Zusammenfassung
Die Intonation ist ein Grundbaustein bei der praktischen Ausübung von Musik. Für Musikausübende sowie Tonmeisterinnen oder Dirigentinnen von Musikensembles ist es im praktischen Alltag nahezu unumgänglich, sich mit dem Thema Intonation zu beschäftigen. Fast paradox stellt sich jedoch hierbei oft die Realität dar:
Eine Vielzahl der Musikausübenden von der Amateurin bis hin zum Profi beschäftigt sich zwar oberflächlich mit Intonation und ist ständig bemüht, im Ensemble- als auch im Solospiel korrekt zu intonieren, zumindest intuitiv, jedoch kann immer wieder festgestellt werden, dass eine wirklich bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema nicht so häufig anzutreffen ist.
Das stellt nach Meinung des Autors ein durchaus ernstzunehmendes Problem dar. Wenn beispielsweise im Orchester Akkorde ausgestimmt werden sollen, wird oft ziellos herumprobiert. Dirigentinnen (wie auch viele Tonmeisterinnen), deren musikalisches Ohr oft durch die Arbeit am Klavier auf die gleichstufig-temperierte Stimmung getrimmt ist, und im Umgang mit Intonation entsprechend unerfahren sind, haben zuweilen kein Konzept, wie Akkorde aufgebaut werden sollten, um saubere Resultate zu erzielen und geben teilweise eher verwirrende Hinweise.
Für mich persönlich als ausübenden Tonmeister spielt die Intonation bei Musikaufnahmen eine ebenso große Rolle. Oftmals müssen schnell Entscheidungen bezüglich ihrer Korrektheit getroffen und daraus resultierend Retakes bestimmter Passagen des Musikwerkes aufgenommen werden. Im schlimmsten Fall kann man mit allzu gut gemeinten Verbesserungsvorschlägen gar den musikalischen Fluss, welcher meines Erachtens eine der höchsten Prioritäten bei der Musikproduktion hat, nicht nur unterbrechen, sondern die Musikerinnen sogar dermaßen aus ihrer Konzentration bringen, dass ein konstruktiv-musikalisches Arbeiten danach sehr schwer und zäh wird.
Ich nehme an, dass eine Bewusstmachung für den Aspekt Intonation in der praktischen Arbeit mit Musik in vielen Situationen und für viele Menschen, die mit Musik zu tun haben erstens eine Vereinfachung in vielen Arbeitsprozessen mit sich bringen und zweitens gleichwohl eine Chance bei der künstlerisch-kreativen Qualitätssuche bedeuten könnte.
Sowohl das Verständnis für die Intonationsproblematik (die sich im Ensemblespiel unweigerlich ergibt), als auch die Optionen und obligatorischen Kompromisse bei dem Zusammenspiel etwa von Streichern mit einem heute (meist) […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Kurzbeschreibung
Einleitung
1. Grundlagen
1.1 Das menschliche Ohr
1.1.1 Aussen- und Mittelohr
1.1.2 Das Innenohr
1.2 Intervalle
1.2.1 Allgemeines
1.2.2 Schwebungen
1.2.3 Kombinationstöne
1.3 Charakterisierung von Intervallen sowie gehörphysiologische Phänomene
1.4 Das Phänomen des Zurechthörens
1.5 Unreinheit als Merkmal von Klangästhetik
1.6 Das Cent und die Wahrnehmung von Tönen im menschlichen Ohr
1.7 Kritische Bänder und die Einheit Mel
1.8 Historischer Abriss der diatonischen Tonsysteme
1.8.1 Pythagoras (um 570 v.Chr.)
1.8.2 Die reine Skala nach Didymos
1.8.3 Die Mitteltönigkeit
1.8.4 Die Temperierten Stimmungen
1.8.5 Gesamtübersicht über alle möglichen Intervalle
2. Untersuchung
2.1 Allgemeines
2.1.1 Problemstellung unter Berücksichtigung der bisherigen Betrachtungen
2.1.2 Überlegungen zur Untersuchung
2.1.3 Ziel der Untersuchung
2.1.4 Methodik
2.2 Die untersuchten Beispiele
2.2.1 J.S. Bach – Sonate für Violine Solo in g-moll, BWV 1001
2.2.2 Johannes Brahms – Klavierquintett in F-Moll, op.34 – Finale Takt 1-11
2.2.3 James Brown – Lost Someone
4. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen
5. Anhang
5.1 Technische Methodik der Untersuchung
5.1.1 Generelles
5.1.2 Messungenaugkeiten
5.2 Messergebnisse
6. Literaturverzeichnis
7. Abbildungsverzeichnis
8. Abkürzungen und Einheiten
9. Quellen der untersuchten Aufnahmen
Danksagung/Persönliches
Kurzbeschreibung
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung von Aspekten der musikalischen Intonation – hier als Begriff für die Tonhöhengebung in der Musik. Die Zielsetzung liegt dabei in der Bewusstmachung der Möglichkeiten aber auch der Probleme, die sich beim Umgang mit Intonation für Musikerinnen, Tonmeisterinnen und Dirigentinnen ergeben. Welche Möglichkeiten bietet die Intonation bezüglich der Qualität des musikalischen Ausdrucks (expressive Intonation), welche Eigenschaften haben Melodielinien und welche Phänomene treten bei gleichzeitig erklingenden Tönen auf? Warum muss ein Streichinstrument beim Zusammenspiel mit einem Klavier unweigerlich Kompromisse bezüglich der Intonation eingehen?
Diese Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den Grundlagen der Gehörphysiologie und setzt sich mit der Theorie der Intervalle, der Sonanzen sowie der diatonischen Tonsysteme auseinander. Anschließend werden die Möglichkeiten sowie die Grenzen von Intonation als Mittel des künstlerischen Ausdrucks anhand von Musikbeispielen untersucht und abschließend erörtert, welche Konsequenzen sich gegebenenfalls aus den Ergebnissen ziehen lassen.
Einleitung
- persönliche Motivation für das Thema Musikalische Aspekte von Intonation
- Ziele und Gliederung der Arbeit
- Abgrenzung des Themas
Die Intonation ist ein Grundbaustein bei der praktischen Ausübung von Musik. Für Musikausübende sowie Tonmeisterinnen oder Dirigentinnen von Musikensembles ist es im praktischen Alltag nahezu unumgänglich, sich mit dem Thema Intonation zu beschäftigen. Fast paradox stellt sich jedoch hierbei oft die Realität dar:
Eine Vielzahl der Musikausübenden – von der Amateurin bis hin zum Profi – beschäftigt sich zwar oberflächlich mit Intonation und ist ständig bemüht, im Ensemble- als auch im Solospiel „korrekt“ zu intonieren, zumindest intuitiv, jedoch kann immer wieder festgestellt werden, dass eine wirklich bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema nicht so häufig anzutreffen ist.
Das stellt nach Meinung des Autors ein durchaus ernstzunehmendes Problem dar. Wenn beispielsweise im Orchester Akkorde ausgestimmt werden sollen, wird oft ziellos herumprobiert. Dirigentinnen (wie auch viele Tonmeisterinnen), deren musikalisches Ohr oft durch die Arbeit am Klavier auf die gleichstufig-temperierte Stimmung getrimmt ist, und im Umgang mit Intonation entsprechend unerfahren sind, haben zuweilen kein Konzept, wie Akkorde aufgebaut werden sollten, um saubere Resultate zu erzielen und geben teilweise eher verwirrende Hinweise.
