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Die Subjekttheorie des Radikalen Konstruktivismus

©2009 Magisterarbeit 76 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Radikale Konstruktivismus ist eine anthropologische Wissenschaft, deren Wurzeln im metadisziplinären Bereich der Kybernetik, der Psychologie und der Neurobiologie liegen. Seine Autoren – Protagonisten sind Humberto R. Maturana, Ernst von Glasersfeld und Gerhard Roth – vertreten eine subjektivistische, antirealistische Wahrnehmungs- und Erkenntnistheorie. Die konstruktivistische Kognitionstheorie impliziert das Konzept der Autopoiese und des Beobachters. Leben wird als Autopoiese (Autonomie, zirkuläre Organisation, operationale Geschlossenheit) definiert, der Begriff des Subjekts mit dem des Beobachters gleichgesetzt. Aufgrund seiner informationellen Geschlossenheit hat der Beobachter keinen kognitiven Zugang zu seiner Umwelt. Somit ist eine postulierte vom Bewusstsein unabhängige Welt nicht erkennbar.
Bei der Bestimmung des Beobachterstatus gerät der Radikale Konstruktivismus in ein Dilemma insofern, als der sich selbst beobachtende Beobachter nicht gleichzeitig Subjekt und Objekt sein kann. Er sieht sich daher mit dem seit der Antike bekannten philosophischen Thema des Selbstbewusstseins konfrontiert, das mit den Problemen der Zirkularität und des infiniten Regresses behaftet ist. Äußerungen wie die über das Ich als einer geheimnisvollen Entität, die sich ihrer selbst bewusst ist, sind Konsequenzen eines offensichtlich ungelösten Problems und Ausdruck einer Aporie, in der sich Vertreter der konstruktivistischen Beobachtertheorie befinden.
Da eine zentrale Aufgabe der Philosophie darin besteht, Begriffsverwirrungen aufzulösen, soll in der vorliegenden Arbeit der äußerst problematische Subjektbegriff des Radikalen Konstruktivismus genauer bestimmt und die sich daraus ergebenden erkenntnistheoretischen Folgerungen diskutiert werden. Als methodischer Ansatzpunkt wird die von I. Kant in seiner Transzendentalphilosophie entwickelte Subjekttheorie gewählt, in der, ausgehend von der Analyse des Phänomens des Selbstbewusstseins, ein transzendentales von einem empirischen Subjekt unterschieden wird. Weiterhin wird auf eine in der transzendentalphilosophischen Tradition stehende immanenzphilosophische Theorie zurückgegriffen, in der der epistemologische und ontologische Status des Subjekts gegenüber der Realität abgegrenzt wird.
Das Konzept der Arbeit sieht vor, dass nach Darstellung der konstruktivistischen Erkenntnistheorie und ihrer Probleme, der Rekonstruktion der kantischen Lehre vom zweifachen Subjekt und der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Rolf-Dieter Dominicus
Die Subjekttheorie des Radikalen Konstruktivismus
ISBN: 978-3-8366-3457-1
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. FernUniversität Hagen, Hagen, Deutschland, Magisterarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

2
Die Subjekttheorie des Radikalen Konstruktivismus
Inhalt
Seite
1
Einleitung
3
2
Problemaufriss
4
2.1 Wahrnehmungs- und Erkenntnistheorie des Radikalen
Konstruktivismus
5
2.2 Aporie des Radikalen Konstruktivismus
14
3 Methodik
19
3.1 Transzendentalphilosophischer Lösungsansatz:
Kants Theorie des zweifachen Ichs
19
3.2
Konszientialistischer
Ansatz
23
3.3
Originäre
Subjekttheorie 27
4 Anwendung und Ergebnis
31
Konszientialistische Theorie des Beobachters erster
und zweiter Ordnung
5
Diskussion 50
5.1 Radikaler Konstruktivismus versus Realismus
50
5.2 Radikaler Konstruktivismus und die philosophy of mind
58
6
Fazit
66
Literaturverzeichnis 68

