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Ist die Wall Street noch zu retten?

Die Folgen der amerikanischen Immobilienkrise für den Wirtschaftsstandort New York City

©2009 Diplomarbeit 153 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ein Ereignis zu benennen, welches in den Jahren 2007 und 2008 beinahe die gesamte Aufmerksamkeit aller weltweiten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Bevölkerung in Anspruch nahm, fällt nicht schwer. Es handelt sich um die amerikanische Immobilienkrise und ihre Folgeerscheinungen. Selten zuvor wurde eine einzelne Angelegenheit zum Objekt der gesamten öffentlichen Aufmerksamkeit.
Diese Nachrichtenaktualität zeigt, dass die Krise jeden betrifft, auch wenn sie originär in den USA ihren Ursprung hatte. Durch Finanzmanipulationen konnten sich die Auswirkungen weltweit verbreiten und sind daher auch weltweit spürbar. Selbst kleine Gemeinden in Deutschland berichten aufgrund von Investitionen in amerikanische Immobilienfonds von Wertberichtigungen in ihren Haushaltsbilanzen.
Gerade weil die Krise allgegenwärtig scheint, haben viele Menschen weltweit ein Interesse an Hintergrundinformationen über dieses Ereignis. Dafür ist für viele Menschen der Zusammenhang zwischen Immobilienkrise und den nun spürbaren Ereignissen auf dem Finanzmarkt und der Weltwirtschaft nicht offensichtlich. Das erste Ziel dieser Arbeit ist es daher aufzuzeigen, wie sich ein nationaler Immobilienboom in eine nationale Immobilienkrise verwandelt konnte, um dann in Form einer globalen Finanzkrise den gesamten Globus zu erschüttern.
Im globalen Finanzsystem, welches bisher von der Krise am stärksten erschüttert wurde, spielt die Stadt New York eine wichtige Rolle. Denkt man an New York City, so hat man automatisch die Hochhäuser der Banken, die Wall Street und den Aktienhandel vor Augen. Doch spätestens durch den Zusammenbruch der Aktienkurse im Jahr 2001 ist der weltweite Einfluss des Finanzplatzes New York City auch in negativer Weise bekannt.
Schon damals zweifelte man daran, dass sich die Stadt New York vom Aktiencrash und den anschließenden Terroranschlägen des 11. September 2001 wieder erholen würde. Allen Kritikern zum Trotze, gelang es jedoch der Stadt stärker als jemals zuvor aus der Krise hervorzugehen.
So schreibt John Strausbaugh von der New York Times über die Stadt New York:
‘Geographically and historically, New York City begins in the small space below Wall Street. And when disaster strikes the area, as it has often done, it can seem as if the city will end there too. But if the nearly four centuries of history there tell anything, it’s a story of survival. As it grew from the tiny Dutch outpost of New Amsterdam […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Matthias Graf
Ist die Wall Street noch zu retten?
Die Folgen der amerikanischen Immobilienkrise
für den Wirtschaftsstandort New York
City
ISBN: 978-3-8366-2953-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Passau, Passau, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung ... 1
1.1
Ziel der Arbeit ... 1
1.2
Aufbau der Arbeit ... 2
2.
Die amerikanische Immobilienkrise und deren Ausdehnung zu einer
weltweiten Finanzkrise ... 5
2.1
Die Voraussetzungen für die Immobilienkrise ... 5
2.1.1
Die Zinspolitik der amerikanischen Zentralbank als Basis für einen
Immobilienboom ... 5
2.1.2
Subprime-Kredite führen zur Entstehung einer Hypothekenblase ... 7
2.1.3
Fallende
Immobilienpreise ... 11
2.2
Wie aus der Immobilienkrise eine Finanzkrise werden konnte ... 14
2.2.1
Definitionen und modelltheoretische Überlegungen ... 14
2.2.2
Die Verbriefung von Hypothekenkrediten und der
Handel an der Wall Street ... 18
2.2.3
Die Krise nimmt ihren Lauf ... 25
2.2.4
Ausdehnung zur weltweiten Finanzkrise ... 31
3.
Die Bedeutung der Wall Street für New York City ... 37
3.1
New Yorks Aufstieg zur Wirtschaftsmetropole ... 37
3.2
Der Finanzsektor als Motor für die New Yorker Wirtschaft ... 41
3.2.1
Die Wall Street als Finanzsektor: Begriffserklärung und Definition ... 41
3.2.2
Die Anfänge der Wall Street als Finanz- und Handelsplatz ... 43
3.2.3
Der Aufstieg zum Weltfinanzzentrum ... 46
3.3
Die Indikatoren der Weltfinanzhauptstadt New York ... 50
3.3.1
Die New Yorker Aktienbörsen ... 51
3.3.2
Angesiedelte Unternehmen und das New Yorker Gross City Product ... 54
3.3.3
Löhne und Beschäftigung in New York City ... 57
3.3.4
Central Business Districts, Bürofläche und Mieten in Manhattan ... 59

4.
Die Auswirkungen der Immobilien- und Finanzkrise auf den
Wirtschaftsstandort New York ... 62
4.1
Negativeinflüsse der Finanzkrise ... 63
4.1.1
Kursverfall und andere Abwertungen an der Wall Street ... 63
4.1.2
Das Ende der Investmentbanken und der Absturz der New Yorker
Firmen im Finanzsektor ... 67
4.1.3
Massenentlassungen an der Wall Street ... 77
4.1.4
Wall Street Bonuszahlungen und Konsum ... 82
4.1.5
Auswirkungen auf den Immobilienmarkt in New York City ... 84
4.1.6
Steuerausfälle für den New Yorker Haushalt ... 91
4.2
Die mittelfristige Wirtschaftsentwicklung von New York City ... 95
4.2.1
Der CEI-Index der New Yorker Notenbank ... 95
4.2.2
Der modifizierte CEI-Index und die aktuellen Wirtschaftsdaten ... 96
4.2.3
Mittelfristiger Ausblick der New Yorker Wirtschaftsentwicklung ... 98
5.
Wie ein globales Ungleichgewicht die langfristige Zukunft
New Yorks beeinflusst ... 100
5.1
Die Rolle der globalen Ungleichgewichte ...100
5.2
Die drei Zukunftsszenarien ... 104
5.2.1
Das globale ,,Snail Szenario" ... 105
5.2.2
Das amerikanische ,,Bear-Szenario" ... 107
5.2.3
Das New Yorker ,,Bull-Szenario" ... 109
5.3
Vergleich der Szenarios ... 111
6.
Schlussbetrachtung ... 112
Literaturverzeichnis ...114
Anhang ...135
Danksagung ...143

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1.1: Aufbau der Arbeit als umgekehrte Pyramide ... 3
Abbildung 2.1: Der amerikanische Leitzins 2000-2008 ... 5
Abbildung 2.2: Ausstehende Hypothekenschulden der amerikanischen Haushalte ... 6
Abbildung 2.3: 30 Jahre Fixzinsrate für amerikanische Hypothekenkredite ... 8
Abbildung 2.4: Case-Shiller Home Price Index der 20 größten amerikanischen Metropolen . 9
Abbildung 2.5: Die Hypothekenvergabe in den USA ...10
Abbildung 2.6: Der Absturz des Case-Shiller Home Price Index ab 2005 ...12
Abbildung 2.7: Finanzkrisen nach Crockett ...15
Abbildung 2.8: Finanzkrisenkausalkette ...16
Abbildung 2.9: Der Wert der verbrieften ABS und MBS ...21
Abbildung 2.10: Der Anteil der CDS am globalen Kapitalmarkt ...23
Abbildung 2.11: Vereinfachte Darstellung der Verbriefung ...24
Abbildung 2.12: Der Absturz der ABX Mortgage Indices ...26
Abbildung 2.13: Der ABX Mortgage Index im Jahr 2008 ...26
Abbildung 2.14: Der Aktienkurs von Fannie Mae ...28
Abbildung 2.15: Der globale Financial Sector Index ...29
Abbildung 2.16: Der S&P Financial Sector Index ...29
Abbildung 2.17: Der LIBOR-Zinssatz ...32
Abbildung 2.18: Der Dow-Jones Industrial Average ...34
Abbildung 2.19: Der Financial Times Stock Exchange Index ...34
Abbildung 2.20: Der Nikkei-Index ...35
Abbildung 2.21: Der DAX-Index ...35
Abbildung 2.22: Der Hang Seng Index ...36
Abbildung 3.1: Der Rückgang der Industrie in New York City ...47
Abbildung 3.2: Die Indikatoren der Weltfinanzhauptstadt New York ...51
Abbildung 3.3: Die größten Aktienbörsen der Welt ...52
Abbildung 3.4: Die Indices der New Yorker Wertpapierbörsen ...52
Abbildung 3.5: Die Marktkapitalisierung der größten Börsen der Welt ...53
Abbildung 3.6: Der Anteil der Fortune-500 Unternehmenszentralen in den USA pro Stadt ...54
Abbildung 3.7: Der Anteil New Yorks an den zehn größten Investmentbanken ...56
Abbildung 3.8: Zentralen der weltgrößten Finanzfirmen in New York ...56
Abbildung 3.9: Die New Yorker Gewerbesteuer im Vergleich ...57
Abbildung 3.10: Die Gehaltszahlungen im New Yorker Finanzsektor ...58

