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Die amerikanische Subprimekrise und die Reaktionen der Zentralbanken

©2008 Diplomarbeit 87 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Rückblickend auf die letzten hundert Jahre lässt sich feststellen, dass im Zuge der Finanzmarktintegration und Globalisierung die Häufigkeit von Finanzkrisen deutlich zugenommen hat. Allein seit Beginn der 1980er Jahre wurden 166 Finanzkrisen dokumentiert. 84 dieser Krisen werden als ‘größere’ Finanzkrisen bezeichnet. Rund 30 davon begannen in den 1980er Jahren. In den 1990er Jahren waren es mit 50 Krisen hingegen schon fast doppelt so viele. Nach den jüngsten Krisen in Emerging Markets wie Mexiko 1994 / 95, Asien 1997 / 98, Russland 1998 und 1999 in Brasilien trifft es bei der Subprimekrise hauptsächlich die Industriestaaten. So sind vor allem die als Ausgangspunkt definierten United States of America (USA) und Europa von der aktuellen Immobilienkrise betroffen. Zahlreiche Banken und Investmenthäuser, sowohl in den USA als auch in Europa, stehen entweder vor dem Aus oder müssen Milliarden Abschreibungen aufgrund von Fehlspekulationen mit Mortgaged Backed Securities hinnehmen.
Durch die sich kontinuierlich weiter zuspitzende Situation an den Finanzmärkten stehen nun seit einiger Zeit die Zentralbanken immer mehr im Mittelpunkt der Krisenbekämpfung, bei der es sich um keine leichte Aufgabe handelt. Besonders der Zuwachs an innovativen Finanzinstrumenten hat dafür gesorgt, dass Finanzmärkte zunehmend untransparenter werden. Auch wird eine Beurteilung der Marktsituation als Grundlage für geldpolitische Entscheidungen zunehmend komplexer und diffuser. Deutlich wird dies durch die von den Zentralbanken unterschiedlich eingeschätzten Risiken. Während die größte Sorge der US-amerikanischen Notenbank eine drohende Rezession ist, fürchtet die Europäische Zentralbank vielmehr die Gefahr der Inflation. Ebenso besteht die Angst vor einem drohenden Verlust der Glaubwürdigkeit von geldpolitischen Entscheidungsträgern, was somit für weitere Brisanz bei der Entscheidungsfindung sorgt.
Zusätzlich wird durch die finanzielle Unterstützung der Zentralbanken und Institutionen für Opfer der Subprimekrise den Marktakteuren ein trügerisches Gefühl der Sicherheit gegeben. Sind aufgrund krisenbedingter Auswirkungen kurzfristige Eingriffe unumgänglich um die Finanzmärkte vor einem Kollaps zu bewahren, könnte gerade dieses Handeln den Investoren eine Expost Krisenversicherung vermitteln. Dadurch wäre ein eigennütziges, für die Gesellschaft schädliches Verhalten der Marktakteure denkbar. Dies könnte sich in Form von erhöhter Risikobereitschaft und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Abschnitt: Einführung

2. Abschnitt: Subprimekrise
2.1. Kreditmarkt als Krisenursache
2.1.1. Subprimekredite und mangelnde Sicherheiten
2.1.2. Asset Securitisation
2.1.3. Problematik der variablen Zinssätze
2.2. Krisenausbruch und Krisenverlauf
2.2.1. Maturity Mismatch der Refinanzierung
2.2.2. Misstrauen der Banken und mangelnde Liquidität
2.2.3. Leidtragende und Profiteure der Subprimekrise

3. Abschnitt: Öffentliche Reaktionen seit Beginn der Subprimekrise
3.1. Leitzins als Steuerungsinstrument
3.1.1. Rezessionsangst der US-Notenbank
3.1.2. Preisniveaustabilität als Ziel der Europäischen Zentralbank
3.2. Bereitstellung von Liquidität
3.2.1. Offenmarktgeschäfte der Zentralbanken
3.2.2. Sovereign Wealth Funds
3.2.3. Regierung
3.3. Auswirkungen von Zentralbankaktivitäten auf die Märkte
3.3.1. Reaktionen der Vermögensmärkte auf Zinsveränderungen
3.3.2. Liquiditätsbedingte Marktaktivitäten
3.3.3. Problematik der geldpolitischen Transmission

4. Abschnitt: Langfristige Risiken für die Finanzmarktstabilität
4.1. Zentralbanken und Institutionen als Garantiegeber für Kredite
4.1.1. Implizite und explizite Garantien vor der Krise
4.1.2. Länderspezifische „Bail-Out“ Zusage
4.1.3. Marktspezifische „Bail-Out“ Zusage
4.1.4. Zentralbanken und IMF als Garantiegeber
4.2. Moral Hazard als Folge von Kreditgarantien
4.2.1. Divergenz von privatem und sozialem Risiko
4.2.2. Unzureichende Diversifikation der Anleger
4.2.3. Übermäßige Risikoakkumulation
4.2.4. Mangelnde Risikotransparenz der Investments
4.3. Liquiditätsbereitstellung als Ursache für Überinvestitionen
4.3.1. Übermäßiges Liquiditätsangebot
4.3.2. Carry Trade und Hunt for Yield
4.3.3. Informationsasymmetrien und Herding
4.3.4. Krisenbedingte Liquiditätsflüsse

5. Abschnitt: Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Veränderung des 10-City Composite und 20-City Composite

Abbildung 2: Grundstruktur einer Asset Securitisation

Abbildung 3: Wirtschaftsdaten der USA

Abbildung 4: Leitzins und Inflation der USA

Abbildung 5: Geldpolitische Indikatoren des Euroraums

Abbildung 6: Leitzinsveränderung im Euroraum

Abbildung 7: Offenmarktgeschäfte der Fed

Abbildung 8: DAX Schlusskurse

Abbildung 9: Dow Jones Schlusskurse

Abbildung 10: Wechselkurs US-Dollar / Euro

Abbildung 11: Interbank-Offered-Rates

Formelverzeichnis

Formel 1: Quantitätsgleichung

Formel 2: Quantitätsgleichung ausgedrückt in Wachstumsraten

Formel 3: Wachstumsrate der Geldmenge

Formel 4: Nutzenfunktion

Formel 5: Leverage-Effekt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Abschnitt: Einführung

