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Hybrides Konsumentenverhalten und seine Konsequenzen für das Marketingmanagement

©2008 Diplomarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit Ende der 80er Jahre ist unter den Konsumenten ein Verhalten zu beobachten, das gegenüber den Jahren zuvor als neuartiges Phänomen diskutiert wird. Das wohl am häufigsten zitierte Beispiel ist die Frau im Nerzmantel, die im Porsche bei Aldi vorfährt, um dort möglichst sparsam einzukaufen. Damit ist das hybride Konsumentenverhalten gemeint, das immer mehr Verbreitung findet.
Konsumenten verhalten sich in aktueller Zeit beim Kauf und Konsum von Gütern immer sprunghafter. Mal geben sie viel Geld aus, mal wird auf jeden Cent geachtet; mal darf es nur biologisch kontrollierte Qualität sein, mal werden industriell gefertigte Produkte konsumiert; mal das Eine, mal das Andere und das nach ganz eigenen Vorstellungen. Es sind keine stabilen Konsummuster mehr zu erkennen, die jeder Konsument einheitlich verfolgt, sie kaufen und konsumieren ganz individuell nach mehreren verschiedenen und widersprüchlichen Verhaltensmustern, die letztlich zu einem hybriden Konsumentenverhalten führen.
Daraus ergibt sich für Unternehmen eine Problemstellung bei der Marktbearbeitung. Das Marketingmanagement hat bislang die Konsumenten in einem Markt nach spezifischen kaufverhaltensrelevanten Merkmalen in Segmente unterteilt, die intern homogen und untereinander heterogen auf Marketingaktivitäten reagieren. Es geht darum die Heterogenität unter Konsumenten zu strukturieren und zu kennzeichnen, um Angebote gezielt und passgenau an den speziellen Segmenterfordernissen auszurichten und um dadurch letztlich eine erhöhte Zufriedenheit der Konsumenten und erhöhte Gewinnmargen für das Unternehmen zu erreichen.
Durch hybrides Konsumentenverhalten wird die Zielgruppenbildung jedoch erschwert. Dem Marketingmanagement ist es nicht mehr möglich, Konsumenten klar nach unterschiedlichen Reaktionen auf Marketingaktivitäten aufzuteilen und der Bestimmungsfaktoren zu beschreiben. Ihr sprunghaftes Verhalten macht ihre eindeutige Zuordnung zu genau einem Segment unmöglich. Als Konsequenz kann mit der herkömmlichen Segmentierung keine Unterscheidung mehr von heterogenen Verhaltensweisen der Konsumenten stattfinden. Folglich erodiert die Basis zur Marktbearbeitung, nämlich klar abgegrenzte und spezifisch gekennzeichnete Zielgruppen.
Gang der Untersuchung:
Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es, die Relevanz des Konsumentenverhaltens im Marketingmanagement zu verdeutlichen und den Einfluss seiner Veränderung zu hybriden Mustern aufzuzeigen. Darüber hinaus werden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Relevanz des Konsumentenverhaltens im Marketingmanagement
2.1 Theoretische Grundlagen zum Konsumentenverhalten
2.1.1 Die Stimuli
2.1.2 Die nicht-beobachtbaren innerpersonellen Prozesse
2.1.3 Der Entscheidungsprozess
2.1.4 Das sichtbare Verhalten als Reaktion
2.2 Marketingmanagement und Konsumentenverhalten

3. Die Marktsegmentierung
3.1 Eine Strategieform der Kundenorientierung
3.2 Die Markterfassungsseite (Segmenting)
3.3 Die Marktbearbeitungsseite (Targeting und Positioning)

4. Hybrides Konsumentenverhalten
4.1 Die Herausbildung eines neuartigen Konsumentenverhaltens
4.2 Die Individualisierung des Konsums

5. Konsequenzen für das Marketingmanagement
5.1 Konsequenz einer neuen Marktsituation
5.2 Konsequenz neuer Verhaltensregeln
5.3 Konsequenz der Auflösung von Zielgruppen
6. Lösungsansätze
6.1 Grundlagen neuer Konzepte
6.2 Konzept des kundenindividuellen Marketings
6.3 Konzept des Szenen-Marketings

7. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das SR-Schema des Konsumentenverhaltens

Abbildung 2: Das SOR-Modell

Abbildung 3: Der Prozess der Marktsegmentierung

Abbildung 4: Segmentierungskriterien

Abbildung 5: Segmentierung von Konsumenten

Abbildung 6: Einflussgrößen auf den Wandel des Konsumentenverhaltens

Abbildung 7: Fragmentierung von Segmenten

Abbildung 8: Der hybride Konsument

Abbildung 9: Kundenindividuelles Marketing

Abbildung 10: Der Zusammenhang von Lebensstil und Szenenbildung

Abbildung 11: Bearbeitung hybrider Konsumenten über Szenenmarketing

1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Seit Ende der 80er Jahre ist unter den Konsumenten ein Verhalten zu beobachten, das gegenüber den Jahren zuvor als neuartiges Phänomen diskutiert wird. Das wohl am häufigsten zitierte Beispiel ist die Frau im Nerzmantel, die im Porsche bei Aldi vorfährt, um dort möglichst sparsam einzukaufen. Damit ist das hybride Konsumentenverhalten gemeint, das immer mehr Verbreitung findet.

