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Corporate Social Responsibility als Gegenstand unternehmerischen Handelns

Instrumente zur Umsetzung des Konzepts und betriebswirtschaftliche Erfolgswirkungen

©2008 Diplomarbeit 111 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vor 40 Jahren war noch vieles anders: Auf der Erde lebten etwa halb so viele Menschen wie heute, McDonald‘s gab es nur in Amerika, ein Ozonloch existierte nicht und Milton Friedmans Auffassung, dass die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen einzig darin liege, die Gewinne zu maximieren, erntete weitgehende Zustimmung in Wissenschaft und Unternehmenspraxis. Heute ist die Gesellschaft in vielerlei Hinsicht ein gutes Stück weiter, und auch die Erkenntnis, dass insbesondere multinationale Unternehmen neben der Gewinnmaximierung weitere Ziele zu verfolgen haben, setzt sich zunehmend durch.
Die Gründe liegen nicht zuletzt in der wachsenden Macht der Unternehmungen: In der globalisierten Welt von heute befinden sich unter den 100 größten Ökonomien der Welt laut United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) 29 Privatunternehmen, die neben höheren Umsätzen und Wertschöpfungsbeiträgen auch höhere Emissionen als viele Staaten produzieren. Die Globalisierung führt somit zu Machtverschiebungen zwischen Regierungen und Unternehmen, da letztere weltweit agieren, Investitionen tätigen und sich auf diese Weise staatlichen Regulierungen teilweise entziehen können. Mit Zunahme der Macht wächst aber auch die Kritik an multinationalen Unternehmen (MNU). Weltweit für Aufsehen sorgten etwa verschiedene Bilanzierungsskandale, wie die von Enron oder Worldcom, die das öffentliche Ansehen großer Unternehmungen beschädigten und ein Klima des Misstrauens schufen. Neben der Bilanzierung bezieht sich die Kritik in erster Linie auf Umweltverschmutzung, Kinderarbeit oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Damit einher geht eine steigende Erwartungshaltung der Öffentlichkeit gegenüber dem privaten Sektor, von dem zunehmend auch die Übernahme gesellschaftlicher Aufgaben gefordert wird.
Problemstellung:
Nicht zuletzt die Tatsache, dass die Medien die Aufmerksamkeit weiter auf wirtschaftliche Verfehlungen richten, während gleichzeitig die Forderung der Konsumenten und Interessengruppen immer lauter wird, dass Unternehmungen ihre Geschäfte zunehmend auch nach sozial und ökologisch verträglichen Gesichtspunkten gestalten sollen, führt auf Managerseite zu der Erkenntnis, dass es gut für das Geschäft ist, wenn das Unternehmen als gesellschaftlich verantwortlich gilt. International hat sich der Terminus Corporate Social Responsibility (CSR) etabliert, um Konzepte, Initiativen und Forschungsarbeiten zu beschreiben, die sich mit der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Definitionen von CSR
2.2 Abgrenzung von verwandten Konzepten
2.2.1 CSR und Stakeholder-Theorie
2.2.2 CSR1-CSR4
2.2.3 Corporate Citizenship
2.2.4 Corporate Sustainability
2.2.5 Corporate Social Performance
2.2.6 Unternehmensethik
2.2.7 Corporate Governance
2.3 Systematisierung von CSR
2.3.1 Systematisierungen nach Carroll
2.3.2 Das zweidimensionale CSR-Modell
2.3.3 Implizite und explizite CSR

3 Instrumente zur Umsetzung von CSR im Unternehmen
3.1 Internationale Initiativen und Richtlinien
3.1.1 OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
3.1.2 Global-Sullivan-Prinzipien
3.1.3 Konventionen der International Labour Organization
3.1.4 UN Global Compact
3.1.5 CERES-Prinzipien
3.1.6 Kritische Würdigung der internationalen Richtlinien
3.2 Internationale Managementsysteme zu CSR
3.2.1 Sozialmanagementsysteme
3.2.1.1 AA 1000 Framework
3.2.1.2 SA 8000
3.2.1.3 ISO 26000
3.2.1.4 OHSAS 18001
3.2.1.5 ILO-OSH 2001
3.2.2 Umweltmanagementsysteme
3.2.2.1 ISO 14001
3.2.2.2 Eco-Management and Audit Scheme
3.2.3 Nachhaltigkeitsberichterstattung
3.2.3.1 Global Reporting Initiative
3.2.3.2 Staatliche Regelungen
3.2.4 Kritische Würdigung der Managementsysteme
3.3 CSR-Gütesiegel
3.3.1 Umwelt- und Soziallabels
3.3.2 Kritische Würdigung der CSR-Labels

4 Betriebswirtschaftliche Erfolgswirkungen einer CSR Strategie
4.1 Auswirkungen auf potentialbezogene Erfolgsgrößen
4.1.1 CSR und Unternehmensreputation
4.1.1.1 CSR als Determinante der Unternehmensreputation
4.1.1.2 Effekte einer positiven Unternehmensreputation
4.1.2 Auswirkungen von CSR auf das Konsumentenverhalten
4.1.2.1 Die Rolle der Attribuierung von CSR-Aktivitäten
4.1.2.2 Einstellungsänderungen auf Konsumentenseite
4.1.2.3 Die Reaktion der Konsumenten auf CSR-Maßnahmen
4.1.3 Auswirkungen von CSR auf das Humankapital
4.2 CSR und die finanzielle Performance
4.2.1 Korrelationsstudien zu finanziellen Kennzahlen
4.2.2 Kostenersparnis durch Umweltmanagement
4.3 Schwierigkeiten der Erfolgsmessung

5 Resümee

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Verhältnis von CC, CSR und CS zur nachhaltigen Entwicklung

Abbildung 3: Systematisierung von CSR nach Carroll

Abbildung 4: Three Domain Model of CSR

Abbildung 5: Two-dimensional model of CSR

Abbildung 6: Implizite und explizite CSR

Abbildung 7: CSR-Instrumente im Überblick

Abbildung 8: Prozessphasen des AA

Abbildung 9: Erkenntnisse zu den Effekten einer positiven Unternehmensreputation

Abbildung 10: Die Auswirkungen von CSR auf das Konsumentenverhalten

Abbildung 11: CSR als Gegenstand unternehmerischen Handelns

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: CSR-Defintionen

Tabelle 2: CSR und verwandte Konzepte

Tabelle 3: National Public Reporting.

Tabelle 4: Umwelt- und Soziallabels.

