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Bedingungsloses Grundeinkommen

©2008 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände“-
Die Sozialversicherung und die Sozialleistungen in Deutschland galten lange Zeit als Musterbeispiel bei der Umsetzung dieses Artikels der Menschenrechte. Das deutsche Sozialversicherungssystem und die soziale Sicherung folgen im Wesentlichen drei Prinzipien:
Dem Versicherungsprinzip: Es entspricht wie in der Privatversicherung einem auf Risikoausgleich basierenden System. Die Finanzierung erfolgt durch risikobewertete Beiträge.
Dem Versorgungsprinzip: Es gewährt Anspruchsberechtigten Leistungen als Ausgleich für Nachteile, die sie selber nicht zu verantworten haben. Es wird in einer festgesetzten Höhe, ohne Bedürftigkeitsprüfung ausbezahlt. In Deutschland ist dieses Prinzip eine Ausnahme im System der Sicherung. Die Finanzierung ist grundsätzlich durch Steuern zu gewährleisten.
Dem Fürsorgeprinzip: Es richtet sich nach den Bedürfnissen des Individuums. Im Gegensatz zu erstgenannten Prinzipien besteht hier nur das Recht auf Leistung dem Grunde nach. Die Leistung wird für jeden Einzelfall gesondert ermittelt. Zur Finanzierung werden die Mittel aus allgemeinen Haushaltsmitteln bereitgestellt. Bevor geleistet wird, sind eigene Mittel des Antragstellers sowie seiner Familie zu verwenden.
Jedes der Prinzipien ist für sich allein umfassend, sie schließen sich aber nicht gegenseitig aus. Bei der Gestaltung sozialer Sicherungssysteme werden diese kombiniert angewandt.
Das Fundament der Sozialversicherung basiert auf drei Säulen: der klassischen Bevölkerungspyramide, einer wachsende Wirtschaft, lebenslanger Erwerbstätigkeit als Regelfall.
Das 21.Jahrhundert verlangt mit Blick auf deren dauerhafte Finanzierbarkeit grundsätzliche und strukturelle Neuorientierungen des Sozialversicherungssystems in Deutschland. Eine Reparatur wird nicht genügen. Das Fundament der gesamten sozialen Sicherung ist ins Wanken geraten. Durch die demografische Entwicklung, das schwache Potenzialwachstum, die Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse, die Absenkung der Bezugsdauer und Bezugshöhe des ALG 1, Privatisierung der Gewinne und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Bedingungsloses Grundeinkommen
2.1 Idee des Grundeinkommens
2.2 Modelle, Grundzüge und deren Finanzierung
2.2.1 Negative Einkommensteuer - NES-
2.2.2 Modell nach Götz W. Werner
2.2.3 Konzept des Solidarischen Bürgergeldes nach Althaus
2.2.4 Idealtypisches Modell eines Grundeinkommens
2.3 Ansätze der Implementation in verschiedenen Ländern
2.3.1 The Alaska Permanent Fund, Alaska
2.3.2 Renda Básica de Cidadania, Brasilien
2.3.3 Basic Income Grant, Namibia

3 Die Sozialversicherung in Deutschland
3.1 Einführung
3.2 Grundprinzipien
3.3 Finanzierung
3.4 Bestandteile der Sozialversicherung
3.4.1 Arbeitslosenversicherung
3.4.2 Krankenversicherung
3.4.3 Pflegeversicherung
3.4.4 Rentenversicherung
3.4.5 Unfallversicherung
3.5 Kritik

4 Umsetzung des bedingungslosen Grundeinkommens
4.1 Annahmen
4.2 Finanzierung
4.3 Arbeitsmarkteffekte durch das bedingungslose Grundeinkommen
4.3.1 Arbeitsmarkt gesamt
4.3.2 Arbeitsangebot
4.3.3 Arbeitsnachfrage

5 Beispielrechnung Familie Mustermann: Vergleich Sozialversicherung und bedingungsloses Grundeinkommen
5.1 Sozialversicherung
5.2 Bedingungsloses Grundeinkommen und Vergleich

6 Fazit

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Brutto-, Nettoeffekt eines Grundeinkommens

Abbildung 2: Kombination von Grundeinkommen und Flat Tax; progressive Besteuerung

Abbildung 3: Vor-Transfereinkommen und negative Einkommensteuer

Abbildung 4: Negative Einkommensteuer

Abbildung 5: Finanzierung über Konsumsteuern

Abbildung 6: Solidarisches Bürgergeld mit integrierter Gesundheitsprämie

Abbildung 7: Neue Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2008

Abbildung 8: Bezugsdauer ALG 1

Abbildung 9: Pflegeleistungen

Abbildung 10: Die Inzidenz von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung

Abbildung 11: Gewinne und Steuerzahlung deutscher Großkonzerne

Abbildung 12: Datenquellen Armutsrisiko

Abbildung 13: Einsparmöglichkeiten

Abbildung 14: Brutto-, Nettoeffekt nach Einführung des Grundeinkommens

Abbildung 15: progressive Besteuerung nach Einführung des Grundeinkommens

Abbildung 16: Arbeitsmarkt bei Lohnfixierung im Niedriglohnbereich

Abbildung 17: Langfristige Arbeitsmarkteffekte eines Grundeinkommens

Abbildung 18: Brutto-Nettolohn Musterfamilie

Abbildung 19: Vergleich Sozialversicherung und BGE

1 Einleitung

"Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände."[1]

Die Sozialversicherung und die Sozialleistungen in Deutschland galten lange Zeit als Musterbeispiel bei der Umsetzung dieses Artikels der Menschenrechte. Das deutsche Sozialversicherungssystem und die soziale Sicherung folgen im Wesentlichen drei Prinzipien[2]:

- dem Versicherungsprinzip

Es entspricht wie in der Privatversicherung einem auf Risikoausgleich basierenden System. Die Finanzierung erfolgt durch risikobewertete Beiträge.