Rückblickend auf die letzten hundert Jahre lässt sich feststellen, dass im Zuge der Finanzmarktintegration und Globalisierung die Häufigkeit von Finanzkrisen deutlich zugenommen hat. Allein seit Beginn der 1980er Jahre wurden 166 Finanzkrisen dokumentiert. 84 dieser Krisen werden als „größere“ Finanzkrisen bezeichnet. Rund 30 davon begannen in den 1980er Jahren. In den 1990er Jahren waren es mit 50 Krisen hingegen schon fast doppelt so viele.[1] Nach den jüngsten Krisen in Emerging Markets wie Mexiko 1994 / 95, Asien 1997 / 98, Russland 1998 und 1999 in Brasilien trifft es bei der Subprimekrise hauptsächlich die Industriestaaten. So sind vor allem die als Ausgangspunkt definierten United States of America (USA) und Europa von der aktuellen Immobilienkrise betroffen. Zahlreiche Banken und Investmenthäuser, sowohl in den USA als auch in Europa, stehen entweder vor dem Aus oder müssen Milliarden Abschreibungen aufgrund von Fehlspekulationen mit Mortgaged Backed Securities hinnehmen.

Durch die sich kontinuierlich weiter zuspitzende Situation an den Finanzmärkten stehen nun seit einiger Zeit die Zentralbanken immer mehr im Mittelpunkt der Krisenbekämpfung, bei der es sich um keine leichte Aufgabe handelt. Besonders der Zuwachs an innovativen Finanzinstrumenten hat dafür gesorgt, dass Finanzmärkte zunehmend untransparenter werden. Auch wird eine Beurteilung der Marktsituation als Grundlage für geldpolitische Entscheidungen zunehmend komplexer und diffuser. Deutlich wird dies durch die von den Zentralbanken unterschiedlich eingeschätzten Risiken. Während die größte Sorge der US-amerikanischen Notenbank eine drohende Rezession ist, fürchtet die Europäische Zentralbank vielmehr die Gefahr der Inflation.[2] Ebenso besteht die Angst vor einem drohenden Verlust der Glaubwürdigkeit von geldpolitischen Entscheidungsträgern, was somit für weitere Brisanz bei der Entscheidungsfindung sorgt.

Zusätzlich wird durch die finanzielle Unterstützung der Zentralbanken und Institutionen für Opfer der Subprimekrise den Marktakteuren ein trügerisches Gefühl der Sicherheit gegeben. Sind aufgrund krisenbedingter Auswirkungen kurzfristige Eingriffe unumgänglich um die Finanzmärkte vor einem Kollaps zu bewahren, könnte gerade dieses Handeln den Investoren eine Expost Krisenversicherung vermitteln. Dadurch wäre ein eigennütziges, für die Gesellschaft schädliches Verhalten der Marktakteure denkbar. Dies könnte sich in Form von erhöhter Risikobereitschaft und mangelnder Risikostreuung bei der Auswahl der Anlageobjekte darstellen. Demzufolge wäre eine übermäßige Risikokonzentration in den Bilanzen und Portfolios der privaten und institutionellen Investoren möglich. Auch könnte in diesem Zusammenhang, neben der unterlassenen Risikoeinschätzung, eine unzureichende Risikoausweisung destabilisierend auf die Finanzmärkte wirken.

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass krisenbedingte Interventionen der Zentralbanken und die damit verbundene teilweise Ausweitung der weltweiten Geldmenge nicht nur eine mögliche Ursache für die Subprimekrise war, sondern auch zukünftig Turbulenzen an den Finanzmärkten verursachen kann. Ausschlaggebend dafür könnte wiederum das daraus resultierende Investorenverhalten sein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass erst die Summierung der durch Gewinnmaximierung geprägten, individuell gleichgerichteten Finanzmarktaktivitäten eine Bedrohung für die Märkte darstellt. Dementsprechend würden die durch Aggregation entstandenen Zahlungsströme zur Blasenbildung an den Finanzmärkten beitragen und somit eine Abkoppelung der auf Assetwerten basierenden Finanztitel von deren Preisen verursachen. Ferner werden die Rufe nach einer Regulierung der Finanz- und Bankenmärkte im Hinblick auf die Systemstabilität lauter.

Zunächst wird im nachfolgenden zweiten Abschnitt ein Überblick über die bisherigen Auswirkungen und Erkenntnisse der Subprimekrise gegeben. Dabei werden wichtige Details herausgegriffen, aufgearbeitet und letztendlich, um ein Gesamtbild der Krisenentstehung zu bekommen, wieder zusammengesetzt. Anschließend wird ein kurzer Überblick über Gewinner und Verlierer gegeben, um das bisherige Ausmaß der Subprimekrise einordnen zu können.

Im dritten Abschnitt werden neben den Reaktionen der Zentralbanken auch Interventionsmöglichkeiten und daraus resultierender Marktreaktionen dargelegt.

Der vierte und letzte Abschnitt befasst sich hingegen mit den langfristigen Auswirkungen von Interventionen im Krisenfall. Hierbei werden, vor allem unter Einbezug von Anlagestrategien der Investoren, Rettungsaktionen von in Not geratenen Finanzintermediären kritisch betrachtet. Zusätzlich steht die Bereitstellung von kostengünstigen liquiden Mitteln als neue Herausforderung für die Märkte im Blickpunkt.

2. Abschnitt: Subprimekrise

Die sich seit Sommer 2007 ausbreitende Subprimekrise reiht sich nahtlos in ein Zeitalter voller Marktturbulenzen ein. Obwohl die Krise von den USA ausgeht, trifft es Marktakteure auf der ganzen Welt. Zahlreiche Banken mussten Korrekturen in Milliardenhöhe vornehmen oder stehen kurz vor dem Aus. Noch ist das gesamte Ausmaß der Krise nicht bekannt, dennoch können bereits erste Erkenntnisse aus der aktuellen Situation gewonnen werden. Zunächst wird jedoch im 2. Abschnitt erläutert, wie die Vergabe von Hypothekendarlehen in den USA zu weltweiten Finanzmarktturbulenzen führte.

