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Marketing und Lebensqualität - Gibt es einen Zusammenhang?

©2008 Diplomarbeit 70 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Verschiedene, umfangreiche Wertevorstellungen existieren in jeder Kultur. In westlichen Ländern standen lange Zeit materialistische Werte im Vordergrund, wurden aber durch postmaterialistische, immaterielle Werte ergänzt. Diese stellen das Individuum, dessen Selbstverwirklichung und den Genuss des Lebens in den Mittelpunkt. Auch die Umwelt, deren Erhalt, gesellschaftliches Engagement und Gemeinsinn spielen in der heutigen Zeit eine bedeutende Rolle. Das Marketing steht somit vor der Aufgabe, die sich ändernden Ansprüche der Konsumenten zu erfüllen und kundenspezifische Angebote zu kreieren. Unternehmen zielen auf die Erreichung von Kundenbindungen, Gewinnen und langfristigen Wettbewerbsvorteilen ab. Aus diesem Grund muss durch eine intensive Auseinandersetzung mit den Wünschen, Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden die Zufriedenheit dieser erreicht werden. Zudem achten Konsumenten zunehmend auf das Verhalten und die Maßnahmen der Unternehmen. Die Integration ethischer, sozialer und gesellschaftlich verantwortlicher Kernwerte in die Unternehmenspolitik wird registriert und entsprechend belohnt.
Die erhöhte Wahrnehmung der Marketingmaßnahmen durch die Konsumenten bedeutet für das Marketing möglicherweise die Entwicklung einer bewussteren Politik, welche sowohl die Lebensqualität, als auch die Umwelt und Gesellschaft berücksichtigt. Hierbei müssen die mit der Lebensqualität in Zusammenhang stehenden Bereiche optimiert werden. Ziel dieser Diplomarbeit ist daher die Herausstellung von möglichen Beziehungen zwischen dem Marketing und der Lebensqualität. Die gegenseitige Einflussnahme soll erläutert werden, wobei das Marketing den für diese Arbeit bedeutenderen Einflussfaktor darstellt und somit intensiver betrachtet wird.
Gang der Untersuchung:
Die Lebensqualität als umfangreiche und weitläufige Thematik wird in verschiedenen Forschungsfeldern untersucht. In Teil 2 dieser Arbeit wird daher die Multidimensionalität der Lebensqualität erläutert und eine zusammenfassende Übersicht erarbeitet. Erste mögliche Zusammenhänge mit dem Marketing werden anschließend durch die Betrachtung der Einflussnahme der Lebensqualität auf das Marketing herausgestellt.
Die Relevanz der Lebensqualität für das Marketing wird in Teil 3 und 4 verdeutlicht. Im dritten Teil wird ein Ansatz zum Lebensqualitätsmarketing behandelt, welcher das Wohlbefinden und die Erhöhung der Lebensqualität des Konsumenten in den Mittelpunkt der Marketingpolitik stellt. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Erläuterungen zur Lebensqualität
2.1 Grundlagen und Begriffsabgrenzung
2.2 Objektive vs. subjektive Lebensqualität
2.3 Bottom-Up- vs. Top-Down-Faktoren
2.4 Lebensqualität als multidimensionales Konstrukt
2.5 Einfluss der Lebensqualität auf das Marketing

3 Marketingtheorie und Lebensqualitätskonzept
3.1 Die Entwicklung von traditionellen zu sozialen, gesellschaftsorientierten und ethischen Aspekten im Marketing
3.2 Lebensqualitätskonzept im Marketing
3.3 Der Marketing-Mix im Lebensqualitätskonzept
3.3.1 Kommunikationspolitik
3.3.2 Produktpolitik
3.3.3 Preispolitik
3.3.4 Distributionspolitik
3.4 Problemfelder des Lebensqualitätskonzeptes

4 Ansätze des Lebensqualitätskonzeptes in der Marketingpraxis
4.1 Auswirkungen ausgewählter Maßnahmen des Marketing-Mix
4.1.1 Kommunikationspolitik
4.1.2 Preis-, Produkt- und Distributionspolitik
4.1.3 Zusammenspiel der Marketing-Mix-Instrumente
4.2 Lebensqualitätsorientierter Praxisansatz am Beispiel von The Body Shop
4.3 Empfehlungen für das Marketing

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Verschiedene, umfangreiche Wertevorstellungen existieren in jeder Kultur (Pollay 1986a, S. 207). In westlichen Ländern standen lange Zeit materialistische Werte im Vordergrund, wurden aber durch postmaterialistische, immaterielle Werte ergänzt (Inglehart 1989, S. 90ff.). Diese stellen das Individuum, dessen Selbstverwirklichung und den Genuss des Lebens in den Mittelpunkt (Kotler et al. 2007, S. 168f.). Auch die Umwelt, deren Erhalt, gesellschaftliches Engagement und Gemeinsinn spielen in der heutigen Zeit eine bedeutende Rolle (Glatzer 1992, S. 53, Inglehart 1989, S. 101, Kotler et al. 2007, S. 169ff.). Das Marketing steht somit vor der Aufgabe, die sich ändernden Ansprüche der Konsumenten zu erfüllen und kundenspezifische Angebote zu kreieren. Unternehmen zielen auf die Erreichung von Kundenbindungen, Gewinnen und langfristigen Wettbewerbsvorteilen ab. Aus diesem Grund muss durch eine intensive Auseinandersetzung mit den Wünschen, Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden die Zufriedenheit dieser erreicht werden. Zudem achten Konsumenten zunehmend auf das Verhalten und die Maßnahmen der Unternehmen. Die Integration ethischer, sozialer und gesellschaftlich verantwortlicher Kernwerte in die Unternehmenspolitik wird registriert und entsprechend belohnt (Amato/Amato 2002, S. 81ff., Robin/Reidenbach 1987, S. 49).