- dem Versorgungsprinzip

Es gewährt Anspruchsberechtigten Leistungen als Ausgleich für Nachteile, die sie selber nicht zu verantworten haben. Es wird in einer festgesetzten Höhe, ohne Bedürftigkeitsprüfung ausbezahlt. In Deutschland ist dieses Prinzip eine Ausnahme[3] im System der Sicherung. Die Finanzierung ist grundsätzlich durch Steuern zu gewährleisten.

- dem Fürsorgeprinzip

Es richtet sich nach den Bedürfnissen des Individuums. Im Gegensatz zu erst­genannten Prinzipien besteht hier nur das Recht auf Leistung dem Grunde nach. Die Leistung wird für jeden Einzelfall gesondert ermittelt[4]. Zur Finanzierung werden die Mittel aus allgemeinen Haushaltsmitteln bereitgestellt. Bevor geleistet wird, sind eigene Mittel des Antragstellers sowie seiner Familie zu verwenden.

Jedes der Prinzipien ist für sich allein umfassend, sie schließen sich aber nicht gegenseitig aus. Bei der Gestaltung sozialer Sicherungssysteme werden diese kombiniert angewandt.

Das Fundament der Sozialversicherung basiert auf drei Säulen[5]:

- der klassischen Bevölkerungspyramide
- einer wachsende Wirtschaft
- lebenslanger Erwerbstätigkeit als Regelfall.

Das 21.Jahrhundert verlangt mit Blick auf deren dauerhafte Finanzierbarkeit grund­sätzliche und strukturelle Neuorientierungen des Sozialversicherungssystems in Deutschland. Eine Reparatur wird nicht genügen. Das Fundament der gesamten sozialen Sicherung ist ins Wanken geraten. Durch die demografische Entwicklung, das schwache Potenzialwachstum[6], die Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse, die Absenkung der Bezugsdauer und Bezugshöhe des ALG 1, Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste[7] verlieren diese Säulen ihre stabilisierende Rolle. Um die zukünftigen Herausforderungen meistern zu können, bedarf es entweder weiterer Leistungskürzungen oder höherer Beiträge und Steuern, der Verbreiterung der Bemes­sungsgrundlage oder aber eines kompletten Systemwechsels.

In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob es möglich ist, diesen Systemwechsel auf der Basis der völligen Entkopplung von Erwerbsarbeit und Einkommen zu vollziehen und somit ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Allein auf Grund[8] der Würde des Menschen soll jedes Individuum der Gesellschaft in die Lage versetzt werden, die notwendigen Bedürfnisse wie Essen, Kleidung und Wohnung unabhängig vom jeweiligen Einkommen zu befriedigen. Ausschlaggebend ist nicht der Leistungs­gedanke, sondern eine umfassende gesellschaftliche Solidarität. Der Wert jedes Individuums und jedes individuellen Lebensweges wird anerkannt und respektiert. Statt Kontrolle von Leistungsbereitschaft bzw. -fähigkeit stellt die Grundeinkommensidee die Motivation des Menschen in den Vordergrund.

Zur Finanzierung des Grundeinkommens wird unterstellt, dass sich nur die Ein­kommensteuer ändert und die Bemessungsgrundlage auf alle Einkünfte verbreitert wird. Die Höhe des Grundeinkommens soll sich am soziokulturellen Existenzminimum zusätzlich einer Gesundheitsprämie orientieren. Ist das Grundeinkommen nicht bedingungslos, wird im Text darauf hingewiesen, ansonsten werden die Begriffe Grundeinkommen oder BGE verwendet.

Zunächst wird in dieser Arbeit auf das Grundkonzept des bedingungslosen Grund­einkommens eingegangen und verschiedene politische Ansätze erläutert. An einigen kurzen Beispielen soll aufgezeigt werden, in welchen Ländern bereits versucht wird die Idee des BGE umzusetzen. Um die derzeitige Situation in Deutschland darzustellen und einen Wechsel zum BGE erwägen zu können, wird in Kapitel 3 das bestehende System der Sozialversicherung mit seinen Komponenten dargestellt und einige Schwachstellen aufgezeigt.

Kapitel 4 geht auf die mögliche Umsetzung des bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland ein und zeigt insbesondere dessen Finanzierung und auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt auf. Insbesondere die vieldiskutierte Frage, ob sich viele Mitbürger nun ausschließlich durch das BGE finanzieren würden, soll beantwortet werden. Die Arbeit schließt mit einer Beispielrechnung der Familie Mustermann ab, in der verschiedene Einkommensszenarien für das derzeitige Sozialversicherungssystem in Deutschland und ein mögliches BGE betrachtet werden und so einen direkten Vergleich erlauben.

2 Bedingungsloses Grundeinkommen

Ein bedingungsloses Grundeinkommen[9] ist ein Einkommen, das

- allen Menschen individuell zusteht und garantiert ist,
- mindestens dem soziokulturellen Existenzminimum entspricht,
- ohne Bedürftigkeitsprüfung,
- ohne Arbeitszwang und -verpflichtung bzw. Tätigkeitszwang und -verpflichtung

vom Staat ausgezahlt wird. Es wird nicht auf weitere Einkommen angerechnet und erhöht somit nicht die Steuerschuld. Durch die Bedingungslosigkeit unterscheidet es sich wesentlich von einer Grund[10] - oder Mindestsicherung. Diese unterliegt einer Bedürftigkeitsprüfung und weitere Einkommen[11] werden angerechnet.