2.1. Kreditmarkt als Krisenursache

Den US-amerikanischen Hypothekenmarkt für die in Schieflage geratenen Finanzmärkte allein verantwortlich zu machen wäre zu einfach. In Wirklichkeit handelt es sich um das komplexe Zusammenspiel zahlreicher unterschiedlicher Parameter. Hierbei ist als Krisenursache neben dem weltweiten Anstieg der Liquidität auch die Schaffung neuer Finanzinstrumente zu nennen. Zusätzlich spielt die Art und Weise der Finanzierung verbriefter Hypothekendarlehen sowie die Bewertung der Finanztitel durch Ratingagenturen eine entscheidende Rolle.

2.1.1. Subprimekredite und mangelnde Sicherheiten

Obwohl der US-Hypothekenmarkt nicht die einzige Ursache für die Subprimekrise ist, stellt er dennoch die Grundlage für die Turbulenzen dar. So wurde in den USA neben dem Anstieg staatlich unterstützter Wohnbaufinanzierungsgesellschaften, welche hauptsächlich den Primemarkt bedienen, auch ein starkes Wachstum bei nicht staatlich geförderten Hypothekeninstituten (Non-Agencies) verzeichnet. Diese Non-Agencies haben vor allem Hypothekendarlehen an nicht erstklassige Schuldner, die sogenannten Subprimedarlehen, vergeben.[3] Bei diesen Subprimekrediten, “handelt es sich um Kredite, die an Kunden mit geringer Bonität vergeben werden, wozu Personen mit niedrigem Einkommen, negativer Kreditbiographie bzw. jene zählen, gegen die eine Zwangsvollstreckung eingeleitet wurde oder die Insolvenz angemeldet haben.[4] So konnte festgestellt werden, dass im Laufe der letzten Jahre die Anzahl der Hypothekengeschäfte mit Kunden geringster Bonität im Jahr 2001 von 5% auf zuletzt 20% des amerikanischen Hypothekengeschäfts anstieg.[5] Begründet wurde diese Vergabe von Krediten an Schuldner mit geringer Bonität durch die damals stetig steigenden Immobilienpreise.[6] Gemäß Abbildung 1 lässt sich aus den Home Price Indices von Standard&Poor’s ablesen, dass sowohl der 10-City Composite als auch der 20-City Composite von 1991 bis 2005 eine Steigerung von fast 28% aufweisen. Dabei handelt es sich bei beiden Indizes um Messungen bezüglich Preisänderungen beim Verkauf von Einfamilienhäusern in bestimmten Regionen der USA. Die in den Indizes enthaltenen Regionen können dem Anhang entnommen werden.[7] Auf Basis dieser stetigen Preissteigerung für Immobilien wurden meist grundpfandrechtlich besicherte Darlehen mit einer Höhe von bis zu 100% der Finanzierungskosten gewährt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Veränderung des 10-City Composite und 20-City Composite

Des Weiteren fand eine Studie des Internationalen Währungsfonds heraus, dass die rapide Ausweitung dieser Subprimekredit-Vergabe auf die Lockerung der Kreditvergabebestimmungen zurückzuführen ist. Dementsprechend gelang es, vier Kriterien für den Rückgang der Kreditstandards zu identifizieren. Erstens konnte die Studie einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Kreditvergabestandards und boomender Kreditvergabe aufzeigen. Zweitens konnte der bereits angesprochene Zusammenhang zwischen Hauspreissteigerung und Kreditvergabe bestätigt werden. Dabei wurde auf einen anhaltenden Boom am Immobilienmarkt spekuliert. Drittens fand die Studie heraus, dass die Regulierung der Kreditvergabe mit zunehmendem Wettbewerb abnahm. Als Letztes konnte eine Zunahme der Lockerung von Kreditvergaberichtlinien festgestellt werden, wenn die Möglichkeit bestand, Hypotheken an Dritte weiterzuveräußern.[8]

2.1.2. Asset Securitisation

Die in den United States of America entstandene wertpapiermäßige Verbriefung von Forderungen wird im Englischen als Asset Backed Securities (ABS) bezeichnet. Obwohl es schon 1880 zu den ersten Forderungsverkäufen zwischen Firmen kam, handelt es sich bei der Verbriefung von Forderungen noch um ein sehr junges Finanzinstrument.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Grundstruktur einer Asset Securitisation

Wie in Abbildung 2 ersichtlich, ist der Ausgangspunkt bei der Forderungsverbriefung ein Gläubiger, auch als Originator bezeichnet, sowie eine Mehrzahl verschiedener Schuldner. Durch einen vom Originator beauftragten Arrangeur wird ein Special Purpose Vehicle (SPV) gegründet und zur Verbriefung geeignete Aktiva in einem Pool gebündelt. Die Zweckgesellschaft SPV kauft diese gebündelten Forderungen und refinanziert sich durch die Emission von ABS-Papieren am Liquiditätsmarkt.[10] Dabei werden die Forderungen von Ratingagenturen entsprechend ihres Ausfallrisikos in Tranchen eingeteilt und bewertet. So haben ABS-Papiere mit einem AAA oder Aaa Rating das geringste Ausfallrisiko. Ein CCC oder Caa Rating hingegen das höchste.[11] Die Ratingagentur Moody’s beispielsweise verlangt für einen Pool aus erstklassigen Hypotheken im Prime-Bereich eine Sicherheitsleistung von zusätzlichen 4% des Poolwerts. Kredite im Subprime-Bereich hingegen siebenmal so viel.[12] Die dadurch entstandenen ABS-Papiere werden anschließend meist von großen institutionellen Investoren abgenommen.[13] Bereits 2005 und 2006 wurde das Marktvolumen von ABS-Papieren auf jeweils 900 Milliarden Dollar beziffert.[14]

Eine Sub-Asset-Klasse der Asset Securitisation sind die Mortgage Backed Securities (MBS). Bei diesen innovativen Investments handelt es sich um die Verbriefung von Realkrediten bzw. Immobiliendarlehen. Dabei wird unterschieden zwischen Residential Mortgage Backed Securities (RMBS) und Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS).[15] Aufgrund der Dominanz von Residential Mortgage Backed Securities im US-amerikanischen Verbriefungsmarkt werden diese nicht als Sub-Asset-Klasse geführt, sondern bilden eine eigene Kategorie der Verbriefung von Forderungen.[16]

Im Zusammenhang mit der Subprimekrise spielen neben den Mortgage Backed Securities auch die Collateralized Debt Obligations (CDO) eine entscheidende Rolle. Hierbei wird zwischen Collateralized Loan Obligations (CLO) und Collateralized Bond Obligations (CBO) unterschieden. Anders als bei den CLO werden bei den CBO keine Kredite sondern Schuldverschreibungen verbrieft.

