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Elemente der Maß- und Integrationstheorie

©2008 Diplomarbeit 94 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Maßtheorie ist eine Teildisziplin der Mathematik, die die elementargeometrischen Begriffe wie Länge, Flächeninhalt und Volumen verallgemeinert und es dadurch ermöglicht, auch komplizierteren Mengen eine Maßzahl zuzuordnen.
Die o. g. Begriffe sind uns auf Grund der Alltagserfahrung intuitiv zugänglich. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass erst relativ spät die mathematischen Probleme und Eigenschaften, die diese Begriffe in sich bergen, erkannt und gelöst werden. Für die Mathematiker vergangener Jahrhunderte besteht die Herausforderung ausschließlich in der Berechnung solcher Größen und nicht in der Analyse des Begriffs der Fläche oder des Volumens. Mit der Einführung der Mengenlehre Ende des 19. Jahrhunderts durch Cantor gelingt es Borel und Lebesgue einen angemessenen Begriff des Volumens einer Teilmenge des Rd zu finden. Im Jahre 1904 formuliert Lebesgue in seinen Le¸cons sur l’int´egration et la recherche des fonctions primitives dann das sog. Maßproblem. Dabei soll die Maßfunktion im Spezialfall der Geometrie mit den bekannten Flächen- und Volumen- formeln übereinstimmen. Kurz darauf zeigt Vitali, dass das Maßproblem für alle Dimensionen unlösbar ist.
Die vorliegende Arbeit gibt eine Einführung in die Maß- und Integrationstheorie und beantwortet die Frage, warum es so schwierig ist, eine Lösung für ein so primitiv klingendes Problem wie das Maßproblem zu finden. Zum anderen schließt die Arbeit einige Lücken, die in der Vorlesung Maß- und Integrationstheorie auf Grund beschränkter zeitlicher Ressourcen entstanden sind. So wurde dort oftmals auf Beweise der Sätze verzichtet. Daher steht einerseits die Ausführlichkeit, insbesondere im Zusammenhang mit Beweisen, andererseits die Erweiterung der Theorie bzgl. der Teilgebiete Mengensysteme, messbare Abbildungen, Maße und Integration im Vordergrund.
Gang der Untersuchung:
In Kapitel 2 behandeln wir Mengensysteme, die als Definitionsbereiche für die in Kapitel 4 einzuführenden Inhalts- und Maßfunktionen in Betracht kommen. Wir werden sehen, dass der Wahl angemessener Definitionsbereiche eine erhebliche Bedeutung zukommt. Dem Begriff der messbaren Abbildung wenden wir uns in Kapitel 3 zu. Dort beschäftigen wir uns mit der Bedeutung der Messbarkeit und verschaffen uns einen Überblick über die Menge aller messbaren Abbildungen. Kapitel 4 ist den Begriffen Inhalt, Prämaß und Maß gewidmet. Wir erläutern, was unter den Begriffen (mathematisch) zu verstehen ist und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Regine Stefanie Martschiske
Elemente der Maß- und Integrationstheorie
ISBN: 978-3-8366-2572-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Hochschule für Technik (HFT Stuttgart), Stuttgart, Deutschland, Diplomarbeit,
2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Danksagung
An dieser Stelle m¨ochte ich mich bei allen bedanken, die mich bei der Anfertigung dieser Arbeit
unterst¨utzt haben.
Ich danke meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Hans-Helmut Heizmann, der mir dieses Thema zur
Bearbeitung ¨
uberlassen hat, f¨
ur sein Interesse. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Stefan Reitz,
der sich als Zweitgutachter zur Verf¨
ugung gestellt hat.
Des Weiteren danke ich meiner Familie, die mir das Mathematikstudium erm¨oglicht hat und stets
unterst¨
utzend zur Seite stand.
Dar¨uber hinaus bedanke ich mich bei allen meinen Freunden, die zum Gelingen der Arbeit beige-
tragen haben.
Stuttgart, im Juli 2008
Regine Stefanie Martschiske
i

Inhaltsverzeichnis
Danksagung
i
Inhaltsverzeichnis
ii
Abk¨
urzungsverzeichnis
iv
1 Einleitung
1
1.1
Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2
Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.3
Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2 Mengensysteme
3
2.1
-Algebren, Algebren und Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2.2
Die Borelsche -Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.3
-Algebren und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.4
Dynkin-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
3 Messbare Abbildungen
15
3.1
Messr¨aume und Messbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.2
Numerische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
4 Maße
31
4.1
Inhalte, Pr¨amaße und Maße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4.2
Bildmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
4.3
Vervollst¨andigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.4
Das Lebesgue-Borelsche Maß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.5
Eigenschaften des Lebesgue-Borelschen Maßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
ii

INHALTSVERZEICHNIS
iii
5 Integration
52
5.1
Der Integralbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
5.2
Das Integral von nichtnegativen Treppenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
5.3
Das Integral nichtnegativer messbarer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
5.4
Integrierbare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
5.5
Fast ¨
uberall bestehende Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
6 Zusammenfassung und Ausblick
74
A Mengen, Abbildungen und Relationen
75
A.1 Mengen und mengentheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
A.2 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
A.3 Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
Literaturverzeichnis
87

