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Chancen und Risiken der Erschließung des chinesischen Automobilmarktes für deutsche Automobilzulieferer

©2009 Masterarbeit 87 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Globalisierung, Konsolidierung, Marktsättigung, sinkende Nachfrage sowie ein zunehmender Preisverfall sind nur einige Schlagworte, mit denen die Automobilindustrie in diesen Tagen konfrontiert wird.
Während sich die Absatzzahlen für Automobile auf den etablierten Märkten der Triade Nordamerikas, Europas und Japans im Jahr 2007 insgesamt negativ entwickelten, konnte in den Emerging Markets ein deutliches Umsatzplus erzielt werden. Der chinesische Markt zählt neben Indien, Russland und Brasilien zu einem der zukunftsträchtigsten Automobilmärkte mit hoher Absatzdynamik.
Aufgrund Chinas hoher Bevölkerungszahl von 1,32 Mrd. Einwohnern im Jahr 2007 und der vergleichsweise geringen Fahrzeugdichte mit weniger als zwanzig Fahrzeugen pro 1000 Einwohnern, deutet Vieles darauf hin, dass hier der Markt der Zukunft zu finden ist. Will man als Automobilzulieferer nicht den Anschluss im Kampf um globale Marktanteile verlieren, ist eine Betrachtung des chinesischen Marktes unentbehrlich. Es ist erforderlich strategische Unternehmenskonzepte aufzustellen und somit die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Dabei müssen weitreichende Entscheidungen bezüglich der Absatzmärkte und Produktionsstandorte getroffen werden.
Eine Vielzahl von europäischen Automobilzulieferern ist bereits in den 1990er-Jahren den Weg der Erschließung des chinesischen Marktes gegangen, sei es durch Exporte, Repräsentanzen, Lizenzvergabe, Franchising oder durch ein Joint Venture. Mittlerweile betreiben einzelne ausländische Zulieferer bereits komplette Entwicklungszentren in der Volksrepublik China.
Da zum einen immer mehr ausländische Zulieferer am Aufschwung in China teilhaben wollen, auf der anderen Seite die chinesischen Automobilzulieferer aber auch in Sachen Technik und Qualität immer konkurrenzfähiger werden, wächst der Kampf um Marktanteile zusehends. Nur durch eine genau durchdachte und ausgewogene Strategie kann man sich die entscheidenden Vorteile sichern und sich somit von der Konkurrenz absetzen.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit hat die künftigen Handlungsoptionen für deutsche Automobilzulieferer auf dem chinesischen Markt zum Thema. Dabei wird auf der einen Seite die Situation bereits ansässiger Unternehmen beleuchtet, die zum Teil schon seit vielen Jahren auf dem chinesischen Markt aktiv sind. Auf der anderen Seite fällt die Betrachtung aber auch auf Unternehmen, die den Markteintritt in China noch vor sich haben. Dabei soll […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis verwendeter Abkürzungen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Einführung und Problemstellung
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

2. Die Automobilzulieferindustrie
2.1 Hersteller - Zulieferbeziehungen
2.2 Die deutschen Automobilzulieferer
2.3 Internationalisierung der Zulieferindustrie

3. Der Automobil- und Zuliefermarkt in China
3.1 Der chinesische Automobilmarkt
3.1.1 Historischer Überblick
3.1.2 Marktentwicklung
3.2 Der Zuliefermarkt in China
3.2.1 Lokale Zulieferer
3.2.2 Ausländische Produzenten

4. Das Wettbewerbsumfeld deutscher OESs in China
4.1 Theoretische Ansätze
4.1.1 Wettbewerbsmatrix von Porter
4.1.2 SWOT-Analyse
4.2 Bedingungen in der Volksrepublik China
4.2.1 Ökonomische Rahmenbedingungen
4.2.2 Politisch-rechtliches Umfeld im Überblick
4.2.3 Technologische Umwelt
4.2.4 Sozio-kulturelle Umwelt
4.3 Situationsanalyse der deutschen Automobilzulieferer
4.3.1 Potentialanalyse
4.3.2 Konkurrentenanalyse
4.3.3 Marktanalyse
4.3.4 Umfeldanalyse
4.3.5 Stärken-Schwächen-Analyse
4.3.6 Chancen-Risiken-Analyse
4.3.7 Die SWOT Matrix
4.4 Wettbewerbsstrategien
4.4.1 Marketingstrategien nach Porter
4.4.2 Hybride Wettbewerbsstrategien