Abbildung 3.11: Der Anteil der Arbeitsplätze im Finanz- und Immobiliensektor
in den größten US-Metropolen ...58
Abbildung 3.12: Die Entwicklung der Durchschnittsgehälter ...59
Abbildung 3.13: Durchschnittliche Mieten und Leerstehungsraten in New York ...61
Abbildung 4.1: Die Abwärtsspirale der New Yorker Wirtschaft. ... 63
Abbildung 4.2: Der Down Jones Industrial Average in der Krise ... 64
Abbildung 4.3: Der NASDAQ Index ... 65
Abbildung 4.4: Der S&P-500 Index ... 65
Abbildung 4.5: Notierte Unternehmen an den New Yorker Börsen... 66
Abbildung 4.6: Der Aktienkurs von Lehman Brothers ... 68
Abbildung 4.7: Der Aktienkurs von Goldman Sachs ... 70
Abbildung 4.8: Der Aktienkurs von Morgan Stanley... 71
Abbildung 4.9: Das Ende der New Yorker Investmentbanken ... 72
Abbildung 4.10: Der Aktienkurs der American International Group ... 73
Abbildung 4.11: Ausschnitt aus der AIG Bilanz 2007... 74
Abbildung 4.12: Der Aktienkurs der Citigroup ... 76
Abbildung 4.13: Arbeitsplatzverluste im New Yorker Wertpapierhandel ... 80
Abbildung 4.14: Arbeitsplatzverluste in der New Yorker Wirtschaft ... 80
Abbildung 4.15: Die Entwicklung des Case-Shiller Index durch die Krise ... 85
Abbildung 4.16: Die Anzahl der Zwangsversteigerungen von Häusern in New York ... 86
Abbildung 4.17: Verkaufsvolumen von Häusern in New York... 86
Abbildung 4.18: Die Entwicklung der Apartmentpreise in New York ... 87
Abbildung 4.19 : Aktienkursentwicklung von Real Estate Investment Trusts in New York . 89
Abbildung 4.20 : Verkäufe von Büroimmobilien in New York 2005-2009 ... 89
Abbildung 4.21: Steuereinnahmen der Stadt New York... 92
Abbildung 4.22: Steuerverluste durch Abschreibungen ... 93
Abbildung 4.23: Der CEI-Index der New Yorker Federal Reserve ...96
Abbildung 4.24: Die drei Merkmale von Finanzkrisen ...97
Abbildung 4.25: Der modifizierte CEI-Index ...99
Abbildung 5.1: Das amerikanische Leistungsbilanzdefizit ...101
Abbildung 5.2: Kapitalexportierende und kapitalimportierende Nationen ...102
Abbildung 5.3: Die drei Zukunftsszenarien ...105
Abbildung 5.3: Fiktiver Zeitungsartikel zum ,,Snail-Szenario" ...106
Abbildung 5.4: Fiktiver Zeitungsartikel zum ,,Bear-Szenario" ...108
Abbildung 5.5: Fiktiver Zeitungsartikel zum ,,Bull-Szenario" ...110

Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1: Die größten Hypothekenbanken der USA ...20
Tabelle 2.2: Schätzung über die Gesamtverluste durch die Krise ...33
Tabelle 3.1: Weltweite Metropolen mit den höchsten Gewerbesteuersätzen ...61
Tabelle 4.1: Bankenverluste durch die Finanzkrise ...77
Tabelle 4.2: Beschäftigungsverteilung in New York City ...79
Tabelle 4.3: Wall Street Bonuszahlungen 2005-2007 ...83
Tabelle 4.4: Veränderung der Steuereinnahmen pro Steuerart ...93
Tabelle 4.5: Vorhersagen für die Entwicklung bestimmter Indikatoren ...97
Tabelle 4.6: Verlustraten von New York City Wirtschaftsindikatoren ...98
Fotografienverzeichnis
Fotografie 3.1: Die Verrazzano-Narrows Brücke in New York ...38
Fotografie 3.2: Die 7th Avenue in New York City ...39
Fotografie 3.3: Die New York Stock Exchange ...42
Fotografie 3.4: Die NASDAQ in New York ...48
Fotografie 3.5: Die New York Stock Exchange an der Wall Street ...49
Fotografie 4.1: Der Verfall des Dow Jones am New Yorker Times Square ...64
Fotografie 4.2: Das ehemalige Hauptgebäude von Lehman Brothers ...69
Fotografie 4.3: Die Morgan Stanley Zentrale ...71
Fotografie 4.4: Das Hauptgebäude der Citigroup in Manhattan ...75

Abkürzungsverzeichnis
AIG
American International Group
ABS
Asset Backed Securities
ABX
Asset Backed Index
AMEX
American Stock Exchange
CEI
Coincident Economic Indicator
CBD Central
Business District
CDO
Credit Default Obligationj
CDS
Credit Default Swap
CMO
Collateral Mortgage Obligation
EU Europäische
Union
EZB Europäische
Zentralbank
FANNIE MAE
Federal Home Mortgage Corporation
FED
Federal Reserve System
FIBOR
Frankfurt Interbank Offered Rate
FIRE
Finance, Insurance, Real Estate
FREDDIE MAC
Federal Home Loan Mortgage Corporation
FTD
Financial Times Deutschland
GCP
Gross City Product
GSE
Government Sponsored Enterprise
IBO
New York City Independet Budget Office
IWF Internationaler
Währungsfonds
LIBOR
London Interbank Offered Rate
LLP
Limited Liable Partnership
NASDAQ
National Association of Securities Dealers Automated Quotation
NYC
New York City
NYCEDC
New York City Economic Development Corporation

NYS
New York State
NYSE
New York Stock Exchange
NYT
New York Times
MBS
Mortgage Backed Secutities
MRT
Mortgage Recording Tax
PIT
Personal Income Tax
RGE
Roubini Global Economonitor
RPTT
Real Property Transfer Tax
SEC
Securities and Exchange Comission
SIV
Special Investment Vehicle
SP StandardPoor's
SPV
Special Purpose Vehicle
USA
United States of America
WFE
World Federation of Exchanges

1. Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
Ein Ereignis zu benennen, welches in den Jahren 2007 und 2008 beinahe die
gesamte Aufmerksamkeit aller weltweiten Akteure aus Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft, Medien und Bevölkerung in Anspruch nahm, fällt nicht schwer. Es
handelt sich um die amerikanische Immobilienkrise und ihre Folgeerscheinungen.
Selten zuvor wurde eine einzelne Angelegenheit zum Objekt der gesamten
öffentlichen Aufmerksamkeit.
Diese Nachrichtenaktualität zeigt, dass die Krise jeden betrifft, auch wenn sie
originär in den USA ihren Ursprung hatte. Durch Finanzmanipulationen konnten sich
die Auswirkungen weltweit verbreiten und sind daher auch weltweit spürbar. Selbst
kleine Gemeinden in Deutschland berichten aufgrund von Investitionen in
amerikanische Immobilienfonds von Wertberichtigungen in ihren Haushaltsbilanzen.
Gerade weil die Krise allgegenwärtig scheint, haben viele Menschen weltweit ein
Interesse an Hintergrundinformationen über dieses Ereignis. Dafür ist für viele
Menschen der Zusammenhang zwischen Immobilienkrise und den nun spürbaren
Ereignissen auf dem Finanzmarkt und der Weltwirtschaft nicht offensichtlich. Das
erste Ziel dieser Arbeit ist es daher aufzuzeigen, wie sich ein nationaler
Immobilienboom in eine nationale Immobilienkrise verwandelt konnte, um dann in
Form einer globalen Finanzkrise den gesamten Globus zu erschüttern.
Im globalen Finanzsystem, welches bisher von der Krise am stärksten erschüttert
wurde, spielt die Stadt New York eine wichtige Rolle. Denkt man an New York City,
so hat man automatisch die Hochhäuser der Banken, die Wall Street und den
Aktienhandel vor Augen.
Doch spätestens durch den Zusammenbruch der Aktienkurse im Jahr 2001 ist der
weltweite Einfluss des Finanzplatzes New York City auch in negativer Weise
bekannt.
Schon damals zweifelte man daran, dass sich die Stadt New York vom Aktiencrash
und den anschließenden Terroranschlägen des 11. September 2001 wieder erholen
würde. Allen Kritikern zum Trotze, gelang es jedoch der Stadt stärker als jemals
zuvor aus der Krise hervorzugehen.

