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Österreichische Kulturstandards aus der Sicht kroatischer Manager

©2008 Diplomarbeit 168 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
internationales Management und internationale Handelskompetenz immer mehr an Bedeutung. Mitarbeiter werden oft ins Ausland entsendet, wo sie nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Rahmen einer fremden Kultur ausgesetzt sind. Holzmüller weist darauf hin, dass bei internationalen Unternehmen praktisch in allen Bereichen internationale Kompetenz gefragt ist; sei es bei einer Tätigkeit, die nach außen gerichtet ist - wie zum Beispiel beim Kontakt mit fremdkulturellen Geschäftspartnern - oder bei einer nach innen gerichteten Tätigkeit - wie in der täglichen Zusammenarbeit mit fremdkulturellen Mitarbeitern.
Die Ermittlung der kulturellen Unterschiede zwischen Kroatien und Österreich ist allein auf Grund der intensiven Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern äußerst wichtig. Kroatien ist einer der wichtigsten österreichischen Wirtschaftspartner in Südosteuropa und nimmt den ersten Platz bei österreichischen Investitionstätigkeiten ein. Es ist anzunehmen, dass sowohl die wirtschaftlichen als auch die Beziehungen auf persönlicher Ebene zwischen den beiden Ländern in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist es, Unterschiede zwischen der kroatischen und der österreichischen Kultur aufzuzeigen und ein besseres Verständnis für die jeweils andere Kultur zu fördern. Da bereits im Jahr 2003 eine Diplomarbeit über kroatische Kulturstandards aus der Sicht österreichischer Manager von Alexander Real verfasst worden ist, galt es, auch die andere Sichtweise zu erkunden, um ein Spiegelbild erstellen zu können. Die österreichischen Kulturstandards aus der Sicht kroatischer Manager wurden ebenfalls nach der Kulturstandardmethode von Alexander Thomas ermittelt bzw. mittels offener qualitativer Interviews erfragt. Die Ergebnisse der Interviews werden im empirischen Teil der Diplomarbeit präsentiert. Eine Besonderheit dieser Arbeit stellt der überdurchschnittlich hohe Anteil der Frauen bei der Befragung dar. Fast 50% aller Gesprächspartner waren Frauen, womit der neue Forschungsschwerpunkt in der sozialen Forschung stark berücksichtigt wurde.
Im theoretischen Teil werden alle für diese Arbeit relevanten Aspekte behandelt. Nach einer Definition von Kultur und einem Überblick über ihre Funktionen und Charakteristika werden universelle Ansätze des Kulturvergleichs vorgestellt, welche bei der Darstellung der Ergebnisse als Ergänzung oder Erklärung kultureller Phänomene herangezogen werden. Ferner […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Petra Devcic
Österreichische Kulturstandards aus der Sicht kroatischer Manager
ISBN: 978-3-8366-2615-6
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Wirtschaftsuniversität Wien, Wien, Österreich, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS
I.
EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT ... 4
II. THEORETISCHE GRUNDLAGEN ... 5
1. Überblick über Ansätze zur Erfassung des Kulturvergleichs ... 5
1.1 Der
Kulturbegriff
...
5
1.2
Funktionen und Charakteristika von Kultur ... 9
1.3 Der
Kulturvergleich
...
10
2
Etisch-inhaltliche Ansätze des Kulturvergleichs ... 12
2.1
Kulturdimensionen nach Geert Hofstede ... 12
2.2
Die GLOBE Studie ... 16
2.3
Kulturdimensionen nach Fons Trompenaars ... 21
2.4
Kulturdimensionen nach Hall und Hall ... 24
2.5
Abschließende Würdigung und kritische Betrachtung der vorgestellten Methoden 27
3
Emisch-bilateraler Ansatz des Kulturvergleichs ... 31
3.1
Der Kulturbegriff nach Alexander Thomas ... 31
3.2 Kulturstandards
...
32
3.3
Ermittlung von Kulturstandards ... 32
3.4
Die Methode der Kulturstandards ... 33
3.5
Praktische Anwendung des Kulturstandardmodells ... 34
3.6
Kritische Betrachtung des Modells ... 36
4
Qualitative Sozialforschung ... 38
4.1
Merkmale qualitativer Sozialforschung ... 39
4.2
Das qualitative Interview ... 40
4.3
Das narrative Interview ... 42
4.4 Qualitative
Inhaltsanalyse
...
44
III. EMPIRISCHE STUDIE ... 46
5
Methodologie ... 46
5.1
Untersuchungszeitraum und Design ... 46
5.2
Anwerbung und Auswahl der Interviewteilnehmer ... 47
5.3 Kontaktaufnahme
...
47
5.4
Statistisches Profil der Interviewpartner ... 47
5.5
Sammlung kritischer Interaktionssituationen ... 49
5.6
Sammlung von Selbstbeurteilungen ... 50
5.7
Sammlung von mono- bzw. fremdkulturellen Beurteilungen ... 51
5.8
Ermittlung von Kulturstandards ... 51
5.9
Problemfelder bei der Ermittlung der Kulturstandards ... 51

Inhaltsverzeichnis
6
Österreichische Kulturstandards aus der Sicht kroatischer Manager ... 52
6.1
Titelbetonung, Respekt vor erlangten Positionen ... 53
6.2
Höheres Verantwortungsgefühl gegenüber der Arbeit ... 62
6.3
Trennung zwischen Privat- und Berufsleben ... 72
6.4 Schwache
Beziehungsorientierung
...
85
6.4.1 Anderer
Familienbund
...
92
6.4.2 Freundschaften
...
103
6.4.3 Nachbarn
...
112
6.4.4
Geschäft steht vor Beziehung ... 117
6.5 Planungsliebe
...
123
6.6 Regelbefolgung,
Ordnung
...
131
6.7 Sparsamkeit,
Kostenbewusstsein
...
138
6.7.1 Getrenntes
Zahlen
...
141
6.7.2
Andere Prioritäten, wenig Modebewusstsein ... 146
6.8
Exkurs ­ Frauen in Österreich ... 151
IV. ZUSAMMENFASSUNG ­ Kroatien und Österreich im Vergleich ... 157
V. SCHLUSSBEMERKUNGEN ... 161
VI LITERATURVERZEICHNIS ... 163

Einleitung und Zielsetzung der Arbeit
4
I.
EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT
Auf Grund der zunehmenden Internationalisierung des Wirtschaftslebens gewinnen
internationales Management und internationale Handelskompetenz immer mehr an
Bedeutung. Mitarbeiter werden oft ins Ausland entsendet, wo sie nicht nur im beruflichen,
sondern auch im privaten Rahmen einer fremden Kultur ausgesetzt sind. Holzmüller weist
darauf hin, dass bei internationalen Unternehmen praktisch in allen Bereichen internationale
Kompetenz gefragt ist; sei es bei einer Tätigkeit, die nach außen gerichtet ist ­ wie zum
Beispiel beim Kontakt mit fremdkulturellen Geschäftspartnern ­ oder bei einer nach innen
gerichteten Tätigkeit ­ wie in der täglichen Zusammenarbeit mit fremdkulturellen
Mitarbeitern (vgl. Holzmüller 1997, S. 69f.).
Die Ermittlung der kulturellen Unterschiede zwischen Kroatien und Österreich ist allein auf
Grund der intensiven Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern äußerst wichtig.
Kroatien ist einer der wichtigsten österreichischen Wirtschaftspartner in Südosteuropa und
nimmt den ersten Platz bei österreichischen Investitionstätigkeiten ein (vgl. Passin, Felkier
2006, S. 62). Es ist anzunehmen, dass sowohl die wirtschaftlichen als auch die Beziehungen
auf persönlicher Ebene zwischen den beiden Ländern in Zukunft noch weiter ausgebaut
werden.
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist es, Unterschiede zwischen der kroatischen und der
österreichischen Kultur aufzuzeigen und ein besseres Verständnis für die jeweils andere
Kultur zu fördern. Da bereits im Jahr 2003 eine Diplomarbeit über kroatische Kulturstandards
aus der Sicht österreichischer Manager von Alexander Real verfasst worden ist, galt es, auch
die andere Sichtweise zu erkunden, um ein Spiegelbild erstellen zu können. Die
österreichischen Kulturstandards aus der Sicht kroatischer Manager wurden ebenfalls nach
der Kulturstandardmethode von Alexander Thomas ermittelt bzw. mittels offener qualitativer
Interviews erfragt. Die Ergebnisse der Interviews werden im empirischen Teil der
Diplomarbeit präsentiert. Eine Besonderheit dieser Arbeit stellt der überdurchschnittlich hohe
Anteil der Frauen bei der Befragung dar. Fast 50% aller Gesprächspartner waren Frauen,
womit der neue Forschungsschwerpunkt in der sozialen Forschung stark berücksichtigt
wurde.
Im theoretischen Teil werden alle für diese Arbeit relevanten Aspekte behandelt. Nach einer
Definition von Kultur und einem Überblick über ihre Funktionen und Charakteristika werden
universelle Ansätze des Kulturvergleichs vorgestellt, welche bei der Darstellung der
Ergebnisse als Ergänzung oder Erklärung kultureller Phänomene herangezogen werden.
Ferner wird das Kulturstandardkonzept von Alexander Thomas erklärt, auf dessen Theorie die
vorliegende Arbeit basiert. Da das Kulturstandardkonzept auf den Grundsätzen qualitativer
Sozialforschung aufbaut, wird auch auf die für diese Arbeit relevanten Methoden näher
eingegangen.

Theoretische Grundlagen
5
II.
THEORETISCHE GRUNDLAGEN
1.
Überblick über Ansätze zur Erfassung des Kulturvergleichs
1.1
Der Kulturbegriff
Da in der Wissenschaft so viele verschiedene Disziplinen das Wort Kultur benutzen, ist in der
Literatur keine einheitliche Definition von Kultur zu finden; der Kulturbegriff wird je nach
Forschungsschwerpunkt unterschiedlich ausgestaltet (vgl. Brück 2002, S. 11).
Während zum Beispiel Anthropologen unter Kultur Bräuche und Riten verstehen, welche sich
im Laufe der Geschichte in den Gesellschaften unterschiedlich entwickelt haben, finden
Manager, dass sich Kultur ,,an bestimmten Werten orientieren soll, die die Manager ihren
Unternehmen einimpfen wollen" (vgl. Schein 1995, S. 18).
Ajiferuke und Boddewyn beschreiben diesen Sachverhalt sehr treffend: ,,Culture is one of
those terms that defy a single all-purpose definition, and there are as many meanings of
culture as people using the term" (Ajiferuke/Boddenwyn 1970; zitiert in Feichtinger 1998,
S. 18).
Bereits in den fünfziger Jahren haben Kroeber & Kluckhohn über 150 unterschiedliche
Definitionen von Kultur miteinander verglichen und definierten Kultur letztlich wie folgt:
,,Kultur besteht aus expliziten und impliziten Verhaltensmustern, die durch Symbole
erworben und vermittelt werden, die spezifische Leistungen einer menschlichen Gruppe
begründen, einschließlich ihrer Verkörperung in Kulturprodukten. Der Wesensgehalt der
Kultur besteht aus tradierten (historisch gewachsenen und selektierten) Ideen und damit
verbundenen Wertvorstellungen. Kulturelle Systeme können einerseits als Ergebnisse von
Handlungen und andererseits als Bedingungselemente von Handlungen betrachtet werden"
(Kroeber/Kluckhohn 1952, S. 181).