5. Handlungsoptionen
5.1 Markterschließung und Markteintrittsstrategien
5.1.1 Wandel der Bedingungen für ausländische Unternehmen am chinesischen Markt
5.1.2 Export
5.1.3 Repräsentanzen
5.1.4 Joint Ventures
5.1.5 Wholly Foreign Owned Enterprises (WFOE)
5.1.6 Mergers Acquisitions (MA)
5.2 Anpassungen an das geänderte Marktumfeld

6. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Verzeichnis verwendeter Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Zulieferpyramide

Abbildung 2: Preissenkungsforderungen im Jahr 2006

Abbildung 3: Umsatz und Beschäftigung in der Automobilzulieferindustrie

Abbildung 4: Produktionsstätten deutscher Zulieferer im Ausland – Stand 2005

Abbildung 5: Produktionsstandorte der Automobilindustrie in China

Abbildung 6: Umsätze chinesischer Automobilzulieferer

Abbildung 7: Die fünf Wettbewerbskräfte nach Porter

Abbildung 8: Wettbewerbsstrategien und hypothetische Beziehung zwischen Marktanteil und Rentabilität

Abbildung 9: Wettbewerbsmatrix nach Porter

Abbildung 10: Die SWOT-Matrix

Abbildung 11: Pro-Kopf-Einkommen der chinesischen Haushalte in Stadt und Land

Abbildung 12: Motorisierungsgrad weltweit (Stand 2005)

Abbildung 13: Regional differenzierte Verteilung der KFZ-Verkäufe

Abbildung 14: Stärken-Schwächen-Profil deutscher und chinesischer Automobilzulieferer

Abbildung 15: SWOT-Matrix

Abbildung 16: Traditionelle generische Wettbewerbsstrategien / Hybride Wettbewerbsstrategien

Abbildung 17: Übersicht der Markteintrittsformen für den chinesischen Markt

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die 20 größten Automobilzulieferer 2008 nach Umsatz

Tabelle 2: Größenvergleich OEM und OES

Tabelle 3: Ausländische Automobilhersteller auf dem chinesischen Markt

Tabelle 4: Motorisierungsgrad weltweit (Stand 2005)

1. Einleitung

1.1 Einführung und Problemstellung

Globalisierung, Konsolidierung, Marktsättigung, sinkende Nachfrage sowie ein zunehmender Preisverfall sind nur einige Schlagworte, mit denen die Automobilindustrie in diesen Tagen konfrontiert wird.

Während sich die Absatzzahlen für Automobile auf den etablierten Märkten der Triade Nordamerikas, Europas und Japans im Jahr 2007 insgesamt negativ entwickelten, konnte in den Emerging Markets ein deutliches Umsatzplus erzielt werden. Der chinesische Markt zählt neben Indien, Russland und Brasilien zu einem der zukunftsträchtigsten Automobilmärkte mit hoher Absatzdynamik.[1]

Aufgrund Chinas hoher Bevölkerungszahl von 1,32 Mrd. Einwohnern im Jahr 2007[2] und der vergleichsweise geringen Fahrzeugdichte mit weniger als zwanzig Fahrzeugen pro 1000 Einwohnern[3], deutet Vieles darauf hin, dass hier der Markt der Zukunft zu finden ist. Will man als Automobilzulieferer nicht den Anschluss im Kampf um globale Marktanteile verlieren, ist eine Betrachtung des chinesischen Marktes unentbehrlich. Es ist erforderlich strategische Unternehmenskonzepte aufzustellen und somit die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Dabei müssen weitreichende Entscheidungen bezüglich der Absatzmärkte und Produktionsstandorte getroffen werden.[4]

Eine Vielzahl von europäischen Automobilzulieferern ist bereits in den 1990er-Jahren den Weg der Erschließung des chinesischen Marktes gegangen, sei es durch Exporte, Repräsentanzen, Lizenzvergabe, Franchising oder durch ein Joint Venture. Mittlerweile betreiben einzelne ausländische Zulieferer bereits komplette Entwicklungszentren in der Volksrepublik China.