Abk¨
urzungsverzeichnis
bzgl.
bez¨
uglich
bzw.
beziehungsweise
bspw.
beispielsweise
Def.
Definition
d. h.
das heißt
endl. Add.
endliche Additivit¨at
etc.
et cetera
f.
folgende (Seite)
ff.
folgende (Seiten)
ggf.
gegebenenfalls
gg¨u.
gegen¨uber
Isot.
Isotonie
Lin.
Linearit¨at
Mono. Konv.
Monotone Konvergenz
Nr.
Nummer
o. g.
oben genannt
per Def.
per Definition
S.
Seite
s. o.
siehe oben
-Add.
-Additivit¨at
sog.
so genannt
Subtr.
Subtraktivit¨at
Translationsinv. Translationsinvarianz
u. a.
unter anderem
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
z. B.
zum Beispiel
iv

Kapitel 1
Einleitung
1.1
Motivation
Math is like love ­ a simple idea but it can get complicated
R. Drabek
Die Maßtheorie ist eine Teildisziplin der Mathematik, die die elementargeometrischen Begriffe wie
L¨ange, Fl¨acheninhalt und Volumen verallgemeinert und es dadurch erm¨oglicht, auch komplizierteren
Mengen eine Maßzahl zuzuordnen.
Die o. g. Begriffe sind uns auf Grund der Alltagserfahrung intuitiv zug¨anglich. Daher ist es auch nicht
verwunderlich, dass erst relativ sp¨at die mathematischen Probleme und Eigenschaften, die diese
Begriffe in sich bergen, erkannt und gel¨ost werden. F¨ur die Mathematiker vergangener Jahrhunderte
besteht die Herausforderung ausschließlich in der Berechnung solcher Gr¨oßen und nicht in der
Analyse des Begriffs der Fl¨ache oder des Volumens. Mit der Einf¨
uhrung der Mengenlehre Ende des
19. Jahrhunderts durch Cantor
1
gelingt es Borel
2
und Lebesgue
3
einen angemessenen Begriff des
Volumens einer Teilmenge des R
d
zu finden. Im Jahre 1904 formuliert Lebesgue in seinen Le¸cons
sur l'int´egration et la recherche des fonctions primitives dann das sog. Maßproblem:
Gesucht ist f¨ur d N eine
"
Maßfunktion" µ
P(R
d
)
[0, ] mit folgenden Eigenschaften:
· - Additivit¨
at : Ist A
n
P
(R
d
), nN, eine Folge paarweiser disjunkter Teilmengen, so ist:
µ
n
=1
A
n
=
n
=1
µ
(A
n
)
· Bewegungsinvarianz: Sind A, B
P
(R
d
) kongruent
4
, so ist: µ
(A)=µ(B).
· Normiertheit: µ
([0, 1]
d
)=1.
1
Georg Cantor (1845-1918)
2
´
Emile Borel (1871-1956)
3
Henri L´
eon Lebesgue (1875-1941)
4
vgl. S. 47
1

KAPITEL 1. EINLEITUNG
2
Dabei soll die Maßfunktion im Spezialfall der Geometrie mit den bekannten Fl¨achen- und Volu-
menformeln ¨ubereinstimmen.
Kurz darauf zeigt Vitali,
5
dass das Maßproblem f¨ur alle Dimensionen unl¨osbar ist.
6
1.2
Ziel der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gibt eine Einf¨
uhrung in die Maß- und Integrationstheorie und beantwor-
tet die Frage, warum es so schwierig ist, eine L¨osung f¨
ur ein so primitiv klingendes Problem wie
das Maßproblem zu finden. Zum anderen schließt die Arbeit einige L¨ucken, die in der Vorlesung
Maß- und Integrationstheorie auf Grund beschr¨ankter zeitlicher Ressourcen entstanden sind. So
wurde dort oftmals auf Beweise der S¨atze verzichtet. Daher steht einerseits die Ausf¨uhrlichkeit,
insbesondere im Zusammenhang mit Beweisen, andererseits die Erweiterung der Theorie bzgl. der
Teilgebiete Mengensysteme, messbare Abbildungen, Maße und Integration im Vordergrund.
1.3
Aufbau der Arbeit
In Kapitel 2 behandeln wir Mengensysteme, die als Definitionsbereiche f¨ur die in Kapitel 4 ein-
zuf¨uhrenden Inhalts- und Maßfunktionen in Betracht kommen. Wir werden sehen, dass der Wahl
angemessener Definitionsbereiche eine erhebliche Bedeutung zukommt. Dem Begriff der messbaren
Abbildung wenden wir uns in Kapitel 3 zu. Dort besch¨aftigen wir uns mit der Bedeutung der Mess-
barkeit und verschaffen uns einen ¨
Uberblick ¨
uber die Menge aller messbaren Abbildungen. Kapitel
4 ist den Begriffen Inhalt, Pr¨amaß und Maß gewidmet. Wir erl¨autern, was unter den Begriffen (ma-
thematisch) zu verstehen ist und gehen auf zahlreiche Charakteristiken dieser ein. Zum Ende des
4. Kapitels kommen wir noch einmal auf die Unl¨osbarkeit des Maßproblems zur¨uck. Den Abschluss
bildet Kapitel 5, in dem wir zeigen, wie man (messbare) Abbildungen bez¨
uglich eines Maßes inte-
griert. Dabei stellen wir uns die Aufgabe einer m¨oglichst umfangreichen Menge von (messbaren)
Abbildungen ein Integral zuzuordnen.
5
Guiseppe Vitali (1875-1932)
6
nach [6], S. 1 ff. und [3], S. 1 ff.