Für mich persönlich als ausübenden Tonmeister spielt die Intonation bei Musikaufnahmen eine ebenso große Rolle: Oftmals müssen schnell Entscheidungen bezüglich ihrer „Korrektheit“ getroffen und daraus resultierend Retakes bestimmter Passagen des Musikwerkes aufgenommen werden. Im schlimmsten Fall kann man mit allzu gut gemeinten Verbesserungsvorschlägen gar den musikalischen Fluss, welcher meines Erachtens eine der höchsten Prioritäten bei der Musikproduktion hat, nicht nur unterbrechen, sondern die Musikerinnen sogar dermaßen aus ihrer Konzentration bringen, dass ein konstruktiv-musikalisches Arbeiten danach sehr schwer und zäh wird.
Ich nehme an, dass eine Bewusstmachung für den Aspekt Intonation in der praktischen Arbeit mit Musik in vielen Situationen und für viele Menschen, die mit Musik zu tun haben erstens eine Vereinfachung in vielen Arbeitsprozessen mit sich bringen und zweitens gleichwohl eine Chance bei der künstlerisch-kreativen Qualitätssuche bedeuten könnte.
Sowohl das Verständnis für die Intonationsproblematik (die sich im Ensemblespiel unweigerlich ergibt), als auch die Optionen und obligatorischen Kompromisse bei dem Zusammenspiel etwa von Streichern mit einem heute (meist) gleichstufig-temperierten Tasten- oder elektroakustischem Instrument (also die Vereinigung von temperierten und nicht temperierten Instrumenten), sowie auch der expressive Einsatz von Intonation sind musikaliche Aspekte der Intonation, welche in dieser Arbeit genauer beleuchtet werden sollen.
Die Arbeit gliedert sich in folgende Abschnitte:
Zunächst werden die Grundlagen für das Verständnis der Aspekte von musikalischer Intonation erläutert:
Es ist wichtig zu verstehen, welche Arten von musikalischen Intervallen es gibt und welche Qualitätsmerkmale diese aufweisen (am Beispiel von Konsonanz und Dissonanz). Dafür ist es essentiell zu verstehen, was der Maßstab Cent bedeutet und warum er in die Musiktheorie eingeführt wurde. Als weiterer Punkt des Kapitels wird ein kurzer Abriss der historisch wichtigen Intonationssysteme[1] aufgezeigt, da dies zum Verständnis für das Thema Intonation hilfreich ist.
Nach einem kurzen Einblick in die Gehörphysiologie und –psychologie wird ergründet, warum es wichtig ist, zwischen pythagoreischer, reiner und gleichstufig-temperierter Intonation zu unterscheiden und welche Bedeutung dies für das praktische Musikgeschehen haben könnte.
In der darauf folgenden Untersuchung wird anhand von Beispielen aus der Musikliteratur verdeutlicht, welche Optionen sich für die Intonation einzelner Töne und Akkorde in der Praxis ergeben. Dabei wird zunächst das Musikwerk theoretisch auf die Aspekte und Möglichkeiten der Intonation untersucht (Intonationsanalyse) und danach praktisch anhand einer experimentellen Untersuchung von Aufnahmen festgestellt, welche Entscheidungen diesbezüglich hochrangige[2] Instrumentalistinnen bewusst oder oftmals auch unbewusst treffen.
Durch die Untersuchung soll der Leserin dazu verholfen werden, sich einen Überblick über die Vielzahl der Möglichkeiten von musikalischer Intonation zu verschaffen.
In der Auswertung werden die in der Untersuchung der Musikbeispiele festgestellten Intonationsparameter analysiert. Gibt es bei den untersuchten Werken Parameter, die als Gemeinsamkeiten oder Tendenzen dargestellt werden könnten, also z.B. die Strebigkeit von Leittönen?
Inwieweit entscheiden Künstlerinnen sich für ein bestimmtes Intonationssystem, wenn Konflikte im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten auftreten? Es wird beurteilt, welche Entscheidungen bezüglich der Intonation künstlerisch überzeugend sind und was gegebenenfalls beim musikalischen Einsatz von Intonation eher nicht zu empfehlen ist.
Es sei an dieser Stelle noch kurz genannt, welche Themen nicht untersucht werden:
- Die Vielzahl von Systemen für die Temperierung von Tasteninstrumenten.
- Die Intonation von Klavieren/Flügeln: Bei Klavieren bezeichnet man mit dem Begriff „Intonieren“ die Abstimmung der Feinmechanik wie etwa die Härte der Hämmer usw., es geht hierbei also nicht um Tonhöhen. Dafür benutzt man bei diesen Instrumenten den Ausdruck „Stimmung“. Die Intonation und Stimmung von Klavieren stellt in gewissen Maße jedoch auch ein sehr interessantes Thema dar, denn es gibt bekanntlich bei Pianistinnen bestimmte Präferenzen für bestimmte Klavierstimmerinnen, da hier durch gewisse mikrotonale Anpassungen und Spreizungen oder Stauchungen oftmals das rein mathematisch definierte gleichstufig-temperierte System leicht verändert wird, und so jeder Flügel auch durch die Stimmung einen gewissen persönlichen Klangcharakter hat.
- Die Tonalität etwa orientalischer, asiatischer oder afrikanischer Intonationssysteme:
Es wird ausschließlich der europäische Musikraum behandelt! Trotzdem kann es natürlich vorkommen, dass der ein oder andere Einfluss aus eben einer dieser geographischen Räume in der Musik Europas festzustellen ist und damit passiv untersucht wird. Es sei nur gesagt, dass hier beispielsweise Ragas und Shrutis (Mikrotöne in der indischen Musik) nicht Gegenstand der Untersuchung sind.
- Mikrotonalität in der neuen Musik (z.B. Alois Haba et al).
1. Grundlagen
In diesem Kapitel werden nach einer kurzen Einführung in die Struktur des menschlichen Innenohrs, welches für die Tonhöhenwahrnehmung zuständig ist, die musikalischen Intervalle sowie deren Sonanzen definiert, das musikaliche Cent zur Beschreibung von Tonhöhenverhältnissen erläutert sowie die historisch wichtigen Tonsysteme skizziert. Dies bietet der Leserin die Grundlage für das weitere Verständnis der Untersuchung.
Schlagwörter: Ohr, Intervalle, Sonanzen, Cent, Tonsysteme, Pythagoras, rein, mitteltönig, wohltemperiert, gleichstufig-temperiert
1.1 Das menschliche Ohr
Im Folgenden wird der Aufbau und die Funktion des menschlichen Ohrs aufgezeigt, da im weiteren Verlauf der Arbeit auf dessen Eigenschaften in physischer und psychischer Hinsicht Bezug genommen wird. Eine nähere Beschreibung des Tonhöhenempfindens befindet sich im Abschnitt Cent.
1.1.1 Aussen- und Mittelohr
Das auditive System des menschlichen Gehörs, welches dazu dient, äußere Schallereignisse in Sinneswahrnehmungen umzuwandeln, besteht aus dem Aussen-, Mittel- und Innenohr.