Tabelle 5: Forschungsarbeiten zu CSR und Konsumentenverhalten

Tabelle 6: Studien zur Beziehung zwischen CSR und CFP

Tabelle 7: Studien zur Beziehung zwischen Umweltmanagement und CFP

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Vor 40 Jahren war noch vieles anders: Auf der Erde lebten etwa halb so viele Menschen wie heute, McDonald‘s gab es nur in Amerika, ein Ozonloch existierte nicht und Milton Friedmans Auffassung, dass die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen einzig darin liege, die Gewinne zu maximieren,[1] erntete weitgehende Zustimmung in Wissenschaft und Unternehmenspraxis. Heute ist die Gesellschaft in vielerlei Hinsicht ein gutes Stück weiter, und auch die Erkenntnis, dass insbesondere multinationale Unternehmen neben der Gewinnmaximierung weitere Ziele zu verfolgen haben, setzt sich zunehmend durch.

Die Gründe liegen nicht zuletzt in der wachsenden Macht der Unternehmungen: In der globalisierten Welt von heute befinden sich unter den 100 größten Ökonomien der Welt laut „United Nations Conference on Trade and Development“ (UNCTAD) 29 Privatunternehmen,[2] die neben höheren Umsätzen und Wertschöpfungsbeiträgen auch höhere Emissionen als viele Staaten produzieren. Die Globalisierung führt somit zu Machtverschiebungen zwischen Regierungen und Unternehmen,[3] da letztere weltweit agieren, Investitionen tätigen und sich auf diese Weise staatlichen Regulierungen teilweise entziehen können.[4] Mit Zunahme der Macht wächst aber auch die Kritik an multinationalen Unternehmen (MNU). Weltweit für Aufsehen sorgten etwa verschiedene Bilanzierungsskandale, wie die von Enron oder Worldcom, die das öffentliche Ansehen großer Unternehmungen beschädigten und ein Klima des Misstrauens schufen.[5] Neben der Bilanzierung bezieht sich die Kritik in erster Linie auf Umweltverschmutzung, Kinderarbeit oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Damit einher geht eine steigende Erwartungshaltung der Öffentlichkeit gegenüber dem privaten Sektor, von dem zunehmend auch die Übernahme gesellschaftlicher Aufgaben gefordert wird.[6]

1.1 Problemstellung

Nicht zuletzt die Tatsache, dass die Medien die Aufmerksamkeit weiter auf wirtschaftliche Verfehlungen richten, während gleichzeitig die Forderung der Konsumenten und Interessengruppen immer lauter wird, dass Unternehmungen ihre Geschäfte zunehmend auch nach sozial und ökologisch verträglichen Gesichtspunkten gestalten sollen, führt auf Managerseite zu der Erkenntnis, dass es gut für das Geschäft ist, wenn das Unternehmen als gesellschaftlich verantwortlich gilt.[7] International hat sich der Terminus Corporate Social Responsibility (CSR) etabliert, um Konzepte, Initiativen und Forschungsarbeiten zu beschreiben, die sich mit der sozialen, ökonomischen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen über den reinen Wirtschaftsbetrieb hinaus befassen.[8] Aber was genau verbirgt sich hinter dem Konzept Corporate Social Responsibility und wie wird es in Theorie und Praxis verstanden und angewandt? Obwohl CSR inzwischen einen hohen Status innerhalb der Managementforschung erreicht hat,[9] fehlen international einheitliche Definitionen und Standards und in vielen Unternehmungen herrscht weitgehende Unkenntnis über Inhalt, Bedeutung und Wirkung von CSR-Maßnahmen.[10]

Ziel dieser Arbeit ist es, einen aktuellen Einblick in wichtige Facetten der internationalen CSR-Debatte und -Forschung sowie angrenzender Konzepte zu liefern. Darüber hinaus sollen Instrumente erläutert werden, die das theoretische Konzept greifbar und verständlich machen, um dem Leser letztlich einen ganzheitlichen Überblick über Dimensionen und derzeitigen Entwicklungsstand von CSR in Praxis und Forschung zu verschaffen.

1.2 Gang der Untersuchung

Nach kurzer Einführung in die Thematik und Erörterung der Problemstellung wird im konzeptionellen Grundlagenteil der Begriff CSR definitorisch untersucht und gegen verwandte Konzepte wie Corporate Citizenship (CC) oder Corporate Sustainability (CS) abgegrenzt. Im dritten Kapitel werden Instrumente zur Operationalisierung des CSR-Konzepts dargestellt. Ausgehend von internationalen Richtlinien und Zertifizierungen zur Berichterstattung, wird der Fokus zusätzlich auf Kodizes und Gütesiegel gelegt, die den Konsumenten einen verantwortlichen Umgang mit Mensch und Umwelt signalisieren sollen. Kapitel 4 kategorisiert und beschreibt internationale Forschungsarbeiten, die sich mit den Erfolgswirkungen einer CSR-Strategie befassen. Dabei wird zwischen den Effekten auf intangible, marktbezogene Größen, dem Humankapital und finanziellen Kennzahlen unterschieden. Da derartige Erfolgsmessungen in der Literatur kontrovers diskutiert werden, endet der Teil mit einem kritischen Diskurs über Grenzen und Defizite der CSR-Forschung. Im abschließenden fünften Kapitel wird zusammenfassend erörtert, inwieweit die vorgestellten Instrumente und Erfolgswirkungen in der Unternehmenspraxis sinnvoll einsetzbar sind und welche Schritte zukünftig notwendig sind, um eine nachhaltige Perspektive für Unternehmen, Mensch und Umwelt zu gewährleisten.

Abbildung 1 veranschaulicht den Aufbau der Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Quelle: Eigene Darstellung

2 Konzeptionelle Grundlagen

Bereits Mitte der 70er-Jahre kritisierte Sethi in einem Artikel die uneinheitliche Verwendung des CSR-Begriffs in verschiedenen Sinnzusammenhängen und Forschungsdisziplinen, weil das den Akteuren ermögliche, den Begriff mit beliebigen, für sie praktikablen Inhalten zu füllen.[11] Und obwohl bis dato zahlreiche Versuche unternommen wurden CSR zu definieren, bleibt das Konzept auch heute noch zu einem gewissen Grad unpräzise.[12] Insbesondere beim Vergleich europäischer und angloamerikanischer wissenschaftlicher Arbeiten fällt auf, dass Definitionen und Anschauungen von CSR teilweise stark voneinander abweichen.[13] Matten/Moon begründen diese Vielfalt an Begriffsauslegungen mit der Dynamik und Komplexität des CSR-Konstrukts und führen die zwischenstaatlichen Abweichungen auf historisch gewachsene, fest verwurzelte Unterschiede im politischen, gesellschaftlichen und kulturellen System zurück.[14]

In den anschließenden Teilkapiteln soll nach einer Auflistung unterschiedlicher Definitionen auf die Abgrenzung zu verwandten Begrifflichkeiten und auf einige zentrale CSR-Modelle eingegangen werden.