Da zum einen immer mehr ausländische Zulieferer am Aufschwung in China teilhaben wollen, auf der anderen Seite die chinesischen Automobilzulieferer aber auch in Sachen Technik und Qualität immer konkurrenzfähiger werden, wächst der Kampf um Marktanteile zusehends. Nur durch eine genau durchdachte und ausgewogene Strategie kann man sich die entscheidenden Vorteile sichern und sich somit von der Konkurrenz absetzen.

1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit hat die künftigen Handlungsoptionen für deutsche Automobilzulieferer auf dem chinesischen Markt zum Thema. Dabei wird auf der einen Seite die Situation bereits ansässiger Unternehmen beleuchtet, die zum Teil schon seit vielen Jahren auf dem chinesischen Markt aktiv sind. Auf der anderen Seite fällt die Betrachtung aber auch auf Unternehmen, die den Markteintritt in China noch vor sich haben. Dabei soll aufgezeigt werden, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um als Unternehmen im immer härter umkämpften Zuliefermarkt nachhaltig zu bestehen.

Den Anfang der Arbeit bildet eine Übersicht der Automobilzulieferindustrie. Hier sollen zunächst die Hersteller-Zulieferbeziehungen betrachtet werden. Im nächsten Schritt wird ein Überblick über die Entwicklung der deutschen Zulieferindustrie anhand unterschiedlicher Kennzahlen gegeben. Den Abschluss des Kapitels bildet die Thematik der Globalisierung der Zulieferindustrie.

Das dritte Kapitel behandelt den chinesischen Automobilmarkt, wobei zunächst ein allgemeiner historischer Überblick erfolgt. Im folgenden Schritt wird der chinesische Zuliefermarkt, als Untermenge des Automobilmarktes beleuchtet. Im Anschluss daran erfolgt eine Übersicht über lokale und ausländische Zulieferbetriebe, die anhand von Kennzahlen und Beispielen dargelegt wird.

Im vierten Kapitel wird das Wettbewerbsumfeld deutscher Automobilzulieferer auf dem chinesischen Markt dargestellt. Zunächst werden theoretische Grundlagen der SWOT-Analyse sowie der Wettbewerbsmatrix von Porter vorgestellt. Im Anschluss daran folgt eine Übersicht über die ökonomischen, politisch-rechtlichen, sozio-kulturellen und technologischen Bedingungen in der Volksrepublik China. Danach erfolgt eine Situationsanalyse der deutschen Automobilzulieferer anhand der SWOT-Analyse. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Erarbeitung möglicher Marketingstrategien auf Grundlage der Wettbewerbsmatrix von Porter.

Kapitel fünf stellt mögliche Handlungsoptionen deutscher Automobilzulieferer auf dem chinesischen Automobilmarkt dar. Dabei werden Strategien der Markterschließung und des Markteintrittes erarbeitet. Es sollen sowohl Möglichkeiten für den Neueintritt eines Unternehmens, welches bislang noch nicht auf dem chinesischen Markt vertreten ist, vorgestellt werden als auch die Chancen der Geschäftsfelderweiterung bereits ansässiger Unternehmen betrachtet werden. Maßnahmen zur Anpassung an ein geändertes Marktumfeld runden das fünfte Kapitel ab.

Das abschließende Kapitel sechs fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen des außerordentlich dynamischen Wirtschaftsfeldes der Automobilindustrie.

2. Die Automobilzulieferindustrie

2.1 Hersteller - Zulieferbeziehungen

Die Automobilzulieferer (OES) nehmen eine bedeutungsvolle Rolle in der Wertschöpfungskette des Automobils ein. Im folgenden Abschnitt soll die Struktur der Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Hierarchieebenen näher erläutert werden.