3
1 Einleitung
Der Radikale Konstruktivismus ist eine anthropologische Wissen-
schaft, deren Wurzeln im metadisziplinären Bereich der Kybernetik,
der Psychologie und der Neurobiologie liegen. Seine Autoren ­ Prota-
gonisten sind Humberto R. Maturana, Ernst von Glasersfeld und Ger-
hard Roth ­ vertreten eine subjektivistische, antirealistische Wahrneh-
mungs- und Erkenntnistheorie. Die konstruktivistische Kognitionstheo-
rie impliziert das Konzept der Autopoiese und des Beobachters. Leben
wird als Autopoiese (Autonomie, zirkuläre Organisation, operationale
Geschlossenheit) definiert, der Begriff des Subjekts mit dem des Beob-
achters gleichgesetzt. Aufgrund seiner informationellen Geschlossen-
heit hat der Beobachter keinen kognitiven Zugang zu seiner Umwelt.
Somit ist eine postulierte vom Bewusstsein unabhängige Welt nicht er-
kennbar.
Bei der Bestimmung des Beobachterstatus gerät der Radikale Kon-
struktivismus in ein Dilemma insofern, als der sich selbst beobachtende
Beobachter nicht gleichzeitig Subjekt und Objekt sein kann. Er sieht sich
daher mit dem seit der Antike bekannten philosophischen Thema des
Selbstbewusstseins konfrontiert, das mit den Problemen der Zirkulari-
tät und des infiniten Regresses behaftet ist. Äußerungen wie die über
das Ich als einer geheimnisvollen Entität, die sich ihrer selbst bewusst
ist, sind Konsequenzen eines offensichtlich ungelösten Problems und
Ausdruck einer Aporie, in der sich Vertreter der konstruktivistischen
Beobachtertheorie befinden.
Da eine zentrale Aufgabe der Philosophie darin besteht, Begriffs-
verwirrungen aufzulösen,
1
soll in der vorliegenden Arbeit der äußerst
1
Vgl. "Analytical philosophy is above all a conceptual investigation. Its primary con-
structive task is to clarify our form of representation in order to resolve philosophi-

4
problematische Subjektbegriff des Radikalen Konstruktivismus genauer
bestimmt und die sich daraus ergebenden erkenntnistheoretischen Fol-
gerungen diskutiert werden. Als methodischer Ansatzpunkt wird die
von I. Kant in seiner Transzendentalphilosophie entwickelte Subjekt-
theorie gewählt, in der, ausgehend von der Analyse des Phänomens des
Selbstbewusstseins, ein transzendentales von einem empirischen Sub-
jekt unterschieden wird. Weiterhin wird auf eine in der transzendental-
philosophischen Tradition stehende immanenzphilosophische Theorie
zurückgegriffen, in der der epistemologische und ontologische Status
des Subjekts gegenüber der Realität abgegrenzt wird.
Das Konzept der Arbeit sieht vor, dass nach Darstellung der kon-
struktivistischen Erkenntnistheorie und ihrer Probleme, der Rekon-
struktion der kantischen Lehre vom zweifachen Subjekt und der Erläu-
terung ihrer philosophiegeschichtlichen Weiterentwicklung bis zur Ge-
genwart vermittels der Explikation einer reformulierten subjektivisti-
schen Erkenntnistheorie die Prüfung erfolgt, ob vom Standpunkt einer
transzendentalphilosophischen und konszientialistischen Subjekt-
theorie durch Klärung der Begrifflichkeit des Radikalen Konstruktivis-
mus ein Ausweg aus seinen aufgewiesenen Schwierigkeiten gewonnen
werden kann.
2 Problemaufriss
Im Radikalen Konstruktivismus als einer metadisziplinären Wissen-
schaft wird die These vertreten, dass die Wirklichkeit ein Konstrukt des
menschlichen Gehirns ist. Aufgrund der verschiedenen Bereiche, aus
denen die Beiträge zur Entwicklung der konstruktivistischen Theorie
stammen, liegt keine einheitliche Wahrnehmungs- und Erkenntnistheo-
cal problems and disentangle conceptual confusions" (M. R. Bennett u. P. M. S.
Hacker 2003, S. 399).

5
rie vor. Einigkeit herrscht aber in der Auffassung, dass Wahrnehmung
keine Abbildung einer bewusstseinsunabhängigen Außenwelt und Er-
kenntnis nicht Ergebnis der Repräsentation einer objektiven Realität im
Bewusstsein sondern Konstruktion des Subjekts ist. Im Folgenden wer-
den die Konzepte der Hauptvertreter des Radikalen Konstruktivismus
und die Probleme ihrer Subjekttheorie dargestellt.
2.1 Wahrnehmungs- und Erkenntnistheorie des Radikalen
Konstruktivismus
Einer der Begründer des Radikalen Konstruktivismus, der chileni-
sche Biologe H. Maturana stellte 1970 eine so genannte biologische
Theorie der Erkenntnis auf, in der aus der Biologie der Begriff der Au-
topoiese übernommen wurde.
2
Im Sinne der Kybernetik wird der Be-
griff des Lebens definiert als zirkuläre Organisation von Systemen, die
solche Bestandteile produzieren, die die eigene Existenz aufrechterhal-
ten und somit Autonomie gegenüber der Umwelt aufweisen. Dadurch
sind diese Systeme, insbesondere die mit einem Nervensystem ausge-
statteten Lebewesen, durch eine operationale Geschlossenheit charakte-
risiert und weisen keinen Input und Output auf. Gestützt wird diese
These durch das von dem Physiker und Kybernetiker Heinz von
Foerster, ebenfalls einem Vertreter des Radikalen Konstruktivismus,
aufgestellte Prinzip der undifferenzierten Encodierung des Nervensys-
tems, das besagt, dass die Nervenzellen der Großhirnrinde lediglich die
Größe ihrer Erregung, aber nicht die physikalische Natur ihres erre-
genden Agens entschlüsseln; gemäß dieser neurophysiologischen Er-
kenntnis sind die Impulse des peripheren Nervensystems unspezifisch,
2
Maturana 1985b. In weiteren Untersuchungen wird dieser Ansatz präzisiert, vgl.
Maturana u. Varela 1987.

