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Liquidity at Risk (LaR) und LiquidityValue at Risk (LVaR)

Zwei neue Ansätze für das Liquiditätsmanagement

©2006 Bachelorarbeit 99 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Einführung in das Thema:
In der Theorie - im vollkommenen Geld- und Kapitalmarkt - ist die Sicherstellung der Liquidität eines Unternehmens kein betriebswirtschaftliches Problem. Wenn der Marktwert des Unternehmensvermögens die Verbindlichkeiten übersteigt, können alle Auszahlungen extern refinanziert werden. In der Realität allerdings, wird durch unvollkommene Geld- und Kapitalmärkte, beispielsweise durch Informationsasymmetrien, eine unternehmensinterne Liquiditätssteuerung notwendig; Liquidität ist ein reales, betriebswirtschaftliches Problem. Besonders Banken haben durch die Komplexität der Zahlungsströme und durch implizite Kundenoptionen bei vielen ihrer Produkte einen erhöhten Bedarf an einem gut aufgestellten Liquiditätsmanagement.
Relevanz und Ziel der Arbeit:
Es ist bisher noch keine geschlossene Liquiditätstheorie ersichtlich. Auch in der Praxis konnten sich noch keine anerkannten Methoden oder Modelle als unternehmensübergreifende Standards herauskristallisieren. Es gibt zum Thema Liquiditätsrisiko im Vergleich zu den anderen Risikoarten, wie beispielsweise Zinsrisiko, relativ wenig Literatur. Das liegt zum einen daran, dass Risikomanagement ein sensibles und lukratives Gebiet ist und viele Unternehmen ihr Wissen als Betriebsgeheimnis für sich behalten, da sie sich daraus einen Wettbewerbsvorteil erhoffen. Consulting Unternehmen beraten ihre Kunden und geben ihr Know-how selektiv weiter ohne ihre Ergebnisse auch zu veröffentlichen. Zum anderen gibt es auch von aufsichtsrechtlicher Seite, national wie international, noch keine einheitlichen Aussagen über Best-Practice-Methoden oder besonders geeignete Ansätze, um Banken einen gewissen Freiheitsgrad zu lassen. Einigkeit besteht nur darüber, dass viele traditionelle Ansätze unzureichend sind, da sie keine Aussagen über Wahrscheinlichkeit und Höhe eines Risikoeintritts machen.
Angetrieben von einem aktuellen Wandel in den aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), durch genaue Analysen einiger Firmenzusammenbrüche und durch die modernen Ansätzen großer Kreditinstitute und Consulting Unternehmen, ist in den letzten Monaten Bewegung in viele Facetten des Themas ‘Liquiditätsrisikomanagement’ gekommen. Dieser Wandel stellt viele Banken ‘vor [die] Aufgabe, neue Ansätzen zur Messung, Überwachung und Steuerung von Liquiditätsrisiken zu entwickeln.’ Auch von praktischer Seite haben sich in den letzten Jahren die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sander Conzen
Liquidity at Risk (LaR) und LiquidityValue at Risk (LVaR)
Zwei neue Ansätze für das Liquiditätsmanagement
ISBN: 978-3-8366-3500-4
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Frankfurt School of Finance & Management, Frankfurt am Main, Deutschland,
Bachelorarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis...4
Symbolverzeichnis...6
1. Einleitung ...7
1.1 Einführung in das Thema...7
1.2 Relevanz und Ziel der Arbeit ...7
1.3 Aufbau der Arbeit...9
2. Identifizierung
der Grundlagen und Rahmenbedingungen des Liquiditätsrisikos...10
2.1 Definition und Bestimmung von Liquidität ...10
2.2 Besonderheiten der Liquidität von Banken ...11
2.3 Definition und Bestimmung von Risiko...13
2.4 Definition und Bestimmung von Liquiditätsrisiko...14
2.5. Aufsichtsrechtliche Bestimmungen...16
2.5.1 Gegenwärtige aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen ...16
2.5.2 Zukünftige aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen ...20
2.5.3 Kritische Reflexion des Aufsichtsrechts ...21
3. Bisherige Risikomaße mit Relevanz für das Liquiditätsmanagement ...22
3.1 Abgrenzung des Themas...22
3.2 Risikomaß: Bestände...23
3.3 Risikomaß: Relationen ...23
3.4 Risikomaß: Gap-Analyse...24
3.5 Risikomaß: Sensitivitäten...28
3.6 Risikomaß: Value at Risk (VaR)...30
- 2 -

4. LaR und LVaR als neue Risikomaße für das Liquiditätsmanagement ...33
4.1 Liquidity at Risk (LaR)...33
4.1.1 Bestimmung des LaR und dessen Entwicklung...33
4.1.2 Die Ansätze von Fiedler und Zeranski ...34
4.1.3 Entwicklung eines eigenen LaR-Ansatzes ...42
4.2 LiquidityValue at Risk (LVaR) ...50
4.2.1 Intuitive & institutsinterne Steuerung ...50
4.2.2 Bestimmung des LVaR und dessen Entwicklung ...51
4.2.3 Entwicklung eines eigenen LVaR-Ansatzes ...52
5. Abschließende Reflexion...59
5.1 Zusammenfassung des eigenen LaR-Ansatzes ...59
5.2 Zusammenfassung des LVaR-Ansatzes ...62
5.3 Fazit...62
5.4 Ausblick...64
Eidesstattliche Versicherung...66
Literaturverzeichnis...67
Abbildungsverzeichnis...75
Anhang A
LaR Übersicht über die verschiedenen Kategorien
Anhang B
Entwicklung der Spreads in % für ein A+ Rating gegenüber Swap ... I
Die täglichen Veränderungen der Spreads ... VI
Graphische Darstellungen des LVaR ... XII
- 3 -

