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Unternehmergesellschaft und Missbrauchsbekämpfung nach der GmbH-Novelle

©2008 Diplomarbeit 72 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Rechtsform der GmbH ist im 19. Jahrhundert entstanden und wurde auf die speziellen Belange kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zugeschnitten. Es handelt sich mithin um ein ‘künstliches Konstrukt’. Hintergrund für ihre Schaffung war und ist die beschränkte Haftung nach außen. Eine ähnliche Flexibilität wie bei Personengesellschaften und ein hinreichender Gläubigerschutz sollte ebenfalls gewährleistet sein. Im Jahr 1892 wurde die GmbH schließlich zur unabhängigen und selbständigen Gesellschaftsform.
Derzeit sind in Deutschland rund eine Million GmbHs registriert, was bedeutet, dass die GmbH zu einer der erfolgreichsten Gesellschaftsformen überhaupt geworden ist. Weltweit existieren einige nach dem Vorbild der GmbH erschaffene Gesellschaftsformen wie beispielsweise die französische SARL und SAS, die spanische SLNE und die niederländische BV und nicht zuletzt die britische Ltd., die sich alle in kleinen, hier nicht weiter dargelegten, Nuancen unterscheiden.
Bedingt durch die Urteile des EuGH in Sachen Centros, Überseering und Inspire Art besteht ein uneingeschränkter Wettbewerb zwischen den verschiedenen europäischen Gesellschaftsformen. Die Niederlassungsfreiheit bei Gesellschaftsneugründungen gilt für den gesamten europäischen Wirtschaftsraum, mit Ausnahme der Schweiz. Auch die in den USA gegründeten Gesellschaften sind aufgrund des bilateralen Staatsvertrages in Deutschland uneingeschränkt anzuerkennen. Ein Unternehmensgründer kann heute demnach zwischen fast 30 europäischen und 50 amerikanischen Rechtsformen und deren jeweiligen Rahmenbedingungen frei wählen, die aus seiner Sicht am attraktivsten erscheinen.
In der Praxis spielen derweil von den europäischen Rechtsformen nur wenige eine Rolle. Dominierend ist dabei die englische Ltd. Ein wirklicher Wettbewerb zwischen den Rechtsformen findet nicht statt. Das bedeutet, dass sich die deutsche GmbH hauptsächlich mit der englischen Ltd. messen und vergleichen lassen muss. Sie konkurriert demnach nicht oder nur selten mit ihr nachempfundenen spanischen, französischen oder niederländischen Schwestern.
Die Konkurrenz (besonders durch die Ltd.) macht Reformen des GmbH-Rechts nötig. Dies wurde vom Gesetzgeber erst jetzt aufgegriffen, obwohl es bereits seit langem Reformvorschläge zum GmbH-Recht gibt. Die bislang insgesamt ‘nur’ 39 Gesetzesänderungen im Hinblick auf die GmbH hatten nur unwesentliche Auswirkungen auf die Fundamente der GmbH. Überwiegend mussten die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Schwerpunkte im Überblick
2.1. Beschleunigung der Unternehmensgründung
2.1.1. Kapitalaufbringung und Übertragung von Geschäftsanteilen
2.1.2. Verdeckte Sacheinlage – „Hin- und Herzahlen“
2.1.3. Vereinfachte Gründung einer GmbH
2.1.4. Beschleunigung der Registereintragung
2.2. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der GmbH
2.2.1. Freie Sitzwahl und Niederlassungsfreiheit
2.2.2. Aufwertung und mehr Transparenz der Gesellschafterliste
2.2.3. Gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen
2.2.4. Legalisierung der Upstream-Loans
2.2.5. Deregulierung des Eigenkapitalersatzrechts
2.2.6. Nachrangige Gesellschafterdarlehen in der Überschuldungsbilanz

3. Haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft
3.1. Rechtsnatur und -folgen im Überblick
3.1.1. Die Bezeichnung
3.1.2. Gründung ohne Mindeststammkapital
3.1.3. Pflicht zur gesetzlichen Rücklagenbildung
3.1.4. Einberufung der Gesellschafterversammlung
3.1.5. Beendigung der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft
3.1.6. Praxistauglichkeit – eine erste Einschätzung

4. Bekämpfung von Missbräuchen
4.1. Änderungen für Gesellschafter und Geschäftsführer durch das MoMiG
4.1.1. Erweiterte Bestellungshindernisse für Geschäftsführer
4.1.2. Schadensersatzpflicht der Gesellschafter
4.1.3. Belehrung des Geschäftsführers
4.1.4. Haftung des Geschäftsführers durch das erweiterte Auszahlungsverbot
4.2. Insolvenzantragspflicht und Insolvenzverschleppung
4.3. Beschleunigung der Rechtsverfolgung gegen die Gesellschaft
4.3.1. Eintragung einer inländischen Geschäftsanschrift
4.3.2. „Zweite-Chance-Regelung“
4.3.3. Erleichterung der öffentlichen Zustellung
4.4. Die führungslose GmbH
4.4.1. Rechtsverfolgung und Gläubigerschutz
4.4.2. Insolvenzrechtliche Pflichten und Haftung des Gesellschafters

5. Rechtsformvergleich

6. Fazit

Bibliographie

Ehrenwörtliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Wichtige Eckdaten bei der zeitlichen Entstehung des MoMiG

Tabelle 2: Umstrukturierung des Eigenkapitalersatzrechts nach dem MoMiG

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Rechtsform der GmbH ist im 19. Jahrhundert entstanden und wurde auf die speziellen Belange kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zugeschnitten. Es handelt sich mithin um ein „künstliches Konstrukt“. Hintergrund für ihre Schaffung war und ist die beschränkte Haftung nach außen. Eine ähnliche Flexibilität wie bei Personengesellschaften und ein hinreichender Gläubigerschutz sollte ebenfalls gewährleistet sein. Im Jahr 1892 wurde die GmbH schließlich zur unabhängigen und selbständigen Gesellschaftsform.[1]

