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Gründungsverhalten von Best Agern

Eine explorative Studie zu Unternehmensgründungen ab 45

©2008 Diplomarbeit 112 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In Zeiten des demographischen Wandels rückt die Personengruppe der Generation 45+ / 50+ mehr und mehr in den Fokus von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Wegen ihrer überdurchschnittlichen Finanz- und Vermögenssituation haben Best Ager bereits heute eine zunehmend starke Bedeutung für die Konsum- und Marktforschung. Auch genießt die Generation 45+ 50+ zunehmende Aufmerksamkeit, weil sie als Wählerpotenzial in den nächsten Jahren und Jahrzehnten allein schon rein quantitativ zunimmt und die entscheidende Wählergruppe überhaupt darstellt. Auch vor dem Hintergrund des aktuellen Facharbeitermangels in der Wirtschaft, setzt diese gemeinsam mit der Politik verstärkt auf diese Zielgruppe: Gezielte Qualifizierungen sollen auf zunehmende, vor allem technologische Herausforderungen im Beruf vorbereiten, um somit die negativen Auswirkungen des Facharbeitermangels abzumildern. Im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel rückt die Best Ager Thematik und damit die Frage nach den besonderen Motiven und Umständen von Best Ager Gründungen in den Mittelpunkt der Entrepreneurship-Forschung.
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit soziologischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten, die im Zusammenhang mit Existenzgründungen – speziell Best Ager Gründungen – stehen. Hierbei wird insbesondere auf den demographische Wandel und Lebensphasenmodelle und deren Auswirkungen auf Best Ager Gründungen eingegangen. Darüber hinaus werden Verhaltensmuster von (potentiellen) Unternehmensgründern und Ansätze der Motivforschung zur Unternehmerpersönlichkeit dargestellt. Auch werden Grundlagen der Finanzierung allgemein und Förderungshilfen für Existenzgründer untersucht – es existieren keine speziellen Förderprogramme für Best Ager Gründer.
Darüber hinaus wurden in einer eigenen wissenschaftlichen Erhebung speziell Best Ager, die ihr Angestelltenverhältnis aufkündigten, um sich selbständig zu machen, auf ihre Gründungsmotive und -absichten untersucht. Ein Schwerpunkt lag hierbei auf der Vorgründungsphase. Das Motiv, bei der Gründung eine Idee umzusetzen, unterscheidet sich bei Best Agern nicht von einem Unternehmensgründer aus einer anderen Altersklasse, jedoch zeigen sich große Unterschiede bei den Umständen im Sinne spezifischer Rahmenbedingungen bei der Gründung: Hochqualifizierte Best Ager gründen vorrangig, weil sie mit der beruflichen Situation unzufrieden sind. Diese Entscheidung wächst und reift über einen längeren Zeitraum – […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Kurzdarstellung

1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung
1.4 Methodischer Aufbau

2 Definitionen
2.1 Untersuchungsobjekt
2.2 Untersuchungssubjekt
2.2.1 Intrapreneure
2.2.2 Best Ager
2.3 Untersuchungsphase

3 Identifikation relevanter wissenschaftlicher Beiträge zum Gründungs-
verhalten von Best Agern
3.1 Der demographische Wandel
3.2 Auswirkungen des demographischen Wandels
3.2.1 Ressource Arbeitskraft
3.2.2 Veränderte Gründungsaktivitäten
3.2.3 Lebenszyklusphasen
3.2.4 Gesundheit
3.3 Kompetenzentwicklung
3.3.1 Kompetenz vs. Qualifikation
3.3.2 Kompetenz zur Handlung
3.3.3 Handlungsfähigkeit von potenziellen Unternehmensgründern
3.3.4 Kompetenzentwicklung durch Erfahrungsräume
3.4 Betriebswirtschaftliche Einflussfaktoren auf die Gründungsentscheidung
3.4.1 Gründerpersönlichkeit
3.4.2 Finanzierung der Selbständigkeit
3.4.2.1 Finanzplanung
3.4.2.2 Basel II
3.4.3 Förderprogramme
3.4.3.1 Überblick Förderlandschaft
3.4.3.2 Beratungsförderung
3.4.3.3 Investitions- und Betriebsmittelförderung
3.4.4 Netzwerke
3.5 Ansätze einer quantitativen Erfassung von Best Ager Gründungen
3.5.1 Gesamtentwicklung Deutschland
3.5.2 Eigene Erhebung: Fallbeispiel Stadt Oberhausen
3.5.3 Gründungsvorteile und –potenziale
3.5.4 Gründungsnachteile und –probleme
3.5.5 Mögliche Problemlösungen