Theoretische Grundlagen
6
Aus dieser sowie auch aus vielen anderen Kulturdefinitionen geht hervor, dass Kultur mehrere
Ebenen umfasst.
Prinzipiell kann zwischen horizontalen und vertikalen Ebenen der Kultur unterschieden
werden. Die horizontalen Ebenen von Kultur unterscheiden zwischen
Gruppen/Unternehmen/Organisationen, Nationen/Ländern und Kulturkreisen (vgl. Brück
2002, S. 14ff).
Dies wird aus der folgenden Abbildung deutlich:
Abb.1: Horizontale Ebenen von Kultur
Quelle: Brück 2002, S.15
Die Kulturkreise stellen die unpräziseste Einheit der Kultur dar und beschränken sich nur auf
wenige oder sogar auf nur eine Gemeinsamkeit der Mitglieder einer Kultur, wie zum Beispiel
Religion oder Sprache.
Die am häufigsten verwendete Eingrenzung zwischen Kulturen ist hingegen jene zwischen
Ländern und Nationen. Wenn man in diesem Fall von Kultur spricht, so meint man die Kultur
eines Landes und bezieht sich auf dessen Bewohner. Man muss allerdings mit
Verallgemeinerungen vorsichtig sein und in Bedacht nehmen, dass innerhalb eines Landes
auch verschiedene Subkulturen existieren. Diese bilden den engsten Kreis der horizontalen
Ebene, sind aber trotzdem sehr breit gefasst. Dies bedeutet, dass sie von Familien über
Organisationen bis hin zu Berufsgruppen reichen können (vgl. Brück 2002, S. 16).
Gruppen/
Unternehmen/
Organisationen
Nationen/Länder
Kulturkreise

Theoretische Grundlagen
7
Mit den vertikalen Ebenen der Kultur hat sich Schein (1985) auseinandergesetzt und diese
anhand seines Eisbergmodells wie folgt dargestellt:
Abb.2: Das Eisbergmodell
Quelle: Schein 1985, S. 14
Die oberste Ebene ­ ,,Artifacts and Behaviour" ­, die sozusagen über der Wasseroberfläche
liegt, deutet auf alle hörbaren und sichtbaren Aspekte einer Kultur hin. Diese können von
Sprache über Kunst, Architektur, Kleidung, Essen bis hin zur Technologie reichen. Diese
Ebene ist zwar leicht zu beobachten, aber schwer zu entschlüsseln. Um diese Aspekte auch zu
verstehen, muss man sich zuerst mit der darunter gelegenen Ebene ­ mit Werten und Normen
einer Kultur ­ auseinandersetzen (vgl. Schein 1995, S. 30).
,,Values and Norms", die bereits unter der Wasseroberfläche liegen, deuten auf weniger
greifbare Aspekte einer Kultur hin. Hier geht es um Werte, Einstellungen und Normen, die
das Verhalten von Personen steuern. Während Normen verschiedene Handlungsvarianten
vorschreiben, dienen Werte dazu, eine der vorgeschriebenen Handlungsalternativen
auszuwählen. Wenn man über diese Ebene Bescheid weiß, kann man sich erklären, wieso es
in bestimmten Kulturen zu gewissen Handlungen kommt (vgl. Schein 1995, S. 32).
Die ,,Basic Assumptions" stellen für Schein den eigentlichen Kern der Kultur dar. Diese
Basisannahmen sind eng mit den Werten und Normen verbunden, aber weder sichtbar, noch
sind sich die Mitglieder der betroffenen Kultur ihrer Existenz oder ihrer Wirkung bewusst.
Man handelt nach diesen Annahmen und nimmt sie als selbstverständlich, natürlich und
richtig wahr. Sie sind so weit verinnerlicht, dass sie gar nicht in Frage gestellt werden (vgl.
Schein 1995, S. 33).

Theoretische Grundlagen
8
Auf die Bedeutung der letzten Ebene weisen ebenso Samovar und Porter (1994, S. 62) hin; da
ihrer Meinung nach Kultur angelernt ist, werden Werte, Einstellungen und demnach auch
gewünschte Verhaltensweisen an die Kinder von ihrer Geburt an weitervermittelt. Das Lernen
geschieht dabei meist unbewusst.
In welche der letzten zwei Ebenen nach Schein die Ergebnisse der Kulturforscher wie
Trompenaars, Hofstede oder Thomas eingeordnet werden können, ist in der Literatur noch
umstritten. Da dieser letzte Bereich so schwer zugänglich ist, kamen verschiedene Autoren zu
unterschiedlichen Ergebnissen (vgl. Brück 2002, S. 19).
Im Hinblick auf das Individuum kann gesagt werden, dass sowohl die horizontalen als auch
die vertikalen Ebenen dieses auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Wenn es zu
internationalen Begegnungen kommt, so trägt jede Persönlichkeit sowohl die nationale Kultur
als auch die subkulturellen Standards in sich, die man auch als ,,Ausdruck kulturinterner
Differenzierung" verstehen kann und die sich auf deren Verhalten auswirken (Brück 2002,
S. 19).

Theoretische Grundlagen
9
1.2
Funktionen und Charakteristika von Kultur
Schon vor zweihundert Jahren hat Thomas Fuller gemeint, Kultur wäre dazu da, um ,,alles
einfacher zu machen" (zitiert in Samovar, Porter 1994, S. 49). Diese Aussage ist auch heute
noch aktuell, denn Kultur gibt tatsächlich einen Rahmen vor, innerhalb dessen man sich
orientieren kann. Auf diese Art und Weise wird die Welt ,,vorhersehbarer" und strukturierter.
Die Mitglieder einer Kultur wissen, welche Verhaltensweisen gewünscht sind und akzeptiert
werden, und welche nicht. Sie wissen, was für Verhaltensweisen sie von ihrem Gegenüber in
bestimmten Situationen erwarten können, was das Leben um einiges einfacher macht (vgl.
Samovar, Porter 1994, S. 49). Diese These impliziert, dass Kultur nicht angeboren, sondern
angelernt ist. Die Eltern zeigen ihren Kindern von Geburt an vor, wie sie sich verhalten
sollen. Man könnte es auch wie folgt ausdrücken: ,,Culture ist the collection of life patterns
that our elders give us" (Samovar, Porter 1994, S. 55).
Erlernt wird Kultur durch Interaktion, durch Beobachten und Nachahmen. Wir lernen, wie wir
jemanden begrüßen, beobachten die Rollenaufteilung in unserer Gesellschaft und lachen z. B.
über dieselben Scherze wie unsere Eltern oder Freunde. Dieses bewusste Lernen ist leicht zu
sehen und zu erklären, meist geschieht Lernen allerdings unbewusst. Ruben (zitiert in
Samovar, Porter 1994, S. 56) meint, dass ,,the presence of culture is so subtle and pervasive
that it simply goes unnoticed. It´s there now, it´s been there as long as anyone can remember,
and a few of us have reason to think much about it." Hiermit wird auch die dritte Ebene von
Scheins Theorie unterstützt und deutet ebenfalls darauf hin, dass der essenzielle Teil der
Kultur unbewusst ist und nicht hinterfragt wird. Lernen erfolgt zum Großteil auf unbewusster
Basis und unterscheidet so eine Kultur von der anderen.
Samovar und Porter (1994, S. 58ff.) haben einige Charakteristika von Kulturen
herausgearbeitet und weisen in ihrer Arbeit darauf hin, dass Kultur von einer Person zur
anderen weitergegeben wird sowie auch von einer Gruppe oder Generation zur anderen.
Dabei ist der Inhalt der Kultur subjektiv und kommunizierbar und von Gruppe zu Gruppe
unterschiedlich. Jede Kultur repräsentiert eine bestimmte Auswahl aus allen möglichen
Verhaltensweisen, die auf Grundannahmen und Werten basieren, welche die einzelnen
Kulturen voneinander unterscheiden. All die Facetten, die eine Kultur ausmachen, sind
miteinander verbunden, und wenn ein Aspekt berührt wird, so beeinflusst die Veränderung
wie ein Domino-Effekt auch alle anderen Aspekte.
Im Hinblick auf die Wahrnehmung und Interaktion mit anderen Kulturen wird angenommen,
dass die Kultur etnozentrisch ist. Das bedeutet, dass andere Kulturen anhand eigener
Maßstäbe gesehen und demnach auch subjektiv beurteilt werden ­ was unter Umständen zu
Problemen und Missverständnissen in der interkulturellen Interaktion führen kann.
Weiters wird Kultur als ein dynamisches System gesehen, das sich mit der Zeit verändert, sei
es langsam und kontinuierlich oder bedingt durch bestimmte politische, wirtschaftliche oder
gesellschaftliche Ereignisse, wie zum Beispiel durch Regimewechsel, Krieg oder
Zuwanderungen.