So schreibt John Strausbaugh von der New York Times über die Stadt New York:
,,Geographically and historically, New York City begins in the small space below Wall Street. And when
disaster strikes the area, as it has often done, it can seem as if the city will end there too. But if the
nearly four centuries of history there tell anything, it's a story of survival. As it grew from the tiny Dutch
outpost of New Amsterdam to today's forest of skyscrapers, Lower Manhattan outlived military
occupation, enormous fires, terrorist massacres and a long string of stock-market crises."
Durch die Immobilien- und Finanzkrise ist New York City nun erneut in Gefahr. Mit
der Krise kamen wieder viele Fragezeichen auf, inwieweit und ob überhaupt sich
New York nach diesem neuerlichen Schicksalsschlag wieder erholen kann, oder ob
nach dieser Krise Strausbaughs ,,Story of Survival" für New York endgültig zu Ende
gehen wird.
Auch dieser Aspekt wird in der vorliegenden Arbeit konsequenterweise beleuchtet.
1.2 Aufbau der Arbeit
Im Grundsatz ist die Arbeit so aufgebaut, dass sie von der Breite des Themas auf
den Punkt der Aufgabenstellung hinführt.
Bereits der Titel lässt erkennen, dass sich die Arbeit mit drei grundsätzlichen
Aspekten beschäftigt: Der erste Aspekt handelt von der Immobilienkrise und deren
Ausdehnung zur Finanzkrise. Der zweite Gesichtspunkt beschreibt hingegen die
Entstehung und die Vorherrschaft des Wirtschaftsstandortes New York City mit der
Wall Street als globalem Finanzzentrum. Im dritten Aspekt werden nun die ersten
beiden Punkte zusammengeführt und es wird die Korrelation der Variabeln
Immobilien- und Finanzkrise auf der einen Seite und dem Weltfinanzzentrum New
York City auf der anderen Seite analysiert. Dieser Punkt betrachtet die Folgen der
Krise für den Wirtschaftsstandort New York und ist damit, wie der Titel schon verrät,
der Hauptbestandteil der Arbeit.
Der Aufbau ist zudem so strukturiert, dass er anhand zweier Entwicklungslinien
aufgezeigt werden kann. Zum einen gibt es den Aufbau nach geographischem
Gesichtspunkt in Form einer umgekehrten Pyramide (Abbildung 1.1). Dazu wird
konsequenterweise das Spektrum von der amerikanischen Immobilienkrise auf die
Folgen für eine einzige amerikanische Metropole, nämlich den Wirtschaftsstandort
New York, verengt. Zusätzlich beinhaltet diese Vorgehensweise auch einen
chronologischen Ablauf. Dem Ausbruch der Immobilienkrise in den Jahren 2006 und
2007, folgt der Ausbruch einer Finanzkrise im Jahr 2008. Im Rahmen der Arbeit
werden zusätzlich im Kapitel 4 zum einen kurz- und mittelfristige Entwicklungen für

die Jahre 2009 bis 2012, sowohl im Kapitel 5 langfristige Szenarien bis 2020
aufgezeigt.
Abbildung 1.1: Der Aufbau der Arbeit in Form einer umgekehrten Pyramide.
Quelle: Eigene Darstellung.
Daraus ergibt sich der folgende Aufbau:
Nachdem im ersten Kapitel das Ziel und der Aufbau der Diplomarbeit aufgezeigt
werden, richtet sich das Augenmerk im zweiten Kapitel auf die Entstehung und die
Ursachen der amerikanischen Immobilienkrise. Als wichtigen Hintergrund wird
zusätzlich die Ausdehnung zur Finanzkrise erläutert. Dabei spielen die Methoden der
Geldbeschaffung und somit der Gestaltung von Subprime-Krediten eine wichtige
Rolle.
Im dritten Kapitel wird auf die Bedeutung der Wall Street für New York City und damit
auf den Finanzsektor als Motor für die New Yorker Wirtschaft eingegangen. Mit dem
Aufstieg der Wall Street hat sich auch New York City zum globalen Finanzzentrum
herausbilden können. Diese Entwicklung rechtfertigt erst den Blick auf den
Zusammenhang zwischen Immobilien- und Finanzkrise und der Finanzmetropole
New York.
Den Kern der Arbeit bildet das Kapitel vier, welches die Auswirkungen der
Immobilien- und Finanzkrise auf den Wirtschaftsstandort New York City beschreibt.

Durch den Totalzusammenbruch der Investmentbranche, zeigen sich unmittelbar
negative Einflüsse, deren Talsohle erst 2010 durchschritten sein wird.
Der Blick in die Jahre 2016 bis 2020 wird im Kapitel fünf beschrieben. In diesem
Kapitel wurden drei Szenarien erarbeitet, die jeweils das zukünftige Wirtschaftsleben
in New York aufzeigen. Eines dieser Szenarien wird am Ende als wahrscheinlich
hervorgehoben.

2. Die amerikanische Immobilienkrise und deren Ausdehnung zu einer
weltweiten Finanzkrise
2.1 Die Voraussetzungen für die Immobilienkrise
,,Die Immobilienkrise steht im Zentrum der Marktturbulenzen"
Financial Times Deutschland, 2008
2.1.1 Die Zinspolitik der amerikanischen Zentralbank als Basis für einen
Immobilienboom
In den Jahren 2000 und 2001 wurde die amerikanische Wirtschaft von einem
schwerwiegenden Doppelschlag getroffen: Mit dem Platzen der Technologieblase an
den neuen Märkten stürzten zuerst weltweit die Aktienkurse ab. Kurz darauf wurde
die Weltwirtschaft durch die Terrorangriffe des 11. September 2001 in eine
Rezession gerissen. Die amerikanische Notenbank Federal Reserve System (FED)
befürchtete eine Deflation. Um dem entgegenzusteuern, senkte die FED den
amerikanischen Leitzins von ursprünglich 6,5 Prozent auf äußerst niedrige ein
Prozent und hat ihn bis Juni 2004 auf diesem niedrigen Niveau gehalten (Soros
2008: 94; Fehr 2008: 125; Münchau 2008a: 6; Abbildung 2.1).
Abbildung 2.1: Der amerikanische Leitzins 2000-2008 (in Prozentpunkten).
Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von www.leitzinsen.info.