2.1 Idee des Grundeinkommens

Die erste literarische Erwähnung eines Grundeinkommens findet sich bei Thomas Morus Utopia im Jahre 1517. Auf Grund allgemeiner Gleichheit der Utopisten lässt sich eine Arbeitspflicht herleiten[12]. Juan Luis Vives entwickelte die Vorstellungen von Morus weiter und entwarf einen detaillierten Plan für ein staatlich garantiertes Mindest­einkommen für alle, egal ob arm oder reich. Als Voraussetzung zum Empfang des Mindesteinkommens setzt Vives Arbeitswilligkeit als disziplinierenden Faktor voraus. Das soll auch für Reiche gelten, wenn ihr Reichtum auf der Aneignung von Natur­ressourcen beruht. Selbige sind nach Vives' Vorstellung Allgemeingut, von dem alle Individuen gleichermaßen profitieren sollen.[13] An diesen Gedanken knüpft 200 Jahre später Thomas Paine an. Zentrale Aussage seiner Publikation Agrarian Justice ist, dass der Grund und Boden in primitiven Gesellschaften als ”common property of the human race” angesehen wird. Wenn der Besitzer des Bodens von der Verbesserung profitiert, ist er der Gesellschaft eine Grund- und Bodenmiete schuldig. Diese soll in einen Fonds einbezahlt werden, um jedem Einundzwanzigjährigen ein Startkapital zur Gründung einer Unternehmung und jedem, der 50 wird, eine jährliche Pension zur Verfügung stellen zu können. Bei diesen Zuwendungen handelt es sich um ein Recht und nicht um eine Mitleidsgeste.[14] Die bekanntesten und wichtigsten Befürworter eines Grundeinkommens in jüngerer Vergangenheit sind James Meade[15], Robert Theobald[16], Erich Fromm[17], Lady Rhys-Williams[18] und Milton Friedmann[19], aber auch Georg Voruba[20], Michael Opielka[21], Götz W. Werner[22] und Manfred Füllsack[23].

So stellt nach Füllsack ein Grundeinkommen[24] jene Einkommensbasis dar, die im Ideal­fall ausreicht, ein menschenwürdiges Leben zu führen, ohne lohnabhängig beschäftigt zu sein. Das bedeutet nicht, dass Arbeit und Wirtschaft nicht mehr funktionieren. Die einzelnen Gesellschaftsmitglieder können frei entscheiden, ob sie weiterhin lohnabhängig arbeiten, ein Unternehmen gründen oder sich anderen Tätig­keiten widmen. Die Entscheidung ist einzig und allein vom gewünschten Lebens­standard abhängig. Die Frage, ob ein Grundeinkommen ausschließlich in Form eines Bündels unentbehrlicher Güter bereitgestellt werden soll, scheint auf Grund heterogener Bedürfnisse der Empfänger eine unnötige Einschränkung zu sein. Die meisten Modelle gehen von einer Kombination von Geld und Naturalien aus. Nach Einführung eines Grundeinkommens[25] könnten nahezu alle steuer- und abgaben­finanzierten Sozialleistungen und Steuererleichterungen für natürliche Personen[26] ersatzlos gestrichen werden. Durch den Wegfall aufwändiger, individueller Bedarfs- und Leistungsprüfungen ergeben sich zusätzliche Administrationsersparnisse.[27] Das Grundeinkommen behandelt alle gleich: Diejenigen, die Hilfe benötigen, werden auf jeden Fall unterstützt und für die anderen ist es ein Steuerfreibetrag. Entscheidend ist das Nettoergebnis. Es werden auch jene erreicht, die bisher keine Ansprüche erhoben haben.[28]

In nachfolgenden Abbildungen wird ein Steuersatz in Höhe von 50 % ab dem ersten Euro Einkommen unterstellt. Die derzeitige Gesamtbelastungsquote sozial­versicherungspflichtiger Beschäftigung beträgt 55 bis 60 % des Arbeitnehmerbrutto­lohnsatzes.[29] Die Höhe des Grundeinkommens orientiert sich an den direkten Sozial­leistungen für alle 82,5 Millionen Einwohner in Deutschland pro Person im Jahr 2006.[30]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Brutto-, Nettoeffekt eines Grundeinkommens[31]

Das hälftige Bruttoeinkommen ist die Steuerberechnungsgrundlage. Von der Brutto­steuerschuld wird das Grundeinkommen abgezogen, da es netto zur Verfügung steht. Dies ergibt die Nettosteuerschuld. Ein anderer Weg der Berechnung: Der Steuer­pflichtige zahlt seine Bruttosteuerschuld und erhält das Grundeinkommen. Das Netto­ergebnis ist identisch. Die Kombination von Grundeinkommen und Flat Tax ergibt eine progressive Besteuerung mit Steuerfreibetrag was in der nachfolgenden Abbildung dargestellt wird,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kombination von Grundeinkommen und Flat Tax; progressive Besteuerung[32]

Das Grundeinkommen verbessert die finanzielle Situation des Einzelnen bei Aufnahme einer Lohnarbeit. Es erhöht die Leistungsanreize mehr zu arbeiten auf Grund der geringeren Belastungsquote im oberen Einkommensbereich und würdigt Familienarbeit und bürgerschaftliches Engagement.

2.2 Modelle, Grundzüge und deren Finanzierung

Da sich eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle und Modellvarianten in der Literatur findet, beschränkt sich der Autor auf die wesentlichen.

