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Ausländische Profisportler und ihre Integration in Mannschaftssportarten am Beispiel Fußball

©2008 Diplomarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die in der Welt des 21. Jahrhunderts beobachtbaren Phänomene der Globalisierung und Internationalisierung machen auch vor dem professionellen Sport nicht halt (Dietl, 2003, S. 182). Kaum ein Verein kann sich diesen Prozessen nachhaltig entziehen, denn die Märkte werden auch im Sport globaler und verschmelzen. Mittlerweile muss man zudem, z. B. was die hochklassigen Ligen des Deutschen Fußball Bundes betrifft, von veralterten Sichtweisen wie dem traditionellen deutschen Verein gemeinnütziger Natur ohne Gewinnerzielungsabsicht abkommen und diese betrachten als solche, die sie sind: Unternehmensähnliche Organisationen mit dem Ziel der Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung. Non-Profit-Orientierung sowie ehrenamtliche Führung genügen den Herausforderungen des globalisierten Sports nicht mehr im erforderlichen Maß. Allgemein lässt sich festhalten, dass die Anforderungen, die sich den Clubs stellen, zunehmend unternehmerischer Natur sind.
Diese Vereine, deren unterschiedliche Mitglieder und Vertreter sowohl gleiche wie auch sehr divergierende Interessen besitzen, treten auf öffentlicher Bühne regelmäßig in den sportlichen Wettstreit. Hierfür benötigen sie leistungsstarke, schlagkräftige Mannschaften, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die Öffnung der Märkte durch gesellschaftliche Entwicklung und Gerichtsurteile wie dem viel besprochenen Bosman-Urteil zog vor allem auf dem Markt potentieller Spieler, dem Humankapital der professionellen Vereine, gravierende Veränderungen nach sich. Durch das Wegfallen der EU-Ausländerbeschränkungen konnten die Vereine aus einem größeren Pool ihre Spieler auswählen und verpflichten. Jedoch war der Preis hierfür eine größere Anzahl an Konkurrenten auf dem Spielermarkt sowie erhöhte Gehaltsforderungen der wenigen Spitzenakteure. Das Gros der ausländischen Sportler hingegen forderte geringere Bezüge als deutsche Spieler. Das Arbeitsplatzangebot verschob sich daher zu Gunsten ausländischer Profifußballer und auf Kosten deutscher Nachwuchsspieler. Man kann festhalten, dass sich in nahezu allen Ligen der Mannschaftssportarten der Ausländeranteil der Mannschaften nach Inkrafttreten des Bosman-Urteils sprunghaft steigerte. Nach einem rasanten Anstieg des Ausländeranteils in der Fußball-Bundesliga von 18,8% in der Spielzeit 1995/1996 auf 42,4% (2000/2001) verläuft er seitdem schwankend zwischen 40% bis 50%. Die Zusammensetzung der Teams bezogen auf die Nationalität der Spieler wird dadurch immer vielfältiger, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Integration von Sportlern in Profisportclubs
2.1 Integration als wichtiges Ziel von Sportvereinen
2.2 Probleme von Clubmitgliedern im Integrationsprozess
2.3 Kultur und ihr Einfluss auf das Verhalten
2.3.1 Landeskultur
2.3.2 Unternehmenskultur
2.4 Interkulturelle Kompetenzen
2.4.1 Begriffsdefinition
2.4.2 Teilkompetenzen der interkulturellen Kompetenz
2.4.3 Notwendige interkulturelle Teilkompetenzen bei Vereinsmitgliedern

3 Das Fußballteam als Gruppe
3.1 Begriffsdefinitionen von Gruppe, Mannschaft und Team
3.2 Modelle für Gruppenleistung und -effektivität
3.3 Gruppenleistungsrelevante Komponenten
3.3.1 Inputfaktoren
3.3.2 Prozesse
3.3.3 Gruppeneffektivitätsformel
3.4 Heterogene versus homogene Gruppen
3.4.1 Begriffsverständnis von Heterogenität in dieser Arbeit
3.4.2 Erkenntnisse zu Leistungsvorteilen und Besonderheiten kulturell heterogener Teams
3.4.3 Empirische Arbeiten und Erkenntnisse zu kulturell heterogenen Gruppen im Sport
3.5 Zwischenfazit 1

4 Interkulturelle Trainings
4.1 Definition und Ziele interkultureller Trainings
4.2 Inhalte und Klassifizierung der Trainings
4.3 Formen interkultureller Trainings
4.3.1 Seminare
4.3.2 Sprachtrainings
4.3.3 Culture Assimilator
4.3.4 Cultural Awareness Trainings
4.3.5 E-Trainings
4.3.6 Rollenspiele
4.3.7 Simulationen
4.3.8 Zusammenfassung
4.4 Exkurs: Interkulturelles Coaching
4.5 Anforderungen, Möglichkeiten und Grenzen von interkulturellen Trainings
4.6 Methodik bei der Entwicklung eines Trainingsprogramms
4.7 Zwischenfazit 2

5 Studie: Maßnahmen zur Integration von Ausländern bei Fußball-Bundesligisten
5.1 Untersuchungsmethode
5.2 Interviewleitfaden
5.3 Auswahl der Interviewpartner
5.4 Auswertung der Interviews
5.4.1 Interview I
5.4.2 Interview II
5.4.3 Interview III
5.4.4 Interview IV
5.4.5 Interview V
5.4.6 Vergleich der Interviews

6 Fazit

IV Literaturverzeichnis

V Anhang
A Interviewleitfaden

Danksagung

Ehrenwörtliche Erklärung

II Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 1. Verlaufsphasenmodell der Anpassung im Ausland

Abbildung 2: 2. Verlaufsphasenmodell der Anpassung im Ausland

Abbildung 3: Modell interkultureller Kompetenz

Abbildung 4: Modell interkultureller Kompetenz

Abbildung 5: Komponenten Interkultureller Kommunikationsfähigkeit

Abbildung 6: Modell der Arbeitsgruppeneffektivität nach McGrath

Abbildung 7: MIPO-Modell von Köppel bezüglich Gruppenleistung und Gruppenprozessen

Abbildung 8: Klassifikationsschema der Trainingsmethoden

Abbildung 9: Vorgehensweise nach Phasen bei Entwicklung eines interkulturellen Trainingsprogramm

Abbildung 10: Mögliches Konzept für ein interkulturellen Trainings im Fußball

III Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Typologien der Anpassung von Auslandsentsandten

Tabelle 2: Problemkategorien von Auslandsentsandten

Tabelle 3: Bewätigungsformen, sowie Rangfolge bzgl. Nutzungshäufig­keit und Effektivität zzgl. wichtigster interkultureller Teilkompetenz pro Bewältigungsform

Tabelle 4: Quellen der Homogenität und Heterogenität in Gruppen gemäß Jackson

Tabelle 5: Zuteilung der Trainingsformen zu Kategorien

1 Einleitung

Die in der Welt des 21. Jahrhunderts beobachtbaren Phänomene der Globalisierung und Internationalisierung machen auch vor dem professionellen Sport nicht halt (Dietl, 2003, S. 182). Kaum ein Verein kann sich diesen Prozessen nachhaltig entziehen, denn die Märkte werden auch im Sport globaler und verschmelzen. Mittlerweile muss man zudem, z. B. was die hochklassigen Ligen des Deutschen Fußball Bundes betrifft, von veralterten Sichtweisen wie dem traditionellen deutschen Verein gemeinnütziger Natur ohne Gewinnerzielungsabsicht abkommen und diese betrachten als solche, die sie sind: Unternehmensähnliche Organisationen mit dem Ziel der Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung (Fritz, 2006, S. 20; Dockter, 2002, S. 9). Non-Profit-Orientierung sowie ehrenamtliche Führung genügen den Herausforderungen des globalisierten Sports nicht mehr im erforderlichen Maß (Riedl & Chachy, 2002, S. 48). Allgemein lässt sich festhalten, dass die Anforderungen, die sich den Clubs stellen, zunehmend unternehmerischer Natur sind.

Diese Vereine, deren unterschiedliche Mitglieder und Vertreter sowohl gleiche wie auch sehr divergierende Interessen besitzen, treten auf öffentlicher Bühne regelmäßig in den sportlichen Wettstreit. Hierfür benötigen sie leistungsstarke, schlagkräftige Mannschaften, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die Öffnung der Märkte durch gesellschaftliche Entwicklung und Gerichtsurteile wie dem viel besprochenen Bosman-Urteil zog vor allem auf dem Markt potentieller Spieler, dem Humankapital der professionellen Vereine (Dockter, 2002, S. 46), gravierende Veränderungen nach sich. Durch das Wegfallen der EU-Ausländerbeschränkungen konnten die Vereine aus einem größeren Pool ihre Spieler auswählen und verpflichten (Riedl & Cachay, 2002, S. 42f.). Jedoch war der Preis hierfür eine größere Anzahl an Konkurrenten auf dem Spielermarkt sowie erhöhte Gehaltsforderungen der wenigen Spitzenakteure. Das Gros der ausländischen Sportler hingegen forderte geringere Bezüge als deutsche Spieler (Riedl & Cachay, 2002, S. 104). Das Arbeitsplatzangebot verschob sich daher zu Gunsten ausländischer Profifußballer und auf Kosten deutscher Nachwuchsspieler (Dockter, 2002, S. 159). Man kann festhalten, dass sich in nahezu allen Ligen der Mannschaftssportarten der Ausländeranteil der Mannschaften nach Inkrafttreten des Bosman-Urteils sprunghaft steigerte. Nach einem rasanten Anstieg des Ausländeranteils in der Fußball-Bundesliga von 18,8% in der Spielzeit 1995/1996 auf 42,4% (2000/2001) verläuft er seitdem schwankend zwischen 40% bis 50%[1]. Die Zusammensetzung der Teams bezogen auf die Nationalität der Spieler wird dadurch immer vielfältiger, und es treffen in den Teams immer häufiger viele unterschiedliche Kulturen, Normen und Denkweisen aufeinander. Ungeachtet dieser Tatsache besteht weiterhin in der schnelllebigen Welt des Sports die Notwendigkeit gemeinsam die bestmögliche Leistung zu bringen.

Die Personalrekrutierungspolitik, eine Hauptaufgabe des unternehmerischen Handelns der Manager der Lizenzvereine (Dockter, 2002, S. 18), wird von vielfältigen Faktoren beeinflusst, unter anderem Zeit- und Geldknappheit, Konkurrenz und den unterschiedlichen Interessen der Vereinsmitglieder. Sie hat zur Aufgabe eine dem Leistungsgrad der Ligen entsprechende Mannschaft zusammenzustellen. Maxime der Manager ist es mit den Teams maximalen sportlichen Erfolg zu erzielen. Dabei müssen sie bei der Finanzierung der Mannschaft die ihnen auferlegten Budgetgrenzen beachten um mindestens das jährliche Lizenzierungsverfahren erfolgreich zu bestehen (Fritz, 2006, S. 22). Trotz der Tatsache, dass eine stabilitätsorientierte, langfristig ausgerichtete Rekrutierungspolitik ein größeres Erfolgspotential hat als eine kurzfristig anpassungsorientierte (Dockter, 2002, S. 151), werden Vereine in den Wechselperioden auf den weltweiten Spielermärkten scheinbar kurzfristig aktiv und überbieten sich vor allem bei der Verpflichtung ausländischer Akteure in Transferwettstreits.

Am oben erwähnten Ziel der Leistungsoptimierung scheitern immer häufiger einzelne Spieler bzw. ganze Vereine und zahlen dabei im Vergleich zu ihrem finanziellen Spielraum überhöhte Ablösesummen. Missverständnisse wie der letztjährige teuerste Transfer der Vereinsgeschichte des Fußball-Bundesligisten und Champions-League-Teilnehmers SV Werder Bremen mit Carlos Alberto sind für den interessierten Beobachter eher Gewohnheit als Seltenheit. Nach Anpassungsproblemen und Schlafstörungen wurde der 8-Millionen-Mann nach insgesamt nur 57 Minuten Spielzeit ausgeliehen, um in der neuen Saison einen zweiten Neuanfang im Verein zu beginnen, zu dem es bisher jedoch nicht kam. Doch neben diesem exemplarisch aufgezeigten negativen Fall werden gleichermaßen positive Fälle bezüglich Leistung und Anpassung von neu verpflichteten ausländischen Sportlern in der Liga beobachtet. Als Beispiele dienen der Franzose Franck Ribéry und der Italiener Luca Toni vom FC Bayern München, welche von Beginn ihrer Tätigkeit an eine auffällige Leistungssteigerung ihres Teams mit beeinflussten. Derartige Vorgänge verdeutlichen die Notwendigkeit und den Einfluss der Integration von Profifußballern in das Mannschaftsgefüge und den Verein, eine Problematik, die sich – mehr denn je – den Bundesligaclubs stellt.