Mit diesem Instrument kann die zentrale Notenbank der USA die Liquidität und die
Entwicklung der Finanzmärkte entscheidend beeinflussen. Die Federal Reserve
versucht dabei mit ihrer Geldpolitik einen hohen Beschäftigungsstand zu halten,
gleichzeitig die Preisstabilität zu fördern und dabei die langfristigen Zinsen so
moderat wie möglich zu halten. Durch einen hohen Leitzins soll die Inflation
eingedämmt werden, indem die Wirtschaft mit sinkender Investitionstätigkeit reagiert,
und so für private Haushalte das Sparen attraktiver wird. Ein niedriger Leitzins
hingegen steht für eine expansive Geldpolitik, auch bekannt unter dem Prinzip des
Easy Money. Kredite werden dadurch billiger, Investitionen für Unternehmen und
Haushalte somit attraktiver und der Konsum wird dadurch angekurbelt. Insofern
spielt die Zentralbank eine wichtige Rolle, damit sich Banken refinanzieren, liquide
bleiben und Kredite an Konsumenten vergeben können.
Hinzu kommt, dass ab 2001 niedrige Verbraucherpreise vorherrschten, da
aufstrebende Industrieländer, insbesondere China, durch billigere Importe das
Preisniveau stabil halten konnten.
Die niedrigen Zinsen gaben zunächst der amerikanischen Wirtschaft erheblichen
Aufwind und es konnte innerhalb kurzer Zeit eine Erholung einsetzen. Dabei erlebten
vor allem die Finanz- und Immobilienmärkte einen ungeahnten Boom (Münchau
2008a: 6). Die billigen Zinsen wurden genutzt, um neue Häuser zu finanzieren. Mit
diesem Trend stieg auch die Zahl der Hypothekenschulden stark an (Abbildung 2.2;
Anhnag 1).
Abbildung 2.2: Die Hypothekenerschuldung der amerikanischen
Privathaushalte 1975-2007 (in Milliarden Dollar). Quelle: Eigene Darstellung mit
Daten von www.newyorkfed.com.
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Durch den Anstieg der Hypothekenschulden wurde es den Finanzmärkten
ermöglicht, riesige Mengen an Krediten in den Markt zu bringen. Das lag daran, dass
das amerikanische Volk zunächst völlig logisch auf die Anreize des billigen Kredites
reagierte, da es durch die niedrigen Zinsen rationaler war, sich Geld zu leihen, als
Geld zu sparen. Dies führte dazu, dass schon nach wenigen Jahren eine negative
Sparquote erreicht wurde, was soviel heißt, wie dass mehr Geld ausgegeben als
gespart wurde (Sommer 2008: 26).
Durch die hohe Nachfrage war ein Ansteigen von Vermögenspreisen, insbesondere
von Immobilien, die Folge (Münchau, 2008b: 7; Zeise 2008: 9). So ist der Anteil des
Wohnhausbaus an den Gesamtinvestitionen in den USA zwischen 2000 und 2005
von 4,5 auf 6,5 Prozent gestiegen (Brender, Pisani 2007: 96). Durch die steigenden
Preise von Wohnimmobilien wurde die Wirtschaft zudem in Schwung gehalten, was
es den USA erlaubte, weiterhin auf Rekordniveau zu konsumieren (Sommer 2008:
31; Bischoff 2008: 63). Die Tatsache, dass Häuser- und Aktienpreise nicht direkt zur
Inflationsmessung beitragen, brachte bei der FED die Meinung hervor, dass die
Notwendigkeit einer Zinserhöhung nicht vorherrschte. Unter dem langen Vorsitz von
Alan Greenspan glaubte man daher, dass die FED Wunder bewirkte, da es ihr
gelang das Ziel der niedrigen Zinsen mit dem der niedrigen Inflation zu vereinen. Die
Realität sah jedoch anders aus: ,,In truth, Greenspan and the FED dispensed no
such magic as their fans imagined. By pushing the federal funds rate to the floor ­
just one percent ­ and holding it there for 12 months, until mid-2004, the Federal
Reserve in fact faciliated the debt bubble" (Grant 2008: 25). Die Politik der niedrigen
Zinsen der amerikanischen FED ermöglichte es also, dass eine der Krise
vorausgehende Immobilienblase entstehen konnte. Wie es dazu kommen konnte, ist
Teil des nächsten Kapitels.
2.1.2 Subprime-Kredite führen zu einer Hypothekenblase
,,We want more people to own their own home"
ehem. US-Präsident George W. Bush, 2002
Als zum Jahreswechsel 2007/2008 nach dem Wort des Jahres gesucht wurde, war
für die Finanzexperten klar, dass dafür nur ein Begriff in Frage kommen konnte:
Subprime. So werden in den USA Hypothekenkredite genannt, die an Kreditnehmer
mit schlechter Bonität vergeben werden (Sommer 2008: 1).

Hypotheken sind gemeinhin durch Immobilien besicherte Kredite, also Kredite, die
zur Finanzierung einer Immobilie eingesetzt werden (Wierichs, Smets 2007: 41). Die
Hypothekenbank beleiht die Immobilien und behält somit im Gegenzug eine
Sicherheit für den Fall eines Zahlungsausfalles.
Durch die beschriebene Politik der niedrigen Zinsen stieg ab 2003 die Summe der
Hypothekenschulden der privaten Haushalte stark an und lag 2004 bei 8,82 Billionen
Dollar oder 70 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes. Alleine in den
letzten sechs Jahren haben die amerikanischen Haushalte für mehr
Hypothekenschulden gesorgt als jemals zuvor seit der Existenz des
Hypothekenmarktes (Soros 2008: 95; Haimann 2007: 34f.; Abbildung 2.2).
In den Vereinigten Staaten ist es zudem möglich, Hypotheken mit festem Zinssatz
während ihrer Laufzeit zu kündigen und mit einer neuen Hypothek zu refinanzieren
(Fehr 2008: 125). Durch die fallenden Zinsen ab 2001 wurden alte Hypotheken mit
höheren Zinsen gekündigt, um danach eine neue Hypothek mit besseren
Konditionen aufzunehmen (Sommer 2008: 5); denn durch die billigen Zinsen wurden
natürlich auch die Hypotheken billiger. Da in dieser Zeit die Häuserpreise stiegen,
gewährten die Banken auch eine höhere Hypothekenschuld, und das bei sinkenden
Zinsen. Traditionell finanzieren US-Amerikaner ihr Eigenheim mit einem 30-jährigen
Fix-Zins-Hypothekenkredit zu 100 Prozent ohne Anzahlung. Während Anfang 2000,
auf dem Höhepunkt der New Economy Booms, die Zinsrate noch bei 8,5 Prozent lag,
betrug sie 2003 nur noch 4,5 Prozentpunkte (Abbildung 2.3).
Abbildung 2.3: Die 30 Jahre Fixzinsrate für Hypotheken 1984- 2004. Mitte 2003
waren die Zinsen mit 4,5 Prozent so niedrig wie niemals zuvor.
Quelle: Sommer 2008: 6.

#
Der von Standard and Poor's herausgebrachte Case-Shiller-Index für die
Häuserpreise der 20 größten US-amerikanischen Metropolen errechnete etwa für die
Stadt Los Angeles zwischen 2000 und 2006 einen Zuwachs der Immobilienpreise
von 170 Prozent. Eine Immobilie, die ursprünglich 100.000 Dollar kostete, war
plötzlich 270.000 Dollar wert. In New York lag diese Rate bei 120 Prozent, in
Washington D.C. bei 140 Prozent und in Miami sogar bei 180 Prozent (Münchau
2008b: 7). In Manhattan kletterte der durchschnittliche Kaufpreis für ein Apartment
von 400.000 im Jahre 1995 auf 1.400.000 im Jahr 2005 (Otte 2008: 91). Anfang
2006 konnte man das teuerste Vier-Zimmer-Apartment der Stadt für 55.000 Dollar
pro Monat im Trump Tower an der 5th Avenue mieten. Ein Stadthaus an der Upper
East Side, welches 1987 noch für 6,9 Millionen Dollar den Besitzer wechselte,
kostete jetzt 50 Millionen Dollar. Landesweit stiegen die Preise für Eigenheime um
jährlich 10 Prozent und mehr (Fehr 2008: 135). Da die Preise der Häuser seit zehn
Jahren ununterbrochen gestiegen waren, herrschte die allgemeine Meinung vor,
dass die Preise auch in Zukunft immer weiter steigen würden. Diese sollte sich als
fatale Fehleinschätzung herausstellen.
Abbildung 2.4: Der Case-Shiller Home Price Index für die 20 größten
amerikanischen Metropolen 1987-2006.
Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von www.standardandpoors.com.
Denn als schon kurz darauf die Zinsen ihren Tiefpunkt durchschritten hatten und die
Refinanzierungen zu versiegen drohten, fehlte es den Banken an Nachschub und
das Geschäft mit Hypothekenkrediten drohte zum Erliegen zu kommen. Deshalb
konzentrierten sich die Hypothekenbanken nun auch zunehmend auf
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finanzschwächere Kunden. Immer riskantere Hypotheken überschwemmten den
Markt. Hypotheken zum Beispiel, deren Startzinsen niedriger waren als die
Marktzinsen und die später mit umso höheren Zinsen bezahlt werden mussten. Vor
allem aber wurde eine besondere Hypothekenart neu vergeben und genau diese
sollte später zu einem der wichtigsten Auslöser der Krise werden. Dabei handelte es
sich um eine Hypothek an Kunden, die nur eine geringe Kreditwürdigkeit aufweisen
konnten (Bischoff 2008: 30). Es handelt sich um die sogenannte Subprime-
Hypothek. Das Wort Prime bedeutet im Englischen so viel wie ,,erste Wahl"; Sub-
prime heißt demnach Kreditvergabe an Kunden, von denen man nicht sicher ist, ob
sie ihre Schuld auch fristgemäß zurückzahlen können (Münchau 2008a: 10; Bischoff
2008: 31). Vorangetrieben durch die Illusion, dass die Immobilienpreise ins
Unendliche steigen würden, wurde die Euphorie an den Immobilienmärkten so
extrem, dass Banken oder Makler oftmals Hypotheken einfach blind und ohne die
Kreditwürdigkeit des Antragstellers zu überprüfen, vergaben. Mit sogenannten
Teaser-Rates (Lockkonditionen) versuchten die Banken neue Kunden zu werben. Im
Jargon der Banker sprach man von so genannten Ninja-Hypotheken. Ninja, steht für
no income, no job, no assets (Sommer 2008: 7). Dies führte dazu, dass der Anteil
der vergebenen Subprime-Kredite rasch wachsen konnte und im Jahr 2006 bereits
21 Prozent aller vergebenen Kredite ausmachte. Im Jahr 2001 waren es dagegen
noch acht Prozent (Abbildung 2.5).
Abbildung 2.5: Die Hypothekenvergabe in den USA: Prime und Subprime.
2001-2006. Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von www.newyorkfed.com.
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Es konnte zum Beispiel vorkommen, dass einem Subprime-Kreditnehmer eine auch
für ihn erfüllbare Tilgungsrate mit einem niedrigen Zins angeboten wurde, wobei
dieser Satz sich aber dann nach dem zweiten Jahr für die kommenden 28 Jahre
überproportional erhöhte (sogenannte 2/28-Hypotheken). Da sich der Kreditnehmer
diese Ratenerhöhung jedoch nicht leisten konnte, boten die Makler nach zwei Jahren
eine Refinanzierung an, durch die der Subprime-Kreditnehmer eine neue Hypothek
auf den gestiegenen Preis seines Hauses aufnehmen konnte. Dies funktionierte aber
nur, wenn der Häuserpreis stieg, was ja zunächst noch der Fall war. Dass gerade
aber auf Menschen ohne ausreichendes Einkommen oder Vermögen zurückgegriffen
wurde, lag auch daran, dass die Subprime-Schuldner dazu bereit waren, hohe
Zinssätze in Kauf zu nehmen. Im US-amerikanischen Hypothekenmarkt, mit einer
Gesamthöhe von rund 12 Billionen Dollar (2007), entfallen rund 3 Billionen Dollar auf
den Subprime Sektor (Bischoff 2008: 34). Von diesen 3 Billionen an Subprime-
Krediten wurden 2,5 Billionen zwischen 2001 und 2006 vergeben (Abbildung 2.5).
Doch selbst dieser ,,Subprime-Wahn" (Münchau 2008b: 9) schien zunächst relativ gut
zu laufen. Das System funktionierte bis zum Jahr 2007 hervorragend. Noch nie
hatten so viele Amerikaner ein ,,eigenes" Haus (Otte 2008: 96). Zudem blieben die
Zahlungsausfälle zunächst überschaubar. Solange der Immobilienmarkt boomte,
funktionierte dieses Spiel. Durch die jährlichen Wertsteigerungen, konnten die
Immobilie mit immer höheren Werten beliehen werden. Solange die Immobilienpreise
stiegen, war es durchaus rational Kredite aufzunehmen und in risikoreiche
Wertpapiere oder Immobilien zu investieren. Obwohl die Sparquote der Amerikaner
enorm sank, war es zunächst ein Geschäft, bei dem es nur Gewinner gab. Aber nur
solange die Preise anstiegen (Sieren 2008: 18).
2.1.3 Fallende Immobilienpreise
Da seit Anfang der 1990er Jahre die Vermögenspreise für Immobilien angestiegen
waren, hat dies bei vielen Bürgern die Illusion gefördert, dass die Aufwärtsbewegung
ewig anhalten wird und sie sich an dieser Entwicklung beteiligen sollten. So kauften
die Amerikaner Immobilien in der Erwartung, diese zu einem späteren Zeitpunkt mit
Gewinn wieder verkaufen zu können. Doch ab Mitte 2006 fing der Häusermarkt der
amerikanischen Ost- und Westküste plötzlich an zu stagnieren (Zeise 2008: 81).
Zuvor wurde schon 2004 vom Independent Budget Office (IBO) in New York in
einem Bericht davon ausgegangen, dass es in den kommenden Jahren vor allem bei
der auf Hypotheken basierenden Mortgage Recording Tax (MRT) und der Real
Property Transfer Tax (RPTT) wegen einer Stagnation der Häuserpreise zu

