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Kultur als Einflußfaktor auf die deutsch-chinesischen Beschaffer-Lieferanten-Beziehungen

©1998 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ein deutscher Beschaffer erzählt, wie er zwei Tage zuvor von seinem chinesischen Lieferanten zum Essen eingeladen wurde: "Wir sitzen im Kreis, und 15 verschiedene Speisen werden serviert. Niemand in der Tischrunde würde es wagen, auch nur einen Bissen von einem Gericht zu nehmen, bevor ich es nicht probiert habe. Es werden dann z.B. marinierte Quallen und Fledermausbabys aufgetischt. Wenn ich nicht davon essen würde, wäre dies für den Gastgeber in höchstem Maße beleidigend. Man muß dann unter der zuvorigen Einnahme von viel Immodium und dem Wissen, daß man ja noch eine Flasche Whisky im Hotelzimmer hat, mit welcher man später alles im Magen töten kann, mutig zugreifen."
Dieses Beispiel spiegelt einen kleinen Ausschnitt der kulturellen Besonderheiten der Beschaffung in der Volksrepublik China wider. Diese Arbeit soll den deutschen Beschaffer nicht im Sinne eines "Beschaffungs-Knigge Fernost" auf "richtige" oder "falsche" Verhaltensweisen für spezifische Situationen in China vorbereiten. Ziel dieser Arbeit ist es vielmehr, deutsche Beschaffer für die Landeskultur der chinesischen Lieferanten zu sensibilisieren. Besonders hervorgehoben werden nicht bestehende beschaffungsrelevante Gemeinsamkeiten, sondern in der jeweiligen Kultur begründete Unterschiede, um das in der interkulturellen Begegnung liegende Spannungs- und Konfliktpotential aufzuzeigen. Die gegebenen Handlungsempfehlungen sollten nur als grobe Richtlinie verstanden werden, denn angemessenes Verhalten ist in interkulturellen Begegnungen immer in hohem Maße situations- und personenabhängig. Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, Kultur allgemein bzw. die chinesische oder deutsche Kultur in ihrer komplexen Gesamtheit vollständig darstellen zu können.
Der Fokus ist nicht auf die Deskription von Leistungs-, Kosten- und Risikomerkmalen des chinesischen Beschaffungsmarktes im Vergleich zum deutschen Beschaffungsmarkt gerichtet. Regionale, branchen- und unternehmensspezifische Besonderheiten der Beschaffung in China werden allenfalls peripher berücksichtigt.
Da die Betrachtung des Themenkomplexes aus der Sichtweise eines deutschen Autors erfolgt und die eigene Kultur i.d.R. weniger erklärungsbedürftig erscheint, liegt der Schwerpunkt der Analyse auf der chinesischen Kultur.
Im Ablauf dieser Arbeit folgt einer Auseinandersetzung mit dem Kulturbegriff und mit unterschiedlichen Dimensionen von Landeskulturen eine kurze Einführung in die chinesische Kultur, um […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Hauke Thorun
Kultur als Einflußfaktor auf die deutsch-chinesischen Beschaffer-Lieferanten-
Beziehungen
ISBN: 978-3-8366-2685-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität zu Köln, Köln, Deutschland, Diplomarbeit, 1998
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Gewidmet den Waisenkindern Chinas

- III -
Danksagung
Die vorliegende Arbeit wäre in dieser Form nicht ohne freundliche
Mithilfe zustande gekommen. Mein Dank gilt folgenden Personen
und Institutionen:
·
Meinen Interviewpartnern:
A.M. Abrahams, H. Angermann, G.J.R. Ankone, Ms. Anni, U.
Arnold, M. Bäuerle, M.O. Beutler, A. Bingemann, H.H. Braun,
C. Bregovac, R. Carl, P.K. Chau, X. Chen, M.H. Clement, J.
Connolly, W.A.T. Crawley, H. Davies, G. Dumke, L. Franz, D.
Fung, W. Gattinger, G. Graeber, J. Guérin, H. Hammer, T.
Haywood, G. Hecker, V. Hoene, U. Hoernke, J. Hollows, P.W.
Hurst, R.A. Juenger, R. Kalbrener, S. Knight, B. Lechner, D.Y.
Lee, H. Lührs, D.H. Moorhead, Müller, D. Paschen, R.
Patzschke, K. Pietrusky, D.A. Ritchie, S.D.G. Robinson, S.
Roll, A. Ross, J. Schäfer, B.J. Schoefer, Z. Tang, N. Thomas,
F. Trompenaars, A.W.K. Tsang, K. Tsang, M.L. Tsang, P.
Walder, P. Wey, J. Wolter, S. Wong, L. Ye, L.S.C. Yip, J.
Zöchling
·
Für das Korrekturlesen:
F. Andree, N. Bittscheidt, B. Haumann, H. Herberth, S. Kir-
wald, R. Lauer, T. Miarka, U. Münch, K. Thorun, M. Thorun,
R. Thorun, B. Zeller
·
Für die Organisation, Durchführung und Kostenübernahme des
Seminars 'Interkulturelle Zusammenarbeit', welches meinen
persönlichen Horizont erweiterte und Ideengeber für dieses Di-
plomarbeitsthema gewesen ist:
A. Eckl, A. de Jesus, S.D.G. Robinson und die Daimler-Benz
AG
·
Für die vielfältige Unterstützung in den letzten Jahren:
Meinen Eltern R. & K. Thorun

- IV -
·
Für die Bereitstellung von Literatur:
M. Brenneiser, H. Davies, J. Hollows, B. Zeller
·
Für die aktive Begleitung der Arbeit durch den Lehrstuhl von
Professor Koppelmann:
K. Brodersen, D. Liebing
·
Für das Aufschreiben von Interviewaufnahmen:
K. Thorun
·
Für die Behebung von Softwareproblemen:
Den Mitarbeitern von Cellectronics International, R. Robaldo,
R. Thorun
·
Für Übersetzungen:
M. Boy, K. Korn-Riedlinger, B. Niedecken, M. Thorun
·
Für die Gastfreundschaft im Ascension House während meines
letzten Aufenthalts in Hongkong 1997:
Brigitte, Christina, Ingeborg, Margrete und den Mitarbeitern
des Tao Fung Shan Christian Centre/Sha Tin
·
Für inneren Frieden:
Jesus Christus

- V -
Abkürzungsverzeichnis
AW
Absatzwirtschaft
BA
Beschaffung Aktuell
BAR
Barometer
BH
Business Horizons
CLP
China Law & Practice
DWW
Die Weltwirtschaft
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
GM
Gablers Magazin
HB
Handelsblatt
HBM
Harvard Business Manager
HBR
Harvard Business Review
HKLJ
Hong Kong Law Journal
IJP
International Journal of Psychology
IMM
Industrial Marketing Management
ioMZ
io Management Zeitschrift
JABS
The Journal of Applied Behavioral Science
JAP
Journal of Applied Psychology
JAS
The Journal of Asian Studies
JIBS
Journal of International Business Studies
JOM
Journal of Marketing
MaMa
Marketing Management
McK
The McKinsey Quarterly
MD
Management Decision
MIRManagement International Review
MM
Marktforschung & Management
MT
Management Today
SMR
Sloan Management Review
WSJE
The Wall Street Journal Europe
WW
WirtschaftsWoche
ZFBF
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche For-
schung
ZfP
Zeitschrift für Politik

- VI -
Gliederung
Widmung...II
Danksagung... III
Abkürzungsverzeichnis ... V
Gliederung... VI
1
Einleitung... 1
2
Kultur ... 3
2.1
Begriffsklärung... 3
2.2
Deep-Culture versus Surface-Culture... 4
2.2.1 Deep-Culture-Dimensionen ... 5
2.2.1.1
Deep-Culture-Dimensionen nach Hofstede... 7
2.2.1.2
Deep-Culture-Dimensionen nach
Trompenaars und Hampden-Turner ... 9
3
Einführung in die chinesische Kultur ... 12
3.1
Kognition ... 12
3.2
Glaubens- und Wertgrundsätze ... 12
3.3
Beziehungsstruktur ... 13
3.4
Arbeitsmotivation... 17
4
Deutsch-chinesischer Vergleich ausgewählter
Deep-Culture-Dimensionen ... 17
5
Kultur als Einflußfaktor auf den Beschaffungsprozeß
in China... 19
5.1
Dem interkulturellen Lieferantenkontakt vorgelagerte
Beschaffungsphasen ... 19
5.2
Charakteristik chinesischer Geschäftsbeziehungen... 21
5.3
Lieferantenanalyse und -auswahl... 25
5.3.1 Lieferantenidentifikation und -eingrenzung... 25
5.3.2 Kennenlernphase ... 27
5.4
Lieferantenverhandlung... 30
5.4.1 Grundlegendes Verhandlungsverständnis ... 30