Kapitel 2
Mengensysteme
Wir wissen bereits, dass das Ziel jedem Element der Potenzmenge
P
(R
d
) ein Maß zuzuordnen zu
ehrgeizig ist und wenden uns daher kleineren Mengensystemen - Teilmengen von
P
(R
d
) - zu, die
mit ¨ahnlichen Eigenschaften wie die Potenzmenge ausgestattet sind.
Dabei brauchen wir uns nicht auf den Raum R
d
beschr¨anken, sondern k¨onnen mit gleichem Auf-
wand eine beliebige Grundmenge als Raum zu Grunde legen.
2.1
-Algebren, Algebren und Ringe
Die folgende Darstellung orientiert sich im Wesentlichen an [4], Kap. 1.
Definition 2.1: -Algebra
Ein System A von Teilmengen von heißt -Algebra ¨
uber , falls folgende Bedingungen erf¨
ullt
sind:
(i)
A .
(2.1)
(ii)
Aus A
A folgt A = A A .
(2.2)
(iii)
Aus A
1
, A
2
, . . .
A folgt
n
N
A
n
A .
(2.3)
Es folgen einige Beispiele zu -Algebren.
Beispiel 2.2:
F¨ur beliebige ist P
() eine -Algebra. Sie ist die gr¨oßte -Algebra ¨uber , da P()
bez¨uglich s¨amtlicher Mengenoperationen abgeschlossen ist.
Dagegen ist
{Ø, } die kleinste -Algebra ¨uber .
3

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
4
Beispiel 2.3:
ur jede Menge ist das System aller Mengen A
, f¨ur welche A oder A abz¨ahlbar ist, eine
-Algebra, d. h. A
=
{A A A abz¨ahlbar}.
Beweis:
1.) Zu zeigen:
A .
Fallunterscheidung:
1. ist abz¨ahlbar, dann folgt sofort
A .
2. ist ¨
uberabz¨ahlbar. Wegen
= Ø besitzt ein abz¨ahlbares Komplement und liegt somit
in A .
2.) Sei A
A . Zu zeigen: A A .
Fallunterscheidung:
1. Sei A abz¨ahlbar. Also hat A ein abz¨ahlbares Komplement und liegt damit in A .
2. Sei A ¨uberabz¨ahlbar. Nach Definition unserer -Algebra ist dann A abz¨ahlbar und liegt in
A .
3.) Seien A
n
A mit n N. Zu zeigen:
n
=1
A
n
A .
Fallunterscheidung:
1. Seien alle A
n
abz¨ahlbar, dann ist auch
n
=1
A
n
abz¨ahlbar und folglich
n
=1
A
n
A .
2. Es existiert ein n
0
,
so dass A
n
0
nicht abz¨ahlbar ist, dann ist aber auch
n
=1
A
n
nicht
abz¨ahlbar.
Wegen (A.5) gilt:
n
=1
A
n
=
n
=1
A
n
A
n
0
.
Da A
n
0
nicht abz¨ahlbar ist, muss A
n
0
abz¨ahlbar
sein. Teilmengen abz¨ahlbarer Mengen sind abz¨ahlbar, und damit liegt
n
=1
A
n
in A .
Bemerkung 2.4:
Sei abz¨ahlbar, bspw.
= N , dann ist die -Algebra unseres Beispiels gerade die Potenzmenge
von .
Sei nun nun ¨uberabz¨ahlbar, FALSCH dann kann in zwei ¨
uberabz¨ahlbare Teilmengen zer-
legt werden, die somit nicht in der
- Algebra liegen. Zum Beispiel sind f¨ur
= R Intervalle
¨
uberabz¨ahlbar und haben ein ¨uberabz¨ahlbares Komplement. Insbesondere gilt im ¨uberabz¨ahlbaren
Fall A
P
(R), darauf werden wir in Abschnitt 2.2 zur¨uckkommen.
Im folgenden Lemma zeigen wir einige wichtige Eigenschaften einer -Algebra A .
Lemma 2.5: Eigenschaften einer -Algebra
(i)
Ø
A .
(2.4)
(ii)
F¨ur jede Folge
(A
i
)
i
N
A liegt auch
i
=1
A
i
in A .
(2.5)
(iii)
Sind A
1
, . . . , A
n
A , n N, so folgt
n
i
=1
A
i
A .
(2.6)
(iv)
Sind A
1
, . . . , A
n
A , n N, so folgt
n
i
=1
A
i
A .
(2.7)
(v)
Mit A, B
A , ist auch A B = A B A .
(2.8)