Generell zielen jedoch sowohl MBS als auch CDO darauf ab, Risiken aus der Bilanz zu entfernen und somit die von Basel I und Basel II vorgegebenen Kapitaleinlagen zur Kreditvergabebesicherung zu umgehen. Des Weiteren besteht durch den Verkauf der verbrieften Kredite für die Banken und Kreditinstitute die Möglichkeit sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren.[17]

2.1.3. Problematik der variablen Zinssätze

Neben den mangelnden Sicherheiten bezüglich Hypothekendarlehen sind unter anderem die variablen Zinssätze der Hypotheken verantwortlich für die Krise. In den letzten Jahren konnte ein enormer Zuwachs an neuen Produkten im Bereich der Hypothekendarlehen festgestellt werden. Vor allem Interest Only Loans (IOLs), Adjustable Rate Mortgages (ARMs) und Reduced Documentation Mortgages (RDMs) gehören zu den vielfach eingesetzten Hypothekenprodukten. Daraus resultiert, dass neben den Hypothekenempfängern auch die Art und Weise der Hypothekenausgestaltung entscheidend für die Finanzmarktturbulenzen ist. Das größte Problem dabei stellen die sogenannten Adjustable Rate Mortgages dar. Im Gegensatz zu den Fixed Rate Mortgages (FRMs) ist der Darlehenszins bei ARMs flexibel und wird meist an einen Index angepasst. Bei den zu Grunde liegenden Indizes handelt es sich in der Regel um einjährige Constant Maturity Treasury (CMT), Cost of Funds Index (COFI) oder die London Interbank Offered Rate (LIBOR). Zusätzlich kann der Gläubiger noch weitere Zahlungsanpassungen durch sogenannte Margins vornehmen.[18] Mit solchen Konditionen ausgestattete Hypothekendarlehen können durch einen starken Anstieg der jeweils zu Grunde liegenden Indizes zur enormen Belastung für den Hypothekennehmer werden.

Beispielhaft wird ein Darlehen von 200.000 $, eine Zins-Cap von 12% und ein Zeitraum von 30 Jahren angenommen. Die im ersten Jahr vorliegende monatliche Zahlung von 6% entspricht einem Betrag von 1.199,10 $. Liegt nun ein Anstieg der Fully Indexed Rate von 3%-Punkten vor, welche sowohl den Indexanstieg als auch die Margin beinhaltet, so steigt die monatlich zu zahlende Rate auf einen Betrag von 1.600,42 $ an. Dies kommt einer Mehrbelastung von 1.600,42 $ - 1.199,10 $ = 401,32 $ gleich.[19]

Folglich führen die steigenden Raten der Adjustable Rate Mortgages dazu, dass mit zunehmender Belastung die Hypothekennehmer nicht mehr in der Lage sind ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Das Center of Responsible Lending hat die Zahl der Subprime-Kreditausfälle von 2004 bis zum dritten Quartal 2006 auf 1,46 Millionen prognostiziert.

Weiterhin kann festgestellt werden, dass Subprimekredite in der Regel nach den ersten Jahren ausfallen. Dies geht wiederum auf den hohen Anteil an Adjustable Rate Mortgages und deren Ausgestaltung zurück, da diese anfänglich mit niedrigen Raten beginnen und im Laufe der Zeit angepasst werden.[20]

2.2. Krisenausbruch und Krisenverlauf

Wie bereits in den Punkten 2.1.1. bis 2.1.3. erläutert, stellen die Vergabe von Hypothekendarlehen an bonitätsschwache Kreditnehmer, die Kreditkonditionen und die anschließende Verbriefung Unsicherheitsfaktoren dar. Zusätzlich spielen jedoch auch die Art und Weise der Refinanzierung von SPVs eine wichtige Rolle bezüglich der Finanzmarktturbulenzen. Erst durch die Verkettung aller Einflussfaktoren konnte bedingt durch mangelnde Transparenz und Misstrauen der Marktteilnehmer die Subprimekrise zur Bedrohung für die internationalen Finanzmärkte und deren Stabilität werden.

2.2.1. Maturity Mismatch der Refinanzierung

Ein weiterer Faktor, der für den Ausbruch der Subprimekrise verantwortlich war, stellt die Art und Weise der Refinanzierung von SPVs dar. Die durch die SPVs vom Gläubiger erworbenen ABS Papiere waren mit einer langfristigen Laufzeit ausgestattet und wurden über den Kapitalmarkt durch Asset Backed Commercial Papers (ABCPs) finanziert. Bei diesen Asset Backed Commercial Papers handelte es sich jedoch um kurzfristige Finanzierungstitel mit einer maximalen Laufzeit von einem Jahr. Häufig sind ABCPs jedoch mit einer Laufzeit von drei Monaten ausgestattet. Diesbezüglich waren die SPVs gezwungen, die auslaufenden ABCPs zu tilgen und über den Kapitalmarkt durch Ausgabe von neuen ABCPs frische Liquidität zu beschaffen. Dadurch gelang es den Special Purpose Vehicles mit Hilfe von ABSs und ABCPs die Diskrepanz zwischen den Fristigkeiten der Aktiva und Passiva zu verringern. Um die Platzierung von Commercial Papers am Markt zu ermöglichen werden in der Regel sogenannte Liquiditätslinien ausgegeben.[21] Bei der Ausgabe von Liquiditätslinien verpflichtet sich die strukturierende Bank der Zweckgesellschaft bei Störungen des ABCP Marktes die Finanzierung zu übernehmen. In der Regel besitzen Liquiditätslinien eine Laufzeit von 364 Tagen um die Unterlegung von Eigenkapital nach Basel I zu vermeiden. Erst durch die Einführung von Basel II müssen die Liquiditätslinien auch bei kurzfristigen Laufzeiten mit Eigenkapital unterlegt werden.[22] Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es bei Liquiditätszusagen nur darum geht, Inkongruenzen zwischen den Zahlungsströmen auszugleichen, nicht jedoch Kreditausfälle zu kompensieren. Folglich liegt das Kreditausfallrisiko weiterhin beim Investor und wird nicht auf die strukturierende Bank übertragen.[23]