Derzeit sind in Deutschland rund eine Million GmbHs registriert, was bedeutet, dass die GmbH zu einer der erfolgreichsten Gesellschaftsformen überhaupt geworden ist.[2] Weltweit existieren einige nach dem Vorbild der GmbH erschaffene Gesellschaftsformen wie beispielsweise die französische SARL und SAS, die spanische SLNE und die niederländische BV und nicht zuletzt die britische Ltd., die sich alle in kleinen, hier nicht weiter dargelegten, Nuancen unterscheiden.[3]

Bedingt durch die Urteile des EuGH in Sachen Centros[4], Überseering[5] und Inspire Art[6] besteht ein uneingeschränkter Wettbewerb zwischen den verschiedenen europäischen Gesellschaftsformen. Die Niederlassungsfreiheit bei Gesellschaftsneugründungen gilt für den gesamten europäischen Wirtschaftsraum, mit Ausnahme der Schweiz. Auch die in den USA gegründeten Gesellschaften sind aufgrund des bilateralen Staatsvertrages in Deutschland uneingeschränkt anzuerkennen. Ein Unternehmensgründer kann heute demnach zwischen fast 30 europäischen und 50 amerikanischen Rechtsformen und deren jeweiligen Rahmenbedingungen frei wählen, die aus seiner Sicht am attraktivsten erscheinen.[7]

In der Praxis spielen derweil von den europäischen Rechtsformen nur wenige eine Rolle.[8] Dominierend ist dabei die englische Ltd. Ein wirklicher Wettbewerb zwischen den Rechtsformen findet nicht statt. Das bedeutet, dass sich die deutsche GmbH hauptsächlich mit der englischen Ltd. messen und vergleichen lassen muss. Sie konkurriert demnach nicht oder nur selten mit ihr nachempfundenen spanischen, französischen oder niederländischen Schwestern.

Die Konkurrenz (besonders durch die Ltd.) macht Reformen des GmbH-Rechts nötig. Dies wurde vom Gesetzgeber erst jetzt aufgegriffen, obwohl es bereits seit langem Reformvorschläge zum GmbH-Recht gibt. Die bislang insgesamt „nur“ 39 Gesetzesänderungen im Hinblick auf die GmbH hatten nur unwesentliche Auswirkungen auf die Fundamente der GmbH. Überwiegend mussten die EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden.[9]

Zu den Meilensteinen der Gesetzesänderungen betreffend die GmbH gehören insbesondere die GmbH-Novelle (1980), das reformierte Umwandlungsrecht (1994), die Einführung der Insolvenzverordnung (1994) sowie die Handelsrechtsreform (1998). Diese haben das GmbH-Recht an einigen Stellen übersichtlicher gemacht, aber viele Fragen und Probleme offen gelassen. Der Kern der GmbH blieb dadurch aber weithin unberührt.[10]

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)[11] wird die erste grundlegende Reform des GmbH-Rechts überhaupt durchgeführt. Die Reform soll eine umfassende und in sich geschlossene Novelle des GmbH-Rechts sein und nicht nur punktuelle Änderungen darstellen.

Am 26.06.2008 hat der Bundestag das MoMiG in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses[12] beschlossen[13]. Vom Referentenentwurf (29.05.2006) über den Regierungsentwurf (25.05.2007)[14] bis zur endgültigen Fassung des MoMiG sind viele wesentliche Änderungen vollzogen worden, wie die nachfolgende Tabelle zeigt.[15]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Wichtige Eckdaten bei der zeitlichen Entstehung des MoMiG

Quelle: Eigene Darstellung

Nach nun mehr als zweieinhalb Jahren der Reife ist das MoMiG am 01. November 2008 in Kraft getreten.

Die Ziele des MoMiG orientieren sich im Wesentlichen an drei Säulen:[16]

1. Beschleunigung der Unternehmensgründung
2. Deregulierung und Modernisierung zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der GmbH gegenüber ausländischen Rechtsformen (internationale Wettbewerbsfähigkeit)
3. Bekämpfung von Missbräuchen

Diese Arbeit soll einen kurzen Überblick über die Schwerpunkte des MoMiG geben und wird danach aufgrund der Praxisrelevanz auf die neue Unternehmergesellschaft sowie auf die Missbrauchsbekämpfung detailierter eingehen.[17]

2. Schwerpunkte im Überblick

Die nächsten Kapitel liefern einen prägnanten Überblick über die wichtigsten Änderungen des MoMiG.

Diese Arbeit beruht auf dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 26.06.2008, welcher vom Bundesrat am 19.09.2008 ohne Aussprache gebilligt wurde.[18] Bei grundlegenden Änderungen vom Regierungsentwurf zum Gesetz wird jedoch an den entsprechenden Stellen darauf hingewiesen.

Die neu eingeführte UG (siehe Kap. 3) gilt nur als eine „Einstiegsvariante der GmbH“. Sie ist keine neue Gesellschaftsform und somit gilt das gesamte GmbH-Recht, inkl. den hier erläuterten Änderungen des MoMiG, für die UG entsprechend.

2.1. Beschleunigung der Unternehmensgründung

Ein Kernanliegen des MoMiG ist die Beschleunigung und Erleichterung der Unternehmensgründung. Häufig wurden Wettbewerbsnachteile der GmbH gegenüber ausländischen Gesellschaftsformen (insbes. gegenüber der Ltd.) in diesem Bereich gesehen. Welche Änderungen der Gesetzgeber hier vollzogen hat, werden die nachfolgenden Ausführungen zeigen.