Abkürzungsverzeichnis
ARCH
AutoRegressive Conditional Heteroscedastic
BaFin
Bundesaufsicht
für
Finanzdienstleistungen
BehELaR
Behavioural Expected Liquidity at Risk
BPV
Basis
Point
Value
C
expect
(d,m,k)
In m erwarteter Cashflow der Position d für den Tag k
C
real
(d,k,k)
In k eingetretener Cashflow der Position d des Tages k
CF
+
(d
i
, k)
Zahlungszuflüsse der Positionen d
1
bis d
N
am Tag k
CF
-
(d
i
, k)
Zahlungsabflüsse der Positionen d
1
bis d
N
am Tag k
D
Portfolio, das die Positionen d
1
bis d
N
beinhaltet
DCL
Dynamic Cash Liquidity
DyLaR
Dynamic Liquidity at Risk
ECL
Expected Cash Liquidity
ELaR
Expected Liquidity at Risk
F
u
(y)
Beliebige Verteilung F mit Wert y und Schwellenwert u
G
,
(y)
Verallgemeinerte
Paretoverteilung
GARCH
Generalized AutoRegressive Conditional Heteroscedastic
GE
Geldeinheit
h
k
Unteres Limit für den ELaR
H (x)
Verallgemeinerte
Extremwertverteilung
i,
j
Handelsposition
K
Historischer Betrachtungszeitraum mit k=1,2,...K
KWG
Gesetz über das Kreditwesen
l
k
Oberes Limit für den ELaR
L(p)
p
-Quantil der Standardnormalverteilung
LaR
Liquidity at Risk
LVaR
LiquidityValue at Risk
MaH
Mindestanforderungen an das Handelsgeschäft
- 4 -

MaIR
Mindestanforderungen an die interne Revision
MaK
Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft
MaRisk
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
MDA
Maximum
Domain
of
Attraction
POT
Peaks-Over-Threshold
PV
t
Barwert des Cashflows in Periode t
R
Rendite
t Betrachtungszeitpunkt
V
i,t
Marktwert der Handelsposition i in t
VaR(p,H)
i,t
Value at Risk der Handelsposition i für eine Überschreitungswahr-
scheinlichkeit p mit Haltedauer H in t
- 5 -

Symbolverzeichnis
Größenparameter der verallgemeinerten Paretoverteilung
i
Erwartungswert der Handelsposition i
H
k
Positive dynamische Abweichung des tatsächlichen Wertes vom dy-
namischen Erwartungswert in k
h
k
Positive Abweichung des tatsächlichen Wertes vom Erwartungswert
in k
L
k
Negative dynamische Abweichung des tatsächlichen Wertes vom
dynamischen Erwartungswert in k
l
k
Negative Abweichung des tatsächlichen Wertes vom Erwartungs-
wert in k
Gestaltparameter der verallgemeinerten Paretoverteilung
Gewicht des Hybrid-Ansatzes; hier 0,99
ij,
Korrelationskoeffizient der Renditen der Handelspositionen i und j
¦
N
t
1
Summe von 1 bis N
i
Standardabweichung der Handelsposition i
- 6 -

"Liquidity and the lack thereof is probably the risk that has traditionally received the least
focus and yet has inflicted the greatest damage."
1
1. Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
In der Theorie - im vollkommenen Geld- und Kapitalmarkt - ist die Sicherstellung der Li-
quidität eines Unternehmens kein betriebswirtschaftliches Problem. Wenn der Marktwert
des Unternehmensvermögens die Verbindlichkeiten übersteigt, können alle Auszahlun-
gen extern refinanziert werden. In der Realität allerdings, wird durch unvollkommene
Geld- und Kapitalmärkte, beispielsweise durch Informationsasymmetrien, eine unter-
nehmensinterne Liquiditätssteuerung notwendig; Liquidität ist ein reales, betriebswirt-
schaftliches Problem.
2
Besonders Banken haben durch die Komplexität der Zahlungs-
ströme und durch implizite Kundenoptionen bei vielen ihrer Produkte einen erhöhten Be-
darf an einem gut aufgestellten Liquiditätsmanagement.
1.2 Relevanz und Ziel der Arbeit
Es ist bisher noch keine geschlossene Liquiditätstheorie ersichtlich. Auch in der Praxis
konnten sich noch keine anerkannten Methoden oder Modelle als unternehmensübergrei-
fende Standards herauskristallisieren.
3
Es gibt zum Thema Liquiditätsrisiko im Vergleich
zu den anderen Risikoarten, wie beispielsweise Zinsrisiko, relativ wenig Literatur. Das
liegt zum einen daran, dass Risikomanagement ein sensibles und lukratives Gebiet ist und
viele Unternehmen ihr Wissen als Betriebsgeheimnis für sich behalten, da sie sich daraus
einen Wettbewerbsvorteil erhoffen. Consulting Unternehmen beraten ihre Kunden und
geben ihr Know-how selektiv weiter ohne ihre Ergebnisse auch zu veröffentlichen. Zum
anderen gibt es auch von aufsichtsrechtlicher Seite, national wie international, noch keine
einheitlichen Aussagen über Best-Practice-Methoden oder besonders geeignete Ansätze,
1
Capital Market Risk Advisors (o. J.).
2
vgl. Zeranski, S. (2005), S.1.
3
vgl. ebd. S.247.
- 7 -