Die erhöhte Wahrnehmung der Marketingmaßnahmen durch die Konsumenten bedeutet für das Marketing möglicherweise die Entwicklung einer bewussteren Politik, welche sowohl die Lebensqualität, als auch die Umwelt und Gesellschaft berücksichtigt. Hierbei müssen die mit der Lebensqualität in Zusammenhang stehenden Bereiche optimiert werden. Ziel dieser Diplomarbeit ist daher die Herausstellung von möglichen Beziehungen zwischen dem Marketing und der Lebensqualität. Die gegenseitige Einflussnahme soll erläutert werden, wobei das Marketing den für diese Arbeit bedeutenderen Einflussfaktor darstellt und somit intensiver betrachtet wird.

Die Lebensqualität als umfangreiche und weitläufige Thematik wird in verschiedenen Forschungsfeldern untersucht. In Teil 2 dieser Arbeit wird daher die Multidimensionalität der Lebensqualität erläutert und eine zusammenfassende Übersicht erarbeitet. Erste mögliche Zusammenhänge mit dem Marketing werden anschließend durch die Betrachtung der Einflussnahme der Lebensqualität auf das Marketing herausgestellt.

Die Relevanz der Lebensqualität für das Marketing wird in Teil 3 und 4 verdeutlicht. Im dritten Teil wird ein Ansatz zum Lebensqualitätsmarketing behandelt, welcher das Wohlbefinden und die Erhöhung der Lebensqualität des Konsumenten in den Mittelpunkt der Marketingpolitik stellt. Zunächst werden die in diesem Konzept empfohlenen Maßnahmen aufgezeigt und mit den Marketing-Mix-Instrumenten in Verbindung gebracht. Das Konzept zeigt durch die empfohlene Politik bereits verschiedene Einflussbereiche des Marketing auf die Lebensqualität. Kritikpunkte des Ansatzes werden abschließend herausgestellt.

Im darauf folgenden Teil 4 werden Auswirkungen des Marketing auf die Lebensqualität anhand von Praxisbeispielen dargelegt. In Anlehnung an das Lebensqualitätsmarketing aus dem dritten Teil werden hier erneut die Marketing-Mix-Instrumente betrachtet. Die Umsetzbarkeit des Konzeptes und die vielfältigen Berührungspunkte des Marketing mit der Lebensqualität werden eingehend beleuchtet. Im Anschluss daran wird an einem ausführ­lichen Praxisbeispiel die teilweise Umsetzung des Lebensqualitätsmarketing dargestellt und Implikationen für das Marketing gegeben.

Im Fazit werden die gewonnenen Erkenntnisse dieser Diplomarbeit ausgewertet. In welchem Umfang Zusammenhänge zwischen dem Marketing und der Lebensqualität bestehen, welche Einflüsse diese aufeinander ausüben und die Relevanz dieser Beziehungen werden zusammenfassend dargestellt. Zudem wird ein Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet gegeben.

2 Erläuterungen zur Lebensqualität

Das Thema Lebensqualität ist sehr dehnbar und umfangreich. Die Lebensqualität wird von verschiedenen Menschen unterschiedlich definiert, beurteilt und mit unterschiedlicher Wertigkeit versehen. Für manche Menschen sind finanzielle und gesundheitliche Aspekte entscheidend für die Lebensqualität, während andere ihrer Selbstbestimmung, ihrer Freizeit und ihrem Wohnumfeld große Bedeutung beimessen. Im Folgenden wird zunächst auf menschliche Bedürfnisse eingegangen. Des Weiteren werden geläufige und anerkannte Be­grifflichkeiten definiert und voneinander abgegrenzt. Anschließend werden verschiedene Lebensbereiche beleuchtet sowie objektive und subjektive Komponenten der Lebensqualität unterschieden. Zudem erfolgt eine Erläuterung der Einflussfaktoren auf die Lebensqualität. Ziel der folgenden Kapitel ist ein Überblick über das weitläufige und umfangreiche Feld und die Beschreibung der Komplexität der Lebensqualität. In Kapitel 2.4 wird daher ein zusammenfassendes, multidimensionales Konstrukt der Lebensqualität dargestellt.

2.1 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

Neben dem alltäglichen Leben wird Lebensqualität auch in der Forschung und Wissenschaft unterschiedlich definiert. Mediziner beleuchten diese bspw. aus einem anderen Blickwinkel als Sozialwissenschaftler. Lebensqualität wird vor allem in medizinischen Sachverhalten thematisiert, bspw. im Alter oder bei schweren Erkrankungen. Jedoch stellt Lebensqualität keine rein gesundheitliche Thematik dar, sondern spielt auch im sozialen, politischen und ökonomischen Bereich eine bedeutende Rolle (Sirgy 1996, S. 241, Ventegodt et al. 2005, S. 87, Wilkes 1992, S. 21ff.). Ebenso ist sie für bestimmte Industrie­zweige (Gesundheitssektor, Tourismus), aber auch für verschiedene Bevölkerungsgruppen (Ältere, Minderheiten, Frauen, Jugendliche) von großer Bedeutung (Sirgy et al. 1995, S. 349ff.). Wissenschaftler beziehen Lebensqualität in ihrem jeweiligen Forschungsgebiet insbesondere auf das Wohlbefinden oder die Zufriedenheit (Sirgy et al. 1982, S. 70). In diesem Kapitel (2.1) werden Ansätze betrachtet, die für viele Wissenschaftler verschie­dener Gebiete als Grundlage der Lebensqualitätsforschung dienen. Zunächst werden Bedürfnisse als eng mit der Lebensqualität zusammenhängende Faktoren erläutert, woraufhin die Lebensqualität von anderen, ähnlichen Definitionen und Begrifflichkeiten abgegrenzt wird. Anschließend werden verschiedene Lebensbereiche, sowie deren Zusammenhang mit der Lebensqualität und ihren diversen Komponenten dargestellt.