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
5
Beweis:
(i) Wegen
A folgt mit Definition 2.1 (ii), dass auch Ø = A .
(ii) Da mit A
i
A auch A
i
A gilt, liegt somit auch
i
=1
A
i
in A . Die Behauptung folgt nun
¨
uber (A.5):
i
=1
A
i
=
i
=1
A
i
A .
(iii) Wir setzen A
n
+1
= A
n
+2
= ...Ø und erhalten
n
i
=1
A
i
=
i
=1
A
i
A .
(iv) Hier setzen wir A
n
+1
= A
n
+2
= ... und erhalten
n
i
=1
A
i
=
i
=1
A
i
A .
(v) Mit A, B
A ist auch B A . Aus (iv) folgt dann A B = A B A .
Bemerkung 2.6:
1.) Wir k¨onnen eine -Algebra daher auch durch (2.4), (2.2) und (2.5) definieren.
2.) In einer -Algebra sind also alle mengentheoretischen Operationen m¨oglich, sofern nur h¨ochs-
tens abz¨ahlbar viele Elemente der -Algebra beteiligt sind und h¨ochstens abz¨ahlbar viele
Operationen ausgef¨uhrt werden.
Der folgende Satz hilft uns die
"
Gr¨oße" einer - Algebra zu beschr¨anken.
Satz 2.7: Durchschnitt von -Algebren
Sei I eine beliebige nichtleere Indexmenge und A
i
f¨ur jedes i
I eine -Algebra ¨uber . Dann
ist der Durchschnitt
i
I
A
i
selbst wieder eine -Algebra ¨
uber .
Beweis:
(i) Zu zeigen:
i
I
A
i
.
Da
A
i
f¨ur alle i
I, folgt auch
i
I
A
i
.
(ii) Sei A
i
I
A
i
.
Zu zeigen: A
i
I
A
i
.
Wir wissen: A
A
i
f¨ur alle i
I. Daraus folgt: A A
i
f¨ur alle i
I. Daher ist A
i
I
A
i
.
(iii) Sei
(A
n
)
n
N
i
I
A
i
.
Zu zeigen:
n
N
A
n
i
I
A
i
.
Es gilt: A
n
A
i
ur alle i
I und f¨ur alle n N. Also ist
n
N
A
n
A
i
f¨ur alle i
I, und
wir erhalten
n
N
A
n
i
I
A
i
.

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
6
Durch diesen Satz ist es uns m¨oglich eine kleinste -Algebra zu definieren, die ein jeweils vorgelegtes
Mengensystem (bspw. alle Rechtecke im R
2
) enth¨alt, das wir messen wollen.
Korollar 2.8: Erzeugte -Algebra und Erzeuger
Sei E
P
() ein beliebiges Mengensystem (nicht notwendigerweise eine -Algebra). Dann
existiert eine kleinste -Algebra ¨
uber , die E umfasst.
Man nennt sie die von E erzeugte -Algebra (Bezeichnung:
(E)) und E einen Erzeuger.
Beweis:
Sei das System aller -Algebren A ¨uber , die E umfassen. Wir zeigen, dass Folgendes gilt:
(E)=
A
A
E
A .
Dieser Durchschnitt ist nichtleer, da zumindest
P
() stets die beiden geforderten Eigenschaften
besitzt. Nach Satz 2.7 ist obiger Durchschnitt eine -Algebra, und falls A
eine weitere -Algebra
¨
uber mit A
E ist, so ist A
und daher A
(E).
Das heißt
(E) ist eine -Algebra ¨uber , die durch folgende Eigenschaften charakterisiert ist:
(i)
(E)E.
(ii) Ist A
irgendeine -Algebra ¨uber mit A
E, so gilt A
(E).
Beispiel 2.9:
Ist E bereits eine -Algebra, so gilt
(E)=E, d.h. jede -Algebra erzeugt sich selbst.
Beispiel 2.10:
Ist E
=
{A} mit A, so gilt (E)={Ø, A, A, }.
Zur Konstruktion von -Algebren eignen sich insbesondere Erzeuger, die bereits einige Eigen-
schaften einer -Algebra besitzen. Wir stellen diese Mengensysteme im Folgenden vor. Die Idee
ist, ausgehend von einfachen Mengensystemen, stufenweise immer gr¨oßere Mengensysteme zu kon-
struieren, bis man schließlich bei einer -Algebra landet.
Definition 2.11: Halbring
1
Ein Halbring ist ein Mengensystem H
P
() ¨uber mit folgenden Eigenschaften
(i)
Ø
H .
(2.9)
(ii)
F¨ur alle A, B
H ist A B H .
(2.10)
(iii)
F¨ur alle A, B
H gibt es disjunkte C
1
, C
2
, . . . , C
n
H , n N, so dass
A B
=
n
k
=1
C
k
.
(2.11)
1
vgl. [6], S. 20