Daher soll in der vorliegenden Arbeit die Integration von ausländischen Profisportlern in Mannschaftssportarten am Beispiel Fußball behandelt werden. Doch was bedeutet Integration und wie äußert sich diese? Wieso gilt sie bei Unternehmen bzw. Vereinen als erstrebenswertes Ziel? Hierzu wird in Kapitel 2 basierend auf einer Analyse der aktuellen Literatur beschrieben, was eine gelungene Integration ausmacht. Dabei wird dieser Begriff zunächst genau definiert und abgegrenzt. Im Folgenden gilt dann das Interesse vor allem der Integration in Situationen, in welchen Personen mit unterschiedlichem Kulturhintergrund aufeinander treffen, wie dies durch die Vielzahl der Ausländer in den Mannschaften der Bundesliga der Fall ist.

Diese ausländischen Sportler haben nach ihrer Verpflichtung durch den deutschen Verein, wie zuvor beispielhaft beschrieben, häufig Integrations- und Anpassungsprobleme. Welche typischen Problemfelder ergeben sich also für sie? Entstehen auch anderen Mitarbeitern des Vereins, die länger dort arbeiten, unbekannte Situationen beim Kontakt und der Integration der neuen Arbeitskollegen? Die Beantwortung dieser Fragen ist eine Beschreibung sich wiederholender Probleme beim Beginn und im Verlauf des Auslandsaufenthalts der ausländischen Fußballer und möglicher negativer Effekte auf das Leben der Sportler und des Teams. Sie erfolgt in Kapitel 2.2 durch Übertragung von Erkenntnissen aus betriebswirtschaftlichen Studien sowie sportwissenschaftlicher Quellen.

Um diesen Problemen zu bewältigen, benötigen die betroffenen Personen – vor allem die neu verpflichteten und in den Vereinsalltag zu integrierenden Ausländer, aber auch bisherige Mitarbeiter des Vereins – einen bestimmten Erfahrungsschatz, Merkmale und Fähigkeiten. In der Personalwissenschaft existiert für den Bereich der Expatriates – von Unternehmen für längere Zeit ins Ausland entsandte Mitarbeiter – eine Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen. Darin finden sich Erläuterungen, welche Merkmale und Fähigkeiten für eine erfolgreiche Tätigkeit im Ausland nötig sind. Diese Fähigkeiten ermöglichen gleichzeitig ein erfolgreiches Lösen von Problemsituationen wie es Integrationsproblematiken sind. In der vorliegenden Arbeit sollen diese Informationen dazu dienen, die folgende Frage zu beantworten: Welche Kompetenzen benötigen die Vereinsmitglieder für einen gelungenen interkulturellen Kontakt, um die angestrebte Integration zu verwirklichen? Für Vereine sind Erkenntnisse dieser Art sehr interessant, da schon beim Auswahlverfahren diese Kompetenzen der Ausländer überprüft werden können. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen, inwiefern diese Sportler ins Team passen, sich schnell integrieren und anpassen können bzw. vorbereitende oder begleitende Maßnahmen von Nöten sind und ob sie letztlich die Fähigkeit besitzen, die Leistung der Mannschaft zu steigern.

Der ausländische Fußballer ist ein Teil dieser Mannschaft, eines Teams. Welche Faktoren die Arbeit eines Teams beeinflussen, soll in Kapitel 3 analysiert werden. Da Sportmannschaften nur im Gruppenverbund ihre Leistungen bewältigen können, ist hierbei vor allem die nähere Beschreibung der die Gruppenleistung bestimmenden Variablen von logischer Konsequenz. Ein Team, das durch Spieler mehrerer Nationen gebildet wird, vereinigt in sich meist auch verschiedene, sich unterscheidende Kulturen. Die Mitglieder dieser kulturell heterogenen Mannschaften müssen trotz der interkulturellen Unterschiede eine Gemeinschaftsleistung erbringen. In der idealen Vorstellung ist die optimale Teamleistung der Definition nach mehr als die Summe der Individualbeiträge der einzelnen Teammitglieder. Hierbei scheint fehlende Integration sich negativ auszuwirken. Mit Hilfe von Erkenntnissen aus der Fachliteratur wird diskutiert und untersucht, welchen Einfluss in der interkulturellen Begegnung kulturelle Heterogenität auf die sportliche Leistung der Gruppe hat. Das Ziel des zweiten Abschnitts dieses Kapitels ist demnach, zu erschließen, welche Vor- und Nachteile heterogene Teams gegenüber homogenen besitzen.

Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen muss die Frage gestellt werden, welche Möglichkeiten bestehen, um die Kenntnisse der beteiligten Personen zu erweitern, damit Integration gelingen kann und fehlende Kompetenzen sich nicht negativ auf die Effektivität des Teams auswirken. Hierfür werden als Maßnahmen mögliche interkulturelle Trainingsmaßnahmen beschrieben. Die Informationen hierzu werden aus einer Darstellung der in der Personal- und Sozialwissenschaft entwickelten und dort besprochenen Konzepte bezogen. Auch die in Praxis von Dienstleistungsinstituten für global agierende Unternehmen angebotenen und eingesetzten Methoden fließen hier mit ein. Dabei werden einerseits Konzepte zur Kompetenzerweiterung des Einzelnen, andererseits solche für mehrere Personen bzw. Gruppen im Detail vorgestellt. Welche dieser Konzepte können nun im professionellen Fußballclub angewendet werden, um die interkulturelle Kompetenz, die Integration und die Teamleistung zu verbessern? In diesem Zusammenhang existieren nur wenige Quellen, die Sportvereine als Untersuchungsgegenstand haben. Daher versucht der Autor aufbauend auf den besprochenen Theorien zu erläutern, wie ein Vorgehen für den Entwurf eines individuellen Konzepts bei einem Fußballclub aussehen könnte.

An die Frage, ob und wie diese interkulturellen Trainingsmaßnahmen bei Fußballteams genutzt werden, schließt sich der empirische Teil der Arbeit an. In diesem soll nach persönlicher Befragung von fünf Vertretern von Bundesligaclubs eine Analyse der bestehenden Konzepte, Einstellungen und Problemlösungsstrategien hinsichtlich Integration erfolgen. In den Gesprächen werden Informationen über alle zuvor in der Arbeit besprochenen relevanten Punkte gewonnen. Diese Einsichten in das Vereinsleben werden in Kapitel 5.4 präsentiert. Abschließend werden diese mit theoretisch erlangten Erkenntnissen verglichen und analysiert, wie die Integration ausländischer Sportler von Vereinsseite gesehen und was dafür geleistet wird. Durch dies soll auch deutlich werden, ob Verbesserungsmöglichkeiten bestehen.

2 Integration von Sportlern in Profisportclubs

In Kapitel 2 soll verdeutlicht werden, was Integration ausmacht. Ausgehend von einer Begriffsdefinition, wird in 2.1 unter Zuhilfenahme von Fachliteratur beschrieben, warum Integration von ausländischen Fußballspielern in Bundesligavereine als wichtiges Ziel betrachtet wird bzw. werden sollte. Auf dieser Basis soll nach Darstellung der Probleme von Clubmitgliedern beim Versuch Integration zu erreichen in 2.2 eine Erläuterung des Einflusses von Kultur auf Denken und Handeln jedes Menschen und Sportlers erfolgen. Unter 2.4 schießt sich an, was interkulturell kompetentes Handeln bedeutet und welche Fähigkeiten für ein solches benötigt werden. Diese Schlüsse werden daraufhin auf das Vereinsleben übertragen und herausgearbeitet, welche interkulturellen Kompetenzen dort wichtig erscheinen.

2.1 Integration als wichtiges Ziel von Sportvereinen

"Die jungen Leute sprechen schon gut hochdeutsch. Die älteren sprechen oft so sehr bayrisch, dass ich sie nicht verstehe. Ich nicke dann einfach und lächle." Dies war die Antwort des Kapitäns der deutschen Nationalmannschaft Michael Ballack auf die Frage nach seiner „Integration“ im Freistaat Bayern (o. V., 2002, http). Frank Rost teilte sich bezüglich der Integration der ausländischen Sportler in sein damaliges Team von SV Werder Bremen folgendermaßen mit: „Bei Bremen hatten wir einst drei Ausländer, die Integration war kein Problem. Der Österreicher Herzog sprach schon Deutsch, auch wenn ihn keiner verstand“ (o. V., 2007b, http).

Diese zugegebenermaßen ironisch gehaltenen Zitate zweier Bundesligaspieler verdeutlichen, dass der Begriff Integration unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten besitzt. Man könnte auf Grund des ironischen Charakters der Aussagen deuten, dass den beiden in der Öffentlichkeit stehenden Spielern der Themenbereich Integration nicht neu ist und er in der Gesellschaft viel diskutiert ist, was eine ironische Äußerung eventuell erst möglich macht. An den Zitaten ist auch zu erkennen, dass ‚Integration’ häufig in einem Atemzug mit dem Begriff ‚Problem’ verwendet und mit diesem in Beziehung gesetzt wird.

Der Profisportclub wird im Rahmen dieser Arbeit als wichtiges Element der Gesellschaft angesehen, metaphorisch gesprochen ‚als ein Rädchen im gesamtgesellschaftlichen Getriebe’. Dieses beinhaltet in sich Individuen, die gemeinsam agieren und deren Aktionen als Ganzes zusammengefasst dazu beitragen, wie der Verein als Element die Gesellschaft beeinflusst und sich in sie einfügt. Ausgehend von dieser Annahme, soll daher im Folgenden erläutert werden, wieso Integration gesellschaftlich angestrebt wird und weshalb dies übertragen auf den professionellen Sportverein auch dort gelten sollte.

Integration ist ein Begriff der in vielen verschiedenen Wissenschaften benutzt wird. In der Mathematik und der Informatik ist er ebenso geläufig, wie in Sprachwissenschaften oder Medizin, wobei er jedoch überall in der wissenschaftspezifischen Bedeutung etwas anderes meint. Der Integrationsbegriff, der in dieser Arbeit verwendet werden soll, basiert jedoch auf dem Begriffsverständnis der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Um nachfolgende Ausführungen zu verstehen, bedarf es zunächst einer genauen Beschreibung und Definition sowie einer Abgrenzung von anderen, ähnlichen Termini.

Etymologisch stammt er aus dem Lateinischen und basiert auf drei Vokabeln: dem Verb „integrare“ – wiederherstellen, erneuern –, dem Nomen „integratio“ – Erneuerung – sowie dem Adjektiv „integer“ – ganz, unberührt (Thode, 2002, S. 29).

Integration im allgemeinen Sinne bezeichnet das Entstehen eines neuen Ganzen aus einzelnen Teilen bzw. das Einfügen neuer Teile in ein bereits existierendes Gebilde. Der Begriff beschreibt allerdings sowohl einen Prozess wie auch einen Zustand, das Resultat aus diesem Vorgang. In der Sozialwissenschaften und auch in der Betriebswirtschaftslehre wird der Vorgang spezieller definiert. Dieses Ganze z.B. die Gruppe, bildet ein strukturiertes System, in welchem zwischen den Elementen Beziehungen untereinander bestehen. Es ist weiteren Systemen untergeordnet z. B. der Gesellschaft. (Leibold, 2006, S. 53f.; Thode, 2002, S. 29f.). Laut Esser (2001, S. 3) beschreibt Systemintegration dabei den Integrationszustand der Gesellschaft also zwischen Gruppe und Umwelt, während Sozialintegration für den Integrationsgrad innerhalb der Gruppe bzw. Verein steht, die in der vorliegenden Arbeit näher betrachtet wird.