- VII -
5.4.2 Kommunikation... 31
5.4.2.1
Zwischenmenschlicher Umgang ... 32
5.4.2.2
Informationsstrukturierung... 32
5.4.2.3
Explizite versus implizite
Informationsvermittlung... 35
5.4.2.4
Ablehnung eines Anliegens... 36
5.4.2.5
Konflikt ... 38
5.4.2.6
Sprachverständigung ... 40
5.4.3 Zusammensetzung der Verhandlungsdelegationen ... 41
5.4.4 Einsatz des beschaffungspolitischen
Instrumentariums... 42
5.4.5 Entscheidungsfindung ... 46
5.5
Beschaffungsabwicklung... 49
5.5.1 Vertragsabschluß... 49
5.5.2 Konfliktregelung ... 53
5.5.3 Beziehungspflege ... 56
6 Ausblick und Implikationen für die interkulturelle
Tätigkeit im Beschaffungsmarkt China ... 57
Dimensionsausprägungen für Deutschland und China
nach Hofstede und Trompenaars/Hampden-Turner ...VIII
Erhebungsverfahren... XI
Literaturverzeichnis...XIII
Lebenslauf des Verfassers ...XXXVIII

- 1 -
1
Einleitung
Ein deutscher Beschaffer erzählt, wie er zwei Tage zuvor von sei-
nem chinesischen Lieferanten zum Essen eingeladen wurde: ,,Wir
sitzen im Kreis, und 15 verschiedene Speisen werden serviert.
Niemand in der Tischrunde würde es wagen, auch nur einen Bissen
von einem Gericht zu nehmen, bevor ich es nicht probiert habe. Es
werden dann z.B. marinierte Quallen und Fledermausbabys aufge-
tischt. Wenn ich nicht davon essen würde, wäre dies für den Gast-
geber in höchstem Maße beleidigend. Man muß dann unter der zu-
vorigen Einnahme von viel Immodium und dem Wissen, daß man
ja noch eine Flasche Whisky im Hotelzimmer hat, mit welcher man
später alles im Magen töten kann, mutig zugreifen."
1
Dieses Beispiel spiegelt einen kleinen Ausschnitt der kulturel-
len Besonderheiten der Beschaffung in der Volksrepublik China
2
wider. Diese Arbeit soll den deutschen Beschaffer nicht im Sinne
eines 'Beschaffungs-Knigge Fernost' auf 'richtige' oder 'falsche'
Verhaltensweisen für spezifische Situationen in China vorbereiten.
3
Ziel dieser Arbeit ist es vielmehr, deutsche Beschaffer für die Lan-
deskultur
4
der chinesischen Lieferanten zu sensibilisieren.
5
Beson-
1
Nacherzählung basierend auf den Angaben von Beutler (Interview Beutler,
M.O. (27.9.1997)).
2
Im weiteren Verlauf wird für die Volksrepublik China die Bezeichnung 'Chi-
na' und für die Bundesrepublik Deutschland der Begriff 'Deutschland' ver-
wendet.
3
Das Wissen um spezifische Verhaltensregeln und deren Adaption wird dem
interkulturell agierenden Beschaffer nur bedingt weiterhelfen, weil das glei-
che Verhalten in unterschiedlichen Situationen eine unterschiedliche Bedeu-
tung haben kann. Somit kann effektives interkulturelles Verhalten nur auf der
Basis eines tiefergreifenden Verstehen-Lernens des anderen Wahrnehmungs-
und Wertesystems erfolgen (vgl. Storti, C.: The art of crossing cultures, Yar-
mouth (1990) S. 71; Seminar Robinson, S.D.G. (11.11.1997); Bittner,
A./Reisch, B.: Interkulturelles Personalmanagement, Wiesbaden (1994) S.
104 ff.). Ein Erlernen von landesspezifischen Umgangsformen (z.B. durch
das Lesen einschlägiger Literatur oder adaptives Erlernen in der interkultu-
rellen Begegnung) kann bzw. sollte in diesem Prozeß eine unterstützende
Funktion einnehmen (vgl. Robinson, S.D.G.: Interkulturelles Management, in:
BAR, Nr. 1 (1995) S. 20; Bittner, A./Reisch, B. (1994) a.a.O., S. 207; Inter-
view Tang, Z. (17.3.1998)).
Es gilt des weiteren (auch beim Lesen dieser Arbeit) zu beachten, daß nicht
nur die Unwissenheit, sondern auch angeeignetes Wissen über eine andere
Kultur die Gefahr in sich birgt, Stereotype aufzubauen (vgl. Peill-Schoeller,
P.: Interkulturelles Management, Berlin/Heidelberg (1994) S. 104 ff.; Inter-
view Robinson, S.D.G. (14.9.1998); Trompenaars, F.: Handbuch globales
managen, Düsseldorf u.a. (1993a) S. 200; Chu, C.: China-Knigge für Mana-
ger, Frankfurt a.M./New York (1993) S. 13 f.; Daniels, J.D./Radebaugh, L.H.:
International business: environments and operations, 7. Aufl., o.O. (1995) S.
67).
4
Die komparative Landeskulturforschung ,,versucht, Unterschiede und Ge-
meinsamkeiten in Grundannahmen, Werten, Normen und Verhaltensweisen
zwischen zwei oder mehr Ländern zu identifizieren, zu verstehen, zu be-
schreiben, zu erklären und unter Umständen auch zu werten" (Schmid, S.:
Multikulturalität in der internationalen Unternehmung, Wiesbaden (1996) S.

- 2 -
ders hervorgehoben werden nicht bestehende beschaffungsrelevante
Gemeinsamkeiten, sondern in der jeweiligen Kultur begründete
Unterschiede, um das in der interkulturellen Begegnung liegende
Spannungs- und Konfliktpotential aufzuzeigen.
6
Die gegebenen
Handlungsempfehlungen sollten nur als grobe Richtlinie verstanden
werden, denn angemessenes Verhalten ist in interkulturellen Be-
gegnungen immer in hohem Maße situations- und personenabhän-
gig.
7
Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, Kultur allgemein
bzw. die chinesische oder deutsche Kultur in ihrer komplexen Ge-
samtheit vollständig darstellen zu können.
8
Der Fokus ist nicht auf die Deskription von Leistungs-, Ko-
sten- und Risikomerkmalen
9
des chinesischen Beschaffungsmarktes
im Vergleich zum deutschen Beschaffungsmarkt gerichtet. Regio-
nale, branchen- und unternehmensspezifische Besonderheiten der
Beschaffung in China
10
werden allenfalls peripher berücksichtigt.
11
Da die Betrachtung des Themenkomplexes aus der Sichtweise
238). Im weiteren Verlauf der Arbeit bezieht sich der Begriff 'Kultur' immer
auf Landeskultur, nicht beispielsweise auf die Unternehmens- oder Organisa-
tionskultur (siehe hierzu Hofstede, G.: Interkulturelle Zusammenarbeit, Wies-
baden (1993) S. 204 ff; Peill-Schoeller, P. (1994) a.a.O., S. 6; Ingelfinger, T.:
Interkulturelle Kompetenz als Notwendigkeit der Internationalisierung, in:
MM, 3. Quartal (1995) S. 103; Stüdlein, Y.: Kulturelle Perspektive interna-
tionaler strategischer Allianzen, Diss., Universität St. Gallen (1997) S. 35 ff.).
5
Diese Arbeit bezieht sich auf den Beschaffungsprozeß zwischen deutschen
Beschaffern und chinesischen Lieferanten innerhalb Chinas. Ausgewanderte
Chinesen weisen auch generationenübergreifend zumeist eine hohe Konstanz
in ihrem Wertesystem auf (vgl. Redding, S.G.: The Spirit of Chinese Capita-
lism, Berlin/New York (1990) S. 2 u. 57; Fukuyama, F.: Konfuzius und
Marktwirtschaft, München (1995) S. 93 f.; Lockett, M.: Culture and the Pro-
blems of Chinese Management, in: Societal culture and management, Hrsg.:
Weinshall, T.D., Berlin/New York (1993) S. 289; Interview Paschen, D.
(29.9.1997)). Für deutsche Beschaffer können die Ergebnisse dieser Arbeit
deswegen auch als Anhaltspunkt für den Beschaffungsprozeß mit ethnischen
Chinesen außerhalb der Volksrepublik dienen.
6
Vgl. Seelye, N.H./Seelye-James, A.: Culture clash, Lincolnwood (1995) S. 3
ff.; Bolten, J.: Grenzen der Internationalisierungsfähigkeit, in: Cross Culture,
Hrsg.: Bolten, J., Schriftenreihe Interkulturelle Wirtschaftskommunikation,
Bd. 1, Berlin (1995) S. 30
7
Vgl. Bolten, J. (1995) a.a.O., S. 32 f. u. 36; Kale, S.H./Barnes, J.W.: Under-
standing the domain of cross-national buyer-seller interactions, in: Cross-
cultural Management, Hrsg.: Jackson, T., Oxford (1995) S. 265 ff.; Interview
Tang, Z. (17.3.1998)
8
Vgl. Woolliams, P./Trompenaars, F.: The Measurement of Meaning, Brent-
wood (1998) S. 37 f.
9
Vgl. Koppelmann, U.: Beschaffungsmarketing, 2. Aufl., Berlin u.a. (1995) S.
202 ff.
10
Interviews Juenger, R.A. (26.9.1997), Tang, Z. (17.3.1998), Yip, L.S.C.
(3.10.1997)
11
Für eine umfangreiche Analyse über die Struktur der chinesischen
Exportindustrie und (in geringerem Umfang) der Leistungs-, Kosten- und
Risikomerkmale des Beschaffungsmarktes China sei auf die Arbeit von Li
(vgl. Li, J.: Die Rolle der VR China im Rahmen des Global Sourcing
deutscher Industrie- und Handelsunternehmen, Hamburg (1998) S. 62 ff.)
verwiesen.