um Banken einen gewissen Freiheitsgrad zu lassen. Einigkeit besteht nur darüber, dass
viele traditionelle Ansätze unzureichend sind, da sie keine Aussagen über Wahrschein-
lichkeit und Höhe eines Risikoeintritts machen.
4
Angetrieben von einem aktuellen Wandel in den aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingun-
gen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), durch genaue Analysen
einiger Firmenzusammenbrüche
5
und durch die modernen Ansätzen großer Kreditinsti-
tute und Consulting Unternehmen, ist in den letzten Monaten Bewegung in viele Facetten
des Themas ,,Liquiditätsrisikomanagement" gekommen. Dieser Wandel stellt viele Ban-
ken ,,vor [die] Aufgabe, neue Ansätzen zur Messung, Überwachung und Steuerung von
Liquiditätsrisiken zu entwickeln."
6
Auch von praktischer Seite haben sich in den letzten
Jahren die Anforderungen an das Liquiditätsmanagement erhöht. Ein wachsendes Spekt-
rum an komplexer werdenden Finanzprodukten, wachsender Wettbewerb, IT-
Neuerungen, Verhaltensänderungen der Marktteilnehmer, Globalisierung und aufsichts-
rechtliche Neuerungen.
7
Momentan werden verschiedene Value at Risk-ähnliche Konzepte aus der Zins-
Betrachtung stammend vorgestellt, die an das Liquiditätsrisiko angepasst wurden. Damit
soll die Ermittlung von Liquiditätsabflüssen ermöglicht werden, die mit bestimmten
Wahrscheinlichkeiten in bestimmten Zeiträumen nicht überschritten werden.
8
Dabei muss
berücksichtigt werden, dass die hohe Fremdbestimmtheit der Zahlungsströme von Ban-
ken ein Spannungsverhältnis zwischen Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit der Liquidi-
tätsplanung verursacht. Daher müssen sich neue Ansätze auch der Frage stellen, ob sie das
Liquiditätsrisiko gleichzeitig praktikabel, rentabel und zuverlässig schätzen können und,
ob sich daraus eindeutige Steuerungs- und Controllingsignale ableiten lassen. Hier setzt
die vorliegende Arbeit an:
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Problematik des Liquiditätsrisikos zu ge-
ben. Weiterhin soll ein Beitrag zur Klärung der Fragestellung geliefert werden, ob sich die
4
vgl. Zeranski, S. (2005), S.247f.
5
vgl. für ein Beispiel Scholes, M. (2000), S.17.
6
Emde, M. & Maier, T. (2005), S.254.
7
vgl. Wagner, R. et al.. (2002). S.1f.
8
vgl. Zeranski, S. (2005), S.248.
- 8 -

aus dem Value at Risk Ansatz abgeleiteten Methoden Liquidity at Risk (LaR; zur Quantifi-
zierung des Zahlungsunfähigkeitsrisikos) und LiquidityValue at Risk (LVaR; zur Quanti-
fizierung des Liquiditätsfristentransformationsrisikos) für das Risikomanagement von Li-
quidität generell eignen, ob sie das Liquiditätsrisikomanagement von Banken verbessern
und ob sich ihr Einsatz auch unter dem Primat der Rentabilität rechtfertigt.
9
Überprüft
werden soll dabei die zentrale These dieser Arbeit:
Die Ansätze des LaR und des LVaR sind den bisherigen Risikomaßen des Liquiditäts-
managements von Banken überlegen und stellen eine Bereicherung für das Liquidi-
tätsmanagement dar.
1.3 Aufbau der Arbeit
Um dieser Zielsetzung nachzukommen, ist die vorliegende Arbeit in fünf Teile gegliedert.
Der erste Teil erläutert die Einleitung in das Thema des Liquiditätsmanagements.
Der zweite Teil identifiziert die wichtigsten Grundlagen und die Rahmenbedingungen des
Liquiditätsmanagements. Zuerst werden in diesem Sinne die Begriffe ,,Liquidität" und
,,Liquiditätsrisiko" definiert und danach auf die Besonderheiten dieser Faktoren in Liqui-
ditätsmanagement von Banken eingegangen. Anschließend werden die bestehenden und
zukünftigen aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen beleuchtet und kritisch hinterfragt.
Nach der Betrachtung der grundlegenden, auf das Liquiditätsmanagement einwirkenden
Faktoren in Kapitel 2, wird in Kapitel 3 die Antwort der Banken auf diese Einflussfaktoren
anhand der bisherigen Risikomaße präsentiert. Dabei wird auch eine Überführung von
Risikomaßen anderer Risiken auf das Liquiditätsrisiko vorgenommen.
Das vierte Kapitel stellt die beiden neuen Risikomaße LaR und LVaR den bisherigen Risi-
komaßen in Kapitel 3 gegenüber. Kapitel 4 bildet dabei den Kern dieser Arbeit und unter-
gliedert sich in zwei Abschnitte, in denen die beiden neuen Ansätze zur Liquiditätssteue-
rung, LaR und LVaR, erläutert werden. Zuerst wird der LaR betrachtet. Dabei wird zu-
nächst der LaR aus dem Value at Risk (VaR) entwickelt, um anschließend mit dem Ver-
gleich der Werke von Fiedler und Zeranski zwei bedeutende Alternativen zur Herleitung
des LaR zu diskutieren. Darauf hin wird ein neuer, eigener Ansatz des Autors dieser Ar-
9
vgl. Schierenbeck, H. (2003a), S.1f.
- 9 -

