebäuden gearbeitet und zur Zeit des Tagschlafs ist es ebenfalls hell. (Rüdiger H. W. in DMW, 2006, 44)

Die gesundheitlichen Folgen kann man in kurz- und langfristige Auswirkungen unterscheiden. Kurzfristig wirkt sich die Arbeit gegen den zirkadianen Rhythmus negativ auf das Reaktionsvermögen und die Leistungsfähigkeit aus. Des Weiteren führt es zu Übermüdung und Unausgeglichenheit. Ein zusätzliches Risiko ist die Erhöhung der Unfallgefahr bei der Arbeit oder dem Heimweg. Langfristig kann Nacht-Schichtarbeit zu Schlafstörungen, Magen-Darmerkrankungen, Depressionen, Herz- und Gefäßkrankheiten, Übergewicht, sexuellen Störungen, Problemen in der Schwangerschaft, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus führen (Rüdiger H. W. in DMW, 2006, 44). Auch eine kanzerogene Wirkung konnte die International Agency for Research in Cancer (IARC) nachweisen (Klug et al. 2008). Diese Wirkung entsteht, da nachts der Stoffwechsel verlangsamt wird. Dadurch scheiden Leber und Niere nur eingeschränkt Kanzerogene aus, wodurch sie sich im Körper akkumulieren und zu einer erhöhten Anzahl neoplastisch transformierten Zellen führen. Eine Verbindung mehrerer dieser Zellen stellt einen Tumor dar. Die Bekämpfung der Neoplasmen ist Aufgabe natürlicher Killerzellen, deren Zahl jedoch in Folge der nachts herabgesetzten Malatoninproduktion ebenfalls stark abnimmt.

5. Hypothesen

Die Grundlage meiner Analysen bildet die These, dass sich Nacht- Schichtarbeiter vor allem aus einem niedrigen Bildungsniveau bzw. unteren sozialen Schichten rekrutieren, ausgenommen Personen mit einem sehr hohen Bildungsniveau wie z.B. Ärzte oder Beamte bei Polizei und Feuerwehr, welche ebenfalls häufig nachts arbeiten.

Daher gehe ich davon aus, dass sich die durch Nacht-Schichtarbeit bestehenden Risiken zusammen mit denen der unteren sozialen Schichten verstärken. Demnach sind im Nacht-Schichtsystem tätige Personen von höheren Risiken im Bezug auf Mortalität, Gesundheit, Gesundheitsverhalten und Lebensstilen betroffen als Personen die nicht im Nacht-Schichtsystem arbeiten.

Um meine grundlegenden Überlegungen zu verdeutlichen, habe ich ein Modell der „lebensstrukturrierenden“ Variable Schichtarbeit erstellt. Es zeigt, wie durch Bildungsstand und Berufswahl der Weg in das Nacht-Schichtsystem führt. Der Beruf bedingt nicht zwingend Nacht-Schichtarbeit, jedoch stellt dieses Modell den „Weg“ eines Nacht-Schichtarbeiters dar. Direkte Beziehungen werden anhand durchgezogener Pfeile, sowie rückwirkende Beeinflussungen durch unterbrochene Pfeile dargestellt. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

6. Beschreibung der Datenbasis

Die Datengrundlagen für meine Analysen setzen sich aus dem Lebenserwartungssurvey des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung und dem ersten nationalen Gesundheitssurvey zusammen. Dieser war Bestandteil der „Deutschen Herz-Kreislauf-Präventionsstudie (DHP). Innerhalb dieser Studie wurden drei Erhebungen durchgeführt.

Die erste dieser Erhebungen war der Nationale Gesundheitssurvey von 1984 bis 1986 unter dem Titel „Leben und Gesundheit in Deutschland“. Die Grundlage für diesen Survey bildet eine repräsentative Stichprobe aus Personen deutscher Nationalität im Alter von 25 bis 69 Jahren.

Die zweite Erhebung war eine Widerholungsbefragung in den Jahren 1987 bis 1989. Die Anzahl der Befragten wurde auf Personen der Geburtsjahrgänge 1952 und früher reduziert.

In der dritten Surveyphase wurden 1990 bis 1992 die neuen Bundesländer erfasst. Die Befragung richtete sich an Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren.

Auf dieser Grundlage hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 1998 eine Erhebung durchführen lassen, bei der Personen aus den vorangegangenen Untersuchungen erneut befragt wurden. Das Alter der Personen wurde auf 45 Jahre und älter beschränkt. Die Grundlage für Westdeutschland war der DHP Survey von 84/86 und für Ostdeutschland wurde die Erhebung von 90/92 herangezogen. Die lange Zeit zwischen den Erhebungen in Westdeutschland ermöglicht eine Mortalitätsanalyse, da eine entsprechende Anzahl Personen in der Zwischenzeit verstorben ist (BIB, 2001). Meine Auswertung bezieht sich lediglich auf den Datensatz für Westdeutschland. Dieser ist jedoch um eine Variable ergänzt, die angibt, ob der Befragte zur Zeit der Erhebung des BIB (1998) verstorben war. So kann ich zusätzlich an diesem Datensatz die Auswirkungen auf die Mortalität untersuchen. In den 14 Jahren zwischen der ersten Erhebung und der zweiten von 1998 sind von den 8474 etwa 960 (11,3%) Personen verstorben. 14,5 % haben eine weitere Teilnahme verweigert, 5,2% konnten nicht mehr ermittelt werden und 22,5% haben aus sonstigen Gründen nicht teilgenommen. Letztendlich konnten 46,5% der Personen zweimal befragt werden.