Konsumenten verhalten sich in aktueller Zeit beim Kauf und Konsum von Gütern immer sprunghafter. Mal geben sie viel Geld aus, mal wird auf jeden Cent geachtet; mal darf es nur biologisch kontrollierte Qualität sein, mal werden industriell gefertigte Produkte konsumiert; mal das Eine, mal das Andere und das nach ganz eigenen Vorstellungen. Es sind keine stabilen Konsummuster mehr zu erkennen, die jeder Konsument einheitlich verfolgt, sie kaufen und konsumieren ganz individuell nach mehreren verschiedenen und widersprüchlichen Verhaltensmustern, die letztlich zu einem hybriden Konsumentenverhalten führen.

Daraus ergibt sich für Unternehmen eine Problemstellung bei der Marktbearbeitung. Das Marketingmanagement hat bislang die Konsumenten in einem Markt nach spezifischen kaufverhaltensrelevanten Merkmalen in Segmente unterteilt, die intern homogen und untereinander heterogen auf Marketingaktivitäten reagieren. Es geht darum die Heterogenität unter Konsumenten zu strukturieren und zu kennzeichnen, um Angebote gezielt und passgenau an den speziellen Segmenterfordernissen auszurichten und um dadurch letztlich eine erhöhte Zufriedenheit der Konsumenten und erhöhte Gewinnmargen für das Unternehmen zu erreichen.

Durch hybrides Konsumentenverhalten wird die Zielgruppenbildung jedoch erschwert. Dem Marketingmanagement ist es nicht mehr möglich, Konsumenten klar nach unterschiedlichen Reaktionen auf Marketingaktivitäten aufzuteilen und der Bestimmungsfaktoren zu beschreiben. Ihr sprunghaftes Verhalten macht ihre eindeutige Zuordnung zu genau einem Segment unmöglich. Als Konsequenz kann mit der herkömmlichen Segmentierung keine Unterscheidung mehr von heterogenen Verhaltensweisen der Konsumenten stattfinden. Folglich erodiert die Basis zur Marktbearbeitung, nämlich klar abgegrenzte und spezifisch gekennzeichnete Zielgruppen.

Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es, die Relevanz des Konsumentenverhaltens im Marketingmanagement zu verdeutlichen und den Einfluss seiner Veränderung zu hybriden Mustern aufzuzeigen. Darüber hinaus werden Lösungsvorschläge vorgestellt, um den Konsequenzen für die Marktbearbeitung zu begegnen.

In Kapitel 2 werden zunächst für die Arbeit wichtige Grundlagen geschaffen. Es wird ein zentrales Modell der Konsumentenverhaltensforschung vorgestellt, das Konsumentenverhalten beschreibt, um resultierende Kaufhandlungen zu erklären. Überdies wird auf die Relevanz des Konsumentenverhaltens im Marketingmanagement eingegangen.

Kapitel 3 knüpft daran an, indem eine wichtige Strategieform zur Erfassung und Bearbeitung von heterogenen Verhaltensweisen beim Kauf und Konsum wirtschaftlicher Güter behandelt wird, die noch auf dem Verständnis des früheren Konsumentenverhaltens basiert und demnach segmentorientiert vorgeht. Die Marktsegmentierung zielt auf die möglichst genaue Beschreibung von Konsumenten und ihre trennscharfe Einteilung zu spezifisch gekennzeichneten Segmenten, um sie mit adäquaten Angeboten zu bedienen und ihren Anforderungen zu entsprechen.

In Kapitel 4 wird das hybride Konsumentenverhalten beschrieben und auf seine Entstehungsgründe eingegangen. Es zeigt sich im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten wesentlich inkonsistenter und individueller.

In Kapitel 5 werden die Konsequenzen beschrieben, die sich daraus für das Marketingmanagement ergeben. Unternehmen sind nun mit einer neuartigen Marktsituation konfrontiert, die es zu bearbeiten gilt. Allerdings versagt dabei die Strategie der Marktsegmentierung.

Das Marketingmanagement benötigt neue, geeignete Lösungsansätze, mit denen das neuartige Konsumentenverhalten effektiv sowie effizient bearbeitet werden kann und die Realisierung von Unternehmenszielen unterstützt wird. Dafür werden in Kapitel 6 zwei Lösungsvorschläge gegeben.

Kapitel 7 beinhaltet ein Fazit der Arbeit, das zentrale Aussagen zusammenfasst und einen Gesamtüberblick zu den Problemstellungen, Konsequenzen und Lösungen gibt.

2. Relevanz des Konsumentenverhaltens im Marketingmanagement

2.1 Grundlagen zum Konsumentenverhalten

Auf der Nachfrageseite von Märkten agieren u.a. Personen, die als Konsumenten die Angebote von Unternehmen zur Deckung ihrer Bedürfnisse nachfragen. Sie kaufen sie aber nicht wahllos und unbestimmt, sondern legen ihre Wahl zuvor in Kaufentscheidungsprozessen fest. Das Ziel der Konsumentenforschung ist zu verstehen, wie und warum es zu einer Kaufentscheidung kommt und welchen zentralen Bestimmungsfaktoren sie unterliegt, d.h. Erklärungen für eine bestimmte Kaufentscheidung abzuleiten. Sind gewisse Zusammenhänge identifiziert, können auf ihrer Basis Prognosen zukünftiger Entscheidungen erstellt werden. Dazu wird als Forschungsgegenstand das Konsumentenverhalten für Analysen herangezogen. Es ist i.e.S. als „das beobachtbare „äußere“ und das nicht-beobachtbare „innere“ Verhalten von Menschen beim Kauf und Konsum wirtschaftlicher Güter“ definiert und im erweiterten Sinne auch als das der „Letztverbraucher von materiellen und immateriellen Gütern in einer Gesellschaft“, womit nicht nur Personen in ihrer Rolle als Konsumenten, sondern auch anderer Tätigkeitsbereiche gemeint sind (Kroeber-Riel 1995, Sp. 1234).