2.1.1. Kapitalaufbringung und Übertragung von Geschäftsanteilen

Ein zentraler Punkt der GmbH-Reform bei der Unternehmensgründung war die Absenkung des Mindeststammkapitals von derzeit 25.000 € auf 10.000 €. Die Absenkung wird im RegE damit begründet, dass die heutige Mehrzahl der Neugründungen Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor sind, die mit relativ geringem Stammkapital auskommen. Außerdem wird es Kleinunternehmern und Existenzgründern erleichtert eine Kapitalgesellschaft zu gründen. Die Funktion der Seriositätsschwelle wäre mit einem Stammkapital von 10.000 € weiterhin gewährleistet und liegt auch im europäischen. Vergleich in einem angemessenen Rahmen, so der RegE.[19]

Durch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wurde von diesem Vorhaben jedoch wieder Abstand genommen.[20] Mit der Einführung der UG wird denen Rechnung getragen, die ein geringeres (Start-) Stammkapital benötigen. Außerdem kann die UG den Wettbewerbsüberlegungen hinsichtlich des Mindeststammkapitals im Vergleich zu ausländischen Rechtsformen standhalten.[21]

Sowohl im Hinblick auf bestehende GmbHs, als auch mit der Einführung der „stammkapitalfreien“ UG ist m.E. der Verzicht auf die Absenkung des Mindestkapitals aus zwei Gründen sehr zu begrüßen. Zum einen bedarf es keiner Regelung für die „alt“-Gesellschaften bzgl. der Differenz des Stammkapitals (mindestens ∆ 15.000 €)[22] und zum anderen ist durch die UG ein geringeres Stammkapital möglich, wenn es denn gewünscht wird.

Der Unversehrtheitsgrundsatz der Kapitalaufbringung[23] erfährt durch das MoMiG keine wesentlichen Änderungen. Lediglich durch die Aufhebung des § 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG a.F. fällt die besondere Besicherung der Stammeinlage bei einer Ein-Personen-GmbH weg. Dies verursacht weitere Folgederegulierungen, nämlich in § 8 Abs. 2 S. 2 und § 19 Abs. 4 GmbHG.[24]

Durch das MoMiG findet zum anderen eine umfassende Deregulierung im Bezug auf das Recht der Geschäftsanteile statt.[25] Die erste Änderung ist terminologischer Art. Der neue § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG besagt, dass der Gesellschaftsvertrag „die Zahl und die Nennbeträge der Geschäftsanteile, (die jeder Gesellschafter gegen Einlage auf das Stammkapital übernimmt)“ enthalten muss. Somit wird im künftigen GmbHG nicht mehr auf die Stammeinlage, sondern auf den Nennbetrag der Geschäftsanteile abgestellt. Die Begrifflichkeiten sind dadurch mit den aktienrechtlichen Ausdrucksweisen[26] sowie mit dem allgemeinen Sprachgebrauch identisch.[27] Die Änderung ist damit zu begründen, dass der künftige § 5 Abs. 2 GmbHG ausdrücklich erlaubt, dass ein Gesellschafter schon bei Gründung der Gesellschaft mehrere Geschäftsanteile übernehmen kann.

Die Einlageverpflichtung gem. § 14 GmbHG entsteht künftig mit der Übernahme des Nennbetrags des jeweiligen Geschäftsanteils und nicht mehr mit der Aufnahme der Stammeinlage.[28] § 14 GmbHG hat dabei lediglich klarstellenden Charakter, da sich die Einlagepflicht aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG ergibt.

Eine weitere Erleichterung im Zusammenhang mit den Geschäftsanteilen ist die neue mögliche Stückelung, Teilung und Zusammenlegung dieser (§ 5 Abs. 2 und 3 GmbHG) und die damit verbundene Aufhebung des § 17 GmbHG. Die Stammeinlage musste bislang mindestens 100 € betragen und durfte nur in Einheiten aufgeteilt werden, die durch 50 teilbar sind. Künftig gilt, dass der Nennbetrag jedes Geschäftsanteils (= ehemalige Stammeinlage) auf volle Euro lauten muss, also mindestens 1 € beträgt und die Teilbarkeitsregelung nicht mehr besteht.[29]

Dies vereinfacht die Teilung von schon bestehenden Geschäftsanteilen ungemein. Auch die Höhe der Nennbeträge der einzelnen Geschäftsanteile kann verschieden bestimmt werden. Die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile muss jedoch mit dem Stammkapital übereinstimmen. Ein Auseinanderfallen ist laut Gesetz unzulässig, so der § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG. Um Abweichungen zu vermeiden kann eine Einziehung mit einer Kapitalherabsetzung (gem. § 58 GmbHG) verbunden werden.[30] Eine Kapitalerhöhung (gem. § 57h GmbHG) erfolgt entweder mit der Bildung neuer Geschäftsanteile oder mit der nominellen Aufstockung der Nennbeträge der bestehenden Geschäftsanteile.

Die Praxistauglichkeit der angeführten Änderungen liegt auf der Hand. Durch die Abschaffung der Mindeststückelung und der Teilbarkeitsregel sowie die Möglichkeit der Übernahme mehrerer Geschäftsanteile ist die Handhabung der Geschäftsanteile wesentlich flexibler geworden, sodass eine genaue Abbildung der gewünschten Beteiligungsverhältnisse möglich ist.[31]

Die „geringe Fungibilität“, sei sie denn gewünscht, werde dadurch in keinster Weise beeinträchtigt.[32] M.E. ist eine hohe Fungibilität der Geschäftsanteile einer GmbH (bzw. der neuen UG) nicht, oder nur in sehr seltenen Fällen, gegeben, da sie immer noch eine relativ starke personenbezogene Kapitalgesellschaft[33] ist. Zudem ist bei einer Übertragung eines Geschäftsanteils eine notarielle Beurkundung vonnöten.