- 3 -
eines deutschen Autors erfolgt
12
und die eigene Kultur i.d.R. weni-
ger erklärungsbedürftig erscheint,
13
liegt der Schwerpunkt der
Analyse auf der chinesischen Kultur.
Im Ablauf dieser Arbeit folgt einer Auseinandersetzung mit
dem Kulturbegriff und mit unterschiedlichen Dimensionen von
Landeskulturen eine kurze Einführung in die chinesische Kultur,
um anschließend Kulturdimensionsausprägungen in Deutschland
und China gegenüberstellen zu können. Im Hauptteil werden die
Implikationen dieser theoretischen Überlegungen für den Beschaf-
fungsprozeß in China analysiert. Abschließend wird ein Fazit gezo-
gen.
2
Kultur
2.1 Begriffsklärung
Der Begriff 'Kultur' wird in der Literatur nicht einheitlich defi-
niert.
14
Hofstede versteht unter Kultur ,,mentale Programme", d.h.
im Leben erlernte
15
innere Muster des Denkens, Fühlens und po-
12
Die Objektivität der Analyse wird nicht zuletzt auch durch die kulturell beein-
flußte Wahrnehmung des (deutschen) Autors eingeschränkt (vgl. Peill-
Schoeller, P. (1994) a.a.O., S. 103; Interview Robinson, S.D.G. (14.9.1998);
Hofstede, G.: Culture`s consequences, gekürzte Fassung, Newbury Park u.a.
(1984) S. 23 ff.).
13
Vgl. Bittner, A./Reisch, B. (1994) a.a.O., S. 109
14
Vgl. Adler, N.J.: Do Cultures Vary?, in: Societal culture and management,
Hrsg.: Weinshall, T.D., Berlin/New York (1993a) S. 29; Seminar Robinson,
S.D.G. (11.11.1997); Bolten, J. (1995) a.a.O., S. 28; Oerter, R.: Kultur,
Ökologie und Entwicklung, in: Entwicklungspsychologie, Hrsg.: Oerter,
R./Montada, L., 3. Aufl., Weinheim (1995) S. 89; Stüdlein, Y. (1997) a.a.O.,
S. 21 f.; Lichtenberger, B.: Interkulturelle Mitarbeiterführung, Stuttgart
(1992) S. 14
Weitere Definitionen des Begriffes 'Kultur' finden sich, neben den beiden
von Hofstede und Trompenaars angegebenen, u.a. bei Robinson, S.D.G.
(1995) a.a.O., S. 13; Storti, C. (1990) a.a.O., S. 14; Adler, N.J. (1993a)
a.a.O., S. 29; Lichtenberger, B. (1992) a.a.O., S. 14 f.; Liaw, J.: Persönlich-
keitserziehung im Konfuzianismus im Vergleich mit der christlichen Kultur,
Diss., Universität zu Köln (1992) S. 15 f.; Harbig, A.J.: Handlungsbedarf im
globalen Bazar, in: Interkulturelles Management, Hrsg.: Schuppert,
D./Papmehl, A./Walsh, I., Wiesbaden (1994) S. 86; Yü, X.: Tradition und
Modernisierung, Diss., Universität-Gesamthochschule-Paderborn (1992) S.
10 f.; Hofstede, G. (1984) a.a.O., S. 21; Stüdlein, Y. (1997) a.a.O., S. 22 ff. u.
34
15
Hofstede behauptet, daß Kultur erlernt und nicht genetisch vererbt sei. Ein-
schränkend fügt er hinzu, daß die Persönlichkeit eines Individuums sich auf
Charakterzüge gründet, welche ererbt und teilweise erlernt sind. Die ,,Gren-
zen zwischen [der menschlichen] Natur und Kultur bzw. zwischen Kultur und
Persönlichkeit" seien umstritten (vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 20; siehe
hierzu auch Ingelfinger, T. (1995) a.a.O., S. 104; Stüdlein, Y. (1997) a.a.O.,
S. 28). H.J. und M.W. Eysenck vertreten die Meinung, daß Kultur erstens auf
Umwelteinflüsse und zweitens auf zufällige historische Ereignisse zurückzu-
führen sei. Sie stellen drittens die Hypothese auf, daß ,,unterschiedliche Per-
sönlichkeitsstrukturen in den einzelnen Ländern bzw. Kulturen zu einem ge-
wissen Teil genetisch determiniert" seien (vgl. Eysenck, H.J./Eysenck, M.W.:
Persönlichkeit und Individualität, München/Weinheim (1987) S. 111 ff.; sie-
he hierzu auch Fisseni, H.: Persönlichkeitspsychologie, 4. Aufl., Göttingen

- 4 -
tentiellen Handels. Er beschreibt somit Kultur als ,,kollektive Pro-
grammierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder
Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet".
16
Trompenaars beschreibt Kultur als ,,gemeinsames System von
Sinngebungen".
17
Kulturelle Unterschiede sieht er als spezifische
Problemlösungsstrategien in Bezug auf drei universelle Fragestel-
lungen: (1) 'Wie werden Beziehungen zu anderen Menschen ge-
lebt?', (2) 'Wie ist der Verlauf der Zeit einzuordnen?' und (3) 'Wel-
che Einstellung besteht zur Umwelt?'.
18
Die Antworten hierauf sind
nach Trompenaars abhängig von den gegebenen Umweltbedingun-
gen.
19
2.2 Deep-Culture versus Surface-Culture
Entscheidend für den erfolgreichen Aufbau interkultureller Bezie-
hungen sind vor allem die kulturellen Aspekte, welche nicht auf
den ersten Blick erkennbar sind.
20
Diese sog. ,,Deep-Culture" ist im
Gegensatz zur sog. ,,Surface-Culture" nur schwer mit der Sinnes-
wahrnehmung zu erfassen.
21
Trompenaars vergleicht in diesem Zu-
sammenhang Kultur mit einer Zwiebel: Um eine fremde Kultur
verstehen zu können, muß Schicht um Schicht freigelegt werden.
22
An der Außenschicht, dem Surface-Culture-Bereich, sind lediglich
Symbole einer Kultur sichtbar, wie beispielsweise Sprache, Mode
oder Architektur.
23
Diese sind Ausdruck tieferliegender kultureller
Schichten.
24
Robinson stellt fest, daß die ,,Deep-Culture zu einer
Verzerrung der wahrgenommenen Realität führt".
25
Ähnlich äußern
sich Faure und Rubin: ,,Culture ... is a highly reflexive phenomenon
... where one stands and who one is - one`s context, identity, cul-
u.a. (1998) S. 502), und belegen dies mit empirischen Untersuchungen (vgl.
Eysenck, H.J./Eysenck, M.W. (1987) a.a.O., S. 114 f.). Oerter berichtet von
einer Studie, bei der Säuglinge von europäisch-stämmigen Amerikanern im
Vergleich zu Säuglingen von chinesisch-stämmigen Amerikanern bereits im
Alter von zwei bis drei Tagen signifikante Unterschiede aufwiesen bei Items,
welche die Erregbarkeit erfaßten. Die chinesisch-amerikanischen Säuglinge
bauten einen vegetativen Erregungszustand langsamer auf, wechselten ihn
seltener und waren motorisch inaktiver (vgl. Oerter, R. (1995) a.a.O., S. 103).
16
Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 18 f.
17
Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 27
18
Vgl. ebenda, S. 18 ff.
19
Vgl. ebenda, S. 41 f.
20
Vgl. ebenda, S. 39
21
Vgl. Robinson, S.D.G. (1995) a.a.O., S. 14; Odenwald, S.B.: Global Trai-
ning, Homewood/Alexandria (1993) S. 47
22
Vgl. Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 19
23
Vgl. ebenda, S. 39; Stüdlein, Y. (1997) a.a.O., S. 31 f.
24
Vgl. Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 39