Theoretische Grundlagen
10
Wie auch später in der Arbeit sichtbar wird, ergänzen sich die Annahmen von Samovar und
Porter gut mit der Sicht des Kulturforschers Alexander Thomas, nach dessen Theorie der
empirische Teil dieser Arbeit gestaltet wurde.
1.3
Der Kulturvergleich
Kulturen können entweder aus sich heraus (intrakulturell) oder durch den Vergleich mit
anderen Kulturen (interkulturell) betrachtet und erforscht werden. Bei der intrakulturellen
Vorgehensweise werden die ,,Kategorien aus dem inneren Kontext der Kulturen heraus
gebildet", während bei der interkulturellen Methode zwei oder mehrere Kulturen miteinander
verglichen werden (Vgl. Feichtinger 1998, S. 24). Dies kann prinzipiell auf zwei
unterschiedliche Weisen erfolgen.
Während es bei der ersten (etischen) Methode darum geht, universelle Aspekte von Kulturen
herauszufinden, zielt die zweite (emische) Methode darauf ab, kulturspezifische Aspekte
innerhalb einer Kultur zu erforschen (vgl. Bhawuk/Triandis 1996, S. 23­24).
Der emische Ansatz hat eine ,,kulturangepasste" Sichtweise. Dies bedeutet, dass in der
interkulturellen Forschung versucht wird, Phänomene, die in einer bestimmten Population
auftreten, so gut wie möglich abzubilden und länderspezifische Konzepte und
Messinstrumente zu entwickeln. Dies wiederum macht einen kulturübergreifenden Vergleich
schwierig, weil Konzepte, die in einer bestimmten Population entwickelt werden und
gebräuchlich sind, nicht unbedingt universelle Bedeutung haben müssen (vgl. Holzmüller
1995, S. 56). Der emische Ansatz empfiehlt sich vor allem in jenen Forschungsfeldern, in
denen es noch wenig Vorwissen über die zu untersuchenden Sachverhalte gibt. In der
Kulturforschung bedeutet das, zuerst ein grundsätzliches Verständnis von Phänomenen und
deren Kulturgebundenheit in den einzelnen Kulturen zu entwickeln, um nachher
Möglichkeiten der interkulturellen Vergleichbarkeit zu entdecken (vgl. Holzmüller 1995, S.
152).
Bei Forschungsfeldern, bei denen bereits intrakulturelle Erkenntnisse vorliegen und ein
Kulturvergleich als möglich oder sinnvoll eingeschätzt wird, empfiehlt sich die Anwendung
des etischen Ansatzes. Dieser hat eine ,,kulturübergreifende" Sichtweise und hat zum Ziel,
universell gültige Konzepte und Vergleichsmaßstäbe zu identifizieren (vgl. Holzmüller 1995,
S. 56). Dementsprechend wird dieser Ansatz auch von Kulturforschern wie Hofstede,
Trompenaars und Hall eingesetzt, die annehmen, dass Kulturen universell verbreitete und
gültige Dimensionen aufweisen (vgl. Bhawuk,Triandis 1996, S. 23).

Theoretische Grundlagen
11
Zusammengefasst kann also gesagt werden, dass sich für Vergleiche zwischen Kulturen der
etische Ansatz empfiehlt, während sich für das Ergründen einer Kultur der emische Ansatz
besser eignet (vgl. Triandis 1994, S. 68). Die beiden Sichtweisen schließen einander jedoch
keineswegs aus, sondern können als Stufen innerhalb eines Forschungsprozesses gesehen
werden, die einander ergänzen (vgl. Holzmüller 1995, S. 56).
Die folgende Tabelle fasst die Charakteristika der emischen und der etischen Vorgehensweise
zusammen:
emisches Vorgehen
etisches Vorgehen
Der Forscher nimmt einen Standpunkt
innerhalb des Systems ein.
Der Forscher nimmt einen Standpunkt
außerhalb des Systems ein.
Die Untersuchung beschränkt sich auf eine
Kultur.
Es wird eine vergleichende Untersuchung
mehrerer Kulturen vorgenommen.
Der Forscher deckt eine bereits bestehende
Struktur auf.
Die Forscher schaffen selbst die Struktur.
Die Orientierungspunkte orientieren sich an
systemimmanenten Merkmalen.
Die Ordnungsgesichtspunkte sind absolut
und universell.
Abb. 3: Emisches und etisches Vorgehen im Vergleich
Quelle: Holzmüller 1995, S. 55

Theoretische Grundlagen
12
2
Etischinhaltliche Ansätze des Kulturvergleichs
Im folgenden Kapitel werden die Ansätze von Hofstede, Trompenaars und Hall vorgestellt, da
diese zu den bedeutendsten empirischen Arbeiten über Kulturdimensionen zählen. Die ersten
Untersuchungen der Kulturforscher gehen auf die 1960er-, 1980er- und 1990er-Jahre zurück
und wurden immer wieder aktualisiert.
Weiters wird durch das Eingehen auf ihre Arbeit auch der Unterschied zwischen
Kulturdimensionen und Kulturstandards deutlich, welche fälschlicherweise oft synonym
verwendet werden (vgl. Feichtinger 1998, S. 27).
2.1
Kulturdimensionen nach Geert Hofstede
Geert Hofstede definiert Kultur als ,,the collective programming of the mind which
distinguishes the members of one human group from another" (Hofstede 1984, S. 21). Bei
dieser Definition geht es vor allem darum, was er im Rahmen seiner Studie messen konnte;
sie ist also nicht vollständig (vgl. Feichtinger 1998, S. 28).
Hofstede war früher technischer Mitarbeiter im multinationalen Unternehmen IBM und fing
dort mit seinen kulturvergleichenden Untersuchungen an. Er befragte mittels Fragebögen
insgesamt 116.000 Mitarbeiter aus 64 Ländern über ihre Einstellung zur Arbeit. Anschließend
wertete er die Daten aus und ermittelte so seine vier Dimensionen: Machtdistanz,
Individualismus, Maskulinität und Unsicherheitsvermeidung. Später kam durch den
asiatischen Raum die fünfte Dimension Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung hinzu. Da in seiner
Studie Mitarbeiter ein und desselben Unternehmens befragt wurden, führte Hofstede die
unterschiedlichen Ergebnisse auf unterschiedliche (nationale) Kulturen zurück. Weiters stellte
er fest, dass seine Kulturdimensionen in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich
ausgeprägt waren, und konnte so Länder in Ländergruppen klassifizieren (vgl. Feichtinger
1998, S. 28­29). Die Klassifizierung der Länder veranschaulicht Hofstede durch das Bilden
von ,,Country-Clustern"; so wird auf den ersten Blick sichtbar, welche Kulturen sich näher
stehen und welche weiter voneinander entfernt sind. Dies wiederum bietet den Unternehmen
eine gute Grundlage für einen Kommunikations- und Führungsstil, der den Bedürfnissen
dieser Länder angepasst ist (vgl. Fischer 1996, S. 10).

Theoretische Grundlagen
13
In seiner Arbeit erklärt Hofstede, wie sich die vier Dimensionen auf die Gesellschaft
auswirken; er beschränkt seine Analyse also nicht nur auf das Wirtschaftleben, sondern erklärt
auch, welche Auswirkungen diese auf Politik, Religion, Schule und Familienleben haben
(Vgl. Hofstede/Hofstede 2006).
Die Kulturellen Unterschiede zwischen Österreich und Kroatien laut Hofstede werden in der
untenstehenden Graphik ersichtlich:
Abb. 4: Kroatien und Österreich im Vergleich
Quelle: Eigene Darstellung
(nach Ergebnissen von Hofstede 2006, S. 56/105/166/234)
Seine Dimensionen charakterisiert Hofstede folgendermaßen:
·
Machtdistanz (PDI)
Machtdistanz zeigt, zu welchem Ausmaß die Mitglieder einer Gesellschaft bereit sind, die
Ungleichverteilung der Macht in Institutionen und Organisationen zu akzeptieren. In
Organisationen wird ungleiche Machtverteilung meist mit hierarchischen Strukturen in
Verbindung gebracht, was bedeutet, dass Länder, die eine hohe Machtdistanz aufweisen,
hierarchische Strukturen bevorzugen, während Länder mit geringer Machtdistanz eher für
Gleichstellung und Chancengleichheit unter den Menschen plädieren
(vgl. Hofstede 2006,
S. 59).
Kulturdimension nach Geert Hofstede
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
PDI
IDV
MAS
UAI
Österreich
Kroatien

Theoretische Grundlagen
14
Aus dem oben stehenden Diagramm ist zu erkennen, dass Österreich bei der Machtdistanz
einen viel niedrigeren Wert (11) aufweist als Kroatien (73). Dies deutet darauf hin, dass in
Österreich ein großes Bedürfnis nach Gleichstellung und Chancengleichheit unter den
Menschen herrscht. Im Arbeitsleben drückt sich dies durch die Bevorzugung konsultativer
Führungsstile aus; die Mitarbeiter eines Unternehmen erwarten, in Entscheidungen mit
einbezogen zu werden. In gesellschaftlicher Hinsicht gibt es einen geringen Machtunterschied
zwischen Eltern und Kindern sowie Lehrern und Schülern und aufgrund des Alters lassen sich
keine Unterschiede in der Behandlung feststellen.
Politisch gesehen sind Länder mit geringer Machtdistanz oft reiche Länder mit einer breiten
Mittelschicht, wo alle Menschen die gleichen Rechte haben. Innenpolitisch gibt es mehr
Dialog und weniger Gewalt und die Korruption wird weniger wahrgenommen. Das bedeutet,
dass zum Beispiel ein Skandal die politische Karriere leicht beenden kann (Vgl. Hofstede
2006, S. 71ff.).
·
Individualismus (IDV)
Individualistische Gesellschaften bevorzugen ein eher lose zusammenhaltendes Netzwerk,
sorgen nur für sich selbst und die nächsten Familienangehörigen, während kollektivistische
Gesellschaften ein eher enges soziales Netzwerk bevorzugen. Sie sind emotional in
Großfamilien und andere Gruppen integriert und erwarten von diesen Loyalität, Schutz und
Fürsorge (vgl. Hofstede 2006, S. 102).
Im Hinblick auf den Individualismus zählen beide Länder, global gesehen, zu eher
kollektivistischen Kulturen, relativ betrachtet aber weist Österreich im Vergleich zu Kroatien
einen viel höheren Wert auf (55 ­ 33). Es ist also anzunehmen, dass sich Menschen in
Österreich hauptsächlich um sich selbst und um ihre unmittelbare (Kern-)Familie kümmern.
Dies geht aber nicht so weit, dass auch Ressourcen und individueller Besitz geteilt werden.
Die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist als ein Vertrag zwischen zwei
Parteien auf dem Arbeitsmarkt charakterisiert und der Aufgabe selbst kommt gegenüber der
Beziehung eindeutig höhere Priorität zu.
Politisch und gesellschaftlich gesehen haben persönliche Interessen Vorrang gegenüber
gemeinsamen Interessen und individuelle Selbstverwirklichung ist ein angestrebtes Ziel (vgl.
Hofstede 2006, S. 131ff.).
·
Maskulinität (MAS)
In maskulinen Gesellschaften herrscht eine klare Rollendifferenzierung vor; die Männer sind
das bestimmende und materiell orientierte Geschlecht, während sich die Frauen mehr im
Hintergrund halten. Wichtig sind Leistungsstreben, Durchsetzungsvermögen, Stärke und
materieller Erfolg. In femininen Gesellschaften hingegen herrscht die Ansicht, dass beide
Geschlechter in allen gesellschaftlichen Belangen gleichberechtigt sein sollten. Hier stehen
die Emotionen stärker im Vordergrund und es gibt ein größeres Bedürfnis nach warmherzigen
Beziehungen. Der soziale Status ist nicht nur vom materiellen Erfolg abhängig, sondern ist
auch mit immateriellen, ideellen Lebensqualitäten verbunden (vgl. Hofstede 2006, S. 161ff.).