2.1 Definitionen von CSR

Der wissenschaftliche Diskurs um die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen ist vergleichsweise jung und vornehmlich ein Produkt angloamerikanischer Forschungsarbeiten der letzten fünfzig Jahre.[15] Die meisten Wissenschaftler erkennen in Howard Bowens Buch „Social Responsibility of the Businessman“ (1953) einen ersten Versuch, die Beziehung zwischen Unternehmen und Gesellschaft theoretisch zu erfassen. Bowen sieht in dem weitreichenden Einfluss unternehmerischer Entscheidungen eine damit einhergehende Verpflichtung der Kaufleute, die Konsequenzen ihrer Bestrebungen auf die Gesellschaft zu berücksichtigen.[16]

Im Laufe der 60er-Jahre verlagerte sich der Fokus vom Handeln des einzelnen Unternehmers hin zu den Auswirkungen der Geschäftstätigkeit der gesamten Organisation innerhalb des sozialen Systems.[17] Geprägt wurde diese Auffassung von Davis (1967). Seine ethisch motivierte Definition übersteigt die Berücksichtigung einer bloßen gesellschaftlichen Verpflichtung und fordert die Beachtung ethischer Konsequenzen unternehmerischer Entscheidungen.[18] Diese Sicht von CSR geht über etwaiges Einzel- oder Selbstinteresse hinaus und hinterfragt, welchen moralischen Wertvorstellungen Unternehmen genügen müssen.[19]

1979 lieferte Carroll eine der meist zitierten und diskutierten Definitionen, die auch heute noch Verwendung in vielen wissenschaftlichen Arbeiten findet, insbesondere im angloamerikanischen Raum:[20]

The social responsibility of business encompasses the economic, legal, ethical, and discretionary expectations that society has of organizations at a given point in time.”[21]

Der ökonomischen Verantwortung wird ein Unternehmen nach Carroll gerecht, insofern es Güter und Dienstleistungen produziert und zu angemessenen Preisen verkauft. Die rechtliche Verantwortung bedingt die Einhaltung bestehender Verordnungen und Gesetze, wohingegen die ethische Komponente über eben diese hinaus auch die Befolgung ungeschriebener, gesellschaftlicher Anforderungen verlangt.[22] Die dis-kretionäre Dimension der Definition beschreibt die freiwillige Übernahme einer sozialen Rolle durch ein Unternehmen, ohne dass eine gesetzliche Verpflichtung oder eine eindeutige Erwartung seitens der Gesellschaft dafür besteht. Als Beispiel für eine derart philanthropische Verantwortung nennt der Autor die Einrichtung von Plätzen zur Kinderbetreuung für arbeitende Mütter.[23]

In Europa werden CSR und angrenzende Konzepte erst seit wenigen Jahren intensiv diskutiert. Verglichen mit den geschilderten Prozessen in den USA ergibt sich der grundlegende Unterschied, dass eine europaweit anerkannte Definition der Europäischen Kommission vorliegt, die die Entwicklung der europäischen CSR-Debatte maßgeblich prägt[24] und der auch im Rahmen dieser Arbeit gefolgt werden soll.

Die EU-Kommission definiert CSR wie folgt:

„Ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“[25]

Die entscheidende These dieser europäischen Definition liegt in der freiwilligen Selbstverpflichtung zur Durchführung sozialer und ökologischer Maßnahmen, die dem langfristigen Interesse des Unternehmens und der Gesellschaft dienen.[26] CSR ist diesem Verständnis nach in die strategische Unternehmensführung zu integrieren, wobei Innovation, kontinuierliche Verbesserung und Beachtung von Stakeholder-Anforderungen als Schwerpunkte genannt werden.[27] Im Gegenzug zu Carrolls Definition findet die ökonomische Dimension hier keine explizite Betrachtung, sondern wird als Grundvoraussetzung angenommen.[28]

Neben den bisher beschriebenen Strömungen von CSR als Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft bzw. den Stakeholdern oder einer ethisch motivierten Sicht existiert zudem die Auffassung von gesellschaftlicher Verantwortung als betriebswirt-schaftlichem Prozess.[29] Nach Wood existiert seitens der Gesellschaft eine gewisse Erwartungshaltung an die Folgen unternehmerischer Aktivitäten, hervorgerufen durch die enge Verknüpfung von Gesellschaft und Unternehmen. Durch eine proaktive Verantwortungshaltung, etwa im Umweltmanagement, integrieren Organisationen diese Erwartungen in ihre strategische Ausrichtung und die operationale Geschäftstätigkeit.[30] Tabelle 1 zeigt eine Übersicht über die aufgeführten Definitionen, kategorisiert nach ihrem inhaltlichen Schwerpunkt.

Die Tatsache, dass kein international einheitliches Verständnis für den Begriff CSR existiert, erschwert sowohl die theoretische Weiterentwicklung des Konzepts als auch Implementierung und Erfolgsmessung auf Unternehmensebene.[31] Dieses Faktum ist insbesondere vor dem Hintergrund von Relevanz, dass sich die CSR-Debatte grundlegend verändert hat: So geht es heute im Management weniger darum, ob CSR-Aktivitäten erfolgen sollen, sondern vielmehr darum, wie diese durchzuführen sind.[32]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: CSR-Definitionen

Quelle: Eigene Darstellung

Eine ausführliche, chronologische Auflistung verschiedener CSR-Definitionen der letzten 60 Jahre, die der bestehenden Heterogenität in der Begriffsverwendung Rechnung trägt, findet sich in Anhang 1 dieser Arbeit.

2.2 Abgrenzung von verwandten Konzepten

In den 80er- und 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte eine Aufspaltung der CSR-Debatte in angrenzende bzw. ergänzende Konzepte und Theorien, wie CSR1-CSR4, Corporate Social Performance (CSP) oder Corporate Citizenship.[33] Auch heute noch prägt eine hohe Begriffsvielfalt die Diskussion um unternehmerische Verantwortlichkeit, was die Auseinandersetzung mit dem Thema erschwert. So kritisiert der Rat für nachhaltige Entwicklung die entstandene Insider-Sprachkultur ausdrücklich und fordert einen Abbau dieser Sprachbarriere.[34] In den nachfolgenden Teilkapiteln werden die Inhalte CSR-verwandter Konzepte dargestellt und voneinander abgegrenzt.