- 5 -
tural norms, values, priorities - influences what one sees, how one
perceives and interpretes events and invests them with meaning."
26
Jede Meinung über eine andere Kultur, die ein Mensch aufgrund
subjektiv wahrgenommener Surface-Culture-Unterschiede äußert,
sagt deswegen mehr über dessen eigene Kultur aus als über diejeni-
ge, welche er beurteilt.
27
2.2.1 Deep-Culture-Dimensionen
Kulturdimensionen dienen als Konstrukte der Veranschaulichung
unterschiedlicher Facetten von Deep-Culture.
28
Nach Hofstede ist
eine Kulturdimension ,,ein Aspekt einer Kultur, der sich im Ver-
hältnis zu anderen Kulturen messen läßt".
29
Sie ,,vereinigt eine
Reihe von Phänomenen in einer Gesellschaft,
30
die empirischen
Untersuchungen zufolge in Kombination auftreten".
31
Wenn anhand einer Kulturdimension für eine nationale Kultur
Vergleiche zu anderen Landeskulturen gezogen werden, wie in
diesem Fall zwischen der deutschen und der chinesischen, handelt
es sich hierbei lediglich um einen statistischen Vergleich
bestimmter kultureller Ausprägungen. Die Bevölkerung eines
spezifischen Landes verteilt sich auf einer spezifischen Dimension
annähernd normal um ihren jeweiligen Erwartungswert.
32
Dies
impliziert, daß einzelne Individuen in ihrer persönlichen
Ausprägung einer Dimension vom nationalen Durchschnitt zumeist
mehr oder weniger stark abweichen werden.
33
,,Cultural descrip-
25
Robinson, S.D.G. (1995) a.a.O., S. 14
26
Faure, G.O./Rubin, J.: Culture and Negotiation, London (1993) S. 230; siehe
hierzu auch Stüdlein, Y. (1997) a.a.O., S. 32
27
Vgl. Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 38 f.; Interview Hecker, G.
(29.9.1997); Peill-Schoeller, P. (1994) a.a.O., S. 103 u. 106 ff.; Seelye,
N.H./Seelye-James, A. (1995) a.a.O., S. 6 u. 181; Bittner, A./Reisch, B.
(1994) a.a.O., S. 109
28
Vgl. Hofstede, G. (1984) a.a.O., S. 14; Interviews Robinson, S.D.G.
(20.4.1998), Robinson, S.D.G. (14.9.1998)
29
Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 29
30
Hofstede sieht in Gesellschaften ,,historische und organische Formen einer
sozialen Organisation". Er weist darauf hin, daß das Konzept einer gemein-
samen Kultur eher auf Gesellschaften als auf Nationalstaaten zutrifft; bei der
Untersuchung kultureller Unterschiede sei es aber einfacher und somit
zweckmäßiger, Daten für Nationalstaaten anstelle von Gesellschaften zu er-
heben (vgl. ebenda, S. 26 f.). In dieser Arbeit werden die Begriffe 'Gesell-
schaft' und 'Nationalstaat' (und z.T. 'Kultur' im Sinne von 'Kulturkreis') syn-
onym verwendet.
31
Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 29; siehe hierzu auch Eysenck, H.J./Eysenck,
M.W. (1987) a.a.O., S. 6 ff.
32
Vgl. Odenwald, S.B. (1993) a.a.O., S. 53; Interview Tang, Z. (17.3.1998)
33
Vgl. Chu, C. (1993) a.a.O., S. 13 f.; Pugh, D.S./The Open University Course
Team: Cultural Differences in Attitudes and Values, in: Societal culture and
management, Hrsg.: Weinshall, T.D., Berlin/New York (1993) S. 90

- 6 -
tions always refer to the norm or stereotype; they never refer to the
behaviour of all people in the culture, nor do they predict the be-
haviour of any particular person."
34
Robinson stellt fest, daß ,,eine
Kultur aus Menschen besteht, die einige Werte gemeinsam haben
und andere nicht. Diese Menschen bilden eine Kultur lediglich
dadurch, daß sie über ein gemeinsames System von Werten
verfügen".
35
Somit wird deutlich, daß kulturelle Divergenzen nicht
nur zwischen Ländern, sondern auch innerhalb einer Gesellschaft
bestehen.
36
Im Falle eines nationalen Kulturvergleichs muß bedacht
werden, daß eine kulturelle Heterogenität der Bevölkerung z.B.
aufgrund regionaler, religiöser und ethnischer Disparitäten
hervorgerufen werden kann.
37
Die chinesische Bevölkerung setzt
sich aus über 50 verschiedenen ethnischen Gruppierungen
zusammen, welche unterschiedliche Traditionen und Bräuche
pflegen, unterschiedliche Sprachen bzw. Dialekte sprechen und
sich unterschiedlichen Religionen zugehörig fühlen.
38
Nicht jedes kulturelle Verhalten im Beschaffungsprozeß läßt
sich eindeutig auf eine oder mehrere Kulturdimensionen zurückfüh-
ren.
39
Außerdem können mehrere Dimensionen in Teilbereichen
Überschneidungen aufweisen.
40
Trotz dieser Einschränkungen
34
Adler, N.J. (1993a) a.a.O., S. 32; vgl. hierzu Hofstede, G. (1993) a.a.O., S.
132
Es muß davor gewarnt werden, ,,die Länderpunktwerte [einer Dimension]
... zur Bildung von Stereotypen heranzuziehen. Stereotypen entstehen, wenn
Annahmen über kollektive Eigenschaften einer Gruppe auf ein bestimmtes
Individuum aus dieser Gruppe angewandt werden" (Hofstede, G. (1993)
a.a.O., S. 297).
35
Robinson, S.D.G. (1995) a.a.O., S. 12
Werte bilden nach Hofstede den ,,Kern der Kultur" (Hofstede, G. (1993)
a.a.O., S. 23). Die Normen einer Gesellschaft spiegeln sich in den am weite-
sten verbreiteten und am stärksten akzeptierten Werten, Einstellungen und
Verhaltensweisen ihrer Mitglieder wider
(v
gl. Adler, N.J. (1993a) a.a.O., S.
31; Hofstede, G. (1984) a.a.O., S. 19). Hierbei ist zwischen zwei Fällen zu
unterscheiden: Die ,,wünschenswerten Normen" eines Landes betreffen das,
was nach dem gegebenen Wertesystem als ethisch richtig erscheint. ,,Er-
wünschte Normen" geben die mehrheitlich tatsächlich getroffenen Entschei-
dungen einer Gesellschaft an (vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 24; derselbe
(1984) a.a.O., S. 19 f.).
36
Vgl. Adler, N.J. (1993a) a.a.O., S. 31; Stüdlein, Y. (1997) a.a.O., S. 35 ff.
37
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 30 f.; Stüdlein, Y. (1997) a.a.O., S. 36
38
Vgl. Engholm, C.: Doing business in Asia`s booming 'China triangle', Engle-
wood Cliffs (1994) S. 15 f.; Sieren, F.: Zwischen Aufschwung und Unruhe,
in: WW, Nr. 33 (1998b) S. 38 ff.; Chu, C. (1993) a.a.O., S. 54 f.; Morrison,
T./Conaway, W.A./Borden, G.A.: Kiss, Bow, or Shake Hands, Holbrook
(1994) S. 56; Proseminar Korn-Riedlinger, K. (19.10.1998); Interviews
Beutler, M.O. (27.9.1997), Tang, Z. (17.3.1998), Bregovac, C. (25.9.1997),
Bäuerle, M. (26.9.1997); Gladney, D.C.: Representing Nationality in China,
in: JAS, No. 1, February (1994) S. 98
39
Vgl. Tinsley, C.: Models of Conflict Resolution in Japanese, German, and
American Cultures, in: JAP, Vol. 83, No. 2 (1998) S. 322
40
Interview Robinson, S.D.G. (20.4.1998)