An diesem Punkt gehen Definitionen der Sozial- bzw. Wirtschaftswissenschaftler in verschiedene Richtungen. Sie benutzen dabei unterschiedliche Bezeichnungen für ähnliche Sachverhalte, die jedoch in unterschiedlichen Bereichen wie z.B. Migration, Immigration, Unternehmen etc. gelten sollen. Thode (2002, S. 34) hebt den Mangel einer allgemein akzeptierten Begriffsdefinition für Integration hervor und sieht als Grund, „dass der Integrationsbegriff so komplex ist, dass keine allgemeingültige Integrationstheorie formuliert werden kann“, wenn sie praxisdienlich sein soll.

Bei einer Fußballmannschaft der Bundesliga handelt es sich um eine Kleingruppe, in die ausgewählte Spitzenkräfte aus dem Ausland hinzukommen und eingegliedert werden sollen. Daher gleicht dies nicht den typischen Migrationsproblematiken der Gesellschaft, sondern ist eher der Eingliederungsproblematik von Führungskräften aus der Betriebswirtschaftslehre angelehnt. Daher soll an dieser Stelle nochmals auf die mittlerweile unternehmensähnlichen Anforderungen der Vereine der Fußball-Bundesliga hingewiesen werden. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass bei der Neuverpflichtung von ausländischen Sportlern in Fußballteams oft Personen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund aufeinander treffen. Insofern besitzt dieser Vorgang neben dem wirtschaftlichen einen nicht zu missachtenden kulturellen Charakter.

Es muss an dieser Stelle für ein besseres Verständnis die Abgrenzung des Integrationsbegriffes von ähnlichen Begrifflichkeiten, die teils synonym, teils mit unterschiedlicher Bedeutung gebraucht werden, erfolgen. Darunter sind vor allem Anpassung, Assimilierung und Akkulturation zu subsumieren. Während im englischen Sprachraum Integration und Assimilation oft gleichgesetzt werden, ist im Deutschen Integration meist der Oberbegriff für die Prozesse der Eingliederung. Assimilierung oder Assimilation hingegen bezeichnen die Anpassung und Übernahme kultureller Normen und Werte, bei der eigene ursprüngliche Werte überlagert und ersetzt werden von den vorherrschenden in der aufnehmenden Gruppe oder Gesellschaft. Dies ist ein einseitig ablaufender Prozess mit Veränderungen auf Seite derjenigen Personen, die zu der existierenden Gesellschaft hinzu stoßen. Integration hingegen bedeutet nicht Gleichwerden, sondern beschreibt einen gemeinsamen Veränderungsvorgang, bei dem sowohl eigene vermeintlich vorteilhafte Werte das Wert- und Normsystem der aufnehmenden Gruppe verändern können wie umgekehrt (Krauss, 1997, S. 14). Integration wird daher als eine offene, komplexe und wechselseitige Entwicklung beschrieben, die nie als beendet betrachtet werden kann (Hanss, 2006, S. 81). Daher bemerkt Olshausen (1997, S. 34), dass für eine erfolgreiche Integration als erste Bedingung der Wille beider Integrationspartner – hier Spieler und Mannschaft – für eine solche vorhanden sein muss. Sollte dieser Wille bei einer Partei nicht vorliegen, muss die Durchsetzungskraft des Integrationswilligen stärker sein als das Vorhaben der Ausgrenzung durch die andere Seite. Der Wunsch nach Integration basiert meistens auf der Hoffnung, daraus einen Nutzen ziehen zu können und bestimmte Negativzustände zu verbessern.

Akkulturation beschreibt hingegen den „Prozeß [sic] des Hinüberwechselns in die aufnehmende Kultur“ (Krauss, 1997, S. 14). Sie dient als Oberbegriff für vier Arten der Akkulturation wie Tabelle 1 verdeutlicht.

Tabelle 1: Typologien der Anpassung von Auslandsentsandten (Kühlmann, 2007, S. 81)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Welcher der in Tabelle 1 genannten Strategien der Vorzug zu geben ist, hängt von Lebensbereichen wie Arbeit, Freizeit und Familie, einer eventuellen Aufenthaltsdauer sowie der Haltung der aufnehmenden Gruppe ab. Berry, der dieses Modell entwickelte, ordnet Integration jedoch als wünschenswerteste Form des Anpassungsprozesses ein, da diese vergleichsweise die geringste Ausprägung von Stress bei der anpassenden Person zur Folge hat (Krauss, 1997, S. 22f.). Allenfalls noch Assimilation kann unter Umständen als weitere wirksame Form der Anpassung betrachtet werden (Kühlmann, 2007, S. 85).

Die bis zu dieser Stelle diskutierte Definition des Integrationsbegriffs bezog sich nahezu ausschließlich auf Situationen, in welchen Menschen unterschiedlicher Nation bzw. Kulturen im interkulturellen Kontakt zusammenkommen. Nachfolgend muss jedoch ergänzend der Begriff der „sozialen Integration“ besprochen werden. Er meint die Aufnahme neuer Mitglieder in eine Gruppe. Da Fußballmannschaften soziale Gebilde sind, in welche Neuankömmlinge integriert werden müssen, hat auch diese Definition ihre Relevanz.

Meulemann (2006, S. 180) definiert soziale Integration als „eine Beziehungsform zwischen Akteuren einer Vergesellschaftungsform, die den Bestand der Vergesellschaftungsform ermöglicht.“ Dies geschieht einerseits durch Internalisierung von Normen und Werten – der Leitkultur – durch in der Gesellschaft lebende Personen, was zu größerer Stabilität führt. Andererseits kann auch die Nutzenmaximierung der einzelnen Gruppenmitglieder zu sozialer Integration führen, was durch Kooperation und Koordination geschehen kann. Dafür bedarf es aber der Schaffung und Ausrichtung der Gemeinschaft auf ein gemeinsames Ziel. Soziale Integration aus betriebswirtschaftlicher Sicht zeigt sich in dem Zustand, in welchem man diese Ziele erreicht. Dies ist der Integrationsgrad eines Unternehmens (Thode, 2002, S. 57). Soziale Integration wirkt dabei strukturbildend und langfristig. Die sozialen Effekte, die sich durch letztere auf unternehmensinterner sozialer Ebene ergeben, sind Vertrauen, Motivation und Wissen. Hierbei ist unternehmensinterne sozio-kulturelle Nähe zwischen den Mitgliedern ein Faktor, der den Integrationsgrad des Unternehmens beeinflusst. Diese Nähe ist für Vertrauensbildung zwingend erforderlich, wobei bezüglich Motivation und Wissen ein ausgewogener Mix aus Distanz und Nähe der sozio-kulturellen Komponente nötig ist. Dabei ist die Zeit, über welche der sozio-kulturelle Kontakt besteht, ausschlaggebend (Thode, 2002, S. 257).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Integration für eine einzugliedernde Person positive Folgen mit sich bringt. Daher lässt sich konstatieren, dass Integration als solche, ob auf Unternehmensebene oder im interkulturellen Kontakt, gesamtgesellschaftlich gesehen oder eben in kleinen Gesellschaftsformen wie die des professionellen Sportvereins als erstrebenswertes Ziel gelten kann. Einschränkend anzuführen ist die Tatsache, dass eine Gesellschaft nie vollständig integriert sein kann, der Zustand einer Totalintegration nie erreicht werden wird. Dies gilt sowohl für soziale Integration als auch für die Integration auf Unternehmensebene (Thode, 2002, S. 145; Meulemann, 2006, S. 243).

2.2 Probleme von Clubmitgliedern im Integrationsprozess

Die Literatur bezüglich Problemen von Sportlern bei der Anpassung und Eingliederung in einen neuen Verein kann als nicht existent beschrieben werden. Ein viel diskutierter Themenbereich hingegen ist in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur die Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland, um dort für das gleiche Unternehmen umgeben von einer andersartigen Umwelt und Kultur zu arbeiten. Im Folgenden werden die Kenntnisse aus diesem verwandten Gebiet benutzt und auf den Bereich des Sportes übertragen. Von vielen Autoren wird ein typischer Verlauf der Entsendung und Anpassung angenommen, den sie in mehrere Phasen gliedern. Lässt man die Anzahl der Phasen außer Betracht, weist ein Großteil der Modelle einen typischen U-förmigen Verlauf auf (Stahl, 1998, S.49). Die Konzeptionen dieser Phasenmodelle gründen auf dem Entwurf des US-amerikanischen Anthropologen K. Oberg von 1960, der diesen Verlauf annahm, ohne sich dabei auf empirisch verlässliche Daten zu beziehen. Abbildung 1 und Abbildung 2 stellen zwei dieser Modelle beispielhaft dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: 1.Verlaufsphasenmodell der Anpassung im Ausland (Blom & Meier, 2002, S.174)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: 2. Verlaufsphasenmodell der Anpassung im Ausland (Weber, 1998, S.171)

Am häufigsten finden sich solche Konzepte der kulturellen Anpassung und Zufriedenheit, die vier Phasen im Zeitablauf beschreiben. Unabhängig der Bezeichnung der Phasen durch die Autoren, ähneln sich die Inhalte:

In der ersten Phase ist der Auslandsentsandte optimistisch gestimmt. Neue Eindrücke und Faszination überlagern eventuelle negative Unterschiede zur gewohnten Umgebung und der dort vorherrschenden Kultur und zu den Gewohnheiten. Der Kontakt zu Gastlandangehörigen ist freundlich, aber oberflächlich.

Die zweite Phase wird meist als Kulturschock-Phase bezeichnet. Der Entsandte erfährt wiederholt die Diskrepanz zwischen eigenen Vorstellungen, Handlungen und denen der Einheimischen. Falsche Erwartungen und Hoffungen erzeugen darüber hinaus negative Gefühle. Die noch nicht bestehenden engen Beziehungen zu Freunden, ungewohntes Klima und Nahrung verstärken diese. Daneben existieren weitere Ursachen, deren Ausführung an dieser Stelle zu weit führen würde. Der Betroffene reagiert in dieser kritischen Zeit verunsichert oder verärgert ob seiner Andersartigkeit und des Verlusts seiner in der Heimat bestehenden Handlungskompetenz. Die Reaktionen darauf reichen von Rückzug bis Abbruch des Einsatzes, wobei die Stärke dieses ‚Schocks’ individuell sehr unterschiedlich ist und von der subjektiv empfundenen Distanz zur anderen Kultur abhängt.

Diese Zeit wird überwunden, indem der Zugezogene beginnt, sich anzupassen und zu integrieren, da er die fremden Gegebenheiten annimmt. In dieser dritten Phase versucht er optimalerweise über Reflexion und Veränderung des eigenen Handelns auf letztere zu reagieren. Zumeist geht dies mit einer Verbesserung der Sprachkenntnisse sowie der Erkenntnis und Benutzung landes- und kulturgerechter Verhaltensmuster einher. Wenn sich in diesem Prozess das eigene Bezugssystem und die ursprünglichen Bewertungsmaßstäbe relativieren, erfolgt der Übergang zu Phase vier fließend.

Dann hat die im Ausland tätige Person mit Phase vier den Prozess abgeschlossen, sich an die Gastkultur gewöhnt und eine subjektiv ausreichende Klarheit an Orientierung und Verhaltensangemessenheit erreicht. Sie fühlt sich am ehemals fremden Ort zu Hause und wohl (Stahl, 1998, S. 48ff.; Weber, 1998, S. 170f.: Hofstede, 1993, S. 236ff.; Blom & Meier, 2001, 174 ff.).