Bei einem äußeren Schallereignis treffen die Schallwellen zunächst auf das Aussenohr und gelangen durch den Gehörkanal bis zum Trommelfell (membrana timpani), einer Membran aus bindegewebsartiger Haut, die als Grenze zwischen Aussen- und Mittelohr fungiert. Das Trommelfell stellt sozusagen den Beginn des Mittelohrs dar, in welchem dann durch die drei Gehörknöchelchen (Amboss, Hammer, Steigbügel) eine Übertragung der Schallschwingungen ins Innenohr stattfindet. Dieses Hebelsystem aus den Gehörknöchelchen ist dazu notwendig, um den Luftschall vom ca. 0,5cm2 großen Trommelfell auf das nur ca. 0,03cm2 große ovale Fenster, welches den Übergang zu der mit Lymphflüssigkeit gefüllten Gehörschnecke (Cochlea) im Innenohr darstellt, anzupassen.[3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 - Schema des Ohrs[4]
1.1.2 Das Innenohr
Das Innenohr besteht aus dem Gleichgewichtsorgan und der Schnecke (Cochlea), in welcher der eigentliche Hörprozess - also die Umwandlung von akustischen Schallwellen in neuronale Reize - stattfindet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 - Schematischer Aufbau des Innenohrs[5]
Die Cochlea, welche durch ihr Aussehen auch als Schnecke bezeichnet wird und durch den härtesten Knochen des menschlichen Körpers - das Felsenbein - vor Beschädigung geschützt wird, hat eine Länge von ca. 35mm bei einem Basisdurchmesser von ca. 3mm, der sich zu der Spitze (Apex) hin zunehmend verjüngt und dort nur noch 1,5mm beträgt.[6] Das System besteht aus 3 übereinander liegenden Kanälen: Der Vorhoftreppe (scala vestibuli), der Paukentreppe (scala tympani) und dem Schneckengang (ductus cochlearis oder scala media). Wie in der Abbildung 2 zu erkennen ist, sind die 3 Gänge durch dünne Wände voneinander getrennt, wobei die Membran zwischen dem Schneckengang und der Vorhoftreppe (scala vestibuli) als Reissnermembran[7] und jene zwischen Schneckengang und Paukentreppe (scala tympani) als Basilarmembran bezeichnet wird. Die Vorhoftreppe grenzt dabei direkt an den Steigbügelknochen an (Ovales Fenster), die Paukentreppe mündet im Runden Fenster. An der Spitze der Schnecke besteht durch das sogenannte Helicotrema eine Verbindung der mit Perilymphe gefüllten Vorhoftreppe mit der Paukentreppe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 - Schema der Gehörschnecke (Cochlea) im ausgerollten Zustand[8]
Der Schneckenkanal selbst ist mit endolympher Flüssigkeit gefüllt und enthält auf der Basilarmembran das sog. Cortische Organ.[9][10]
Im Hörprozess spielt dieses Organ eine zentrale Rolle, da sich auf ihm die sog. Haarzellen, also die reizaufnehmenden Zellen des auditiven Systems befinden. (Diese Bezeichnung geht auf die haarbüschelartigen Bündel der in die Scala Media hineinragenden Sinneshärchen bzw. Stereozilien zurück). Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den einreihigen inneren Haarzellen (etwa 3500 an der Zahl, jeweils ausgestattet mit ca. 60 Stereozilien) und den mehrreihigen äußeren Haarzellen (ca. 12000 à 50-150 Stereozilien)[11]. Einige Stereozilien der äußeren Haarzellen reichen dabei soweit in die Scala media hinein, dass sie die Tektorialmembran berühren. (siehe Abb.4)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4 - Querschnitt durch die Cochlea (Schnecke) mit näherem Blick auf das Cortische Organ (b)[12]
Die Inneren Haarzellen (IHZ, siehe Abb. 5) sind in erster Linie dafür zuständig, die mechanischen Signale in neuronale Reize umzuwandeln und an das Gehirn weiterzuleiten (afferente Synapsen, in der Abb. 5 blau gezeichnet). Sie sind folglich der eigentliche Überträger des Signals während die Funktion der äußeren Haarzellen (ÄHZ, siehe Abb.6) in der Verstärkung von zu leisen und der Abschwächung von zu lauten Signalen liegt. Sie werden bei einem Schallereignis durch die Verschiebung der Tektorialmembran gegen die Basilarmembran als erstes stimuliert und können so wie eine Art Servomotor das System beeinflussen.[13] Dass die äußeren Haarzellen eine aktive Funktion einnehmen und dadurch sogar messbaren Schall erzeugen können (otoakustische Emissionen), ist erst seit 1985 bekannt.[14] Eine weitere Funktion der äußeren Haarzellen liegt in der Präzisierung der Frequenzanalyse des Innenohrs.
Die Funktion der Frequenzanalyse des menschlichen Ohrs war lange Zeit nicht eindeutig bestimmt, so dass es zwei Denkansätze dafür gab, wie das Ohr Frequenzen unterscheiden bzw. komplexe Klänge in die einzelnen Komponenten zerlegen kann:
1) Die Ortstheorie: Hierbei wird jeder Frequenz ein bestimmter Ort auf der Basilarmembran zugeordnet. Diese Ortsinformation wird an das Gehirn übermittelt und dort analysiert. Hohe Frequenzen werden aufgrund der physikalischen Beschaffenheit der Basilarmembran in der Scala vestibuli nahe des Ovalen Fensters, tiefe Frequenzen dagegen nahe beim Helicotrema abgebildet (Räumliche Anordnung von Resonanzschwingungen, Tonotopie[15] ).[16] Gegen diese Theorie spricht jedoch nach neueren Erkenntnissen, dass mit einer Intensitätssteigerung des akustischen Signals eine Verschiebung des Schwingungsmaximums auf der Basilarmembran stattfindet und somit ja mit der Intensität die Tonhöhe variieren müsste.[17] (Anmerkung: Könnte das nicht die Ursache für das sog. Tonhöhenparadoxon sein? Bei Frequenzen über 2000 Hz bewirkt eine Lautstärkenerhöhung bekanntlich auch eine Erhöhung der empfundenen Tonhöhe, während unter 2000 Hz eine Erhöhung der Lautstärke zu einer Absenkung der Tonhöhenempfindung führt. Auch Helmholtz hatte bereits einen ersten Ansatz zu einer Ortstheorie, die sog. Resonanz- oder Einortstheorie, die davon ausgeht, dass jede Tonhöhe genau einer Haarzelle zugeordnet sei. Dies wurde aber bereits dadurch widerlegt, dass man bewies, dass die Basilarmembran bei einer Anregung nicht nur an einer einzigen Stelle ausgelenkt wird.[18]
2) Die Zeittheorie von William Rutherford: hierbei geht man davon aus, dass Haarzellen mit der Phase der eintreffenden Schallwellen neuronale Reize aussenden. Diese Theorie kann jedoch nur bis zu einer bestimmten Frequenz gelten, da Neuronen maximal bis 1000 Mal pro Sekunde Impulse an das Gehirn senden können. Hier kommt zwar die sog. Salventheorie[19] zum Einsatz, die besagt, dass mehrere Zellen zusammen synchronisiert werden und somit im Zusammenspiel schneller sind als eine einzelne Zelle alleine.
Die Zeittheorie scheint folglich eine wichtige Rolle in der Frequenzanalyse einzunehmen, da Tests beim Vergleich von Hörschäden ergeben haben, dass eine Schädigung der Cochlea weniger negative Auswirkungen auf das Sprachunterscheidungsvermögen hatte als etwa eine Schädigung des Nervenleitungssystems (was einer Beeinträchtigung der Auflösungsfähigkeit nach der Zeittheorie gleichkommt).[20] Aller Wahrscheinlichkeit nach muss davon ausgegangen werden, dass beide Theorien auf irgendeine Art gültig sind: so könnte bei tiefen Frequenzen die Zeittheorie, bei hohen Frequenzen die Ortstheorie und bei mittleren Frequenzen eine Kombination beider für die Tonhöhenanalyse gültig sein[21].
Der aktuelle Forschungsstand geht davon aus, dass zu einer groben Spektralanalyse die Ortstheorie gilt und die Feinauflösung dann auf der Basis der Frequenztheorie funktioniert (Duplextheorie[22] ).[23]
1.2 Intervalle
1.2.1 Allgemeines
Das Tonhöhenverhältnis beim Zusammentreten von zwei Tönen oder Klängen wird als Intervall bezeichnet.
Dabei wird unterschieden zwischen einem harmonischen Intervall (das entspricht einem gleichzeitigen Zusammentreffen von zwei Tönen) und einem melodischen Intervall (was einer sukzessiven Folge von Tönen oder Klängen gleichkommt).[24] Beim harmonischen Intervall kommt es bei einer Annäherung der Frequenzen zueinander durch sogenannte Interferenzen[25] zu Kombinationstönen (Differenz- und Summationstöne), Schwebungen und Rauhigkeiten.