2.2.1 Negative Einkommensteuer - NES -

Die negative Einkommenssteuer fasst die Pflicht zur Einkommensteuerzahlung und das Recht auf Erhalt von Sozialtransfers in einem einzigen System zusammen. Steuerschulden und Transferansprüche werden saldiert und die Differenz ausgezahlt. Im Jahr 1962 entwickelte Milton Friedmann sein Konzept der negativen Einkommen­steuer. Bürgern, die das Mindesteinkommen nicht aus eigener Kraft erwirtschaften können und den anderen Bürgern, welche mangels hohen Einkommens nicht von Steuerfreibeträgen profitieren, werden entsprechende Beiträge zur Hälfte als Transfers ausbezahlt.[33] Die Auszahlung ist an keine Bedingung geknüpft, allerdings wird der Arbeitsanreiz erhöht, da die Armutslücke nur teilweise geschlossen wird. Die Begrenzung des Transferentzugs auf 50 % bewirkt, dass sich jede zusätzlich eingenommene Geldeinheit positiv auf den verfügbaren Betrag auswirkt. Nicht nur das Erwerbs-, sondern auch das Kapitaleinkommen wirkt sich unterstützungsmindernd aus. Niemand ist Unterstützungsempfänger und Steuerzahler zugleich.

Das verfügbare Einkommen ergibt sich aus folgender Formel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Annahmen

Das Mindesteinkommen Yb in Höhe von 7.500 € jährlich und einer Transferentzugsrate von 50 %. Daraus ergibt sich eine Transfereinkommensgrenze von 15.000 € pro Jahr. Jede zusätzliche Einnahme wird mit einer Flat Tax in Höhe von 50 % besteuert.

Die Auswirkungen werden in der nachfolgenden Tabelle und in der Abbildung veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Vor-Transfereinkommen und negative Einkommensteuer[34]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Negative Einkommensteuer[35]

Das Modell der negativen Einkommensteuer und das des Grundeinkommens ähneln sich sehr. Ein entscheidender Unterschied besteht in der Berechnung. Die Transfer­zahlung wird ex post, also nach Feststellung von Steuerpflichten ausbezahlt. Die Prüfung der Steuerpflicht zieht wiederum administrative Kosten nach sich.[36] Des Weiteren kann die -NES- als Kombi-Lohn-Modell wirken.[37] Einerseits ist es zwar für den Arbeitnehmer erfreulich, wenn er einen Lohn erhält, der zum Leben ausreicht, andererseits wird der von ihm geschaffene Mehrwert subventioniert. Der geschaffene Wert, bestehend aus Lohn, Lohnsubvention und Verbrauch von Produktionsfaktoren, ist Eigentum des Unternehmers. Durch den Verkauf der geschaffenen Ware oder Dienstleistung verschafft die Lohnsubvention dem Unternehmer einen höheren Gewinn.

2.2.2 Modell nach Götz W. Werner

Prof. Götz Wolfgang Werner ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der dm-drogerie markt GmbH + Co. KG. Weiterhin fungiert er an der Universität Karlsruhe als Institutsleiter und Lehrender am Interfakultativen Institut für Entrepreneurship. Sein Vorschlag[38] zur Einführung und Finanzierung eines bedingungslosen Grund­einkommens beinhaltet einen kompletten Strukturwandel im Steuersystem. Ein schritt­weiser Abbau der Einkommens- und Ertragsbesteuerung in Richtung Konsum­besteuerung soll in einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren erfolgen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt entspricht ca. 8 Mrd. € an jährlichen Steuer­mehreinnahmen. Ausgaben zur Deckung des Grundbedarfs sollen niedriger besteuert werden als andere. Ob eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Preissteigerungen führt, ist von der Veränderung anderer Größen abhängig. Wenn die Mehrwertsteuer erhöht wird, ohne die übrigen Steuern und Abgaben zu senken, steigen i. d. R. die Preise in gleichem Maße. Das Grundeinkommen führt jedoch zu Kosteneinsparungen bei Gütern und Dienstleistungen mit einem hohen Lohnkostenanteil. Einerseits entfallen die Sozialversicherungsabgaben, andererseits ist auf einem flexibilisierten Arbeitsmarkt mit geringeren Löhnen zu rechnen. Bei vollkommener Konkurrenz werden die gesamten Kosteneinsparungen an die Verbraucher weitergegeben. Die gesunkenen Nettopreise könnten die ausländische Nachfrage und damit den Export steigern.

Die Veränderung der Besteuerungsgrundlage wird nachfolgend dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Finanzierung über Konsumsteuern[39]

Um die direkten Sozialleistungen pro Kopf im Jahr 2006 zu finanzieren, wäre heute eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um ca. 77 % notwendig. Mit zunehmendem Steuersatz erhöhen sich die Anreize zur Steuerhinterziehung und -vermeidung. Neben der Nutzung von Preisdifferenzen zwischen Ländern gibt es auch innerhalb eines Landes Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung und -vermeidung. Dies könnte in Form von gewerblichem Schwarzhandel oder eines vermehrten Naturaltausches erfolgen. Das ist kein spezifisches Problem der Konsumsteuer. Aus Gründen der Diversifikation erscheint es sinnvoll, ein ausgewogenes Verhältnis von Einkommens- und Konsum­steuern anzustreben, um den Steuerhinterziehungseffekt zu mindern.[40] Die Finanzierung über Konsumsteuern verbessert die Konkurrenzsituation der Unter­nehmen im Inland. Durch diesen Wettbewerbsvorteil werden sie auf dem Weltmarkt stärker und exportieren Arbeitslosigkeit und Einkommensunterschiede.

2.2.3 Konzept des Solidarischen Bürgergeldes nach Althaus

Der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus legte im Sommer 2006 das Konzept eines Solidarischen Bürgergelds vor, welches drei Ziele verfolgt:[41]

- die Würde und die Solidarität aller Menschen,
- die Marktwirtschaftlichkeit,
- die Gerechtigkeit des Systems.