Diese Phasenmodelle werden auch kritisch behandelt. Versuche diesen Verlauf empirisch zu belegen, scheiterten, was die Wissenschaftler auf die großen interindividuellen Unterschiede von Personen bzw. Situationen und somit unterschiedliche Lebens- und Arbeitssituationen zurückführten, die keine Generalisierung zulassen (Stahl, 1998, S. 49). Die Symptome und Faktoren zur Bekämpfung der Probleme sind vielfältig und variieren individuell stark wie auch deren Ursachen. Länge und Abgrenzung der Phasen sind nicht eindeutig und es ist unklar, weshalb mancher anfälliger für den Kulturschock ist als ein anderer. Diese psychisch kritische zweite Phase zeigt sich in Veränderung der physischen Verfassung, des Verhaltens und des Wahrnehmens bzw. Erlebens. Schlafstörungen, Hilflosigkeit, Heimweh und Leistungsdefizite sind viel beobachtete Symptome (Stahl, 1998, S.48). Die Anpassungskrise, vielfach als krankhafte überzogene Reaktion beschrieben, muss jedoch nicht als solche betrachtet werden, sondern vielmehr als normale Reaktion auf eine eklatante Veränderung der Umwelt. Es wird darüber hinaus berichtet, dass Personen, die den Kulturschock als besonders stark erlebten, im weiteren Verlauf auf Grund einer ausgeprägten Auseinandersetzung mit dem Gastland erfolgreicher waren als andere. Fraglich ist auch, ob jeder der Betroffenen Phase vier erreichen kann. Daher ist dieser Verlauf keine zwangsläufige Folge bei Auslandsaufenthalten (Stahl, 1998, S. 49f.; Weber, 1998, S. 171). Man kann jedoch annehmen, dass „der interkulturelle Lernprozess im allgemeinen mit einer Desorientierung verbunden ist, die eigenkulturell geprägtes Denken, Fühlen und Handeln in Frage stellt und damit kognitive und emotionale Prozesse in Gang setzt, die diese Abweichung zu regulieren versuchen“ (Köppel, 2007, S. 122).

Daraus kann man schließen, dass auch für Profisportler aus dem Ausland kein allgemein gültiger Verlauf der Integration bzw. Anpassung gezeichnet und aufgestellt werden kann, sondern allenfalls vergleichbare und sich ähnelnde Abläufe existieren. Daher stellt sich die Frage, welche Bereiche des Lebens eines ausländischen Sportlers zu Beginn eines neuen Engagements im Ausland häufig problembehaftet sind. Aus Mangel an Literaturquellen aus dem Bereich des professionellen Sports werden auch hier wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse zur Schilderung der Thematik herangezogen. Stahl (2002, S. 279f.) führte eine Untersuchung an 116 männlichen deutschen Expatriates aus 28 Unternehmen in Japan und den USA durch, indem er mit diesen Interviews führte, die mit Hilfe der qualitativen und quantitativen Inhaltsanalyse ausgewertet wurden. Dabei wurden an Hand von Kategoriensystemen Problemfaktoren ermittelt, die in Tabelle 2 näher dargestellt sind.

Tabelle 2: Problemkategorien von Auslandsentsandten (Stahl, 2002, S. 287)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Problemkategorien könnten dem Verständnis nach auch größtenteils bei Fußballspielern zutreffen. Vor allem die Faktorengruppen I bis III betreffen Schwierigkeiten, die gastland- und anpassungsbezogen sind. IV bis VI repräsentieren dagegen eher Bereiche, die auf Konflikten zwischen Entsendungsunternehmen und dem in der Fremde agierenden Arbeitnehmer basieren. Da der Vorgang der Entsendung bei der betrachteten Thematik nicht existiert, sind diese Faktoren größtenteils vernachlässigbar. Nur die Praktiken und die Betreuungsleistung der Vereinsführung könnten vergleichbar sein mit Punkt V und VI und somit Bedeutung besitzen.

Probleme mit oder meist von Mitgliedern der Familie im Ausland sind schwerwiegender Natur. Tung (1999, S. 475) beschreibt den Einfluss der Familie folgendermaßen:

„The family situation can affect performance on the job while abroad, the ease of adjustment overseas, the level of satisfaction abroad, and the choice of acculturation mode and coping mechanisms. The family can play a major role in contributing to overall satisfaction abroad.”

In Stahls Untersuchung führte zwar nur rund ein Drittel der Befragten familiäre Probleme an, jedoch wogen diese für die Betroffenen besonders schwer. Spielerfrauen, wie die Ehepartner bzw. Lebensabschnittsgefährten von Fußballern allgemein bezeichnet werden, haben sich in Deutschland emanzipiert. Sie werden „als berufstätige junge Frauen beschrieben, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen.“ (Lembke, 2006, http). Doch unabhängig davon begleiten Frauen ihren Mann üblicherweise an den Ort seiner Berufstätigkeit und geben eigene Wurzeln auf. Dabei sind sie im Ausland häufig nur ‚Anhängsel’ und tun sich – emanzipiert oder nicht – schwer eine ihren Kenntnissen, Interessen und Gewohnheiten entsprechende Beschäftigung bzw. berufliche Tätigkeit zu finden (Thomas & Schroll-Machl, 2003, S. 393). Spielerfrauen von Sportlern aus dem Nicht-EU-Land dürfen gar laut Gesetz nicht in Deutschland arbeiten (Hanss, 2006, S. 91). Häufig werden die Probleme der Partnerin als demoralisierend empfunden und beeinflussen darüber hinaus die Leistung des arbeitenden Lebensgefährten in erheblichem Maß negativ (Stahl, 2002, S. 287).

Durch den Berufswechsel ins Ausland wechselt der Sportler nicht nur seinen Arbeitgeber, sondern lässt mit der gewohnten Umgebung auch Freunde, Bekannte und Familie in der Heimat zurück. Im Feld des heutigen Profisports ist es zwar selten, dass ursprüngliche Beschäftigungsorte gleichzeitig Heimatorte sind, jedoch kann man davon ausgehen, dass Freundschaften im Heimatland bestehen. Neue Beziehungen zu anderen Menschen in der Fremde aufzubauen ist ein wichtiges Anliegen, das schwer zu bewerkstelligen ist. Daher klagen viele im Ausland tätige Personen über zu wenige soziale Kontakte und Freunde, vor allem im privaten Bereich (Stahl, 2002, S. 289). Wenn Beziehungen dieser Art entstehen, ist beruflicher Kontakt der größte und wahrscheinlichste Entstehungsfaktor. Dort ist das Miteinanderumgehen quasi unumgänglich und vom Arbeitgeber erzwungen. Doch auch wenn sich die beruflichen Abläufe vermeintlich gleichen – Regeln des Sports bzw. Fußball sind international – und es hier weniger Anpassung erfordert bedeutet eine angemessene Quantität an sozialen Kontakten auf der Arbeit noch lange keinen Qualitätsersatz der privaten Freundschaften. Die Folge fehlender Kontakte zu Gastlandangehörigen sind Gefühle der Einsamkeit, Isolierung und des Alleingelassenseins, was die berufliche Leistung schmälert. Hanss (2006, S. 147) stellt demgegenüber jedoch fest, dass Fußballprofis die Bemühungen seitens der Vereine, für sie Kontakt außerhalb der Arbeit zu generieren, zwar schätzen, jedoch die Integration in den Verein und Hilfestellungen dabei als wichtiger erachten.

Auch Punkt III, veränderte (Arbeits-)Bedingungen, erleben Sportler im Ausland und anderen Ligen. Regularien mögen sich gleichen, in Sachen Spielweise weisen jedoch verschiedene nationale Ligen unterschiedliche Auffassungen und Umsetzung des Fußballspiels auf. Werder Bremens Brasilianer Diego, der schon in der brasilianischen und der portugiesischen Profiliga aktiv war, äußert einen Vergleich zur Bundesliga: „Die Spielweise in Deutschland ist komplett anders. Hier ist das Spiel schneller und man wird härter gedeckt. Dadurch muss man viel schneller denken“(o. V., 2008a, http). Die deutschen Fußballprofis Jens Lehmann und Moritz Volz, die beide mehrere Jahre Erfahrung in der englischen Premier League aufweisen, schützen Michael Ballack, der sich nach wenigen Monaten in England Kritik gegenüber sah. Die Umstellung auf eine völlig andere Art zu spielen als in der Bundesliga benötige einfach Zeit, mindestens ein halbes Jahr (o. V., 2007a, http). Im internationalen Vergleich vor allem zu Südamerikas oder Südeuropas Ligen gilt die Bundesliga als kampfbetont, robust und schnörkellos. Dass sie vom Spieltempo und der Ballzirkulation mit der Premier League nicht mithalten kann, wurde statistisch nachgewiesen (o. V., 2006, http).

Doch nicht nur die Spielweise unterscheidet sich, sondern oft haben Spieler anderer Nationen in ihrer Heimat eine andere Einstellung zur Arbeit kennen gelernt, haben eine andere Auffassung was Zeit und Pünktlichkeit betrifft, sind andere klimatische Bedingungen gewohnt, sprechen andere Sprachen und vieles mehr. Nähere Erläuterung zu den Unterschieden bzw. den in Deutschland häufig angetroffenen Umständen und Einstellungen der Menschen soll unter 2.3.1 erfolgen.

Eglseder (2003, S. 64ff.) hat bei einer Befragung von 18 ausländischen Mannschaftssportlern aus den Sportarten Eishockey, Fußball, Volleyball und Basketball deren Problemfelder festgestellt.

Was den beruflichen Bereich betrifft, klagen die eingewanderten Sportler über einen hohen Leistungsdruck und fehlende Planungssicherheit, wobei anzunehmen ist, dass bezüglich letzterer die Antworten weniger von Fußballern stammen, da hier die Verträge grundsätzlich langfristiger angelegt sind. Die beiden sie am meisten belastenden Probleme sind Kommunikationsunfähigkeit und Unterschiedlichkeit der Kulturen von Heimat- und Arbeitsland. Das fehlende Sprachverständnis affektiert die Sportler nicht nur während der Arbeit, bei der Anweisungen und Gespräche nicht oder falsch verstanden werden, sondern auch im Privatleben. Sie können sich der deutschen Bevölkerung kaum mitteilen und empfinden somit die Begegnung mit Einheimischen als belastend. Daher wird häufig versucht diese Kontaktsituationen weitgehend zu vermeiden, womit soziale Isolation droht. Der Kulturunterschied wird häufig auf Grund von Stimmungsunterschieden erlebt, sei es durch die eigene veränderte Stimmungslage oder die der deutschen Bevölkerung. Dabei sind Diskriminierung, Ablehnung und Vermeidung des Kontakts mit dem ausländischen Bürger sowie gelebte Stereotypen Ausdruck der Distanz zwischen den Kulturen. Darüber hinaus sind die ausländischen Profis von Problemen im berufsexternen Feld betroffen. Sie nennen hierbei vor allem eine Einschränkung der Lebensqualität: Geringe Freizeitmöglichkeiten, ungewohnte klimatische Bedingungen, aber hauptsächlich der fehlende enge Kontakt zu Deutschen und der Verlust bzw. Nichtbestand von Freundschaften werden angeführt. Darüber hinaus berichten sie von Eingewöhnungsschwierigkeiten und haben familiäre Probleme, weil der Partner z.B. nicht mitkommen konnte.

Auch weitere Vereinsmitglieder berichten von Problemen auf Grund des Umgangs mit den neuen Arbeitskollegen aus dem Ausland. Das Management der Vereine sieht sich dabei hauptsächlich zusätzlicher Arbeit gegenüber, die durch gestiegenen Aufwand rechtlich-bürokratischer Natur bzw. eine aufwendigere Personalauswahl zustande kommt (Eglseder, 2003, S. 55f.). Letztere beklagen auch die Trainer. Dabei reduziert sich nach Angaben der Vereinsmitglieder die Belastung, sofern der Sportler zuvor in mitteleuropäischen Ligen aktiv war und Auslandserfahrung aufweist (Eglseder, 2003, S. 95). Im Kontakt mit den Sportlern betonen die Vertreter des Managements noch den zusätzlichen Betreuungsaufwand auch außerhalb des Vereinslebens. Die Teammitglieder sehen sich selbst gegenüber den neuen Mannschaftskollegen aus dem Ausland benachteiligt und verweisen dabei auf den härteren Arbeitsplatzkampf und auf gesunkene Verhandlungsmacht (Eglseder, 2003, S. 61f.). Was jedoch allen Vertretern des Vereins auffiel und Schwierigkeiten bereitete, ist die Verständigung. Dabei tritt auch der Mangel ans Licht, dass weder Spieler noch Trainer mit den unterschiedlichen Kulturhintergründen der ausländischen Spieler umgehen können. Die unterschiedlichen Werte, Einstellungen und Gewohnheiten werden dabei als Problem empfunden, welches sie mit ihren Fähigkeiten nicht zu lösen imstande sind. Hieran ist zu erkennen, dass Vereinsmitglieder häufig kein ausreichendes Handlungsrepertoire besitzen und es am persönlichen Erfahrungsschatz an interkulturellen Kontaktsituationen mangelt. Es stellt sich somit die Frage, ob hier so genannte interkulturelle (Teil-) Kompetenzen existieren, deren Besitz bzw. Erwerb für eine angestrebte Integration der ausländischen Profisportler für beide Seiten unverzichtbar ist bzw. förderlich ist. Doch bevor dies besprochen wird, soll ein kurzer Überblick darüber gegeben werden, wie Kultur das Handeln der Menschen beeinflussen kann und welche Rolle in Deutschland Landes- und Unternehmenskultur in diesem Prozess spielen. Dies ist unumgänglich, um die Kontaktsituation zwischen einheimischen und ausländischen Profisportlern im Vereinsleben besser nachvollziehen und verstehen zu können.