4 Empirischer Teil
4.1 Aufbau und Durchführung
4.2 Fragebogen
4.3 Auswertung

5 Beitrag für die Entrepreneurship-Forschung und zukünftiger Forschungsbedarf

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Kurzdarstellung

In Zeiten des demographischen Wandels rückt die Personengruppe der Generation 45+ / 50+ mehr und mehr in den Fokus von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Wegen ihrer überdurchschnittlichen Finanz- und Vermögenssituation haben Best Ager bereits heute eine zunehmend starke Bedeutung für die Konsum- und Marktforschung. Auch genießt die Generation 45+ / 50+ zunehmende Aufmerksamkeit, weil sie als Wählerpotenzial in den nächsten Jahren und Jahrzehnten allein schon rein quantitativ zunimmt und die entscheidende Wählergruppe überhaupt darstellt. Auch vor dem Hintergrund des aktuellen Facharbeitermangels in der Wirtschaft, setzt diese gemeinsam mit der Politik verstärkt auf diese Zielgruppe: Gezielte Qualifizierungen sollen auf zunehmende, vor allem technologische Herausforderungen im Beruf vorbereiten, um somit die negativen Auswirkungen des Facharbeitermangels abzumildern. Im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel rückt die Best Ager Thematik und damit die Frage nach den besonderen Motiven und Umständen von Best Ager Gründungen in den Mittelpunkt der Entrepreneurship-Forschung.

Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit soziologischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten, die im Zusammenhang mit Existenzgründungen – speziell Best Ager Gründungen – stehen. Hierbei wird insbesondere auf den demographische Wandel und Lebensphasenmodelle und deren Auswirkungen auf Best Ager Gründungen eingegangen. Darüber hinaus werden Verhaltensmuster von (potentiellen) Unternehmensgründern und Ansätze der Motivforschung zur Unternehmerpersönlichkeit dargestellt. Auch werden Grundlagen der Finanzierung allgemein und Förderungshilfen für Existenzgründer untersucht – es existieren keine speziellen Förderprogramme für Best Ager Gründer.

Darüber hinaus wurden in einer eigenen wissenschaftlichen Erhebung speziell Best Ager, die ihr Angestelltenverhältnis aufkündigten, um sich selbständig zu machen, auf ihre Gründungsmotive und -absichten untersucht. Ein Schwerpunkt lag hierbei auf der Vorgründungsphase. Das Motiv, bei der Gründung eine „Idee“ umzusetzen, unterscheidet sich bei Best Agern nicht von einem Unternehmensgründer aus einer anderen Altersklasse, jedoch zeigen sich große Unterschiede bei den „Umständen“ im Sinne spezifischer Rahmenbedingungen bei der Gründung: Hochqualifizierte Best Ager gründen vorrangig, weil sie mit der beruflichen Situation unzufrieden sind. Diese Entscheidung wächst und reift über einen längeren Zeitraum – oftmals direkt am eigenen Arbeitsplatz. Auch konnte die wissensintensive Branche „Unternehmensberatung“ als ein Schwerpunkt ausgemacht werden, in welchem Best Ager Gründungen stattfinden. Die Bedeutung und der Einfluss von Investitions- und Betriebsmittelförderprogrammen sowie die vielfach zitierte Hürde „Basel II“ sind vielfach geringer, als beispielsweise von gründenden Universitätsabgängern – die Eigenmittel der Gründer reichen vielfach aus. Hochqualifizierte Best Ager Gründungen basieren auf jahrelang erworbener Wissens- und Fachkompetenz sowie physischer und psychischer Fitness der Gründer.

Aus Sicht der Wissenschaft ist die Thematik Best Ager Gründungen noch in der Anfangsphase und bereits erstellte Dokumentationen oder Arbeiten rar bzw. nicht existent. Diese Forschungsthematik wird jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Wissenschaft ist aufgerufen, sich verstärkt um die Entwicklung von Lebensmodellen der Best Ager Generation zu kümmern – hierzu gehört insbesondere der Aspekt Best Ager Gründungen. Diese Diplomarbeit stellt schließlich vorstellbare Modelllösungen dar und zeigt Anknüpfungspunkte für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik.