6
ihre Sprache bedeutungsneutral.
3
Von diesem Prinzip leitet v. Foerster
die These ab von der Unmöglichkeit der Information der Sinnesorgane
über die Umwelt und kommt aus der daraus gefolgerten Interpretation
kognitiver Prozesse zur Behauptung, dass die Wirklichkeit eine Kon-
struktion des menschlichen Gehirns ist, die von ihm provokativ sogar
als ,,Erfindung
"4
bezeichnet wird.
Maturana geht davon aus, dass im menschlichen Gehirn als kognitiv
geschlossenem System bei der Wahrnehmung keine Repräsentationen
der Außenwelt stattfinden. Für das Gehirn existieren nur interne Zu-
standsveränderungen, denen es verschiedene Bedeutungen zuschreibt.
Bei der Bedeutungszuweisung dieser Zustände operiert das Gehirn auf
der Grundlage onto- und phylogenetischer Festlegungen.
Als Subjekt der Kognition führt Maturana den Begriff des Beobach-
ters ein. Nach seiner Ansicht muss jede Erklärung der Kognition als
eines biologischen Phänomens eine Erklärung des Beobachters und sei-
ner damit gespielten Rolle beinhalten. Der Beobachter wird definiert als
,,ein menschliches Wesen, eine Person, jemand, der Unterscheidungen
machen ... kann"
5
. Es gilt für ihn als lebendes System ebenfalls die kog-
nitive Geschlossenheit. Somit besteht nach Maturana Erkennen nicht
darin, eine Außenwelt zu erfassen, nicht eine vom Erkennenden ,,un-
abhängige Wahrheit zu erwerben"
6
. Die Grundthese lautet daher, dass
alles, was gesagt wird, von einem Beobachter gesagt wird.
7
Was der
Beobachter beschreibt, ist seine Erfahrung, nicht eine subjektunabhängi-
3
V. Foerster beschrieb die universelle Sprache der Neuronen in drastischer Weise, sie
bestehe lediglich aus ,,Klick ­ Klick ­ Klick" (1997, S. 57).
4
Vgl. ,,Die Umwelt, so wie wir sie wahrnehmen, ist unsere Erfindung" (v. Foerster
1996, S. 26).
5
Maturana 1985c, S. 139.
6
Maturana 1985a, S. 28.
7
Vgl. ,,Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt. Der Beobachter
spricht durch seine Äußerungen zu einem anderen Beobachter, der er selbst sein
könnte; alles, was den einen Beobachter kennzeichnet, kennzeichnet auch den ande-
ren" (Maturana 1985b, S. 34).

7
ge Welt. Existenz entsteht nicht durch einen Wahrnehmungsakt im Sin-
ne der Abbildtheorie, sondern durch Konstruktion, durch Unterschei-
den und Bezeichnen.
8
Mit dem Begriff Konstruktion wird Unterschei-
dung in der Sprache durch den Beobachter verstanden. Maturana stellt
dem internen den externen Beobachter entgegen; ersterer beobachtet
eigene Wahrnehmungs- und Denkakte, letzterer das Verhalten zwi-
schen Organismen und Umwelt.
Die Theorie der Autopoiese ist der Versuch, die Abbildtheorie des
Realismus empirisch zu widerlegen. Mit der Einführung des Begriffs
des Beobachters verfolgt Maturana den Zweck, die Subjektivität natur-
wissenschaftlicher Forschungsergebnisse aufzuzeigen.
E. von Glasersfeld, ein in Österreich geborener, dann in den USA
wirkender Sprachforscher und Psychologe, gilt als eigentlicher Begrün-
der des Radikalen Konstruktivismus. Er nannte diejenige Schule des
Konstruktivismus radikal, die behauptet, dass ,,die wahrnehmende
(und begriffliche) Tätigkeit des erkennenden Subjekts ... eine konstituti-
ve Aktivität ist, die allein verantwortlich ist für ... jede Art der Struktur,
die ein Organismus erkennt"
9
.
Mit diesem Programm wendet sich v. Glasersfeld gegen die traditi-
onelle Wahrnehmungstheorie, die in der grundlegenden Anordnung
verschiedener Elemente (Wahrnehmendes, vermittelnde Sinnesorgane,
außerhalb der Erfahrung existierendes Wahrzunehmendes) besteht.
Das Problem dieser Abbildungstheorie liegt nach v. Glasersfeld darin,
dass, um Sicherheit des Wissens zu erlangen, ein Vergleich zwischen
Perzeption und der behaupteten äußeren Realität notwendig wäre, die-
8
Vgl. ,,Wenn eine Unterscheidung nicht vorgenommen wird, dann existiert die Entität
nicht, die durch diese Unterscheidung eingegrenzt werden würde; wird eine Unter-
scheidung durchgeführt, dann existiert die geschaffene Entität nur in dem Bereich
der Unterscheidung, unabhängig davon, wie die Unterscheidung durchgeführt
wird. Es gibt keine andere Art der Existenz für eine derartige Entität" (Maturana
1985d, S. 269).
9
v. Glasersfeld 1992a, S. 104.