- 7 -
empfiehlt sich das Operieren mit Kulturdimensionen, um die viel-
schichtigen Zusammenhänge transparenter darstellen zu können.
41
Aus der Vielzahl der in der Literatur dargelegten Kulturdimen-
sionen
42
wurden für die weitere Analyse die Studien von Hofstede
und Trompenaars/Hampden-Turner ausgewählt.
2.2.1.1 Deep-Culture-Dimensionen nach Hofstede
Hofstede unterscheidet in seinen Studien vier Dimensionen:
43
(1)
,,niedrige" vs. ,,hohe Machtdistanz", (2) ,,Individualismus" vs.
,,Kollektivismus", (3) ,,Maskulinität" vs. ,,Feminität" und (4) ,,nied-
rige" vs. ,,hohe Unsicherheitsvermeidung".
44
Diese vier Kulturdi-
mensionen erweiterte Hofstede später um die Dimension (5) ,,lang-
fristige" vs. ,,kurzfristige Zeitorientierung".
45
Unter Machtdistanz versteht Hofstede ,,das Ausmaß, bis zu
welchem die weniger mächtigen Mitglieder ... eines Landes erwar-
ten und akzeptieren, daß Macht ungleich verteilt ist".
46
Hohe
Machtdistanz reflektiert Zustimmung zu einer starken Machtkon-
zentration - sowohl von seiten der Mächtigen als auch von seiten
der mit wenig Macht ausgestatteten Mitglieder einer Gesellschaft.
47
Individualismus bzw. Kollektivismus definiert sich über das
41
Vgl. Stüdlein, Y. (1997) a.a.O., S. 195 f.
42
Vgl. Hofstede, G. (1984) a.a.O., S. 36 f.; derselbe (1993) a.a.O., S. 28 u. 77;
Hall, E.T./Hall, M.R.: Understanding cultural differences, Yarmouth (1990)
S. 4 ff.; Hall, E.T.: Time is the Essence, in: Societal culture and management,
Hrsg.: Weinshall, T.D., Berlin/New York (1993) S. 47 ff.; Adler, N.J.
(1993a) a.a.O., S. 32 ff.; Hampden-Turner, C./Trompenaars, F.: The Seven
Cultures of Capitalism, New York u.a. (1993) S. 10 f.
43
Hofstede entwickelte seine vier Dimensionen auf Basis von Korrelations- und
Faktoranalysen. Als Datenmaterial dienten ihm die schriftlichen Befragungen
von 117.000 IBM-Mitarbeitern (vgl. Hofstede, G. (1984) a.a.O., S. 39 ff.;
Schmid, S. (1996) a.a.O., S. 256 f.).
Die Studien Hofstedes sind nicht die ersten innerhalb der vergleichenden
Landeskulturforschung (vgl. Jackson, T.: Methodology, in: Cross-cultural
Management, Hrsg.: Jackson, T., Oxford (1995) S. 1 ff.; Schmid, S. (1996)
a.a.O., S. 244 ff.; Hofstede, G. (1984) a.a.O., S. 36 f.). Sie erhalten aber vor
allem durch die hohe Zahl an Erhebungseinheiten und durch die Berücksich-
tigung einer hohen Länderanzahl besonderes Gewicht in der wissenschaftli-
chen Diskussion (vgl. Schmid, S. (1996) a.a.O., S. 263).
44
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 37 ff.; derselbe (1984) a.a.O., S. 65 ff.
45
Vgl. derselbe (1993) a.a.O., S. 183 ff.; Hofstede, G.: The business of interna-
tional business is culture, in: Cross-cultural Management, Hrsg.: Jackson, T.,
Oxford (1995) S. 155 ff.
46
Derselbe (1993) a.a.O., S. 42
47
In Gesellschaften mit geringer Machtdistanz besteht beispielsweise die Ten-
denz zur Dezentralisation, alle Menschen haben die gleichen Rechte, und der
Einsatz von Macht muß legitimiert sein. Demgegenüber zeigt sich bei großer
Machtdistanz die Tendenz zur Zentralisation, die Mächtigen genießen Privi-
legien, und wer Macht besitzt, ist legitimiert, diese einzusetzen (vgl. ebenda,
S. 52 u. 57).
Schmid bezeichnet Hofstedes Dimension der Machtdistanz als ,,Machtun-
terschiedstoleranz", was die Bedeutung dieser Dimension verständlicher

- 8 -
Ausmaß, in dem Individuen in Gruppen integriert sind. Individuali-
stische Gesellschaften werden durch relativ lockere Bindungen
zwischen ihren Mitgliedern geprägt. Kollektivistische Gesellschaf-
ten zeichnen sich durch stärker geschlossene Gruppen aus, in wel-
che das Individuum von Geburt an integriert ist.
48
Maskulinität kennzeichnet Gesellschaften, in welchen die Ge-
schlechterrollen stark voneinander abgegrenzt sind. Von Frauen
wird erwartet, daß sie Wert auf Bescheidenheit, Fürsorglichkeit,
Sensibilität und Lebensqualität legen. Männer sollen bestimmt,
wettbewerbs- und leistungsorientiert sein.
49
In femininen Kultur-
kreisen überschneiden sich die Rollen der Geschlechter sehr stark.
Sowohl von den Männern wie auch von den Frauen wird Beschei-
denheit und Feinfühligkeit erwartet.
50
Unsicherheitsvermeidung definiert sich als ,,Grad, in dem Mit-
glieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situa-
tionen bedroht fühlen".
51
Auf der Grundlage einer chinesischen Studie unterscheidet
Hofstede Gesellschaften in einer fünften Dimension nach einer
macht (vgl. Schmid, S. (1996) a.a.O., S. 257).
48
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 67; derselbe (1995) a.a.O., S. 151 f.
Kollektivismus äußert sich z.B. darin, daß Beziehungen Vorrang vor Auf-
gaben haben, persönliche Meinungen von der Gruppe bestimmt werden,
Harmonie und Konsens das höchste Gesellschaftsziel darstellen und die Iden-
tität im eigenen sozialen Netzwerk begründet ist. In einer individualistischen
Kultur hat die Aufgabe Vorrang vor Beziehungen, es wird von einer Person
eine eigene Meinung erwartet, die persönliche Selbstverwirklichung stellt ei-
nes der höchsten Ziele dar, und die Identität ist in der Person selbst begründet
(vgl. derselbe (1993) a.a.O., S. 84 u. 91).
49
Vgl. ebenda, S. 99 ff.; derselbe (1995) a.a.O., S. 152 f.
50
Vgl. derselbe (1993) a.a.O., S. 101
In maskulinen Gesellschaften zählt z.B. materieller Erfolg zu den vorherr-
schenden Werten. Man lebt, um zu arbeiten. Konflikte werden ausgetragen
und in der Politik durch Zeigen der eigenen Stärke oder kriegerische Ausein-
andersetzungen gelöst. In der Schule bestimmt der beste Schüler die Norm, an
der sich andere messen sollten. In femininen Kulturen zählt hingegen das
Sorgen um Mitmenschen und Bewahren der Werte zu den vorherrschenden
Werten. Man arbeitet, um zu leben. Eine Konfliktlösung wird durch Ver-
handlungen und Kompromisse angestrebt. Der durchschnittliche Schüler stellt
die Norm dar (vgl. ebenda, S. 115 u. 123).
51
Ebenda, S. 133
Kulturen mit schwacher Unsicherheitsvermeidung zeigen ein hohes Maß an
Toleranz gegenüber abweichenden und innovativen Gedanken bzw. Verhal-
tensweisen. Unsicherheit wird als eine normale Erscheinung des Lebens be-
trachtet. Es sollen nicht mehr Regeln als unbedingt nötig bestehen. Zeit wird
als Orientierungsrahmen angesehen. Die Wahrheit einer Gruppe darf man an-
deren nicht aufzwingen. Gesellschaften mit starker Unsicherheitsvermeidung
unterdrücken hingegen innovative Gedanken und Verhaltensweisen. Unsi-
cherheit gilt hier als eine Bedrohung, die es zu bekämpfen gilt. Es besteht ein
starkes Bedürfnis nach Regeln, und Pünktlichkeit muß gewahrt werden. Man
ist der Überzeugung, man selbst vertrete die einzig bestehende Wahrheit (vgl.
ebenda, S. 146 u. 156).