2.2.1 CSR und Stakeholder-Theorie

Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung setzt das Verständnis auf Unternehmensseite voraus, welche konkreten Einzelpersonen oder Anspruchsgruppen Anforderungen an die Unternehmung stellen bzw. durch unternehmerische Entscheidungen direkt oder indirekt betroffen sind. Zu diesen als Stakeholder bezeichneten Adressaten zählen bspw. Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Kapitalgeber, sowie auch nichtmarktliche Anspruchsgruppen wie Staat und Öffentlichkeit.[35]

Ziel der Stakeholder-Theorie ist zu eruieren, gegenüber welchen Anspruchsträgern eine Organisation verantwortlich ist und auf welche Art und Weise diese wechselseitige Beziehung gestaltet werden sollte.[36] Da dieser Leitgedanke der Stakeholder-Theorie als elementarer Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung interpretiert werden kann, gilt ihre Berücksichtigung als notwendiger Schritt in der Operationalisierung des CSR-Konstrukts.[37] Insbesondere wird hier die Interaktion und der Umgang der Unternehmungen mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Regierungen thematisiert und erforscht.[38]

2.2.2 CSR1-CSR4

Basierend auf dem Terminus Corporate Social Responsibility (auch CSR1) entwickelte sich in den 70er-Jahren die Corporate Social Responsiveness-(CSR2) Debatte. Ursächlich für diese Erweiterung des CSR-Konzepts ist die Beanstandung, dass dem Ansatz die erforderliche Praxisorientierung und operationale Umsetzbarkeit fehle.[39]

Dem entgegen steht CSR2 für ein proaktives Konzept, das die Unternehmung als gestaltenden Akteur erfasst, der direkte Einflussnahme auf die Stakeholder und gesellschaftspolitische Sachverhalte nimmt. Die Konzepte CSR3 und CSR4 gehen auf Frederick zurück und entstanden in den 80er- und 90er-Jahren. Mit Corporate Social Rectitude (CSR3) bezeichnet Frederick die Integration ethischer Wertvorstellungen in zentrale unternehmensstrategische Entscheidungen.[40] Das Konzept Cosmos, Science, Religion (CSR4) relativiert den Stellenwert der Einzelunternehmen und unterstreicht im Gegenzug die Wichtigkeit der Naturwissenschaft und deren Bedeutung für die Entwicklung gesellschaftlicher Institutionen. CSR3 und CSR4 erlangten in der wissenschaftlichen Diskussion und auf Unternehmensebene jedoch keine entscheidende Bedeutung.[41]

2.2.3 Corporate Citizenship

In den letzten Jahren entsprang der Diskussion um die gesellschaftliche Rolle der Unternehmen ein weiterer Terminus, der hohe Relevanz in der Management-Literatur, insbesondere der anglo-amerikanischen, erlangte.[42] Corporate Citizenship, am treffendsten übersetzt als bürgerschaftliches Engagement der Unternehmen, entwickelte sich aus der Unzufriedenheit der Geschäftswelt mit den bis dato verwendeten Begriffen der CSR-Debatte. CC ersetzt die Verantwortungsthematik durch bürgerschaftliches Engagement und platziert so die Unternehmung inmitten der Gesellschaft als Bestandteil eines Gemeinwesens bestehend aus normalen Bürgern und Unternehmen.[43] Für den Begriff CC existiert weder eine international einheitliche Definition, noch ist gewiss, in welchem Zuordnungsverhältnis CC und CSR stehen.[44]

In der deutschen Auseinandersetzung wird unter CC vornehmlich die Kooperation zwischen Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen verstanden. Spenden jeglicher Art und gesellschaftsorientiertes Sponsoring bezeichnet man dabei als „Corporate Giving“, die Freistellung der Mitarbeiter für soziales Engagement und Mentorenprogramme fallen unter die Bezeichnung „Corporate Volunteering“. Zwar erlaubt eine derartige Begriffsbestimmung die eindeutige Abgrenzung der Konzepte CSR, CC und CS (vgl. Abbildung 1), wird aber leider nicht dem internationalen Verständnis des Konstrukts CC gerecht.[45]

Die angloamerikanische Literatur unterscheidet drei Sichtweisen von Corporate Citizenship. Die als „limited view“ bezeichnete Auffassung deckt sich mit dem Begriffsverständnis von CC als untergeordnetem Konzept, wohingegen die äquivalente Sichtweise eine Verschmelzung der Konzepte beobachtet und eine synonyme Verwendung beider Termini vorschlägt. Der „extended view“ schließlich betrachtet CC als Dachkonzept, das über das gegenwärtige CSR-Modell hinausgeht.[46] Dieser Ansatz verlangt von den Unternehmen ein ganzheitliches Verständnis der ökonomischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns. Darüber hinaus erfordert diese Sichtweise von den Managern das genaue Wissen um die politischen Funktionen des Unternehmens im nationalen wie auch internationalen Kontext und den verantwortlichen Umgang mit Macht und Einflussnahme.[47]

2.2.4 Corporate Sustainability

Das auch als Nachhaltigkeitsmanagement oder in der modellhaften Darstellung als „Triple bottom line“ bezeichnete Konzept der Corporate Sustainability basiert auf einer Definition der 1983 von der UN eingesetzten Brundtland-Kommission zur nachhaltigen Entwicklung:

„Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“[48]

Eine nachhaltige Unternehmensführung berücksichtigt demzufolge in ihren Entscheidungen die Überlebensfähigkeit des Ökosystems und der natürlichen Ressourcen, respektiert Gesellschaft und Kulturkreise und achtet auf die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraumes, der wiederum Basis für die Fortführung der Geschäftstätigkeit ist.[49]

Folgt man der europäischen Definition, unterscheiden sich CSR-Maßnahmen und Corporate Sustainability im Wesentlichen hinsichtlich zweier Aspekte. Konstituierendes Merkmal der CSR ist die Selbstverpflichtung zur Durchführung freiwilliger Maßnahmen, wohingegen Corporate Sustainability auch jene Aktivitäten einbezieht, die unfreiwillig erfolgen, etwa als Reaktion auf Druck von Kunden oder der Öffentlichkeit.[50] Und während CSR auf die ökologische und soziale Dimension der gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeit limitiert ist, umfasst die nachhaltige Unternehmensführung zusätzlich dazu die ökonomischen Beiträge, weswegen man CSR auch als Teilaspekt des Nachhaltigkeitsmanagements interpretieren kann.[51]

Abbildung 1 veranschaulicht das europäische Verständnis der CSR-Begriffssystematik grafisch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Verhältnis von CC, CSR und CS zur nachhaltigen Entwicklung
Quelle: Loew, T. et al. (2004), S. 72.