Interferenzen entstehen im akustischen Fall bei der Überlagerung von Schallwellen, denn nach Helmholtz können nur Töne von hinreichend unterschiedlicher Höhe ungestört voneinander bestehen, da sie unterschiedliche Nervenfaser anregen.[26]
Wenn aber gleichhohe oder nur gering unterschiedlich hohe Töne in das menschliche Ohr eindringen, so "treten hier neue und eigenthümliche Erscheinungen ein, die wir mit dem Namen der Interferenz belegen, wenn sie durch zwei gleiche Töne (und) mit dem Namen der Schwebungen, wenn sie durch zwei nahe gleiche Töne hervorgebracht werden".[27]
1.2.2 Schwebungen
Eine Schwebung liegt dann vor, wenn die Auslenkungen auf der Basilarmembran von zwei Tönen so nahe bei einander liegen, dass sich aufgrund der sog. kritischen Bandbreite[28] ein Überlappungsbereich ergibt für den gilt: fs = (f1 + f2)/2. Ist fs kleiner als 15 Hertz, so empfindet man eine Schwebung, darüber dann eine Rauhigkeit (15Hz-70Hz), bis schließlich ab einem genügend großen Abstand (ab 300Hz) zwei verschiedene Töne wahrnehmbar werden.[29] Eine Rauhigkeit tritt allerdings nur auf, wenn die beiden Einzelfrequenzen innerhalb eines kritischen Bands liegen. Die kritische Bandbreite als Indiz für das Auflösungsvermögen des Ohres ist dabei frequenzabhängig (bis 500Hz liegt es bei etwa 3 Hz, darüber bei 6‰ der Frequenz).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7 - Schwebungen und Rauhigkeit, kritische Bandbreite
1.2.3 Kombinationstöne
Bei zwei Tönen mit den Frequenzen f1 und f2 mit f1 < f2 ergeben sich bei annähernd gleicher Amplitude der Töne folgende Kombinationstöne:[30][31]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8 - Kombinationstöne nach Helmholtz - 1.Ordnung als 4tel Note, 2.Ordnung als Achtel usw., hierbei entstehen auch aus den Obertönen wiederrum Kombinationstöne.
1.3 Charakterisierung von Intervallen sowie gehörphysiologische Phänomene
Bei der Bewertung der Intervalle wird unterschieden zwischen den melodischen und den harmonischen Intervallen. Bei den melodischen Intervallen interessiert hierbei primär die Tondistanz[32], es handelt sich hierbei um eine rein quantitative Bewertung. Bei den harmonischen Intervallen wurde der Begriff der Sonanzen[33] eingeführt, welches eine qualitative Bewertung darstellt. So stellen die uns bekannten Adjektive „konsonant“ und „dissonant“ die jeweiligen Extreme des Sonanzfeldes für gleichzeitig erklingende Intervalle dar. Mit „konsonant“ werden jene gleichzeitig erklingenden Intervalle bezeichnet, die als „klare gegliederte harmonische Einheiten“[34] wahrgenommen werden, während die als „dissonant“ bezeichneten Intervalle einen eher trüben und rauhen Charakter haben, der nicht als wohlklingend empfunden wird und eine Störung im Sonanzfeld darstellt. Der Konsonanzbegriff ist in der Musikwissenschaft schon seit der Antike ein heiß diskutierter Begriff, deswegen werden an dieser Stelle einige Ansätze vorgestellt:
Bis ins Mittelalter herrschte die Ansicht, dass nur die Intervalle mit einem einfachen Frequenzverhältnis konsonant seien: je einfacher das Zahlenverhältnis, als desto „edler“ (oder auch „moralisch besser“) galt das Intervall.[35] Seit Pythagoras, dem auch die Entdeckung der Zahlenverhältnisse von Intervallen zugeschrieben wird[36], galt in der Musiktheorie der Grundsatz, dass man dem mathematischen Zahlenbeweis betreffend der Konsonanz eines Intervalls mehr Glauben schenken müsse, als dem irrationalen Sinneseindruck. So galten eben nur jene Intervalle als konsonant, bei deren Zahlenverhältnis der Zähler ein ganzzahliges Vielfaches vom Nenner darstellt (sog. genus multiplex also z.B. 2:1, 6:3, 14:7, 3:1) als auch die ersten Intervalle des sog. genus superparticulare, folglich die Intervalle, bei denen der Zähler den Nenner um 1 übertrifft (z.B. 3:2, 4:3, 9:8). Dazu zählten folglich die Oktave (Verhältnis 2:1), die Quinte (3:2) und die Quarte (4:3).[37]
Mit dem Aufkommen der Mehrstimmigkeit und der Emanzipation der großen und kleinen Terz als Konsonanz wurde von dem rationalen Konsonanzbegriff der Pytaghoreer Abschied genommen.[38] Helmholtz etwa spricht davon, dass die Grenze zwischen Konsonanz und Dissonanz aus freier menschlicher Entscheidung heraus gezogen werde und sich im Laufe der Zeit parallel zum Begriff der Ästhetik weiter entwickle.[39]
Während die Konsonanztheorie von Helmholtz noch auf der Gleichheit der Anzahl der Obertöne von den beiden Intervalltönen aufbaut[40] (also ein eher analytisches Denken), geht Karl Stumpf einen Schritt weiter und konstatiert, dass nicht nur eine Abwesenheit von Störungen die Qualität eines konsonant klingenden Intervalles ausmache, sondern die durch Verschmelzung der Einzeltöne entstehende neue Qualität eines Klanges. Die Konsonanz erwächst sozusagen aus den Intervalltönen zu einem neuen einheitlichen Klang. Es geht also um eine neue Sichtweise, die wiederrum nach seinen Experimenten aber das altbekannte Ergebnis liefert:[41]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Man erkennt also, dass wieder die Oktave, Quinte, Quarte sowie Terzen und Sexten (in absteigender Reihenfolge) ein Empfinden hervorrufen, welches sich beschreiben lässt als Klangverschmelzung von Teiltönen zu einer neuen Klangqualität. So lenkte Stumpf die Aufmerksamkeit für das Konsonanzempfinden auf den Klang selbst, lieferte jedoch keine Theorie für das Hören und gab 1926 den Anspruch auf, eine Theorie für die Konsonanz entdeckt zu haben. Es galten also immer noch die auf Kombinations-[42] und Obertönen aufbauenden Theorien von Helmholtz.[43]
Die Qualität der Empfindung, wie sie Stumpf ja in etwa auch schon versuchte darzulegen brachte Ludwig Riemannn 1896 dazu, im Bezug auf den Konsonanzbegriff zu betonen, dass nicht nur die rein mathematische Qualität eines Intervalls interessant sei, sondern vielmehr das für die Musik entscheidende Empfinden. Denn was bringt alle Mathematik, wenn das Empfinden sich dagegen sträubt? Folglich bevorzugt er den Begriff der Tonvorstellungen gegenüber den Helmholtz’schen Tonempfindungen und bringt damit einen psychologischen Aspekt in die Frage der Definition von Konsonanz: Man solle nicht nur passiv hören, sondern Musik vielmehr als Aktivität des Geistes sehen und somit die Vorstellung der Tonverhältnisse als wirklich wichtiges Element der Musik ansehen.[44] So kann als Beispiel das Intervall der Quarte genannt werden, welches zwar seit jeher rein mathematisch betrachtet als reine Konsonanz bezeichnet wurde, aber in der Musikästhetik meist nach Auflösung strebt.[45]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bis heute die Intervalle der Oktave, der Quint, der Quart und schließlich auch die der großen und kleinen Terz sowie Sext als konsonant beschrieben werden können, denn auch in neueren Untersuchungen kommt man immer wieder auf die ähnlichen Ergebnissen, wenn auch aus verschiedenen Sichtweisen.[46]
1.4 Das Phänomen des Zurechthörens
An dieser Stelle sei das interessante und für diese Untersuchung wichtige Phänomen des sog. Zurechthörens erwähnt.[47] Hierbei handelt es sich um die Eigenschaft des menschlichen Hörapparates, gewisse Ungenauigkeiten der Intonation auszugleichen. So wird die Intervallqualität auch bei einer nicht genauen Einhaltung der Frequenzverhältnisse vom menschlichen Gehör als jene erkannt, die Frequenzverhältnisse werden sozusagen „zurechtgerückt“. Dieses Phänomen wurde erstmals 1738 von Leonard Euler beschrieben. Er führt es als Argument an, dass der Mensch die Tendenz hat, harmonisch zu hören, also ein konsonantes Intervall geradezu zu suchen und somit minimal unreine harmonische Intervalle zu perfekt reinen Klängen zu korrigieren. Eine wirklich wissenschaftliche Erklärung konnte er jedoch noch nicht angeben,[48] allerdings vermutet J.Debbeler, dass das Phänomen der subjektiven Grundtonerkennung[49][50], welches bei jedem Menschen vorliege[51], eine Erklärung für die These sei, dass der Mensch harmonische Klänge mit einfachen Frequenzverhältnissen bevorzugt.[52]
1.5 Unreinheit als Merkmal von Klangästhetik
Wie im vorausgehenden Abschnitt beschrieben wurde, bevorzugt der Mensch einfache Frequenzverhältnisse und strebt danach, reine harmonische Intervalle zu hören. Ein Zweiklang, der minimal vom reinen Frequenzverhältnis abweicht, wird demnach „zurechtgehört“ - ein möglichst einfaches Verhältnis der Einzeltöne anvisierend.