- 9 -
kurzfristigen und einer langfristigen Orientierung im Leben.
52
2.2.1.2 Deep-Culture-Dimensionen nach Trompenaars und
Hampden-Turner
53
Trompenaars unterscheidet sieben Kulturdimensionen:
54
(1) ,,Uni-
versalismus" vs. ,,Partikularismus", (2) ,,Individualismus" vs.
,,Kollektivismus", (3) ,,Affektivität" vs. ,,Neutralität", (4) ,,Spezi-
fität" vs. ,,Diffusität", (5) ,,zugeschriebener" vs. ,,errungener Sta-
tus", bzw. ,,Askriptivität" vs. ,,Leistungsorientierung", (6) ,,syn-
chrones" vs. ,,konsekutives Zeitverständnis" und (7) ,,Kontrolle der
Natur" vs. ,,Unterwerfung unter die Natur" bzw. ,,selbstbestimm-
tes" vs. ,,außengeleitetes Handeln".
55
Universalistische Kulturen neigen dazu, Regeln situations-
unabhängig zu definieren und als allgemeingültig anzusehen. Parti-
kularisten betrachten in höherem Maße die situativen Umstände
und setzen hierbei eine stärkere Priorität auf die sich aus bestehen-
den Beziehungen ergebenden Verpflichtungen.
56
52
Vgl. ebenda, S. 189; derselbe (1995) a.a.O., S. 154
Eine langfristige Orientierung zeigt sich u.a. an Werten wie Sparsamkeit,
Schamgefühl und Beharrlichkeit. Eine kurzfristige Zeitorientierung drückt
sich u.a. in Werten wie persönliche Standhaftigkeit und dem Wahren des Ge-
sichtes aus. Bei der Verfolgung von Zielen erwartet man deren schnelle Errei-
chung (vgl. derselbe (1993) a.a.O., S. 190 u. 197; derselbe (1995) a.a.O., S.
154).
Die Dimension der Zeitorientierung, für die Hofstede auch die Bezeichnun-
gen ,,Konfuzianische Dynamik" und ,,Langzeitorientierung" verwendet, ba-
siert auf einer Studie mit 100 Studenten aus 23 Ländern. Der hierzu einge-
setzte Fragebogen wurde aus asiatischer bzw. chinesischer Sichtweise konzi-
piert. Dies erklärt, warum für viele westliche Betrachter einige der Punkte wie
beispielsweise Schamgefühl oder das Wahren des Gesichtes nicht in einen lo-
gischen Zusammenhang mit einer zeitlichen Orientierung gebracht werden
können (vgl. derselbe (1993) a.a.O., S. 29 u. 183 ff.; Schmid, S. (1996)
a.a.O., S. 263; Hofstede, G. (1995) a.a.O., S. 154).
53
Trompenaars und Hampden-Turner stützen ihre Forschungsergebnisse auf
schriftliche Befragungen von 15.000 Managern aus 47 Ländern. Diese Perso-
nen kommen, im Gegensatz zu Hofstedes Studien, aus verschiedenen Unter-
nehmen und wurden bei von Trompenaars geleiteten Managementkursen be-
fragt.
Im Vergleich zu Hofstede sind die Studien von Trompenaars und Hamp-
den-Turner jüngeren Datums. Sie weisen zwar keine wesentlichen neuen
Schlußfolgerungen auf (vgl. Schmid, S. (1996) a.a.O., S. 270), unterstreichen
aber dessen Aussagen und weisen einen stärkeren Bezug zum Bereich des
Managements auf (vgl. ebenda, S. 264 f. u. 270; Interview Robinson, S.D.G.
(20.4.1998)).
54
Vgl. Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 21 ff.
Die Dimensionseinteilung in dieser Arbeit bezieht sich auf Trompenaars`
Buch 'Riding the Waves of Culture' (bzw. die deutsche Ausgabe 'Handbuch
globales managen'). In den Veröffentlichungen 'The Seven Cultures of Capi-
talism' und 'Mastering the Infinite Game' benutzen Trompenaars und Hamp-
den-Turner z.T. andere (englische) Begriffe und andere Dimensionen.
55
Vgl. Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 49 ff.
56
Vgl. ebenda, S. 21 f.
Universalisten glauben, daß es nur eine Wahrheit bzw. Realität gibt. Regeln
sind wichtiger als Beziehungen. Verträge müssen eingehalten werden, und

- 10 -
Vergleichbar mit Hofstedes gleichnamiger Dimension
57
sieht
Trompenaars Individualismus als Betonung des Interesses des ein-
zelnen Individuums und ,,Kollektivismus als Grundorientierung auf
Ziele und Vorgaben der Gemeinschaft".
58
Affektive bzw. emotionale Kulturen zeigen ihre Gefühle stär-
ker als neutrale Kulturen, die ihre Emotionen stärker kontrollieren
und somit weniger deutlich artikulieren.
59
In spezifischen Kulturen sind die einzelnen Lebensbereiche,
wie beispielsweise Beruf, Familie und Hobbys, stark voneinander
getrennt. In diffusen Gesellschaften werden die Lebensbereiche
ganzheitlich als eine Einheit wahrgenommen.
60
Askriptive Kulturen verleihen Personen Status aufgrund von
Merkmalen wie der Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse, zu ei-
nem Geschlecht, zu einem erreichten Alter oder dem Besitz gesell-
schaftlicher Verbindungen.
61
In leistungsorientierten Kulturen wird
Status primär durch errungene Erfolge verliehen.
62
Somit bezieht
vertrauenswürdig ist nur der Geschäftsmann, der sich an vertragliche Abma-
chungen hält. Konfliktlösungen werden oft mit juristischen Mitteln ange-
strebt. Partikularistische Gesellschaften hingegen glauben, daß es verschiede-
ne Sichtweisen der Realität geben kann. Beziehungen sind wichtiger als Re-
geln. Verträge sollten modifizierbar sein, und dementsprechend vertraut man
nur Personen, die bei veränderten Bedingungen entsprechende Anpassungen
akzeptieren (vgl. ebenda, S. 59 u. 71).
57
Vgl. Schmid, S. (1996) a.a.O., S. 266
Zur Vereinfachung der Analyse werden in dieser Arbeit die Dimensionen
'Kollektivismus vs. Individualismus' von Trompenaars/Hampden-Turner und
Hofstede als eine einheitliche Dimension betrachtet. Ein solches Vorgehen
erscheint gerechtfertigt, weil beide Konstrukte in ihrer jeweiligen Beschrei-
bung große Ähnlichkeiten aufweisen.
58
Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 73
In kollektivistischen Kulturen werden beispielsweise in den Verhandlungen
Entscheidungen von den Unternehmensdelegierten erst nach Rücksprache mit
der Gruppe getroffen. Das Ziel einer Geschäftsbeziehung liegt in einer dauer-
haften Beziehung. Im Idealfall arbeiten Personen in Gruppen mit gemeinsam
geteilter Verantwortung. In individualistischen Gesellschaften hingegen ent-
scheiden Verhandlungsdelegierte repräsentativ für das eigene Unternehmen.
Ziel ist es, eine schnelle Einigung zu finden. Im Idealfall ist man für die gelei-
stete Arbeit selbst verantwortlich (vgl. Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S. 93
f.).
59
Vgl. ebenda, S. 95
Neutralität zeigt sich z.B. daran, daß die eigenen Gefühle und Gedanken
nicht offen gezeigt werden. Selbstbeherrschtes Verhalten wird bewundert.
Feststellungen werden meistens in monotonem Tonfall gemacht. In affektiven
Kulturen werden Emotionen offen gezeigt. Temperamentvolles Verhalten
wird bewundert. Körperkontakt, Gestikulieren und starkes Mienenspiel gelten
als regelkonformes Auftreten (vgl. ebenda, S. 106).
60
Vgl. ebenda, S. 109 ff.
In spezifischen Kulturen werden z.B. private und geschäftliche Angelegen-
heiten auseinandergehalten. Kritik an der Sache wird von Kritik an der Person
getrennt. Konferenzen werden mit einer Tagesordnung und Zeitplänen durch-
strukturiert. In diffusen Gesellschaften sind alle Lebensbereiche miteinander
verwoben. Kritik wird persönlich genommen. Besprechungen zeichnen sich
durch Spontaneität und Flexibilität aus (vgl. ebenda, S. 114 u. 132 f.).
61
Vgl. ebenda, S. 135
62
Vgl. ebenda, S. 135