Jeder erwachsene Bürger hat Anspruch auf ein sogenanntes monatliches Großes Solidarisches Bürgergeld (GSB) in Höhe von 600 € plus 200 € Gesundheitsprämie. Die Transferentzugsrate beträgt 50 %, die Transfergrenze liegt bei 1.600 €. Bei eigenem Einkommen ab dieser Grenze sollte das Kleine Solidarische Bürgergeld (KSB) in Höhe von 200 € plus 200 € Gesundheitsprämie gewählt werden, da bei diesem ein Steuer­satz von 25 % gilt.

Zum Verständnis sind in Abbildung 6 beide Varianten dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Solidarisches Bürgergeld mit integrierter Gesundheitsprämie[42]

Kinder bis zu 18 Jahren haben einen Anspruch auf 200 € Kinderbürgergeld plus 200 € Gesundheitsprämie. Die Bürgergeldrente orientiert sich am Großen Solidarischen Bürgergeld und zusätzlich an einer sich auf die vorherige Entlohnung beziehende, Zusatzrente bis max. 600 €. Bestehen weitere Rentenansprüche aus dem bisherigen System, werden diese durch eine Rentenzulage gewährt. Die Finanzierung des Bürgergeldsystems erfolgt über die Einkommenssteuer. Die bisherige Sozial­versicherung entfällt und alle Sozialleistungen werden gestrichen. Um Härten zu vermeiden, wird ein bedarfsabhängiger Bürgergeldzuschlag eingeführt. Die leistungs­bezogenen Zusatzrenten sowie Rentenzulagen sollen mittels einer Lohnsummensteuer in Höhe von zehn bis zwölf Prozent durch die Arbeitgeber finanziert werden.

Das Solidarische Bürgergeld ist eine Mischung aus Grundeinkommen und negativer Einkommensteuer mit indirektem Arbeitszwang. Opielka sieht im Althaus-Modell eine Art Kombilohn für alle.[43] In den zwei Ansätzen entspricht dieses Konzept einem bedingungslosen Grundeinkommen. Es steht allen Menschen ohne Bedürftigkeits­prüfung, individuell und garantiert zu. Allerdings liegt die Höhe des Bürgergeldes unterhalb der Armutsrisikoschwelle (siehe Punkt 4.1), der Höhe der heutigen durch­schnittlichen Grundsicherung incl. der bedarfsabhängigen Kosten der Unterkunft und Heizung. Daraus resultiert ein indirekter Arbeitszwang. Durch Bedürftigkeitsprüfungen entstehen administrative Kosten.

2.2.4 Idealtypisches Modell eines Grundeinkommens

Nach dem Modell von Straubhaar garantiert der Staat allen Staatsangehörigen lebenslang ein Grundeinkommen auf der Höhe des soziokulturellen Existenz­minimums. Es wird ohne Bedingung und ohne Gegenleistung als sozialpolitischer Universaltransfer in Form von Geld und Sachleistungen bereitgestellt. Für die Transfers sind die Finanzämter zuständig. Um die erwartete, verstärkte Immigration zu lenken, erhalten Ausländer pro Jahr der legalen Anwesenheit in Deutschland zehn Prozent des Grundeinkommens. Für Asylbewerber und Flüchtlinge gelten mindestens die heutigen Standards. Die Industriestaaten haben ein Konzept zur Einführung eines globalen Grundeinkommens zu entwickeln und umzusetzen. Im Ausland lebende deutsche Staatsbürger behalten ihren Anspruch. Das Grundeinkommen wird steuerfrei aus dem allgemeinen Staatshaushalt über direkte und indirekte Steuern finanziert. Zusätzliches Einkommen wird vom ersten bis zum letzten Euro erfasst und mit einem einheitlichen und gleich bleibenden Steuersatz erfasst. Die Sozialversicherung und alle steuer- und abgabenfinanzierten Sozialleistungen werden abgeschafft. Menschen in besonderen Lebenslagen erhalten bedarfsabhängige Zuschläge. Es wird eine Basis­versicherung zur Absicherung gesundheitlicher Risiken eingeführt. Das Grund­einkommen ist um den entsprechenden Betrag zu erhöhen. Für die Versicherer und Geldinstitute besteht Diskriminierungsverbot und Kontrahierungszwang. Die gesetzliche Unfallversicherung verbleibt bei der Finanzierung durch die Arbeitgeber.[44]

2.3 Ansätze der Implementation in verschiedenen Ländern

2.3.1 The Alaska Permanent Fund, Alaska

Im US-Bundesstaat Alaska konnte sich eine Grundeinkommensidee auf Grund der reichhaltigen Bodenschätze und der niedrigen Gesamtbevölkerungszahl schon 1977 durchsetzen. Zwar ist sie nicht existenzsichernd, aber zeigt, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen kapitalgedeckt finanziert werden könnte. Seit 1982 erhalten alle ständigen Einwohner eine Dividendenzahlung der in Staatsbesitz befindlichen Ölquellen in der Prudhoe Bay. Die jährlich ausbezahlten Summen betrugen anfangs 1.000 US-Dollar, fielen zunächst ein wenig und stiegen dann auf 1.654 $ im Jahre 2007[45][46]. Die Einführung dieser Dividendenzahlung wurde einerseits moralisch, anderer­seits ökonomisch begründet. Da die Erdölvorkommen als Gemeinschaftseigentum auch zukünftiger Generationen anzusehen sei, sollten die Einwohner Alaskas als Shareholder und ein Teil dieser Staatseinnahmen dem Einfluss der Regierung entzogen werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Dividendenzahlung die persönlichen Einkommen der Bewohner Alaskas um zwei bis drei Prozent erhöht. Ebenso sichert der Fonds ca. drei Prozent der Arbeitsplätze im nördlichsten Bundes­staat der USA ab.