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
7
Ein Beispiel f¨ur einen Halbring ist das System I
d
aller nach rechts halboffenen Intervalle
2
im R
d
(ohne Beweis).
Definition 2.12: Ring
Ein System R von Teilmengen von heißt Ring ¨
uber , wenn es folgende Eigenschaften besitzt:
(i)
Ø
R.
(2.12)
(ii)
Aus A, B
R folgt A B R.
(2.13)
(iii)
Aus A, B
R folgt A B R.
(2.14)
Beispiel 2.13:
R
=
{Ø} ist der kleinste Ring ¨uber .
Mit Hilfe eines Halbringes kann ein Ring erzeugt werden, wie der folgende Satz besagt.
Satz 2.14: Erzeugter Ring
3
Ist H ein Halbring ¨
uber , so ist
R
=
n
k
=1
C
k
C
1
, C
2
, . . . , C
n
H disjunkt, n N
(2.15)
gleich dem von H erzeugten Ring.
Beweis siehe [6], S. 22.
Definition 2.15: Algebra
Ein System A von Teilmengen von heißt Algebra ¨uber , wenn folgende Bedingungen erf¨ullt
sind:
(i)
A .
(2.16)
(ii)
Aus A
A folgt A = A A .
(2.17)
(iii)
Aus A, B
A folgt A B A .
(2.18)
Beispiel 2.16:
Das Mengensystem A
=
{Ø,} ist eine Algebra. Dies ergibt sich folgendermaßen:
(i) Offensichtlich ist in A enthalten.
(ii) Mit
A liegt auch Ø = A .
(iii) Wegen Ø
= Ø = , Ø Ø = Ø und = folgt sofort (2.18).
2
vgl. Abschnitt 2.2
3
vgl. [6], S. 22

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
8
Bemerkung 2.17:
Jeder Ring R und jede Algebra A enthalten mit je zwei Mengen nicht nur deren Vereinigung,
sondern auch deren Durchschnitt.
F¨ur A, B
R ist A B = A
(A B)R.
ur A, B
A gilt A, B A , woraus folgt, dass AB A und schließlich AB =
(AB)A.
Mittels Induktion zeigt man, dass ein Ring bzw. eine Algebra mit je endlich vielen Mengen auch
deren Vereinigung bzw. deren Durchschnitt enth¨alt.
Bemerkung 2.18: Inklusionsbeziehungen der Mengensysteme
4
1.) Jede -Algebra ist gleichzeitig auch ein Halbring, ein Ring, und eine Algebra.
2.) Jede Algebra ist ein Ring und ein Halbring.
3.) Jeder Ring ist ein Halbring.
Wir zeigen hier stellvertretend: Jede -Algebra ist gleichzeitig auch eine Algebra.
Die Forderungen (i) und (ii) sind bei Algebren und -Algebren dieselben. Es bleibt noch (2.18)
ur eine -Algebra nachzuweisen: Seien A, B
A . Setzen wir A
1
= A, A
2
= B und A
n
= Ø f¨ur
n
> 2, so ist A
n
A f¨ur alle n N und folglich A B =
n
=1
A
n
A .
Beispiel 2.19:
F¨ur jede (nicht notwendigerweise endliche) Menge ist das System aller Mengen A
, f¨ur
welche entweder A oder A endlich ist, eine Algebra, jedoch nur f¨
ur endliches eine -Algebra.
In Zeichen: A
=
{A A ist endlich A ist endlich}
Beweis: A ist eine Algebra.
(i) Da Ø eine endliche Menge ist, folgt
= Ø A .
(ii) Es sei A
A .
Fallunterscheidung:
1. Ist A endlich, dann hat A ein endliches Komplement, A
= A, und es gilt A A .
2. Ist A unendlich, so ist A endlich und es ist A
A .
(iii) Seien A, B
A .
Fallunterscheidung:
1. Sind beide Mengen endlich, dann ist auch A
B endlich und folglich A B
A .
2. Sei o. B .d. A. A eine unendliche Menge, dann hat sowohl A als auch A
B ein endliches
Komplement, denn es gilt: A
B
A. Daraus folgt wiederum A B A .
Beweis: A ist keine -Algebra.
Wir setzen beispielweise
= N und betrachten die Menge der geraden Zahlen N
G
N
.
Diese Menge
k¨onnen wir als abz¨ahlbare Vereinigung von endlichen Mengen,
{2}{4}{6}..., schreiben. Es
ist aber weder N
G
noch das Komplement N
G
= N
U
endlich und damit Bedingung (2.3) einer
- Algebra verletzt.
4
vgl. [6], S. 16