2.2.2. Misstrauen der Banken und mangelnde Liquidität

Als Ausgangspunkt der Kettenreaktion kann letztendlich die in den USA auf den stetig ansteigenden Immobilienpreisen basierende zunehmende Vergabe von Subprimekrediten und eine Lockerung der Vergabekriterien gesehen werden. Jedoch wird erst durch die Initiierung von neuen Investmentprodukten in Form von Asset Backed Securities die Möglichkeit geschaffen, Risiken der Kreditvergabe sowohl bei Hypothekendarlehen, Kreditkartendarlehen und sonstigen Darlehen auf Dritte zu übertragen. Diesbezüglich wurden auf Subprimekrediten basierende Asset Backed Securities in Höhe von 900 Milliarden Dollar auf den Markt gebracht. Die dadurch entstandene Verkettung der Finanzmärkte spielt eine entscheidende Rolle in Bezug auf das Krisenausmaß.[24] Nachdem die ersten Zinsanpassungen der Adjustable Rate Mortgages aufgrund der Zinserhöhungen der Fed die US-amerikanischen Hausbesitzer in finanzielle Schwierigkeiten gebracht hatten, kam es zu Zwangsversteigerungen der den Hypotheken zu Grunde liegenden Häuser in Millionenhöhe. Dies führte wiederum dazu, dass Spekulanten ebenfalls ihre Immobilien auf den Markt brachten um die durch gestiegene Immobilienpreise entstandenen Gewinne zu realisieren. Dadurch kam es zu einem enormen Verfall der Immobilienpreise in den USA.[25] Vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Vergabe von variabel verzinsten Subprimekrediten auf der Erwartung steigender Häuserpreise und nicht auf persönliche Bonitätsmerkmale der Kreditnehmer basiert, sorgt bei Einbruch der Immobilienpreise für eine Anspannung der Märkte.[26]

Folglich führt der Ausfall eines signifikanten Anteils von Hypothekendarlehen zu sogenannten Spillover-Effekten. Dementsprechend wurde der Ausfall der Mortgages über die Verbriefung und die Art und Weise der Zusammenstellung der Investmentvehicle in die Bilanzen von Banken und Investmenthäusern übertragen. Durch die Ungewissheit über die den Hypotheken zu Grunde liegenden Sicherheiten entstanden Bedenken bezüglich der Sicherheiten von Commercial Papers und letztendlich Misstrauen in Bezug auf die Bonität bei fremdfinanzierten Käufen. Durch diese am Finanzmarkt entstandenen Ungewissheiten kam es letztlich zu einem Stillstand am Interbank-Lending-Market.[27]

Finanzinstitute waren nicht mehr bereit ihre liquiden Mittel an andere Banken weiter zu verleihen. Stattdessen horteten sie ihr Geld und trugen somit zusätzlich dazu bei, dass sich die Liquidität an den Finanzmärkten verknappte. Somit waren die SPVs nicht mehr in der Lage, ihre langfristigen ABS Papiere mit Hilfe kurzfristiger ABCPs zu refinanzieren.[28]

2.2.3. Leidtragende und Profiteure der Subprimekrise

Die Liste der Leidtragenden der Immobilienkrise ist lang. Vor allem Banken und Investmenthäuser gehören zu den größten Verlierern. Laut Bill Gross, dem Anleiheexperten des weltgrößten Anleihenverwalters Pimco, handelt es sich bei der Subprimekrise um ein Eine-Billion-Dollar-Problem. Die Investment Bank JP Morgan Chase hingegen, schätzt die Abschreibungen von US-Hypotheken basierten Papieren auf 200 Milliarden Dollar.[29] Aufgrund der Tatsache, dass eine ausführliche Aufzählung aller bisherigen Verlierer der Immobilienkrise zu umfangreich ist, werden nachfolgend nur einige Beispiel herausgegriffen. Ein kompletter Überblick über die Chronologie der Krise kann dem Anhang entnommen werden.[30]

Die erste Gewinnwarnung, bedingt durch überraschende Risikovorsorge im US-Hypothekengeschäft, wurde bereits am 8. Februar 2007 von der größten Bank Europas, der HSBC, getätigt. Nur sieben Monate später musste HSBC ihre US-Hypothekentochter schließen und somit einen Verlust in Höhe von 880 Mio. Dollar abschreiben.[31] Einer der bekanntesten Fälle von Misswirtschaft privater Investmenthäuser ist das US-amerikansiche Kreditinstitut Merrill Lynch. Bedingt durch die Immobilienkrise musste Merrill Lynch im Januar 2008 bekannt geben, dass sie Abschreibungen in Höhe von 14,1 Milliarden Dollar vornehmen müssen.[32] Neben Merrill Lynch war auch die private US-Großbank Citigroup gezwungen, Milliardenabschreibungen zu tätigen. So wurde im vierten Quartal des Jahres 2007 ein Verlust von 9,83 Milliarden US-Dollar verbucht. Der im Ergebnis enthaltene Anteil an Abschreibungen vor Steuern belief sich auf 18,1 Milliarden US-Dollar.[33] Auch die größte Schweizer Bank UBS wurde von der Subprimekrise nicht verschont. Nachdem sie am Dienstag, den 1. April 2008, noch einmal eine Abschreibung in Höhe von 12 Milliarden Euro bekannt geben musste, erhöhten sich die bis dato angesammelten Abschreibungen auf 25,6 Milliarden Euro.[34]

Neben den privaten Häusern traf es jedoch auch Banken mit staatlichem Einfluss. So gehört die Sächsische Landesbank, Sachsen LB, zu den Verlierern der Subprimekrise. „ Nach Angaben des Sparkassenverbandes sieht das Rettungspaket für die Sachsen LB die Absicherung von Gesamtrisiken von rund 17,5 Milliarden Euro vor.[35] Weitere Verlierer der Immobilienkrise mit staatlichem Einfluss sind die West LB mit einer benötigten Liquiditätsspritze in Höhe von 2 Milliarden Euro und dem geplanten Abbau von 2000 Stellen[36] sowie die Deutsche Industriebank IKB mit einem Liquiditätsbedarf von 1,5 Milliarden Euro[37].