2.3 Kultur und ihr Einfluss auf das Verhalten

Kultur ist ein viel benutzter Begriff, der oft an Bedeutung überladen ist. Die Definitionen sind so zahlreich, wie verschieden. Eine Diskussion dieser Definitionen würde zu weit führen. Da es den allgemein gültigen Kulturbegriff und somit eine richtige Definition nicht gibt (Bolten, 2007, S.10), soll an dieser Stelle erklärt werden, wie Kultur das Verhalten und die Einstellungen der Menschen beeinflusst. Dabei ist vor allem von Bedeutung, welchen Stellenwert und Einfluss Landes- und Unternehmenskultur besitzen.

Kultur wird hier verstanden als ein System, das den Mitgliedern einer Vergesellschaftungsform, sei es Mannschaft, Nation oder Unternehmen, einen Sinn gibt und ihre Zugehörigkeit definiert. Dies geschieht dadurch, dass die psychischen Grundlagen des Erlebens und Verhaltens eines jeden Mitglieds, also Wahrnehmung, Denken, Empfinden und Handeln, von diesem System automatisch bestimmt bzw. stark beeinflusst sind. Darüber hinaus trägt jede Person zur Weiterentwicklung des Systems bei (Thomas, 2003c, S. 33). Daraus kann ein Kreislauf geschlossen werden. Kultur beeinflusst die Werte, die Auswirkungen auf die Einstellungen besitzen. Letztere bilden die Basis für das Verhalten, mit welchem die zugehörigen Personen ihre Kultur prägen (Kammel & Teichmann, 1994, S. 42).

2.3.1 Landeskultur

Dabei ist Landes- oder Nationalkultur das, was eine große Gemeinschaft meist über Generationen entwickelt hat und für sich als verbindlich ansieht. Sie verkörpert das kollektive Bewusstsein einer Bevölkerung (Thomas, 2003c, S. 33). Auch wenn wiederholt betont wird, dass es den typischen Deutschen, Franzosen oder einen anderen Landeszugehörigen nicht gibt, wurde versucht Generalisierungen über die einzelnen Kulturen zu treffen, zum Beispiel bei Hofstede (1993) oder Trompenaars (1993). Da diese Arbeit von ausländischen Sportlern handelt, die ihrer Tätigkeit in einem deutschen Umfeld nachgehen, das der Erwartung nach von deutscher Kultur geprägt ist, werden Thomas’ Kulturstandards der Deutschen näher erläutert. Dies geschieht, weil diese sehr praxisnah formuliert sind und ein besseres Verständnis der Lebenswelt und Verhaltensweise der Akteure schaffen, ohne dabei zu abstrakt oder komplex zu sein und durchaus pragmatischen Nutzen mit sich bringen:

- Sachorientierung: Die Beschäftigung mit Sachverhalten steht v. a. im Beruf im Vordergrund. Dies geht oft zu Lasten der privaten Beziehungsebene.
- Regelorientierung: Strukturen und Regeln werden hoch geschätzt und in vielen Lebensbereichen wie selbstverständlich erwartet.
- Direktheit: Der Weg zum Ziel ist ein geradliniger und direkter. Auch der Kommunikationsstil gilt als direkt, es werden klare Antworten im Sinne von Richtig oder Falsch akzeptiert und vorausgesetzt.
- Interpersonale Distanzdifferenzierung: Freundliche und höfliche, aber distanzierte Behandlung von beruflichen Mitarbeitern. Ohne Aufforderung gilt es Abstand und Nichteinmischen in fremde Angelegenheiten zu wahren.
- Internalisierte Kontrolle: Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Disziplin entstehen aus eigenständigem Antrieb.
- Zeitplanung: Zeit wird als kostbares Gut erachtet, das Zeitmanagement verlangt.
- Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen: Im Berufsleben ist das Handeln sachlich, neutral und professionell. (Thomas, 2003d, S.26)

Auch oder gerade weil diese Punkte Stereotypen und Klischees gleichen, muss erneut betont werden, dass sie als Groborientierung für ein schnelleres und besseres Verständnis der Deutschen im Allgemeinen dienen sollen. Dabei darf nie vergessen werden, dass jedes Individuum eine nur ihm eigene und einzigartige Kultur, Denk- und Handlungsweise besitzt und daher in vielen Bereichen sicher ‚untypisch’ agiert (Bolten, 2007, S. 25). Dies allein bedingt schon, dass Nationalkulturen kein statisches Gebilde sind, sondern sich jederzeit in einem dynamischen, meist aber langsam vollziehenden Wandel befinden (Thomas, 2003c, S. 34).

2.3.2 Unternehmenskultur

Wenn Menschen in sozialen Gemeinschaften zusammenkommen, die für ihre persönliche und berufliche Entwicklung bedeutsam sind oder zumindest sein können, entwickeln sie gemeinsame Orientierungssysteme, d. h. sie bilden und prägen spezifische Kulturen. Geschieht dieser mittel- bis langfristige Prozess auf Ebene eines Unternehmens, spricht man von Unternehmenskultur (Thomas, 2003c. S. 35f.). Die dabei entstehenden unternehmensspezifischen Normen, Werte und Verhaltensweisen beeinflussen mehr oder weniger stark das Verhalten ihrer Mitglieder in internen wie externen Interaktionen (Kammel & Teichmann, 1994, S. 43). Mit diesen Grundprämissen eines Unternehmens, kann man „ein Unternehmen als eine Miniaturgesellschaft auffassen, an deren Entwicklung, Gestaltung und Weitertradierung alle Mitglieder beteiligt sind“ (Thomas, 2003c, S. 38). Während auf Landeskulturebene allgemeine Sozialisationsprozesse für Veränderung, Akzeptanz und Verankerung von kulturellen Werten sorgen, geschieht dies in Unternehmen meist durch aktive Steuerung. Dabei werden durch Personalabteilungen Verhaltensweisen, die auch auf interkulturellen Kompetenzen beruhen können, mit Hilfe von Anreiz- und Sanktionsmechanismen belohnt bzw. bestraft (Graf, 2004, S. 260). Letztlich beeinflusst die Landeskultur die Unternehmenskultur, sofern das Unternehmen explizit (z. B. durch formulierte Unternehmensgrundsätze) oder implizit (z. B. das Sozialverhalten unter den Mitgliedern) nationalkulturell orientiert ist. Dies kann sich durch Internationalisierung der Mitarbeiter, aber vor allem des Führungsstabs ändern (Thomas, 2003c, S. 41). Dies ist vor allem bei Fußballvereinen bedeutsam. Die Fluktuation und Veränderungen im Spielerkader sind bisweilen doch erheblich. Auf Führungs- und Managerebene ist man jedoch zumeist um Konstanz bemüht, wie dies erfolgreiche Vereine wie FC Bayern München, SV Werder Bremen oder Hamburger SV demonstrieren, die dort jahrelang personell gleiche Besetzung aufweisen. Doch zeigt das aktuelle Beispiel Arminia Bielefeld, als Manager Reinhard Saftig auf Grund sportlichen Misserfolgs entlassen wurde, dass dies nicht immer gelingt. Es muss darauf hingewiesen werden, dass es v. a. vor dem Hintergrund großer Vereinswechsel­aktivitäten fraglich ist, wann und ob ausländische Sportler Bestandteile der Unternehmenskultur in ihr Verhaltens- und Kulturreportoire aufnehmen. Es bestehen keine gesicherten Kenntnisse wie schnell oder langsam dieser Prozess in Unternehmen abläuft und schon gar nicht wie in dem speziellen Fall in Profivereinen des Fußballs.

Darüber hinaus ist man sich in der betriebswirtschaftlichen Literatur nicht einig, ob Landes- oder Unternehmenskultur das Verhalten stärker beeinflusst (Graf, 2003, S. 259; Kammel & Teichmann, 1994, S. 44; Martin, 2001, S.25).

2.4 Interkulturelle Kompetenzen

In einer Begegnungssituation von zwei oder mehr kulturell unterschiedlich geprägten Menschen können leichter Probleme, Missverständnisse oder Unklarheiten auftreten, als bei gleichkulturellen Begegnungen. Um diese zu vermeiden, scheinen ein Erfahrungsschatz und Kenntnisse besonderer Art nötig. In diesem Zusammenhang fällt vermehrt das Stichwort ‚Interkulturelle Kompetenz’ und in Unternehmen mit internationaler Belegschaft wird der Ruf nach Personen, die diese besitzen, immer lauter. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, soll nachfolgendes erläutern.

2.4.1 Begriffsdefinition

Kompetenz ist ein in diversen Wissenschaften verwendeter Begriff, der mittlerweile Eingang in Bildungs- und Umgangssprache gefunden hat. Vor allem in Berufsprofilen bei der Beschreibung und Suche von professionellen Kenntnissen findet er Verwendung (Straub, 2007, S. 35). Er meint dort nicht, wie im organisatorischen Kontext verwendet, Recht und Befugnis, sondern vielmehr den Besitz und möglichen Einsatz von Wissen, Fähig- bzw. Fertigkeiten. Im Kontext dieser Arbeit kommt vor allem der transaktionale Sinn von ‚Kompetenz’ zum Tragen, also der Einsatz der Fähigkeit, effektiv mit der Umwelt zu agieren (Martin, 2001, S. 33). ‚Interkulturell’ beschreibt das Aufeinandertreffen von mindestens zwei Kulturen. Beziehungen und Kontakte werden dann interkulturell genannt werden, wenn Menschen aus fremden Kulturkreisen interagieren und sich dadurch eine interkulturelle Überschneidungssituation ergibt (Martin, 2001, S. 32). ‚Interkulturelle Kompetenz’ hat als Merkmal in Bewerbungsmappen und Anforderungsprofilen in der heutigen (Berufs-)Welt internationaler Interaktion den Status einer Schlüsselqualifikation erreicht, die im Speziellen von Managern und Führungskräften erwartet wird. Schlüsselqualifikationen ergänzen die fachlichen Wissensbestandteile und tragen entscheidend zu beruflichem Erfolg bei (Graf, 2004, S. 3; Straub 2007, S. 35). Doch was versteht man nun im Detail unter ‚Interkultureller Kompetenz’?

Eine im deutschsprachigen Raum populäre und viel verwendete Definition lautet wie folgt (Thomas, Kinast & Schroll-Machl, 1999, S. 92):

„Interkulturelle Kompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, kulturelle Bedingungen und Einflussfaktoren im Wahrnehmen, Urteilen, Empfinden und Handeln bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und produktiv zu nutzen im Sinne einer wechselseitigen Anpassung, von Toleranz gegenüber Inkompatibilitäten und einer Entwicklung hin zu synergieträchtigen Formen der Zusammenarbeit, des Zusammenlebens und handlungswirksamer Orientierungsmuster in Bezug auf Weltinterpretation und Weltgestaltung.“

Trotz dieses beispielhaften Versuchs einer Definition besteht Einigkeit darüber, dass bisher noch keine allgemein anerkannte Definition für diesen Begriff entwickelt werden konnte (Graf, 2004, S. 4). Obwohl der Fall und die Begrifflichkeit wichtig und viel debattiert sind, wurde laut Straub (2007, S. 44) nicht hinreichend geklärt, ob es aufgrund der Komplexität überhaupt sinnvoll und dementsprechend möglich ist, eine allgemeingültige Definition bzw. ein Modell für ‚interkulturelle Kompetenz` zu generieren. Auch für sich vom Wertesystem ähnelnde westliche Kulturen wie z.B. die deutsche und amerikanische, kam Graf (2004, S. 256) zu dem Schluss, dass ein universell anwendbares, kulturübergreifendes Gesamtmodell nicht entworfen werden kann.