1 Einleitung

1.1 Ausgangslage

Die Thematik „Best Ager“ spielt zunehmend eine bedeutende Rolle in Wirtschaft und Politik unter Schlagwörtern, wie Seniorenmarketing, Golden Ager, Third Ager, Mid-Ager, Junge Alte, Personalentwicklung 50+, Jobs und Qualifizierung für Best Ager. Der Begriff „Best Ager“ wird im Folgenden synonym für die zuvor erwähnten Begrifflichkeiten verwendet. Ein Best Ager ist im erwähnten Zusammenhang der Konsument bzw. Arbeitnehmer ab 45 Jahren. Jedoch ist sich die Literatur bei der Alterseingrenzung nicht einig, so dass teilweise auch von 50+ oder 55+ gesprochen wird. Auch von Seiten des Gesetzgebers ist diese Eingrenzung nicht geklärt. Das Marketing der Seniorenwirtschaft legt auch keine klare Eingrenzung fest. Jedoch lässt sich erkennen, dass tendenziell Menschen zwischen dem 45. und 70. Lebensjahr betroffen sind. Eine umfassende Definition des Begriffs „Best Ager“ findet sich in Kapitel 2 – das Hauptkriterium zur Einordnung ist eher das „gefühlte“, als das biologische Alter. Wie Tab. 1 aufzeigt, wird das Alter subjektiv aufgenommen („gefühlt“). Deutlich hebt sich die Altersgruppe 45/50 bis Mitte / Ende 60 ab, die weder als „jung“ noch als „alt“ wahrgenommen wird.

Tab. 1: Definition der Altersgrenzen nach Jahren[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Insbesondere im Marketing ist diese neue Zielgruppe zu einem Kernelement geworden: Sie gilt nicht nur als kaufkräftig und durchaus noch innovationsbereit, sondern auch als qualitätsbewusst und konsumfreudig – nicht zuletzt auch als vital und flexibel. Nie zuvor war die Altersgruppe der Best Ager so aktiv wie heutzutage.

Auffallend ist jedoch, dass die Best Ager im Kontext von Unternehmensgründungen in Politik und Wissenschaft kaum Aufmerksamkeit genießen – etwa im Gegensatz zu der Zielgruppe der gründerfreundlichen Studenten. Entsprechende Untersuchungen an Gründerlehrstühlen bzw. Instituten für Gründungs- und Innovationsforschung stehen offensichtlich noch aus. Desweiteren: Das Alter von Unternehmensgründern wird zwar im Zuge der Gewerbeanmeldungen per Meldebogen bzw. Gewerbedatei bei den Ordnungsämtern der Städte erfasst, jedoch nicht an die statistischen Landes- und Bundesämter weitergeleitet und damit nicht in der amtlichen Statistik veröffentlicht.

Die sich verstärkende demographische Entwicklung in den westlichen Industrienationen wird einen starken Einfluss auf die Arbeitsmärkte haben. Geburtenschwache Jahrgänge im Anschluss an die Wachstumsjahre der 50er bis 70er sorgen schon heutzutage für Arbeitskräftemangel und gesunkene Unternehmensgründungsaktivitäten. Hinzu kommen gestiegene Lebenserwartungen, die einerseits Wissen länger vereinen, andererseits zur Instabilität des Sozialsystems beitragen. Der demographische Wandel hat die Wirtschaft längst erreicht: Wenn etwa Unternehmer im aktuellen Aufschwung deutlich den zunehmenden Fachkräftemangel spüren, wird die Integration und Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern zum Thema. Aufgrund der erhöhten Lebenserwartung der Gesellschaft, und in der Regel einer stabilen gesunden körperlichen und geistigen Konstitution, hat die Selbstverwirklichung der Best Ager Generation zugenommen. Auf der Hand liegt, dass sich aufgrund der aufgezeigten Rahmenbedingungen die Selbstverwirklichung auch in Form von Existenzgründungen im fortgeschrittenen Lebensalter widerspiegelt.

Dass die Gründungsthematik der Best Ager kein deutsches Phänomen ist, bestätigen Studien aus den USA, welche sich bereits seit längerer Zeit mit diesem Phänomen beschäftigen. Die Gruppe der 55 bis 64 Jährigen in den USA ist bereits heute die gründungsaktivste Personengruppe der USA und „in Deutschland gewinnt es langsam aber sicher an Gewicht: Ältere engagieren sich verstärkt als Unternehmensgründer oder bieten sich als "Coaches" für Unternehmensgründungen an. Ob die Erfahrung der Älteren dazu führen wird, dass in Deutschland die Überlebenswahrscheinlichkeit von Neugründungen steigt, ist zwar noch nicht ausgemacht; jedoch bieten die vielfältigen Erfahrungen und Kontakte der Älteren eigentlich eine gute Grundlage dafür, um die Nachhaltigkeit von Neugründungen zu verbessern.“[2]

1.2 Problemstellung

Basierend auf den vorangestellten Ausführungen soll diese Arbeit die Frage weiter aufhellen, inwieweit das Alter und die Kompetenzen der Best Ager das Gründungsverhalten beeinflussen. Somit wird auch untersucht, welche Faktoren und Motive einen Best Ager dazu verleiten, sein Angestelltenverhältnis proaktiv zu beenden bzw. mit einer Abfindung freiwillig auszuscheiden und eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Aus Sicht der Praxis stellt sich die Frage, wie Unternehmensgründungen von Best Agern aktiver gefördert werden können, um somit mittelfristig auch neue nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen und einen Wissenstransfer von Best Agern für jüngere Mitarbeiter zu gewährleisten.