Wie jedoch kann dann erklärt werden, dass sich in der Musik die Dissonanz im Laufe der Zeit als ein Element herausgebildet hat, welches nicht nur immer wieder Verwendung findet sondern vom Menschen geradezu verlangt wird? Ist der Mensch von allzuviel Harmonie im Laufe der Evolution gelangweilt worden und sucht deswegen gewissermaßen Reize, also Verunreinigungen in der Konsonanz, um sein emotionales Interesse an Musik wachzuhalten? Im Laufe der Zeit etablierten sich ja bekanntlich auch die Terzen und Sexten zu reinen Konsonanzen - das ist in der Zeit der Pythagoreer wohl nicht vorstellbar gewesen. Und heute? Es gibt bestimmt Menschen, die auch eine kleine Sekunde als Konsonanz empfinden. Es ist folglich ein schwer greifbares Gebiet, wenn es um ästhetische Bewertungen wie schön oder konsonant geht.
Daraus könnte folgende Hypothese resultieren:
1) Das Schönheitsideal für das menschliche Gehör - die harmonischen Intervalle betreffend - spiegelt sich in einfachen Zahlenverhältnissen wieder.[53] Die Sauberkeit der Intonation einer Melodie dagegen begründet sich auf der Basis des reinen Intervalls der Quint, sie muss also pythagoreisch intoniert sein, um als schön empfunden zu werden.
2) Es werden vom Menschen Reizeänderungen gefordert, um nicht gelangweilt zu sein. Diese Reizänderungen drücken sich bei Melodien durch leichte Unsauberkeiten der Intonation und in der Harmonie durch Dissonanzen aus.[54]
Die zweite Hypothese wurde anhand von wissenschaftlichen Experimenten geprüft und festgestellt, dass die Dissonanz in der harmonischen Struktur ihr melodisches Pendant in der Intonationsunschärfe hat. So empfindet man beispielsweise eine reine Terz im melodischen Kontext nicht als korrekt und wählt deswegen die pythagoreische und vice versa.
Es wurde experimentell bestimmt, dass eine streng periodische Schwingungsfolge mit zunehmender Dauer dem Bewusstsein entschwindet. Daraus lässt sich schließen, dass nicht der stationäre Zustand des Tones klangästhetisch wichtig ist, sondern jede Änderung des Schwingungszustandes. Physiologisch ist nachgewiesen, dass es nicht auf den Reiz, sondern den Reizwechsel ankommt[55] und somit kann man sagen, dass bei lang ausgehaltenen Tönen eines Instruments oder einer Instrumentengruppe in einem Musikstück eine Störung dieses stationären Zustands durch die anderen Instrumente stattfinden sollte, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht schwinden zu lassen. Wenn ein Mensch nun aber z.B. auf der Violine einen langen Ton spielt, kommt es unweigerlich automatisch durch leichte Intonationsänderungen - auch durch Vibrato und dergleichen[56] - zu diesem verlangten „Störmoment“ und die menschliche Perzeption wird wachgehalten.
1.6 Das Cent und die Wahrnehmung von Tönen im menschlichen Ohr
Nach dem Weber-Fechnerschen Gesetz[57], welches das Verhältnis zwischen menschlicher Reizwahrnehmung und objektiver Intensität des Reizes beschreibt, steht die Empfindungsstärke von Reizen beim Menschen in logarithmischem Zusammenhang. Das heißt, dass die lineare Zunahme eines physikalischen Reizes nur eine logarithmische Zunahme bei der menschlichen Wahrnehmung dieses Reizes zur Folge hat.[58][59]
L. Euler führte im Jahre 1739 die Logarithmen in die Musiktheorie ein[60]. Darin taucht die Definition auf, nach der ein Intervall durch den Logarithmus seines Schwingungsverhältnisses definiert ist. Für die Musik bietet sich hierbei für ihn als sinnvoll der Logarithmus zur Basis 2 an (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten), so dass die Oktave mit dem Schwingungsverhältnis 2:1 dem Wert 1 entspricht: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Baron Riche de Prony setzte im Jahre 1832 in seiner Instruction élémentaire sur les moyens de calculer les intervalles musicaux[61] den Halbton gleich dem Wert 1. Durch Multiplikation dieses Wert mit 100 (von H. Bellermann und Alexander J. Ellis) entstand die Bezeichnung Cent.[62] Ein gleichstufig-temperierter Halbton[63] entspricht also exakt 100 Cent, eine Oktave folglich 1200 Cent. Mittlerweile ist die Einheit Cent genormt[64] und definiert als Frequenzintervall, dessen Verhältnis Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten beträgt. Somit kann man Intervalle bzw. Frequenzverhältnisse mit Hilfe der folgenden Formel leicht in die Einheit Cent umrechnen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Formel zur Umrechnung eines Frequenzverhältnisses in den Centwert.[65]
Die vom menschlichen Gehör unterscheidbare Anzahl von Tonhöhen ist auf etwa 640 begrenzt.[66][67] (wobei jede Tonhöhenstufe etwa 3,75mel[68] entspricht). So ist für den menschlichen Hörsinn unter 500 Hz ein Intervallsprung von 3 Hz wahrnehmbar, oberhalb liegt die auch „ just noticeable difference “[69] genannte Schwelle bei 6‰ (also z.B. 3,6 Hz bei 600 Hz). Dieses entspricht in etwa einer Differenzierbarkeit von 10 Cent. Beispielsweise ist bei 15000 Hz ein Intervallsprung von 6‰*15000Hz=90Hz hörbar, woraus folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
So ist der Mensch zwar nach der oben berechneten Angabe in der Lage, einen melodischen Tonhöhenunterschied von ca. 10 cent wahrzunehmen, bei Tests untersuchte man jedoch den Zusammenhang des gerade noch wahrnehmbaren Tonhöhenunterschieds in Beziehung zu der Lautheit der Töne[70] und erhielt folgendes Ergebnis[71]:
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Abb. 9 - Abhängigkeit der kleinsten wahrnehmbaren Tonhöhendifferenz in Cent in Abhängigkeit von der Lautheit
Es ist zu erkennen, dass für alle gemessenen Lautheiten der kleinste noch wahrnehmbare Tonhöhenunterschied (ab hier mit jnd[72] bezeichnet) in den tiefen Frequenzen sehr hoch ist (bei 125 Hz beispielsweise 43 Cent @ 40dB), bei den hohen Frequenzen jedoch auf bis zu 3 Cent schrumpft (beispielsweise für 2000 Hz @ 40 oder 60dB). Da die Experimente und auch die eigene Erfahrung zeigt, dass man durchaus Tonhöhenveränderungen von bis zu 3 cent wahrnehmen kann, muss der oben berechnete Wert von 10 Cent relativiert werden und man kann zusammenfassend sagen:
Bei einem melodischen Tonschritt kann der Mensch einen Unterschied von bis zu 3 cent wahrnehmen, dies gilt aber nicht für tiefe Frequenzen und ist zudem noch von der Lautheit der zu unterscheidenden Töne abhängig.