Theoretische Grundlagen
15
Maskulinität ist die am stärksten ausgeprägte Kulturdimension in Österreich und weist einen
Wert von fast 80 auf, während Kroatien relativ feminine Züge zeigt und nur 40 Punkte
erreicht. Charakteristisch für maskuline Kulturen ist das Lebensmotto ,,Man lebt um zu
arbeiten", während bei femininen Kulturen das gegenteilige Motto ,,Man arbeitet um zu
leben" überwiegt. Daraus folgend ist in maskulinen Gesellschaften Geld oft wichtiger als
Freizeit. Im Bezug auf Frauen und Arbeit haben diese prinzipiell die Wahl, ob sie arbeiten
gehen wollen oder nicht, und es sind nur wenige Frauen in fachlich qualifizierten Berufen
vorzufinden. Die Rollenteilung ist eindeutig definiert; die Männer sollen durchsetzungsfähig,
ehrgeizig und hart sein, während Frauen sensibel sein sollten und für die Pflege von
zwischenmenschlichen Beziehungen verantwortlich sind (vgl. Hofstede 2006, S. 179ff.).
·
Unsicherheitsvermeidung (UAI)
Unsicherheitsvermeidung deutet darauf hin, mit wie viel Ängstlichkeit oder Unsicherheit die
Mitglieder einer Gesellschaft unstrukturierten und widersprüchlichen Situationen begegnen.
Gesellschaften mit hoher Unsicherheitsvermeidung schätzen zum Beispiel Institutionen und
Regeln, die Sicherheit versprechen, mehr als Gesellschaften mit niedrigerer
Unsicherheitsvermeidung. Diese wiederum stehen neuen, unbekannten Situationen weniger
kritisch gegenüber und sehen diese mehr als Herausforderung oder Chance als Bedrohung
(vgl. Hofstede 2006, S. 233).
Im Hinblick auf die Unsicherheitsvermeidung weisen Kroatien und Österreich annähernd die
gleichen sehr hohen Werte auf. Kroatien liegt mit einem Wert von 80 nur um knapp 10
Punkte über Österreich. Länder mit hoher Unsicherheitsvermeidung haben prinzipiell ein
emotionales Bedürfnis nach Regeln und Gesetzen, selbst wenn diese nicht befolgt werden. Es
handelt sich dabei viel mehr um das Gefühl der Vorhersehbarkeit. Dies hat zur Folge, dass die
Menschen wenig Flexibilität zeigen und sich mehr auf das Vertraute verlassen, als sich auf
etwas Neues einzulassen. So wird zum Beispiel der Arbeitgeber in Ländern mit starker
Unsicherheitsvermeidung relativ selten gewechselt und die Mitarbeiter zeigen eher Stärke in
der Umsetzung ihrer Arbeitsaufgaben als Erfindungsfreude. Weiters hinterlassen Länder mit
hoher Unsicherheitsvermeidung den Eindruck, in diversen Lebensbereichen konservativ und
intolerant zu sein.
Politisch gesehen halten die Bürger nicht viel von Rechtssystemen und Politikern und zeigen
auch wenig Interesse an der Politik (vgl. Hofstede 2006, S. 263ff.).
Die hier angeführten Charakteristika zeigen nur einen Ausschnitt dessen, was Hofstede in
seiner Arbeit behandelt, und sollen beispielhaft einen Überblick über seine Ergebnisse liefern.
Im empirischen Teil werden die für diese Arbeit relevanten Ergebnisse näher erörtert und
stärker in den Zusammenhang einbezogen. Dadurch wird auch deutlich, wie die einzelnen
Kulturdimensionen miteinander zusammenhängen und sich gegenseitig aufeinander
auswirken.

Theoretische Grundlagen
16
2.2
Die GLOBE Studie
Die GLOBE Studie basiert zu einem Großteil auf Arbeiten von Kulturforschern wie Hofstede
und Kluckhohn und Stroudtbeck und stellt bis zu einem gewissen Grad eine Weiterführung
ihrer Ergebnisse dar. Zum Teil werden diese präzisiert, um neue Aspekte erweitert oder um
einige Aspekte gekürzt. Das erste Konzept wurde zu Beginn der 1990er-Jahre erstellt, die
empirische Untersuchung erfolgte einige Jahre später.
Das Projekt GLOBE definiert Kultur als ,,shared motives, values, beliefs, identities, and
interpretations or meanings of significant events that result from common experiences of
members of collectives that are transmitted across generations" (vgl. House, Javidan 2004,
S. 15). Diese Definition kann sowohl für die gesellschaftliche Kultur als auch für die
Organisationskultur angewendet werden.
Ausgeschrieben bedeutet GLOBE Global Leadership and Organizational Behavior
Effectiveness Research Programm. Der Name impliziert auch das Ziel der Studie: den
kulturellen Einfluss auf Führung und organisatorischen Erfolg sowie wirtschaftliche
Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaften zu erkunden und transkulturelle Führungs- und
Organisationstheorien aufzustellen (vgl. House, Javidan 2004, S. 10). Um dieses Ziel zu
erreichen, wurden 17.000 Fragebögen von mittleren Führungskräften aus 951 Organisationen
in den Branchen Nahrungsmittelindustrie, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation in
insgesamt 62 Ländern ausgewertet (vgl. House, Javidan 2004, S. 22). 170 wissenschaftliche
Mitarbeiter aus allen 62 Ländern haben an der Studie mitgearbeitet, von denen der Großteil
das Projekt in den Ländern vor Ort betreut hat (vgl. House, Javidan 2004, S. 11).
Das Forschungsprogramm von GLOBE umfasst vier Phasen (vgl. House, Javidan 2004, S.
9ff.):
1.
Nach einem intensiven Literaturstudium wurden Fragebögen mit 735 Fragen
entwickelt und an mittlere Führungskräfte verschickt.
2.
In der zweiten Phase wurden die Antworten ausgewertet und neun Kulturdimensionen
und sechs globale Führungsstile herausgearbeitet.
3.
Die dritte Phase beschäftigte sich mit der Wirkung und Effektivität von
Führungsverhalten auf untergeordnete Mitarbeiter.
4.
In der vierten Phase wurden in 25 Ländern weitere Untersuchungen vorgenommen,
um länderspezifische Werte herauszuarbeiten und die empirischen Ergebnisse zu
bestätigen.
Für jede der neun Dimensionen wurden zwei Fragen formuliert. Die eine bezog sich auf die
Tätigkeiten und Werte in Organisationen und der Gesellschaft und wie diese sein sollten
(,,Should be"), und die andere darauf, wie sie wirklich sind (,,As is"). Somit wurden pro Land
insgesamt 18 Werte ermittelt (vgl. House, Javidan 2004, S. 16).

Theoretische Grundlagen
17
Aus der folgenden Abbildung werden die 18 Werte für Österreich sichtbar:
Abb. 5: Societal Culture GLOBE Dimensions
Quelle: Szabo, Reber 2007, S. 121
Abb. 6: Societal Culture Dimensions
Quelle: Szabo, Reber 2007, S. 121

Theoretische Grundlagen
18
Die ersten sechs Dimensionen haben ihren Ursprung in der Arbeit von Hofstede (1980),
wobei die Kulturdimensionen Unsicherheitsvermeidung und Individualismus die gleiche
Konstruktion wie Hofstedes Dimensionen aufweisen. Der Kollektivismus wurde in zwei
Dimensionen unterteilt ­ in den institutionellen Kollektivismus, der sich durch Gesetze,
soziale Programme oder institutionelle Praktiken ausdrückt, welche das gemeinschaftliche
Verhalten fördern sollen, und den gruppeninternen Kollektivismus, welcher die Loyalität der
Individuen der Organisation und deren Familien gegenüber ausdrückt. Da die Mitwirkenden
am GLOBE Projekt der Meinung waren, dass in der Dimension ,,Maskulinität" zu viele
Aspekte berücksichtigt wurden, die für das Konzept der Maskulinität nicht wirklich relevant
waren, wurden auf Basis dieser Dimension zwei neue Dimensionen entwickelt, die als
,,Geschlechtergleichheit" und ,,Selbstbewusstsein" bezeichnet werden (vgl. House, Javidan
2004, S. 13).
Die von GLOBE festgelegten neun Kulturdimensionen lauten wie folgt:
Unsicherheitsvermeidung (Uncertainty Avoidance): ist das Ausmaß, in dem die Mitglieder
einer Organisation oder Gesellschaft danach streben, Unsicherheit durch das Vertrauen in
soziale Normen, Rituale und bürokratische Praktiken zu vermeiden und die
Unvorhersehbarkeit zukünftiger Ereignisse so gering wie möglich zu halten (vgl. House,
Javidan 2004, S. 11f.).
Nach den Ergebnissen der GLOBE Studie weist Österreich bei dieser Dimension einen sehr
hohen Wert auf der ,,As is"-Skala (5.16) und einen ziemlich niedrigen auf der ,,Should be"-
Skala (3.66) auf. Im Vergleich zu den anderen Ländern nimmt Österreich bei dieser
Dimension eine der höchsten Positionen ein, was auch mit den Ergebnissen von Hofstede
übereinstimmt. Die niedrigen Werte auf der ,,Should be"-Skala deuten jedoch darauf hin, dass
die Manager gerne flexibler und risikofreudiger wären (vgl. Szabo, Reber 2007, S. 122).
Machtdistanz (Power Distance): ist der Grad, zu welchem Mitglieder einer Organisation
oder Gesellschaft übereinstimmen und erwarten, dass Macht ungleich verteilt bzw. auf
höheren Ebenen einer Organisation oder Regierung konzentriert ist (vgl. House, Javidan
2004, S. 12).
Nach den Ergebnissen von Hofstede nimmt Österreich bei dieser Dimension im Vergleich zu
anderen Kulturen den niedrigsten Wert ein. Die Untersuchung von GLOBE ergab allerdings
einen mittleren Wert auf der ,,As is"-Skala (4.95) und einen niedrigen Wert auf der ,,Should
be"-Skala (2.44). Berücksichtigt man die beiden Skalen, so stehen die Ergebnisse von
GLOBE in keinem großen Widerspruch zu den Ergebnissen von Hofstede (vgl. Szabo, Reber
2007, S. 124).
Kollektivismus I: Institutioneller Kollektivismus (Institutional Collectivism): ist der
Grad, zu welchem organisatorische und gesellschaftliche institutionelle Praktiken zur
kollektiven Verteilung der Ressourcen und zum gemeinsamen Handeln ermutigen und dies
belohnen (vgl. House, Javidan 2004, S. 12).