Die grundlegende Aufgabenstellung lautet, das Konsumentenverhalten zu beschreiben, um auf Basis der Erkenntnisse resultierende Kaufentscheidungen erklären und zukünftige prognostizieren zu können.

Für umfassende Erkenntnisse, werden im Rahmen interdisziplinärer Erklärungsansätze auch solche anderer Wissenschaftsdisziplinen wie zum Beispiel der Psychologie (Konsument als Individuum), Soziologie (Interaktionen zwischen Konsumenten) und Biologie (physische Vorgänge) in die Analysen mit einbezogen. So kann das Konsumentenverhalten aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und begründet werden (Homburg/Krohmer 2005, S. 27).

In diesem Zusammenhang sind zwei grundlegende Arten von Erklärungsmodellen des Konsumentenverhaltens zu unterscheiden: das Behavioristische und Neobehavioristische (Pepels 1995, S. 16f.). Beide verwenden für die Analyse des Konsumentenverhaltens ein Systemmodell, das die funktionalen Beziehungen zwischen Einflüssen auf den Konsumenten (Input als unabhängige Variable) und einem resultierenden Verhalten (Output als abhängige Variable) darstellen (Raffée 1974, Sp. 1028). Sie unterscheiden sich allerdings in ihrer Bezugnahme auf den Konsumenten als Person für Erklärungen seines Verhaltens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Behaviorismus wird der Konsument nur als ein Teil des Systems betrachtet, auf den Stimuli als Einflussgrößen einwirken und der darauf mit einem bestimmten Verhalten reagiert (Behrens 1995, Sp. 2557). Ob und welche personenbezogenen Vorgänge im Inneren des Konsumenten stattfinden, wird nicht hinterfragt. In dem sogenannten Stimulus-Response- (SR-) Modell werden nur solche Größen für die Erklärung des Verhaltens einbezogen, die beobachtet und gemessen werden können. Das ist bei innerpersonellen Vorgängen nicht der Fall, diese sind nicht beobachtbar und werden von den Vertretern des Behaviorismus bei Analysen ausgeschlossen (Meffert 1998, S. 94). Für sie fungiert der Konsument als eine Art passive „Black Box“ im System, die lediglich einen Stimulus zu einer Reaktion umsetzt. Der Fokus liegt eher im Entdecken eindeutiger Zusammenhänge, d.h. eine bestimmte beobachtbare Reaktion klar auf das Einwirken eines bestimmten Stimulus bzw. auf die Existenz bestimmter Bedingungen zurückzuführen sowie sie in Funktionen und Gesetzen festzuschreiben (Kroeber-Riel 1972, S. 56). Beispielsweise lässt sich untersuchen, wie sich eine Reaktion verändert, wenn ein bestimmter Stimulus variiert wird oder ob eine Reaktion immer auf einen bestimmten Stimulus folgt. Das Konsumentenverhalten wird folglich allein als eine beobachtbare Reaktion (sichtbares Verhalten, etwa Kauf oder Nichtkauf) aufgrund der Einwirkung bestimmte Stimuli (etwa attraktive Angebote) auf den Organismus (Black Box) beschrieben und bestimmte Reaktionen auf bestimmte Stimuli zurückgeführt. Abbildung 1 stellt den Wirkungsmechanismus vereinfacht als Reiz-Reaktionsverbindung dar, wobei jedem Reiz eine Reaktion zugeordnet wird. Wie und warum sie wirken, bleibt unklar.

Abbildung 1: Das SR-Schema des Konsumentenverhaltens (Raffée 1974, Sp. 1029)

Die Annahme, dass einem bestimmten Reiz genau eine bestimmte Reaktionsweise folgt, wird kritisiert. So sind auch verschiedene Reaktionen trotz der Wirkung desselben Reizes denkbar. Beispielsweise kann ein Konsument auf einen Preisnachlass (Reiz) mit einem Kauf reagieren, sich aber durch eventuell zusätzlicher Einflüsse in einer neuen Situation für einen Nicht-Kauf entscheiden (Behrens 1995, Sp. 2562). Der Grund für Verhaltensunterschiede einer Person oder zwischen mehreren trotz gleichem Stimulus kann mit dem SR-Modell nicht erklärt werden .