8
ser aber unmöglich ist, da Vorstellungen nur mit Vorstellungen, nicht
aber mit Gegenständen der äußeren Realität verglichen werden können.
V. Glasersfeld bezieht sich bei der Entfaltung seiner Wahrneh-
mungstheorie auf die so genannte genetische Erkenntnistheorie von J.
Piaget, deren Grundidee ist, dass Erfahrung nicht mit der Perzeption
vorgefertigter Gegenstände beginnt, sondern dass diese in der früh-
kindlichen Entwicklung erst zusammengebaut, konstruiert werden.
10
Auch v. Glasersfeld versteht die Funktion des Subjekts als die eines Be-
obachters und greift damit auf einen Begriff zurück, den Maturana wie
oben beschrieben in die Kognitionswissenschaft eingeführt hat. Das
Wissen muss mit der Erfahrung einsetzen. Erkennen heißt, in der Er-
fahrung Unterscheidungen vornehmen und sodann zwischen den Tei-
len der Erfahrung Beziehungen herstellen. Es wird betont, dass das
wahrnehmende Lebewesen und seine Umgebung Teile der Erfahrung
des Beobachters sind:
,,Wir können als Beobachter daher feststellen, dass ein von uns beobachteter
Organismus wahrnimmt, es ist aber etwas ganz anderes, wenn wir sagen, dass
wir selbst wahrnehmen. ... Wenn all das ... konsistent ist, dann müsste es nun-
mehr klar sein, dass der erste Schnitt, die elementarste Unterscheidung, die ein er-
fahrendes Subjekt machen kann, der intuitiv befriedigende Schnitt zwischen sich
selbst als erfahrendem Subjekt auf der einen und seiner Erfahrung auf der ande-
ren Seite sein dürfte. ... Welche Schnitte wir als rational erkennende Subjekte auch
immer vornehmen, es müssen stets Schnitte innerhalb unserer Erfahrung sein, wie
etwa der Schnitt zwischen dem Teil unserer Erfahrung, den wir Ich nennen, und
dem Rest unserer Erfahrung, den wir hernach als (unsere) Welt bezeichnen."
11
Bei der Analyse der Wahrnehmung nimmt also v. Glasersfeld Stel-
lung zum Phänomen der Selbstbeobachtung, eines Spezialfalls des
Selbstbewusstseins. Er unterscheidet streng zwischen einem außerhalb
10
J. Piaget beschreibt in seinem Buch La construction du réel chez l`enfant (Neuchatel
1950) das Werden der menschlichen Erkenntnis und den Aufbau des Weltbildes in
der Entwicklung des Kindes.
11
v. Glasersfeld 1992a, S. 126f.