Einbußen kommen könnte (IBO 2004: 3). Zwar gab es anfangs noch keine
dramatischen Einbrüche, doch spätestens im Jahr 2007 hatte sich dieser Preisverfall
rapide beschleunigt und zwar flächendeckend (Bischoff 2008: 8). Damit endete die
Spekulationsblase im Hypothekenmarkt abrupt.
Als Indikator für diesen Preisverfall dient erneut der Case-Shiller-Index. Im Juli 2007
fiel dieser Index so stark ab wie noch nie in einem Monat und übertraf damit sogar
die sehr düsteren Prognosen (Osman et al. 2008: 17). Davor war der Index seit
Januar 2007 jeden Monat gesunken, alleine im November 2008 um 13 Prozent
(Healy 2008: B3, Abbildung 2.6). Im Landesdurchschnitt sind die Häuserpreise
bisher 15 bis 20 Prozent gefallen. Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht (Bischoff
2008: 11; Bayer 2008: 20). Am 28. Oktober 2008 waren seit 20 Monaten die
Häuserpreise durchgehend gefallen. Dass der Case-Shiller-Index für 2008 den
Rückgang von 16,6 Prozent beziffert, deckt sich mit den Voraussagen des
Internationalen Währungsfonds (IWF), der zwischen 2007 und 2008 einen
Rückgang zwischen 14 und 22 Prozent pro Jahr ausgerechnet hat (Roubini 2008: 1).
Paul Krugman, Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2008 und
Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Princeton, sieht das Verhältnis zwischen
Häuserpreisen und Mietpreisen als guten Index für die Überbewertung der Preise
und folgert daher einen weiteren Verfall der Hauspreise von insgesamt 25 Prozent
(Krugman 2008: 1).
Abbildung 2.6: Der Absturz des Case-Shiller Home Price Index ab 2005.
Quelle: www.standardandpoors.com.

Zusätzlich übertrugen sich die Notverkäufe und Zwangsversteigerungen aus dem
Subprime-Marktsegmenten schrittweise auf den gesamten Immobiliensektor. Durch
den hohen Verschuldungsgrad im Subprime-Bereich können viele Kreditnehmer
durch den Anstieg der Zinsen ihre Kredite nicht mehr bezahlen. Aufgrund der
fallenden Immobilienpreise war eine Refinanzierung ebenfalls nicht mehr möglich.
Denn bei sinkenden Immobilienpreisen half es auch nicht, das Wohnhaus zu
verkaufen, da der niedrige Preis die Schulden nicht decken konnte.
Bereits 2005 führten die wieder steigenden Zinsraten zu einer Verlangsamung des
Wachstums im Subprime-Segment. Die Kreditausfallwahrscheinlichkeit bei
Subprime-Krediten stieg stark an (IWF 2008: 5). Daraufhin verschärften die Banken
wieder die Kreditvergabestandards und viele Kreditgeber zogen sich aus dem Markt
für Subprimekredite zurück. Auf einmal bekamen Millionen Amerikaner keine neuen
Kredite mehr, um ihre alten Hypotheken zu finanzieren und auf einmal merkten die
amerikanischen Hypothekenbanken, dass sie das viele Geld, das sie verliehen
hatten, nicht wiederbekommen würden.
Die steigenden Kreditvergabestandards und die hohen Zinsen sorgten zudem für
hohe Nachfrageausfälle im Immobilienmarkt. Zusätzliche Belastung ging von der
schwachen Entwicklung des US-Arbeitsmarktes aus. Durch die damit eingetretene
Rezessionsgefahr sanken die Häuserpreise immer tiefer.
Diese Effekte übten einen enormen Preisdruck auf die Immobilien aus und führten
schließlich dazu, dass die US-Hauspreise alleine 2007 im Durchschnitt um 10
Prozent fielen. Mit dem Verfall der Preise, stieg die Anzahl der
Zwangsversteigerungen von Immobilienobjekten enorm an (Sommer 2008: 17).
Allein im Jahr 2007 waren in den USA rund 1,5 Millionen Zwangsversteigerungen
eingeleitet worden. 53% mehr als 2006 (Bischoff 2008: 11). Im Jahr 2008 waren es
schon 3,2 Millionen, davon 726.000 in Kalifornien, 590.000 in Florida und 168.000 in
Nevada (Bräuer 2008a: 19; Bayer 2008b: 20, Bischoff 2008: 19). Alleine in der Stadt
Las Vegas, die sehr stark von dem Preisverfall getroffen wurde, wurden im
November 2008 71 Prozent der Wohnhäuser durch Zwangesversteigerungen
verkauft (Healy 2008: 1). Wenn ein US-Bürger die Zins- und Tilgungsraten nicht
mehr bezahlen kann, versucht die Bank die Sicherheit durch eine
Zwangsversteigerung der Immobilie einzulösen.
Durch fallende Immobilienpreise konnte jedoch kein ausreichender Verkaufspreis
erzielt werden. Das bedeutet, dass die Verschuldung inzwischen höher war, als der
eigentliche Wert des Hauses. Diese Situation trifft bereits auf 12 Millionen
amerikanische Eigenheime zu (Roubini 2008: 1). Gleichzeitig blieb das Angebot an