Bedürfnisse entstehen durch tatsächliche oder empfundene Mängel. Der Mensch verspürt den Wunsch diese zu beseitigen und somit die Bedürfnisse zu befriedigen (Rahmede 2004, S. 335). Die Bedürfnisbefriedigung führt zu Zufriedenheit, welche im Anschluss an die Bedürfnisse erläutert wird. Im Folgenden werden sowohl Maslows Bedürfnispyramide, als auch Allardts Ansatz eingehender betrachtet, da sie in lebensqualitätsbezogenen Untersuchungen häufig Verwendung finden (u.a. Biswas-Diener/Diener 2006, Drakopoulos 2008, Kressmann 2007, Sirgy et al. 1982, Zapf 1984).

Maslow (1954) beschreibt eine Bedürfnispyramide mit niedrigeren Bedürfnissen im unteren und höheren im oberen Teil. Zur Erfüllung der höheren Bedürfnisse muss der Mensch zunächst niedere Bedürfnisse befriedigen. Sobald der Mensch Bedürfnisse einer Stufe befriedigt hat, steigt er auf die nächsthöhere Stufe auf. Die niederen Bedürfnisse werden anschließend nicht mehr vorrangig verfolgt. Jedoch kann ein bereits befriedigtes Bedürfnis durch Veränderungen im Leben erneut relevant werden. Die 1954 veröffentlichte Variante der Maslow‘schen Hierarchie, welche aus fünf Stufen besteht, ist die am häufigsten verwendete. Menschliche Grundbedürfnisse, wie Nahrung, Luft, Sex, Erholung oder ein Heim sind auf der untersten Stufe der physiologischen Bedürfnisse angesiedelt. Sind diese Bedürfnisse befriedigt, so wird die Befriedigung der Sicherheitsbedürfnisse angestrebt. Zu diesen zählen Sicherheit und Schutz der eigenen Person, des Eigentums, der Familie und des Arbeitsplatzes. Die dritte Stufe der Pyramide umfasst soziale Bedürfnisse, die sich in Zugehörigkeit, Liebe, Geselligkeit, Familie oder Nächstenliebe ausdrücken. Mit der Wertschätzung wird die vierte Stufe der Pyramide erreicht. Hier spielen Status, ein guter Ruf, Selbstvertrauen, Respekt oder Erfolg eine erhebliche Rolle. Zu befriedigende Faktoren auf der fünften und höchsten Stufe der Selbstverwirklichung sind Problemlösungsfähigkeit, Individualität, Unabhängigkeit oder persönliche Weiterentwicklung. Durch die Befriedigung dieser Bedürfnisse versucht der Mensch seine gesamten Potentiale auszunutzen und in allen Bereichen das Beste zu erreichen. Nach Maslow können Bedürfnisse der fünften Stufe nie vollständig befriedigt werden.

Allardt (1976) unterscheidet in seiner Arbeit Wohlfahrt und Glück. Wohlfahrt bezieht sich auf die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse, während Glück mit subjektiven Erfahrungen und Wahrnehmungen verbunden wird. Nach Allardt existieren drei Bedürfniskategorien bzw. Wohlfahrtswerte: Having, Loving und Being. Materielle und unpersönliche Ressourcen, die sich in den physiologischen Bedürfnissen und den Sicherheitsbedürfnissen von Maslow widerspiegeln, werden unter Having erfasst. Loving beinhaltet Verbundenheit, Liebe sowie Freundschaft und deckt somit die sozialen Bedürfnisse von Maslow ab. Being umfasst Selbstverwirklichung und Prestige, welche den Wertschätzungs- und Selbstverwirklichungsbedürfnissen Maslows entsprechen. Anders als die Bedürfnisse von Maslow müssen Allardts‘ nicht nacheinander befriedigt werden. Sie sollen im Gegenteil gleichzeitig bearbeitet und befriedigt werden. Die Nichtbefriedigung eines Wertes (bspw. aus der Kategorie Loving) kann zu Leid führen, wird jedoch nicht zwingend durch die Befriedigung eines anderen Bedürfnisses (bspw. aus der Kategorie Having) kompensiert.

Weitere bekannte Bedürfnistheorien existieren von Murray (1938), Alderfer (1969), Herzberg et al. (1959) und McClelland (1961). In der folgenden Grafik (Abb. 1) werden sie den Ansätzen Maslows und Allardts gegenübergestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Bedürfnistheorien in der Übersicht (in Anlehnung an Wolf o.J.)

Bedürfnisse beeinflussen sowohl die Lebensqualität, als auch die Zufriedenheit oder das subjektive Wohlbefinden der Menschen. Neben diesen beiden subjektiven Empfindungen und unzähligen Meinungen zur Definition der Lebensqualität existieren in der Wissenschaft verschiedene Termini, die der Lebensqualität sehr ähnlich sind, teilweise mit dieser gleichgesetzt oder als deren Bestandteil gesehen werden. Diese werden nunmehr vorge­stellt und von der Lebensqualität abgegrenzt.