9
der Erfahrung gedachten sich selbst erfahrenden Subjekt und einem Sub-
jekt, das Teil der Erfahrung ist. Die Feststellung v. Glasersfelds, dass
das Wissen mit der Erfahrung einsetzen müsse, erinnert zwar an den
kantischen Satz, dass ,,alle unsere Erkenntnis mit der Erfahrung anfan-
ge"
12
, mit dem Begriff der Erfahrung verbindet v. Glasersfeld im Ge-
gensatz zu Kant allerdings nicht die empiristische Bedeutung von der
Rezeptivität der Sinnlichkeit.
Zu den Vertretern des Radikalen Konstruktivismus im deutschspra-
chigen Raum ist der Neurobiologe G. Roth zu rechnen. Ausgangspunkt
seiner Wahrnehmungstheorie ist die ,,Welt der Empfindungen", in der
drei Bereiche voneinander unterschieden werden: ,,Außenwelt, Welt
unseres Körpers, Welt unserer geistigen und emotionalen Zustände"
13
.
Andere Bezeichnungen für die Außenwelt lauten räumliche Welt, Bereich
des Nicht-Ich, Sinneswelt, für den dritten Bereich Welt der mentalen Zu-
stände, Bereich des Ich und der damit verbundenen geistigen Zustände, Be-
reich der Zustände wie ,,Ich denke", ,,Ich fühle", ,,Ich nehme wahr". Letztere
bilden sich im Ausschlussverfahren am spätesten heraus. Es handelt
sich um Aufgliederungen der phänomenalen Welt. Dieser phänomena-
len Welt, auch Wirklichkeit genannt, wird eine transphänomenale, un-
erfahrbare, objektive und bewusstseinsunabhängige Welt gegenüberge-
stellt, die als Realität bezeichnet wird. Vor dem Hintergrund dieser Un-
terscheidung ist die Subjekttheorie zu verstehen. Roth vertritt einen
neurobiologischen Konstruktivismus, demzufolge das Gehirn die Wirk-
lichkeit konstruiert. In der transphänomenalen Welt, so reflektiert Roth,
,,gibt es viele Dinge ... Organismen ... und Gehirne, in denen ... eine
phänomenale Welt entsteht, eben die Wirklichkeit"
14
. Das reale Gehirn
bringt also eine Wirklichkeit hervor, in der ein Ich existiert, das sich als
12
Kant, Kritik der reinen Vernunft B1.
13
Roth 1995, S. 278.
14
Roth 1995, S. 288.

10
Subjekt seiner mentalen Akte, Wahrnehmungen und Handlungen er-
lebt, einen Körper besitzt und einer Außenwelt gegenübersteht. Das
Subjekt, ein komplex zusammengesetztes Wesen, wird somit als Kon-
strukt eines als transphänomenal gedachten Gehirns betrachtet. Die
Wirklichkeit ­ und damit Erleben, Bewusstsein, Wahrnehmung ­ ist
eine ,,Erfindung" des realen Gehirns: ,,Hierzu ist ... auch die Konstruk-
tion eines Bewusstseins- und Erlebnissubjektes in Form eines Ich nö-
tig"
15
. Roth beruft sich in der Konzeption des Konstruktivismus aus-
drücklich auf Maturana, knüpft in seiner Theorie von der Selbstreferen-
tialität an die Theorie der Autopoiese an, distanziert sich allerdings von
einem ,,radikalen Konstruktivismus, der so tut, als gebe es ein Ich, das
sich selbstreferentiell eine Welt zusammenbaut"
16
, und betont, dass das
Ich nicht das Subjekt der Wirklichkeit, sondern ein Konstrukt in ihr sei.
Hinsichtlich der Beurteilung des Standortes der konstruktivistischen
Theorie innerhalb der Philosophie liegen in verschiedenen Publikatio-
nen kontroverse Kommentare vor. B.-O. Küppers hält den Konstrukti-
vismus für eine der wichtigsten erkenntnistheoretischen Strömungen
der Gegenwartsphilosophie, wobei zwischen dem methodischen Kon-
struktivismus der Erlanger Schule einschließlich seines Konstanzer Ab-
legers einerseits und dem Radikalen Konstruktivismus andererseits
zwar unterschieden, ihre gemeinsame Gegenposition zum Realismus
aber betont wird.
17
Auch P. Janich unterstreicht die Sicht der beiden
Konstruktivismen als ,,zwei[er] kompatible[r] wissenschafts-
philosophische[r] Unternehmungen, die auf sehr verschiedenen Wegen
zu recht ähnlichen Zielen gelangen" und ihre ,,augenfälligste Überein-
stimmung in der Ablehnung einer ontologischen Deutung des erfah-
15
Roth 1995, S. 292.
16
Roth 2003a, S. 17.
17
Küppers 1998.