Die unterste Ebene der Zulieferpyramide wird durch den 3rd-tier-Lieferanten (Teile- und Komponentenlieferant) gebildet. Dieser wird im Allgemeinen sowohl durch eine geringe Montage- als auch Entwicklungsleistung charakterisiert und produziert häufig Teile mit hohem Standardisierungsgrad.[5]

Auf der nächsten Stufe steht der der 2nd-tier-Zulieferer (Systemspezialist), der sich in der Regel durch ein großes Entwicklungs-Know-How auszeichnet. Unternehmen, die in dieser Position angesiedelt sind, werden oft vor die Herausforderung gestellt kapitalintensive Vorentwicklungen zu leisten, um sich so von der Konkurrenz abzusetzen. Diese Entwicklungen werden vielfach nicht direkt vom OEM in Auftrag gegeben und müssen somit auf eigenes Risiko ausgeführt werden. Mit der richtigen Strategie besteht die Möglichkeit der Sicherung einer – zumindest temporären – Monopolstellung und damit oftmals einhergehenden Amortisation der Entwicklungsleistungen.[6]

Auf der Ebene des 1st-tier-Lieferanten unterscheidet man den Modullieferanten und den Systemintegrator. Der Modullieferant trägt im Gegensatz zum 2nd-tier-Lieferanten ein moderates Entwicklungsrisiko, da er sich auf die Zusammenführung der, von den Sublieferanten gelieferten, Komponenten beschränkt. Im Gegenzug übernimmt er jedoch die gesamte logistische Verantwortung für die Produktion des entsprechenden Moduls, welches er an den Automobillieferanten liefert. Der Systemintegrator unterscheidet sich vom Modullieferanten, indem er neben den logistischen Anforderungen auch ein hohes Maß an Entwicklungskompetenz mit sich bringen muss. Die Entwicklung des einbaufähigen Systems zieht eine Gewährleistungsübernahme und somit auch den Übergang eines Teils des Marktrisikos auf den 1st-tier-Lieferanten mit sich. Dem Systemintegrator werden demnach heute zunehmend Aufgaben übertragen, die bislang allein in der Verantwortung des Automobilherstellers lagen.[7]

Die Spitze der Wertschöpfungskette wird durch den Automobilhersteller (OEM) gebildet, der die gelieferten Systeme ins Fahrzeug integriert, die Gesamtvalidierung durchführt und die Fahrzeuge vertreibt.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung1: Die Zulieferpyramide

Quelle: Becker, H. (2007), S. 168

In jüngster Vergangenheit zeichnet sich zunehmend der Trend ab, dass die Automobilhersteller bestrebt sind, die Anzahl ihrer Zulieferer zu reduzieren. Die Zulieferer sollen möglichst früh in Entwicklung und Konzeptphase des Gesamtproduktes einbezogen werden, was durch regelmäßigen Austausch der Hersteller und Lieferanten in SE-Teams ermöglicht werden soll. Eine immer größere Bedeutung kommt dabei den Systemlieferanten als direkten Ansprechpartnern der OEMs zu, die fertige Module und Systeme liefern und häufig mehrere Zulieferer als Sublieferanten beschäftigen.[9] So gelang es etwa VW die Anzahl seiner direkten Lieferanten von 1500 (im Jahre 1990) auf nur noch 950 (in 2003) zu reduzieren, was auf Seiten des OEM mit weniger Koordinationsaufwand und einer gesteigerten Produktivität verbunden ist.[10]

Mit der Übergabe der Verantwortung an die Lieferanten und Sublieferanten wird auch der Kostendruck weiter abwärts der Zulieferkette verschoben. Dementsprechend niedrig sind die Profite für die einzelnen Zulieferunternehmen. Im Gegensatz dazu steht die Notwendigkeit, innovative Produkte zu entwickeln und bestehende Prozesse zu optimieren, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Es kommt daher immer häufiger vor, dass einzelne Lieferanten unrentable Aufträge annehmen und Gefahr laufen, nicht mehr kostendeckend arbeiten zu können. Dies wird auch in den nächsten Jahren zu einem anhaltenden Konsolidierungsprozess in der Automobilindustrie führen.[11]