Ein weiteres Phänomen, welches auch in diesem Zusammenhang betrachtet werden könnte, ist die Abhängigkeit der empfundenen Tonhöhe von der Lautstärke: Bei Tönen im Frequenzgebiet unterhalb von 2000 Hz nimmt die wahrgenommene Tonhöhe mit zunehmender Lautstärke ab. Bei Tönen im Frequenzgebiet oberhalb von 2000 Hz nimmt die Tonhöhe mit zunehmender Lautstärke zu.[73]
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Abb. 10 - Abhängigkeit der empfundenen Tonhöhe vom Schallpegel
1.7 Kritische Bänder und die Einheit Mel
Die Einheit Mel ist auf das englische Wort „melody“ zurückzuführen, da es das Maß für das Empfinden der melodischen Tonhöhe ist. 1000 mel entsprechen hierbei 1000Hz. Ein anderes Maß ist die sog. Bark-Skala[74]. Es gilt 1 bark = 100 mel, wobei die Normierung auf dem musikalischen Ton C festgelegt ist: C (131Hz) = 131mel = 1,31 bark. Die Beziehung zwischen melodischer und harmonischer Tonhöhe ist nur bis 500 Hz proportional: ab 500 Hz erweitern sich die Intervalle und der Zusammenhang wird logarithmisch.
Die logarithmische Stufung der melodischen Tonhöhe wird von Feldtkeller auf Grund des Zusammenhangs mit der Zahl der vom menschlichen Ohr unterscheidbaren Töne als Tonzahl bezeichnet. Bei der Tonhöhenwahrnehmung wird eine Einteilung in 24 Frequenzgruppen (die sog. kritischen Bänder) vorgenommen, innerhalb derer bei spektral komplexen Klängen lautere Frequenzkomponenten leisere verdecken und sich somit die einzelnen Frequenzkomponenten lautstärkemäßig nicht summieren sondern eben verdecken (Verdeckungseffekt). Wenn die Frequenzkomponenten eines Klanges auf verschiedene kritische Bänder fallen, addieren sich die einzelnen Komponenten und führen zu einer höheren Lautheitswahrnehmung.[75]
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Abb. 11 - Zusammenhang zwischen harmonischer und melodischer Tonhöhe sowie deren Bezug auf die Basilarmembran
Die kritischen Bänder spielen ebenso eine Rolle für die Empfindung von Schwebungen und Rauhigkeiten[76], denn die notwendige Voraussetzung für das Wahrnehmen einer Schwebung ist, dass die Frequenzen der Einzeltöne innerhalb eines kritischen Bands liegen.[77]
1.8 Historischer Abriss der diatonischen Tonsysteme
Ein diatonisches Tonsystem ist ein Tonvorrat innerhalb einer Kultur, also nicht nur eine Materialansammlung von Tönen, sondern ein System von Tonbeziehungen. Das Tongeschlecht entsteht hierbei durch die Festsetzung der Ganz- und Halbtonschritte. Die Diatonik ist demnach (nach griechisch: „durch Ganztöne“) die Bezeichnung für die Teilung der Oktave in fünf Ganztöne und zwei Halbtöne. Diese Halbtöne sind auf der einen Seite von zwei und auf der anderen Seite von drei Ganztönen umgeben. Die Chromatik war ursprünglich die Bezeichnung für den Ersatz beziehungsweise die Verfärbung einer diatonischen Tonstufe durch die um einen Halbton nach oben oder unten entfernte Tonstufe. Später bezeichnete die Chromatik auch das Nebeneinander der diatonischen Stufen und ihrer chromatischen Varianten (also die Halbtonreihe).[78]
Man erkennt auch heute noch, dass die Halbtöne Cis, Dis, Fis, Gis, Ais sowie deren enharmonische Verwechslungen ursprünglich keine eigenen Töne sind, sondern vielmehr als Alterationen der diatonischen Reihe C-D-E-F-G-A-H darstellten. Diatonische Tonleitern haben in fast allen Kulturen bemerkenswerter Weise als Tonvorrat 5 oder 7 Töne.[79]
Im folgenden Abschnitt werden nun die wichtigsten Ansätze für diatonische Tonsysteme vorgestellt, deren Verständnis (auch heutzutage noch!) die Grundlage für das bewusste Arbeiten mit Intonation ist. Als Grundlage vorweg findet sich hier eine Darstellung der Naturtonreihe, denn die reinen Intervalle, von welchen im weiteren Verlauf der Arbeit immer wieder die Rede sein wird, bilden sich aus dieser.
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Die Naturtonreihe entsteht in natürlich schwingenden Systemen[80] (so z.B. einer Violine), wobei die einzelnen Partialtöne je nach Klangkörper und Anregung des schwingenden Körpers verschiedene Ausprägungen (also Pegel) haben. Sie entstehen dadurch, dass das System nicht nur als Ganzes schwingt, sondern auch in allen ganzzahligen vielfachen Unterteilungen der Grundfrequenz (1:1->2:1->3:1 etc.).[81]
Die „reinen“ Intervalle (in diesem Fallo folglich „rein“ im Sinne von „natürlich“) lassen sich aus den in der Partialtonreihe vorkommenden Teiltönen bilden. Allgemein zählt man hierzu die Oktave (Verhältnis in der Partialtonreihe zum Grundton 2:1), die Quinte (3:2), die Quarte (4:3), ferner auch die kleine Terz (6:5), die große Terz (5:4), die kleine Sext (8:5) und die große Sext (5:3). Inwieweit der Ausdruck „rein“ für diese Intervalle gerechtfertigt ist und was überhaupt seine eigentliche Bedeutung ist, das sei dahingestellt, er wird in der Literatur häufig einfach als gegeben angenommen, von einigen Autoren jedoch auch heftig kritisiert.[82]
Im Folgenden wird der Begriff des „reinen“ Intervalls dann verwendet, wenn das Frequenzverhältnis des betreffenden Intervalls sich aus der Naturtonreihe herleiten lässt. Wenn gesagt wird, das menschliche Ohr fordere in einem Akkord den „reinen“ Klang, so wird dies zutreffen für einfache Akkorde wie etwa Dur und Moll, da sie in der Partialtonreihe als solche vorkommen und als solche auch das allgemeine menschliche Ohr zufriedenstellen, was den Anspruch an Harmonie angeht. Jedoch sollte man sich immer im Klaren darüber sein, dass ein Klang bzw. Akkord nicht alleinestehend und isoliert betrachtet werden sollte: So argumentiert Ploeger in seinen „Studien zur Systematischen Musiktheorie“, dass etwa Tests bezüglich der „vom Mensch geforderten Größe der musikalischen Intervalle und deren Abweichung von der sog. ‚Reinheit’“[83] nutzlos seien, weil sie eben aus jeglichen musikalischen Kontext gerissen sind.