Zunächst wird der Begriff Zufriedenheit betrachtet. Zufriedenheit entsteht durch die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse und kann in einzelnen Lebensbereichen, aber auch für das gesamte Leben gelten (Diener et al. 1999, S. 276, Rahmede 2004, S. 3455). So kann ein Mensch mit seiner Arbeitssituation zufrieden sein, während er mit seinem Wohnumfeld unzufrieden ist. Die Gesamtzufriedenheit entsteht aus der Aggregation der einzelnen Zufriedenheitsbereiche (Sirgy 1991, S. 327). Auch durch den Vergleich der Soll- mit der Ist-Situation des Lebens oder einzelner Bereiche kann die Zufriedenheit ermittelt werden. Der Mensch strebt nach der Erfüllung seiner Ziele und Bedürfnisse. Hierbei stellt er den erwarteten und den aktuellen Stand gegenüber. Weiterhin vergleicht er seine Situation mit der anderer Menschen, sowie mit der Vergangenheit (Diener et al. 1999, S. 282f., Glatzer 1992, S. 50). Lebenszufriedenheit ist demnach eine langfristige Beurteilung des eigenen Lebens. Wissenschaftler betrachten Zufriedenheit als kognitive, wahrgenommene Einschätzung des Lebens bzw. einzelner Lebensbereiche durch den Menschen (Diener/Suh 1997, S. 199ff., Diener et al. 1999, S. 276f.). Die Zufriedenheit in den einzelnen Lebensbereichen, sowie der Vergleich dieser zu verschiedenen Kriterien ergibt die Lebenszufrieden­heit. Diese kann nicht mit der Lebensqualität gleichgesetzt werden, da hier die reine wahrgenommene Einschätzung eines Individuums betrachtet wird, welche zur Beschreibung der Lebensqualität nicht ausreicht. Die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben spielt jedoch eine große Rolle in der Ermittlung der Lebensqualität und des subjektiven Wohlbefindens.

Subjektives Wohlbefinden wird von Personen individuell empfunden und eingeschätzt. Daher wird es zum Teil auch mit individuellem Wohlbefinden beschrieben (Gibbs 2004, S. 6). Die kognitive Beurteilung der Zufriedenheit sowohl im gesamten Leben, als auch in den einzelnen Lebensbereichen, sowie angenehme / positive und unangenehme / negative Affekte bilden das subjektive Wohlbefinden (Diener 2000, S. 34, Diener et al. 1999, S. 277). Ein Affekt wird im Allgemeinen als eine starke, intuitive Gemüts- bzw. Gefühlsbewegung definiert (Rahmede 2004, S. 51). Diese umfasst Stimmungen und Gefühle, wie bspw. Stolz, Freude, Trauer oder Neid (Diener et al. 1999, S. 277). Zur Erreichung eines hohen subjektiven Wohlbefindens muss der Mensch in den einzelnen Lebensbereichen zufrieden sein und positive, jedoch keine negativen Gemütsbewegungen aufweisen. Existiert kein negativer Affekt, bedeutet dies keine selbstverständliche Steigerung des subjektiven Wohlbefindens, da gleichzeitig ein positiver Affekt bestehen muss (Diener/Suh 1997, S. 200).

Das subjektive Wohlbefinden wird in verschiedene Ansätze, wie Hedonismus, Listentheorien oder Erfüllung von Wünschen und Verlangen, eingebettet. Hedonismus beschreibt das Streben nach Freude und das Vermeiden von Leid (Brockhaus 1986a, S. 585). Dies entspricht der Erreichung von positiven und der Umgehung von negativen Affekten. Des Weiteren existieren die sogenannten Listentheorien, deren Inhalt die individuelle Nutzenziehung aus bestimmten Objekten ist. Trotz des erhaltenen Nutzens wird keinerlei Beitrag zu Freude oder Wunscherfüllung geleistet (Gibbs 2004, S. 6). Der zuletzt genannte Ansatz bezieht sich dagegen auf die Befriedigung von Wünschen und durch selbige auf die Erfüllung von Zielen. Hier sind zum einen Maslow (1954) und zum anderen Allardt (1976) aufgrund ihrer häufigen Erwähnung in Untersuchungen des subjektiven Wohlbefindens und der Lebensqualität hervorzuheben. Sowohl die Befriedigung der Maslow‘schen Bedürfnisse (1954) als auch die Erfüllung der Ziele Having, Loving und Being (Allardt 1976) bewirken Zufriedenheit und gesteigertes subjektives Wohlbefinden. Subjektives Wohlbefinden stellt somit ein komplexes Gebilde dar, welches sich sowohl auf die Lebenszufriedenheit, als auch auf positive und negative Affekte stützt. Subjektives Wohlbefinden und somit auch die Lebenszufriedenheit werden als Teil der Lebensqualität betrachtet, jedoch nicht mit ihr gleichgesetzt (Diener et al. 2003, S. 405, Diener/Suh 1997, S. 208, Eid/Diener 2003, S. 245). Häufig wird das subjektive Wohlbefinden als individuelle Komponente der Lebensqualität betrachtet und als Maß dieser verwandt (bspw. in Diener et al. 2003, Sirgy 1996, Sirgy et al. 2007).