- 11 -
sich ,,errungener Status ... auf das Handeln, zugeschriebener Status
auf das Sein".
63
In Kulturen mit konsekutivem Zeitverständnis wird Zeit ,,als
Folge von vorübergehenden Geschehnissen"
64
betrachtet, während
in synchronen Kulturen Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit als
miteinander verbunden angesehen werden.
65
Im Verhältnis zur Natur gibt es zum einen selbstbestimmte
Kulturen, die Organisationen als eine Art Apparat auffassen, den es
zu bedienen gilt. Im Gegensatz dazu stehen außengeleitete Kultu-
ren, welche ,,Organisation .. als etwas Naturwüchsiges"
66
ansehen,
mit welchem man harmonieren sollte.
67
63
Ebenda, S. 135
In askriptiven Ländern werden Titel extensiv gebraucht, weil diese den per-
sönlichen Status widerspiegeln. Führungskräfte werden oft nach dem Senio-
ritätsprinzip und männlichen Geschlechts ausgewählt. Entscheidungen werden
im Unternehmen nur durch höherrangige Personen in Frage gestellt. In lei-
stungsorientierten Gesellschaften werden Titel nur benutzt, wenn sie Kompe-
tenz für einen bestimmten Aufgabenbereich ausdrücken. Führungsaufgaben
werden unabhängig vom Alter und Geschlecht nach Maßgabe der benötigten
Fähigkeiten übertragen. Entscheidungen dürfen auf der Grundlage von Sach-
kompetenz von jeder Person in Frage gestellt werden (vgl. ebenda, S. 154 f.).
64
Ebenda, S. 157
65
Vgl. ebenda, S. 157
In konsekutiven Gesellschaften wird man z.B. nur eine Sache auf einmal
erledigen. Termine sind pünktlich einzuhalten, denn Beziehungen sind Zeit-
plänen in der Priorität nachgestellt. Im Gegensatz dazu werden in synchronen
Kulturen mehrere Dinge zur gleichen Zeit erledigt. Verabredungstermine sind
nur als grobe Zeitrichtlinien zu verstehen. Zeitpläne sind Beziehungen unter-
worfen (vgl. ebenda, S. 178 f.).
66
Ebenda, S. 182
67
Vgl. ebenda, S. 182
Selbstbestimmtheit zeichnet sich u.a. durch eine Bereitschaft zum Streit,
eine Standhaftigkeit im Verteidigen der eigenen Überzeugungen und das
Streben nach Dominanz aus. Während in selbstbestimmten Gesellschaften
Unzufriedenheit vorherrscht, wenn Situationen nicht kontrollierbar erschei-
nen, werden in außengeleiteten Kulturkreisen Umbrüche und Zyklen als na-
turgegeben erachtet. In diesen Gesellschaften wird großer Wert auf Höflich-
keit, Geduld, Kompromißbereitschaft und Harmonie gelegt (vgl. ebenda, S.
197).
Beginnend mit Kapitel 3 werden die Deep-Culture-Dimensionen von Hof-
stede und Trompenaars/Hampden-Turner kursiv dargestellt.

- 12 -
3
Einführung in die chinesische Kultur
3.1 Kognition
Deutsche Denkstrukturen sind durch (westliche) Logik und Ratio-
nalität geprägt. Die Informationsaufnahme und ihre Verarbeitung
läßt sich als analytisch, methodisch, systematisch, verstandesorien-
tiert und kategorisierend beschreiben.
68
Die chinesische Wahrnehmung tendiert dahin, spezifische Be-
gebenheiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen.
69
Es besteht die Ten-
denz zu einem nicht-abstrakten Denkstil. Universale Konzepte wie
beispielsweise 'Moral' oder 'Produktivität' werden durch konkrete,
anschauliche Beispiele ersetzt.
70
Der partikularistische, diffuse
Chinese wird Angelegenheiten ganzheitlich im speziellen Kontext
betrachten und dabei situativ und nicht nach universal geltenden
Prinzipien vorgehen.
71
Dies führt zu einem Denkstil, welcher stär-
ker durch Intuition als durch rationales Analysieren bestimmt ist.
72
Die Denkweise ist dialektisch und synthetisch geprägt.
73
3.2 Glaubens- und Wertgrundsätze
Im Bereich der Glaubensgrundsätze und der Religion spielen der
Taoismus und der Buddhismus eine wichtige Rolle.
74
Auch die
Kulturrevolution bzw. der Kommunismus haben das Wertesystem -
68
Vgl. Schuchardt, C.A.: Deutsch-chinesische Joint-ventures, München (1994)
S. 68 ff.; Woolliams, P./Trompenaars, F. (1998) a.a.O., S. 37; Vorträge Vogt,
V. (1.9.1998), Chen, X. (1.9.1998); Zinzius, B.: Der Schlüssel zum chinesi-
schen Markt, Wiesbaden (1996) S. 32
69
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 76 f.; Vortrag Chen, X. (1.9.1998);
Schuchardt, C.A. (1994) a.a.O., S. 68 ff.; Interviews Graeber, G. (22.7.1998),
Chen, X. (1.9.1998)
Dieser Denkstil wird oft als 'holistisch' bzw. 'Holismus' bezeichnet (vgl.
Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 76 f.; Seminar Robinson (11.11.1997)).
70
Vgl. Redding, S.G.: Cultural Effects on the Marketing Process in South-east
Asia, in: Societal culture and management, Hrsg.: Weinshall, T.D., Ber-
lin/New York (1993) S. 229
71
Vgl. Redding, S.G. (1993) a.a.O., S. 229; Trompenaars, F. (1993a) a.a.O., S.
52 ff.; Peill-Schoeller, P. (1994) a.a.O., S. 162
72
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 77; Peill-Schoeller, P. (1994) a.a.O., S.
162; Vortrag Chen, X. (1.9.1998)
73
Vgl. Schuchardt, C.A. (1994) a.a.O., S. 68 ff.; Vortrag Chen, X. (1.9.1998)
Die westliche Logik wird u.a. durch ein Axiom gestützt, wonach eine Aus-
sage ihr Gegenteil ausschließt: Wenn 'A' wahr ist, muß 'B' falsch sein, sofern
'B' das Gegenteil von 'A' darstellt. In der fernöstlichen Logik gibt es eine der-
artige Prämisse nicht. Sowohl 'A' als auch dessen Gegenteil 'B' können wahr
sein, und beide zusammen führen oftmals zu einer über 'A' und 'B' stehenden
Wahrheit (vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 196; Zinzius, B. (1996) a.a.O.,
S. 32).
74
Vgl. Peill-Schoeller, P. (1994) a.a.O., S. 141 ff.; Redding, S.G. (1990) a.a.O.,
S. 47 u. 50 f.; Liaw, J. (1992) a.a.O., S. 54 ff.; Schuchardt, C.A. (1994)
a.a.O., S. 72 ff.; Hamilton, G.G./Biggart, N.W.: Market, Culture, and Autho-
rity, in: The Economic Organization of East Asian Capitalism, Hrsg.: Orrù,
M./Biggart, N.W./Hamilton, G.G., o.O. (1997) S. 133