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
9
2.2
Die Borelsche -Algebra
Bevor wir die f¨ur die Maßtheorie wichtigste -Algebra der Borelschen Mengen definieren, kl¨aren
wir noch, was wir unter einem Intervall im R
d
verstehen wollen.
Definition 2.20: Intervall
5
im R
d
Im Folgenden sei
= R
d
(mit d
= 1,2,3,... ). Das nach rechts halboffene Intervall im R
d
ist die
Menge
[a, b[=[
1
,
1
[×[
2
,
2
[×...×[
d
,
d
[={xR
d
i
x
i
<
i
,
1
i d
}
ur zwei beliebige, feste Punkte a
=
(
1
, . . . ,
d
) und b=(
1
, . . . ,
d
) mit
i
i
,
1
i d.
Die Begriffe nach links halboffenes, offenes und abgeschlossenes Intervall im R
d
werden analog
definiert. F¨
ur das System der nach rechts halboffenen Intervalle im R
d
schreiben wir I
d
.
Ein
halboffenes Intervall ist ein . . .
(Nach [2], S. 18)
und ein Hyperkubus in Dimensionen mit d
> 3. Die beiden Punkte a und b bezeichnen hierbei
die (End-)Punkte der Hauptdiagonalen.
Definition 2.21: -Algebra der Borelschen Mengen
6
Die vom System der nach rechts halboffenen Intervalle I
d
im R
d
erzeugte -Algebra B
d
heißt
die -Algebra der Borelschen Mengen des R
d
mit
B
d
=
(I
d
)=
A ist -Algebra ¨
uber R
A
I d
A .
(2.19)
Sie ist also die kleinste -Algebra von Teilmengen des R
d
,
die alle nach rechts halboffenen Intervalle
enth¨alt (vgl. Satz 2.8). Ihre Elemente bezeichnet man als Borelsche Mengen oder Borel-messbare
Mengen.
Bemerkung 2.22:
Die -Algebra der Borelschen Mengen ist benannt nach ´
E. Borel, der sie 1898
"
entdeckte".
5
vgl. [1], S. 17
6
vgl. [5], S. 163

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
10
Bemerkung 2.23:
Wir halten fest, dass die -Algebra der Borelschen Mengen "urspr¨unglich" von den nach rechts
halboffenen Intervallen erzeugt wird. Man kann zeigen, dass die -Algebra der Borelschen Mengen
des R
d
auch von den nach links halboffenen, den offenen und den abgeschlossenen Intervallen des
R
d
erzeugt wird, wobei wir darin auch so genannte Halbachsen
]-, a[,[a, +[, ]a, +[, ]-, a]
mit a
R
d
einschließen.
Weitere Erzeuger lernen wir in Satz 2.25 kennen.
Definition 2.24:
· Eine Menge O
R
d
heißt offen, wenn jeder Punkt in O ein innerer Punkt ist.
· Eine Menge C
R
d
heißt abgeschlossen, wenn ihr Komplement offen ist.
· Eine Menge K
R
d
heißt kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschr¨ankt ist.
Satz 2.25: Erzeuger der Borelschen -Algebra
7
B
d
Mit O
d
, C
d
bzw. K
d
bezeichnen wir das System aller offenen, abgeschlossenen bzw. kompakten
Teilmengen von R
d
.
Dann ist
B
d
=
(I
d
)=(O
d
)=(C
d
)=(K
d
).
Beweis:
Wir zeigen
(O
d
)=(I
d
). F¨ur die Beweise der anderen Inklusionen siehe [1], S.33f.
"
"
Sei die Folge
(a
n
)
n
N
mit a
=
(
1
, . . . ,
d
) gegeben durch a
n
=
(
1
-
1
n
, . . . ,
d
-
1
n
), so
k¨onnen wir jedes nach rechts halboffene Intervall
[a, b[I
d
als Durchschnitt offener, beschr¨ankter
Intervalle darstellen:
n
=1
]a
n
,
b
[=[a, b[, a, bR
d
,
a
b,
(2.20)
wobei a
b gem¨aß Definition 2.20 komponentenweise zu verstehen ist. Nach Lemma 2.5 (iv) gilt
I
d
(O
d
) und somit (I
d
)(O
d
).
"
"
Jede offene Menge im R
d
k¨onnen wir als Vereinigung abz¨ahlbar vieler offener, beschr¨ankter
Intervalle schreiben. Jedes offene, beschr¨ankte Intervall
]a, b[ l¨asst sich außerdem als Vereinigung
einer Folge von Intervallen aus I
d
darstellen:
n
=1
[a
n
,
b
[=]a, b[, a, bR
d
,
a
b
(2.21)
Hierbei ist die Folge
(a
n
)
n
N
gegeben durch a
n
=
(
1
+
1
n
, . . . ,
d
+
1
n
).
Daraus folgt
O
d
(I
d
) und damit (O
d
) (I
d
), so dass wir insgesamt
(O
d
)=(I
d
) erhalten. Also ist O
d
wegen
(I
d
)=B
d
ein Erzeuger von B
d
.
7
vgl. [1], S. 33 f.