Da in der deutschen Debatte jedoch nur geringe Unterschiede zwischen Corporate Social Responsibility und Corporate Sustainability zu konstatieren sind, spricht der Rat für nachhaltige Entwicklung für Deutschland von einer Übereinstimmung der beiden Konzepte.[52]

2.2.5 Corporate Social Performance

Die quantitative und qualitative Messung der Auswirkungen und Ergebnisse einer angewandten CSR-Strategie thematisiert die Literatur um die Corporate Social Performance der Unternehmen.[53] Wood definiert CSP wie folgt:

„A business organization`s configuration of principles of social responsibility, processes of social responsiveness, and policies, programs, and observable outcomes as they relate to the firm`s societal relationships.”[54]

CSP ist demnach der Versuch, die Wirkungen unternehmerischer Aktivitäten in Bezug auf die Stakeholder und das gesellschaftliche Umfeld zu analysieren. Dabei werden unternehmenspolitische Prinzipien, Prozesse und insbesondere quantifizierbare Ergebnisse integrativ betrachtet und ausgewertet.[55] Der Begriff wird in der Literatur verwendet, um die CSR-bezogene Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu beschreiben. Dies ist beispielsweise der Fall in der Erweiterung der ursprünglich rein Shareholder-orientierten Berichterstattung um gesellschaftliche Belange und Interessen der Stakeholder innerhalb verschiedener Auditing-Konzepte, die in Kapitel drei erläutert werden. Darüber hinaus wird der Begriff CSP vor allem in der Erfolgsfaktorenforschung eingesetzt, wenn der Zusammenhang zwischen CSR und finanziellen Performance-Indikatoren diskutiert wird.[56]

2.2.6 Unternehmensethik

Dieser Teil der angewandten Ethik befasst sich mit Fragen einer moralischen Unternehmensführung und untersucht die moralische Vertretbarkeit unternehmerischer Aktivitäten und Entscheidungen.[57] Durch die fortschreitende Globalisierung und die daraus resultierende internationale Präsenz vieler Konzerne, entsteht eine zunehmende Entscheidungskomplexität, die wiederum dazu führt, dass starre Entscheidungsmuster und allgemeingültige Regelungen ihre Validität verlieren. Früher als selbstverständlich erachtete unternehmerische Verhaltensweisen werden plötzlich hinterfragt und Unternehmen immer häufiger mit ethischen Fragestellungen konfrontiert.[58]

Matten/Crane unterscheiden an dieser Stelle zwischen normativer und deskriptiver Unternehmensethik. Die normative Unternehmensethik analysiert Sachverhalte, die juristisch betrachtet zwar legitim, aber möglicherweise moralisch fraglich sind. Zumeist existiert bei diesen Fragestellungen in der Gesellschaft ein geteiltes Verständnis darüber, ob die jeweilige unternehmenspolitische Entscheidung moralisch falsch oder korrekt ist.[59] Das Feld der deskriptiven Unternehmensethik versucht hingegen mit Hilfe psychologischer und ethnografischer Entscheidungsmodelle diejenigen Faktoren herauszufiltern und verständlich zu machen, die die Akteure zu bestimmten kritischen Entscheidungen veranlassen.[60]

CSR ist somit als Resultat der Werte, Normen und Moralvorstellungen unternehmerischer Entscheidungsträger konzeptionell innerhalb der Unternehmens-ethik einzuordnen.[61]

2.2.7 Corporate Governance

Der Begriff Corporate Governance (CG) beschreibt die Organisation der Beziehungen zwischen den Anteilseignern eines Unternehmens, dem Management, Aufsichtsrat und weiteren Stakeholdern. Um ökonomischen Erfolg sowie Vertrauen in die Unternehmenspraktiken seitens der Anleger zu erreichen, gibt die Corporate Governance eine Struktur vor, innerhalb deren Rahmen Unternehmensziele festgelegt und anhand definierter Modalitäten auf ihre erfolgreiche Umsetzung hin überprüft werden. Damit soll garantiert werden, dass die Unternehmensleitung im Sinne einer verantwortungsbewussten Unternehmensführung und im Interesse des gesamten Unternehmens und der Anteilseigner agiert.[62]

Trotz der international anerkannten Richtlinien der „Organisation for Economic Co-Operation and Development“ (OECD) zu CG existieren länderspezifische Unterschiede hinsichtlich gesetzlicher, finanzieller und eigentumsrechtlicher Bestimmungen, die den Einfluss der Stakeholder auf die Unternehmensführung moderieren und zu einem abweichendem Verständnis verantwortungsbewusster Unternehmensführung über verschiedene Nationen hinweg führen.[63]

Die Konzepte CG und CSR verfolgen demnach zwar das gemeinsame Ziel zu einer guten Unternehmensführung zu gelangen und das Unternehmensrisiko zu minimieren, unterscheiden sich jedoch grundlegend durch die Art und Weise, diese Intentionen zu realisieren. CG orientiert sich vornehmlich an den Interessen der Shareholder und fokussiert auf die Reduktion des Prinzipal-Agenten-Problems der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Unternehmenseignern und den obersten Leitungsorganen. Rechtliche Bestimmungen, freiwillige Verhaltensrichtlinien, wirksame Kontrollfunktionen und Rechenschaftspflicht sollen dazu beitragen Verfehlungen seitens des Managements möglichst zu vermeiden. CSR hingegen ist an vielfältigeren Stakeholder-Interessen ausgerichtet und als kontinuierlicher strategischer Prozess zu verstehen, innerhalb dessen Unternehmung und Umfeld einer wechselseitigen Beeinflussung unterliegen.[64]

In der jüngsten Vergangenheit kann jedoch eine zunehmende Konvergenz beider Konzepte beobachtet werden, die sich nicht zuletzt im Trend zur Nachhaltig-keitsberichterstattung und der vermehrten Einsetzung von CSR-Gremien in der Unternehmensführung niederschlägt. Verbunden mit der Einsicht, dass unternehmerische Entscheidungen und gesellschaftliche Konsequenzen nicht voneinander zu trennen sind, entwickelt sich eine Tendenz zur Harmonisierung kurzfristiger Rechenschaftslegung und langfristiger Verantwortlichkeit.[65]

In Tabelle 2 werden wichtige Begriffe der CSR-Debatte gegenübergestellt und unterschieden. Dabei ist anzumerken, dass insbesondere die Unterscheidungen von CSR, CC, CSP und CS semantischer bzw. kultureller Natur sind.[66] In der Unternehmenspraxis spielen diese Differenzierungen eine untergeordnete Rolle, so dass die Begriffe häufig synonym verwendet werden.[67]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: CSR und verwandte Konzepte (Fortsetzung)
Quelle: Eigene Darstellung

2.3 Systematisierung von CSR

Zum besseren Verständnis des CSR-Konzepts ist eine Betrachtung verschiedener Systematisierungsansätze hilfreich. Im Folgenden werden vier zentrale Ansätze verschiedener Wissenschaftler gegenübergestellt, die in der CSR-Literatur häufig zitiert werden.