Um diesem Erklärungsmangel zu begegnen, wird in Methoden des Neobehaviorismus die Analyse des Konsumentenverhaltens um die Wirkungsprozesse in der Black Box erweitert (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 30). Neben die rein beobachtbaren Größen des SR-Modells treten sogenannte nicht-beobachtbare intervenierende Variablen. Sie stellen die innerpersonellen psychischen Vorgänge in der Black Box dar, die zwischen der direkten Reiz-Reaktionsverbindung ablaufen und modifizierend auf die Wirkung externer Stimuli einwirken können. Beispielsweise kann der Reiz „Preisnachlass“ durch unterschiedliche Gedankenvorgänge oder Bedürfniszustände mal zum Kauf und mal zum Nichtkauf führen. Die Reaktion resultiert durch die beeinflussenden Interventionen dann nur indirekt auf einen Stimulus. Da die Prozesse im Organismus nicht beobachtbar sind, werden sie durch theoretische Konstrukte abgebildet und für ihre Operationalisierung in Messmodellen mit beobachtbaren Indikatoren in Beziehung gesetzt (Balderjahn/Scholderer 2007, S. 7). Dieser Vorgang ergibt allerdings nur unsichere Aussagen, da die Indikatoren und deren Interpretation vagen Annahmen unterliegen (Foscht/Swoboda 2007, S. 24).

Das SR-Modell wird also um innerpersonelle Prozesse des Konsumenten zum sogenannten Stimulus-Organism-Response -( SOR-) Modell ergänzt. Unterschiede im sichtbaren resultierenden Verhalten werden nicht nur mit beobachtbaren einwirkenden Stimuli erklärt, sondern ergänzend auf die intervenierende Wirkung interner hypothetischer Konstrukte zurückgeführt (Raffée 1974, Sp. 1029f.).

Die Theoriebildung erfolgt dabei über Total- oder Partialmodelle (Trommsdorff 2004, S. 29). Das Ziel der Totalmodelle ist es, den gesamten Komplex von Wirkungsweisen abzubilden, d.h. alle möglichen Reaktionsweisen auf alle denkbaren Einflüsse der externen Stimuli und internen Bedingungen. Partialmodelle konzentrieren sich hingegen lediglich auf isolierte Teilaspekte von determinierenden Wirkungen. Während sich erstere zwar gut als Orientierungs- und Bezugsrahmen eignen, aber aufgrund der Vielfalt und Komplexität unmöglich erscheinen und zudem kaum empirisch bestätigte Hypothesen liefern, wird Partialmodellen aufgrund empirischer Ergebnisse mehr Erklärungscharakter zugesprochen, gelangen aber gerade der eingeengten Sichtweise wegen in Kritik (Foscht/Swoboda 2007, S. 28). (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 376f.). Als beispielhafte Totalmodelle sind die Arbeiten von Blackwell/Minard/Engel (2001) und Howard/Sheth (1969) bekannt geworden. Sie leiten beide sichtbares Verhalten aus einer vielschichtigen Kombination der hypothetischen Konstrukte ab, unterscheiden sich allerdings hinsichtlich ihrer Verknüpfung (zum Überblick siehe Balderjahn/Scholderer 2007, S. 10ff.).

Abbildung 2 gibt einen Überblick über bisherige Erkenntnisse der neobehavioristischen Forschung und ergänzt das obige SR-Modell zum SOR-Modell. Es sei anzumerken, dass den Elementen selbst komplexe psychische Prozesse vorausgehen und untereinander in einem interdependenten Zusammenhang stehen, was hier nicht vertieft wird, sondern nur einer abstrakten Darstellung dient (für weitere Ausführungen siehe Kroeber-Riel/Weinberg 2003).

Abbildung 2: Das SOR-Modell

(in Anlehnung an Homburg/Krohmer 2005, S. 29, Assael 1995, S. 21)

Neben den beobachtbaren Variablen des SR-Modells (einwirkender Stimulus und resultierende Reaktion) wird im SOR-Modell von dem zusätzlichen Einfluss intervenierender Variablen ausgegangen, welche durch theoretische Konstrukte der nicht-beobachtbaren innerpersonellen Vorgänge dargestellt werden. Sie bewirken, dass der Reiz nicht direkt zu einem sichtbaren Verhalten führt, sondern zunächst innere Prozesse anstößt, die eine Reaktion letztlich bestimmen. Der funktionelle Zusammenhang, eine Reaktion sei eine lineare Funktion eines Stimulus R = R (S), wird um die Einflüsse im Organismus zu R = R (S, O) erweitert (Kroeber-Riel 1974, Sp. 161). Im Folgenden werden die einzelnen Elemente des SOR-Modells genauer beschrieben.

2.1.1 Die Stimuli

Ein auf den Konsumenten einwirkender Stimulus kann aus der physischen oder sozialen Umwelt kommen (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 419).

Die physische Umwelt entspricht der allgemeinen Umwelt, in der Menschen leben wie zum Beispiel die Landschaft oder Gebäude. Sie wirkt durch Farben, Gerüche, Wetter etc. auf die Sinne der Konsumenten ein.