7. Methodik

Die Folgenden Analysen beziehen sich auf Nacht-Schichtarbeiter sowie Personen die nicht im Nacht-Schichtsystem arbeiten. Zur Definition der Nacht-Schichtarbeiter habe ich die Frage Fr1504 aus dem Lebenserwartungssurvey des BIB herangezogen. << Welche der folgenden Bedingungen belasten Sie in Ihrer derzeitigen bzw. belasteten Sie in Ihrer letzten Berufstätigkeit? … Wechselschicht mit Nachtarbeit… >> [BIB, 2001 S 83]. Die Antwortkategorien sind:<< Stark, wenig, überhaupt nicht und trifft/traf nicht zu. >> Ich habe alle Personen der ersten drei Kategorien zur Gruppe der Nacht-Schichtarbeiter, bzw. Schichtarbeiter, bzw. Nachtarbeiter zusammengefasst. Alle Personen bei denen Wechselschicht mit Nachtarbeit nie zutraf habe ich zur Gruppe der nicht Nacht-Schichtarbeiter bzw. nicht Schichtarbeiter zusammengefasst.

Die vier Bildungsschichten habe ich über den Schulabschluss (BIB Fr03) definiert. Einige Analysen vergleiche ich mit diesen Bildungsschichten um zu zeigen, dass die Nacht-Schichtarbeiter teilweise schlechter gestellt sind als die untersten sozialen Bildungsschichten, quasi eine Fortführung des sozialen Gradienten, ausgedehnt auf Nacht-Schichtarbeiter.

Die gesamten Analysen wurden mit SAS durchgeführt.

Als Assoziationsmaß habe ich den Mantel-Haenszel-Chi-Quadrat-Test durchgeführt, da dieser einen linearen statistischen Zusammenhang prüft. Er ist definiert als (N-1)r², wobei r gleich der Person-Korrelation ist. Lediglich bei der Analyse von zwei dichotomen variablen erfolgte der Chi-Quadrat-Test. Das Signifikanzniveau für folgende Berechnungen liegt bei 5%. Dieser Wert orientiert sich an aktuellen Forschungsstandards.

8. Analysen zur weiteren Beschreibung des Datensatzes

Innerhalb der folgenden Analysen soll die grundlegende Verteilung der Nacht-Schichtarbeit bezüglich Geschlecht, Alter, Bildung und Sterblichkeit dargestellt werden.

8.1 Geschlecht & Nacht-Schichtarbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Chi² = 175,9199 Sig: <,0001

Die Nacht-Schichtarbeiter sind mit 913 Personen vertreten. Die nicht Nacht-Schichtarbeiter mit 6384 Personen. 661 der Nacht-Schichtarbeiter sind männlich und 252 weiblich. Der mehr als doppelt so große Anteil männlicher Nacht-Schichtarbeiter lässt sich durch die Arbeitszeitverordnung(AZO) von 1938 erklären wonach Frauen keine Nachtarbeit leisten durften. Diese Verordnung wurde durch das derzeit geltende Arbeitszeitgesetz (ArbZG 1994) ersetzt. Bei den nicht Nacht-Schichtarbeitern sind Männer, mit einem Anteil von 3125 Personen und Frauen mit einem Anteil von 3295 Personen fast gleich verteilt.

Aufgrund des hohen Signifikanzniveaus lässt sich feststellen, dass ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Ausübung von Nacht-Schichtarbeit besteht.

Bei Betrachtung aktueller Zahlen lässt sich vermuten, dass der vorgefundene Unterschied heute nicht mehr so deutlich besteht. Im Zeitraum 1991 bis 2004 zeigen sich deutliche Zuwachsraten bei den Frauen die Nacht-Schichtarbeit leisten. Im gleichen Zeitraum sinkt der Anteil der Männer, welche ständig im Nacht-Schichtsystem arbeiten. Anfang 2004 hatten etwa 53% der beschäftigten Männer und 43% der beschäftigten Frauen von den Regelarbeitszeiten abweichende Arbeitszeiten (Mikrozensus 2004).

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836632522
DOI
10.3239/9783836632522
Dateigröße
680 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bremen – 11, Human- und Gesundheitswissenschaften, Public Health
Erscheinungsdatum
2009 (Juli)
Note
1,5
Schlagworte
schichtarbeit sozialforschung mortalität gesundheit bildung
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Titel: Sterben Nacht-Schichtarbeiter früher?
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