Glück (Happiness) ist eine weitere Komponente der Lebensqualitätsforschung. Glück wird gelegentlich ähnlich dem subjektiven Wohlbefinden definiert (Allardt 1976, Frey/Stutzer 2000, S. 918). Allardt (1976) bestimmt das Glück eines Menschen über die subjektive Bewertung der Zufriedenheit mit seiner Lebenssituation (S. 228). Glück wird zudem als positiver Gemütszustand unter subjektiver Lebensqualität dargestellt (Diener et al. 1999). Layard (2005) beschreibt Glück als Zustand, in dem der Mensch sein Leben genießt, sich darin wohl fühlt und es nicht ändern möchte (S. 12). Folglich ist Glück ein positiver, die Person erfüllender Zustand, der zum Wohlbefinden und somit zur Lebensqualität beiträgt.

Der Lebensstandard von Individuen bzw. Nationen wird mithilfe von Vermögen, Konsum, Kaufkraft, Pro-Kopf-Einkommen oder dem Bruttoinlandsprodukt gemessen (Diener et al. 1995, S. 855, Headey et al. 2008, S. 73). Der Lebensstandard eines Menschen beschreibt demnach dessen wirtschaftlichen, materiellen Besitztümer und Möglichkeiten (z.B. durch einen Arbeitsplatz). Mithilfe dieser befriedigen Individuen grundlegende Bedürfnisse, wie die Grundversorgung oder ein Heim und gestalten ihr Leben (Allardt 1976, S. 228, Ray 2002, S. 146). Der Lebensstandard ist somit eine objektive, rein materielle Komponente der Lebensqualität (Glatzer 1992, S. 48), wird jedoch nicht mit dieser gleichgesetzt.

Sozialindikatoren sind in der Bestimmung der Lebensqualität ebenfalls von Bedeutung. Diese meist objektiven Maße bewerten Bedingungen in verschiedenen Lebensbereichen, wie der Bildung, der Umwelt, dem Arbeitsmarkt oder der Gesundheit (Diener/Suh 1997, S. 192). Zum Teil werden auch subjektive Sozialindikatoren betrachtet, die durch individuelle Bewertungen einzelner Lebensbereiche oder der Lebensqualität als Ganzes festgestellt werden (Schneider 1976, S. 300). Sowohl objektive als auch subjektive Sozialindikatoren dienen der Ermittlung der Lebensqualität. Eine objektive Beurteilung zum Leben eines Menschen sowie die Messung der Erreichung bestimmter Bedürfnisse und Ziele kann mithilfe der objektiven Sozialindikatoren und des Lebensstandards erreicht werden. Diese beiden Komponenten der Lebensqualität betrachten ausschließlich quantitative Bedin­gungen, während die Lebensqualität als Ganzes ein qualitatives Konstrukt darstellt (Ray 2002, S.145).

Zuletzt wird die Wohlfahrt beleuchtet. Wissenschaftler verschiedener Bereiche betrachten Wohlfahrt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. So wird die individuelle Wohlfahrt der Lebensqualität zugeordnet (Glatzer 1992, S. 47). Sie besteht aus objektiv feststellbaren Lebensbedingungen und der subjektiven Einschätzung dieser durch ein Individuum (Zapf 1984, S. 23). In diesem Punkt ähneln sich Lebensqualität und individuelle Wohlfahrt. Sie können jedoch nicht gleichgesetzt werden, da die Lebensqualität zusätzlich durch soziale und gesellschaftspolitische Bedingungen beeinflusst wird (Glatzer 1992, S. 50). Gesellschaftspolitische Ziele umfassen Freiheit, Solidarität, Nachhaltigkeit, Wohlfahrt, Vorsorge für zukünftige Generationen, sozialen Wohlstand, Gerechtigkeit, Sicherheit und politische Beteiligung (Zapf 1976, S. 10ff.). Die aggregierten individuellen Wohlfahrten leisten einen Beitrag zur Wohlfahrt eines Landes, wobei der Wohlfahrtsstaat die materielle, kulturelle und soziale Existenz seiner Einwohner sichert (Rahmede 2004, S. 3396).

In der Literatur herrscht Uneinigkeit über die Definitionen der einzelnen Begriffe, sowie der Zuordnung zueinander oder zur Lebensqualität (Zapf 1984, S. 23). Zum Teil werden Lebensqualität, subjektives Wohlbefinden, Wohlfahrt, Zufriedenheit und Glück einander gleichgesetzt (Diener 2000, S. 34, Frey/Stutzer 2000, S. 918, Zapf 1984, S. 23f.). Eine Gleichsetzung wird in dieser Arbeit nicht vorgenommen, vielmehr wird die getrennte Betrachtung der einzelnen Komponenten betont, da die beschriebenen Begriffe als Komponenten der Lebensqualität gesehen werden.