Theoretische Grundlagen
19
Kollektivismus II: Gruppeninterner Kollektivismus (In-Group Collectivism): ist der
Grad, zu welchem Individuen Stolz, Loyalität und Bindung an ihre Organisation oder Familie
ausdrücken (vgl. House, Javidan 2004, S. 12).
Österreich weist beim Kollektivismus I und beim Kollektivismus II relativ ähnliche Werte
auf; die Werte auf der ,,Should be"-Skala (4.73 für K1 und 5.27 für K2) sind nur leicht höher
als die auf der ,,As is"-Skala (4.30 für K1 und 4.85 für K2). Hofstede hat Österreich im
Vergleich zu anderen Ländern ebenfalls zu den kollektivistischen Kulturen eingeordnet. Diese
zeichnen sich unter anderem durch ein wirtschaftliches System aus, das gemeinschaftliche
Interessen zu maximieren versucht. Dies ist für Österreich mit der Sozialpartnerschaft der
Fall. Die Bürger einer kollektivistischen Gesellschaft sind außerdem stolz auf ihr Land und es
ist ihnen wichtig, dass andere Kulturen einen positiven Eindruck von diesem gewinnen (vgl.
Szabo, Reber 2007, S. 126).
Geschlechtergleichheit (Gender Egalitarianism): gibt das Ausmaß an, zu dem eine
Organisation oder eine Gesellschaft die Unterschiede in der Rollenverteilung der
Geschlechter verringern und sich für die Geschlechtergleichheit einsetzen (vgl. House,
Javidan 2004, S. 12).
Die GLOBE Untersuchung ermittelte für Österreich einen sehr niedrigen Wert bei dieser
Dimension auf der ,,As is"-Skala (3.09). Dieser Wert sticht bei der GLOBE Untersuchung
jedoch nicht so stark hervor wie bei den Ergebnissen von Hofstede. Zum Teil kann der Grund
hierfür darin liegen, dass der Großteil der befragten Personen in der GLOBE Studie Männer
waren und die Antworten mehr auf gewünschten als auf tatsächlich gelebten Werten basieren
(vgl. Szabo, Reber 2007, S. 125).
Selbstbewusstsein (Assertiveness): deutet auf den Grad hin, zu welchem die Individuen in
Organisationen oder Gesellschaften in sozialen Beziehungen selbstbewusst, aggressiv oder
konfrontativ auftreten (vgl. House, Javidan 2004, S. 12).
Diese Dimension zeigt für Österreich einen relativ hohen Wert auf der ,,As is"-Skala (4.62),
aber einen sehr niedrigen auf der ,,Should be"-Skala (2.81). Hofstede hatte diesen Aspekt in
seiner Dimension ,,Maskulinität" eingebaut, welcher ebenfalls einen hohen Wert aufweist.
Der Trend zu einer mehr egalitären Gesellschaft könnte der Grund für den niedrigen Wert auf
der ,,Should be"-Skala sein (vgl. Szabo, Reber 2007, S. 127).
Zukunftsorientierung (Future Orientation): Diese Dimension wurde von Kluckhohns und
Stroudtbecks (1961) Dimension ,,Past, Present, Future Orientation" abgeleitet und ist auch
bis zu einem gewissen Grad der fünften Dimension von Hofstede (Langzeitorientierung)
ähnlich. Hierbei handelt es sich um den Grad, zu dem sich Individuen in Organisationen oder
Gesellschaften in zukunftsorientiertem Verhalten wie Planung, Zukunftsinvestition oder
aufschiebende Belohnung engagieren (vgl. House, Javidan 2004, S. 12).
Wie man der Graphik entnehmen kann, empfinden die österreichischen mittleren Manager die
Zukunftsorientierung in Österreich als mittelmäßig und hätten gerne einen höheren Wert bei
dieser Dimension. Nichtsdestotrotz ist Österreich im Vergleich zu anderen Ländern ziemlich
hoch auf der ,,As is"-Skala (4.46) und relativ niedrig auf der ,,Should be"-Skala (5.11)
positioniert (vgl. Szabo, Reber 2007, S. 122).

Theoretische Grundlagen
20
Leistungsorientierung (Performance Orientation):
Diese Dimension entstand aus McClellands Arbeit (1961) über das Bedürfnis nach Leistung
und gibt das Ausmaß an, zu dem eine Organisation oder Gesellschaft Gruppenmitglieder zur
Leistungsverbesserung und Exzellenz ermutigt und dafür belohnt. Es wird angenommen, dass
die Leistungsorientierung bis zu einem gewissen Grad auch die Wirtschaftsleistung eines
Landes vorhersagen kann (vgl. House, Javidan 2004, S. 13).
Österreich zeigt einen hohen Wert auf der ,,As is"-Skala (4.44) und einen sogar noch höheren
Wert auf der ,,Should be"-Skala (6.10). Dies ist ziemlich überraschend, weil andere
Kulturforscher wie z. B. Trompenaars nicht zu denselben Ergebnissen gekommen sind. Ein
Indikator für die Leistungsorientierung einer Gesellschaft ist das Unternehmertum. Man kann
Österreich jedoch nicht zu unternehmerischen Gesellschaften zählen; ganz im Gegenteil:
Entrepreneurship wird in Österreich noch immer nicht hoch anerkannt, was sich aber im
Laufe der Zeit ändern könnte. Der Trend bewegt sich langsam in diese Richtung (vgl. Szabo,
Reber 2007, S. 127).
Humane Orientierung (Humane Orientation): hat ihre Wurzeln in Kluckhohns und
Stroudtbecks Arbeit (1961), genauer gesagt in der Dimension ,,Human Nature Is Good vs.
Humane Nature Is Bad" sowie in Putnams Arbeit (1993) über die bürgerliche Gesellschaft.
Sie bestimmt den Grad, zu welchem Individuen in Organisationen oder Gesellschaften andere
Individuen für gerechtes, altruistisches, freundliches, großzügiges und sorgsames Verhalten
belohnen (vgl. House, Javidan 2004, S. 13).
Diese Dimension weist Ähnlichkeiten mit der Dimension ,,Geschlechtergleichheit" auf; der
Wert hierfür liegt in der Mitte, bei 3.72 Punkten, sollte aber aus Managersicht viel höher
liegen (bei 5.76). Wie auch bei Geschlechtergleichheit kommt dieser Dimension öffentlich
viel Aufmerksamkeit zu; man verpflichtet sich zu vielem und spricht auch viel darüber, aber
effektiv wird wenig getan (vgl. Szabo, Reber 2007, S. 125).
Die hier dargestellten Ergebnisse basieren auf Daten, welche nach weiteren qualitativen
Untersuchungen in einem zweiten Band veröffentlicht wurden (Phase 4 des GLOBE
Projektes). Hierbei wurden 25 von 62 Ländern nochmals genau untersucht und analysiert. Bei
diesen 25 Ländern war Kroatien nicht dabei, weshalb es hier nur möglich war, auf die Werte
für Österreich einzugehen und keinen Vergleich zwischen den beiden Ländern zu erstellen.

Theoretische Grundlagen
21
2.3
Kulturdimensionen nach Fons Trompenaars
Trompenaars behandelt in seiner Arbeit kulturelle Unterschiede und wie sich diese auf die
Praxis des Wirtschaftslebens und des Managements auswirken.
Kultur definiert er als den ,,Weg, auf dem menschliche Gesellschaften zur Lösung von
Problemen finden" (Trompenaars 1993, S. 18). Seine Ansicht von Kultur gleicht der von
Schein; nur statt von Ebenen spricht Trompenaars von Schichten und bezeichnet diese als
Grundannahmen, Normen und Werte und Dinge und Produkte.
Zu seinen Ergebnissen kam Trompenaars durch fünfzehn Jahre akademischer und beruflicher
Forschung, in deren Rahmen er die Beziehungen zwischen Kultur und Management
untersucht hat (vgl. Feichtinger 1998, S. 40).
Prinzipiell ist Trompenaars der Meinung, dass alle Menschen den gleichen Problemen
gegenüberstehen, welche aus Beziehungen zu Mitmenschen, zur Zeit, zur Arbeit und zur
Natur resultieren. Die Kulturen könnten voneinander jeweils danach unterschieden werden,
welche Lösungen sie für die jeweiligen Problembereiche finden. Die gewählten Lösungen
würden vom Sinn, den die Menschen dem Leben im Allgemeinen, den Menschen, der Zeit
und der Natur geben, abhängen (vgl. Trompenaars 1993, S. 46).
Um diese drei Bereiche zu erkunden, wurden über 15.000 Personen aus 50 verschiedenen
Ländern Dillemmasituationen vorgelegt, bei denen sich die Befragten zwischen
verschiedenen Antwortalternativen entscheiden mussten. So wurden sie zum Beispiel gefragt,
ob sie für einen guten Freund unter Umständen vor Gericht lügen würden oder ob sie der
Ansicht sind, dass man auch in solchen Fällen unbedingt die Wahrheit sagen sollte. Je
nachdem, wie sie sich entschieden haben, wurden sie einer Kulturdimension zugeordnet.
Insgesamt kategorisierte Trompenaars seine Kulturdimensionen wie folgt:
(vgl. Trompenaars 1993)
Kategorisierung aufgrund menschlicher Beziehungen:
1. Universalismus vs. Partikularismus (Gesetze contra Beziehungen)
Während universalistische Kulturen großen Werte auf Regeln legen und sich an diesen
orientieren, sind partikularistischen Kulturen menschliche Beziehungen wichtiger, weshalb
sie zu Gunsten dieser auch gegen Gesetze verstoßen würden. Aus den Interviews mit
kroatischen Managern ging im empirischen Teil dieser Arbeit hervor, dass Österreich zu den
universalistischen Kulturen eingeordnet werden kann, während Kroatien zu den
partikularistischen Kulturen gezählt werden kann. Trompenaars ermittelte in seiner
Untersuchung je nach der Frage unterschiedliche Werte für Österreich. Auf einer Skala von 0
bis 100 waren alle Werte bei dieser Dimension zwischen 53 und 80 relativ hoch angesiedelt.
Damit nimmt Österreich im Hinblick auf den Universalismus im Vergleich zu anderen
Kulturen einen der höchsten Plätze ein, womit der Eindruck der Kroaten bestätigt werden
kann (vgl. Tromenaars 1993, S. 57ff.).