Die Vermutung liegt nahe, dass aufgrund der Verlängerung der Berufsphase die Einstellung, noch in fortgeschrittenem Alter ein eigenständiges Unternehmen zu gründen, zunimmt. Eine berufliche Perspektive von weiteren 15 bis 20 Jahren vor Augen, mag bei den Best Agern die Selbständigkeit bzw. Unternehmensgründung als herausfordernde Alternative reifen lassen. Mögliche Motive können hierbei sein: Die Chance, eigene Erfahrungen zu Geld zu machen, der jüngeren Generation den Aufstieg im Unternehmen durch Freisetzung von Planstellen zu ermöglichen, oder als Berater / Moderator / Teilhaber sich einzubringen bzw. betätigen zu wollen.

Neben den aufgezeigten möglichen Motiven und Perspektiven stellt sich auch die Frage nach den Risiken, die eine Unternehmensgründung birgt. Wie bei den „Motivationen“ steht die Wissenschaft auch bei der Risikoabschätzung vor der Frage, ob diese dem Durschnitt entsprechen, oder aber eigene Ausprägungen bei Best Agern beinhalten. Das Risiko bezeichnet in diesem Fall die Möglichkeit eines Misserfolges bzw. eines Verlustes, dem sich ein potenzieller Gründer gegenüber sieht. Die Frage ist auch, ob das Risiko z.B. durch gesammelte Branchenkenntnis eingedämmt werden kann. Es ist bisher allerdings nicht eindeutig aufzuzeigen, ob Best Ager durch besondere Faktoren zu einer Unternehmensgründung motiviert oder davon abgehalten werden.

Aufgrund dessen, dass die Forschung zum Phänomen der Best Ager bisher wenige aussagekräftige Studien veröffentlicht hat und insbesondere das Gründungsverhalten dieser Zielgruppe nahezu unerforscht ist, drängt sich dieses Themengebiet in der Literatur nicht auf. Aus der Sicht des Landesamtes für Statistik in Nordrhein-Westfalen ist anzumerken, dass bei Gewerbeanmeldungen weder Alter, noch Geschlecht eines Antragstellers „weiterverarbeitet“ werden. Somit sind weder quantitative noch qualitative Aussagen auf Landes- und Bundesebene möglich und darstellbar[3].

Da sich diese Arbeit nur bedingt auf bereits existierende Daten und Statistiken stützen kann, wird in der Folge, insbesondere durch einen empirischen Teil, das Gründungsverhalten von Best Agern selbständig erforscht. Hierbei stellt sich zwangsläufig die Frage, wie diese Zielgruppe für Befragungen identifiziert werden kann.

1.3 Zielsetzung

Aufgrund der aktuellen Forschungen zu älteren Erwerbstätigen sollen existierende Forschungsstände reflektiert und auf die Thematik der Best Ager Gründungen projiziert und erweitert werden. Diese Arbeit zeigt aktuelle und insbesondere zukünftige Arbeitsmarktveränderungen im weitesten Sinne aufgrund des demographischen Wandels auf. Hierbei wird auf die besonderen Rahmenbedingungen von Best Ager Gründungen näher eingegangen. Es werden insbesondere solche Motivationshintergründe erforscht und herausgearbeitet, die dazu führen, dass diese Gruppe den Weg in die Selbständigkeit wählt. Es wird in diesem Zusammenhang reflektiert, ob diese Motivationshintergründe mit den klassischen Gründungsfaktoren deckungsgleich sind. Folgende Motive werden im Rahmen einer empirischen Erhebung (Interviews und Fragebogen) bei Best Ager Gründern im Nachhinein erfragt:[4]

- Bessere Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten
- Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbständigkeit
- Verwirklichung einer Idee
- Unzufriedenheit mit abhängiger Beschäftigung
- Soziales Ansehen als Unternehmer
- Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Branchenkenntnisse

Darüber hinaus wird angestrebt, gründungsintensive Branchen schwerpunktmäßig zu identifizieren. So wird der Frage nachgegangen, ob Best Ager tendenziell in wissensintensiven Branchen, wie der Unternehmensberatung und allen anderen damit verknüpften Arbeitsfeldern, gründen.

Auch sollen Erkenntnisse gewonnen werden, inwieweit bestehende Gründungsinfrastruktur, Technologiezentren und Beratungs- / Unternehmernetzwerke genutzt werden, oder die im Laufe der beruflichen Laufbahn aufgebauten Netzwerke eine besondere Bedeutung im Rahmen der Existenzgründung haben.

Zum Thema Arbeitsplatzschaffung durch Existenzgründungen wird erforscht, ob Best Ager Gründungen auch verbunden sind mit der Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen in dem Maße, wie dies aus der allgemeinen Gründerthematik bekannt ist (4-5 pro Gründungsfall).