Seit Mitte der 1990er-Jahre verschieben sich auch die Wertschöpfungsaufgaben mehr und mehr in Richtung der Zulieferbetriebe. Lagen im Jahr 2007 noch 35% der Wertschöpfung direkt bei den OEMs, so soll sich dieser Wert in Jahr 2010 auf 25% und im Jahr 2015 auf nur noch 23% reduzieren. Bei der Betrachtung der gesamten Wertschöpfung, ist eine Differenzierung in Fertigungs- und Entwicklungstiefe vorzunehmen, da die beiden Hauptbestandteile eine unterschiedliche Entwicklung aufweisen. In den vergangenen 20 Jahren lagerten die OEMs im Zuge der Konzentration auf ihre Kernkompetenzen zunehmend Fertigungsprozesse aus. Lag deren durchschnittliche Fertigungstiefe im Jahr 1990 noch bei 35%, so reduzierte sie sich bis ins Jahr 2000 auf 28%. Für das Jahr 2015 wird bei den OEMs gar ein Rückgang der Fertigungstiefe auf 20 % prognostiziert.[12]

Eine noch größere Dynamik ist bei der Verschiebung der Entwicklungstiefe von den Automobilherstellern zu den Zulieferbetrieben zu verzeichnen. Die OEMs schlagen seit geraumer Zeit den Weg der Modularisierung der Fahrzeugstruktur ein, um dann die Entwicklung der Module an die Zulieferer, in erster Linie an die 1st-tier Lieferanten, zu übergeben. So werden die in sich geschlossen Baugruppen, wie beispielsweise Fahrwerk, Sitze und Cabrioverdecke, zum größten Teil von den Lieferanten entwickelt. Lag im Jahr 2000 der Hauptentwicklungsanteil mit ca. 65% noch bei den OEMs, zeigt sich im Jahr 2010 ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen OEMs und OESs und im Jahr 2015 voraussichtlich eine Verschiebung des Entwicklungsanteils zu etwa zwei Dritteln zugunsten der Zulieferer.[13] Diese Tendenz wird allerdings nicht nur positiv bewertet. Auf der einen Seite bringt das Outsourcing der Entwicklungsleistungen zwar den positiven Effekt von Kostenreduzierungen durch Verschiebung des Entwicklungsrisikos an die Zulieferer mit sich. Auf der anderen Seite führt ein Abtreten der Entwicklungskompetenzen aber auch zu einer Abhängigkeit der Automobilhersteller von den Lieferanten. Viele Hersteller wählen im Zuge einer Risikostreuung einen Second Source Lieferanten, um im Falle einer möglichen Insolvenz des Zulieferers die Baugruppen nahtlos weiter beziehen zu können.[14]

Die Reduzierung der Anzahl der OESs wird als Konzentrationsprozess der Zulieferbranche bezeichnet. Ein Rückgang der Anzahl der Zulieferbetriebe geht, bei einem Wachstum des Automobilmarktes, automatisch mit größeren zu vergebenden Auftragsvolumina einher, wovon sich die OEMs Kostenreduktionen durch economies of scale versprechen. Hochvolumige Stückzahlen bedeuten für die Zulieferer eine Vergrößerung der vorzuhaltenden Produktionskapazitäten. Die Automobilhersteller gewinnen durch diesen Prozess zunehmend an Macht. Aufgrund des Auslastungsrisikos und der damit einhergehenden existenziellen Bedrohung bei Verlust eines Auftrags, sind viele Zulieferer zu weiteren Preiszugeständnissen bei Verhandlungen mit den OEMs bereit, um so ihre Produktionskapazitäten auszulasten. Zulieferer tun gut daran, einen breiteren Abnehmerkreis zu akquirieren und so zu mehr Unabhängigkeit zu gelangen.[15]