Theoretische Grundlagen
22
2. Kollektivismus vs. Individualismus (die Gruppe contra den Einzelnen)
Diese Dimension wird von Trompenaars ähnlich wie von Hofstede definiert. In
individualistischen Kulturen konzentrieren sich die Menschen mehr auf sich selbst, während
in kollektivistischen Kulturen die Individuen als Teil einer Gruppe gesehen werden.
Prinzipiell zählt Österreich wie bei Hofstede zu eher kollektivistischen Ländern und erreicht
einen Wert von 56 (Vgl. Tromenaars 1993, S. 75). Wenn man jedoch die kroatische und die
österreichische Kultur miteinander vergleicht, so wird deutlich, dass Kroatien viel
kollektivistischer ist als Österreich und die österreichische Kultur deshalb als sehr
individualistisch sieht.
3. Neutral vs. emotional/affektiv (Spannbreite ausgedrückter Gefühle)
Menschen aus neutralen Kulturen halten ihre Gefühle unter Kontrolle und äußern sie kaum.
Im Gegensatz dazu werden Menschen aus emotionalen Kulturen eher vom Gefühl als vom
Verstand dominiert. Dies drückt sich bei den Kroaten vor allem durch Berührungen und
offene Gefühlsäußerungen aus, welche von den Österreichern oft missverstanden werden.
Auch bei dieser Dimension nehmen die zwei Kulturen entgegengesetzte Positionen ein.
4. Spezifisch vs. diffus (Spannbreite der Betroffenheit)
Während in spezifisch orientierten Kulturen Beziehungen in verschiedenen Lebensbereichen
voneinander getrennt werden (z. B. Berufs- und Privatleben), werden in diffus orientierten
Kulturen die Menschen als ein Ganzes betrachtet und auch in mehrere Lebensbereiche
einbezogen (in einer Geschäftsbeziehung entsteht auch ein persönlicher Kontakt, es handelt
sich nicht nur um eine Beziehung, die durch einen Vertrag geregelt ist). Ein Merkmal der
österreichischen Kultur aus kroatischer Sicht ist die Trennung zwischen Privat- und
Berufsleben, was auf eine spezifisch orientierte Kultur hinweist. In Kroatien ist es üblich, dass
Arbeitskollegen auch zu Freunden werden und sich somit die verschiedenen Lebensbereiche
miteinander vermischen. Die Ergebnisse von Trompenaars deuten ebenso darauf hin, dass
Österreich als eher spezifisch gesehen werden kann (vgl. Trompenaars 1993, S. 126).
5. Leistung vs. Ansehen (wie Status erreicht wird)
Hier wird zwischen Kulturen, in denen der Status durch Leistung und Erfolg erreicht werden
kann (errungener Status), und Kulturen, in denen der Status angeboren wird bzw. vom
familiären Hintergrund abhängt (zugeschriebener Status), unterschieden. Laut Ergebnissen
von Trompenaars zählt Österreich im Vergleich zu anderen Ländern zu den askriptiven
Kulturen, in denen der Status zugeschrieben wird. Zu den Ländern, in denen der Status
errungen wird, zählen vor allem die USA, Kanada, Dänemark und Australien (vgl.
Trompenaars 1993, S. 141).

Theoretische Grundlagen
23
Kategorisierung aufgrund des Zeitverhaltens:
6. Konsekutiv vs. synchron
In konsekutiven Kulturen werden Aufgaben eine nach der anderen erledigt, die Menschen
dieser Kultur sind pünktlich und fühlen sich ihrer Arbeit sehr verpflichtet. In synchronen
Kulturen wiederum werden Aufgaben simultan erledigt, das Individuum fühlt sich nicht der
Arbeit, sondern vielmehr den Menschen verpflichtet und zwischenmenschliche Beziehungen
nehmen einen viel höheren Stellenwert ein. Im empirischen Teil dieser Arbeit wurde immer
wieder der Aspekt der Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Professionalität bei der Arbeit in
Österreich angesprochen. Mit Österreichern können Geschäfte einfach via E-Mail
abgeschlossen werden, während in Kroatien persönliche Treffen notwendig sind, um das
Gegenüber besser kennen zu lernen und Vertrauen gewinnen zu können. Dies alles deutet
darauf hin, dass zwischenmenschliche Beziehungen in Kroatien eine viel größere Rolle bei
der Arbeit spielen als in Österreich, wo es viel mehr um die Sache ,,an sich" geht.
7. Vergangenheits-, gegenwarts- oder zukunftsorientiertes Handeln
Kulturen lassen sich auch aufgrund ihrer zeitlichen Orientierung voneinander unterscheiden.
In manchen Kulturen zählen die Gegenwart und die zukünftigen Pläne, in anderen ist
wiederum viel wichtiger, was ein Mensch im Laufe seines Lebens bereits erreicht hat, und
nicht, was er erst vorhat.
Weitere Unterschiede in der zeitlichen Orientierung werden auch in der Planung sichtbar. Da
Österreich zu den Ländern zählt, in denen alles sorgsam geplant wird, und diese Pläne so weit
wie möglich eingehalten werden, kann man es in dieser Hinsicht als zukunftsorientiert
bezeichnen. Auf der anderen Seite ist in Bezug auf den einzelnen Menschen auch wichtig,
was dieser bis jetzt in seinem Leben erreicht hat. Damit wird deutlich, dass der Vergangenheit
ebenfalls eine große Bedeutung zukommt. So gesehen sind in Österreich alle drei Aspekte
wichtig, wobei die Betonung auf der Zukunft liegt.
Kategorisierung aufgrund des Bezuges zur Natur
8. Der Bezug zur Natur (selbstbestimmt vs. außengeleitet)
In selbstbestimmten Kulturen sind die Menschen der Ansicht, dass man die Natur
kontrollieren sollte, während außengeleitete Kulturen die Natur als etwas Starkes betrachten,
das man fürchten sollte oder dem man nacheifert. Der Mensch ist ihrer Ansicht nach ein Teil
der Natur und sollte mit ihr im Einklang leben. In Österreich dominiert eindeutig diese
Haltung (vgl. Trompenaars 1993, S. 183).
Wie bereits erwähnt, bezieht Trompenaars seine Ergebnisse fast ausschließlich auf das
Berufsleben und macht darauf aufmerksam, was beim Umgang mit der jeweils anders
ausgerichteten Kultur zu beachten ist. Seine Dimensionen könnten zwar auf alle
Lebensbereiche übertragen werden, darauf geht er in seiner Arbeit aber nicht ein.

Theoretische Grundlagen
24
2.4
Kulturdimensionen nach Hall und Hall
Edward T. Hall und Mildred Hall haben einen ganz anderen Zugang zur Kultur als
Trompenaars und Hofstede und verstehen diese als eine Art Kommunikation. Sie setzen diese
beiden Begriffe gleich; somit bedeutet für sie Kultur = Kommunikation. ,,Cultural
communications are deeper and more complex than spoken or written messages. The essence
of effective cross-cultural communication has more to do with releasing the right responses
than with sending the ,right'" messages" (Hall/Hall 1990, S. 4).
In ihrer Arbeit wollen Hall und Hall den Lesern helfen, die komplexen und
,,unausgesprochenen Regeln" jeder Kultur anhand von vier Dimensionen leichter zu entziffern
(Vgl. Hall/Hall 1990, S. 4).
·
Die Geschwindigkeit der Informationsvermittlung
Kulturen kann man unter anderem an der Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung
voneinander unterscheiden. So werden in den USA zum Beispiel die Nachrichten im
Vergleich zu Europa tendenziell schneller übermittelt. Einige Beispiele für ,,schnelle"
Nachrichten sind Werbespots, Fernsehen und schnelle Bekanntschaften, während
Fernsehdokumentationen, Druckwerke und tiefe Freundschaften zu ,,langsamen" Nachrichten
zählen (vgl. Hall/Hall 1990, S. 5).
Da Hall und Hall nur sehr grob auf diese Dimension eingehen und sich hauptsächlich auf die
Unterschiede zwischen Amerika und Europa beziehen, ist es schwierig, genauere
Unterscheidung der Nachrichtenübermittlung zwischen Kroatien und Österreich
herauszuarbeiten. Zwischen den beiden Kulturen bestehen wahrscheinlich auch in diesem
Bereich bis zu einem gewissen Grad Unterschiede, auf diese kann hier aber nicht näher
eingegangen werden. Prinzipiell kann man sagen, dass beide dem ,,europäischen" Modell
zuzuordnen sind und im Vergleich zu Amerika zu einer langsameren
Nachrichtenübermittlung tendieren.
·
Kontextverhalten
Bei der Kommunikation werden Informationen in unterschiedlichen Kontexten geliefert. In
einigen Kulturen ist die Information bereits ,,in der Person" enthalten und es muss nur noch
wenig explizit gesagt werden (,,High context communication"), während in anderen Kulturen
alles ausgesprochen werden muss und viel mehr Hintergrundinformation zur Kommunikation
notwendig ist (,,Low context communication"). Mediterrane Völker zum Beispiel, welche
täglich in engen Beziehungen zu ihren Nächsten stehen und immer darüber informiert sind,
was mit den Personen, die ihnen wichtig sind, passiert, brauchen wenig
Hintergrundinformationen und weisen demnach ein hoch kontextuelles Verhalten auf (vgl.
Hall/Hall 1990, S. 6). Nordeuropäische Völker hingegen tendieren eher dazu, die einzelnen
Lebensbereiche voneinander zu trennen, und brauchen deshalb auch mehr
Hintergrundinformationen, wenn sie mit Personen aus einem anderen Lebensbereich
kommunizieren (vgl. Hall/Hall 1990, S. 7). Natürlich gibt es auch Unterschiede im
Kontextverhalten innerhalb einer Kultur, denn jedes Individuum ist anders, aber es ist
hilfreich, zumindest eine Orientierung im Hinblick darauf zu haben. Da Kroatien in dieser