2.3.2 Renda Básica de Cidadania, Brasilien

Seit Januar 2004 hat Brasilien als erstes Land der Welt ein Grundeinkommensgesetz. Es sichert allen Personen, die mehr als fünf Jahre im Land leben, eine staatliche Förderung zu. Monatlich, bedingungslos und an alle gleichermaßen soll es ausbezahlt werden. Das Gesetz sollte schrittweise ab 2005 eingeführt werden, aufbauend auf dem bereits existierenden Familienstipendium "Bolsa Família" im Programm "Null Hunger". Dieses ist beinhaltet nicht nur eine Bedürftigkeitsprüfung, es stellt auch Bedingungen[47]:

- Teilnahme an Impfungen, Gesundheitsuntersuchungen,
- Schulbesuch der Kinder,
- Alphabetisierungsprogramme,
- Informationsveranstaltungen über Ernährung oder Berufsausbildung.

Die Weltbank, die Food and Agriculture Organization (FAO) und mehrere europäische Regierungen beurteilen das "Bolsa Família"-Programm positiv und sehen in ihm ein Modell effektiver Armutsminderung. Diese Einschätzung wurde in einer von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) durchgeführten Projektfortschrittskontrolle eines "Fome Zero"-Vorhabens der FAO und des deutschen Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft bestätigt.[48]

Zur Kritik steht, dass das Grundeinkommensgesetz an die Haushaltslage des Staates gebunden ist. Die Regierung kann das Programm verzögern oder verschieben, eben­falls den Betrag zu niedrig ansetzen und dadurch die Ziele stark einschränken.

2.3.3 Basic Income Grant, Namibia

Im Jahre 2002 forderte das namibische Parlament die nationale Steuervereinigung NAMTAX auf, das bestehende Steuersystem zu überprüfen. Diese empfahl eine allgemeine Grundsicherung in Höhe von monatlich 100 N$ (Namibia-Dollar) einzuführen. Das Grundeinkommen soll bis zum Erreichen des Pensionsalters, danach die allgemeine Mindestrente in Höhe von 370 N$, gezahlt werden. Die an Nicht­bedürftige ausgezahlten Beträge sollten durch Anpassungen im Steuersystem wieder eingezogen werden. In Namibia hätten 93,1 % der Bevölkerung Anrecht auf dieses Grundeinkommen. Die Debatte um das Grundeinkommen ist im Land sehr kontrovers. Am 15. Januar 2008 startete ein Pilotprojekt. Finanziert wird es durch Spenden des Aktionsbündnisses Basic Income Grant (BIG), dem die Kirchen, die Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen angehören. Die Evangelische Lutherische Kirche in Namibia (ELCRN) ist innerhalb dieses Bündnisses federführend. Das Pilotprojekt wird in der 1.000-Seelen-Gemeinde Omitara in Otjivero (östlich von Windhuk) durch­geführt. Der Ort für das Projekt wurde ausgewählt, weil die Gemeinde repräsentativ für die ökonomischen Probleme vieler Orte in Namibia ist. Jeder der 940 Einwohner unter 60 Jahren erhält zwei Jahre lang jeden Monat 100 N$. Einwohner über 60 Jahre sind bereits im staatlichen Rentensystem erfasst und bekommen 370 N$ im Monat.[49]

"Das Grundeinkommen soll den Menschen einen Ausweg aus der Armut ermöglichen und ihre wirtschaftliche Eigeninitiative unterstützen. Wenn eine Familie mit sechs Kindern nun 800 Namibia-Dollar im Monat erhält, ist zumindest die Ernährung und das Schulgeld gesichert." Eine Lizenz zum Ausruhen, wie manche Gegner des Projekts befürchten, ist es nicht. Das Projekt soll in der Praxis belegen, dass das Grund­einkommen sich dazu eignet, die Armut in Namibia langfristig zu verringern. Wenn es sich in den zwei Testjahren als Erfolg erweist, so hofft das Aktionsbündnis, wird es von der Regierung übernommen und im ganzen Land eingeführt. "Das Grundeinkommen fördere zudem ein Gefühl der gemeinschaftlichen Verpflichtung", so Dirk Haarmann. "Früher war es den Leuten egal, ob andere ihr Geld in einer inoffiziellen Hinterhof­kneipe vertrinken. Jetzt aber hat man aber ein Auge darauf, was andere mit ihrem Geld anstellen. Einige sind gestern in eine solche Kneipe gegangen und haben die Besucher zurechtgewiesen – aus Sorge, das Projekt könne durch verantwortungsloses Verprassen einiger weniger wieder eingestellt werden, berichtete der ehemalige Polizeikommandant des Orts. Man will zeigen, dass man sorgsam damit umgeht."[50]

3 Die Sozialversicherung in Deutschland

3.1 Einführung

"Mein Gedanke war, die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte."[51] Einerseits sollte damit sozialen Unruhen und dem Sozialismus begegnet werden, andererseits sollte den bereits bestehenden, freiwilligen Sozialversicherungen der Gewerkschaften und der kirchlichen Arbeiterverbände die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden.[52]

Die Deutsche Sozialversicherung ist ein gesetzliches Versicherungssystem, das als Solidargemeinschaft finanziellen Schutz vor den Risiken und deren Folgen wie Krank­heit, Arbeitslosigkeit, Alter, Betriebsunfällen und Pflegebedürftigkeit bieten soll. Die Sozialversicherung ist in verschiedene Versicherungsträger bzw. Träger unterteilt:

- Arbeitslosenversicherung,
- Krankenversicherung,
- Pflegeversicherung,
- Rentenversicherung,
- Unfallversicherung.

Diese sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, die sich zu Bundesverbänden zusammengeschlossen haben. Sie erfüllen die ihnen durch das Gesetz zugewiesenen Aufgaben in eigener Verantwortung.