11
rungswissenschaftlichen Wissens"
18
zeigen. Insbesondere die Einfüh-
rung des Beobachters in die Biologie betrachtet Janich als Verdienst Ma-
turanas und als ,,eminent wichtige Neuerung"
19
, kritisiert dagegen die
biologistische Erkenntnistheorie des Radikalen Konstruktivismus und
seinen Physikalismus und Reduktionismus, die den Radikalen vom
Erlanger Konstruktivismus unterscheidet.
Die Vertreter des Radikalen Konstruktivismus selbst versuchen eine
philosophiegeschichtliche Einordnung der konstruktivistischen Er-
kenntnistheorie. V. Glasersfeld bezieht sich in seiner Konzeption auf
eine Reihe verwandter philosophischer Positionen, die bei den Vor-
sokratikern (Demokrit, Xenophanes) beginnt und sich über G. Vico, G.
Berkeley, I. Kant zu H. Vaihinger erstreckt, die einen Skeptizismus und
Relativismus vertreten.
20
Kant wird geradezu als einer der Ahnherren
des Konstruktivismus angesehen, da er die im Erkenntnissubjekt lie-
genden Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis und demnach
auch die Bedingungen zu jeder möglichen Gegenstands- oder Welter-
kenntnis untersucht.
21
Roth erklärt, dass der von ihm vertretene Kon-
struktivismus am ehesten dem subjektiven Idealismus kantischer Prä-
gung entspricht, der einen ,,ontologischen Realismus und erkenntnis-
theoretischen Idealismus"
22
repräsentiert, in dem das Noumenon vom
Phainomenon abgegrenzt wird. V. Glasersfeld selbst beschreibt seine
Position als epistemischen Solipsismus im Gegensatz zum metaphysi-
18
Zitat von W. Zitterbarth, in: Janich 1994, S. 27.
19
Janich 1994, S. 31.
20
Vgl. ,,Die skeptische Tradition" (v. Glasersfeld 1992b, S. 9).
21
Die Berufung v. Glasersfelds auf Kant wird explizit greifbar in folgenden Zitaten:
,,Kants Transzendentalphilosophie ... bietet ein Modell, das in vieler Hinsicht fun-
damental ist für die konstruktivistische Orientierung" (v. Glasersfeld 1997, S. 78). -
,,Es ist vielleicht nicht müßig, in diesem Zusammenhang an den ersten Satz der Kri-
tik der reinen Vernunft Kants (1781) zu erinnern: Dass alle unsere Erkenntnis mit der
Erfahrung anfange, daran ist gar kein Zweifel ... " (v. Glasersfeld 1997, S. 183). - ,,Dieser
Verstand ... schafft sich also seine Welt. ... (Kant, Werke, Bd. VII [Streit der Fakul-
täten, Verf.], S. 71)" (v. Glasersfeld 1997, S. 79).
22
Roth 1995, S. 304.

12
schen Solipsismus und rückt ihn dadurch in die Nähe des Standpunk-
tes von R. v. Schubert-Soldern, ohne dessen Namen zu erwähnen, und
S. Schmidt äußert, der Radikale Konstruktivismus vertrete ,,nicht etwa
einen ontologischen Solipsismus ... sondern ­ wenn überhaupt ­ dann
einen epistemologischen Solipsismus, der an den Begriff des Beobach-
ters gebunden werden könnte"
23
.
H. R. Fischer identifiziert die erkenntnistheoretische Grundposition
Maturanas als die idealistische Berkeleys, auf den Maturana sich expli-
zit beziehe.
24
Er kennzeichnet die These des Radikalen Konstruktivis-
mus mit der Formulierung: ,,Alle Erkenntnis, alle Erfahrung ... ist sub-
jektabhängig. ... Traditionell formuliert heißt das soviel wie: kein Ob-
jekt ohne Subjekt"
25
und kommentiert diese Aussage mit der Bemer-
kung, dass A. Schopenhauer die Erkenntnis, dass es kein Objekt ohne
Subjekt gibt, als großes Verdienst Berkeleys gefeiert habe. In diesem
Zusammenhang ist zu erwähnen, dass P. Watzlawick, der ebenfalls zu
den Konstruktivisten gezählt werden kann,
26
die Auffassung vertritt,
dass A. Schopenhauer neben H. Vaihinger heute als Konstruktivist gel-
ten könnte.
27
S. Schmidt äußert die Ansicht, dass die Konzeption von Maturana
eine Weiterentwicklung der Transzendentalphilosophie sei.
28
Er
schließt sich der Interpretation Kants durch Maturana an mit der These,
dass im Selbstverständnis vieler Konstruktivisten Kants transzendenta-
le Einsicht, dass wir die Welt so erkennen, wie sie uns erscheint, durch
die Ergebnisse
einer empirischen Kognitionstheorie gestützt und somit
23
Schmidt 1987, S. 35.
24
Fischer 1991, S. 12.
25
Fischer 1995, S. 22f.
26
Vgl. Watzlawick 1986.
27
Watzlawick 1990, S. 304.
28
Vgl. ,,Was in Kants Transzendentalphilosophie vorgedacht worden ist, wird hier auf
erfahrungswissenschaftlicher Grundlage pragmatisch radikalisiert: Es gibt nicht die
Wirklichkeit, sondern nur subjektabhängige Welt- und Wirklichkeitsmodelle ­ und
nichts dahinter oder davor" (Schmidt 1982, S. 356).