Bereits seit einigen Jahren steigt der Preisdruck in der Automobilindustrie rapide an. Dabei lässt sich erkennen, dass die Automobilhersteller vermehrt versuchen den Kostendruck an die Automobilzulieferer weiterzureichen und diese somit vor eine enorme Herausforderung stellen.[16] Eine Studie der IRN Inc. aus dem Jahre 2006 veranschaulicht dies. Belief sich die Forderung der Preisreduktion, die GM an seine Zulieferer richtete, im Jahr 1997 noch auf 3,7%, so wuchs diese zum Jahr 2005 auf 8,3% an. Tatsächlich gestandenen die Zulieferer GM 2,2% (1997) bzw. 4,4% (2005) an Nachlass zu. Auch bei Daimler-Chrysler steigerte sich die erwartete Preisreduktion von 4,3% im Jahre 1997 auf 7,2% im Jahre 2005 – real wurden 1,4% (1997) bzw. 3,7% (2005) von den OESs gewährt.[17] Eine weitere Marktstudie aus dem Jahre 2008 macht deutlich, dass der Kostendruck der OEMs auf die 1st-tier-Lieferanten in der Wertschöpfungskette weiter durchgereicht wird. So nahmen in 2006 die 1st-tier-Lieferanten mit einer Preissenkungs-Forderung von 7,1% die Spitzenposition ein, gefolgt von den OEMs Ford (6,3%), Opel (5,6%) sowie VW (4,5%) (siehe Abbildung 2).[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Preissenkungsforderungen im Jahr 2006

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fein (2008), S.4

Bei vielen mittelständisch geprägten Zulieferbetrieben besteht die Gefahr durch den herrschenden Preisdruck in eine existenzbedrohende Notlage zu gelangen. Da Forschung und Entwicklung häufig in Vorleistung erbracht werden müssen, hat sich der Investitionsbedarf drastisch erhöht. Eine Vorab- oder Beteiligungsfinanzierung durch den Abnehmer wird heutzutage aufgrund der angespannten Ertragslage der OEMs kaum noch übernommen. Ist die Finanzierung einem Betrieb nicht mehr möglich, mündet dies nicht selten in einer Übernahme durch ein finanzkräftigeres Unternehmen oder aber in einer Geschäftsaufgabe.[19]

2.2 Die deutschen Automobilzulieferer

Die deutsche Automobilindustrie wird in den letzten Jahren mit Problemen wie Absatzschwäche, Überkapazitäten, rückläufigen Absatzzahlen auf den Heimatmärkten sowie einem zunehmenden Margenverfall belastet. Diese Schwierigkeiten wirken sich direkt auf die OESs aus. Trotz allem konnte die deutsche Automobilzulieferindustrie in den vergangenen Jahren ein konstantes Umsatzwachstum verzeichnen. In den Jahren 1990 bis 2007 steigerte sich der Umsatz der deutschen OESs von 26,8 Mrd. € auf 75,4 Mrd. €, begleitet von einer Erhöhung der Anzahl der Beschäftigten von 280.000 im Jahre 1990 auf 322.000 im Jahre 2007. Diese Entwicklung wird in Abbildung 3 veranschaulicht.[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Umsatz und Beschäftigung in der Automobilzulieferindustrie

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an VDA (2008), S. 76

Im weltweiten Vergleich spielen die deutschen Automobilzulieferer nicht zuletzt durch das starke Auslandsgeschäft eine bedeutende Rolle. Unter den umsatzstärksten Top 20 Zulieferern sind mit dem Marktführer Bosch, Continental, Siemens, der ZF Group, Thyssen Krupp und BASF gleich sechs Unternehmen deutscher Herkunft vertreten (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Die 20 größten Automobilzulieferer 2008 nach Umsatz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an o.V. (2008 a), in: http://www.automobil-produktion.de/themen/20686/index.php

Betrachtet man die Mitarbeiterzahlen der Automobilzulieferer, so wird deutlich, dass sich auch hier mit Bosch, Continental und der ZF Group gleich drei deutsche Unternehmen unter den Top 10 befinden (vgl. Tabelle 2). Hierbei wird die Statistik von der Robert Bosch GmbH mit ca. 250.000 Beschäftigten im Jahr 2006 mit Abstand vor Delphi (ca. 184.000 Mitarbeiter) angeführt. Ein Vergleich der Beschäftigungszahlen der mitarbeiterstärksten OEMs und OESs zeigt, dass die Zulieferer auch in Verhandlungen durchaus auf gleicher Augenhöhe mit den Automobilherstellern liegen könnten.