beit vorgestellt, praktisch veranschaulicht und von der bisherigen Literatur abgegrenzt.
Der zweite Teil des vierten Kapitels beschäftigt sich mit dem LVaR. Zuerst wird auf die
aktuelle Situation der langfristigen Liquiditätssteuerung eingegangen und die Entwick-
lung der LVaR erläutert. Anschließend wird der Ansatz dieser Arbeit für den LVaR be-
schrieben und mit Beispielen verdeutlicht.
Das letzte Kapitel stellt das Fazit dieser Arbeit dar. Die Erkenntnisse aus der Entwicklung
des LaR und des LVaR werden hier zusammengefasst und die beiden Ansätze unter Be-
rücksichtigung ihrer Vor- und Nachteile kritisch hinterfragt. Schließlich wird ein Fazit be-
züglich des praktischen Nutzens von LaR und LVaR für Banken präsentiert. Die Arbeit
endet mit einem Ausblick über die zukünftige Entwicklung des Liquiditätsmanagements
und insbesondere von LaR und LVaR.
2. Identifizierung der Grundlagen und Rahmenbedingungen des Liquidi-
tätsrisikos
2.1 Definition und Bestimmung von Liquidität
Der Begriff ,,Liquidität" ist streng genommen ein Oberbegriff, der zwei Arten von Liquidi-
tät subsumiert
10
: Erstens Marktliquidität (auch ,,Liquidität von Wirtschaftsobjekten"
11
ge-
nannt) und zweitens Liquidität der Unternehmung (auch ,,Liquidität von Wirtschaftssub-
jekten"
12
genannt), wie in Abbildung 1 dargestellt.
Marktliquidität beschreibt die jederzeitige Handelbarkeit von Produkten in gängigen Vo-
lumina zu marktangemessenen Preisen. Christian Buhl geht in seinem Buch ,,Liquidität im
Risikomanagement" dabei genauer auf die Dimensionen der Marktliquidität ein: Volu-
mendimension, Preisdimension und Zeitdimension.
13
Demnach ist Marktliquidität ,,die
Möglichkeit, schnell grosse [sic] Volumen zu tiefen Kosten handeln zu können"
14
. Die Be-
trachtung der Marktliquidität ist nicht Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit und wird
10
vgl. Buhl, C. (2004), S.106ff. und Fiedler, R. (2000), S.442f.
11
Zeranski, S. (2005), S.14.
12
ebd. S.14.
13
vgl. Buhl, C. (2004), S.8f.
14
ebd. S.8.
- 10 -

daher nicht eigenständig betrachtet, sondern nur einbezogen, wenn sich Anknüpfungs-
punkte zur Liquidität der Unternehmung ergeben.
Die Liquidität der Unternehmung beschreibt die Solvenz und Zahlungsfähigkeit von Un-
ternehmen, hier Banken. Dabei kann die Liquidität der Unternehmung weiter unterglie-
dert werden: Erstens in kurzfristige Liquidität, d.h. jederzeitige Zahlungsfähigkeit, also die
Möglichkeit, Zahlungsansprüche jederzeit erfüllen zu können. Für die nachhaltige Ge-
winnabsicht als Hauptziel ist dieses eine strenge Nebenbedingung. Manfred Ertl drückt es
folgendermaßen aus: ,,Die Liquiditätssicherung stellt [...] in diesem Umfeld ein stringentes
und unabdingbar einzuhaltendes Nebenziel im Sinne einer ,Conditio sine qua non' dar"
15
.
Zweitens in langfristige Liquidität, d.h. die Fähigkeit der Bank, sich genügend langfristige
Refinanzierungsmittel zu beschaffen, um eine reibungslose Entwicklung zu ermöglichen.
Die Grenzen zwischen den verschiedenen Liquiditätsarten sind fließend und es bestehen
starke Interdependenzen.
16
Abbildung 1: Darstellung der Liquidität
Langfristige
Liquidität
Kurzfristige
Liquidität
Liquidität der
Unternehmung; hier: Bank
Marktliquidität
Liquidität
Langfristige
Liquidität
Kurzfristige
Liquidität
Liquidität der
Unternehmung; hier: Bank
Marktliquidität
Liquidität
Quelle: eigene Abbildung.
2.2 Besonderheiten der Liquidität von Banken
Bei Banken spielt die Liquidität eine besondere Rolle, die sich in vielen Punkten von der in
anderen Branchen unterscheidet. Grund hierfür ist ein ausgedehnter Gläubigerschutz, bei
15
Ertl, M (2004), S.2.
16
für eine ausführlichere Beschäftigung mit dem Thema Liquidität vgl. Zeranski, S. (2005), S.11ff.
- 11 -

dem historisch Banken unter besonderer Aufsicht standen und stärker reguliert wurden.
Bankgeschäfte sind in Deutschland grundsätzlich verboten; es herrscht ein Erlaubnisvor-
behalt.
Banken dürfen im Unterschied zu Nichtbanken Zahlungstermine nicht überschreiten,
auch nicht geringfügig. Ansonsten erhöht sich das Reputationsrisiko, das besonders für
Banken existenziell ist. Ein Vertrauensverlust kann zum verstärkten Abzug liquidier Mittel
führen und somit eine Krise auslösen. Im Gegensatz zu einigen anderen Branchen ist die
Vertrauensempfindlichkeit der Kunden in Bezug auf die Liquidität der Bank sehr ausge-
prägt.
17
Kreditinstitute müssen nicht nur in der Lage sein Gläubiger zu befriedigen, son-
dern sie müssen auch berechtigten Kreditwünschen entsprechen und Einlagen vor Fällig-
keit auszahlen.
18
Das Leistungsangebot und das Geschäftsmodell von Banken führen dazu,
dass Geldflüsse im Gegensatz zu Nichtbanken komplexer sind, zumal bankbetriebliche
Cashflows sehr stark ineinander verflochten sind.
19
Ein Großteil der Produkte ist mit impliziten Optionen ausgestattet, die dazu führen, dass
bei diesen Produkten gar kein oder nur teilweise ein fest vereinbarter Zahlungsstrom exis-
tiert. Beispiele sind hier Girokonto und Sparbuch. Bei diesen Produkten besitzt der Kunde
täglich das Recht, sofort seine gesamten Einlagen zurückzuerhalten. Gleichzeitig hat der
Kunde das Recht jederzeit mehr Geld anzulegen und dafür Zinsen zu verlangen, bei-
spielsweise beim Sparbuch, aber vermehrt auch auf Tagesgeld- und Girokonten. Die Wie-
derentdeckung der Privatkunden und ein zunehmend stärker werdender Kampf um
Kunden, verlangt von Kreditinstituten ihre Produkte wettbewerbsfähig zu gestalten.
20
Die Bankliquidität ist dabei in hohem Maße fremdbestimmt. Auch das Ausübungsverhal-
ten ist sehr schwer nachzuvollziehen, da nicht alle Optionsinhaber ihre Rechte in An-
spruch nehmen.
21
Es herrscht kein rationales Verhalten, wie es die Optionspreistheorie un-
terstellt. Begründet kann diese Abweichung werden durch Informationsnachteile, die
17
vgl. Zeranski, S. (2005), S.34.
18
vgl. ebd. S.34.
19
vgl. ebd. S.32.
20
vgl. Stern Online (2003).
21
vgl. Zeranski, S. (2005), S.35.
- 12 -