Betrachtet man jedoch komplexere Akkordstrukturen, so kann schon theoretisch gar nicht behauptet werden, welcher Klang vom menschlichen Ohr als richtig beurteilt wird, da man die Musik in ihren einzelnen Komponenten nie losgelöst vom Gesamtzusammenhang sehen sollte und in diesem Fall eine Ableitung der Frequenzverhältnisse aus der Naturtonreihe gar nicht immer möglich ist. Davon abgesehen sollte niemals die subjektive Beurteilung eines Klanges ausser Acht gelassen werden, denn jeder Mensch hört anders und somit kann nur mit Vorsicht behauptet werden, ein Klang werde allgemein als schön o.ä. wahrgenommen. In dem weiteren Verlauf der Arbeit werden zu diesem Thema noch weitere Gedanken formuliert werden.
[...]
[1] an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Gebrauch der Begriffe „Intonationssystem“, „Tonsystem“ und auch „Stimmung“ oder „Stimmungssystem“ gleichwertig ist
[2] wie hochrangig diese für die Leserin subjektiv sind, bleibt dahingestellt
[3] vgl. Pompino-Marschall 1999, S.143f
[4] nach Hellbrück 1993, S.85
[5] nach Berghaus et al, 1996, gefunden in Böhnke 1999, S.61
[6] vgl. Terhardt 1998, S.57
[7] nach dem estnischen Anatom E.R. Reissner, 1824-1878
[8] nach Goldstein 1997, S. 324
[9] der Abschnitt basiert im wesentlichen auf Pompino-Marschall 1999, S.145f, sowie Böhnke 1999, S.61f
[10] benannt nach Alfonso Giacome Gaspare, Graf von Corti zu San Stefano Belbo (1822-1876). In seinem Werk "Untersuchungen am Gehörorgan der Säugetiere" beschrieb er erstmalig den komplizierten Aufbau des nach ihm benannten Organes
[11] nach Warren 1999, S. 9-10 - zu der Anzahl der Haarzellen gibt es unterschiedliche Angaben in verschiedenster Literatur
[12] nach Goldstein 1997, S. 324
[13] vgl. http://www.sinnesphysiologie.de/hvsinne/hoeren/ohcs.htm (Stand: 27.2.2009)
[14] vgl. Møller 2000, S. 79
[15] vgl. http://www.sinnesphysiologie.de/hvsinne/hoeren/reso.htm (Stand: 27.2.2009)
[16] vgl. Myers 2000, S. 239
[17] vgl. Møller 2000, S. 191
[18] vgl. http://www.mu-sig.de/Theorie/Akustik/Akustik06.htm (Stand: 27.2.2009)
[19] die Salventheorie wurde im Jahre 1949 von E. G. Wever aufgestellt
[20] vgl. Møller 2000, S. 193
[21] vgl. Myers 2000, S. 239
[22] nach J.C.R. Licklider „A duplex theory of pitch perception“, 1951; hier aus http://consonance-theory.info/kap5.htm (Stand: 27.2.2009)
[23] vgl. Møller 2000, S. 195
[24] ein Intervall stellt mathematisch gesehen immer ein Verhältnis dar: so wird eine reine Oktave beispielsweise mit dem Verhältnis 2 zu 1 (2:1) beschrieben. Die Oktave von 100Hz wäre demnach 200Hz. Will man nun mehrere Intervalle zueinander addieren oder voneinander subtrahieren, kommt dies der mathematischen Multiplikation (für das Addieren) und der Division (für das Subtrahieren) gleich. Beispielsweise entspricht eine reine Quint und eine reine Quart addiert: (3:2)*(4/3)=12/6=2:1 (Oktave). Mehr zu der „Reinheit“ von Intervallen im Abschnitt „Die reine Stimmung“
[25] von lateinisch: "inter" = zwischen und "ferre" = tragen, bringen
[26] vgl. hierzu das vorhergehende Kapitel! Die Resonanztheorie von Helmholtz ist heutzutage natürlich obsolet, jedoch ist durch diese bildliche Vorstellung das Phänomen der Interferenzen leicht zu verstehen. Eine nähere Erklärung folgt im nächsten Abschnitt!
[27] vgl Helmholtz 1863, S. 250f
[28] Erklärung zu den kritischen Bändern siehe Abschnitt "Kritische Bänder und die Einheit Mel"
[29] vgl. MGG Band VI, Sp. 1328; Über 2kHz liegt die Obergrenze für die Rauhigkeit bei 250-300Hz und bleibt dort konstant. (vgl. Terhardt 1993, S.294f)
[30] sowohl 1740 von W.A. Sorge, als auch auch von dem Geiger Giuseppe Tartini 1754 beschrieben (vgl. Peter Hesse: „Intervall“ in: „Musik in Geschichte und Gegenwart“, 2. Ausgabe, Bärenreiterverlag, Spalte 1080-1097)
[31] vgl. R.Brüderlein 2003, S.97
[32] nach Abraham und Hornbostel, 1926, hier nach - Peter Hesse: „Intervall“ in: „Musik in Geschichte und Gegenwart“, 2. Ausgabe, Bärenreiterverlag, Spalte 1080-1097
[33] nach Wellek, 1963, hier nach Peter Hesse e.b.d.
[34] nach Peter Hesse e.b.d.
[35] vgl. Harnoncourt 1982, S.79
[36] Darstellung der Intervalle am Monochord
[37] vgl. MGG Bd. 6, Sp. 1334f und W. Marx 2004, S.40
[38] durch die Abkehr von der Ableitung der Terz aus der Quintenreihe nach Pythagoras (dort hatte die große Terz das Verhältnis 81/64). Fortan wurde die Terz aus den Zahlenverhältnissen der Obertonstruktur definiert (mit 5/4 für die große und 6/5 für die kleine Terz), u.a. vorangetrieben durch Fogliani in seiner Musica Theorica (1529) und G. Zarlino (1558) (siehe Kapitel „Historischer Abriss der diatonischen Tonsysteme“)
[39] vgl. Helmholtz 1863, S.386: "(...)daß das System der Tonleitern, Tonarten und deren Harmoniegewebe nicht bloß auf unveränderlichen Naturgesetzen beruht, sondern daß es zum Teil auch die Konsequenz ästhetischer Prinzipien ist, die mit fortschreitender Entwicklung der Menschheit einem Wechsel unterworfen gewesen sind und ferner noch sein werden."
[40] vgl Riemann 1896, S. 90
[41] vgl. Stumpf, 1890, S.64-65 und 1990, S.128f, die Verschmelzung definiert er im Hauptgesetz 1890, S. 136
[42] wie sie bereits im Abschnitt vorher mathematisch definiert wurden
[43] vgl. http://www.konsonanztheorie.de/kap5.htm (Stand: 27.02.2009)
[44] hier nach - Peter Hesse: „Intervall“ in: „Musik in Geschichte und Gegenwart“, 2. Ausgabe, Bärenreiterverlag, Spalte 1080-1097
[45] Natürlich nicht mehr in der modernen Musik, in welcher u.a. durch die Zwölftonmusik eine Nivellierung aller Intervallqualitäten stattfand oder auch in der Jazzmusik, wo es geradzu eine Epoche gab, in der die Quarte sehr in Mode war, z.B. im Hard Bop der 1950er Jahre. Insgesamt kann man sagen, dass die Quarte heute natürlich auch in ästhetischer Betrachtungsweise eine Konsonanz darstellt (das muss jedoch auch wieder relativiert werden aufgrund verschiedener Hörerfahrungen/Sozialisierungen), jedoch stellt Riemann hier mit Deutlichkeit fest, dass man Intervalle nicht nur deswegen als „konsonant“ bezeichnen solle, weil sie ein einfaches Zahlenverhältnis darstellen, sondern man sollte sie im musikästhetischen Kontext beurteilen.