Tabelle 2: Größenvergleich OEM und OES

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an o.V. (2006), in: http://iri.jrc.ec.europa.eu/research/scoreboard_2006.htm

2.3 Internationalisierung der Zulieferindustrie

Der Standort Deutschland bietet für die Automobilzulieferer neben den Stärken wie Qualität in Forschung und Entwicklung, der hohen Qualifikation von Mitarbeitern und einer guten Infrastruktur auch den Nachteil des hohen Lohn- und Lohnnebenkostenniveaus. Im Zuge der wachsenden Globalisierung nutzt die Automobilzulieferindustrie verstärkt die Chancen der Kostensenkung durch Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer. Einer Umfrage von Ernst Young zufolge, im Zuge derer im Jahr 2005 die Geschäftsführung von 180 mittelständischen deutschen Unternehmen befragt wurde, sind 63% der befragten Unternehmen bereits mit einer Produktionsstätte im Ausland vertreten. Dabei entfällt mit 47% knapp die Hälfte auf die osteuropäischen Staaten, 28% fertigen in Westeuropa und 17% in asiatischen Ländern (vgl. Abbildung 4). Von den Unternehmen, die bislang noch nicht im Ausland produzieren, planen 43% den Aufbau von Produktionskapazitäten außerhalb Deutschlands.[21]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Produktionsstätten deutscher Zulieferer im Ausland – Stand 2005

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ernest Young (2006), S.7

Da eine örtliche Nähe der Zulieferer zu ihren Abnehmern unter dem Aspekt der Kostenoptimierung und der damit verbundenen Just-in-Time-Belieferung erforderlich ist, wird beispielsweise für die Belieferung des westeuropäischen Marktes vermehrt eine Produktion in Osteuropa in Erwägung gezogen. Um die aufstrebenden Märkte in Indien und China zu erschließen, werden die Zulieferer zunehmend Engagements in Asien anstreben und sich mit den dort geltenden Wettbewerbsbedingungen vertraut machen müssen.[22] Die Präsenz der Zulieferer vor Ort hat für die OEMs große Vorteile. So ist es möglich den überwiegenden Anteil der Produktions- und Logistikverantwortung an den Zulieferbetrieb zu verlagern. Die OESs stehen nun in der Verantwortung, eine Lieferung von Teilen zu gewährleisten, an die die gleichen Qualitätsansprüche wie auf dem Heimatmarkt gestellt werden. Dieser Aspekt wird in Zukunft eine immer größere Relevanz haben, da die Emerging Markets schon lange kein Sammelbecken mehr für ausrangierte Fahrzeugmodelle darstellen, sondern die aktuellsten Modelle der Hersteller fordern. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass für die OEMs bei einer Präsenz des Stammlieferanten auf dem ausländischen Markt, der kostspielige und risikoreiche Prozess der Entwicklung lokaler Lieferanten entfallen kann.[23]

3. Der Automobil- und Zuliefermarkt in China

3.1 Der chinesische Automobilmarkt

3.1.1 Historischer Überblick

Die Geschichte des chinesischen Automobilmarktes reicht bis ins Jahr 1953 zurück. Die erste Automobilproduktionsstätte in China wurde 1953 in Changchun, einer Industriestadt in der nördlichen Mandschurei, noch mit Hilfe der damaligen Sowjetunion, errichtet. In den folgenden Jahren erhielt nahezu jede Provinz ein eigenes Automobilwerk. Durch die Dezentralisierung der chinesischen Automobilindustrie wollte man sich für den Fall eines militärischen Angriffes die Chance der Verlagerung der Fahrzeugproduktion auf eine andere Provinz erhalten. Ein weiterer Grund für die Dezentralisierung ist in der in den 1980er Jahren ansteigenden Nachfrage nach Automobilen begründet. In diesen Jahren investierten die Provinzen eigenständig in den Aufbau lokaler Automobilwerke. So erhöhte sich die Anzahl der chinesischen Automobilhersteller im Zeitraum von 1983 bis 1985 von 65 auf 114.[24]