In den einzelnen, für die Lebensqualität bedeutsamen, Lebensbereichen finden sich diese Komponenten ebenfalls wieder und gewährleisten bei entsprechend positiver Größe eine hohe Lebensqualität sowohl im Einzelnen, als auch im Gesamten. Die Lebensqualität eines Menschen kann in verschiedene Lebensbereiche geteilt werden, in denen Zufriedenheit angestrebt wird. Besonders wichtig sind Lebensbereiche wie Arbeit, Familie, Freunde, Wohnverhältnisse, Nachbarschaft, Sicherheit, Freizeit, Religion, Gesundheit, materielle Besitztümer, Umwelt oder Gemeinschaft (Andrews/Withey 1976, S. 11, Michalos 2008, S. 353, Roberts/Clement 2007, S.84). In jedem der Bereiche wird eine hohe Zufriedenheit angestrebt. Die verschiedenen Zufriedenheiten in den einzelnen Bereichen werden mittels Bottom-Up-Spillover-Effekt auf die Gesamtzufriedenheit bzw. die gesamte Lebensqualität übertragen (Sirgy et al. 1998, S. 126). Ein Spillover-Effekt beinhaltet den Einfluss und die Übertragung von Effekten eines Faktors auf einen anderen (Brockhaus 1986b, S. 663, Rahmede 2004, S. 2736), bspw. beeinflusst die Freizeitgestaltung die Lebenszufriedenheit und Lebensqualität. Bottom-Up kennzeichnet Einflüsse durch externe, anstatt interne Faktoren, wie Persönlichkeitsmerkmale (Sirgy et al. 1998, S. 126). In manchen Bereichen wird hohe Zufriedenheit erreicht, in anderen jedoch nicht. Dies führt dazu, dass sich die verschiedenen Lebensbereiche und die dazugehörigen Zufriedenheiten gegenseitig ausgleichen. Eine komplett positive Gesamtzufriedenheit als auch Gesamtlebensqualität ist schwer zu erlangen, da der Mensch sehr selten in sämtlichen Lebensbereichen gleichzeitig sehr hohe Zufriedenheit und hohes Wohlbefinden erreicht (Glatzer 1992, S. 57). Gründe hierfür liegen u.a. in den Einflussfaktoren der Lebensqualität, die sich jeweils auch in den Lebensbereichen stark auswirken können. Zudem können die Lebensqualität und die Gesamtzufriedenheit zwischen Individuen selbst bei ähnlicher Zufriedenheit in den einzelnen Lebensbereichen unterschiedlich ausfallen, da Menschen die für sie besonders wichtigen Bereiche vorrangig verfolgen, während andere als nachrangig betrachtet werden. Jedes Individuum gewichtet Lebensbereiche und deren Bedeutsamkeit anders (Glatzer 1992, S. 48). Somit tritt bei ähnlichen Lebensbedingungen und ähnlicher Zufriedenheit in einzelnen Bereichen unterschiedliche Gesamtzufriedenheit und Lebensqualität auf.

2.2 Objektive vs. subjektive Lebensqualität

Aus den vorhergehenden Erläuterungen verschiedener Komponenten, Bereiche und deren Zusammenhang ist bereits ersichtlich, dass die Lebensqualität ein mehrdimensionales Konstrukt, mit sowohl objektiven als auch subjektiven Komponenten darstellt. Folglich werden zunächst objektive und subjektive Bestandteile getrennt voneinander betrachtet, bevor sie einander gegenübergestellt werden. Anschließend werden verschiedene Wohlfahrtskonstellationen und Paradoxa erläutert.

Die objektive Lebensqualität wird von außen festgestellt. Hier urteilen Menschen über das Leben eines anderen und schätzen die Qualität dieses Lebens ein (Kressmann 2007, S. 8). Zudem wird objektiv zwischen Menschen, aber auch gruppen- oder nationenübergreifend verglichen (Peterson/Malhotra 2000, S. 57). Bürger, Wissenschaftler, Politiker und Experten bewerten bspw. das Einkommen oder die Wohnbedingungen verschiedener Menschen, Gruppen und Nationen und vergleichen diese miteinander. Dies erfolgt mithilfe von objektiven Indikatoren, zu denen u.a. Wohn- und Arbeitsbedingungen, Einkommen, Infrastruktur oder Gesundheits- und Bildungssysteme zählen (Wilkes 1992, S. 22). Objektive Lebensqualität wird zum Teil auch mit den materiellen Lebensbedingungen oder dem Lebensstandard gleichgesetzt (Sirgy 1996, S. 244, Sirgy et al. 1995, S. 348). Sie enthält lediglich objektive Beurteilungen von Lebensbedingungen durch Außenstehende, unabhängig von der subjektiven Bewertung der betroffenen Individuen.

Die durch Individuen persönlich beurteilten Lebensbedingungen bzw. die individuelle Zufriedenheit mit dem eigenen Leben werden als subjektive Lebensqualität bezeichnet (Kressmann 2007, S. 8, Sirgy et al. 1995, S. 348). Diese wird nur vom betreffenden Individuum und nicht durch Außenstehende eingeschätzt. Menschen bewerten subjektiv die objektiv gegebenen Lebensbedingungen, sowie ihr persönliches Wohlbefinden (Glatzer 1992, S. 49f.). Hier spielen Empfindungen wie Einsamkeit, Zufriedenheit oder Glück als Indikatoren eine Rolle (Wilkes 1992, S. 22). Durch den Einfluss verschiedener Faktoren auf die individuelle Bewertung und aufgrund der unterschiedlichen Gewichtung einzelner Lebensbereiche ist die subjektive Lebensqualität über die Zeit nicht konstant (Glatzer 1992, S. 47f.). Somit ergeben sich zeitliche Abweichungen, Gewichtungsunterschiede für ein­zelne Personen, sowie für verschiedene Personen im Vergleich.