13
der ,,Anschluss an die europäische Bewusstseinsphilosophie"
29
herge-
stellt wird. F. Wallner fügt hinzu, Maturanas Position sei ,,eine Heraus-
forderung an die Philosophie wegen des konsequenten Subjektivismus
und an die Erkenntnistheorie wegen des radikalen Konstruktivismus.
... Der Anspruch, der hinter dem Ansatz steht, ist kein geringerer als
eine Neubestimmung unserer Auffassung von Wirklichkeit"
30
.
Nach H. J. Wendel knüpft der Radikale Konstruktivismus an die
schon von den skeptischen Philosophen der Antike diskutierten Prob-
leme der Möglichkeit von Wirklichkeitserkenntnis an, da eine sichere
erkenntnistheoretische Letztbegründung von Wissen als unmöglich
angesehen wird. Die Annahme der Immanenz aller Gegenstände der
Erkenntnis ist das entscheidende Moment in der Erkenntnistheorie des
Radikalen Konstruktivismus, das ihn zu einem Vertreter des modernen
Relativismus mache. Vorläufer des Radikalen Konstruktivismus seien
die Philosophen Berkeley, Kant und Vaihinger.
31
Der Radikale Konstruktivismus sieht sich also ­ und diese Sichtwei-
se wird auch von seinen Kritikern übernommen ­ in der Tradition der
Kantischen Transzendentalphilosophie, der zufolge apriorische An-
schauungs- und Denkformen der Vernunft als Grundlagen der Er-
kenntnis angenommen werden, so dass wir die Dinge nicht so erken-
nen, wie sie sind, sondern wie sie unter den Bedingungen menschlicher
Wahrnehmung unserem Bewusstsein erscheinen.
29
Schmidt 1987, S. 18.
30
Wallner 1991, S. 41.
31
Vgl. ,,In der Betonung der vollkommenen Konstruktivität der Erkenntnis einerseits
und dem Insistieren auf der Nichtwillkürlichkeit des Konstruierten andererseits
sind deutlich die ­ wenn auch mit naturalistischen Vorzeichen versehenen ­ Kanti-
schen Wurzeln der Erkenntnistheorie des radikalen Konstruktivismus erkennbar"
(Wendel 1990, S. 197).

14
2.2 Aporie des Radikalen Konstruktivismus
Wie die Übersicht der Konzepte der Vertreter des Radikalen Kon-
struktivismus zeigt, werden verschiedene epistemologische und onto-
logische Positionen bezüglich der Realität und ihrer Erkennbarkeit be-
zogen. Trotz der dargestellten Unterschiede steht außer Frage, dass der
Radikale Konstruktivismus gegenüber dem Subjekt-Objekt-Problem
eine antirealistische Position einnimmt. Erkenntnis ist nicht korres-
pondenztheoretisch als eine durch Wahrnehmung vermittelte Überein-
stimmung zwischen Subjektivem und Objektivem zu interpretieren,
sondern die Objektwelt wird durch das Subjekt konstruiert. Die Beson-
derheit des Radikalen Konstruktivismus besteht wie dargestellt darin,
das Subjekt als Beobachter zu bezeichnen. Mit der Übertragung der Be-
obachtertheorie auf das Phänomen des Selbstbewusstseins gerät der
Radikale Konstruktivismus allerdings in ein erkenntnistheoretisches
Dilemma. Sofern v. Glasersfeld schreibt: ,,Wenn Erkennen heißt, in der
Erfahrung Unterscheidungen vorzunehmen und sodann zwischen den
Teilen der Erfahrung ... Beziehungen herzustellen, dann folgert unwei-
gerlich, dass ... das Ich, das wir erfahren, und das wir in unsere kogniti-
ven Strukturen einbauen, durch eben diese Akte der Konstruktion not-
wendig aufhört, dasjenige Ich zu sein, das diese Erfahrung macht"
32
, so
sieht er durchaus das Problem der Dichotomie zweier Subjekte, eines,
das in der Erfahrungswelt existiert, sozusagen das Subjekt, das im Er-
kenntnisakt des Sichselbstbewusstwerdens zum Objekt wird, anderer-
seits das Subjekt, das sich der Erfahrung entzieht. Die zentrale Frage
richtet sich auf das sich selbst erfahrende Ich, auf die v. Glasersfeld eine
vage Antwort gibt:
,,Wenn das Ich ... eine relationale Größe ist, dann kann es keinen Ort in der Welt
der Erfahrungsgegenstände haben. ... Es wohnt überhaupt an keinem Ort, son-
32
v. Glasersfeld 1992a, S.129f.