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
11
2.3
-Algebren und Abbildungen
Dieser Abschnitt orientiert sich an der Darstellung von [5], S. 196.
Beispiel 2.26:
Gegeben seien zwei nichtleere Mengen und
,
die Abbildung f
sowie eine -Algebra
A
¨
uber
.
Dann ist das Mengensystem
f
-1
(A
)={f
-1
(A
) A
A
}
eine -Algebra ¨
uber .
Beweis:
(i) Es ist
A
nach Voraussetzung. Hieraus folgt, dass
= f
-1
(
) in f
-1
(A
) liegt.
(ii) Sei A
A
.
Dann ist auch A
A
und folglich: f
-1
(A
)
(A.11)
= f
-1
(A
)f
-1
(A
).
(iii) Wir wissen:
n
=1
A
n
A
.
Damit folgt
n
=1
f
-1
(A
n
)
(A.9)
= f
-1
(
n
=1
A
n
)f
-1
(A
).
D. h. auf Grund der Operationstreue des Urbilds (vgl. Lemma A.22 (iii), (v)) ist das Urbild einer
-Algebra wieder eine -Algebra.
Beispiel 2.27:
Seien zwei nichtleere Mengen und
,
die Abbildung f
und eine -Algebra A ¨
uber
gegeben, dann ist das Mengensystem
A
=
{A
f
-1
(A
)A}
eine -Algebra ¨uber
.
Beweis:
(i) Es ist f
-1
(
)=A und daher
A
.
(ii) Ist A
A
,
so ist f
-1
(A
) A und weiters folgt, dass f
-1
(A
)
(A.11)
= f
-1
(A
) A. Also ist
A
A
.
(iii) Ist
(A
n
)
n
N
eine Folge in A
,
so gilt f
-1
(A
n
) A f¨ur jedes n N und daher
f
-1
(
n
=1
A
n
)
(A.9)
=
n
=1
f
-1
(A
n
) A. Somit ist
n
=1
A
n
A
und A
ist eine
- Algebra
¨
uber
.
Die Operationstreue erh¨alt hier ebenfalls die Struktur der - Algebra. Man bezeichnet diese - Algebra
auch als Bild- -Algebra.
Beispiel 2.28: Spur- -Algebra
8
Seien und eine -Algebra A ¨
uber gegeben. F¨ur eine nichtleere Teilmenge A von ist
das Mengensystem
A
A
= A A =
{AB B A}
8
vgl. [11], S. 28 f.

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
12
eine -Algebra ¨uber A.
Beweis:
(i) Zu zeigen: A
A
A
.
Da
A , folgt wegen A und A = A , dass A A
A
.
(ii) Zu zeigen: A
B
A
A
.
Sei A
B
A
A
.
Mit B
A ist auch B A , woraus folgt, dass
A
B
A
A
.
Es ist A
B aber gerade das Komplement von A B bez¨uglich A wegen
(AB) (AB)=A und (AB)(AB)=Ø.
ur jede beliebige Menge A
B
A
A
geh¨ort also auch ihr (bez¨uglich der Grundmenge A )
Komplement
(AB)A=AB zu A
A
.
(iii) Zu zeigen:
n
=1
(AB
n
)A
A
.
Seien A
B
1
, A
B
2
, . . .
aus A
A
mit B
1
, B
2
, . . .
A . Dann
ist
n
=1
B
n
A , und es folgt
n
=1
(AB
n
)
(A.3)
= A
n
=1
B
n
A
A
.
Bemerkung 2.29:
Man bezeichnet A
A
als die Spur- -Algebra. Sie ist die Spur, die die -Algebra A in der Menge
A
hinterl¨asst.
Ist speziell A
A , so besteht A
A
gerade aus den zu A geh¨orenden Teilmengen von A.
In den letzten Beispielen haben wir gesehen, dass auf Grund der Operationstreue der Urbildfunktion
die Struktur einer -Algebra erhalten bleibt. Dass dies auch f¨ur Erzeuger von -Algebren gilt,
zeigt
Satz 2.30: Strukturerhalt des Erzeugers
9
Es sei f
eine Abbildung, wobei ,
Ø. Dann gilt f¨ur jedes E
P
(
)
(f
-1
(E
))=f
-1
((E
)).
In Worten: Das Urbild eines Erzeugers ist selbst ein Erzeuger f¨
ur das Urbild der erzeugten -
Algebra.
Beweis:
"
": Da f
-1
((E
)) nachBeispiel2.26eine -Algebraist,die f
-1
(E
) umfasst,folgt (f
-1
(E
))
f
-1
((E
)).
"
": Wir betrachten das System
A
=
{A
f
-1
(A
)(f
-1
(E
))}.
In Beispiel 2.27 haben wir gezeigt, dass dieses System eine -Algebra ¨uber
ist. Wegen E
A
folgt
(E
)A
.
Es ist also f
-1
((E
))f
-1
(A
)(f
-1
(E
)).
9
vgl. [6], S. 19