durch das Internet ab wesentlich abgenommen haben, Bequemlichkeit, Aufwand etc. für
die Kunden, wenn sie die Optionen wahrnehmen.
Aufgrund dieser Optionen, die sich sowohl auf das Abheben als auch auf das Einzahlen
beziehen, können die Kunden ihre Einlagen weitgehend autonom disponieren. Daher
kann eine tägliche Zahlungsbereitschaft nur mit einem bestimmtem Wahrscheinlichkeits-
niveau gehalten werden.
22
2.3 Definition und Bestimmung von Risiko
Aufgrund der Vielzahl von Arbeiten zum Thema ,,Risiko" gibt es eine große Variation
entsprechender Definitionen dazu, die aber alle einen ähnlichen Tenor haben.
23
Hier sind
beispielhaft zwei gängige Definitionen genannt. Erstens ökonomisch: ,,Unter Risiko ist der
mögliche Verlust zu verstehen, der sich aus der Unsicherheit über die zukünftige Entwick-
lung von Risikofaktoren ergibt und zur Folge hat, dass eine Zielgröße von einem Refe-
renzwert negativ abweicht."
24
Zweitens statistisch: Risiko ist ,,die, in einem unzureichen-
den Informationsstand begründete, Gefahr einer [...] Abweichung des tatsächlichen Er-
gebniswertes vom erwarteten Ergebniswert".
25
Diese Abweichung ist mit einer bestimm-
ten Wahrscheinlichkeit gegeben.
Zwischen den verschiedenen für die Bank relevanten Risikoarten (Bonitäts- Liquiditäts-,
Zins-, Geschäftsrisiko, operationelles Risiko, etc.) bestehen Interdependenzen.
26
Auch das
Liquiditätsrisiko besitzt Abhängigkeiten von anderen Risiken.
27
Beispielsweise ist der Li-
quiditätsspread eines Kreditinstituts am Kapitalmarkt sehr stark abhängig von der jeweili-
gen Bonitätsklasse des Unternehmens. Dieses wird wiederum mitbestimmt durch bei-
spielsweise die Güte der Kreditportfolien, verschiedener Bilanzpositionen oder der Aus-
gestaltung des Geschäftsmodells.
22
vgl. Zeranski, S. (2005), S.207.
23
vgl. für eine ausführliche Abgrenzung von Unsicherheit und Risiko Perridon, L. & Steiner, M. (1995),
S.95.
24
Eller, R. & Deutsch, H-P. (1998), S.201.
25
Schierenbeck, H. (2003b), S.15.
26
vgl. Akmann, M. et al. (2005), S.559.
27
vgl. European Central Bank (2002), S.8.
- 13 -

2.4 Definition und Bestimmung von Liquiditätsrisiko
In der Bankensteuerung wird das Liquiditätsrisiko heute als eigenständiges Risiko aufge-
fasst, das in seinen verschiedenen Formen, mit Ausnahme des Marktliquiditätsrisikos,
hauptsächlich aus der bankbetrieblichen Transformationsfunktion resultiert.
28
Der über-
geordnete Begriff ,,Liquiditätsrisiko" unterteilt sich in das Liquiditätsrisiko der Liquidität
von Wirtschaftssubjekten und in das Liquiditätsrisiko von Wirtschaftsobjekten
29
. Abbil-
dung 2 stellt dieses dar.
Beim Liquiditätsrisiko von Wirtschaftsobjekten spricht man auch von Marktliquiditätsrisi-
ko. Liquiditätsrisiko ist hierbei das Risiko, dass die Bank ein Produkt/ eine Position ,,nicht
ohne signifikante Veränderung des Wertes in einem gewissen Zeitraum"
30
liquidieren
kann. Diese Art von Liquiditätsrisiko wird in dieser Arbeit nicht primär betrachtet. Da
aber die verschiedenen Risiken interdependent verflochten sind, darf das Marktliquiditäts-
risiko und die Fungibilität dennoch im Zusammenhang mit dem Liquiditätsrisiko von
Wirtschaftssubjekten nicht ausgeblendet werden.
Diese Arbeit unterscheidet zwei Arten von Liquiditätsrisiken als Unterpunkte des Liquidi-
tätsrisikos von Wirtschaftssubjekten, die näher betrachtet werden sollen: Zahlungsunfä-
higkeitsrisiko und Liquiditätsfristentransformationsrisiko. Diese Risikounterteilung steht
in Einklang mit der gängigen Praxis großer Kreditinstitute.
31
Hierbei spielt der Grundge-
danke eine Rolle, dass Liquiditätskosten sowohl durch hohe Refinanzierungssätze als auch
durch niedrige Anlagezinsen entstehen können.
Zahlungsunfähigkeitsrisiko
: Das Zahlungsunfähigkeitsrisiko bezeichnet das Risiko, dass den
aktuellen oder zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nicht vollständig oder zeitgerecht
nachgekommen werden kann. Dies hat die Zahlungsunfähigkeit und damit die Insolvenz
der Bank zur Folge. Etwas abgemildert bedeutet dieses Risiko aber auch, dass die Bank
28
vgl. Zeranski, S. (2005), S.2.
29
vgl. ebd. S.14.
30
Wagner, R. et al. (2002), S.6.
31
vgl. Dresdner Bank (2005), S.25,Commerzbank (2005), S. 23, Deutsche Postbank (2005), S.19, Flens-
burger Sparkasse (2005), S. 21 und DZ Bank (2005), S. 37.
- 14 -

aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit eine Refinanzierung zu erhöhten Preisen hin-
nehmen muss bzw. Aktiva nur mit Abschlägen zu den Marktsätzen liquidieren kann.
Liquiditätsfristentransformationsrisiko:
Dies ist das Risiko, dass sich durch eine Veränderung
der eigenen Refinanzierungskurve der Liquiditätsspread der Bank verändert. Der Liquidi-
tätsspread ist der Mehrbetrag der auf die Swapkurve erhoben wird. Diesen Spread muss
die Bank bezahlen, wenn sie sich Liquidität verschaffen will, beispielsweise durch eine
Emission. Der Liquiditätsspread wird auch Bonitätsspread genannt.
32
Betreibt die Bank
Liquiditätsfristentransformation, entsteht das Risiko, dass sich dieser Spread mit der Zeit
ändert und das Unternehmen sich, wenn Liquidität benötigt wird, teurer refinanzieren
muss. Dieses Risiko führt nicht unmittelbar zur Illiquidität des Unternehmens wie das
Zahlungsunfähigkeitsrisiko, sondern schmälert den Erfolg der Bank und wurde deshalb
bislang aufsichtsrechtlich größtenteils vernachlässigt. Im Gegensatz zum Zahlungsunfä-
higkeitsrisiko wirkt sich das Liquiditätsfristentransformationsrisiko auch dann aus, wenn
ein Kredit vorzeitig zurückgezahlt wird (Wiederanlage der plötzlich freiwerdenden Mit-
tel). Die Gefahr, dass aufgrund höherer Refinanzierungssätze der Ertrag der Bank leidet,
hängt direkt mit dem Bonitätsrisiko des Unternehmens zusammen. Dieser Kreislauf kann
verstärkend wirken. Eine Verschlechterung des Ratings hat höhere Refinanzierungskosten
zur Folge, die eventuell dazu führen, dass die Bank Zahlungsverpflichtungen nicht mehr
problemlos nachkommen kann.
33
Daher ist die Aussage ,,Liquidität folgt Bonität" absolut
zutreffend und zentral für das Liquiditätsmanagement.
32
für eine genauere Abgrenzung vgl. Kapitel 4.2.1 dieser Arbeit.
33
Wagner, R. et al. (2002), S.7.
- 15 -

Abbildung 2: Darstellung des Liquiditätsrisikos
Liquidität der
Unternehmung; hier: Bank
Marktliquidität
Liquidität
Marktliquiditäts
risiko
Zahlungsunfähig-
keitsrisiko
Liquiditätsfristen-
transformationsrisiko
Liquidität der
Unternehmung; hier: Bank
Marktliquidität
Liquidität
Marktliquiditäts
risiko
Zahlungsunfähig-
keitsrisiko
Liquiditätsfristen-
transformationsrisiko
Quelle: eigene Abbildung.
An dieser Stelle sei noch einmal auf den wichtigen Unterschied zwischen Liquiditätsbin-
dung, Konditionsbindung und Zinsbindung hingewiesen.
34
Unter Zinsbindung versteht
man einen Zeitraum, für den ein fixer Zinssatz vereinbart wurde. Der Zeitraum der Kon-
ditionsbindung ist der Zeitraum für den unveränderliche Konditionen vereinbart wurden.
Die Liquiditätsbindung ist der Zeitraum von der ersten Auszahlung bis zur letzten Rück-
zahlung. Deshalb müssen Zins-, Konditions- und Liquiditätsbindung nicht identisch sein.
Bei einem Floater beispielsweise, besteht das Zinsrisiko nur bis zum nächsten Fixing des
Referenzzinses, entscheidend für das Liquiditätsrisiko ist aber die Dauer der Konditions-
bindung und damit Dauer der Liquiditätszusage.
2.5. Aufsichtsrechtliche Bestimmungen
2.5.1 Gegenwärtige aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen
Grundsatz II und § 11 des KWG
: Die Mindestanforderung für Liquidität wird den Banken
von der nationalen Bankenaufsicht vorgeschrieben. In Deutschland bilden der Grundsatz
II der Deutschen Bundesbank
35
und der §11 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG)
der Deutschen Bundesbank
36
die Grundlage für aufsichtsrechtliche Vorschriften der Li-
34
vgl. Thomae, H. (2006), S.17.
35
Deutsche Bundesbank (1999).
36
Deutsche Bundesbank (2005).
- 16 -