Die zuständigen Fachministerien sind:

- das Bundesministerium für Gesundheit

für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung,

- das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

für gesetzliche Renten- und Unfallversicherung sowie die

- Bundesagentur für Arbeit.

Die Aufgabe der Deutschen Sozialversicherung ist es, den Lebensstandard des Versicherten und seine Stellung in der Gesellschaft in existenziellen Risikosituationen zu erhalten.

3.2 Grundprinzipien

Zur Umsetzung dieser Aufgabe gelten sechs Prinzipien. Diese werden nachfolgend kurz erläutert:[53]

Das Prinzip der Versicherungspflicht

In Deutschland sind nahezu 90 % der Bevölkerung in der Sozialversicherung pflicht- oder freiwillig versichert.

Das Prinzip der Beitragsfinanzierung

Die Sozialversicherungen werden überwiegend aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert und grundsätzlich von beiden Seiten zu gleichen Teilen über­nommen. Dabei legt die Selbstverwaltung für Kranken- und Unfallversicherung bzw. der Gesetzgeber für Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflege­versicherung die Beitragssätze gesetzlich fest. Die Beiträge orientieren sich am Gehalt des Arbeitnehmers. Für die Landwirtschaft gelten besondere Regelungen.

Das Prinzip der Solidarität

Die zu versichernden Risiken werden von allen Versicherten gemeinsam getragen, unabhängig davon, wie viel die Versicherten an die Sozialversicherungen gezahlt haben. Durch den solidarischen Ansatz wird ein Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, zwischen besser und weniger gut Verdienenden, zwischen Jung und Alt, zwischen Familien und Singles geschaffen.

Das Prinzip der Selbstverwaltung

Die Träger der Sozialversicherung als öffentlich-rechtliche Körperschaft erfüllen alle Steuerungsaufgaben in Eigenverantwortung unter Rechtsaufsicht des Staates. Damit sind sie organisatorisch und finanziell selbstständig. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind unmittelbar an der Selbstverwaltung beteiligt.

Das Prinzip der Freizügigkeit

Das Prinzip der Freizügigkeit wurde innerhalb der Europäischen Union im Rahmen des Binnenmarkts eingeführt. Ursprünglich galt es nur für Arbeitnehmer. Es wurde aber schrittweise auf alle Unionsbürger -unabhängig von ihrem Status- erweitert.

Das Prinzip der Äquivalenz

Es gilt allein für die Rentenversicherung und beinhaltet das Verhältnis zwischen der Höhe der gezahlten Beiträge und den Leistungen, die ein Versicherter erhält.

3.3 Finanzierung

Die Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung werden grundsätzlich paritätisch von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern erhoben. Auf Ausnahmen wird in den nachfolgenden Unterkapiteln eingegangen. Die Arbeitgeber leiten diese als Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Krankenkassen weiter. Diese wiederum führen die entsprechenden Teilbeiträge an die jeweiligen Träger ab.

Die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung[54] bestimmt die Rechengrößen, die für das Versicherungs-, Beitrags- und Leistungsrecht in der Sozialversicherung maßgeblich sind.

[...]


[1] UNO, Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Art.25, Paris 1948, http://www.unhchr.ch/udhr/lang/ger.htm, 12.08.2008

[2] Thuy, P., Sozialstaatsprinzip und Marktwirtschaft, Bern 1999, S. 28f.

[3] In Betracht kommen hier z.B. die Kriegsopferversorgung oder der Lastenausgleich

[4] Thuy, P., Sozialstaatsprinzip und Marktwirtschaft, Bern, 1999, S. 33f.

[5] vgl. Straubhaar, Th. u.a., Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld -mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburg 2007, S.7

[6] Weber, M., Hofmann,V., Potenzialwachstum in Deutschland Bestandsaufnahme und wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen, Köln 2006, S.11f. www.bankenverband.de/pic/artikelpic/032006/Potenzialwachstum.pdf, 05.08.2008

[7] Chomsky, N., im Gespräch mit Oskar Negt in: 3sat http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/13924/index.html, 05.08.2008

[8] Heinrich Böll-Stiftung, Wirtschaft und Soziales, Bedingungsloses Grundeinkommen, http://www.boell.de/wirtschaftsoziales/wirtschaft-soziales-2987.html, 11.08.2008

[9] Blaschke,R., Warum ein Grundeinkommen? Zwölf Argumente und eine Ergänzung, http://www.archiv-grundeinkommen.de/blaschke/warum-ein-grundeinkommen.pdf, 18.07.2008

[10] SGB XII § 41 Leistungsberechtigte, http://www.sozialgesetzbuchbundessozialhifegesetz.de/_buch/sgb_xii.htm, 18.07.2008

[11] ebenda § 82 Begriff des Einkommens, http://www.sozialgesetzbuch-bundessozialhilfegesetz.de/_buch/sgb_xii.htm, 18.07.2008

[12] vgl. Morus, T.,Utopia, abgedruckt in: Heinisch, K.J., Der utopische Staat, Hamburg 1960, S.7f.

[13] vgl. Vives in: Füllsack, M., Leben ohne zu arbeiten?, Berlin 2002, S.103

[14] vgl. Paine in: Füllsack, M., Leben ohne zu arbeiten?, Berlin 2002, S.104

[15] britscher Ökonom (1907-1995) und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 1977, Agathopia:The Economics of Partnership, Aberdeen (GB) 1989

[16] US-amerikanischer Ökonom (1929-1999), The Guaranteed Income, New York 1966

[17] US-amerikanischer Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe (1900-1980), The Psychological Aspect of the Guaranteed Income, in: Theobald, R. The Guaranteed Income, New York 1966, S.175f.