Immobilien durch die große Zahl an Zwangsversteigerungen auf hohem Niveau, was
die Preise immer weiter in die Tiefe drückte. Wenn also der durch die
Zwangsversteigerung erzielte Verkaufspreis niedriger ist als die Verbindlichkeiten
des Schuldners bei der Bank, müssen die Kredite abgeschrieben und die Bilanzen
der Unternehmen und Banken gekürzt werden. Dies trifft vor allem die
amerikanischen Hypothekenbanken, die daraufhin zahlreich in die
Zahlungsunfähigkeit abstürzten.
Dies lässt jedoch zunächst die Frage offen wie es im Rahmen dieser Immobilienkrise
dazu kommen konnte, dass neben den Hypothekenbanken auch internationale
Finanzkonzerne Pleite gehen, in der Not verkauft oder verstaatlicht werden und
dabei milliardenschwere Verluste abschreiben müssen, obwohl diese überhaupt
keine Hypotheken vergeben haben? Wie es dazu kommen konnte, dass sich die
Immobilienkrise auf den Finanzsektor ausbreiten konnte wird im nächsten Kapitel
beschrieben. Denn erst in diesem Zusammenhang lohnt auch der Blick auf die
Finanzmetropole New York.
2.2 Wie aus der Immobilienkrise eine Finanzkrise werden konnte
Wenn man in diesen Tagen Zeitungen, Bücher oder wissenschaftliche Berichte
betrachtet, so wird man um den Begriff der Finanzkrise nicht herumkommen.
Während Anfang 2008 noch von einer Immobilienkrise, speziell einer Subprimekrise
die Rede war, wird nun die ,,Kernschmelze im Finanzsystem" (Münchau 2008b), oder
sogar das ,,Ende des Kapitalismus" (Financial Times Deutschland 2008)
heraufbeschworen . Diese Entwicklung, nämlich die Ausdehnung der Immobilienkrise
zur weltweiten Finanzkrise, ist Thema dieses Kapitels.
2.2.1 Definitionen und modelltheoretische Überlegungen
Unter ökonomischen Krisen generell versteht man grundsätzlich Ereignisse bzw.
Entwicklungen, welche die Funktionsfähigkeit und Stabilität von Wirtschaftseinheiten,
Wirtschaftsbereichen oder Volkswirtschaften als Ganzes beeinträchtigen. Zusätzlich
besteht die Gefahr von Unternehmenszusammenbrüchen, die sich entweder in
bestimmten Branchen häufen, oder sich auf die Gesamtwirtschaft ausdehnen
können (Aschinger 2001: 1). Der amerikanische Wirtschaftshistoriker Charles
Kindleberger definierte die ernsthafte Krise pragmatisch als ,,Vorfall, der mindestens

zwei große Volkswirtschaften, sowie mehrere Klassen von Wirtschaftsgütern und
Vermögensgegenständen umfasst" (Rogoff, Reinhardt 2008: 57).
Die Finanzkrise gilt also gemeinhin als relativ vielfältige Begrifflichkeit, welche jedoch
im Allgemeinen die schnelle und erhebliche Verschlechterung verschiedener
finanzieller Indikatoren (z.B. Zinssätze, Aktien) einer Volkswirtschaft beschreibt
(Aschinger 2001: 11). Generell wird bei einer Finanzkrise auch von einer Störung
des Finanz-, Geld- und Kapitalmarktes ausgegangen. Dabei entstehen
Kräfteverschiebungen am Markt, verbunden mit Einschränkungen in der
Funktionalität des Geldsystems und der Geldwertstabilität. Nach Angermüller (2001:
6) kann man von einer Finanzkrise sprechen, wenn sich finanzielle Daten, wie
Aktien- und Währungskurse oder Devisenbestände, in einem kurzen Zeitraum
ungünstig entwickeln. Laut Crockett (1997: 3, Abbildung 2.7) ist daher die Stabilität
des Finanzmarktes eine wichtige Voraussetzung für das Nichtvorhandensein von
Finanzkrisen. Er schreibt dazu: ,,...stability requires (i) that the key institutions in the
financial system are stable, in that there is a high degree of confidence that they can
continue to meet their contractual obligations without interruption or outside
assistance, and (ii) that the key markets are stable, in that participants can
confidently transact in them at prices that reflect fundamental forces and that do not
vary substantially over short periods when there have been no changes in
fundamentals."
Ist diese Stabilität nicht vorhanden, so liegt nach Crockett der Tatbestand der
Finanzkrise vor. Wir sprechen also von einer Finanzkrise, wenn zumindest eine der
folgenden Bedingungen nicht erfüllt ist:
Abbildung 2.7: Finanzkrisen nach Crockett 1997: 3. Quelle: Eigene Darstellung.
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Für diese Arbeit ist jedoch die Definition von Aschinger (2001: 11) am
anschaulichsten. Er beschreibt eine Finanzkrise als erhebliche Verschlechterung
finanzieller Indikatoren (z.B. eine starke Erhöhung des kurzfristigen Zinssatzes,
Sinken von Aktien und Obligationenpreisen) und die Flucht aus realen und
langfristigen Vermögenswerten, zum Beispiel dem Immobilienmarkt. Finanzkrisen
seien demnach Störungen des Finanzsektors, die mit schweren Problemen bei der
Versorgung mit Geld und Krediten verbunden sind. Sie können durch
unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden, beispielsweise Schocks an den
Wertpapiermärkten, politische Verknappung von Krediten oder Druck auf
Wechselkurse und Währungen. In den meisten Fällen geht den Krisen ein Boom
voraus, in dem die Geld- und Kreditmenge stark steigt und damit auch die Risiken
durch spekulative Finanzanlagen zunehmen (Abbildung 2.8; Garber 2000: 3).
Finanzkrisen sind daher auch die Folge von Spekulationen, die sich generell immer
auf zwei Ursachen gründen: dem Zugang zu billigem Geld und das Vorhandensein
einer erfolgversprechenden Investmentidee. Wie in Kapitel 2.1 dargestellt wurde, lag
der Zugang zu billigem Geld durch die niedrigen Zinsen und die Investmentidee
durch die steigenden Preise auf dem Immobilienmarkt vor. Wenn diese
Spekulationsblase jedoch platzt, kommt es zu massiven Zusammenbrüchen und
damit zu plötzlichen Kapitalabflüssen.
Abbildung 2.8: Finanzkrisenkausalkette nach Aschinger.
Eigene Darstellung nach Aschinger 2001: 11.
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Weil innerhalb der Finanzdienstleister den Banken eine besondere Bedeutung für
den gesamten Finanzsektor beigemessen wird, kann die Finanzkrise auch von einer
Bankenkrise begleitet sein. So können sich zum Beispiel Schwierigkeiten oder gar
der Zusammenbruch einer Bank negativ auf andere Institutionen oder auf
Finanzmärkte auswirken. Banken sind durch Interbankengeschäfte, durch
Kooperationen und letztlich durch den Zahlungsverkehr stark voneinander abhängig.
Somit kann der Ausfall einer Bank für die im Rahmen des Interbankengeschäftes
beteiligten Gläubigerbanken ebenfalls zur Gefahr werden. Neben diesen direkten
finanziellen Schwierigkeiten ergeben sich für andere Banken Probleme durch einen
allgemeinen Vertrauensverlust. Genau das meint Aschinger, wenn er im Rahmen der
Finanzkrise von Problemen bei der Versorgung mit Geld und Kredit spricht. Kommt
es zu diesem Vertrauensverlust, dann werden alle Einleger versuchen ihre Einlagen
so schnell wie möglich abzuheben und die Bank wird somit zahlungsunfähig. Es
handelt sich dann nicht um die Krise einer einzelnen Bank, sondern um eine
systematische Bankenkrise (Rogoff, Reinhart 2008: 8). Die Folge wäre eine
weltweite Krise. Da die Verluste der Einleger auch den realen Sektor treffen können,
sind Auswirkungen auf den Aktienmarkt beispielsweise nicht ausgeschlossen.
Im Allgemeinen beschäftigen sich die modelltheoretischen Überlegungen zu den
Finanzkrisen zunächst ausschließlich mit Währungskrisen und
Wechselkurssystemen, bei denen die Bindung des nominalen Wechselkurses Anlass
zu spekulativen Attacken gab. Diese konnten sich krisenfördernd auswirken
(Angermüller 2002: 137). Die Krisenmodelle im wissenschaftlichen Diskurs werden
generell in drei Generationen eingeteilt. Bei den ersten beiden handelt es sich jeweils
um Modelle, die den Zusammenbruch eines festen Wechselkurssystems erklären
(Hott 2002: 11), was auf die momentane Krise nicht anwendbar ist. Interessant wäre
das Modell der dritten Generation, welches sich mit dem sogenannten Moral Hazard
Problem beschäftigt. Moral Hazard bezeichnet die Gefahr eines riskanten
Investitionsverhaltens und entsteht durch die Tatsache, dass bei einer
kreditfinanzierten Fehlinvestition der Kreditgeber einen Teil des Risikos selbst tragen
muss und eine riskante Anlage für den Kreditnehmer interessant wird (Mishkin 1996:
17) Dadurch besteht zum Beispiel für Banken der Anreiz und die Möglichkeit, sich
absichtlich riskanter zu Verhalten, um sich dadurch indirekt vom Staat finanzieren zu
lassen, indem im Rahmen des too big to fail Prinzips eine staatliche Garantie
ausgesprochen wird (Sommer 2008: 8). Diese staatliche Absicherung führt zu
risikoreicheren Geschäften und zu Überinvestitionen in riskante Anlagen. Es kommt
zu so genannten spekulativen Preisblasen (Hott 2004: 33) und veränderten Anreiz-