- 13 -
vor allem der älteren Generation - Chinas beeinflußt.
75
Die domi-
nierende Rolle spielt aber bis in die heutige Zeit die Lehre des Kon-
fuzius.
76
Konfuzianische Werte legen somit auch das Fundament zu
vielen Geschäftspraktiken in China.
77
3.3 Beziehungsstruktur
Die Familie, 'Jia',
78
fungiert als Basiszelle des Konfuzianismus.
79
Innerhalb der Familie bzw. der Gesellschaft werden die sozialen
Beziehungen durch hierarchische Regeln bestimmt, deren fünf
wichtigste die sog. 'Wulun' darstellen. Hiernach ist der Vater ge-
genüber dem Sohn, der Ehemann gegenüber seiner Frau, der ältere
Bruder gegenüber dem jüngeren Bruder, der ältere Freund gegen-
über dem jüngeren Freund und der Herrscher gegenüber dem Un-
tergebenen höhergestellt.
80
Vor allem auf dem den Kindern in der
75
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 32; Interview Ritchie, D.A. (3.10.1997)
76
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 42; Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 109;
Marshall, D.: True Son of Heaven, Seattle (1996) S. 25
Im Gegensatz zum Christentum, welches bis in die heutige Zeit großen Ein-
fluß auf das - in weiten Bereichen säkularisierte - Wertesystem der westlichen
Kulturkreise besitzt, handelt es sich beim Konfuzianismus nicht um eine Re-
ligion, sondern um eine auf den Philosophen Konfuzius zurückgehende Mo-
rallehre ohne Gottheit und ohne institutionalisierte Kirche (vgl. Redding, S.G.
(1990) a.a.O., S. 47 u. 84; Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 111; Hofstede, G.
(1993) a.a.O., S. 195; Engholm, C. (1994) a.a.O., S. 30; Yü, X. (1992) a.a.O.,
S. 20). Im Mittelpunkt stehen eine Reihe von ethischen Prinzipien, die das
Fundament für eine harmonische Gesellschaft bilden sollen (vgl. Fukuyama,
F. (1995) a.a.O., S. 109 f.). Menschen in Fernost verhalten sich oft unbewußt
gemäß konfuzianistischer Ethik, ohne sich selbst als konfuzianische Glau-
bensanhänger zu bezeichnen. Der heutige Neokonfuzianismus vermischt kon-
fuzianistische, taoistische und buddhistische Werte (vgl. Redding, S.G.
(1990) a.a.O., S. 49; Gersemann, O./Ginsburg, H.J./Ramthun, C.: Öffentli-
ches Gut, in: WW, Nr. 23 (1997) S. 35; King, A.Y.C.: The Transformation of
Confucianism in the Post-Confucian Era, in: Confucian Traditions in East
Asian Modernity, Hrsg.: Tu, W., Cambridge (1996) S. 275 f.).
77
Vgl. Jacobs, L./Guopei, G./Herbig, P.: Confucian roots in China, in: MD,
Vol. 33, No. 10 (1995) S. 29
78
Vgl. Chen, M.: Sino-Asian Management System, o.O. (1995) S. 57 f.; Fuku-
yama, F. (1995) a.a.O., S. 111; Interview Ye, L. (13.10.1998)
79
Vgl. Herrmann-Pillath, C.: Chinesische Identität und langfristiger sozioöko-
nomischer Wandel, in: Länderbericht China, Hrsg.: Herrmann-Pillath,
C./Lackner, M., Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd.
351, Bonn (1998) S. 58 u. 64; Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 111
Ein Großteil der ,,Denk-, Fühl- und Handlungsmuster" (Hofstede, G. (1993)
a.a.O., S. 18) wird in der Zeit der Kindheit erworben (vgl. Hofstede, G.
(1993) a.a.O., S. 18; derselbe (1984) a.a.O., S. 16; Ingelfinger, T. (1995)
a.a.O., S. 104; Oerter, R. (1995) a.a.O., S. 90 f.). Im Alter von zehn Jahren ist
das Grundwertesystem bei den meisten Kindern fest verankert (vgl. Hofstede,
G. (1993) a.a.O., S. 23; Daniels, J.D./Radebaugh, L.H. (1995) a.a.O., S. 52).
Vor allem die Familie fungiert als Medium der Verinnerlichung und Tradie-
rung kultureller Werte (vgl. Smelser, N.J.: Culture, in: Theory of Culture,
Hrsg.: Münch, R./Smelser, N.J., Berkeley/Los Angeles/Oxford (1992) S. 7;
Argyle, M.: Soziale Beziehungen, in: Sozialpsychologie, Hrsg.: Stroebe,
W./Hewstone, M./Codol, J./Stephenson, G.M., 2. Aufl., Berlin u.a. (1992) S.
238; Fisseni, H. (1998) a.a.O., S. 254 f.).
80
Vgl. Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 110; Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 54;
Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 189; Chen, M. (1995) a.a.O., S. 56; Xin, K.R.:

- 14 -
Familie vermittelten Respekt gegenüber den Eltern,
81
besonders
gegenüber dem Vater,
82
beruht die hohe Machtdistanz in China,
83
bzw. das stark ausgeprägte Bewußtsein für hierarchische Struktu-
ren.
84
Hofstede sieht vier grundlegende Prinzipien, die Kindern in
Familien kollektivistischer Länder vermittelt werden: Loyalität ge-
genüber der Gruppe, Streben nach Harmonie, das Empfinden von
Scham und das Wahren des Gesichtes.
85
Diese Prinzipien spielen
zwar auch in der westlichen Hemisphäre eine Rolle, aber im Ver-
gleich zu China mit einer zumeist geringeren Bedeutung.
86
Die chi-
nesische Familie bietet ihren Mitgliedern Schutz, wofür im Gegen-
zug ein sehr hohes Maß an Loyalität eingefordert wird.
87
In China
wird das Streben nach harmonischen Beziehungen durch die konfu-
zianistische Philosophie begründet.
88
Während es in individualisti-
schen Kulturen als Tugend betrachtet wird, seine persönliche Mei-
nung
89
offen auszusprechen, wird dies in China zumeist als direkte
Konfrontation betrachtet und deswegen abgelehnt. Der Chinese
wird indirekte Wege wählen, um sich zu einer Angelegenheit kri-
tisch zu äußern.
90
Dies hängt mit der Bedeutung von Scham und
Asian American Managers, in: JABS, Vol. 33, No. 3, September (1997) S.
338; Interviews Hollows, J. (4.10.1997), Ye, L. (13.10.1998); Xiufang, J.:
Kontakte, Konflikte und Kompromisse, Saarbrücken (1994) S. 93; Campbell,
N.: China Business Strategies, Oxford u.a. (1988) S. 117; Yü, X. (1992)
a.a.O., S. 17; Liaw, J. (1992) a.a.O., S. 199
81
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 61; Zinzius, B. (1996) a.a.O., S. 100;
Kienzle, R./Shadur, M.: Developments in business networks in East Asia, in:
MD, Vol. 35, No. 1 (1997) S. 29
82
Vgl. Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 111 f.
83
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 55; siehe hierzu auch Kapitel 4 und im
Anhang das Kapitel 'Dimensionsausprägungen für Deutschland und China
nach Hofstede und Trompenaars/Hampden-Turner'
84
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 61; Schuchardt, C.A. (1994) a.a.O., S.
71; Peill-Schoeller, P. (1994) a.a.O., S. 126; Lachmann, R./Nedd, A./Hinings,
B.: Analyzing cross-national management and organizations, in: Cross-
cultural Management, Hrsg.: Jackson, T., Oxford (1995) S. 169; Hollows,
J./Lewis, J.: Managing Human Resources in the Chinese Context, in: China
Business, Hrsg.: Davies, H., Hongkong (1995) S. 275
85
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 75 ff.; siehe auch Willmann, E./Feldt,
K./Amelang, M.: Prototypical Behaviour Patterns of Social Intelligence, in:
IJP, Vol. 32, Issue 5 (1997) S. 333
86
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 63; Redding, S.G. (1993) a.a.O., S. 221
f.; Zinzius, B. (1996) a.a.O., S. 52; Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 111; Inter-
view Knight, S. (3.10.1997)
87
Vgl. Redding, S.G. (1990) a.a.O., S. 59; Fukuyama, F. (1995) a.a.O., S. 89 u.
111
88
Vgl. King, A.Y.: Kuan-hsi and Network Building, in: The Living Tree, Hrsg.:
Tu, W., Stanford (1994) S. 111; Hofstede, G. (1995) a.a.O., S. 151 f.; Hof-
stede, G. (1993) a.a.O., S. 67 u. 75 f.; Interview Hollows, J. (4.10.1997)
89
Hofstede weist darauf hin, daß es in kollektivistischen Kulturen keine 'per-
sönliche Meinung' gibt (vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 75; siehe hierzu
auch Kapitel 5.4.5).
90
Vgl. Hofstede, G. (1993) a.a.O., S. 75; siehe hierzu auch Kapitel 5.4.2.4

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1998
ISBN (eBook)
9783836626859
DOI
10.3239/9783836626859
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Beschaffung und Produktpolitik
Erscheinungsdatum
2009 (März)
Note
1,3
Schlagworte
einkauf beschaffung china kultur Kulturunterschiede x Hochschulpreis x Hofstede x Kulturdimensionen Prof. Koppelmann deep culture procurement trompenaars interkulturell culture machtdistanz kollektivismus unsicherheitsvermeidung
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Titel: Kultur als Einflußfaktor auf die deutsch-chinesischen Beschaffer-Lieferanten-Beziehungen
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