Die soziale Umwelt kann in eine nähere und weitere unterteilt werden. Zu der näheren sozialen Umwelt zählen alle soziodemographischen Einflüsse, mit denen der Konsument regelmäßig in direktem Kontakt steht wie zum Beispiel Bezugsgruppen und kulturelle Einflüsse (Assael 1995, S. 22f). Von Bezugsgruppen, insbesondere der Familie, gehen determinierende Einflüsse durch Verhaltensnormen und Orientierungen aus, die sich normativ auf das Konsumentenverhalten auswirken (Foscht/Swoboda 2007, S. 130f.). Zum Beispiel fällt die Produktwahl in Familien mit Kindern anders aus als in einem Singlehaushalt. Auch von der Kultur, in der ein Konsument lebt, gehen normative Einflüsse aus, die auf in einem Sozialisierungsprozess erlernte Verhaltensweisen, Werte und Sanktionen zurückzuführen sind (Pepels 1995, S. 24). Sie wirken über direkte Interaktionen auf den Konsumenten ein. Die weitere soziale Umwelt besteht aus allen gesellschaftlichen Institutionen, zu denen nur ein entfernter Kontakt besteht. Hierzu zählen auch die Anbieter, von denen bewusst Stimuli, zum Beispiel über die Werbung, gesetzt werden (Freter 2008, S. 67).

2.1.2 Die nicht-beobachtbaren innerpersonellen Prozesse

Stimuli treffen zunächst auf den Organismus eines Konsumenten, bevor es zu einer Reaktion kommt. Das Konsumentenverhalten bestimmt sich aus der intervenierenden Wirkung der innerpersonellen Prozesse auf einen Stimulus. Diese müssen zur Messung erst über theoretische Konstrukte dargestellt und zu beobachtbaren Indikatoren in Beziehung gesetzt werden. Die psychischen Prozesse werden über aktivierende und kognitive Konstrukte dargestellt (Homburg/Krohmer 2005, S. 29). Darüber hinaus kann ein Konsument durch nicht-beobachtbare Persönlichkeitsmerkmale charakterisiert werden, die sein Verhalten beeinflussen (Assael 1995, S. 21f.).

Aktivierende Prozesse stellen eine notwendige Bedingung dar, um eine Reaktion bei Menschen überhaupt zu ermöglichen. Sie versetzten den Organismus in einen Zustand von Aufmerksamkeit, Leistungsfähigkeit und -bereitschaft, der zur Aufnahme und Verarbeitung von Reizen aus der Umwelt vorausgesetzt wird. Zu diesen „Antrieben“ zählen Emotionen, Motivation und Einstellungen (Pepels 1995, S. 42ff.). Ein Stimulus muss zunächst den Zustand der allgemeinen Aktivierung beim Konsumenten bewirken, d.h. die Aufmerksamkeit auf sich lenken, bevor eine Verhaltensbeeinflussung möglich ist (Meffert 1998, S. 111). Erhält die Aktivierung eine Qualität, d.h. nimmt der Konsument den Reiz bewusst wahr und empfindet einen bestimmten Zustand (Gefühl von Interesse, Freude, Abscheu, Angst etc.), entsteht eine Emotion , die mit Ausrichtung auf einen erwünschten Zustand (Ziel) zur Motivation wird. Es entsteht ein Bedürfnis nach Beseitigung oder Befriedigung des aktuellen Empfindens bzw. der Emotion und somit ein verhaltenswirksamer Handlungsgrund bzw. eine Motivation (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 143). Entsteht beispielsweise bei einem Konsumenten das Gefühl von Durst (Emotion) und es soll gestillt werden (Ziel), dann motiviert dieses Bedürfnis zur Handlung (Motivation). Für seine Bedürfnisbefriedigung zieht der Konsument verschiedene Alternativen, zum Beispiel Produktangebote, in Erwägung. Er bewertet sie nach ihrer Fähigkeit, den erwünschten Zustand zu erreichen, also einen bestimmten Nutzen zu stiften, und entwickelt zu jeder eine gewisse Einstellung (vgl. Lutz 1975, Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 169). Ein Objekt, das die günstigste Einstellung erfährt, führt zu seinem Bedarf , also dem Willen, es zu erwerben (Nachfrage). Die Verhaltensbeeinflussung der Einstellung äußert sich demnach als positive oder negative Handlungsneigung aufgrund der Gegenstandsbeurteilung, die zum Kauf oder Nicht-Kauf anstößt. Sie hat die Bedeutung einer „Schlüsselvariable(n) zur Erklärung und Prognose des Konsumentenverhaltens“ (Bennett/Harrell 1975, Foscht/Swoboda 2007, S. 60).

Kognitive Prozesse beeinflussen das Konsumentenverhalten über die Steuerung und Kontrolle der Gedanken, die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen (Reize) lenken und das Verhalten auf bestimmte Ziele ausrichtet (Meffert 1998, S. 114). Die Konstrukte der Wahrnehmung, des Lernens und des Wissens entscheiden darüber, welche Informationen überhaupt vom Konsumenten aufgenommen werden und welche für die Kaufentscheidung schon als durch Lernen erworbenes und gespeichertes Wissen (zum Beispiel über Existenz, Erwerbsort und Eigenschaften von Produkten) zur Verfügung stehen. Das gespeicherte Wissen wird bei der Entscheidungsfindung herangezogen und beeinflusst durch immer neues Hinzulernen jedes mal die Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Verhaltensweisen in bestimmten Reizsituationen gezeigt werden (Balderjahn/Scholderer 2007, S. 43).