Der Gläubigerschutz im Sinne einer Kapitalerhaltung erfährt ebenfalls durch die angeführten Veränderungen keine Einschränkungen. Die §§ 30 Abs. 1 und 31 Abs. 1 GmbHG beziehen sich auf das Stammkapital als Ganzes und nicht auf die Stammeinlagen, bzw. den jetzigen Nennbetrag des Geschäftsanteils jedes einzelnen Gesellschafters. Dem Gläubigerschutz wird „nur“ durch die Ausschüttungssperre des gezeichneten Kapitals als Ganzes Rechnung getragen. Das Verhältnis der Höhe des Nennwertes der jeweiligen Geschäftsanteile fungiert nur als Rechengröße, wenn es gem. § 24 S.1 bzw. § 31 Abs. 3 GmbHG zur Ausfallhaftung eines Mitgesellschafters kommt.[34]

2.1.2. Verdeckte Sacheinlage – „Hin- und Herzahlen“

Die verdeckte Sacheinlage wird durch das MoMiG in § 19 Abs. 4 GmbHG legal definiert. Damit ist aber keine inhaltliche Änderung gegenüber der aktuellen Rechtsprechung verbunden. Wird formell eine Bareinlage vereinbart und geleistet, aber bei wirtschaftlicher Betrachtung der Gesellschaft und einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Bareinlage getroffenen Absprache ein Sachwert in die Gesellschaft ein- gebracht, so spricht man von einer verdeckten Sacheinlage. Die Konsequenzen vor dem MoMiG waren in § 19 Abs. 5 GmbHG a.F. geregelt. Eine Sacheinlage ist demnach nur zulässig, wenn sie auch als solche nach § 5 Abs. 4 GmbHG a.F. deklariert ist.[35]

Die Umgehung dieser alten Vorschriften wird als unzulässig erachtet, was dazu führt, dass sowohl der schuldrechtliche Teil der verdeckten Sacheinlage als auch das dingliche Erfüllungsgeschäft[36] unwirksam sind. Die Bareinlagenpflicht besteht in voller Höhe weiter, unabhängig von dem Wert der verdeckt erbrachten Sacheinlage. Meist kommt es erst im Insolvenzfall zu einer Aufdeckung der verdeckten Sacheinlage dazu. Wegen der Bareinlagenpflicht muss der Gesellschafter seine Einlage ein zweites Mal leisten. Eine Rückforderung der (verdeckten) Sacheinlage hat zu diesem Zeitpunkt aus zwei Gründen keinen Sinn. Zum einen wird die Sacheinlage[37] schon an großem Wert verloren haben und zum anderen würde der Gesellschafter in die Rolle eines Gläubigers fallen und so die Sacheinlage erst einmal nicht zurückerhalten.

Das MoMiG entschärft an einigen Stellen die Problematik der verdeckten Sacheinlage und erkennt diese auch als Einlage an, sodass es nicht zwingend zu einer doppelten Belastung der Gesellschafter kommt. Der RegE des MoMiG sah in § 19 Abs. 4 GmbHG-E eine Erfüllungslösung vor, d. h., die Einlagenschuld würde durch die verdeckte Sacheinlage erst einmal erfüllt.[38] Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses hat dies aber wieder etwas verschärft und eine Anrechnungslösung in § 19 Abs. 4 GmbHG eingeführt. Hierbei befreit die verdeckte Sacheinlage den Gesellschafter von seiner Einlagenpflicht grds. nicht. Es findet aber eine Anrechnung der Sacheinlage mit dem Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft auf seine Bareinlagenpflicht statt (Differenzhaftung).[39]

Um trotzdem ein „Sanktionsgefälle“ bei einer verdeckten Sacheinlage zu bekommen, wird die Beweislast für den Wert des Vermögensgegenstandes auf den Gesellschafter übertragen, da das direkte Sachgründungsverfahren des § 9 Abs. 1 GmbHG umgangen wurde.[40] Die Anrechnung erfolgt erst nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Hat der Geschäftsführer also Kenntnis über die vorsätzlich verdeckte Sacheinlage, so darf er in der Handelsregisteranmeldung nicht versichern, dass die Bareinlage erfüllt sei, da sonst die Geschäftsführerhaftung gem. den §§ 9a und 43 Abs. 2 GmbHG eintritt.

Die Übergangsvorschrift des § 3 Abs. 4 EGGmbHG für die verdeckte Sacheinlage besagt, dass die Regelungen gem. § 19 Abs. 4 GmbHG auch für Einlagen gelten, die vor dem Inkrafttreten des MoMiG bewirkt worden sind. Dies gilt nur, sofern noch kein rechtskräftiges Urteil zwischen Gesellschaft und Gesellschafter aufgrund der verdeckten Sacheinlage gefallen ist.[41]

Sowohl die Erfüllungs- als auch die Anrechnungslösung haben grds. die gleiche Kritik erfahren. Bei beiden Lösungen wird die korrekte Angabe im Gesellschaftsvertrag über die Bar- bzw. Sacheinlage ausgehebelt.[42] Maßgebend für den Gläubigerschutz ist dies nicht. Die Tatsache, dass die Einlage (egal ob Bar- oder Sacheinlage) im Zeitpunkt der Eintragung tatsächlich in voller Höhe zur Verfügung steht ist ausreichend. Man hat sich jedoch für die Anrechnungslösung entschieden, damit deutlich wird, dass ein Sanktionsgefälle zwischen einer verdeckten und einer offenen Sacheinlage besteht.[43]

Da die Fallkonstellationen einer verdeckten Sacheinlage oft nicht eindeutig sind, ist m.E. die Anrechnungslösung zu begrüßen, um zu verhindern, dass der Gesellschafter seine Einlage doppelt leisten muss. Jedoch ist der Nachweis über die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstandes zum Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft, der meist erst nach Jahren eintritt bzw. im Falle der Insolvenz vonnöten ist, sehr schwer zu erbringen. Daher sollte der Gesellschafter entweder über eine offene Sacheinlage oder bspw. über ein Gutachten nachdenken, wenn durch einen engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Sacheinlage, eine „verdeckte Sachgründung“ in Verbindung zu bringen wäre.