Schließlich wird diese Arbeit einen Abriss der aktuellen Förderkulisse des Bundes und des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aufzeigen und herausarbeiten, ob die einschlägigen Finanzierungs- und Förderhilfen spezifische Sonderregelungen für Best Ager aufweisen.

1.4 Methodischer Aufbau

Im Rahmen des theoretischen Teils der Arbeit erfolgt eine Bestandsaufnahme der relevanten wissenschaftlichen Beiträge zu dem Best Ager Phänomen im Allgemeinen und vor dem Hintergrund des Gründungsverhaltens von Best Agern im Besonderen. Über einen eigenen empirischen Teil wird angestrebt, Aussagen der wissenschaftlichen Beiträge durch Interviews ausgewählter Best Ager Gründer zu verifizieren. Im Mittelpunkt der Recherche steht dabei die folgende Kernfrage: Was veranlasst Best Ager ihr Beschäftigungsverhältnis aufzugeben und ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Kapitel 2 dient der Eingrenzung und näheren Definition des Untersuchungsobjektes und des Untersuchungssubjektes sowie derjenigen Untersuchungsphase im Lebenszyklus eines Unternehmens mit besonderer Relevanz für Best Ager Gründer.

Im Kapitel 3 werden die relevanten wissenschaftlichen Beiträge zum Gründungsverhalten von Best Agern identifiziert. Dabei wird zunächst der soziologische Bezugsrahmen untersucht. Hierbei rücken neben dem besonderen Aspekt welche Auswirkungen der demographische Wandel auf den Arbeitsmarkt hat, insbesondere Lebenspläne und -phasen der Unternehmensgründer in den Vordergrund. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Ausführungen zur Kompetenzentwicklung von Arbeitnehmern im Allgemeinen und von Unternehmensgründern im Speziellen. Der sich anschließende betriebswirtschaftliche Teil umfasst die ausgewählten Eckpfeiler Finanzierung, Förderungslandschaft und Netzwerke. Der Bereich der Marktbesetzung findet in diesem Zusammengang, aufgrund seiner Komplexität, keine weitere Berücksichtigung. Im Anschluss daran werden aktuelle Untersuchungen zu der spezifischen Gründungsthematik von Best Agern aufgezeigt und ausgewertet.

In Kapitel 4 – empirischer Teil – wird näher auf die durchgeführten Experteninterviews eingegangen und die Ergebnisse einer näheren Wertung unterzogen.

In Kapitel 5 wird die vorliegende Diplomarbeit in den Kontext der bekannten Entrepreneur-ship-Forschung eingereiht und Ansätze für den zukünftigen Forschungsbedarf auf dem Feld von Unternehmensgründungen von Best Agern aufgezeigt.

2 Definitionen

2.1 Untersuchungsobjekt

Diese Arbeit untersucht gründungsfördernde Faktoren von potenziellen Unternehmensgründern in der Best Ager Phase.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Prozesskette von Entrepreneurship[5]

Damit sich Menschen mit dem Gedanken, sich selbständig zu machen, auseinandersetzen, müssen sie „Gelegenheiten“ ausfindig machen. Wie Abb. 1 zeigt, entstehen diese Gelegenheiten aus einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht oder aufgrund von asymmetrischen Informationen. Die unternehmerischen Gelegenheiten können Situationen sein, wo Materialien, Güter oder Dienstleistungen zu einem höheren Preis als den Herstellungskosten verkauft werden können.[6] Aber auch Wissensvorsprünge können zu Arbitragemöglichkeiten führen.[7]

Diese Gelegenheiten müssen nun in der Folge von potenziellen Entrepreneuren erkannt werden. Diese kognitiven Fähigkeiten stützen sich primär auf Vorkenntnisse, über die eine Person verfügt. Drei Dimensionen für die Kognition von unternehmerischen Chancen werden unterschieden:[8]

- (Vor-) Kenntnisse über Märkte
- (Vor-) Kenntnisse über die Versorgung von Märkten und
- (Vor-) Kenntnisse über Kundenprobleme

Es sind somit in erster Linie Branchenkenntnisse, die einem potenziellen Unternehmensgründer bei der Identifikation einer unternehmerischen Gelegenheit zu Gute kommen. „Wichtig für den Gründungserfolg sind offenbar vor allem […] erworbene Berufserfahrungen und Branchenkenntnisse des Unternehmers vor dem Wechsel in die Selbständigkeit. Hier wird die entscheidende Rolle des letzten Arbeitgebers, des Inkubators deutlich. Der potenzielle Gründer hat sich meist bei seinem bisherigen Arbeitgeber mit den Produkten, Leistungen und Kundenkreisen vertraut gemacht. Diese Kenntnisse kann er sich – sofern die Gründung innerhalb der gleichen Branchen erfolgt – hervorragend zu Nutze machen. Sie sind für den Gründungserfolg von erheblicher Bedeutung.“[9]