15
dern zeigt sich bloß in der Kontinuität unserer Akte der Differenzierung und des
Beziehungsaufbaus sowie in der intuitiven Gewissheit, dass unsere Erfahrung
wirklich ausschließlich die unsrige ist."
33
V. Glasersfeld umreißt die Grenzen des Radikalen Konstruktivis-
mus, das erfahrende Subjekt zu identifizieren, wenn er ausführt:
,,Was den Begriff des Ich betrifft, kann der Radikale Konstruktivismus als empiri-
sche Wissenstheorie ein mehr oder weniger viables Modell der Konstruktion des
empirischen Ich bieten. Das Ich als wirkender Akteur der Konstruktion oder das
Ich als Ort des subjektiven Bewusstseins scheint jedoch eine metaphysische An-
nahme zu sein und liegt daher außerhalb des Bereichs empirischer Konstrukti-
on."
34
V. Glasersfeld vergleicht den Realismus mit dem Konstruktivismus
und folgert:
,,In der realistischen Sicht wird das Ich, das wir wahrnehmen, dadurch, dass wir es
wahrnehmen, zu einem Objekt des wahrnehmenden Subjekts. In der konstrukti-
vistischen Sicht ist das Ich, das wir ausbilden, notwendig das Produkt eines akti-
ven Subjekts, das außerhalb der Konstruktion verbleibt."
35
In einem Buchkapitel mit der Überschrift ,,Das ungreifbare Ich"
36
stellt er fest, dass der Begriff des Ich zwei Seiten hat, ,,das Ich, das wir
begrifflich bestimmen, wie auch der dazugehörige Körper" auf der ei-
nen Seite, andererseits das Ich als ,,eine ,,geheimnisvolle Entität, die
sich ihrer selbst bewusst ist"
37
.
Soweit das Subjekt als Beobachter identifiziert wird, gilt die Proble-
matik auch für den Ausdruck Beobachter. In einer Variation der Defi-
nition des Beobachters (Maturana: ,,Alles was gesagt wird, wird von
einem Beobachter gesagt") erklärt v. Glasersfeld: ,,Alles, was erkannt
wird, wird von einem erfahrenden Subjekt erkannt"
38
. H. R. Fischer, ein
33
v. Glasersfeld 1992a, S. 175.
34
v. Glasersfeld 1997, S. 210.
35
v. Glasersfeld 1992a, S. 174.
36
v. Glasersfeld 1997, S. 200.
37
v. Glasersfeld 1997, S. 202.
38
v. Glasersfeld 1992a, S. 179.

16
ausgewiesener Kenner des Konstruktivismus, bemerkt in einem Kapitel
mit der Überschrift ,,Der geheimnisvolle Beobachter", dass ein zentrales
Problem in der Theorie autopoietischer Systeme ungelöst bleibt: ,,Es ist
die Frage nach der ... Seinsweise des Beobachters. Wie existiert der Be-
obachter, dass er sich erkennen kann?"
39
Fischer verweist auf die indi-
sche Philosophie (Upanishaden): ,,Den Erkennenden kann man nicht
erkennen" und zitiert in diesem Zusammenhang L. Wittgenstein: ,,Das
Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt"
40
.
Das Subjekt als Beobachter bleibt also letztlich dunkel, geheimnisvoll.
Ein wichtiger Aspekt des geschilderten Problems der Beobachter-
theorie des Radikalen Konstruktivismus ist zu beleuchten, der weder
bei Maturana noch bei v. Glasersfeld thematisiert wird, obwohl er auf
der Hand liegt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf den
Psychologen W. Stangl, der sich ausführlich mit dem Radikalen Kon-
struktivismus als einem der neuen Paradigmen der Psychologie ausein-
andersetzt. Er zitiert die Geschichte des dänischen Dichters und Philo-
sophen Poul Martin Möller, der versuchte, über das Denken nachzu-
denken:
,,Mein endloses Grübeln darüber bewirkte, dass ich nichts ausrichte. Darüber
hinaus verfalle ich darauf, über mein Denken nachzudenken, ja, ich denke dar-
über nach, dass ich darüber denke, und teile mich selbst in eine unendliche rück-
läufige Reihe von Ichen, die einander beobachten. Ich weiß nicht, bei welchem
Ich man als dem eigentlichen Ich stehen bleiben soll, und in dem Augenblick, da
ich bei einem stehen bleibe, ist es schon wieder ein Ich, das dabei steht. Es wird
mir wirr, und ich werde von Schwindel erfasst, als starre ich in einen bodenlosen
Abgrund, und das ganze Denken findet damit sein Ende, dass ich schreckliche
Kopfschmerzen verspüre."
41
39
Fischer 1991, S. 34.
40
Wittgenstein 1984, S. 68.
41
Stangl 1989, S. 175.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836634571
DOI
10.3239/9783836634571
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Kultur- und Sozialwissenschaften, Philosophie
Erscheinungsdatum
2009 (August)
Note
1,0
Schlagworte
subjekt konstruktivismus realismus
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Titel: Die Subjekttheorie des Radikalen Konstruktivismus
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