Zusätzlich zu den staatlichen und privaten Geldhäusern gibt es jedoch noch weitere Verlierer der Immobilienkrise. Zu diesen zählen zum einen Haushalte, welche direkt durch ein Hypothekendarlehen und die dadurch verbundenen Zahlungsverpflichtungen Insolvenz anmelden mussten. Allein 2006 kam es in den USA zu 1,2 Millionen Zwangsversteigerungen, was einer Steigerung von 42% im Vergleich zu 2005 darstellt.[38] Zum anderen haben auch zahlreiche Privatanleger indirekt durch immobilienkrisenbedingte Kurseinbrüche an den Börsen Vermögenseinbußen hinnehmen müssen.[39] Auch Industrieunternehmen wie General Motors zählen aufgrund indirekter Auswirkungen der Krise zu den Verlierern. Nach Meinung von „Fortune“ handelt es sich bei General Motors, bedingt durch einen Verlust von 39 Milliarden Dollar, sogar um den größten Verlierer der Subprimekrise.[40]

Trotz ständig anhaltender Verlustmeldungen gibt es durchaus auch Gewinner der Subprimekrise. Einer dieser Gewinner ist die Man Group. Dabei handelt es sich um eine der weltgrößten Hedge-Fonds Gesellschaft, die bankenunabhängig agiert. Durch eine rasche Anpassung der Anlagestrategien an die vorherrschende Marktsituation ist es der Man Group gelungen, anfänglich kleinere Verluste durch nachfolgende, kräftige Wertsteigerungen zu ersetzten. Manche Marktakteure konnten somit durch die Anpassung ihrer Strategie Wertsteigerungen zwischen 500 und 1000 Prozent verbuchen. Hierzu zählt auch die in New York ansässige Hedge-Fonds Gruppe Paulson&Co. Paulson&Co. setzte auf fallende Kurse bei Hypothekenanleihen und Kreditderivaten und realisierte somit Wertsteigerungen von 550%. Der damit verbundene Gewinn wird auf 12 Milliarden Dollar geschätzt. Auch der Hedge-Fonds von Andrew Lahde gehört zu den Gewinnern der Subprimekrise und setzt sich mit einer Wertsteigerung von über 1000% an die Spitze der Profiteure.[41]

Weitere Gewinner der Subprimekrise sind unter anderem einige Schwellenländer. Diese wurden weitestgehend von den Turbulenzen an den Aktienmärkten verschont und profitierten zusätzlich aufgrund von ansteigenden Rohstoffpreisen. Auch der Anstieg von ausländischen privaten Investitionen in Höhe von 20% auf 680 Milliarden Dollar lässt diese als Sieger aus der Subprimekrise hervorgehen.[42]

3. Abschnitt: Öffentliche Reaktionen seit Beginn der Subprimekrise

Zentralbanken nutzen heutzutage in der Regel drei verschiedene geldpolitische Instrumente. Neben den Offenmarktgeschäften und den Mindestreservesätzen stellt vor allem der Leitzins eine Möglichkeit für Zentralbankinterventionen dar. Im folgenden Kapitel werden aufgrund der Beschaffenheit der Subprimekrise nur Zentralbankaktivitäten wie Offenmarktgeschäfte und die Veränderung der Leitzinsen betrachtet. Zusätzlich wird auch auf die Interventionen von Staaten und Sovereign Wealth Fonds (SWFs) eingegangen, da diese durch die Bereitstellung von Liquidität die Märkte in ähnlicher Weise beeinflussen wie Offenmarktgeschäfte.

3.1. Leitzins als Steuerungsinstrument

Durch die Festsetzung des Leitzinses können die Zentralbanken die Zinsentwicklung einer Volkswirtschaft maßgeblich beeinflussen und somit auf inflationäre bzw. deflationäre Entwicklungen am Geldmarkt reagieren. Auch ein Eingreifen bei drohenden bzw. bereits aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten wird durch das Instrumentarium Leitzins ermöglicht. Beispielweise besteht die Möglichkeit, durch eine Leitzinssenkung im Falle eines Liquiditätsmangels an den Geldmärkten sowohl durch eine Signalwirkung als auch aufgrund von kostengünstigeren liquiden Mitteln die Krisensituation zu entschärfen. Hierbei ist es jedoch denkbar, dass ein Interessenkonflikt bezüglich der Zielsetzung der Zentralbanken und der notwendigen Interventionen vorherrscht. Im nachfolgenden Punkt 3.1.1. wird nun vor allem in Bezug auf die vorgegebenen Ziele der Zentralbanken eine Analyse der bereits getätigten bzw. der unterlassenen Zinsinterventionen vorgenommen.

3.1.1. Rezessionsangst der US-Notenbank

Neben der Europäischen Zentralbank (EZB) ist das Federal Reserve System eines der wichtigsten Zentralbanksysteme weltweit. Das im Dezember 1913 gegründete Federal Reserve System besteht aus dem Board of Governors und zwölf regionalen Federal Reserve Banks (FRBs).[43] Gemäß Section 2A des Federal Reserve Act hat das Board of Governors of the Federal Reserve System und das Federal Open Market Committee mehrere gleichgewichtete Ziele. In Section 2A heißt es dazu: “The Board of Governors of the Federal Reserve System and the Federal Open Market Committee shall maintain long run growth of the monetary and credit aggregates commensurate with the economy's long run potential to increase production, so as to promote effectively the goals of maximum employment, stable prices, and moderate long-term interest rates.[44]

Diese in Section 2A vorgegebenen Ziele sind jedoch aufgrund der Subprimekrise und der damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Situation der USA in Gefahr. Eine der größten Ängste stellt sowohl für die USA als auch für den Rest der Welt eine drohende Rezession dar.