Dies bedeutet nicht, dass vorgeschlagene Konzepte, die zum Teil empirische Daten als Forschungsbasis besitzen, vollkommen falsch und unbrauchbar sind und demzufolge zu verneinen. Vielmehr ist es bei der Thematik ‚interkulturelle Kompetenz` von Nöten, dass Situation und Kontext in der der interkulturelle Kontakt zustande kommt, berücksichtigt und näher untersucht werden. Dabei sollten die besonderen Lebensbereiche, private sowie berufliche Handlungsfelder und Aufgaben, die Personen mit- und nebeneinander erfüllen sollen, bei der Analyse detailliert in Betracht gezogen werden (Straub, 2007, S. 44). Auch an dieser Stelle müssen aus Mangel an Quellen sportwissenschaftlicher Art die Erkenntnisse v. a. aus dem Führungskräftebereich der Privatwirtschaft zu Rate gezogen werden, auf den sich die Mehrzahl der existierenden Studien bezieht und konzentriert. Graf (2004, S .10) konstatiert jedoch, dass „die Befunde im Wesentlichen auf die Berücksichtigung Interkultureller Kompetenzen in der gesamten internationalen Personalselektion übertragen werden können.“

Doch aus welchen Faktoren setzt sich im Vereinswesen bzw. dem Fußball in Deutschland interkulturelle Kompetenz zusammen? Bei interkultureller Kompetenz handelt es sich nicht um eine einzelne Fähigkeit oder Fertigkeit, obwohl der Begriff meist in der Einzahl gebraucht wird. Es ist vielmehr ein „vielschichtiges Geflecht unterschiedlicher Teilkompetenzen, die alle ausgebildet und miteinander vernetzt sein müssen“ (Antor, 2007, S. 112). Vielfach wird in der Literatur die Kritik geäußert, dass interkulturelle Kompetenz im Grunde dasselbe meint wie soziale Kompetenz. Dies wird verneint, allerdings lässt sich eine Nähe und Überlappung der beiden Begrifflichkeiten nicht widerlegen. Zumeist wird die soziale Kompetenz jedoch der interkulturellen untergeordnet (Graf, 2004, S. 253).

Da bezüglich der Teilkompetenzen keine verlässliche Datenbasis existiert, wird im Folgenden versucht, Plausibiltätsannahmen zu treffen, die auf besagten erforschten und anerkannten Theorien und Untersuchungen beruhen. Denn grundsätzlich unterscheiden sich zwar die Vorstellungen vieler Autoren, welche Teilkompetenzen der interkulturellen Kompetenz zu subsumieren sind. Doch herrscht Einigkeit, dass mit situations- und personengerechten Komponenten eine wertvolle und wirksame Vorbeugung von Problemsituationen im interkulturellen Kontakt generiert werden kann (Bolten, 1999, S. 66).

2.4.2 Teilkompetenzen der interkulturellen Kompetenz.

Um diese Qualifikationsbestandteile besser verstehen und einordnen zu können, ist es an dieser Stelle wichtig, auf bestehende Konzepte interkultureller Kompetenz zurückzugreifen und diese in aller Kürze zu beschreiben.

Während einige Autoren ausschließlich persönliche Eigenschaften, andere wiederum die situativen Variablen als hauptsächlich für die Entwicklung bzw. das Bestehen interkultureller Kompetenz erachten, betonen nahezu alle neueren Konzepte den interaktionistischen Ansatz. Verkürzt ausgedrückt besagt dieser, dass sowohl Personen- als auch Umweltfaktoren gleichermaßen in einem interaktiven dynamischen Wechselspiel das Handeln im interkulturellen Kontext beeinflussen (Hatzer & Layes, 2003, S. 144). Bezogen auf den Sport bedeutet dies vereinfacht, dass sowohl die persönlichen Fähigkeiten des Fußballers für einen gelungenen interkulturellen Kontakt ausschlaggebend sind, als auch die Situation in welchem Land, Verein und mit welcher Person etc. der Kontakt zustande kommt.

Andere Konzepte beschreiben interkulturelle Kompetenz als mehrdimensionales Konstrukt auf der Ebene der Person, wobei diesbezüglich ausnahmsweise in der Literatur Einigkeit herrscht ob der Wichtigkeit und Korrektheit dieser Annahme. Dort sind die Persönlichkeitseigenschaften dreigeteilt in eine kognitive, eine emotionale und verhaltensbezogene Dimension (Bolten, 1999, S.68). Dafür ist es – erneut vereinfacht ausgedrückt – für die Beurteilung der interkulturellen Kompetenz des Sportlers nötig zu untersuchen, wie er im interkulturellen Kontakt denkt, fühlt und handelt.

Abbildung 3 und Abbildung 4 zeigen beispielhaft zwei Modelle interkultureller Kompetenzen. Dies soll verdeutlichen, welche Teilkompetenzen den einzelnen Dimensionen zugeordnet werden (können).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Modell interkultureller Kompetenz (Martin, 2001, S. 86)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Modell interkultureller Kompetenz (Bolten, 2007, S. 86)

Graf (2004) kombinierte mehrere der oben genannten Modelle und entwickelte ein gut nachvollziehbares Konzept, das auf dem interaktionistischen Ansatz beruht und auf Personenebene sich der dimensionalen Struktur bedient. Mit Hilfe einer umfangreichen empirischen Studie wurden valide Kenntnisse über interkulturelle Teilkompetenzen gewonnen. Diesen Erkenntnissen von Graf soll an dieser Stelle gefolgt werden. Darüber hinaus sollen ergänzend Erkenntnisse weiterer Autoren einfließen. Nachfolgende Kapitel erläutern dabei, welche Fähigkeiten Graf und der Autor als interkulturelle Kompetenz erachten. Dies sind:

- Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit
- Interkulturelle Sensibilität
- Fremdsprachen- und Kulturkenntnisse
- Respekt gegenüber kulturellen Unterschieden

Was unter oben stehenden Begriffen verstanden wird, wird in den Kapitel 2.4.2.1 bis 2.4.2.4 detailliert beschrieben. Auf diesen Annahmen basierend, erfolgt unter 2.4.3 der Bezug zum professionellen Sportverein. Dort wird abgewogen, inwiefern und in welcher Gewichtung die Teilkompetenzen für Fußballspieler aus dem Ausland bei der Arbeit in einem deutschen Verein von Wichtigkeit sein können.

2.4.2.1 Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit

Abbildung 5 verdeutlicht aus welchen Bestandteilen sich Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit zusammensetzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Komponenten Interkultureller Kommunikationsfähigkeit (Eigene Darstellung nach Graf, 2004, S. 63f.)

Dabei wird deutlich, dass hier Kommunikationsfähigkeit nicht das Können beschreibt, eine fremde Sprache zu verstehen und sprechen zu können. Dies findet sich unter 2.4.2.3. In diesem Zusammenhang muss sie als verhaltensbezogene Komponente der Interkulturellen Kompetenz verstanden werden, die den Besitzer befähigt, ein interkulturell adäquates, zu beobachtendes Verhalten an den Tag zu legen. Während andere Autoren (siehe Abbildung 3 und Abbildung 4) diese Fähigkeiten meist einzeln benennen, werden sie hier unter diesem Überbegriff zusammengefasst. Im Einzelnen bedeuten sie in diesem Zusammenhang (Graf, 2003, S. 63f.):

- Bewertung: Fähigkeit, deskriptiv d.h. ohne Bewertung der Person bzw. deren Verhalten zu kommunizieren
- Ursachenzuschreibung: Wie eigenes und fremdes Verhalten sich selbst erklärt wird. Hierbei wird angenommen, dass Personen, die nicht fähig sind zu reflektieren, dass eigene Werte, Wissen und Wahrnehmungen individuell sind, im interkulturellen Kontakt Schwierigkeiten haben. Eine wertfreie Begegnung des Gegenübers ist dabei Voraussetzung
- Empathie: Einfühlungsvermögen bzgl. Befindlichkeiten, Denkweisen und Lage anderer
- Rollenverhalten: Situationsabhängig aufgaben- bzw. sozio-emotionales Verhalten an den Tag zu legen
- Interaktionsmanagement: Interaktionen aktiv anzuleiten
- Ambiguitätstoleranz: Fähigkeit auf ungewohnte und teils unvermeidbare Situationen und Gegensätze gelassen und ohne Unbehagen zu reagieren
- Respekt:. Siehe 2.4.2.4

2.4.2.2 Interkulturelle Sensibilität

Auch bezüglich des Begriffs der Interkulturellen Sensibilität existiert wie für den gesamten Themenkomplex der interkulturellen Kompetenz Uneinigkeit, was genau diesen Begriff ausmacht. An dieser Stelle soll sie als wichtigste Fähigkeit aus dem emotionalen Teilbereich aufgefasst werden, mit welcher Personen vor, während und nach interkulturellen Interaktionen positive emotionale Signale empfangen und senden können (Graf, 2004, S. 71). Diese Sensibilität verschafft deren Besitzer die Möglichkeit kulturelle Andersartigkeit wahrzunehmen, um dadurch eine eigene kulturell angepasste und adäquate Verhaltensweise und Verhaltenssicherheit zu gewinnen. (Martin, 2001, S. 59)

Dabei hängt diese Fähigkeit, bei der Begegnung mit anderskulturell geprägten Personen aufmerksam und gefühlvoll zu agieren, eng mit der sozialen Problemlösefähigkeit zusammen (Graf, 2004. S. 266).

2.4.2.3 Fremdsprachen- und Kulturkenntnisse

Fremdsprachenkenntnisse verbessern die Chancen für ein interkulturelles Verstehen um ein Vielfaches. Denn neben der reinen Möglichkeit seinen Kommunikationspartner zu verstehen, eröffnet dies die Chance kulturelle Besonderheiten überhaupt bzw. schneller zu erkennen (Graf, 2004, S. 270). Daher sind Fremdsprachenkenntnisse „unverzichtbar“ (Bolten, 2007, S. 113), um die neue Umgebung zu verstehen. Deswegen gehen interkulturelle Kommunikationsprobleme auch häufig über reine Fremdsprachenprobleme hinaus. Thomas (2003b, S. 104) weist darauf hin, dass Kommunikation in interkulturellen Zusammenhängen oft mit Hilfe einer Drittsprache z.B. Englisch abläuft. Die Unterredung bewegt sich dadurch oft auf niedrigerem Niveau und somit können Feinheiten in der Bedeutung verloren gehen. Daher wird für wichtige Gespräche wie Konfliktmanagement oder Vertragsverhandlungen grundsätzlich zu einem Dolmetscher geraten. Auch auf die Bedeutung der nonverbalen Sprache ist hinzuweisen. Stimmlage, aber vor allem Mimik, Gestik und allgemeines Verhalten beim Sprechen sind Ursachen erheblicher Missverständnisse auf Grund falscher Bedeutungszuweisung (Thomas, 2003b, S. 105).

Der zweite Teil der kognitiven Komponente der interkulturellen Kompetenz macht das Wissen um Traditionen und Sitten der fremden Kultur aus. Auch wenn in Schulungsmaßnahmen häufig nur Informationen und Fakten bezüglich der neuen Kultur und Umgebung vermittelt werden (Graf, 2004, S. 271), die durchaus ihre Wichtigkeit besitzen, hat sich in der Fachwelt eine neue Erkenntnis durchgesetzt. Diese besagt, dass ein ausgewogenes Verhältnis um eigen-, fremd- und interkulturelle Zusammenhänge zwingend notwendig ist (Bolten, 1999, S. 68). Denn um sich Verhaltensweisen erklären zu können, muss der interkulturell Agierende Hintergründe und Systemzusammenhänge der eigenen und fremden Lebenswelt kennen (Bolten, 2007, S. 113). Darüber hinaus muss ihm bewusst sein, dass ihm dies nur das Rüstzeug bietet, da jeder Austausch einen eigenen und nicht zu verallgemeinernden Ablauf geht.