quidität. Sie fordern, dass Kreditinstitute ihre Mittel so anlegen müssen, ,,dass jederzeit
eine ausreichende Zahlungsbereitschaft gewährleistet ist"
37
Weiterhin wird gefordert, dass
monatliche Angaben über die aktuelle Zahlungsbereitschaft der BaFin (Bundesaufsicht für
Finanzdienstleistungen) und der Bundesbank zur Verfügung gestellt werden.
38
Der
Grundsatz II der Deutschen Bundesbank konkretisiert diese sehr knapp formulierten For-
derungen genauer. Er dient vor allem der Begrenzung des Abrufrisikos (Risiko, das durch
spontanen, massiven Abzug von Spareinlagen bzw. durch volle Ausnutzung von Kredit-
linien entstehen kann) sowie der Sicherung einer ausreichenden kurzfristiger Liquidität im
Normalfall.
Der Grundsatz II folgt zwei Ansätzen, dem ,,Maturity-Mismatch-Approach" und dem
,,Stock-Approach". Der Maturity-Mismatch-Approach vergleicht an einem Stichtag die
vorhandenen Zahlungsmittel mit den Zahlungsverpflichtungen und teilt diese ,,nach ih-
ren voraussichtlichen Restlaufzeiten in verschiedene Laufzeitbänder"
39
ein. Der Stock-
Approach gesteht börsennotierten und gedeckten Wertpapieren wegen ihrer hohen Liqui-
dität eine jederzeitige Veräußerung zu, weshalb diese ebenfalls zum Ausgleich von Zah-
lungsabflüssen herangezogen werden.
40
Der §2 des Grundsatz II unterteilt die Zahlungsströme anhand dieser Ansätze in vier Lauf-
zeitbänder, je nach Fälligkeit der Zahlungsströme: täglich fällig bis zu einem Monat, ein
Monat bis zu drei Monaten, drei Monate bis zu sechs Monaten und sechs Monate bis zu
zwölf Monaten. Grundsatz II betont dabei den kurzfristigen Bereich, ,,wobei als besonders
kritischer Zeithorizont ein Kalendermonat (also das erste Laufzeitband) eingestuft wird."
41
Nach Grundsatz II ,,verfügt ein Kreditinstitut über ausreichend Liquidität, wenn für den
Zeitraum der nächsten 30 Tage liquide Mittel in Höhe der erwarteten Abflüsse zur Verfü-
gung stehen"
42
. Für das erste Laufzeitband sind alle Zahlungsmittel und alle Forderungen
mit einer Fälligkeit von bis zu einem Monat heranzuziehen. Dem gegenübergestellt wer-
37
Deutsche Bundesbank (2005), §11, Abs.1, Satz 1.
38
vgl. ebd. §11, Abs.1, Satz 5.
39
Deutsche Bundesbank (1999), S.7.
40
vgl. ebd. S.7.
41
Schierenbeck, H. (2003b), S.120.
42
Emde, M. & Maier, T (2005), S.254.
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den je nach Abzugswahrscheinlichkeit gewichtete Zahlungsverpflichtungen.
43
Aus dem
Quotient wird dann die Liquiditätskennzahl ermittelt. Die Berechnung wird anhand eines
Beispiels in Abbildung 3 verdeutlicht:
Abbildung 3: Beispiel zur Berechnung der Liquiditätskennzahlen
Quelle: Deutsche Bundesbank (1999): Grundsatz II über die Liquidität der Institute ­ Bankrechtliche Regelungen 2b; Abruf-
bar unter:
http://www.bundesbank.de/download/bankenaufsicht/pdf/grundsatzii.pdf
(Datum: 04.09.2006); S.7.
Grundsatz II gilt als erfüllt, wenn die Liquiditätskennzahl in der Regel größer gleich eins
ist, d.h. wenn im Meldeband die kurzfristigen Zahlungsmittel mindestens so groß wie die
kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen sind. Für die übrigen Laufzeitbänder wird analog
verfahren. Die daraus entwickelten Beobachtungskennzahlen dürfen den Wert ,,eins" im
Gegensatz zur Liquiditätskennzahl unterschreiten. Der Grundsatz II geht davon aus, dass
solvente und ertragsstarke Institute bei der mittel- bis langfristigen Refinanzierung in der
Regel keine unlösbaren Probleme haben.
44
Baseler Sound Practices
: Die ,,Sound Practices for Managing Liquidity in Banking Organisa-
tions" des Baseler Committee on Banking Supervision aus dem Jahr 2000 stellen, neben
43
vgl. Deutsche Bundesbank (1999), §3&4.
44
vgl. Zeranski, S. (2006), S.41.
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den Vorschriften des KWG und Grundsatz II, international anerkannte aufsichtsrechtliche
Empfehlungen für den Umgang mit dem Liquiditätsrisiko dar. Insgesamt werden in dem
Papier 14 Prinzipien aufgestellt.
45
Obwohl sie noch nicht in nationales Recht überführt
wurden und damit nicht bindend sind, sind sie ein wichtiger Vergleichsmaßstab und
werden häufig von internen und externen Prüfern verwendet.
Prinzipien 1 bis 4 umfassen die Schaffung von Strukturen für das Liquiditätsmanagement.
Jede Bank sollte eine einheitliche und kommunizierte Strategie für das Liquiditätsmana-
gement besitzen. Der Vorstand sollte diese Strategien verabschieden und sich darüber
vergewissern, dass die notwendigen Schritte veranlasst werden. Senior Manager sollten
sicherstellen, dass das Liquiditätsrisiko effektiv gesteuert wird und regelmäßige Reviews
erstellt werden. Weiterhin sollte in regelmäßigen Reportings eine aussagefähige Übersicht
über die aktuelle Liquiditätssituation gegeben werden. Prinzipien 5 bis 7 schlagen eine ge-
regelte Beobachtung und Bewertung des Liquiditätsrisikos vor. Eine dauerhafte Überwa-
chung der Refinanzierungsbedürfnisse sollte von Stresstests und Szenarien begleitet wer-
den. Die Annahmen für das Liquiditätsmanagement sollten regelmäßig auf Aktualität hin
überprüft werden. Prinzip 8 fordert, dass der Marktzugang durch regelmäßige Beurtei-
lung der Geldquellen sowie durch gute Beziehungen zu den wichtigsten Kontrahenten
jederzeit sichergestellt ist. Prinzip 9 geht auf notwendige Notfallpläne ein. Notfallpläne
sollten genau spezifiziert und die notwendigen Prozeduren bei Liquiditätsengpässen be-
kannt sein. Prinzipien 10 und 11 gehen auf das Währungsrisiko in Verbindung mit dem
Liquiditätsrisikomanagement ein. Es sollten getrennte Reportings für jede Währung er-
stellt sowie separate Analysen der Währungen durchgeführt werden. Die Konvertierbar-
keit der verschiedenen Währungen ist dabei zu berücksichtigen. Prinzip 12 fordert, dass
eine interne Revision das Liquiditätsmanagement überprüfen und Verbesserungen sicher-
stellen soll. Prinzip 13 schlägt eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit vor, um die öffent-
liche Meinung zu steuern und negative Schlagzeilen positiv zu kommentieren, damit Pa-
nik vermieden wird. Prinzip 14 geht auf die Rolle der Aufsicht ein. Diese sollte jedes Kre-
ditinstitut individuell bewerten und dafür zeitgerecht genügend Informationen erhalten.
45
vgl. Bank for International Settlements (2000).
- 19 -