2.3.1 Systematisierungen nach Carroll

Basierend auf der eigenen CSR-Definition entwickelte Carroll ein Pyramidenmodell, das die vier Komponenten seiner Vorstellung von CSR grafisch veranschaulicht.[68] Den Grundstein dieses Stakeholder-orientierten Ansatzes bildet die wirtschaftliche Profitabilität des Unternehmens, die im Besonderen auf Eigentümer und Angestellte großen Einfluss ausübt. Darauf aufbauend folgen auf den nächsten Ebenen die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Verantwortung zu ethischem Handeln, sprich die Verpflichtung zu fairen und gerechten Verhaltensweisen, um negative Effekte des Geschäftsgebarens auf Umwelt und gesellschaftliches Umfeld möglichst gering zu halten. Abschließend steht die Erwartung, dass sich die Unternehmung wie ein guter Bürger verhält und zur Steigerung des Gemeinwohls beiträgt.[69]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Systematisierung von CSR nach Carroll
Quelle: Carroll, A.B. (1991), S. 42.

Bezüglich zweier Aspekte ist die Verwendung einer Pyramide zur Systematisierung von CSR jedoch problematisch. Zunächst könnte der Fehleindruck einer hierarchischen Beziehung der Dimensionen entstehen, mit der philanthropischen Verantwortung an der Spitze. Dies steht jedoch den Ausführungen Carrolls entgegen, der deutlich beschreibt, dass ökonomische Verantwortung und Gesetzeskonformität die wesentlichsten Aspekte des Konzepts sind.[70] Zum Zweiten ist eine Pyramide nur bedingt geeignet, um den ineinandergreifenden Charakter der Dimensionen abzubilden.[71]

Diese Überlegungen führten Schwartz/Carroll zu einer überarbeiteten Darstellungsweise von CSR, dem „Three-Domain Model“.[72] Die Systematisierung der einander überschneidenden Verantwortlichkeitskategorien Ökonomie, Rechtmäßigkeit und Ethik integriert die philanthropische Dimension aus dem vorangegangenen Ansatz und zeigt folgende sieben CSR-Kategorien, in die unternehmerische Einzelaktivitäten systematisch eingeteilt werden können:[73]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Three-Domain Model of CSR
Quelle: Schwartz, M.S./Carroll, A.B. (2003), S. 509.

Allerdings ist kritisch zu hinterfragen, ob eine Handlung tatsächlich rein ökonomisch, ethisch oder legal sein kann; vielmehr könnte man argumentieren, dass die Dimensionen einander bedingen und nicht separat betrachtet werden können.[74] Ein weiteres Defizit des Modells liegt in der Vernachlässigung der ökologischen Dimension, die zwar als Part der Ethik begriffen wird, aber keine explizite Erwähnung findet.[75]

2.3.2 Das zweidimensionale CSR-Modell

Ein zweidimensionales Modell zur Systematisierung von CSR beschreiben Quazi/O`Brien. Auf der horizontalen Achse tragen die Autoren den Grad der gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme ab, der von „enger Verantwortung“ mit Hauptaugenmerk auf kurzfristiger Gewinnmaximierung bis zu „breiter Verantwortung“ reicht, die über gesetzliche Anforderungen hinaus das Engagement in Umweltschutz und Gesellschaftsentwicklung beschreibt. Auf der vertikalen Achse sind gegensätzliche Sichtweisen abgebildet, was die Folgen von CSR-Aktivitäten betrifft. Diese reichen von einer rein kostenorientierten Anschauung bis hin zum Fokus auf ökonomischen und gesellschaftlichen Wohlfahrtswirkungen.[76]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Two-dimensional model of CSR
Quelle: Quazi, A.M./O`Brien, D. (2000), S. 36.

Damit ergeben sich aus diesem Paradigma vier Quadranten. „Classical View“ entspricht der Wahrnehmung von CSR als kostenverursachende Tätigkeit, die keinen effektiven Vorteil generiert. Der „Socioeconomic View“ hingegen erkennt die Vorteilhaftigkeit gewisser CSR-Maßnahmen für das Unternehmen an, wie etwa die Vermeidung kostspieliger Regulierungen durch gute Stakeholder-Beziehungen. Im philanthropischen Quadrant wird gemeinnützige Geschäftstätigkeit zwar als Kostenfaktor interpretiert, aber aus altruistischen und ethischen Motiven heraus dennoch verrichtet. Gemäß der modernen Sichtweise integrieren die Unternehmen die Belange ihrer Stakeholder in die strategische Ausrichtung, da von dieser Herangehensweise lang- wie auch kurzfristige Wohlfahrtsgewinne erwartet werden.[77]

2.3.3 Implizite und explizite CSR

Ein aktueller Versuch, CSR als duales Konstrukt zu systematisieren, stammt von Matten/Moon. Beruhend auf der Tatsache, dass deutliche Divergenzen zwischen der europäischen und angloamerikanischen Auffassung von CSR existieren und diese unter anderem auf historisch gewachsene Unterschiede in der Unternehmenskultur und den institutionellen Rahmenbedingungen zurückzuführen sind,[78] identifizieren die Forscher implizite und explizite CSR als konstituierendes Merkmal unternehmerischer CSR-Aktivitäten. Abbildung 6 zeigt CSR als duales Konstrukt und die zugrunde liegenden Faktoren des spezifischen nationalen Umfelds:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung 6: Implizite und explizite CSR
Quelle: Matten, D./Moon, J. (2008), S. 411.

Explizite CSR beschreibt unternehmenspolitische Handlungsweisen, die auf gesellschaftliche Belange antworten und eingehen, wie etwa Wohltätigkeits-programme oder Spendenaktionen. Derartige Maßnahmen können freiwillig oder als Reaktion auf Druck von Seiten der Stakeholder erfolgen und umschließen Partnerschaften mit IGOs (Inter-governmental organizations) und NGOs, aber auch strategische Allianzen mit anderen Unternehmen.[79]

Implizite CSR basiert hingegen auf Werten, Normen und Regeln, die meist zu verbindlichen Maßgaben an das Unternehmen führen und beschreibt somit alle formalen und nicht-formalen Institutionen, welche den Unternehmungen ein bestimmtes Maß an Verantwortung für gesellschaftliche Interessen zuweisen. Die Betriebe werden als Teil der Gesellschaft verstanden, an die legitimerweise Anforderungen seitens des gesellschaftlichen Umfelds gestellt werden. Die hohe Intensität institutioneller Rahmenbedingungen in den europäischen Ländern, verglichen mit den USA, begründet das vorherrschend implizite Verständnis von CSR in der EU. Auf der anderen Seite führen die Adaption angloamerikanischer Managementkonzepte und die fortschreitende Privatisierung zu einer zunehmenden Verbreitung expliziter CSR in Europa.[80].