Auch die individuellen Persönlichkeitsmerkmale , mit denen ein Konsument beschrieben werden kann, beeinflussen sein Verhalten. Dazu zählen bestimmte Werte, der Lebensstil und soziodemographische Faktoren (Trommsdorff 2004, S. 218). Werte sind allgemeine Einstellungen bzw. als wichtig erachtete Überzeugungen und Ziele von Personen, an denen das Verhalten normativ ausgerichtet wird, zum Beispiel Familie, Freunde, Gesundheit. Sie spiegeln sich im Lebensstil als entsprechende Verhaltensausrichtung in Aktivitäten, Interessen und Meinungen gegenüber Konsum, Einkauf, Freizeit etc. wider (Pepels 1995, S. 68). Das Konsumentenverhalten wird also beeinflusst, indem es auf die Realisierung der persönlichen Vorstellungen ausgerichtet wird. Daneben gelten soziodemographische Faktoren als Rahmenbedingungen für Konsumentenverhalten. Unterschiedliche Reaktionen können zum Beispiel mit dem Alter, Einkommen, Haushaltsgröße und Bildung beschrieben und erklärt werden. Sie gelten zwar nicht als innere Antriebe eines Verhaltens, dienen aber zu seiner näheren Beschreibung (Assael 1995, S. 333). So kann zum Beispiel das Einkommen einen Einfluss darauf ausüben, ob eine bestimmte Motivation durch die beste Alternative gedeckt werden kann oder des Preises wegen auf die nächst beste ausweichen muss.

2.1.3 Der Entscheidungsprozess

Bevor ein Konsument aufgrund der genannten Einflüsse eine bestimmte Reaktion äußert, legt er in einem Entscheidungsprozess ein genaues Verhalten fest (Mowen 1988). Da dieser weiterhin nicht beobachtbar im Inneren des Konsumenten abläuft, kann man ihn noch den innerpersonellen determinierenden Prozessen zuordnen.

Der Ausgangspunkt der Entscheidung ist die Problemerkennung (Bruner/Pomazal 1988). Der Konsument empfindet eine Differenz zwischen einem aktuellen und einem erwünschten Zustand, es herrscht ein Bedürfnis. Nach dem Erkennen des Problems strebt er nach seiner Lösung bzw. Befriedigung. Dafür sammelt er in einem Informationsprozess geeignete Daten über Angebotsalternativen auf dem Markt, beispielsweise informiert er sich über die exsistierenden Anbieter, um eine optimale Kaufentscheidung für eine optimale Lösung zur Problembehebung zu treffen (Bloch/Sherrell/Ridgway 1986). Stehen danach mehrere Alternativen zur Verfügung, werden diese in Abhängigkeit des eigenen Wissens, eigener Bedürfnisse, Wertvorstellungen und Nutzenerwartungen bewertet und schließlich über verschiedene Entscheidungsregeln die beste Alternative ausgewählt (Balderjahn/Scholderer 2007, S. 20, Pepels 1995, S. 10f., Solomon et. al. 2001, S. 261ff.).

Kaufentscheidungen laufen aber nicht immer gleich ab. Abhängig von dem Ausmaß kognitiver Steuerung lassen sich nach Kroeber-Riel/Weinberg vier Grundtypen von Kaufentscheidungen differenzieren (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 369ff.). Geht der Konsument intensiv bei der Informationssuche vor und bewertet sehr genau viele Alternativen, trifft er eine „echte“ oder extensive Entscheidung mit intensivem kognitiven Aufwand. Limitierte Entscheidungen treten auf, wenn Erfahrungen aus früheren Käufen zur Entscheidung herangezogen werden, die schon als Informationenbasis vorliegen (Bloch/Sherrell/Ridgway 1986, S. 120f.). Der kognitive Aufwand reduziert sich demnach auf die Auswahl. Habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen sind durch ein noch geringeres Niveau kognitiver Vorgänge gekennzeichnet, wobei erstere keiner neuen Entscheidung aufgrund einer Automatisierung des Ablaufs braucht. Bei jedem Kauf der gleichen Produktart handelt der Konsument wie in der Vergangenheit ohne einen neuen Entscheidungsprozess. Impulsivkäufe entstehen durch die besonders intensiv wirkenden Reize, die durch keinerlei Kognitionen kontrolliert gesteuert werden, sondern zu spontanem, affektivem Handeln führen. Hier überwiegt also der aktivierende Aspekt. Über den Entscheidungsprozess kommt es letztendlich zur Kaufentscheidung (Kotler/Armstrong 2008, S. 147).

2.1.4 Das sichtbare Verhalten als Reaktion

Die resultierende Kaufentscheidung äußert sich als Reaktion und unterliegt allen genannten Einflüssen. Sie kann sich auf unterschiedliche Teilentscheidungen beziehen, etwa der Produktgruppenwahl, Markenwahl, Mengenwahl, Einkaufsstättenwahl sowie der Auswahl eines Kaufzeitpunktes und des Ausgabebudgets (Pepels 1995, S.6).

Zusammenfassend lässt sich das Konsumentenverhalten nach dem SOR-Modell als ein Zusammenwirken von beobachtbaren Stimuli und nicht-bebachtbaren innerpersonellen Prozessen auf die beobachtbare Reaktion (Kaufverhalten) beschreiben. Dabei lassen sich Unterschiede in Reaktionsweisen mit Unterschieden in den aufgeführten Bestimmungsfaktoren der Umwelt und der Person erklären (Belk 1975, S. 157, McGuire 1976, S. 302). Mit der Annahme, dass die gleiche Reaktion unter wiederholt gleichen Bedingungen erneut eintritt, wird Kaufverhalten in die Zukunft prognostiziert.