Weiterhin muss die Aufsicht sicherstellen, dass ein effektives System für das Liquiditätsri-
sikomanagement vorliegt.
Es zeigt sich, dass die Sound Practices einen umfassenden Ansatz bieten und u. a. auch
Kommunikationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit abdecken, um beispielsweise einem
,,Herdenverhalten" der Investoren und Anleger vorzubeugen ­ ein wichtiger Ansatz-
punkt, den die nationale Aufsicht noch nicht berücksichtigt hat.
2.5.2 Zukünftige aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen
MaRisk
: Durch die MaRisk werden die Anforderungen an das Liquiditätsrisikomanage-
ment und -controlling der deutschen Kreditinstitute erhöht.
46
Bisher haben Liquiditätsri-
siken sowohl in Bezug auf ihre betriebswirtschaftliche Bedeutung, als auch im Vergleich
mit anderen Risikoarten nur eine aufsichtsrechtlich untergeordnete Rolle gespielt.
47
Ange-
regt durch die Praktiken einiger Großbanken und der Intention Mindestanforderungen an
das Kreditgeschäft (MaK), Mindestanforderungen an die interne Revision (MaIR) und
Mindestanforderungen an das Handelsgeschäft (MaH) zusammenzulegen, wird die Ver-
änderung im Liquiditätsmanagement unter anderem angetrieben durch die ,,anstehenden
Änderungen der aufsichtsrechtlichen Behandlung des Liquiditätsrisikos im Rahmen der
Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)"
48
Am 02.02.2005 hat die BaFin einen ersten Entwurf für die neuen MaRisk vorgestellt. Sie
sollen MaH (1996), MaK (2002) und MaIR (2002) inhaltlich integrieren und dazu gehörige
Vorschriften und Verfahren vereinheitlichen. Als neu aufgenommene Risikoart wird in
den MaRisk das Liquiditätsrisiko detaillierter als bisher reguliert. Generell soll MaRisk
Banken noch mehr für die verschiedenen Risiken sensibilisieren.
49
Des Weiteren werden
die neuen Anforderungen ein größeres Augenmerk auf die qualitative Prüfung der Risi-
kosteuerung legen, als es der Grundsatz II in der Vergangenheit getan hat.
50
Genauer
schreiben die MaRisk vor, dass ein Kreditinstitut jederzeit seine Zahlungsverpflichtungen
erfüllen muss. Besonders ist hierbei auf eine Diversifikation bei der Vermögens- und Kapi-
46
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2006).
47
vgl. Emde, M. & Maier, T (2005), S.254.
48
Akmann, M. et al. (2005), S.556.
49
vgl. Zeranski, S. (2006), S.38.
50
vgl. Fieseler, B. & Goebel, R. (2005), S.339.
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talstruktur auf Aktiv- und Passivseite zu achten.
51
Des Weiteren hat ein Kreditinstitut für
einen geeigneten Zeitraum eine Liquiditätsübersicht zu erstellen, die alle erwarteten Mit-
telzuflüsse und Mittelabflüsse einander gegenüberstellt. Die Annahmen der erwarteten
Cashflows müssen begründet sein. Außerdem sind angemessene Szenarienbetrachtungen
anzustellen.
52
Mit besonderem Augenmerk auf den Liquiditätsgrad der Vermögensge-
genstände, muss das Kreditinstitut laufend überprüfen, inwieweit es in der Lage ist, einen
auftretenden Liquiditätsbedarf zu decken.
53
Auf Grundlage dieser muss das Kreditinstitut
zu ergreifende Maßnahmen für den Fall eines Liquiditätsengpasses darlegen. Dazu gehört
die Darstellung der zur Verfügung stehenden Liquiditätsquellen unter Berücksichtigung
etwaiger Mindererlöse. Außerdem muss dargelegt werden, welche Kommunikationswege
verwendet werden sollen.
54
Zuletzt muss die Liquiditätssituation der Geschäftsleitung re-
gelmäßig berichtet werden.
55
2.5.3 Kritische Reflexion des Aufsichtsrechts
Qualitativ gibt es eine Abstufung von den Baseler Sound Practices über MaRisk bis hin
zum Grundsatz II. Die Baseler Sound Practices gelten als am besten geeignet für das Li-
quiditätsmanagement, da sie einerseits konkret genug sind, um eine sinnvolle Überprü-
fung zuzulassen und andererseits weit genug gefasst, um den einzelnen Kreditinstituten
Handlungsspielräume zu geben. Dagegen scheint der Grundsatz II nur bedingt praktika-
bel für die operative Komponente des Liquiditätsrisikomanagements. Bei der Betrachtung
des Zahlungsunfähigkeitsrisikos greift der Grundsatz II zu kurz, da die Betrachtung des
ersten Bandes mit einer Kennzahl für einen Monat viel zu grob ist. Dadurch können wert-
volle tagesabhängige Feinadjustierungen nicht vorgenommen werden. Einige Instrumente
zum Erhalt von Liquidität sind unzureichend dargestellt, beispielsweise wurden Termin-
geschäfte als liquiditätssichernde Maßnahme nicht berücksichtigt, weshalb es zu verzerr-
ten Darstellungen bis hin zur Nichteinhaltung des Grundsatz II kommen kann. Außerdem
können beispielsweise Pensionsgeschäfte zu einem Unterschiedsbetrag zwischen Liquidi-
51
vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2006), BTR 3.1.
52
vgl. ebd. BTR 3.2.
53
vgl. ebd. BTR 3.3.
54
vgl. ebd. BTR 3.4.
55
vgl. ebd. BTR 3.5.
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836635004
DOI
10.3239/9783836635004
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Frankfurt School of Finance & Management – Finance, Finance
Erscheinungsdatum
2009 (September)
Note
1,3
Schlagworte
liquidity risk liquidityvalue lvar liquiditätsmanagement risikomanagement fiedler zeranski
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Titel: Liquidity at Risk (LaR) und LiquidityValue at Risk (LVaR)
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