3 Instrumente zur Umsetzung von CSR im Unternehmen

Die wachsende Besorgnis über den weitreichenden Einfluss der Unternehmen auf Gesellschaft und Umwelt führte in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl an Instrumenten, auf deren Basis CSR im Unternehmen gesteuert, gemessen und an die Stakeholder kommuniziert werden kann. Dabei reicht das Spektrum von selbstformulierten Unternehmensrichtlinien, sogenannten „Codes of Conduct“, bis hin zu ganzheitlichen Managementsystemen, die teilweise von IGOs bzw. NGOs festgelegt und überprüft werden.[81]

Durch die Implementierung derartiger Instrumente akzeptieren die Konzerne ihre Verantwortung und arbeiten an der Überwindung kritischer bzw. widriger Verhältnisse, sei es intern oder in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Soziales.[82] Verantwortungsübernahme und Rechenschaftspflicht werden in dieser Sichtweise nicht als kostenverursachendes notwendiges Übel wahrgenommen, sondern als Bestandteil eines dynamischen Gesellschaftsvertrags zwischen Unternehmen und Gesellschaft verstanden, dessen Kenntnis und Berücksichtigung zur Steigerung der Unternehmensleistung beitragen kann.[83]

Ausgehend von allgemeinen Richtlinien internationaler Initiativen zur unternehmerischen Verantwortlichkeit, werden in diesem Kapitel als weitere Instrumente internationale Zertifizierungen aus den Bereichen Umweltschutz und Arbeitssicherheit, verschiedene Arten der Nachhaltigkeitsberichterstattung und eine Auswahl relevanter Gütesiegel dargestellt, die Industriekunden und Endverbraucher eine verantwortliche Unternehmenstätigkeit und nachhaltigen Ressourcenumgang signalisieren sollen.

Abbildung 7 zeigt eine kategorisierte Übersicht der betrachteten Instrumente, unterschieden nach Codes, Standards und Gütesiegeln und ökologischer bzw. sozialer Ebene. Einige der Instrumente sind doppelt angeführt, da sie explizit beide Ebenen abdecken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: CSR-Instrumente im Überblick
Quelle: Eigene Darstellung

3.1 Internationale Initiativen und Richtlinien

In diesem Teilabschnitt werden die Prinzipien und Leitfäden internationaler Organisationen vorgestellt, die weltweit und branchenunabhängig angewendet werden können und ein breites Feld an CSR-Themengebieten abdecken. Sie verfolgen das Ziel allgemein gültige Wertvorstellungen und Normen in der Struktur und der Politik der Unternehmen zu verankern.[84]

3.1.1 OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen

Die OECD wurde 1961 als ökonomisches Pendant zur Nato gegründet und umfasst 30 Mitgliedsstaaten, in der Mehrzahl Industrieländer, die sich allesamt zur Marktwirtschaft und einer freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Ziel dieser Organisation ist es, die ökonomischen, gesellschaftlichen und regierungspolitischen Herausforderungen und Chancen der Globalisierung anzugehen und zu einer nachhaltigen ökonomischen Entwicklung beizutragen.[85] Die 1976 eingeführten und im Jahr 2000 aktualisierten Richtlinien für multinationale Unternehmen stellen Empfehlungen seitens der Mitgliedsregierungen an die Wirtschaft dar und umfassen weitreichende, freiwillige Anweisungen unternehmerisch verantwortlichen Handelns, die von der ordnungsgemäßen Versteuerung, über Menschenrechte und Kon-sumenteninteressen bis zu hin Wissenschaft und Technik reichen.[86] Die Richtlinien (siehe Anhang 2) gelten als einziges multilaterales und umfassendes Regelwerk, das Regierungen ausgehandelt haben und in dessen Folge sie sich verpflichten, zur Lösung unternehmerischer Probleme beizutragen.[87] Als ganzheitlicher Ansatz, der viele Möglichkeiten zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch die Unternehmen aufzeigt und konkretisiert, bilden die OECD-Leitsätze die Basis für zahlreiche Verhaltensnormen und CSR-Grundsätze multinationaler Konzerne.[88]

3.1.2 Global-Sullivan-Prinzipien

Der baptistische Pfarrer Leon H. Sullivan, ein afro-amerikanischer Aktivist gegen die Apartheid und damals Vorstandsmitglied von General Motors, begründete im Jahr 1977 die „Sullivan Principles“ für Unternehmen in Südafrika. Zwölf der größten amerikanischen Unternehmen, darunter IBM, Ford und General Motors bekannten sich daraufhin öffentlich zur Einhaltung dieser Richtlinien, welche insbesondere die gleichberechtigte Behandlung schwarzer Arbeiter im südafrikanischen Apartheidregime einforderten, die sich bis dato zahlreicher Diskriminierungen ausgesetzt sahen und das auch innerhalb der Unternehmen aufgrund der bestehenden Vorschriften und Verhaltensweisen.[89] Die Richtlinien des 2001 verstorbenen Predigers schufen aus juristischer Sicht einen Präzedenzfall, da sie Unternehmen erstmals aufforderten, im Sinne des Menschenrechts gegen gültige Gesetze zu verstoßen.[90] Somit leisteten die Sullivan-Prinzipien, neben weiteren wichtigen Faktoren, einen entscheidenden Beitrag zur Abschaffung der Apartheid in Südafrika Anfang der 90er-Jahre.[91]

Um multinationale Unternehmen zur länderübergreifenden Integration der Menschen-rechte und des gesellschaftspolitischen Engagements in ihre Geschäftstätigkeit anzuspornen, schuf Sullivan 1997 die „Global Sullivan Principles of Social Responsibility“. Diese aktualisierten Grundsätze (siehe Anhang 3) sind branchen-übergreifend auf Organisationen jeglicher Größe anwendbar und verpflichten die Unterzeichner zur Implementierung der Prinzipien in die unternehmenspolitischen Prozesse, bedürfen jedoch keiner Nachweisprüfung.[92] Teilnehmende Organisationen verpflichten sich lediglich dazu, jährlich einen Bericht über die Umsetzung der Prinzipien zu veröffentlichen.[93]

[...]


[1] Vgl. Friedman, M. (1970), S. 32f.

[2] Vgl. UNCTAD (2002), online.

[3] Vgl. Matten, D./Crane, A./Chapple, W. (2003), S. 116.

[4] Vgl. McIntosh, M. et al. (2003), S. 15ff.

[5] Vgl. Maignan, I./Ferrel, O.C. (2004), S. 3.

[6] Vgl. Smith, C.N. (2003), S. 55.

[7] Vgl. Crane, A./Matten, D. (2007), S. 9.