[18] britische Ökonomin (1898-1964), Taxation and Incentive, New York 1953

[19] US-amerikanscher Ökonom (1912-2006) und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 1976, Capitalism and Freedom, Chicago 1962

[20] Prof. für Soziologie (*1948) an der Universität Leipzig, Entkopplung von Arbeit und Einkommen, Wiesbaden 2006

[21] Prof. für Sozialpolitik (*1956) an der FH Jena,

[22] Gründer und geschäftsführender Gesellschafter (*1944) von dm-drogerie markt, Ein Grund für die Zukunft - Das Grundeinkommen, Stuttgart 2006

[23] Sozialwissenschafter (*1960) an der Universität Wien , Globale soziale Sicherheit, Berlin 2006

[24] Füllsack, M., Globale soziale Sicherheit Berlin, 2006, S.10

[25] ebenda, S.18

[26] § 1 BGB im Gegensatz zu juristischen Personen, http://www.buergerliches-gesetzbuch.info/_buch/bgb.htm, 25.07.2008

[27] 155 unterschiedliche Sozialleistungen von 37 unterschiedlichen Stellen, vgl. Straubhaar, Th. u. a., Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld - mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburg 2007, S.124

[28] 2,7 Millionen in verdeckter Armut, Hans Böckler Stiftung, http://www.boeckler.de/32015_84285.html, 09.08.2008

[29] vgl. Straubhaar, Th. u. a., Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld - mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburg 2007, S.14 f.

[30] Statistisches Bundesamt, Datenreport 2006, Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland, Sozialbudegt, S.195 f.

[31] vgl. Straubhaar, Th. u. a., Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld - mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburg 2007, S. 15

[32] eigene Darstellung, entwickelt aus: Brutto-, Nettoeffekt eines Grundeinkommens

[33] Milton, F.: Capitalism and Freedom, Chicago 1962, in: Thuy, P., Sozialstaatsprinzip und Marktwirtschaft, Bern, 1999, S. 263f

[34] vgl.: Thuy, P., Sozialstaatsprinzip und Marktwirtschaft, Bern 1999, S. 266

[35] eigene Darstellung, entwickelt aus: Vor-Transfereinkommen und negative Einkommensteuer

[36] Füllsack, M., Globale soziale Sicherheit, Berlin 2006,S. 24

[37] vgl. Earned Income Tax Credit -EITC- http://www.brookings.edu/metro/EITC/EITC-Homepage.aspx, 09.08.2008

[38] vgl. Werner, G.W., Finanzierung und Wirkung eines bedingungslosen Grundeinkommens, http://www.unternimm-die-zukunft.de/index.php?id=54#7, 09.08.2008

[39] eigene Darstellung nach Götz W. Werner

[40] vgl. Straubhaar, Th. u.a., Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld - mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburg 2007, S.56

[41] vgl. Solidarisches Bürgergeld, Althaus, http://www.thueringen.de/de/buergergeld/, 10.08.2008

[42] eigene Darstellung aus Solidarischen Bürgergeld nach Althaus

[43] Opielka zititert in: , Freistaat Thüringen, Thüringer Staatskanzlei, Projektgruppe "Solidarisches Bürgergeld", o.J., http://www.thueringen.de/de/buergergeld/finanzen/, 12.08.2008

[44] vgl. Straubhaar, Th. u.a., Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld - mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburg 2007, S.17, Abänderungen und Erweiterungen sind kursiv dargestellt

[45] vgl. Füllsack, M., Leben ohne zu arbeiten? Zur Sozialtheorie des Grundeinkommens, Berlin 2002, S.116f.

[46] State of Alaska - Permanent Fund Dividend Division, http://www.pfd.state.ak.us/, 11.08.2008

[47] vgl. Zimmermann C., Die Einführung im Kontext der brasilianischen Sozialpolitik, in: Exner,A., Rätz, W., Zenker, B., Grundeinkommen, Soziale Sicherheit ohne Arbeit, Wien, 2007, S.211f.

[48] Melchors, I, in: dedBrief, Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes, o.O. 2005, S.25 http://www.ded.de/cipp/ded/lib/all/lob/return_download,ticket,g_u_e_s_t/bid,1042/no_mime_type,0/~/DEDBrief_05_2_Milleniums-Entwicklungsziele.pdf, 13.08.2008

[49] vgl. Haarmann D., Haarmann, C., The Basic Income Grant in Nambia, o.O., 2005 zitiert in: Exner,A., Rätz, W., Zenker, B., Grundeinkommen, Soziale Sicherheit ohne Arbeit, Wien 2007, S.238f.

[50] Pfeiffer, B. in : Zeitschrift VEM-Infoservice, Brennpunkt, Ausgabe 1/2008, o.O., 2008 http://www.vemission.org/archiv/details/article/29/namibia-pil-1/, 13.08.2008

[51] Bismarck, Otto von, Gesammelte Werke, Friedrichsruher Ausgabe, 1924/1935, Band 9, S.195/196

[52] Bundesministerium der Finanzen, Sozialversicherung, http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_3378/DE/BMF__Startseite/Service/Glossar/S/006.html, 20.07.2008

[53] Deutsche Sozialversicherung, http://www.deutsche-sozialversicherung.de/de/wegweiser/grundprinzipien.html, 29.07.2008

[54] Bundesministerium für Arbeit und Soziales, http://www.bmas.de/coremedia/generator/21310/sozialversicherungsrechengroessenverordnung__2008.html. 01.08.2008

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836631358
DOI
10.3239/9783836631358
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Schmalkalden, ehem. Fachhochschule Schmalkalden – Wirtschaft, Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2009 (Juni)
Note
1,3
Schlagworte
grundeinkommen grundsicherung einkommenssteuer sozialversicherung armut
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Titel: Bedingungsloses Grundeinkommen
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