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
13
2.4
Dynkin-Systeme
Im Folgenden halten wir uns an die Darstellung von [1], S. 7 f.
Oft ist es schwierig, f¨
ur ein gegebenes Mengensystem direkt nachzuweisen, dass es sich dabei um
eine -Algebra handelt (man beachte: -Algebren m¨ussen bez¨uglich abz¨ahlbarer Vereinigungen
abgeschlossen sein). H¨aufig wird eine Eigenschaft f¨ur einen Erzeuger nachgewiesen und man ver-
sucht, diese auf die erzeugte -Algebra
"
hochzuziehen". Ein n¨
utzliches Hilfsmittel hierf¨
ur ist ein
sog. Dynkin-System.
Definition 2.31: Dynkin-System
Ein System D von Teilmengen von bezeichnen wir als Dynkin-System, wenn es folgende Eigen-
schaften besitzt:
(i)
D.
(2.22)
(ii)
Aus D
D folgt D D.
(2.23)
(iii)
ur jede Folge
(D
n
)
n
N
von paarweise disjunkten Elementen aus D liegt
n
=1
D
n
in D.
(2.24)
Bemerkung 2.32:
· Jedes Dynkin-System D enth¨
alt somit auch die leere Menge Ø
= . Ebenso liegt mit je
endlich vielen, paarweise disjunkten Mengen aus D deren Vereinigung in D.
· Die Definition eines Dynkin-Systems ist nahezu identisch mit der einer - Algebra. Der be-
deutende Unterschied zwischen beiden Mengensystemen besteht jedoch darin, dass bei einem
Dynkin-System die Abgeschlossenheit bez¨uglich abz¨ahlbarer Vereinigungen nur f¨
ur paarweise
disjunkte Mengen gefordert wird.
Beispiel 2.33:
Sei
=
{1,2,3,4}. Das Mengensystem D = {Ø,,{1,2},{1,3},{2,4},{3,4}} ist ein Dynkin-
System, denn liegt offensichtlich in D und ebenso s¨amtliche Komplemente der Mengen D
i
D , i
{1, ..., 6}. Es ist jedoch keine -Algebra, da {1,3}{3,4} D, d.h. die Forderung (2.3)
von -Algebren ist verletzt.
Beispiel 2.34:
Jede -Algebra ist ein Dynkin-System, d. h. es gilt
(E)(E).
Beweis:
Die ersten beiden Eigenschaften einer -Algebra stimmen mit denen eines Dynkin-Systems ¨uberein.
Die dritte Bedingung einer
- Algebra ist nach Satz A.13 ebenfalls erf¨ullt, denn dort haben wir
gezeigt, dass jede abz¨ahlbare Vereinigung
n
N
A
n
als disjunkte Vereinigung geschrieben werden
kann.

KAPITEL 2. MENGENSYSTEME
14
Lemma 2.35:
Jedes Dynkin-System ist abgeschlossen bez¨uglich eigentlicher Komplementbildung, d. h.
aus D, E
D, D E folgt E D D.
(2.25)
Beweis:
Seien D, E
D mit D E . Da D und E disjunkt sind, liegt DE und wegen (2.23) auch deren
Komplement (bez¨
uglich ) D
E
(A.5)
= D E = E D in D.
Wir k¨onnen daher ein Dynkin-System auch durch (2.22), (2.25) und (2.24) definieren.
Die Bedeutung von Dynkin-Systemen liegt vor allem in den beiden folgenden S¨atzen (auf die Be-
weise verzichten wir und verweisen auf [1], S. 8 f.).
Satz 2.36:
Ein Dynkin-System ist genau dann eine -Algebra, wenn es durchschnittsstabil ist.
Satz 2.37:
F¨ur jedes durchschnittsstabile Mengensystem E
P
() gilt:
(E)=(E).
(2.26)
Eine Anwendung dieser S¨atze sehen wir in Kapitel 4.

Kapitel 3
Messbare Abbildungen
In diesem Kapitel werden wir Abbildungen zwischen sog. Messr¨aumen betrachten.
3.1
Messr¨
aume und Messbarkeit
Definition 3.1: Messraum
Das Tupel oder Paar
(, A) nennen wir Messraum und ist der Ausgangspunkt unserer Inhalts-
messung. Ein Messraum wartet sozusagen auf eine Vorschrift, den Elementen A
A Zahlen zuzu-
ordnen, die wir dann als
"
Inhalt" oder
"
Maß" von A interpretieren. An Stelle von A
A sagen
wir auch
"
A
ist messbar".
Ein Beispiel f¨ur einen Messraum ist
(R
d
, B
d
), der auchals d-dimensionaler Borelscher Messraum
bezeichnet wird.
Definition 3.2: Messbare Abbildung
1
Seien
(, A) und (
, A
) zwei Messr¨aume. Eine Abbildung f
heißt A
- A
-messbar,
wenn gilt:
f
-1
(A
)A
ur alle A
A
,
(3.1)
kurz:
f
-1
(A
)A.
In Worten: Die Urbilder messbarer Mengen aus
m¨ussen messbare Mengen in sein.
Wir schreiben symbolisch
f
(, A)(
, A
)
f¨ur eine messbare Funktion, wenn wir hervorheben wollen, dass wir die -Algebren A und A
verwenden. Gehen die Messr¨aume aus dem Kontext hervor, sprechen wir auch einfach von einer
messbaren Abbildung, insbesondere wenn
(
, A
)=(R, B
1
) bzw. (R
d
, B
d
) ist.
1
vgl. [1], S. 39
15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836625722
Dateigröße
865 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik Stuttgart – Vermessung, Informatik und Mathematik, Mathematik
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,3
Schlagworte
maßtheorie integration lebesgue mengensysteme
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Titel: Elemente der Maß- und Integrationstheorie
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