Nachdem eine unternehmerische Chance erkannt wurde, gilt es für den Entrepreneur, diese zu evaluieren. Dies geschieht oft unbewusst durch die individuellen Eigenschaften des Unternehmers. Diese Eigenschaften sind:[10]

- Hohe Leistungsmotivation
- Machbarkeitsstreben
- Risikobereitschaft
- Unabhängigkeitsstreben
- Soziale Initiative und Begeisterungsfähigkeit
- Gesunder Menschenverstand

Herauszugreifen ist hier die hohe Leistungsmotivation als Kerncharakteristik des erfolgreichen Unternehmers. „Von allen psychologischen Faktoren, die mit der Gründung neuer Unternehmungen in Verbindung gebracht werden, hat die Leistungsbereitschaft die längste Tradition. Leistungsbereitschaft – das Streben einer Person nach Exzellenz oder in Konkurrenzsituationen erfolgreich zu sein – ist ein Schlüsselattribut erfolgreicher Unternehmer.“[11] Wenn eine entdeckte Geschäftsidee positiv evaluiert wurde, muss diese schlussendlich genutzt werden. Dies geschieht entweder durch die Gründung eines Unternehmens oder durch den Verkauf dieser Idee.

Neben der Branchenerfahrung als Kernfaktor für Unternehmensgründungen kristallisieren sich folgende Motivationsfaktoren für eine Unternehmensgründung heraus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Die Motivationen von Unternehmensgründungen[12]

Neben den in Abb. 2 durch Statistik Austria im Jahre 2007 identifizierten Unternehmensgründungsmotivationen ist anzunehmen, dass auch das gesellschaftliche Prestige, als Unternehmer wahrgenommen zu werden, eine weitere Rolle bei der Gründung spielt.

2.2 Untersuchungssubjekt

2.2.1 Intrapreneure

Das Untersuchungssubjekt im vorliegenden Zusammenhang ist eine natürliche Person, die ab einem Alter von 45 Jahren ein eigenes Unternehmen gründet bzw. gegründet hat. Diese Gründung erfolgt erstmalig. Es wird davon ausgegangen, dass die Best Ager Gründer nicht der Gruppe der Serial Entrepreneurs zuzuordnen sind.[13]

Der Best Ager Gründer hat üblicherweise eine berufliche Historie, die wesentlichen Einfluss auf seine Lebensentscheidung hat, sich im fortgeschrittenen Alter noch selbständig zu machen. Die Beweggründe hierfür sind u.a. aus dem Phänomen des Intrapreneurships abzuleiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Systematik der Erwerbspersonen[14]

Wie Abb. 3 zeigt, gliedern sich die abhängig Beschäftigten einerseits in Personen ohne Unternehmerfunktion und andererseits in Personen mit Unternehmerfunktion. Die zuletzt genannte Erwerbsgruppe zeichnet sich durch ein hohes Maß an unternehmerischem Denken aus. Diese Personen denken und handeln trotz ihres unselbstständigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne ihres Arbeitgebers und übernehmen als Teil des Ganzen Selbstverantwortung für das Unternehmen und den damit verknüpften Erfolg und die Qualität. „Intrapreneure“ sichern somit oftmals die Existenz ihres Arbeitgebers und ihren Status als leitender Angestellter.

Nur Personen mit Unternehmerfunktion bilden, je nach Motivation zur Selbständigkeit, die Zielgruppe für diese Studie. Abzugrenzen sind die potenziellen Unternehmer von der Gruppe der arbeitslosen erwerbsfähigen Personen, die in dieser Arbeit nur am Rande Erwähnung finden. Da sich diese Arbeit mit ehemaligen angestellten Führungskräften auseinandersetzt, fällt die Gruppe derjenigen ohne Unternehmerfunktion im Angestelltenverhältnis heraus. Vorheriges gelebtes Intrapreneurship ist somit eine grundlegende Voraussetzung für alle potenziellen Untersuchungssubjekte. Führungskräfte sind Personen, die eine leitende Rolle in einem Unternehmen übernehmen und über eine gewisse Führerpersönlichkeit verfügen. Die wesentlichen Eigenschaften von potenziellen leitenden Angestellten können sein[15]:

- Technische Kompetenz: Bewandert im Geschäftsleben und Verständnis seines Fachgebietes
- Konzeptuelle Fähigkeiten: Fähigkeit zur Abstraktion oder strategisches Denken
- Erfolgsgeschichte: eine erfolgreiche Vergangenheit (geschäftlich)
- People Skills: Fähigkeit zu kommunizieren, zu motivieren und zu delegieren
- Geschmack: die Fähigkeit Talente zu erkennen und zu kultivieren
- Urteilsfähigkeit: schwierige Entscheidungen in kurzer Zeit und bei begrenzter Information zu treffen
- Charakter: die grundlegenden Qualitäten, die uns zu dem machen, was wir sind