Theoretische Grundlagen
25
Hinsicht den mediterranen Ländern und Österreich den nordeuropäischen Ländern gleicht,
ergeben sich in diesem Punkt die jeweiligen Unterschiede im Kontextverhalten.
·
Raumverhalten
Laut Hall und Hall ist jede Person von unsichtbaren Grenzen oder ,,Bubbles" umgeben, die
das Territorium und den persönlichen Raum jedes Menschen bestimmen. So wird in einigen
Kulturen mehr Abstand zwischen den Menschen gewahrt als in anderen. Diese so genannten
,,Bubbles", die den Menschen umgeben, hängen u. a. ab von der emotionalen Verfassung der
Person, dem kulturellen Hintergrund, der auszuführenden Handlung und der Beziehung, die
zu der betreffenden Person gehalten wird. In Nordeuropa sind diese ,,Bubbles" relativ breit
und die Menschen halten mehr Abstand voneinander, während der Abstand voneinander in
mediterranen Ländern gering gehalten wird und sich die Menschen relativ nahe kommen
können (vgl. Hall/Hall 1990, S. 11). Wie auch später im empirischen Teil dieser Arbeit
deutlich wird, weist Österreich nordeuropäisches Raumverhalten auf, während Kroatien in
dieser Hinsicht mediterranes Raumverhalten zeigt und gegenseitiges Berühren auch bei
flüchtigen Bekanntschaften nicht als ,,zu nah" empfunden wird.
·
Zeitverhalten
Beim Zeitverhalten haben Hall und Hall vier Diameter definiert.
Monochrone und polychronen Kulturen unterscheiden sich voneinander darin, wie sie mit der
Zeit, den Aktivitäten, der Arbeit und anderen Menschen umgehen. Bei monochronen Kulturen
wird die Zeit als etwas ,,Greifbares" verstanden, das ,,verschwendet, gespart oder verloren"
werden kann, und es wird in der Regel nur eine Aktivität verfolgt, bei der man nicht gerne
unterbrochen werden möchte. Polychrone Kulturen hingegen empfinden die Zeit nicht als
,,greifbar" und können mehrere Aktivitäten gleichzeitig verfolgen. Bei diesen Kulturen stehen
zwischenmenschliche Beziehungen im Vordergrund, also konzentrieren sich diese auch mehr
auf ihre Mitmenschen und deren Bedürfnisse, als dass sie einen strikten Zeitplan einhalten.
Pläne werden generell leicht und schnell geändert (vgl. Hall/Hall 1990, S. 13­15).
Die kroatischen Manager haben in den Interviews des Öfteren die Planungsliebe sowie die
geringe Flexibilität in Bezug auf Planungsänderungen bei den Österreicher angesprochen, was
darauf hindeutet, dass es auch diesbezüglich einen Unterschied zwischen den beiden Kulturen
gibt. Während Österreich den monchronen Kulturen zugeordnet werden kann, wird Kroatien
zu den polychronen Kulturen gezählt.
Die Gegenwarts- bzw. die Vergangenheitsorientierung deutet darauf hin, wie wichtig die
Errungenschaften aus der Vergangenheit sowie die Tradition in einer Kultur sind bzw. wie
sehr die Tendenz ausgeprägt ist, nach vorne zu blicken.
Im Hinblick auf das Geschäftsleben sehen Hall und Hall das Tempo, den Rhythmus und die
Synchronie als wichtige Faktoren in einer Kultur an sowie auch das Wissen um die jeweiligen
,,Lead Times" bzw. Pläne (vgl. Hall/Hall 1990, S. 1719). In Österreich sind zum Beispiel
Pünktlichkeit und das Einhalten von Plänen ausgesprochen wichtig. Jemanden warten zu
lassen gilt als unfreundlich und die Person wird womöglich als desorganisiert eingeschätzt,
während in Kroatien Zuspätkommen und Wartenlassen anders interpretiert werden.

Theoretische Grundlagen
26
Hall und Hall beziehen sich bei der Interpretation ihrer Ergebnisse sowohl auf das
Berufsleben als auch auf das Privatleben der Menschen, wobei das Berufsleben und das
Kommunikationsverhalten in Organisationen näher herausgearbeitet werden. Alle
Dimensionen können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, sondern hängen bis zu
einem gewissen Grad zusammen und wirken sich auch aufeinander aus; so bestimmt das
Kontextverhalten gewissermaßen die Geschwindigkeit des Informationsflusses und wirkt sich
auch auf das Raumverhalten aus, genauso wie das Zeitverhalten einen Einfluss auf das
Raumverhalten hat (vgl. Hall/Hall 1990, S. 22­30).
Da Hall und Hall in ihrer Arbeit nur auf wenige Kulturen eingehen ­ in diesem Fall auf die
französische, die amerikanische und die deutsche Kultur ­, können die Unterschiede zwischen
Kroatien und Österreich nur anhand der Ergebnisse im empirischen Teil dieser Arbeit den
einzelnen Dimensionen zugeordnet werden.

Theoretische Grundlagen
27
2.5
Abschließende Würdigung und kritische Betrachtung der
vorgestellten Methoden
Zu den hier dargestellten Kulturdimensionen von Hofstede, Trompenaars und Hall und Hall
kann man vor allem zu Hofstedes Arbeit sagen, dass es sich um ,,einen Meilenstein in der
kulturvergleichenden Forschung" handelt (Feichtinger 1998, S. 71).
Sie zeigen grundlegende Bereiche auf, in denen sich Kulturen voneinander unterscheiden und
miteinander verglichen werden können. Zum Teil kommen die Kulturforscher in ihren
Arbeiten auch zu den gleichen Ergebnissen. So definieren sowohl Hofstede als auch
Trompenaars eine ihrer Dimensionen als Individualismus und die Einteilung in spezifische
und diffuse Kulturen wird sowohl von Trompenaars als auch von Hall/Hall vorgenommen.
Bei den universellen Kulturdimensionen werden keine kulturspezifischen Merkmale erfasst
und auch keine konkreten Situationen geschildert, in denen sich die genannten Werte zeigen.
Trompenaars hat zwar versucht, auf Grund seiner Kulturdimensionen konkrete
Handlungsempfehlungen herauszuarbeiten und praktische Tipps für den Umgang mit den
Mitgliedern der jeweils anders ausgerichteten Kultur zu geben, allerdings auch keine
Situationen geschildert, die seiner Zielgruppe tatsächlich widerfahren wären (vgl. Feichtinger
1998, S. 59).
Interessant ist auch die Auswahl der Zielgruppe, welche die Kulturforscher für ihre Arbeit
ausgewählt haben. Zu ihren Ergebnissen kamen sie durch Befragungen von Managern;
wahrscheinlich weil diese neben den Entwicklungshelfern am stärksten mit der
interkulturellen Problematik konfrontiert werden (vgl. Feichtinger 1998, S. 72).
Da für die Gewinnung der Erkenntnisse sowohl Hofstede als auch Trompenaars quantitative
Forschungsmethoden (Fragebögen) eingesetzt haben, mussten sie sich schon vorab auf
bestimmte Kategorien festlegen, womit eine Aufdeckung zusätzlicher Wertkategorien nicht
möglich war. Hall und Hall wiederum gewannen ihre Erkenntnisse aus Tiefeninterviews, die
sie qualitativ und interpretativ ausgewertet haben. Sie versuchen zwar verstärkt auf einige
wenige Kulturen einzugehen, um diese genauer zu beschreiben, beschränken sich dabei aber
nur auf die Komponenten Raum und Zeit. Somit werden zwar die kultureller Unterschiede im
Kommunikationsverhalten behandelt, aber nicht alle kulturellen Unterschiede sind auf das
unterschiedliche Zeit-, Raum- und Kontextverhalten zurückzuführen (vgl. Feichtinger 1998,
S. 72).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die dargestellten Kulturdimensionen zwar ziemlich
undifferenziert und nicht kulturspezifisch ausgerichtet sind, sich aber sehr gut zur Erklärung
und Bestätigung von Ergebnissen, die zum Beispiel mit der Kulturstandardmethode gewonnen
werden, eignen (vgl. Feichtinger 1998, S. 73).
In der nachfolgenden Tabelle wird ein Überblick über die Ergebnisse einiger Kulturforscher
zu Kulturdimensionen geboten.

Theoretische Grundlagen
28
Kluckholn and
Strodtbeck
Parsons Trompenaars
INTERNAL
INTEGRATION
·
Human Nature
·
Human
Relationships
Evil/good/
Neutral/mixed
(changeable,
unchangeable)
Individual/
collective/
hierarchical
- Emotionally
charged/neutral
- Diffuse/specific
- Universalistic/
particularistic
- Ascription/
achievement oriented
Self-oriented/
collectivity oriented
Universalism/
Particularism
- Affecitve/neutral
- Diffuse/specific
- Universalism/
Particularism
- Archievement/
ascription
- Individualism/
Collectivism
- Equality/hierarchy
EXTERNAL
ADAPTATION
·
Relation to
Nature
·
Activity
orientation
Subjugation/
Harmony/
Mastery
Doing/being/
being-in-
becoming
Internal/external
orientation
Achievement/ascription
LINKING
ASSUMPTIONS
·
Space
orientation
·
Language
·
Relation to time
Public/private/
Mixed
Past/present/
future
Sequential/synchronic
Past/present/future
Abb.7: Vergleich von Kulturdimensionen
Quelle: Darlington 1996, S. 38 und Schneider & Barsoux 1997, S. 43

Theoretische Grundlagen
29
Adler
Schein
Hofstede Hall
INTERNAL
INTEGRATION
·
Human Nature
·
Human
Relationships
Evil/good
Individualist/
collectivist
The nature of
human nature
(individual reality)
The nature of
human
relationships
(social reality)
Uncertainty
Avoidance
Index
Power
Distance
Index,
Individualism
Index
Agreements
Amount of space
Professions
Friendship
Communication
EXTERNAL
ADAPTATION
·
Relation to
Nature
·
Activity
Orientation
Relationship
with nature
Being/doing
Humanity´s
relationship with
nature (External
physical reality)
Activity
orientation
Uncertainty
Avoidance
Index
Masculinity
Index
Monochronic/
polychromic
(interacts with
individualism)
LINKING
ASSUMPTIONS
·
Space
Orientation
·
Language
·
Relation to
Time
Private/public
Past/present/
future
Assumptions
about space
(truth and reality)
Assumptions
about time
(truth and reality)
Long-term
orientation
Public/private
High context/
low context
Past/future
Abb. 8: Vergleich von Kulturdimensionen (Fortsetzung)
Quelle: Darlington 1996, S. 38 und Schneider & Barsoux 1997, S. 43

Theoretische Grundlagen
30
Folgende Abbildung zeigt zusammengefasst die unterschiedlichen Ebenen der
Kulturerfassung beziehungsweise des Kulturvergleichs nach Feichtinger:
Ansatz des Diskurses über Kulturstandards/ Meta-Metaebene;
Kulturdimensionen: Kontext der Klassifikation
Hinterfragen der kulturellen Prägung der Ergebnisse
Hofstede, Hall, Trompenaars (Parsons): Kulturdimensionen; Metaebene;
Es wird versucht, ein ,,Dach" (induktiv oder deduktiv) über alle etische Ebene der Unter-
Kulturen zu spannen; doch: Kulturprägung theoretischer Ansätze, scheidung von Kulturen
mangelnde Erfassung kultureller emischer Kategorien anhand der Klassifikation des
Kontextes
Thomas: Kulturstandards als zentrale Merkmale kulturspezifischer
Orientierungssysteme
Bilaterale Ebene
Emisch-bilaterale/systematische Kulturstandards: jeweilige emische Kategorien als Bezugssystem, aus dem
heraus die andere Kultur als Umwelt wie auch introspektiv die eigene Kultur durch Fremd- und Selbstreferenz
,,verstanden" werden kann.
Emisch-bilaterale/systemische Ebene:
Ebene der geteilten Wahrnehmungen
in Bezug auf eine spezifische andere
Kultur
Emische Ebene; Kategorien werden aus
dem inneren Kontex der Kulturen
heraus gebildet, ohne Kulturvergleich;
es stellt sich die Frage der Grenze
(Differenz)
Abb. 9: Ebenen des Kulturvergleichs bzw. der Erfassung von Kultur
Quelle: Feichtinger 1997, S. 114
Kultur A
Kultur B
Kultur C
Kultur D
Kultur E
Kultur A
Kultur A
Kultur B
Kultur B als
,,Umwelt"
Kultur A als
,,fokales
System"