[46] Ein interessanter Vergleich dieser findet sich bei Judith Debbeler a.a.O. im zweiten Teil ab S.63
[47] vgl. auch beispielsweise das Kapitel „Zurechthören“ in: Rudolf Haase 1977, „Über das disponierte Gehör“
[48] vgl. Zipp 1974, S.17
[49] auch Risidualtöne: ein Phänomen des menschlichen Hörorgans, welches besagt, dass man aufgrund der Obertonstruktur eines Tons/Klangs den (tiefer liegenden) Grundton hören kann, auch wenn dieser rein akustisch gar nicht als Schallwelle in das Ohr eintritt. Ein Beispiel dafür ist z.B. das Telefon: man hört die Grundtöne des Gesprächsteilnehmer trotz des beschränkten Frequenzganges, in welchem die Grundtöne technisch eigentlich gar nicht übertragen werden. Das Gehör leitet sich die tiefen Frequenzen aus dem Klang der hohen ab. (vgl Debbeler 2007, S.98)
[50] Folgende weitere Erkenntnis kann aus der „subjektiven Grundtonerkennung“ gezogen werden: Bei einem Durdreiklang, der beispielsweise aus 600Hz, 500Hz und 400Hz (das entspricht einem Verhältnis von 6:5:4) gebildet wird, ensteht im auditorischen Mittelhirn zusätzlich noch der virtuelle Ton mit der Frequenz 100Hz. Er wird praktisch aus der Folge der drei anderen Frequenzen gebildet. Diese 100Hz bilden wiederrum den Grundton des Dreiklangs zwei Oktaven tiefer transponiert. Der hinzugekommene Ton passt also gut in das Akkordgefüge hinein und somit wird der Akkord ein überzeugendes Klangerlebnis darstellen. Dies ist aber nur bei Durakkorden möglich und ist folglich eine Erklärung für den gehörphysiologischen Unterschied zwischen Dur und Mollakkorden. (vgl. http://web.telia.com/~u57011259/mode%20perception.htm (Stand: 27.02.2009))
[51] bei gesundheitlich intakter Gehörfunktion versteht sich
[52] vgl. J.Debbeler 2007, S.99
[53] ein interessantes Experiment zur Verdeutlichung, warum der Dur-Akkord für alle Menschen in reiner Stimmung ein besonders „schöner“ Akkord ist (auch für amusikalische Menschen im sog „happy/sad“ - Test), findet sich hier: http://web.telia.com/~u57011259/mode%20perception.htm (Stand: 27.02.2009)
[54] vgl. Debbeler 2007, S.77f
[55] vgl. MGG Band 9, Sp961ff
[56] (was ja im Endeffekt einer Änderung der Intonation gleichkommt)
[57] nach Ernst Heinrich Weber (1795-1878) und Gustav Theodor Fechner (1801-1887), den Begründern der Psychophysik (vgl. http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_721544942/Psychophysik.html (Stand: 12.11.2008)
[58] vgl. J.Jecklin 1980, S.16
[59] Schon in der Schnecke des Ohres nehmen die Oktaven den gleichen Platz ein, dort ist der Logarithmus sozusagen schon vollzogen
[60] in seinem Tentamen novae theoriae musicae, Petersburg, 1739; vgl MGG, Art Cent a.a.O.
[61] Baron Richie de Prony, Instruction élémentaire sur les moyens de calculer les intervalles musicaux, Paris 1832
[62] vgl MGG, Art Cent a.a.O.
[63] zur gleichstufigen Temperierung folgt die Erklärung in Kapitel „1.8 Historischer Abriss der diatonischen Tonsysteme"
[64] nach der DIN 13320 „Akustik, Spektren und Übertragungskurven, Begriffe, Darstellung“
[65] Es sollte gelten f1>f2, ansonsten bilde man einfach den Betrag des Ergebnisses, denn ein Abstand sei als positiver Wert angenommen
[66] nach Zwicker 2007, S.162f, dieser Wert unterscheidet sich in diversen Quellen, so ist u.a. auch von 840 Tonstufen mit einer Breite von jeweils 2,85 mel die Rede (MGG Band VI, Sp. 1328)
[67] vgl MGG Band VI, Sp. 1328
[68] zur Definition der Einheit „mel“ siehe Kapitel „Kritische Bänder und die Einheit Mel“
[69] vgl. Spitzer 2005, S.60f
[70] vgl. Spitzer 2005, S.61
[71] vgl. Spitzer 2005, S.61 der sich dort auf ein Experiment von John R. Pierce in The Science of Musical Sound (Paperback), Scientific American Library; New Ed edition (29 Jun 1992) auf Seite 142 bezieht
weitere Experimente:
1)Krumbholz, K., Patterson, R.D. and Pressnitzer, D. (2000). The lower limit of pitch as determined by rate discrimination. J. Acoust. Soc. Am. 108 1170-1180.
2)Pressnitzer, D., Patterson, R.D. and Krumbholz, K. (2001). The lower limit of melodic pitch. J. Acoust. Soc. Am. 109 2074-2084. Zu finden und bestellen bei rdp1@cam.ac.uk
[72] für „just noticeable difference“
[73] vgl. http://www.dasp.uni-wuppertal.de/ars_auditus/psychoak/psychoak9.htm,(Stand:27.02.2009) hier kann das Phänomen an einem Hörbeispiel nachvollzogen werden
[74] Eine weitere Skala für die kritischen Bänder neben der Bark Skala nach Zwicker ist die ERB-Skala nach Brian Moore (von Equivalent Rectangular Bandwidth), welche mit Bandbreiten idealer Bandpassfilter berechnet wird.
[75] nach Heinrich Barkhausen , vgl. B.Pompino-Marschall 1999, S156f
[76] vgl. die entsprechenden Absätze über Interferenzen, Schwebungen, Rauhigkeit und Kombinationstöne
[77] vgl. Roederer 1977, S.31/32
[78] vgl. Fischer Musiklexikon S.332f, hierbei gibt es jedoch auch Instrumente, bei denen nicht alle Partialtöne vorhanden sind (beispielsweise bei der Klarinette)
[79] vgl. das folgende Kapitel
[80] welche die Voraussetzung erfüllt, eine lange und dünne Form zu haben
[81] schwingt eine Saite eines Streichinstruments beispielsweise mit der Grundfrequenz von 440Hz, so wären die ersten vielfachen Teilfrequenzen davon 880Hz, 1320Hz, 1760Hz, 2200Hz, 2640Hz usw.. Der Begriff „Partialtöne“ ist gleichzusetzen mit den Begriffen „Harmonische“ oder „Teiltöne“. Der Ausdruck „Obertöne“ allerdings bezeichnet zwar die gleichen Töne, lässt aber den Grundton weg, sprich der 1.Oberton entspricht dem 2.Partialton.
[82] Ploeger etwa argumentiert, dass es ein Fehler vieler Theoretiker gewesen sei, dass sie „der praestrukturellen Veranlagung ihres Bewußtseins nicht vertrauten und ihr Tonsystem auf eine akustische d.h. außermusikalische Grundlage stellen zu müssen glaubten“.(vgl. Ploeger 2002, S.47) Ist beispielsweise aus der musikophänomologischen Sicht der Dinge eine Quinte nicht gleichzeitig immer eine „reine“ Quinte? Die Diskussion ist sicherlich interessant, soll jedoch hier der Leserin nur zeigen, dass der Ausdruck des „reinen“ Intervalls durchaus kritisch betrachtet werden kann, was gleichzeitig ein Grund dafür ist, dass es soviel Meinungen zu der Definition gibt.
[83] vgl. Ploeger 2002, S.48
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (eBook)
- 9783836628631
- DOI
- 10.3239/9783836628631
- Dateigröße
- 2.2 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität für Musik und darstellende Kunst – Komposition, Musiktheorie und Dirigentenausbildung
- Erscheinungsdatum
- 2009 (April)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- intonation tonsystem temperierung gehörphysiologie pythagoras