2.2 Marketingmanagement und Konsumentenverhalten

Der Begriff des Marketings stellt eine Konzeption der Unternehmensführung dar, die alle Unternehmensaktivitäten auf den Markt ausrichtet und Unternehmensziele durch eine dauerhafte Befriedigung von Konsumentenbedürfnissen verwirklichen soll (Meffert 1998, S.7). Dieser Konzeption liegt eine Denkhaltung zugrunde, die den Konsumenten ins Zentrum aller Handlungen rückt. Damit wird dem Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt begegnet, der durch eine zunehmende Macht auf der Nachfragerseite und einen Engpass im Absatzbereich gekennzeichnet ist. Um Kunden für sich gewinnen und halten zu können, müssen sich Unternehmen an ihrem Konsumentenverhalten ausrichten und ihr Angebot gezielt daran ausrichten (Dibb/Stern/Wensley 2002, S. 113). So spricht Levitt in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit, den Schwerpunkt aller Handlungen nicht zu sehr auf eine optimale funktionelle Entwicklung eines Produktes zu legen, sondern auf diejenigen, die es konsumieren. Unternehmerische Tätigkeiten sollen demnach als „consumer-satisfying process“ statt „goods producing process“ gesehen bzw. der Fokus vom „selling“ auf das „marketing“ gerichtet werden (Levitt 1960, S. 50ff.). Kotler beschreibt die Notwendigkeit für ein Umdenken im Marktverhalten folgendermaßen: „if the salesmen don´t have the right products to sell, know the best cutomers, and have the best values to offer, their energy counts for a little.“ (Kotler 1977, S.75). Um weiterhin erfolgreich sein zu können, sollte ein Unternehmen statt einer „Sales-Denkhaltung“ Marketing unter Prämissen wie Zufriedenstellung profitabler Konsumenten, Ausrichtung aller Unternehmensbereiche, Nutzung von Informationen über Konsumentenbedürfnisse und ihr Kaufverhalten betreiben (Kotler 1977). Die Orientierung am Kunden ist eine unabdingbare Komponente der Marktorientierung als Kern einer Marketingstrategie. Für eine überlegende Wertgenerierung, die dem Konsumenten ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet als die Konkurrenz und folglich einer langfristig besseren Marktperformance, ist die Erlangung von Informationen über kaufrelevante Einflussfaktoren ebenso notwendig wie die Konkurrenzanalyse und ihre gleichberechtigte Beachtung in einer Marketingstrategie (Narver/Slater 1990, Shapiro 1988).

Das Marketingmanagement eines Unternehmens beinhaltet einen strategischen Prozess, der die Konzeption des Marketings realisieren soll und den Konsumenten in den Mittelpunkt von Umfeldanalyse, Zielplanung, Strategieplanung, Durchführung (Einsatz der Marketingmix-Instrumente Produkt, Preis, Kommunikation, Distribution) und Kontrolle stellt sowie zum Kernaspekt für langfristigen Erfolg macht (Webster 1988, S. 36, zur Implementierung siehe Kohli/Jaworski 1990).

Unabdingbar für die Kundenorientierung im Marketing und einer überlegenden Zufriedenstellung von Bedürfnissen sind geeignete Konsumentendaten bzw. die „Marktintelligenz“ (Kohli/Jaworski 1990, S. 4f.). Unternehmen benötigen Informationen zu Konsumentenbedürfnissen, ihren Präferenzen und weiteren kaufrelevanten Faktoren, um sich darauf einstellen zu können. Ferner besteht ein weiterer Kernaspekt des Marketings darin, dem sich aus Bedürfnissen ergebenden Bedarf nicht nur zu entsprechen, sondern auch zu antizipieren und so zu beeinflussen, dass die Reaktion zugunsten des eigenen Angebots und somit der Unternehmensziele ausfällt (Balderjahn 1995, Sp. 184f.). Die Informationsgrundlage bilden dafür die Modelle des Konsumentenverhaltens (Abschnitt 2.1).

Für das Marketingmanagement sind die Modelle insofern nützlich, dass sie Erkenntnisse über das Konsumentenverhalten und Erklärungen von Reaktionsweisen in Form von Hypothesen und Theorien liefern, die Prognosen zukünftigen Konsumentenverhaltens und Ableitungen über seine Beeinflussung unterstützen (Kroeber-Riel 1995, Sp. 1235). Ein Unternehmen kann demzufolge als Teil der Konsumentenumwelt auf einen Kaufentscheidungsprozess einwirken, indem es explizite Maßnahmen verfolgt. Beispielsweise können nach Theorien der Konsumentenforschung, welche Reaktion mit gewisser Wahrscheinlichkeit unter bestimmten innerpersonellen Bedingungen und Umweltzuständen eintritt, einzelne Marketingmixinstrumente gezielt als Stimuli eingesetzt werden, um eine bestimmte Reaktion auszulösen. Somit steht dem Marketingmanagement eine Grundlage zur Verfügung, die Ableitungen für die Erstellung von Strategien und die Marketingmixgestaltung zur Bearbeitung von Konsumenten ermöglicht. Das heißt nicht, dass dem Marketingmanagement ein klarer Leitfaden über eine genaue Handhabe von Konsumenten unter bestimmten Bedingungen vorliegt. Die Konsumentenforschung liefert bis jetzt kein vollständiges Modell, das komplett alle Wirkungsweisen aller Stimuli unter allen Bedingungen sicher beschreibt, erklärt und in allen Situationen empirisch bewiesen ist (Trommsdorff 2004, S. 26ff.).