2.4.2.4 Respekt gegenüber kulturellen Unterschieden

Ein Aspekt, der in vielen Abhandlungen zur besagten Thematik oft nicht speziell benannt wird und fehlt, ist der dem Aktionspartner und dessen kulturellen Eigen- und Besonderheiten gegenüber erbrachte Respekt. Eigentlich ist ‚Respekt’ der interkulturellen Kommunikationsfähigkeit bzw. Sensibilität unterzuordnen. Doch auf Grund seiner Bedeutung als wichtigste interkulturelle Kompetenz, die Graf (2004, S. 271) ausmacht und die der Autor selbst als besonders wichtig erachtet, soll der Begriff hier gesondert stehen. Mit Respekt ist nicht nur Wahrnehmen und Akzeptieren kultureller Andersartigkeit oder vorurteilfreies Handeln gemeint, sondern darüber hinaus das Bemühen und Beschäftigen mit diesen Unterschieden. Diesen Respekt gilt es im gegenseitigen Interagieren zu demonstrieren.

2.4.3 Notwendige interkulturelle Teilkompetenzen bei Vereinsmitgliedern

In den folgenden Abschnitten soll dargelegt werden, welche interkulturellen Teilkompentenzen vor allem im Fußballclub von Mitgliedern erwartet werden bzw. interkulturelles Agieren in diesem Kontext verbessern könnte. Dabei sind für ausländische Spieler – zumindest schwerpunktmäßig – andere Kompetenzen von Bedeutung als für Manager, Trainer oder deutsche Sportler.

2.4.3.1 Ausländische Spieler

Die Problemfelder der Vereinsmitglieder bei der interkulturellen Zusammenarbeit wurden unter 2.2 erläutert. Im vorangegangenen Kapitel wurde nun geschildert, welcher interkultureller Teilkompetenzen es im Allgemeinen und teils schon im Speziellen – im Verein – bedarf, um Problemen in den interkulturellen Überschneidungssituationen zu begegnen.

Vor dem Hintergrund in der Praxis angewandter Bewältigungsversuche soll zusammenfassend verdeutlicht werden, welche Teilkompetenzen für die verschiedenen Berufsbilder innerhalb des Vereins, wie Management, Trainerstab, in- sowie ausländische Spieler, von herausragender Bedeutung sind. Selbstverständlich wäre es wünschenswert, dass jeder sich dieses unter 2.4.2 postulierten Handlungsrepertoires bedienen könnte, doch vielleicht ist aus ökonomischen und zeitlichen Gründen bzw. auf Grund des Ziels schneller Bewältigung der Integration für einzelne Stellen eine Konzentration auf einen bestimmten Teilbereich sinnvoll und näher an der Realität.

Untersuchungen an Führungskräften im Ausland weisen darauf hin, dass die Reaktionen auf angetroffene Probleme Bewältigungshandlungen sind, die entweder darauf abzielen, Ursachen[2] oder Symptome[3] zu kontrollieren (Stahl, 1998, S. 220). Dabei wurde auch ermittelt, wie häufig welche Formen der Bewältigung angewandt wurden. Es stellte sich heraus, dass die international am häufigsten eingesetzten Maßnahmen[4] keineswegs die erfolgreichsten[5] waren (Bolten, 2007, S. 62). Tabelle 3 gibt Aufschluss über die Reihen- und Rangfolge.

Tabelle 3: Bewätigungsformen, sowie Rangfolge bzgl. Nutzungshäufigkeit und Effektivität zzgl. wichtigster interkultureller Teilkompetenz pro Bewältigungsform. (Eigene Darstellung nach Stahl, zitiert nach Bolten, 2007, S. 61f.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eglseder (2003, S. 79ff.) hat in einer deutlich weniger umfangreichen Erhebung an ausländischen Mannschaftssportlern in Deutschland, die für den Verein das Pendant zu den entsandten Führungskräften der internationalen Unternehmen darstellen, folgende Bewältigungsformen ausgemacht:

- Offenheit, Interesse und Eigeninitiative: Am ehesten vergleichbar mit Nr. 9, Beziehungsaufbau.
- Konzentration auf den Sport: Abschotten von der Umwelt außerhalb des Berufs. Es dürfte am ehesten Nr. 3, Identitätswahrung, zugeordnet werden. Gleichzeitig ist darin Verstärkerbewahrung zu erkennen, d.h. alte Gewohnheiten beibehalten zu wollen.
- Mentale Vorbereitung auf das Gastland: Wie auch die beiden vorgenannten Aspekte ordnet Eglseder dies den präventiven Maßnahmen zu. Dies ist als sehr unspezifisch zu bezeichnen, da mentale Vorbereitung viele Aspekte der interkulturellen Teilkompetenzen betrifft.
- Anpassung: Nr. 12 aus der Tabelle, Assimilation. Möglicherweise auch Kulturlernen (Nr. 13) bzw. – falls negativ ausgeprägt – zu Duldung/Akzeptanz (Nr. 5) zuzuordnen.
- Aufbau von Kontakten: Identisch mit Beziehungsaufbau, Nr. 9
- Abbau der Sprachbarrieren: Entspricht dem Kulturlernen, Nr. 13

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich Schlüsse ziehen, welche Maßnahmen benutzt werden, ob sie effektiv sind und welche Möglichkeiten der Bewältigung völlig vernachlässigt werden. Grundsätzlich kann man feststellen, dass von den zehn besten Bewältigungsformen sieben an der Bekämpfung der Ursachen ansetzen. In der Praxis entsandter deutscher Arbeitnehmer dominieren jedoch solche, die auf eine Verbesserung des Wohlbefindens gerichtet sind, also symptomorientiert sind (Kühlmann, 2007, S. 99). Es ist allerdings zu beachten, dass diese Daten Handlungsmuster von deutschen Entsandten in einer fremdkulturellen Umgebung beschreiben und nicht die von ausländischen Arbeitnehmern, die sich mit der deutschen Kultur auseinandersetzen müssen. Dies schränkt die Vergleichbarkeit in gewissem Maße ein. Betrachtet man die Sportler, halten sich Ursachen- und Symptomkontrollmechanismen die Waage. Immerhin sind drei der vier Bewältigungsformen aus den sieben erfolgreichsten Methoden gewählt, wenn man versucht Eglseders Ergebnisse sinngemäß den Erkenntnissen von Stahl[7] zuzuordnen. Als interkulturelle Teilkompetenzen, die zum Gelingen der jeweils angewandten Bewältigungsformen wichtig sind, treten interkulturelle Sensibilität und Respekt gegenüber interkulturellen Unterschieden hervor. Das macht ihre Bedeutung für Sportler im interkulturellen Kontakt offensichtlich. Auch die Kultur- und Fremdsprachenkenntnis, obwohl nur einmal als wichtigste Teilkompetenz erwähnt, ist sehr bedeutsam, kann das `Lernen der Kultur`, das als effektivste Form der Problembewältigung ermittelt wurden, doch nur mit dem Besitz dieser Teilkompetenz erfolgen. Die Bereitschaft die deutsche Sprache zu lernen ist vertraglich meist nicht vereinbart und somit nicht Verpflichtung, wird jedoch als Grundvoraussetzung für eine mögliche Integration angesehen (Hanss, 2006, S. 144f.). Auch Spieler wünschen sich im Vorfeld ihres Aufenthalts eine bessere Versorgung mit Informationen über Liga, Kultur und deutsche Sprache (Eglseder, 2003, S. 85).

Wie aus Eglseders (2003, S. 80ff.) Daten weiter ersichtlich ist, scheinen einige Methoden und Mechanismen für Mannschaftssportler unüblich zu sein, wie z.B. instrumentelle Hilfe, Problemlösehandlungen oder Organisationsmaßnahmen. Daher kann gefolgert werden, dass vor allem Ambiguitätstoleranz, ein entsprechend angepasstes Rollenverhalten und eine richtige, neutrale Bewertung des Gegenüber und der Situation neben den oben erwähnten Teilkompetenzen entscheidend für ein Gelingen der Integration von Sportlern in einem fremden Land sind.

Dass bei der Wahl der Bewältigung von Problemen im Ausland von Entsandten deutscher Unternehmen häufig ineffektive Varianten genutzt werden, macht deutlich, dass diese Mitarbeiter vorbeugender und begleitender Unterstützung durch die Arbeitgeber bedürfen (Kühlmann, 2007, S. 99). Gerade die wenig verbreiteten Bewältigungsformen sind viel versprechende Alternativen, die einen Ansatzpunkt hierfür bilden. Auch Eglseder (2004, S. 100) konstatiert, dass Mannschaftssportler, die keine vorbereitende Schulung und Maßnahmen genossen, den Unwegsamkeiten bei ihrem Engagement im Ausland wie z. B. dem Kulturschock häufig mit einem Ausweich- und Problemvermeidungsverhalten begegnen. Dies löst jedoch nur selten die entstandene Problematik und wirkt sich mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso negativ auf die Leistung der Sportler aus, wie eine effektive Lösung positive Wirkung nach sich zieht. „Dieser Kreislauf zwischen Integration, Wohlbefinden und Leistung wird von Seiten der Vereine nahezu gänzlich missachtet“ (Eglseder, 2004, S. 101).

2.4.3.2 Weitere Mitarbeiter des Vereins

Was andere Mitarbeiter im Verein angeht, fehlt es an verlässlichen Quellen sowohl aus der Betriebswirtschaftslehre, wie auch aus dem Bereich des professionellen Fußballs in Deutschland. Sicherlich sind die oben angeführten Erkenntnisse zu einem großen Teil auch auf die Mitarbeiter im Verein übertragbar, wobei deren Schwierigkeiten nicht aus dem Umgang mit einer fremden Umwelt, sondern ausschließlich aus dem ungewohnten Kontakt mit fremdkulturellen Mitarbeitern herrühren. Daher wird folgend für Manager, Trainer und deutsche Spieler ein kurzer Überblick gegeben. Der Autor bezieht sich hierbei auf Erkenntnisse von Eglseder (2004, S. 70ff.) und trifft eigene Annahmen.

- Manager:

Manager begegnen bei der Verpflichtung der Sportler den Kommunikationsbarrieren als erste. Sicherlich ist für ein Schaffen des Vertrauens zu den zu verpflichtenden Sportlern ein gewisses Maß an Kenntnis deren Muttersprache von Vorteil, jedoch sicherlich nicht zwingend notwendig. Für die genaue Ausarbeitung der Verträge bedarf es ob der Komplexität der Thematik ohnehin eines Dolmetschers. Der Arbeitsaufwand, der den Managern durch die Verpflichtung des ausländischen Sportlers entsteht, ist umso höher, je größer die kulturelle Distanz ausgeprägt ist. Vorherige Auslandserfahrung der Sportler verringert den Aufwand für die Manager bzw. die vereinseigenen Betreuer der Spieler, die für eine umfassende Betreuung sorgen sollen.

Bei der Auswahl der Spieler steht meistens deren sportliche Leistung im Vordergrund. Das Wissen und Bewusstsein der Manager, dass interkulturelle Kompetenz der Sportler unverzichtbar ist, damit Integration erreicht und ihr Leistungspotential genutzt werden kann, ist oft nur unzureichend ausgeprägt. Dementsprechend werden solche Kompetenzen nur sporadisch und unstrukturiert überprüft, lediglich finanzstarke Vereine weisen ein konzeptuelles Vorgehen auf.

Interessant ist, dass „alle Maßnahmen von Trainerstab und Management an den Spielern ansetzen. Eine persönliche Weiterbildung in interkultureller Hinsicht, wurde von keiner der Personengruppen in Betracht gezogen“ (Eglseder, 2004, S. 96).

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auf Managementebene das Bewusstsein um interkulturelle Differenzen geschaffen werden muss. Weniger Sprachkenntnisse, als vielmehr die Ursachenzusammenhänge müssen vergegenwärtigt werden. Dabei dürften vor allem interkulturelle Sensibilität, Empathie, Rollenverhalten und ein richtiges Interaktionsverhalten förderlich wirken. Eine korrekte Ursachenzuschreibung könnte mit einem Basiswissen der Kultur, die den Sportler prägte, erreicht werden.