Zur Feststellung und Bewertung der objektiven, wie auch der subjektiven Lebensqualität stehen verschiedene Indikatoren zur Verfügung. Objektive Indikatoren sind Maßzahlen, die von außen festgestellt und erhoben werden können. So kann z.B. jeder Bürger in seiner Stadt die Zahl der Volkshochschulen mit Weiterbildungsangeboten bestimmen. Die subjektiven Indikatoren geben hingegen die individuelle Zufriedenheit eines Menschen mit den entsprechenden, objektiven Bedingungen wieder. Ein Individuum kann bspw. angeben, inwieweit es mit dem Weiterbildungsangebot der Volkshochschulen seiner Heimatstadt zufrieden ist. Diese Angabe kann aber von keiner anderen Person gemacht werden. Die Indikatoren beziehen sich auf sämtliche Lebensbereiche der Menschen und können für weitere Unterbereiche angegeben werden. Sirgy (1996) stellt verschiedene objektive und subjektive Indikatoren der Lebensqualität in Bezug auf das Konsumenten-Marketing ge­genüber (S. 244). In Tabelle 1 wird diese Unterscheidung verdeutlicht, beschränkt sich jedoch auf eine Auswahl an Angaben und Beispielen, da lediglich die Herausstellung des Unterschiedes zwischen objektiven und subjektiven Indikatoren im Vordergrund steht.

Tabelle 1: subjektive und objektive Lebensqualitätsindikatoren (in Anlehnung an Sirgy 1996, S. 244)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Wissenschaft werden objektive und subjektive Lebensqualität häufig getrennt von­einander betrachtet, wobei in der Literatur vor allem auf die subjektive Lebensqualität und hier im Besonderen auf das subjektive Wohlbefinden, eingegangen wird (u.a. Biswas-Diener/Diener 2006, Diener et al. 1995, Pan et al. 2007). Die individuelle Zufriedenheit und somit die subjektive Lebensqualität einer Person kann nur von dieser selbst bewertet werden. Hierbei werden verschiedene subjektive Indikatoren als Anhaltspunkte genutzt. Hinsichtlich der objektiven Indikatoren wird neben den ursprünglich oft erhobenen wirtschaftlichen Kennzahlen (bspw. BIP, Pro-Kopf-Einkommen) auch auf Sozialindikatoren immer häufiger Wert gelegt. So werden neben dem Lebensstandard auch Freizeitmöglichkeiten, Arbeitsbedingungen oder das Gesundheitssystem beurteilt (Peterson/Malhotra 2000). Eine rein objektive Beurteilung der Lebensqualität eines Menschen kann jedoch kein komplettes und realitätsnahes Abbild der Lebensqualität wiedergeben. Objektive und subjektive Lebensqualität ergänzen sich, indem die objektiv von außen messbaren Lebensbedingungen durch das betroffene Individuum subjektiv bewertet werden (Glatzer 1992, S. 47ff.). Lebensqualität muss deshalb als Gesamtheit aus subjektiver und objektiver Lebensqualität gesehen werden.

Aus der Kombination der objektiven und subjektiven Lebensqualität ergeben sich verschiedene Wohlfahrtskonstellationen, welche im Folgenden betrachtet werden. In diesem Zusammenhang wird auf verschiedene Wohlfahrtsparadoxa und im Anschluss auf das Paradox of Happiness eingegangen.

Mithilfe der objektiven Indikatoren können Wissenschaftler die objektive Lebensqualität eines Menschen in den einzelnen Lebensbereichen beurteilen. Bspw. kann festgestellt werden, dass eine Person einen seinem Bildungsstand entsprechenden, festen Arbeitsplatz hat, der gut bezahlt wird und sicher ist. Zudem kann bei diesem Menschen eine seit mehreren Jahren stabile Ehe beobachtet werden sowie dass er selten krank ist und in einem für gut befundenen Wohnumfeld in einer großen Wohnung wohnt. Die Lebensqualität für diese Person wird objektiv als gut befunden. Aufgrund dieser Einschätzung wird eine entsprechend hohe subjektive Lebensqualität der Person erwartet. Die individuelle Bewertung kann jedoch stark von der Höhe der objektiven Lebensqualität abweichen. Ebenso ist die Feststellung einer hohen subjektiven Lebensqualität bei einem Menschen möglich, der eine genau entgegengesetzte, für schlecht befundene objektive Lebensqualität aufweist. Diese Szenarien stellen zwei, der vier grundlegenden Wohlfahrtskonstellationen dar, die in der folgenden Abbildung 2 vereinfacht abgebildet sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Wohlfahrtskonstellationen (in Anlehnung an Zapf 1984, S.25)

Glatzer (1992, S. 49f.) beschreibt diese Lebensqualitätssituationen als konsistente und inkonsistente Wohlfahrtskonstellationen. Die gleichermaßen positive Konstellation, welche in der OECD-Terminologie (1973) als Well-Being bezeichnet wird, sowie die beiderseits schlechte Situation der Deprivation, sind in die konsistenten Wohlfahrtssituationen einzuordnen. Diese treten häufiger auf als die beiden inkonsistenten Konstellationen (Glatzer 1992, S. 49). Das zuvor beschriebene Beispiel der objektiv gut beurteilten Lebensbedingungen und subjektiv schlecht empfundenen Lebensqualität wird in die inkonsistente Konstellation der Dissonanz bzw. des Unzufriedenheitsdilemmas eingeordnet. Adaption bzw. das Zufriedenheitsparadoxon beschreibt die Situation, in der ein Mensch in objektiv schlechteren Lebensbedingungen lebt, sich aber subjektiv wohl fühlt. Bspw. wurden im Vergleich von ärmeren mit reicheren Ländern keine signifikanten Unterschiede des empfundenen subjektiven Glückes festgestellt (Easterlin 1974, S. 118). Biswas-Diener und Diener (2006) stellen unter Obdachlosen ein ähnliches Phänomen fest. Trotz Armut empfinden Obdachlose in Kalkutta eine positive Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Diese ist zudem höher als die Zufriedenheit unter den amerikanischen Probanden, denen es objektiv besser geht als denen in Kalkutta (S. 199f.). Ebenso weisen Obdachlose trotz Unzu­friedenheit mit ihren materiellen Lebensbedingungen eine unerwartet hohe Zufriedenheit mit persönlichen Faktoren, wie Intelligenz, Aussehen oder Moral auf (S. 199). Ärmere Personen weisen tiefer angesiedelte materielle Ansprüche auf als reichere. Die Zufriedenheit erhöht sich hier mit zusätzlichem Besitz, Nahrung oder Kleidung (Biswas-Diener/Diener 2006, S. 199), während Personen mit objektiv gutem Lebensstandard schwerer zufrieden zu stellen sind (Drakopoulos 2008, S.306).