In engem Zusammenhang mit der verdeckten Sacheinlage steht die Fallgruppe des „Hin- und Herzahlens“. Nach dem RegE sollte diese Fallgruppe in § 8 Abs. 2 GmbHG-E geregelt werden. Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses hat den gleichen Wortlaut nun in den § 19 Abs. 5 GmbHG verschoben um den Zusammenhang mit den verdeckten Sacheinlagen deutlich zu machen.[44]

Im Fall des Hin- und Herzahlens geht es um Gesellschafter, die eine Bareinlage erbracht haben, diese aber schon durch vorherige Absprachen dieses Einzahlungsbetrags, meist in Form eines Darlehens, an ihn zurückfließt. Dies schließt auch die bis dato vorhandene Problematik des Cash-Pooling mit ein, was in Kap. 2.2.4 weiter erörtert wird.

Künftig soll in den Fällen des Hin- und Herzahlens eine Erfüllungswirkung laut § 19 Abs. 5 GmbHG eintreten, wenn die „Rückzahlung“ nicht einer verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG) entspricht. Dasselbe gilt, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewährungsanspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig gestellt werden kann (§ 19 Abs. 5 GmbHG). Dies setzt voraus, dass der Gesellschafter, der seine Einlage als Darlehen von der Gesellschaft erhalten hat, dieses sofort wieder in die Gesellschaft zurückführen kann, bzw. liquide sein muss, um dies zu leisten.[45]

Diese Neuregelung knüpft an die Änderung des § 30 Abs. 1 GmbHG an, die sich mit der Kapitalerhaltung befasst und das Cash-Pooling legalisieren soll. Auch dabei verlangt der Gesetzgeber einen werthaltigen Gegenanspruch. In bilanzieller Hinsicht liegt in beiden Fällen (Hin- und Herzahlen / Cash-Pooling) ein Aktivtausch vor.[46] Zudem soll bei der Kapitalaufbringung als auch bei der -erhaltung nicht mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen werden.[47]

Grundsätzlich stellen die Regelungen des MoMiG in diesem Bereich einige Deregulierungen und Vereinfachungen dar. Jedoch wäre es einfacher und effizienter gewesen, ein Darlehen an den Gesellschafter als eine Sacheinlage zuzulassen, wenn der Rückzahlungsanspruch werthaltig und der Gesellschafter in dieser Hinsicht liquide genug ist, diesen jederzeit zu begleichen. Das bilanzielle Ergebnis und auch die rechtlichen An-sprüche sind m.E. die gleichen und entsprechen den Regelungen des MoMiG. Dies hätte sogar den Gläubigerschutz gestärkt, da die strengeren Regeln der Sacheinlage anwendbar gewesen wären und nicht die der Bareinlage.[48]

2.1.3. Vereinfachte Gründung einer GmbH

Nach altem Recht erfolgt die Gründung der GmbH gem. § 2 Abs. 1 GmbHG durch den Gesellschaftsvertrag, der von allen Gesellschaftern unterzeichnet und vom Notar beglaubigt werden muss.

Um unkomplizierte Standardfälle einer GmbH-Gründung zu erleichtern, wird der neue § 2 Abs. 1a GmbHG eingeführt. Der RegE sah damit und im Zusammenhang mit § 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG-E noch ein „Gründungsset“, bestehend aus dem Muster eines Gesellschaftsvertrags, dem Muster für die Handelsregisteranmeldung und einem Vordruck für die Gesellschafterliste vor, mit dem man eine GmbH nur mit einer schriftlichen Abfassung des Mustervertrages, verbunden mit einer öffentlichen Beglaubigung der Unterschriften der Gesellschafter, also ohne notarielle Beurkundung, gründen könnte.[49] Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses hieß dieses Vorgehen nicht für gut, änderte den § 2 Abs. 1a GmbHG und hob den neuen § 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG wieder auf. Der nun verabschiedete § 2 Abs. 1a GmbHG ersetzt den beurkundungsfreien Mustergesellschaftsvertrag („Gründungsset“) durch ein beurkundungspflichtiges Mu-sterprotokoll.[50] Dieses Musterprotokoll ist Anlage des GmbHG und besteht aus einem Dokument, welches zugleich Gesellschaftsvertrag, Geschäftsführerbestellung und Gesellschafterliste ist.

Die Voraussetzungen für eine vereinfachte GmbH-Gründung sind indes in beiden Fassungen des § 2 Abs. 1a GmbHG dieselben. Sie ist nur möglich, wenn es maximal drei Gesellschafter und einen Geschäftsführer gibt (§ 2 Abs. 1a S. 1 GmbHG) und das gesetzliche Musterprotokoll ohne abweichende Bestimmungen genutzt wird (§ 2 Abs. 1a S. 2 und 3 GmbHG).[51] Eine „normale“ GmbH-Gründung, auch wenn die vereinfachten Voraussetzungen vorliegen, ist immer möglich.

Sowohl im RegE als auch im Beschluss des Rechtsausschusses wird von einer echten Kosteneinsparung für Unternehmensgründer gesprochen. Sieht man von der zu leistenden Stammeinlage ab[52], so betragen die notwendigen Gründungskosten einer GmbH (Notar, Handelsregistereintrag, Veröffentlichungen) ca. 750,00 € (zzgl. USt.).[53] Ob man hier von einer „echten“ Kosteneinsparung sprechen kann, halte ich für sehr diskussions-würdig, obgleich bei Nutzung des Musterprotokolls bei einer Ein-Personen-Gesellschaft nur 120,00 € fällig werden.[54]

Es stellt sich die Frage, ob der Nutzen der Kosteneinsparung bei Verwendung des Mu-sterprotokolls, die Kosten bei Verwendung eines individuellen Gesellschaftsvertrags, mit rechtlich-notarieller Beratung überwiegt. Gründel merkt außerdem zur Praxistauglichkeit dieser Regelung an: „Es gibt weder „unkomplizierte Standardfälle“ noch „einfache GmbH-Gründungen“.[55] Der einzige Vorteil des MoMiG in der Variante des Rechtsausschusses ist, dass in jedem Fall ein Notar vonnöten ist, der u.U. die Gründer über die Rechte und Pflichten eines Gesellschafters / Geschäftsführers beraten kann, was zu weiteren Kosten führte.