Die chinesische Automobilindustrie zeichnete sich zu dieser Zeit durch eine sehr hohe Fertigungstiefe aus. Jeder Automobilhersteller umfasste nahezu die gesamte Wertschöpfungskette und belieferte autark ein abgeschottetes Gebiet, wobei sich die Produktion fast ausnahmslos auf Nutzfahrzeuge beschränkte. Mitte der 1980er Jahre stieg der Bedarf an PKW aufgrund der Lockerung von Gesetzen bzgl. der Reglementierung des Fahrzeugbesitzes rapide an. Da dieser Bedarf nicht von der inländischen Automobilindustrie befriedigt werden konnte, musste in etwa die zwanzigfache Menge der inländisch produzierten PKW importiert werden. Aufgrund der hohen Zölle auf den Import dieser Kraftfahrzeuge wurden zahlreiche PKW illegal nach China eingeführt. Um dieser Erscheinung entgegenzuwirken, beschloss die chinesische Regierung im Jahre 1984 in den Aufbau eigener Produktionskapazitäten zu investieren.[25] In diesem Zuge wurde erstmals der Automobilmarkt für ausländische Investoren und Technologien geöffnet, um einen Transfer von Kapital und Know-How zu ermöglichen und somit die eigene Automobilwirtschaft zu stärken.[26]

[...]


[1] Vgl. VDA (2008), S. 48

[2] Vgl. Meyers Lexikon Online (2008), http://lexikon.meyers.de/wissen/China+%28Staat%29

[3] Vgl. Deutsche Bank Research (2006), S.5

[4] Vgl. Becker, H. (2007), S. 1

[5] Vgl. Becker, H. (2007), S. 168

[6] Vgl. Becker, H. (2007), S. 168

[7] Vgl. Becker, H. (2007), S. 169

[8] Vgl. Becker, H. (2007), S. 169

[9] Vgl. Kasperk, G. / Woywode,M. / Kalmbach,R. (2006), S. 68

[10] Vgl. Kasperk, G. / Woywode,M. / Kalmbach,R. (2006), S. 68

[11] Vgl. Becker, H. (2007), S. 170

[12] Vgl. Kinkel, S. / Zanker, C. (2007), S. 34 ff.

[13] Vgl. Kinkel, S. / Zanker, C. (2007), S. 37

[14] Vgl. Kinkel, S. / Zanker, C. (2007), S. 39

[15] Vgl. Becker, H. (2007), S. 173 ff.

[16] Vgl. Becker, H. (2007), S. 170

[17] Vgl. IRN, Inc. (2006), S. 19 ff.

[18] Vgl. Fein (2008); S. 4

[19] Vgl. Becker, H. (2007), S. 172

[20] Vgl. VDA (2008), S.76

[21] Vgl. Ernst Young (2006), S. 4

[22] Vgl. Ernst Young (2006), S. 10

[23] Vgl. Depner, H. (2006), S. 93 ff.

[24] Vgl. Canzler, W. / Dierkes, M. / Knie, A. / Marz, L. / Weider, M. (2008), S. 63 ff.

[25] Vgl. Kasperk, G. / Woywode,M. / Kalmbach,R. (2006), S. 33

[26] Vgl. Weider, M. (2004), S.21

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836630917
DOI
10.3239/9783836630917
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel – Wirtschaft, Wirtschaft für Ingenieure
Erscheinungsdatum
2009 (Juni)
Note
1,3
Schlagworte
china automobilmarkt automobilzulieferer swot autoindustrie
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