Viele Autoren konzentrieren sich eher auf Partialmodelle, in denen Wirkungsweisen zentraler marketingrelevanter Faktoren (Marketinginstrumente) beschrieben und Empfehlungen zu ihrem Einsatz abgeleitet werden, die zur Bearbeitung des Konsumentenverhaltens dienen (Assael 1995, Balderjahn/Scholderer 2007, Howard 1994, Kardes 2002). Damit ist es Unternehmen möglich, Entscheidungen im Rahmen des Marketingmanagement-Prozesses fundierter zu treffen.

Das nächste Kapitel geht näher auf die Planung einer kundenorientierten Marketingstrategie ein. Sie stellt den Kernaspekt des Marketingmanagementprozesses dar, da alle strategischen Maßnahmen zur Konsumentenbearbeitung exakt geplant werden, die alle sich anschließenden operativen Handlungen bestimmen.

3. Die Marktsegmentierung

3.1 Eine Strategieform der Kundenorientierung

Die Marketingstrategie zur Bearbeitung von Konsumenten ist der Kernaspekt im Marketingmanagement-Prozess, weil sie eine Lenkungsfunktion durch Abstecken eines kompletten Handlungsrahmens besitzt und alle weiteren Entscheidungen in diesen Grenzen getroffen werden. Grundsätzlich bieten sich zwei strategische Optionen der Marktbearbeitung an - die des undifferenzierten und die des differenzierten Marketings (Becker 1999, S. 65, Dickson/Ginter 1987, S. 3f., Kotler 1999, S. 24). Eine undifferenzierte Ansprache stellt eher auf die Gegebenheiten eines Verkäufermarktes ab, in dem Umsätze über das sogenannte Massenmarketing erzielt werden, und allen Käufern ein standardisiertes Angebot gemacht wird, ohne auf Konsumentenunterschiede einzugehen. Der Grundgedanke der Kundenorientierung findet sich im differenzierten Marketing wieder . Differenziertes Marketing basiert auf der Erkenntnis, dass sich Konsumentenreaktionen aufgrund unterschiedlicher kaufrelevanter Bestimmungsfaktoren unterscheiden können (Smith 1956). Kundenorientierte Unternehmen gehen bei ihrer Strategieplanung auf diese Gegebenheiten ein, um heterogenen Konsumentenanforderungen zu entsprechen und sie zu bearbeiten (Abschnitt 2.2). Dafür bedarf es einer genauen Kenntnis der differenzierten Verhaltensweisen, um je ein spezifisches, an die jeweiligen Bedingungen angepasstes Marketingprogramm bzw. Angebot bieten zu können. Die Notwendigkeit für dieses Verhalten von Unternehmen bringt Brandt auf den Punkt: „It has become practically impossible to enter the national market on a broad, undifferentiated basis with any real hope of success.” (Brandt 1966, S. 22).

Eine Form der differenzierten Konsumentenbearbeitung stellt die Strategie der Marktsegmentierung dar.

Mit der Strategie der Marktsegmentierung wird das Ziel verfolgt, die Heterogenität von Konsumentenverhalten zu erfassen und so zu strukturieren, dass das Marketingmanagement die Differenzen erklären und Hinweise für die Entwicklung geeigneter Bearbeitungsmaßnahmen ableiten kann (Koch 2006, S. 20). Das Vorgehen teilt sich in zwei Bereiche (Freter 2008, S. 26f.): ein Bereich dient der Erfassung und Strukturierung der Heterogenität, indem Segmente gebildet werden, die Konsumenten mit gleichartigen Reaktionsweisen auf eingesetzte Marketingstimuli zusammenfassen und zugleich unterschiedliche Reaktionsweisen voneinander abgrenzen (Markterfassung). Ein zweiter Bereich knüpft direkt an, indem für die einzelnen Segmente adäquate Marketingprogramme entwickelt werden, die sich für eine gezielte Bearbeitung an den speziellen Erfordernissen ausrichten (Marktbearbeitung). Ein Markt wird also in „bezüglich ihrer Marktreaktion intern homogene und untereinander heterogene“ Marktsegmente aufgeteilt (Meffert 1998, S. 174), um sie differenziert ansprechen zu können. Die zugrunde liegende Idee ist, dem heterogenen Konsumentenverhalten begegnen zu können und letztlich über die Kundenorientierung eine breitere Akzeptanz am Markt zu erreichen (Smith 1956, S.6f.).

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2008
ISBN (eBook)
9783836628167
DOI
10.3239/9783836628167
Dateigröße
617 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Wirtschaftswissenschaften, Marketing
Erscheinungsdatum
2009 (April)
Note
2,0
Schlagworte
marketing konsumentenverhalten segmentierung konsumverhalten
Produktsicherheit
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Titel: Hybrides Konsumentenverhalten und seine Konsequenzen für das Marketingmanagement
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