bzw. Erwartungsstrukturen, die zu einem Anlage- oder Spekulationsboom führen
(Angermüller 2002: 54). Auch in der Beziehung zwischen Zentralbank und
Geschäftsbanken kann es zu Moral Hazard kommen, wenn die Zentralbank als ein
so genannter lender of the last resort (Kreditgeber der letzten Instanz) fungiert, d.h.
für Verbindlichkeiten der Geschäftsbanken bürgt.
2.2.2 Die Verbriefung von Hypothekenkrediten und der Handel an der Wall
Street
Nachdem die theoretischen Grundlagen besprochen wurden, soll nun erklärt werden,
wie die Immobilienkrise ein Problem auf den Finanzmärkten auslösen konnte.
In seinem Modell, beschriebt Aschinger (2001: 11), dass einer Finanzkrise im
Regelfall ein Boom vorausgeht. Auch wenn er sich dabei hauptsächlich auf die
Dotcom-Blase der späten 1990er Jahre bezieht, so herrschte in den USA ab 2003
zwar kein Spekulationsboom auf den Aktienmärkten, jedoch aber im
Immobiliensektor. Nach Aschinger werden diese Blasen durch risikoreiche
Investitionen zum Platzen gebracht, ausgelöst unter anderem durch politische
Verknappung von Krediten und Schocks an Wertpapiermärkten. Im Kapitel 2.1 wurde
bereits besprochen, dass durch den Anstieg der Leitzinsen ab 2005 (politische
Verknappung von Krediten) zum einen die Nachfrage nach Immobilien nachließ, und
durch ein drastisches Überangebot, die Immobilienpreise plötzlich abstürzten. Es lag
also ein Schock am Immobilienmarkt vor. Dieser Schock konnte sich nun durch
Spekulationen auch auf den Finanzmarkt übertragen.
Früher war ein Kredit ein Kredit. Die Bank vergab diesen Kredit an Kunden, welcher
dann bis zum Ende der Tilgung in der Bilanz der Bank stand (Sommer 2008: 3;
Bischoff 2008: 14) Der Kredit war im Prinzip ein Vertrag zwischen zwei Parteien und
konnte somit nicht an der Börse gehandelt werden (Bischoff 2008: 30). Da sich ein
Kreditausfall direkt auf die Bilanz der Bank auswirkte, sahen sich die Banken dazu
veranlasst, die Sicherheiten des Schuldners genau anzusehen und Kredite nur an
Personen zu vergeben, bei denen sie annehmen konnten, ihr Geld auch wieder
zurückzubekommen.
Seit der Pleite der Kölner Herstatt-Bank in den 1980er Jahren, gibt es Gesetze,
welche den Banken weltweit eine Obergrenze bei Kreditvergaben auferlegen. Diese
Grenzen hängen von verschiedenen Faktoren ab, vor allem aber vom Eigenkapital
der Bank. Diese Eigenkapitalgesetzte, auch bekannt unter dem Namen Basel I,
hatten einen wichtigen Nebeneffekt. Die Grundregel lautet, dass die Höhe des

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Eigenkapitals mindestens acht Prozent der Kredite betragen muss (Baseler
Ausschuss für Bankenaufsicht 2004: 2; Brauer 2006: 493, Zeise 2008: 78). Mit den
Basel I-Regelungen, standen Banken unter dem Zwang eine Eigenkapitalquote von
acht Prozent ständig aufrechtzuerhalten, und somit die Menge der risikogewichteten
Kredite einzudämmen. Die Banken konnten es sich also nicht erlauben,
unbeschränkt Kredite zu vergeben.
Als aber ab 2003 die Häuserpreise in den USA extrem anstiegen und billige Zinsen
das Kreditgeschäft aufblühen ließen, mussten sich die Banken etwas einfallen
lassen, um durch Hypotheken am Geschäft mit dem Immobilienboom teilhaben zu
können. Dies konnte jedoch nur geschehen, indem die Banken die vergebenen
Hypothekenkredite aus ihrer Bilanz ausgliederten, um so die Baseler Regeln zu
umgehen. Dabei bedienten sich die Banken einem modernen Kreditinstrument, der
sogenannten Verbriefung. Zu diesem Zweck errichteten sie Zweckgesellschaften,
sogenannte Special Purpose Vehicle (SPV) oder auch Special Investment Vehicle
(SIV), meistens angesiedelt in Steueroasen, wie den Cayman Islands, an die die
Hypothekenkredite abgetreten wurden. Damit konnte die Bilanz der Mutterbank
weiterhin den Regeln von Basel I entsprechen (Aberer, Gruber 2007: 16). Die Kredite
blieben jedoch nicht in diesen SPVs, sondern diese formten nun die Kredite in
sogenannte forderungsbesicherte Wertpapiere, oder Asset Backed Securities (ABS)
um. In diese Wertpapiere umwandeln lassen sich nicht nur Forderungen aus
Hypothekenkrediten, sogenannte Mortgage Backed Securities (MBS), sondern auch
Leasingverträge und Kreditkartenschulden. Alle diese Kredite wurden also in
festverzinsliche Wertpapiere umgeformt und dann gebündelt und inklusive
Kreditausfallrisiko im Markt an professionelle Investoren weiterveräußert. Ab diesem
Zeitpunkt tauchen das Vermögen und die Schulden des Hypothekenkredites (MBS)
nicht mehr in der Bilanz der Bank auf. Sie kann wieder neue Kredite vergeben. Die
Grundidee für die Durchführung einer Verbriefungsaktion ist es, die Risiken, die mit
Forderungen verbunden sind, vom Originator zu trennen, und auf einen Investor zu
übertragen (Bertl 2004: 139). Für den Kreditnehmer ändert sich hierbei nichts. Der
Zahlungsstrom endet nun jedoch nicht bei der Bank, sondern beim Eigentümer des
Kredit-Wertpapiers (ABS/MBS). Berühmteste Vertreter der Verbriefung sind die
beiden halbstaatlichen Hypothekenbanken Fannie Mae (Federal Home Mortgage
Corporation) und Freddie Mac (Federal Home Loan Mortgage Corporation). Diese
beiden sogenannten Government Sponsored Enterprises (GSE) verbriefen nämlich
zusammen rund die Hälfte aller US-Hypotheken (Münchau 2008b: 42). Die
ökonomische Rolle von Fannie Mae und Freddie Mac bestand darin, unabhängig von
der Liquiditätssituation amerikanischer Banken, genügend Geld für den

Immobilienmarkt bereitzustellen. Mithilfe des MBS-Marktes, wurde also ausreichend
Liquidität für immer mehr Hypotheken zur Verfügung gestellt (Braunberger 2008:
153).
Kritiker behaupten daher, dass Basel I die eigentliche Ursache für die
Spekulationsblase war, denn die strengen Regeln haben die Banken dazu verleitet,
neue Möglichkeiten auszuschöpfen. Diesem Ansatz ist jedoch zu widersprechen,
weil die Ursache für die Spekulationsblase die Umgehung dieser Basel I-Regelung
durch die Banken war.
Tabelle 2.1: Die größten Hypothekenbanken und MBS Vergabeinstitute der
USA. Quelle: Ashcraft, Schuerman 2008: 4.
Wenn also eine Bank an ihre Kreditvergabegrenzen stößt, dann gibt es für sie drei
Möglichkeiten: Erstens, die Bank begnügt sich mit der Situation und vergibt keine
neuen Kredite mehr. Zweitens kann die Bank ihre Eigenkapitalquote erhöhen oder
drittens, die Bank stößt ihre existierenden Kredite an ein SPV ab. Letztere wurde in
den USA zur Regel. Dabei gewann die Verbriefung von Krediten in den letzten
Jahren stark an Bedeutung. Während das Emissionsvolumen im Jahr 2000 in