2.1.4. Beschleunigung der Registereintragung

Das EHUG, welches Anfang 2007 in Kraft getreten ist, hat das Verfahren zur Eintragung einer Gesellschaft ins Handelsregister reformiert. Demnach sind alle erforderlichen Unterlagen grds. elektronisch beim Registergericht einzureichen, welches dann unmittelbar über die Anmeldung entscheiden kann.[56]

Die Registereintragung nach dem MoMiG wird im Wesentlichen durch drei Punkte beschleunigt:

1. die Abkoppelung des Eintragungsverfahrens von der verwaltungsrechtlichen Genehmigung (Streichung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG a.F.)
2. bei Gründung der Ein-Personen-GmbH wird auf die Stellung der besonderen Sicherheitsleistung verzichtet
3. der Umfang der Gründungsprüfung durch das jeweilige zuständige Registergericht wird stark reduziert

ad 1: Dies führt zu einer ordentlichen Trennung des Handels- und Gewerberechts. Will eine Gesellschaft eine genehmigungspflichtige Tätigkeit ausüben (z. B. Gaststättenbetriebe / Bauträger / Handwerksbetriebe etc.), so benötigte sie vor dem MoMiG eine staatliche Genehmigungsurkunde zur Eintragung ins Handelsregister. Um an diese Urkunde zu gelangen, sind weitere Verfahren / vorläufige Nachweise vonnöten,[57] was bedeutet, dass das langsamste Verfahren die Geschwindigkeit der Registereintragung bestimmt. Mit der Streichung des § 8 Abs.1 Nr. 6 GmbHG a.F. wird dieses „nacheinander“ gestrichen, was aber nicht bedeutet, dass die Genehmigungspflicht entfällt. Eine schnellere Registereintragung wird möglich gemacht und gleichzeitig werden die Re-gistergerichte entlastet.[58]

ad 2: Alle Vorschriften des GmbH-Rechts in diesem Zusammenhang werden ersatzlos gestrichen (siehe Kap. 2.1.1.).

ad 3: Wie oben schon erwähnt, braucht das Registergericht nicht mehr zu prüfen, ob ein genehmigungspflichtiger Unternehmensgegenstand und die dazugehörige Beurkundung vorliegt. Auch bei Verwendung des Musterprotokolls ist von der Vollständigkeit auszugehen.

Der neue § 8 Abs. 2 S. 2 GmbHG[59] besagt, dass das Gericht bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung (§ 8 Abs. 2 S. 1 GmbHG) (ordentliche Kapitalaufbringung) Nachweise (u.a. Einzahlungsbelege) verlangen kann. Wie diese „erheblichen“ Zweifel im Einzelfall aussehen, soll hier nicht weiter erörtert werden. Auch die Beschränkung der Werthaltigkeitskontrolle, ob eine „nicht unwesentliche“ Überbewertung der Sacheinlage vorliegt (gem. § 8 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 9c Abs. 1 GmbHG), trägt zur Entlastung der Gerichte bei. Des Weiteren findet damit eine Anlehnung an das Aktienrecht statt.[60]

In der Theorie musste das Registergericht bis dato eine umfassende Bewertung der Sacheinlage vornehmen und bei nur geringfügiger Überbewertung die Eintragung ablehnen. In der Praxis läuft dies jedoch nur auf eine Plausibilitätsprüfung der Sacheinlage hinaus. Es kann mithin kein exakter Wert für den betreffenden Gegenstand vom Re-gistergericht ermittelt werden.[61]

Die neue Regelung ist eindeutig eine Erleichterung der Registergerichte und führt auf der anderen Seite zu einer deutlichen Verkürzung der Eintragungszeiten im Handels-register, was die Unternehmensgründung beschleunigt.[62]

Derzeit beträgt der Zeitaufwand für die Gründung einer GmbH in der BRD im Durchschnitt 22 Tage, was im Vergleich zu anderen EU-Staaten im Mittelfeld liegt. Mit der Einführung des EHUG und den Erleichterungen des MoMiG ist es möglich eine GmbH im Idealfall innerhalb von 24 Std. zu gründen.[63] Die Gründungszeitersparnis, mit welcher die britische Ltd. häufig umworben wird, wird damit vollständig kompensiert.

Die Verwendung des Musterprotokolls (siehe Kap. 2.1.3.) führt m.E. ebenfalls zur Beschleunigung der Registereintragung, da es sich dabei um einen Standardvertrag handelt, der keiner weiteren Kontrolle mehr unterzogen werden muss.

2.2. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der GmbH

Durch ein in den nächsten Kapiteln vorgestelltes Bündel von Maßnahmen des MoMiG, soll die Attraktivität der deutschen GmbH nicht nur in der Gründungsphase, sondern auch als „werbendes“, also im Markt tätiges Unternehmen erhöht werden um dem Wettbewerb mit den anderen Rechtsformen besser entgegenzustehen.

2.2.1. Freie Sitzwahl und Niederlassungsfreiheit

Durch die Aufhebung des § 4a Abs. 2 GmbHG a.F. wird beabsichtigt, einer deutschen GmbH die Möglichkeit einer (Verwaltungs-)Sitzverlegung ins Ausland zu ermöglichen. Eine Übereinstimmung mit dem Satzungssitz, der weiterhin im Inland liegen muss (gem. § 4a GmbHG), ist nicht mehr notwendig.[64] Dies ist u.a. auf die EuGH-Rechtsprechung mit den Urteilen Überseering und Inspire Art zurückzuführen.[65] Diese besagen, dass ausländische Unternehmen die Möglichkeit haben ihren Verwaltungssitz in andere Staaten (also auch nach Deutschland) zu verlegen und diese als solche anzuerkennen sind.