Bereits Carmen M. Reinhart und Kenneth S. Rogoff fanden bei einem Vergleich der Subprimekrise mit älteren Wirtschaftskrisen heraus, dass durchaus Parallelen zwischen den Krisen vorliegen. Sie stellten fest, dass es bei älteren Finanzkrisen im Durchschnitt zu einem Pro-Kopf-Wachstumseinbruch von 2% kam. In besonders schlimmen Fällen sogar zu einem Wachstumseinbruch pro Kopf von bis zu 5%. Eine Rückkehr auf das alte Wachstumsniveau der Volkswirtschaften nach einem solchen Einbruch wurde in der Regel erst nach zwei Jahren konstatiert.[45]

Obwohl damals in den Jahren 2005 und 2006 eine Finanzkrise bzw. weltweite Rezession nicht absehbar war, lassen sich rückblickend dennoch erste Anzeichen ausmachen. Wies die USA nach der im Jahr 2000 geplatzten New Economy Blase bis 2004 ein stetig steigendes Gross Domestic Product (GDP) Wachstum auf, so ist seit dem Jahr 2005 ein rückläufiges Wachstum zu verzeichnen. Wie in Abbildung 3 ersichtlich, offenbart die USA Anfang 2008 nur noch ein GDP Wachstum von 2,2%. Dies entspricht 0,9% weniger Wirtschaftswachstum als noch im Jahr 2005. Als weiteren Indikator einer drohenden Rezession kann die Arbeitslosenquote herangezogen werden. War die Arbeitslosenquote der USA seit 2003 wieder am abnehmen, ist seit 2006 ein Stagnieren der Arbeitslosenquote festzustellen. Auch die Wachstumsrate des Outputs ist von 2006 auf 2007 stark zurückgegangen. So schrumpfte die Outputwachstumsrate von 4,9% auf 2,0%, was einem Rückgang von 2,9% entspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Wirtschaftsdaten der USA

Unter Berücksichtigung der oben genannten wirtschaftlichen Situation in den USA und der Zielsetzung der Federal Reserve Bank (Fed) wurde seit Beginn der Subprimekrise mehrmals mit Hilfe der Federal Fund Rate versucht, möglichen Auswirkungen der Krise entgegenzuwirken. Mit der Zinssenkung und der damit verbundene Liquiditätsausweitung reagierte die US-Zentralbank auf die zahlreich in Schieflage geratenen Finanzhäuser. Rückblickend auf die in der Ära Greenspan geplatzte New Economy Blase lassen sich auch bei der Zinspolitik Parallelen feststellen. Schon damals wurde nach dem Platzen der Blase das Zinsniveau von über 6% auf einen historischen Tiefstand gesenkt, um die Märkte mit Liquidität zu fluten. In Abbildung 4 ist außerdem ersichtlich, dass die Fed seit Juli 2007 den Leitzins von 5,25% in mehreren Stufen bis Mai 2008 auf 2% gesenkt hat. Analog zur Leitzinssenkung ist insbesondere der Anstieg der Inflationsrate seit August 2007 markant. Offenbarte die Inflationsrate trotz Niedrigzinsen zwischen 2000 und 2004 einen relativ geringen Anstieg, so kletterte sie nach den jüngsten Zinssenkungen im August 2007 bis Januar 2008 von 2,0% auf 4,3%. Dies ist unter Berücksichtigung von transmissionstheoretischen Ansätzen durchaus überraschend. Wie in Abschnitt 3.3.3. noch näher erläutert wird, benötigt ein geldpolitischer Impuls in der Regel eine gewisse Zeit, bis er sich auf Größen wie das Preisniveau auswirkt. Ein entscheidender Faktor für einen solchen Anstieg der Inflationsrate sind die stark gestiegenen Energiepreise und Nahrungsmittelpreise.[46]

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Abbildung 4: Leitzins und Inflation der USA

3.1.2. Preisniveaustabilität als Ziel der Europäischen Zentralbank

Im Gegensatz zur US-amerikanischen Notenbank hat sich die Europäische Zentralbank gemäß Artikel 105 des Treaty of European Union die Preisniveaustabilität als oberstes Ziel gesetzt. Das Erreichen dieser Zielsetzung soll sowohl unter den Grundsätzen einer offenen Marktwirtschaft als auch, wenn möglich, unter der Berücksichtigung von wirtschaftspolitischen Zielen der Europäischen Gemeinschaft vollzogen werden.[47] Quantitativ lässt sich diese Zielsetzung mit Hilfe des Harmonisierten Verbraucher Preis Index (HVPI) ausdrücken. Dabei wird eine Steigerung des HVPI nahe bei, aber unter 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestrebt. In Abbildung 5 ist jedoch deutlich zu erkennen, dass dieses Inflationsziel regelmäßig überschritten wurde. Geschuldet der Tatsache, dass die EZB nur über monetäre Impulse, nicht aber direkt auf das Preisniveau Einfluss ausüben kann, bedient sie sich der Zwei-Säulen-Theorie. Dabei beinhaltet die erste Säule alle wirtschaftlichen Indikatoren, welche kurz- bis mittelfristig das Preisniveau beeinflussen und somit das Ziel der Preisniveaustabilität gefährden könnten. Hierfür relevante Größen sind auf der Nachfrageseite unter anderem Veränderungen beim Konsum, bei Investitionen und dem Außenbeitrag. Auf der Angebotsseite Veränderungen bezüglich Arbeitskosten, Geldlohnsätzen und Arbeitsproduktivität.[48]

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Abbildung 5: Geldpolitische Indikatoren des Euroraums