Theoretische Grundlagen
31
3
Emischbilateraler Ansatz des Kulturvergleichs
Thomas Alexander gilt als der wichtigste Vertreter des emisch-bilateralen Ansatzes zur
Kulturforschung. Wie bereits in Kapitel 1.3 erwähnt, geht es bei dieser Methode darum,
kulturspezifische Merkmale zu ermitteln.
Im Gegensatz zu Hofstede und Trompenaars werden die Ergebnisse durch qualitative
Forschungsmethoden (Interviews) gewonnen und anschließend analysiert. Es werden
konkrete Situationen geschildert, in denen die genannten Werte der fremden Kultur zum
Vorschein kommen, und somit Kulturstandards bestimmt. Für eine Kultur können bis zu zehn
Kulturstandards definiert werden; hierbei werden immer zwei Kulturen miteinander
verglichen und Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten festgestellt.
3.1
Der Kulturbegriff nach Alexander Thomas
Thomas definiert Kultur als ,,ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe
aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen
Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das
Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert somit deren
Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich
der Gesellschaft zugehörig fühlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und schafft
damit die Voraussetzung zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umweltbewältigung"
(Thomas 1996, S. 112).
Aus dieser Definition ergeben sich für die kulturpsychologische Forschung, welche zum Ziel
hat, interkulturelle Austauschprozesse zu analysieren, nun folgende Aufgaben:
Als Erstes gilt es, zentrale Merkmale des jeweiligen Orientierungssystems herauszufinden,
nach denen Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Kompatibilitäten zwischen verschiedenen
Orientierungssystemen herausgefunden werden. Anschließend können Materialien und
Lernverfahren entwickelt werden, die es ermöglichen, das andere Orientierungssystem besser
zu verstehen und es in das eigene Handlungsschema zu übernehmen (vgl. Thomas 1996,
S. 112).

Theoretische Grundlagen
32
3.2
Kulturstandards
Die zentralen Merkmale des jeweiligen Orientierungssystems lassen sich auch als
Kulturstandards definieren. ,,Unter Kulturstandards werden alle Arten des Wahrnehmens,
Denkens, Wertens und Handelns verstanden, die innerhalb einer Kultur als normal,
selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden. Eigenes und fremdes Verhalten
wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert" (Thomas 1996, S. 112).
Von besonderer Bedeutung sind jene Kulturstandards, die in unterschiedlichen Situationen
sichtbar werden und das Wahrnehmen, Beurteilen und Handeln von Personen einer Kultur in
einem breiten Grad beeinflussen.
Solche so genannten zentralen Kulturstandards werden sowohl auf der individuellen Ebene
als auch in verschiedenen Gruppen sichtbar. Sie können von allgemeinen Wertvorstellungen
bis hin zu verbindlichen Verhaltensvorschriften reichen und innerhalb eines gewissen
Toleranzbereichs unterschiedlich ausgeprägt sein. Wenn aber das Verhalten und die
Einstellungen außerhalb dieser Toleranzgrenzen liegen, werden sie abgelehnt und
sanktioniert.
Zentrale Kulturstandards einer Kultur können auch bei anderen Kulturen vorkommen, von
gleicher oder geringerer Bedeutung sein oder ganz fehlen. Genauso können sie
unterschiedliche Funktionen erfüllen, in unterschiedlichen Situationen sichtbar werden und
andere Toleranzgrenzen aufzeigen (vgl. Thomas 1996, S. 113).
Als kontextuelle Kulturstandards bezeichnet Thomas ,,funktionale Verhaltenskonsequenzen
der zentralen Kulturstandards, die in der jeweiligen Situation als Verhaltensprogramm
aufgerufen werden" (Thomas 1998, S. 14).
3.3
Ermittlung von Kulturstandards
Prinzipiell werden Kulturstandards von Individuen in ihrer eigenen Kultur nicht bewusst
erlebt. Erst wenn es zum Kontakt mit anderen Kulturen kommt, werden diese sichtbar und
zeigen sich meist in Form kritischer Interaktionserfahrungen. Darunter werden jene
Situationen verstanden, in denen Denkweisen, Verhaltensformen und Emotionen
unterschiedlicher Kulturen aufeinander treffen, die für die jeweils andere Person als
unverständlich, störend oder ungewohnt empfunden werden. Weiß man über die andere
Kultur nicht Bescheid, so kommt es zu Fehlreaktionen und Missverständnissen; das eigene
Orientierungssystem ,,funktioniert" auf einmal in der gewissen Situation nicht mehr, was bei
betroffenen Personen Verwirrung, Stress oder Ängste auslösen kann (vgl. Thomas 1996,
S. 114/116). Werden solche kritischen Situationen allerdings analysiert, so lassen sich daraus
Kulturstandards ableiten, welche die Handlungs- und die Denkweise der jeweiligen Kulturen
bestimmen.

Theoretische Grundlagen
33
3.4
Die Methode der Kulturstandards
Kulturstandards können deduktiv oder induktiv ermittelt werden. Während die erste Methode
hilft, kulturelle Merkmale aufgrund philosophischer, historischer, ethnologischer und
literarischer Erkenntnisse abzuleiten, konzentriert sich die zweite Methode auf die Analyse
interkultureller kritischer Interaktionen, die mittels qualitativer Interviews ermittelt werden.
Thomas kombiniert in seinem Konzept beide Methoden; nach der abgeschlossenen induktiven
Erhebung werden die Ergebnisse mit bereits vorhandenen Erkenntnissen verglichen bzw.
durch diese gestützt (vgl. Müller/Thomas 1991, S. 10­11; Thomas 1996, S. 118ff.).
a)
Sammlung kritischer Interaktionssituationen
In offenen Interviews werden Personen einer gegebenen Kultur während ihres Aufenthaltes
im Gastland nach kritischen Interaktionserlebnissen mit Vertretern der anderen Kultur gefragt.
Sie sollen Situationen schildern, in denen die ausländischen Partner für sie in einer nicht
erwarteten Art und Weise reagiert und somit Verwirrung, Ärger oder einen Konflikt ausgelöst
haben. Genauso interessant sind Situationen, welche als überraschend angenehm, harmonisch
und positiv empfunden wurden.
Die Befragung sollte erst nach einigen (drei bis vier) Monaten erfolgen, da erst nach diesem
Zeitraum die anfängliche Begeisterung für die andere Kultur etwas abklingt und die ersten
kulturellen Schwierigkeiten auftreten. Dieser Zeitpunkt ist auch deshalb so geeignet, weil
noch ,,keine individuellen Erklärungsmuster, Stereotypisierungen und spezifische Schemata
zum Verständnis des fremdkulturellen Verhaltens aufgebaut werden konnten" (Thomas 1996,
S. 119).
b)
Sammlung von Selbstbeurteilungen
Nach der Schilderung einer kritischen Situation werden die befragten Personen gebeten, eine
Erklärung für das Verhalten der fremdkulturellen Person zu geben (vgl. Thomas 1996,
S. 120).
c)
Sammlung von mono- und fremdkulturellen Beurteilungen
Die Situationsschilderungen werden auch Personen vorgelegt, die schon lange Zeit in dem
Gastland verbracht haben, um ihre Erklärung für das Verhalten der fremdkulturellen Partner
zu erfahren. Ebenso werden kritisch erlebte Situationen mit Personen der Gastlandkultur
besprochen (vgl. Thomas 1996, S. 120).

Theoretische Grundlagen
34
d)
Ermittlung der Kulturstandards
Die Erlebnisse und Begründungen aller befragten Personen werden nun einer Inhaltsanalyse
unterzogen und anschließend interpretiert. So lassen sich in der gegebenen bikulturellen
Interaktion wirkende Kulturstandards identifizieren (vgl. Thomas 1996, S. 121).
e)
Vergleich mit anderen Forschungsergebnissen
Der Vergleich mit den Ergebnissen aus kulturphilosophischer, kulturhistorischer und
wertorientierter Forschung hilft aufzuzeigen, in welchem Zusammenhang mit historischen
Ereignissen die ermittelten Kulturstandards stehen (vgl. Thomas 1996, S. 121).
3.5
Praktische Anwendung des Kulturstandardmodells
(vgl. Thomas 1996, S. 117f)
Anhand der erhobenen Kulturstandards können nun Unterlagen für das interkulturelle
,,Culture Assimilator" Managementtraining erstellt werden.
Dieses soll den Teilnehmern helfen, das Verhalten der fremdkulturellen Person besser zu
verstehen.
Die Attributionsforschung, auf deren Erkenntnissen das Training basiert, kam zu der
Erkenntnis, dass wenn die handelnden Personen sich vorstellen oder erklären können, warum
bestimmte Ereignisse in der sozialen Umwelt so und nicht anders passieren, die
Handlungsfähigkeit in interkulturellen Interaktionen steigt. Aus diesem Grund werden beim
Culture Assimilator Training geeignete und für das betreffende Land repräsentative kritische
Interaktionssituationen (die durch zentrale Kulturstandards bedingt sind) sinnvollerweise in
Form von Rollenspielen oder im Computertraining nachgestellt. Zu jeder kritischen Situation
werden den Teilnehmern mehrere verschiedene Interpretationsmöglichkeiten geboten, von
denen immer jeweils nur eine richtig ist. Alle anderen Erklärungen sind Fehlinterpretationen
und könnten auf ,,Unkenntnis kultureller Einflussfaktoren" oder auf ethnozentrischen
Irrtümern basieren.
Nach der Wahl einer Antwortmöglichkeit wird dem Teilnehmer erklärt, warum die gewählte
Alternative richtig oder falsch ist. Der Gedanke dahinter ist, einen kulturellen Bezugsrahmen
aufzubauen, der es erlaubt, in Zukunft ähnliche Situationen im Training oder in dem Zielland
zu bewältigen. Anschließend werden die einzelnen Kulturstandards in der soziokulturellen
Tradition und im Werte- und Normsystem der fremden Kultur verankert.

Theoretische Grundlagen
35
Der Ablauf des Culture Assimilator Trainings sieht folgendermaßen aus:
Abb. 10: Ablauf des Culture Assimilator Trainings
Quelle: Thomas 1996, S. 118
Auswahl der kulturadäquaten
Erklärungsalternative
Kritische Interaktionssituation
Alternative Erklärungen
Begründung der Erklärungen
Wiederholung der Auswahl
Lösungsstrategie
Bennenung des zentralen
Kulturstandards
Verankerung des zentralen
Kulturstandards in der
Kulturtradition und im Werte-
und Normsystem der Gastkultur

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836626156
DOI
10.3239/9783836626156
Dateigröße
1.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Betriebswirtschaft, Studiengang Internationale Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
kulturstandard österreich kroatien kulturunterschied management
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Titel: Österreichische Kulturstandards aus der Sicht kroatischer Manager
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