Neben dem zu Anfang erläuterten Beispiel stellt auch das Paradox of Happiness ein Unzufriedenheitsdilemma dar. Obwohl objektiv bessere Bedingungen herrschen, ist die betroffene Person subjektiv nicht zufriedener. Dieser Zusammenhang wird im Paradox of Happiness in Verbindung mit Glück und Einkommen untersucht. Hierbei stellen Wissenschaftler fest, dass entgegen ihrer Annahmen, das Glück bzw. die Zufriedenheit eines Menschen nicht äquivalent mit dem Einkommen steigt (Diener et al. 1995, S. 862, Easterlin 1974, S. 112, Layard 2005, S. 29 ff.). Bspw. behandelt Veblen (1899) das Phänomen und führt in diesem Zusammenhang folgende drei Paradoxa an. Ein Einkommensanstieg aller führt nicht zu einem Glücksanstieg aller. Ein befriedigtes Bedürfnis führt zu einem neuen unbefriedigten Bedürfnis. Glück kann steigen, wenn die relativen Bedingungen bestehen bleiben und Einkommensunterschiede halbiert werden (S. 22ff.). Auch Easterlin (1974) führt diesbezüglich Untersuchungen durch. Beim Vergleich von Einkommens­steigerungen in armen und reichen Ländern, stellt er keinen signifikanten Einfluss dieser auf Glück bzw. Zufriedenheit fest (S. 118f.).

Für das Paradox of Happiness werden verschiedene Gründe angenommen. Zunächst werden andere Indikatoren wie Arbeit, Familie o.ä. höher gewichtet als Einkommen (Headey et al. 2007, S. 67). Zudem stellt der Mensch bestimmte Erwartungen an sich und seine Lebensbedingungen. Werden diese Erwartungen erfüllt, setzt er sich neue Ziele und Erwartungen, so dass das aktuelle Glück nicht gesteigert wird (Veblen 1899, S. 22ff.). Auch der Vergleich mit dem Lebensstandard, dem Einkommen oder dem Konsum anderer Personen kann dieses Paradoxon bedingen. Steigt das Einkommen aller, so bleibt die Differenz zum Einkommen der Vergleichspersonen konstant. Die Zufriedenheit steigt demnach nicht äquivalent (Easterlin 1974, S. 112, Layard 2005, S. 46). Drakopoulos (2008) versucht dieses Paradoxon mit hierarchischen Bedürfnissen zu erklären. Angelehnt an Maslow (1954) betont er, dass zunächst die wichtigsten Bedürfnisse befriedigt werden müssen, bevor nachrangige zufrieden gestellt werden können. Demnach hat Einkommen nur bis zu einem bestimmten Punkt einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit und das Glück eines Menschen, bevor dieser nachlässt und andere Aspekte in den Vordergrund treten (Drakopoulos 2008, S. 311f.). Auch der Versuch nicht-materielle Bedürfnisse durch Konsum materieller Dinge auszugleichen ist eine mögliche Ursache für Unzufriedenheit (Roberts/Clement 2007, S. 90). Sehnt sich eine Person bspw. nach Freundschaft, Liebe, o.ä. kompensieren materielle Dinge dies nicht zwangsläufig, wodurch erneut Unzufriedenheit ausgelöst wird. Zuletzt besitzt ein bestimmter Geldbetrag für verschiedene Personen unterschiedliche Wertigkeit. Eine reiche Person ist mit einem für sie geringen Geldbetrag weniger zufrieden als eine arme, welche den gleichen Betrag erhält (Drakopoulos 2008, S. 306). Aus diesen Gründen wirken Einkommenssteigerungen, die objektiv positiv bewertet werden, nicht notwendigerweise positiv auf die subjektive Zufriedenheit mit diesen.

Trotz objektiv und subjektiv gegensätzlicher Bewertungen und dem Entstehen von Wohlfahrtsparadoxa kann Lebensqualität nicht aus einem der beiden Blickwinkel allein betrachtet und beurteilt werden. Die Beurteilung der Lebensqualität hängt neben objektiven und subjektiven Bewertungen zudem von verschiedenen Einflussfaktoren ab. Diese wirken maßgeblich auf Individuen, deren Lebensqualität, sowie die Beurteilung dieser. Im folgenden Kapitel (2.3) werden daher Bottom-Up- und Top-Down-Einflussfaktoren der Lebensqualität näher betrachtet.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836627696
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Internationale Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,7
Schlagworte
marketing lebensqualität zusammenhang lebensqualitätskonzept produktpolitik
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Titel: Marketing und Lebensqualität - Gibt es einen Zusammenhang?
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