Aufgrund der Tatsache, dass eine vollständige wirtschaftliche Analyse des Euroraums gemäß der ersten Säule im Zuge dieser Arbeit nicht möglich ist, wird nur eine grobe konjunkturelle Beurteilung der Situation mit Hilfe des Gross Domestic Product Wachstums vorgenommen. Gemäß Abbildung 5 lässt sich somit feststellen, dass seit dem ersten Quartal 2005 bis zum ersten Quartal 2007 eine Steigerung des Wirtschaftswachstums vorliegt. Wuchs die Wirtschaft im ersten Quartal 2005 noch um 1,38%, so waren es im ersten Quartal 2007 schon 3,12% Wachstum. Erst seit dem zweiten Quartal 2007 ist ein Rückgang des Wirtschaftswachstums festzustellen. Trotz dieses Rückgangs wird von der EZB aufgrund solider Wirtschaftsdaten ein moderates aber weiter anhaltendes Wirtschaftswachstum erwartet.[49]

Bei der zweiten Säule wird hingegen der mittel- bis langfristige Zusammenhang zwischen Veränderungen der Geldmenge und dem Preisniveau berücksichtigt. Hierbei bedient sich die EZB der Geldmenge M3.[50] Diese beinhaltet neben täglich fälligen Einlagen auch Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahren, Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten, Repogeschäfte, von Ansässigen im Euro-Währungsgebiet gehaltene Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren.[51] Wie bei der Inflationsrate wird auch beim Geldmengenwachstum ein quantitativer Reverenzwert festgelegt. Dieser im Dezember 1998 festgelegte Wert in Höhe von 4,5 Prozent ergibt sich aus der Quantitätsgleichung.[52]

[...]


[1] Vgl. Größere Finanzkrisen, 2006, S. 45, www.bpb.de.

[2] Vgl. Hutter, Stabilitätspolitik, 2008, S. 96.

[3] Vgl. Frankel, Erstklassig, 2006, S. 76.

[4] Gesamtbeurteilung, www.oecd.org.

[5] Vgl. Hawranek, Ende eines Zeitalters, 2007, S. 81.

[6] Vgl. Wie ein Häusermarkt, 2008, www.nzz.ch.

[7] Zu Grunde liegenden Regionen: siehe Anhang 1.

[8] Vgl. Ariccia, Credit Booms, 2008, S. 31-32.

[9] Vgl. Schulte, Immobilienökonomie, 2005, S. 610.

[10] Vgl. Schmittat, Asset Backed Securities, 2007, S. 16.

[11] Vgl. Hull, Optionen, 2006, S. 578.

[12] Vgl. Palan, Wir haben uns verschätzt, 2007, S. 54.

[13] Vgl. Schulte, Immobilienökonomie, 2005, S. 612.

[14] Vgl. Blomert, Wie viel Demokratie, 2007, S. 431.

[15] Vgl. Schulte, Immobilienökonomie, 2005, S. 614.

[16] Vgl. Jortzik, Synthetische Collateralized Debt Obligations, 2005, S. 19.

[17] Vgl. Schulte, Immobilienökonomie, 2005, S. 615-616.

[18] Vgl. Adjustable-Rate Mortgages, 2006, S. 4 ff.

[19] Berechnung: siehe Anhang 2.

[20] Vgl. Weicher, Focus on the Problem, 2007, S. 830-831.

[21] Vgl. Pfingsten, Sollte der Bankensektor, 2007, S. 638-639.

[22] Vgl. Schmittat, Asset Backed Securities, 2007, S. 22-23.

[23] Vgl. Emse, Verbriefungstransaktionen, 2005, S. 37.

[24] Vgl. Cünnen, Chronik, 2007, S. 10- 11.

[25] Vgl. Wermuth, Erst Liquiditätskrise, 2007, http://blog.zeit.de.

[26] Vgl. Kettenreaktion, 2007, www.handelsblatt.com.

[27] Vgl. Bordo, The Crisis of 2007, 2007, S. 2.

[28] Vgl. Starbatty, Die Subprime-Krise, 2008, www.nzz.ch.

[29] Vgl. Schuermann, Kein Markt, 2007, S. 32.

[30] Chronologie der Krise: siehe Anhang 3.

[31] Vgl. Die Chronologie, 2007, www.ftd.de.

[32] Vgl. Hypothekenkrise, 2008, www.focus.de.

[33] Vgl.Citigroup, 2008, www.n-tv.de.

[34] Vgl. Soukup, Krisenbank, 2008, www.spiegel.de.

[35] Sachsen LB, 2007, www.tagesspiegel.de.

[36] Vgl. Stellenabbau, 2008, www.focus.de.

[37] Vgl. Mester, HSH Nordbank, 2008, www.abendblatt.de.

[38] Vgl. Brinkbäumer, Kultur der Gier, 2007, S. 81.

[39] Vgl. Grüner, Die Gewinner, 2008, www.handelsblatt.com.

[40] Vgl. Kreditkrise, 2008, www.manager-magazin.de.

[41] Vgl. Rettberg, Hedge-Fonds, 2007, www.handelsblatt.com.

[42] Vgl. Von Subprimekrise verschont, 2008, www.n-tv.de.

[43] Vgl. The Federal Reserve Board, 2003, www.federalreserve.gov.

[44] Federal Reserve Act, 2003, Section 2A, www.federalreserve.gov.

[45] Vgl. Reinhart, Historical Comparison, 2008, S. 1, www.economics.harvard.edu.

[46] Vgl. Kohn, Speech, 2008, www.federalreserve.gov.

[47] Vgl. Vertrag, 1992, Artikel 105, S. 14.

[48] Vgl. Jarchow, Theorie und Politik, 2003, S. 457-458.

[49] Vgl. Trichet, Introductory Statement, 2008, www.ecb.int.

[50] Vgl. Jarchow, Theorie und Politik, 2003, S. 459.

[51] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2008, www.bundesbank.de.

[52] Vgl. Jarchow, Theorie und Politik, 2003, S. 461.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836628945
DOI
10.3239/9783836628945
Dateigröße
659 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2009 (April)
Note
1,7
Schlagworte
subprime financial crisis zentralbank finanzmarktstabilität moral hazard
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Titel: Die amerikanische Subprimekrise und die Reaktionen der Zentralbanken
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