„Ein Intrapreneur ist […] durch ein überdurchschnittliches Verhandlungsgeschick, eine starke Ausdauer in der Überwindung von Hindernissen sowie einen hohen Grad an Flexibilität gekennzeichnet.“[16]

Forschungssubjekt sind somit ehemalige angestellte Führungskräfte, die sich aktiv aus einem Angestelltenverhältnis gelöst haben. Hierzu zählen auch Personen, die von ihren Arbeitgebern finanziell abgefunden und somit zum Austritt aus dem Unternehmen animiert wurden. Abbildung 4 zeigt im Weiteren, dass sich die erwerbsfähigen selbstständigen Personen in die folgenden vier Bereiche gliedern: Selbstständige Unternehmer, Gewerbetreibende, Freiberufler, sowie selbständige Land- und Forstwirte. Aus theoretischer Sicht kommen alle vier Personengruppen für diese Studie in Betracht, nichtsdestotrotz wird der Schwerpunkt, aufgrund des persönlichen Netzwerkes des Autors, auf den selbstständigen Unternehmern und Freiberuflern liegen.

2.2.2 Best Ager

Die Begrifflichkeit „Best Ager“ beschreibt ein Lebensgefühl der Generation 45/50 plus. Bestimmungsfaktoren sind hierbei maßgeblich einerseits das Alter und andererseits das Geschlecht.

„Unter allen europäischen Staaten ist Deutschland die Gesellschaft, die am schnellsten altert“[17]

Die durchschnittlichen Lebenserwartungen betragen heute für Männer in Deutschland bereits 75,6 und für Frauen 81,3 Jahre[18]. Hinzu kommt eine mentale Verjüngung der Best Ager[19], so dass sich dieser Personenkreis heutzutage deutlich jünger fühlt, als die gleiche Altersgruppe vor beispielsweise 20 Jahren. Die Verbraucheranalyse 2007 der Verlagsgruppe Bauer unterscheidet drei Altersklassen von Best Agern – im Einzelnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Best Ager Phasen[20]

Die Altersgruppe der 50- bis 65-Jährigen steht mitten im Leben und ist trendbewusst. Sie nimmt kulturelle Angebote in Anspruch, treibt Sport, verfügt über viele Sozialkontakte und besitzt nach vorne gerichtete Ziele im Leben.

In der Gruppe der 66- bis 70-Jährigen beginnt der Rückzug ins Privatleben, und das allgemeine Interesse an Aktivitäten lässt langsam nach. Die so genannte Heim-Orientierung führt zu einer Verstärkung von Heimwerkerarbeiten, Gärtnern sowie Lesen und das Aufblühen von Sammelleidenschaften. Die in Anspruch genommenen Sportaktivitäten fokussieren sich auf Wandern und / oder Radfahren. Der Blick dieser Best Ager Gruppe ist zunehmend auf das „jetzt“ gerichtet. Bei den 70-Jährigen wird eine deutliche Interessenkonzentration auf die eigenen vier Wände beobachtet. Weiterhin wird Wert auf die eigene Gesundheit gelegt.

Neben dem biologischen Alter beeinflusst auch die Prägung der jeweiligen Generation das Lebensgefühl. Hierbei spielt das Werteverständnis und die Mentalität der jeweiligen Jugendzeit eine bedeutende Rolle. In der Gruppe der heute über 70-Jährigen herrschten Werte, wie Pflichterfüllung, Disziplin und Moral, Familie, Sicherheit und Ordnung vor. Die heute 60- Jährigen wuchsen in einem konservativen Bürgertum auf, welches großen Wert auf Tradition, Normen und Familiensinn legte. Die heute über 50-Jährigen wurden in eine bürgerliche Wohlstandsgeneration hineingeboren. Bedeutung erzielte hierbei insbesondere der berufliche Erfolg und ein gepflegter Luxus, gepaart mit einer toleranteren und materielleren Lebensweise. Diese verschiedenen Erfahrungen und Einstellungen, welche auch im Alter weiterhin Einfluss auf das Denken der einzelnen Menschen haben, wird in der Soziologie als Kohorten-Effekte bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Wertebeeinflussung der Best Ager[21]

Sowohl bei Männern als auch Frauen setzt der Alterseffekt der Best Ager ein – bei Frauen geht der Rückzug ins private Leben einher mit dem Rückzug aus dem Berufsleben bzw. nach Ende der Versorgung der Familie bei „Berufshausfrauen“. Während Männer weiterhin an Wettkampf und Leistung interessiert sind und sich im Alter weiterhin für Sport und Technik begeistern, legen Frauen mehr Wert auf Konsum und das Nutzen von kulturellen Angeboten. Auch das Thema Wellness erlangt zunehmend an Bedeutung, sowie die so genannte „Nestpflege“ – u.a. dem Verschönern der eigenen vier Wände.