- Trainer:

Die Trainer der Teams erleben Kommunikationsschwierigkeiten wiederholt in der täglichen Arbeit. Je mehr verschiedene Sprachen gesprochen werden, desto weniger erscheint es sinnvoll in diesen mit den ausländischen Mannschaftsmitgliedern zu sprechen. Schließlich sind die Anweisungen der Trainer nicht nur für den Einzelnen, sondern meist auch für das gesamte Team von Bedeutung (Hanss, 2004, S. 145). Der Trainerstab hat die Verpflichtung, ein gemeinsames Agieren der Teammitglieder zu gewährleisten, unabhängig von deren kulturellen Hintergründen, Denk- und Handlungsweisen. Genau diese aber gilt es zu berücksichtigen, will ihm dies gelingen. Entstandene Konflikte beruhen in den Augen der Trainer jedoch meist auf anderen Ursachen. Daher begegnen sie diesen bisweilen mit rigoroser Problembewältigung, die meist auf dem Leistungsprinzip gründet und symptomorientiert ist. Daher ist die Ursachenzuschreibung als mangelhaft zu kritisieren und verbesserungswürdig. Der Trainerstab muss demnach vor allem für interkulturelle Differenzen sensibilisiert werden. Darüber hinaus scheint es nötig, dass er, um den ausländischen Sportlern einen fairen Umgang zu gewährleisten, sich in der interkulturellen Teilkompetenz ‚Bewertung’ übt und allen Sportlern mit gleichem angemessenen Respekt begegnet. Empathie und ein Rollenverhalten, das außerhalb des Platzes anders (evtl. einfühlsamer) ausgeprägt ist als auf dem Platz, ist für Vertrauensbildung zum ausländischen Profisportler wahrscheinlich nicht negativ.

- Deutsche Sportler:

Teammitglieder aus Deutschland treffen auf ihre ausländischen Kollegen täglich im Training und somit im Berufsleben. Trotz angeblicher Offenheit, dem Willen zur Integration und Angebote von Hilfeleistung, kommt ein intensiver Kontakt meist erst zustande, wenn der Mitspieler deutsch spricht (Hanss, 2006, S. 146). Zuvor werden die Sprachunterschiede als unangenehm empfunden und verhindern mitunter ein effektives Agieren auf dem Platz. Bei entstandenen Differenzen werden eher Persönlichkeitsunterschiede als Ursache angeführt, anstatt in der kulturellen Diversität den Grund der Zwistigkeit zu suchen. Es darf nicht vergessen werden, dass die ausländischen Sportler die Konkurrenz innerhalb der Mannschaft vergrößern und somit von ihren deutschen Kollegen auch als Gegner im Kampf um die freien Plätze angesehen werden können, mit denen ein Kontakt nicht erwünscht ist. Dies widerspricht jedoch dem Teamgeistgedanken. Was Kenntnisse bezüglich interkultureller Überschneidungssituationen angeht, sind deutsche Sportler ebenso schlecht ausgebildet und vorbereitet wie ihre ausländischen Konterparts. In ihren Interaktionen greifen sie – wenn z.B. durch eigenen Auslandseinsatz vorhanden – auf Erfahrungen der interkulturellen Zusammenarbeit zurück, wobei jedoch häufig das Verständnis um die Zusammenhänge in den interkulturellen Kontaktsituationen fehlt.

Daher kann man festhalten, dass auch deutsche Sportler im interkulturellen Kontext geschult werden sollten. Dabei ist vor allem im beruflichen Kontakt die Verbesserung der interkulturellen Kommunikationsfähigkeit gefragt, da diese und hier vor allem Ursachenzuschreibung, Rollenverhalten, Ambiguitätstoleranz und Respekt unabdingbar sind, um erfolgreich auf dem Fußballplatz agieren zu können. Entsteht Kontakt über das rein berufliche Zusammenkommen hinaus, ist auch interkulturelle Sensibilität von Nöten, um diesen konfliktfrei bzw. langfristig harmonisch zu gestalten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die interkulturellen Teilkompetenzen, die für die einzelnen Vereinsmitglieder ausgemacht und von entscheidender Bedeutung sind, aus einem nicht als umfangreich und vielfältig anzusehenden Literaturmaterial gewonnen werden konnten und daher mitunter auf logischen Annahmen beruhen müssen. Es bedarf daher in Zukunft diesbezüglich weiterer detaillierter Erforschungen, um diese Erkenntnisse zu bestätigen. Unter diesen Einschränkungen darf aber für jedes Vereinsmitglied die Ausbildung der oben besprochenen Teilkompetenzen, sowie selbstverständlicher Weise der Aufbau einer umfassenden interkulturellen Kompetenz, wie sie unter 2.4.2 beschrieben ist, als erstrebenswertes Ziel angesehen werden. Welche Maßnahmen sich dafür eigenen, wird im weiteren Verlauf unter Kapitel 4 ausführlich erläutert.

3 Das Fußballteam als Gruppe

Fußball ist ein Sport, bei dem sich zwei Mannschaften – oder auch Teams – im Wettstreit miteinander messen. Diese Mannschaften sind Gruppen, zusammengesetzt aus elf (mit Ersatzspielern bis zu 22) Individuen, die durch gemeinsames Interagieren die Mannschaftsleistung erbringen. Ausgehend von der Frage, welche Faktoren die Mannschaftsleistung beeinflussen, soll zuvor geklärt werden, was denn unter Teams in der Forschung verstanden wird.

3.1 Begriffsdefinitionen von Gruppe, Mannschaft und Team

Der Begriff ‚Mannschaft’ findet sich nahezu ausschließlich im Sport. Was das gemeinsame Handeln von Menschen im Allgemeinen und nicht speziell auf den Sport bezogen angeht, wurden mittels der Gruppenforschung aus Sozial- oder Organisationspsychologie wesentliche Erkenntnisse der ablaufenden Prozesse und Vorgänge in Gruppen gewonnen (Podsiadlowski, 2007, S. 576). Dort bildet der Begriff ‚Arbeitsgruppe’, seltener Projektgruppe, das Äquivalent zu Mannschaft. Einige der Erkenntnisse aus diesen Wissenschaften scheinen auf den Sport übertragbar zu sein. Sportwissenschaftliche Erkenntnisse aus der Kleingruppenforschung finden sich nur vereinzelt.

Der Begriff ‚Team’ wurde zunächst im Sport gebraucht und fand später Eingang in das Vokabular der Arbeitswelt, wo er bisweilen inflationär gebraucht wird (Comelli, 2003, S. 172). Da sogar innerhalb eines Unternehmens diese Bezeichnungen unterschiedlich verstanden und benutzt werden (Stumpf, 2000, S. 4), gilt es näher zu spezifizieren, was denn eine Arbeitsgruppe ausmacht.

Man trifft in der Literatur diesbezüglich auf eine Vielzahl verschiedener Definitionen (Stumpf, 2005, S. 115). Zunächst einmal ist eindeutig, dass Arbeitsgruppen durch mehrere Individuen, deren Mitglieder, gebildet werden. Diese arbeiten in gegenseitiger Abhängigkeit zusammen und erzeugen dabei Produkte oder Dienstleistungen, für die sie die Verantwortung teilen. Als zahlenmäßige Obergrenze einer Kleingruppe gelten 25 Personen (Köppel, 2008, S.10). Jedoch ist dabei zu beachten, dass nicht nur die Anzahl entscheidet, sondern auch ob für die Mitglieder die Möglichkeit zur persönlichen Interaktion besteht, damit diese Einheit als Kleingruppe angesehen werden kann (ebda.). Da ein Kader einer professionellen Fußballmannschaft in der Bundesliga aus derzeit durchschnittlich 29 Spielern besteht, wird dieses Kriterium zwar nur annäherungsweise erfüllt. Man kann jedoch annehmen, dass auf Grund der hohen Interaktionsanforderung des Fußballs alle Sportler gegenseitigen Kontakt aufnehmen können und darüber hinaus wahrscheinlich selten alle Spieler fit sind und trainieren können. Als typisches Kennzeichen verfolgen die Gruppenmitglieder ein gemeinsames Ziel oder Zweck bzw. Aufgabenstellung (Comelli, 2003, S. 172; Podsiadlowski, 2007, S. 577). Darüber hinaus scheint Einigkeit zu herrschen, dass in einer Arbeitsgruppe von den Mitgliedern neben einer Gruppenidentität Normen entwickelt werden, die deren Interaktionen und Aufgabenbewältigung leiten. Dies führt optimalerweise zu einem Wir-Gefühl oder einer Kohäsion, wobei bestehende soziale Beziehungen Grundlage und Voraussetzung dafür sind (Köppel, 2008, S. 10f.). Daher sind Arbeitsgruppen als soziale Systeme zu sehen, die sich nach außen abgrenzen und nach innen strukturieren (Hackmann, 1987, S. 323). In diesem Zusammenhang ist auch die Umgebung, das äußere System, das die Arbeitsgruppe umgibt, von Bedeutung. Vor allem das Unternehmen übt mit seiner spezifischen Struktur und Kultur erheblichen Einfluss auf das Wirken und Leisten der Gruppe aus (Köppel, 2008, S. 11).

An verschiedenen Stellen der Literatur wird unter der Bezeichnung ‚Team’ etwas anderes verstanden als Arbeitsgruppe. Das Team wird dort als besondere Form einer Arbeitsgruppe betrachtet, nämlich der einer qualitativ hochwertigeren (Barzanty, 2005, S. 146). Der Unterschied gründe sich auf dessen Leistung, die mehr als die Summe der einzelnen Individualbeiträge sei, sowie auf eine sehr kooperative Arbeitsweise und wechselseitige Unterstützung, die es einem Team im Gegensatz zur Arbeitsgruppe erlaube, komplexe und anspruchsvolle Aufgaben zu erfüllen (Barzanty, 2005, S. 146; Podsiadlowski, 2007, S. 577). Laut Köppel (2007, S. 11f.) erfolgt dies vor allem in populärwissenschaftlicher Literatur und es mangelt dabei an der genauen Abgrenzung und Ausprägung der einzelnen Komponenten im Vergleich zu einer ‚normalen’ Arbeitsgruppe. Daher soll in dieser Arbeit wie bei Comelli (2003, S. 172) oder Köppel (2007, S. 12) Arbeitsgruppe als Synonym zu Team verwendet werden. Um die Vergleichbarkeit zu verdeutlichen, die zwischen Arbeitsgruppen und Sportmannschaften besteht, dient die Aufzählung Baumanns (2006, S. 304), der folgende Merkmale als wesentlich für Sportmannschaften erachtet:

- Soziale Einheit
- Interaktion
- Mitgliederzahl
- Normen
- Positionen
- Rollenverteilung
- Ziel
- Wirgefühl

3.2 Modelle für Gruppenleistung und -effektivität

In der Folge sollen jedoch ausgehend von Erkenntnissen aus der Wirtschaft und Psychologie die Wirkungszusammenhänge von Gruppen und deren spezifischen Merkmale beschrieben werden, die auch für Sportmannschaften gelten. Frey (1996, S. 28) bemerkt korrekt:

„Die Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie stellt für Unternehmen sehr viel Know-how bereit. In der Regel bleibt dieses Know-how meistens im Setting der Organisation, könnte aber im Setting Sport oft genauso gut angewandt werden“.

[...]


[1] Am 20.7 2008 während der Vorbereitungs- und Transferphase der Bundesligasaison 2008/09 machten die 254 in der Bundesliga tätigen ausländischen Profispieler einen Ausländeranteil von 50,3% aus (o.V., 2008b, http)

[2] In Tabelle 3 in Spalte 5 mit ‚U’ abgekürzt

[3] In Tabelle 3 in Spalte 5 mit ‚S’ abgekürzt

[4] Siehe dazu in Tabelle 3 die erste Spalte ‚Nr.’

[5] Die Rangplätze der erfolgreichsten Bewältigungsversuche beschreibt in Tabelle 3 die Spalte 4 ‚Rangplatz’

[6] Spalte 5: Art der Bewältigung: Ursachen- (U) oder symptomorientiert (S)

[7] Siehe Tabelle 3.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836631006
DOI
10.3239/9783836631006
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bayreuth – Sportökonomie
Erscheinungsdatum
2009 (Juni)
Note
1,3
Schlagworte
integration fussball profisportler expatriate
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Titel: Ausländische Profisportler und ihre Integration in Mannschaftssportarten am Beispiel Fußball
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