[8] Vgl. Hansen, U./Schrader, U. (2005), S. 376f.

[9] Vgl. Lee, M.-D.P. (2008), S. 53ff.

[10] Vgl. Suchanek, A. (2007), S. 122f.

[11] Vgl. Sethi, S.P. (1975), S. 58.

[12] Vgl. Schwartz, M.S./Carroll, A.B. (2003), S. 503.

[13] Vgl. Loew, T. et al. (2004), S. 48.

[14] Vgl. Matten, D./Moon, J. (2008), S. 405ff.

[15] Vgl. Carroll, A.B. (1999), S. 268.

[16] Vgl. Lee, M.-D.P. (2008), S. 56f.

[17] Vgl. Loew et al. (2004), S. 7f.

[18] Vgl. Davis, K. (1967), S. 46.

[19] Vgl. Maignan, I./Ferrell, O.C. (2004), S. 4.

[20] Vgl. Schwartz, M.S./Carroll, A.B. (2003), S. 504.

[21] Carroll, A.B. (1979), S. 500.

[22] Vgl. Weber, M. (2008), S. 40.

[23] Vgl. Carroll, A.B. (1979), S. 500.

[24] Vgl. Meffert, H./Münstermann, M. (2005), S. 6.

[25] Europäische Kommission (2001), S. 7.

[26] Vgl. Kuhlen, B. (2005), S. 7.

[27] Vgl. Europäische Kommission (2002), S. 6.

[28] Vgl. Meffert, H./Münstermann, M. (2005), S. 21.

[29] Vgl. Maignan, I./Ferrell, O.C. (2004), S. 4.

[30] Vgl. Wood, D.J. (1991), S. 695 f.

[31] Vgl. McWilliams, A./Siegel, D./Wright, P.M. (2006), S. 1.

[32] Vgl. Smith, C.N. (2003): S. 55.

[33] Vgl. Bode, M. (2007), S. 5.

[34] Vgl. Rat für nachhaltige Entwicklung (2006), S. 34.

[35] Vgl. Pommerening, T. (2005), S. 3.

[36] Vgl. Freeman, R.E. (2004), S. 231.

[37] Vgl. Matten, D./Crane, A./Chapple, W. (2003), S. 110f.

[38] Vgl. Doh, J.P./Guay, T.R. (2006), S. 56.

[39] Vgl. Husted, B.W./Allen, D.B. (2000), S. 24.

[40] Vgl. Waddock, S. (2004), S. 12ff.

[41] Vgl. Loew et al. (2004), S. 22.

[42] Vgl. Matten, D./Crane, A. (2005), S. 166.

[43] Vgl. Matten, D./Crane, A./Chapple, W. (2003), S. 111.

[44] Vgl. Beckmann, M. (2007), S. 6.

[45] Vgl. Hansen, U./Schrader, U. (2005), S. 376ff.

[46] Vgl. Matten, D./Crane, A./Chapple, W. (2003), S. 112f.

[47] Vgl. McIntosh, M. (2007), S. 99ff.

[48] Hauff, V. (1987), S. 46.

[49] Vgl. Elkington, J. (2007), S. 133.

[50] Vgl. Schaltegger, S./Müller, M. (2008), S. 25f.

[51] Vgl. Loew, T. et al. (2004), S. 70f.

[52] Vgl. Rat für nachhaltige Entwicklung (2006), S. 19.

[53] Vgl. Meffert, H./Münstermann, M. (2005), S. 19f.

[54] Wood, D. (1991), S. 693.

[55] Vgl. Waddock, S. (2004), S. 11.

[56] Vgl. Kapitel 4.2.

[57] Vgl. Pieper, A. (2003), S. 98.

[58] Vgl. Homann, K./Lütge, C. (2004), S. 93.

[59] Vgl. Matten, D./Crane, A. (2007), S. 54.

[60] Vgl. Matten, D./Crane, A. (2007), S. 57f.

[61] Vgl. Amba-Rao, S.C. (1993), S. 555.

[62] Vgl. OECD (2004), S. 11f.

[63] Vgl. Aguilera, R.V./Jackson, G. (2003), S. 459f.

[64] Vgl. Bassen, A./Jastram, S./Meyer, K. (2005), S. 234 f.

[65] Vgl. Money, K./Schepers, H. (2007), S. 4.

[66] Vgl. Money, K./Schepers, H. (2007), S. 6.

[67] Vgl. Göbbels, M./Jonker, J. (2003), S. 54.

[68] Vgl. Carroll, A.B. (1991), S. 42.

[69] Vgl. Carroll, A.B./Buchholtz, A.K. (2003), S. 39ff.

[70] Vgl. Schwartz, M.S./Carroll, A.B. (2003), S. 505.

[71] Vgl. Vgl. Carroll, A.B. (1991), S. 42f.

[72] Vgl. Schwartz, M.S./Carroll, A.B. (2003), S. 503ff.

[73] Vgl. Welzel, E. (2008), S. 58.

[74] Vgl. Schwartz, M.S./Carroll, A.B. (2003), S. 520.

[75] Vgl. Welzel, E. (2008), S. 58.

[76] Vgl. Quazi, A.M./O`Brien, D. (2000), S. 35.

[77] Vgl. Quazi, A.M./O`Brien, D. (2000), S. 36.

[78] Vgl. Matten, D./Moon, J. (2008), S. 405f.

[79] Vgl. Matten, D./Moon, J. (2008), S. 409.

[80] Vgl. Matten, D./Stern, L.N. (2004), S. 20ff.

[81] Vgl. Europäische Kommission (2004), S. 5.

[82] Vgl. Blickle, K.-H. (2001), S. 149.

[83] Vgl. Sillanpää, M. (2007), S. 8.

[84] Vgl. McIntosh, M. et al. (2003), S. 132.

[85] Vgl. OECD (2008), S. 7ff.

[86] Vgl. Leipziger, D. (2003), S. 53.

[87] Vgl. Evans, J. (2002), S. 21.

[88] Vgl. Leipziger, D. (2003), S. 53f.

[89] Vgl. Sethi, S.P./Williams, O.F. (2000), S. 169.

[90] Vgl. Leipziger, D. (2003), S. 68f.

[91] Vgl. Habisch, A. (2003), S. 173.

[92] Vgl. Global Sullivan Principles (2008), online.

[93] Vgl. McIntosh, et al. (2003), S. 109.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836626439
DOI
10.3239/9783836626439
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Mannheim – Betriebswirtschaftslehre, Internationales Management
Erscheinungsdatum
2009 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
corporate responsibility citizenship sustainability erfolgswirkung management
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Titel: Corporate Social Responsibility als Gegenstand unternehmerischen Handelns
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