Der Satzungssitz bestimmt dabei in der BRD die Rechtsordnung, der sich die Gesellschaft Zeit ihres Lebens zu „unterwerfen“ hat. Auch eine mehrfache Verlegung des Verwaltungssitzes bspw. ins Ausland ändert nichts an der Anwendung der Rechtsordnung des Satzungssitzes der Gesellschaft.[66] Eine deutsche GmbH mit einem ausländischen Verwaltungssitz bleibt eine deutsche Rechtsform und verlässt nicht den deutschen Rechtskreis.[67]

Bis dato war es einer deutschen Konzernmutter nicht möglich eine ausländische Tochter bzw. eine Zweigniederlassung in der Rechtsform einer „vertrauten“ GmbH (bzw. AG) zu gründen, was wahrscheinlich die wirtschafts- als auch steuerrechtlichen Rahmenbedingungen stark vereinfacht und zu Kosteneinsparungen führt.

In Zukunft wird mit dem MoMiG ein level playing field, also gleiche Ausgangsbedingungen gegenüber vergleichbaren ausländischen Rechtsformen, besonders im Hinblick auf die englische Ltd. geschaffen.[68]

2.2.2. Aufwertung und mehr Transparenz der Gesellschafterliste

Die Neufassungen der §§ 16 und 40 GmbHG durch das MoMiG sollen zum einen eine Missbrauchsbekämpfung bieten und, zum anderen, eine Transparenz über die Anteils-eignerstrukturen schaffen.[69]

Der neue § 16 Abs. 1 GmbHG besagt, dass nur derjenige als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft gilt, wer im Handelsregister gem. § 40 Abs. 1 GmbHG eingetragen ist. Dabei müssen nach neuem Recht u.a. die Nennbeträge und laufende Nummer der Geschäftsanteile in der Gesellschafterliste enthalten sein. Die durchgehende Nummerierung der Geschäftsanteile führt zu mehr Übersichtlichkeit und Gesellschafterwechsel können lückenlos nachvollzogen werden. Die bisher kaum verlässliche Gesellschafterliste wird damit vom Gesetzgeber zum Rechtsscheinträger, insbes. für den gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen (Kap. 2.2.3) aufgewertet.[70] Damit wird die Gesellschafterliste an das Aktienregister bei Namensaktien angenähert.[71] Die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste in das elektronische Handelsregister, welches jederzeit online für jedermann einsehbar ist, muss unverzüglich erfolgen.[72]

Grundsätzlich liegt die Aktualitätspflicht der Gesellschafterliste beim Geschäftsführer gem. § 40 Abs. 1 GmbHG. Den Geschäftsführern obliegt damit die Prüfpflicht auf Richtig- und Vollständigkeit und ggf. das Unterzeichnen und Einreichen einer korrigierten Liste. Das Handelsregister nimmt keine inhaltliche Plausibilitätsprüfung mehr vor.

Die Geschäftsführerhaftung in diesem Zusammenhang befindet sich im neuen § 40 Abs. 3 GmbHG und besagt, wenn er die oben beschriebenen Pflichten verletzt haftet er sowohl denjenigen gegenüber, deren Beteiligung sich geändert hat, als auch wie bisher, den Gläubigern der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden. Mit dem MoMiG wird auch der Notar, wenn er an einer Veränderung nach § 40 Abs. 1 GmbHG mitgewirkt hat, anstelle[73] des Geschäftsführers dazu verpflichtet, die aktuelle Liste zu unterschreiben und unverzüglich an das Handelsregister weiterzuleiten.[74] Das Ziel der Transparenz als auch der Missbrauchsbekämpfung im Zusammenhang mit der Gesellschafterliste wird m.E. erreicht. Alle Beteiligten haben einen Anreiz die Gesellschafterliste auf dem aktuellen Stand zu halten.

[...]


[1] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 1.

[2] Vgl. Westhoff (2006) S. 525 f; Wulfetange (2006) S. 19 jeweils m.w.N.

[3] Vgl. Wachter (2005) S. 717 ff.; Mellert (2006) S. 8 ff.

[4] EuGH Urteil vom 09.03.1999, C-212/97; BB (1999) S. 809 ff.

[5] EuGH Urteil vom 05.11.2002, C-208/00; BB (2002) S. 2402 ff.

[6] EuGH Urteil vom 30.09.2003, C-167/01; BB (2003) S. 2195 ff.

[7] Vgl. Wachter (2005) S. 717; hinzu kommen noch die Rechtsformen der EU wie bspw. die SE oder EPG, siehe dazu Steinberger (2006) S. 27 ff.

[8] Vgl. Wachter (2005) S. 718.

[9] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 1.

[10] Vgl. Bayer (2007) S. 222 f. Gründel / Katzorke (2008) S. 1 f.

[11] BR-Drs. 615/08.

[12] BT-Drs. 16/9737.

[13] BR-Drs. 615/08 (Gesetzesbeschluss).

[14] BR-Drs. 354/07 = erster RegE, durch Beschluss und Stellungnahme BT-Drs. 16/6140 = RegE.

[15] Vgl. Fliegner (2008) S. 1668.

[16] Vgl. Zypries (2006) S. 1; Breitenstein / Meyding (2007) S. 1457; Eidenmüller (2007) S. 169 f.

[17] An dieser Stelle sei noch gesagt, dass sich die angeführten Gesetzesnormen auf die jeweils aktuelle Fassung, die am 03.11.2008 gültig ist / war, beziehen. Wenn dies nicht der Fall ist, so sind die Gesetzesbezeichnungen deutlich gekennzeichnet.

[18] BR-Drs. 615/08 (Gesetzesbeschluss); Begründungen in: BT-Drs. 16/6140( RegE) und BT-Drs. 16/9737 (Stellungnahme des Rechtsausschusses).

[19] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 29; Lutter (2006) S. 2; die Absenkung sollte 2004 durch das MiKaTraG schon erfolgen.

[20] Vgl. BT-Drs. 16/9737 S. 94.

[21] Vgl. BT-Drs. 16/9737 S. 95; Lutter (2006) S. 2; Haack / Campos Nave (2008) Rn. 43.

[22] Hätten diese („steuerfrei“) ohne etwaige aus der GmbH entnommen werden können?

[23] Das Stammkapital zum Zeitpunkt der Entstehung der GmbH muss gewährleistet sein.