Europa und den USA noch bei 600 Milliarden Dollar lag, wuchs dieser Wert bis zum
Jahr 2007 auf 2,6 Billionen Dollar an (Klein 2008: 36). Alleine die ABS und MBS
waren für den Großteil dieser Verbriefungen verantwortlich (Abbildung 2.9).
Besonders hoch war auch der Zuwachs der Verbriefungen im Hypothekenbereich.
Insgesamt wurden etwa 78 Prozent aller Subprime-Kredite verbrieft und damit das
Kreditrisiko sofort weiterveräußert (IWF 2008: 56, Münchau 2008b: 61).
Abbildung 2.9: Der Wert verbriefter Mortgage Backed Securities und Asset
Backed Securities (in Milliarden Dollar). Quelle: Eigenen Darstellung auf Basis
von IWF 2008: 56.
Die Banken fungierten also nicht mehr nur als Kreditinstitute, sondern verstärkt als
Kredithändler, Makler oder Kreditvermittler. In der Rolle des Kreditgebers schlüpfte
statt dessen die Wall Street, und mit ihr der gesamte Finanzmarkt der Welt. Die
Banken sind somit nicht mehr auf die klassische einlagenfinanzierte Kreditvergabe
angewiesen, sondern können sich direkt am Kapitalmarkt refinanzieren, somit ihr
Kreditgeschäft weiter ausbauen, um der steigende Nachfrage nach
Hypothekenkrediten während des Immobilienbooms nachzukommen (IWF 2008:
31f.).
Irgendwann überstieg die Nachfrage nach den MBS Papieren die Menge der
eigentlichen Hypotheken in den USA. Also mussten mehr Hypotheken her. Die
Hypothekenbanken senkten daher ihre Vergabekriterien und fragten nicht mehr
nach Einkommen und Eigenkapital. Dies begünstigte die Explosion der Subprime-
Hypothek. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch die sogenannten Rating-
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Agenturen. Die Asset Backed Securities, also die aus Krediten umgewandelten
Wertpapiere, wurden von diesen Agenturen bewertet und auf Basis dieser
Bewertung das Kreditausfallrisiko und der Preis festgesetzt. Dabei fielen die
Bewertungen für die Subprime Kredite so gut aus, dass nur zwei Prozent der
verbrieften Papiere aus diesem Bereich mit schlechten Ratings evaluiert wurden
(IWF 2008: 59). Nicht selten wurde für ein Subprime-Papier blind die Bestnote AAA
vergeben, die in ihrem Kreditausfallrisiko einer Staatsanleihe gleichen würde (Lewis,
Einhorn 2009: WK9). Dies führte dazu, dass massenhaft Wertpapiere von Subprime-
Hypotheken gekauft wurden, da der Markt diese leichtgläubig als sehr sicher ansah
(Münchau 2008a: 13). Whalen (2006: 48) äußerte sich jedoch schon 2006 mit großer
Sorge über die leichtfertige Kredit- und Risikobewertung. Banken dachten zudem,
dass sie die Kreditrisiken genauestens berechnen können und somit genau wissen,
ob ein Kredit zurückbezahlt werden kann. Die Preise für die verbrieften Wertpapiere
werden also nicht wie an der Börse durch Angebot und Nachfrage, sondern durch
mathematische Berechnungen bestimmt. Mit diesen lagen die Banken aber meistens
daneben.
Neben den normalen ABS und MBS gibt es darüber hinaus noch weitere
finanzwissenschaftliche Strukturen mit Namen wie Collaterized Debt Obligation
(CDO), Collaterized Mortgage Obligation (CMO) oder auch sogenannte Credit
Default Swaps (CDS). Während CDO und CMO nichts anderes als komplizierte
Unterarten der ABS sind, gehört der Credit Default Swap zu der Gruppe der
Finanzderivate und nimmt in der Krise ebenfalls eine entscheidende Stellung ein.
Der CDS ist im Prinzip nichts anderes als eine Versicherung gegen Zahlungsausfall
eines ABS. Dazu wird jedes Quartal eine Prämie an einen Versicherer fällig; die
Versicherung wiederum zahlt nur bei tatsächlichen Zahlungsausfällen. Im besten Fall
muss die Versicherung also nichts bezahlen. In Zeiten steigender Immobilienpreise,
sind die Versicherer dazu verleitet, ohne Rücklagen ein CDS zu garantieren, weil
man der Auffassung ist, dass ein Zahlungsausfall gar nicht erst eintreten kann. So
können sich die Versicherer über eine Prämie freuen, während sie in dem Glauben
waren, dass die Versicherungsleistung nie erbracht werden muss. Da der CDS als
normale Finanztransaktion gilt und nicht als Versicherungsleistung, unterliegt dieser
Markt keinerlei Kontrolle (Münchau 2008b: 81). Daher bezeichnete der berühmte
Investor Warren Buffet diese Derivate bereits im März 2003 als
,,finanzwissenschaftliche Massenvernichtungswaffen" (zitiert bei Fehr 2008: 135). Die
Gefahr, die von den CDS ausgeht, ist dass bei sinkenden Immobilienpreisen und den
daraus resultierenden Zahlungsausfällen auf einmal Versicherungsleistungen
erbracht werden mussten. Dieser Forderung konnten die Versicherer jedoch nicht

nachkommen, da sie nicht mit einem Ausfall gerechnet haben. Abschreibungen in
Milliardenhöhe waren die Folge.
Zudem müssen die Verkäufer eines CDS keine typischen
Versicherungsgesellschaften sein, sondern können auch die Form eines Hedge-
Fonds oder einer Investmentbank an der Wall Street haben. Das Erschreckende
hierbei ist vor allem die Größe des Marktes. Professor Dr. Niklas Wagner von der
Universität Passau bezifferte die Summe an CDS in seiner Rede vom 12. Dezember
2008 auf 56 Billionen Dollar. Auf diese Zahl kommt auch die Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel (Braunberger et al. 2008: 202f.; Borio et al. 2008:
6; Bischoff 2008: 42; Abbildung 2.10).
Abbildung 2.10: Der Anteil von Credit Default Swaps am gesamten globalen
Kapitalmarkt beträgt 5,6 Prozent, alle übrigen Finanzderivate 52 Prozent.
Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Bischoff 2008: 46.
Wenn man bedenkt, dass dieser Markt vor 1999 nicht existent war, dann fällt diese
hohe Zahl umso schwerer ins Gewicht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Hypothekenmarkt in eine riesige
Börse umgewandelt wurde, an der jeder zu jeder Zeit Anteile an den Hypotheken
erwerben konnte. Dabei wird der Kredit, den A bei der amerikanischen Bank B
aufnimmt, in ein Wertpapier auf dem Finanzmarkt umgewandelt und von
Investmentagenturen wie eine Aktie an der Wall Street gehandelt. Diese ließen sich

dann an die deutsche Bank C, die englische Bank D und die Schweizer Bank E
verkaufen. Tatsächlich flossen die Hypothekenzinsen also nicht zu den
Hypothekenbanken, sondern in die Taschen jener, die die Hypothekenpapiere
gekauft hatten: Banken rund um die Welt, Investmentfonds, Versicherungen. In der
realen Wirtschaft und im Immobiliensektor gab es also einen Boom, der durch billige
Kredite entfacht wurde. Und in den Finanzmärkten mit der Wall Street als Zentrum,
entstand hinter den Kulissen ein neuer Markt für kompliziert verbriefte Produkte auf
der Grundlage des Kredits. Das Problem hierbei war jedoch, dass weder die
entsprechenden Abteilungen der Finanzinstitute, noch die für die Bewertung
herangezogenen Rating-Agenturen die Risikostrukturen durchschauen und
beurteilen konnten. Die durch die steigenden Immobilienpreise eingetretenen hohen
Renditen, die jahrelang erzielt wurden, hatten den Preis eines äußerst hohen
Risikos. Dabei waren die Risiken lange versteckt. Bis zu dem Zeitpunkt als die
Preise fielen.
Abbildung 2.11: Vereinfachte Darstellung der Verbriefung und Weitergabe von
Kreditforderungen auf dem US-Häusermarkt. Quelle: Jublin 2008.
Wir haben also gesehen, wie Immobilienkredite ihren Weg auf den Kapitalmarkt
finden und so für den von Aschinger beschriebenen Schock auf den
Wertpapiermärkten verantwortlich sein können. Ob dieser Schock nun wirklich
eingetreten ist und so zu einer wirklichen Finanzkrise geführt hat, wird im nächsten
Kapitel beschrieben.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783836629539
DOI
10.3239/9783836629539
Dateigröße
2.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – Philosophische Fakultät, Kulturwirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (April)
Note
1,3
Schlagworte
immobilienkrise finanzkrise wall street york folgen
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Titel: Ist die Wall Street noch zu retten?
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