[24] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 33 f.; Gründel / Katzorke (2008) S. 22.

[25] Vgl. Wälzholz (2008) S. 844.

[26] Ersichtlich aus § 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG.

[27] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 28 f.

[28] Anlehnung an § 2 AktG; die Gründer müssen sämtliche Geschäftsanteile sofort übernehmen „Prinzip der Einheitsgründung“, vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 35 ff.

[29] Vgl. Mayer (2008) S. 424 / S. 426; Entspricht den Regelungen im AktG gem. § 8 AktG.

[30] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 38; BT-Drs. 16/6140 S. 29f. / S. 39.

[31] Vgl. Haack / Campos Nave (2008) Rn. 41; Gründel / Katzorke (2008) S. 40.

[32] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 30 f.

[33] Veröffentlichung der Gesellschafterliste bestehend u.a. aus Name und Nennbetrag des Geschäftsanteils, siehe dazu Mayer (2008) S. 406 (mögliches Aussehen einer Gesellschafterliste im elektronischen Handelsregister) oder Anlage 1 zum GmbHG, da Musterprotokoll auch zur Einreichung benutzt werden kann.

[34] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 30.

[35] Selbst eine Überbewertung der Sacheinlage führte laut Gesetz zu einer Ablehnung der Eintragung.

Vgl. Dernedde (2008) S. 49.

[36] Analog zu § 27 Abs. 3 S. 1 AktG.

[37] Meist ein PKW oder Maschinen.

[38] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 40 f.

[39] Vgl. Sartorius (2008) S. 17 f.; BT-Drs. 16/9737 S. 97.

[40] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 40 f.; BT-Drs. 16/9737 S. 97; Haack / Campos Nave (2008) Rn. 90 ff.

[41] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 39; Gründel / Katzorke (2008) S. 60.

[42] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 60.

[43] Vgl. Wälzholz (2008) S. 843 f.

[44] Vgl. BT-Drs. 16/9737 S. 97 f.

[45] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 34 f.; zu einzelnen Fallkonstellationen siehe Gesell (2007) S. 2241 ff.

[46] Buchungssatz wäre in beiden Fällen: Forderungen -an- Kasse.

[47] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 64; BT-Drs. 16/6140 S. 34 f.

[48] Ggf. Nachweis der Werthaltigkeit.

[49] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 27 f.

[50] Vgl. BT-Drs. 16/9737 S. 93; Eversloh (2008) S. 236.

[51] Vgl. Römermann (2008) R. 242.

[52] Wie es bei der UG der Fall sein wird.

[53] Die Spannweite reicht von 550 € (Gründel / Katzorke (2008) S. 28) bis hin zu diversen Internetangeboten von 2.500 € (www.foratis.de), jeweils zzgl. des Mindestkapitals von 25.000 €. Eine wirkliche notarielle Beratung wird aber nicht eingeschlossen sein (Bezogen auf das neue Recht).

[54] Kostenrechtliche Privilegierung gem. § 41d KostO; durch Nutzung des Musterprotokolls ist keine individuelle notarielle Beratung enthalten; bei der UG-Gründung können die Kosten dementsprechend nicht mehr so viel geringer sein.

[55] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 29.

[56] Vgl. Sartorius (2008) S. 32.

[57] Vgl. Breitenstein / Meyding (2007) S. 1458.

[58] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 34.

[59] Die Fassung des § 8 Abs.2 GmbHG-E nach dem RegE, wurde wg. Besserer Systematik in den § 19 Abs. 5 GmbHG übernommen so die BT-Drs. 16/9737 S. 96 (siehe Kap. 2.1.2.).

[60] § 38 Abs. 2 S. 2 AktG.

[61] Werthaltigkeitskontrolle in Anlehnung an § 38 Abs.2 S. 2 AktG, ob eine nicht „unwesentliche“ Bewertung vorliegt.

[62] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 36.

[63] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 33 f.

[64] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 29; BT-Drs. 16/9737 S. 94; § 5 Abs. 2 AktG wird ebenfalls aufgehoben. Die in Deutschland über Jahrzehnte verfolgte Sitztheorie (Satzungssitz dort, wo der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft ist) geht mit der Änderung des MoMiG hin zur Gründungstheorie (Satzungssitz ist der Ort, der ersten Registereintragung).

[65] Vgl. Fn 4 – 6 und Kap. 1.

[66] Vgl. Gründel / Katzorke (2008) S. 8 ff.; aber schon Luft (2008) S. 21 ff. zeigt die Wende von der Sitz- zur Gründungstheorie durch die Rechtsprechung des EuGH.

[67] Vgl. BT-Drs. 16/9737 S. 94 mit weiteren Begründungen.

[68] Deren Niederlassung in der BRD mit den in Fn 4 – 6 angeführten Urteilen schon lange ermöglicht ist, wobei in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten grds. der Rechtstand der Ltd. in England ist (Stirtz (2007) S. 25 ff.

[69] Vgl. Mayer (2008) S. 403; Bednarz (2008) S. 1854.

[70] Vgl. Bednarz (2008) S. 1855; Engel (2008) S. 1597; Mayer (2008) S. 404.

[71] § 67 Abs. 2 AktG; vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 37 ff.

[72] Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 38 f. / S. 43 f.; Mayer (2008) S. 413.

[73] „anstelle“ = alleiniger Verantwortungsbereich des Notars. Vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 44.

[74] Vgl. Engel (2008) S. 1597; Gründel / Katzorke (2008) S. 44 f.; Bednarz (2008) S. 1856 f.; Mayer (2008) S. 410 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836628877
DOI
10.3239/9783836628877
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Kassel – Wirtschaftswissenschaften, Bilanzielles Rechnungswesen
Erscheinungsdatum
2009 (April)
Note
1,3
Schlagworte
momig unternehmergesellschaft mini-gmbh gmbh-novelle gmbh-recht
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Titel: Unternehmergesellschaft und Missbrauchsbekämpfung nach der GmbH-Novelle
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