Nach Moughrabi können zehn verschiedene Lebensgefühle der Best Ager herauskristallisiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Mind Sets, Generation 50+[22]

Herauszugreifen ist zuerst der „Ernter des Erfolgs“. Er ist im Durchschnitt 60 Jahre alt und verfügt über ein hohes Bildungsniveau – Abitur und Studium. Er ist berufstätig oder bereits in Rente / Pension. Diese Gruppe zeichnet sich insbesondere durch viele Selbstständige, Freiberufler, leitende Angestellte und Beamte des höheren Dienstes aus. Die „Ernter des Erfolgs“ sind verheiratet, aktiv, erlebnishungrig und interessieren sich beispielsweise für Sport, Kultur und Aktivitäten in Vereinen. Sie verfügen darüber hinaus über einen großen Freundeskreis und sind neuen technischen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen. Des Weiteren zeichnet sich diese Gruppe durch Ehrgeiz, einen Drang zur Individualität und Selbstverwirklichung aus und fühlt sich selbstsicher und optimistisch.

Der Kreis der Männer der bürgerlichen Mitte ist durchschnittlich unerheblich jünger als die „Ernter des Erfolgs“ und verfügt über ein mittleres Bildungsniveau. Ein Mann der bürgerlichen Mitte ist teils berufstätig, arbeitslos oder bereits in Rente/Pension, ist aber auch gekennzeichnet durch Selbstständige, Freiberufler, Beamte des einfachen und mittleren Dienstes, Facharbeiter oder qualifizierter Arbeiter/Angestellter. Auch diese Gruppe ist verheiratet und begeistert sich in der Freizeit für Sport, Fernsehen, Auto / Motorrad, Heimwerken oder Vereinsaktivitäten. Wichtig für den durchschnittlichen Mann der bürgerlichen Mitte ist die finanzielle Unabhängigkeit und eine sichere Zukunft.

Die Gruppe der „Easy Going“ Männer steht vom Bildungsniveau zwischen den beiden zuvor genannten Personenkreisen. Herauszustellen ist jedoch der höhere Anteil lediger Männer (10%), die vielfältigen Freizeitinteressen nachgehen. Wichtig ist den „Easy Going“ Männern ein großer Freundeskreis mit viel Spaß im Leben, wobei sie insbesondere ihre Technikbegeisterung ausleben möchten.

Schlussendlich sei der Personenkreis der „Frauen im zweiten Frühling“ zu erwähnen. Auch hier beträgt das Durchschnittsalter 60 Jahre und die Gruppe verfügt über ein mittleres Bildungsniveau. Frauen dieses Clusters sind voll oder teilweise berufstätig, arbeitslos oder bereits in Rente / Pension – 12% waren haushaltsführend oder nicht berufstätig. Die Freizeitaktivitäten konzentrieren sich auf Sport und Kultur. Einem großen sozialen Netzwerk kommt in diesem Personenkreis eine besondere Bedeutung zu.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine mentale Verjüngung bei Menschen im reiferen Alter stattfindet. Man spricht von einer Verschiebung von Altersschwellen in der Gesellschaft. Es wird prognostiziert, dass sich diese Entwicklung, gekoppelt mit einer signifikanten Potentialverschiebung im Bereich Konsumausgaben, weiterhin fortsetzen wird.

Exkurs: Konsumverhalten der Best Ager

„Generell ist […] festzuhalten, dass – aufgrund der demographischen Entwicklung – eine immer größer werdende Gruppe von Menschen entsteht, die sich in der zweiten Lebenshälfte befindet. Zu dieser Zielgruppe zählen diejenigen Personen, die aufgrund ihres Alters, nicht mehr zu den jungen Erwachsenen gezählt werden können, aber auch ältere Menschen, die für die herkömmliche Kategorie „Senioren“ eine völlig unzutreffende wäre. Die finanzielle Kaufkraft der „Best Ager“ ist heute schon enorm, innerhalb der nächsten Jahrzehnte wird das wirtschaftliche Potenzial dieser Zielgruppe weiter wachsen.“[23]

Nichtsdestotrotz kann der Kreis der Best Ager in der Marketing- bzw. Werbebranche als bisher vernachlässigte Zielgruppe gesehen werden. Verwechselt werden die Best Ager vielfach immer noch mit Senioren, von denen sie sich bewusst abgrenzen wollen und fühlen sich daher von der Werbung nicht angesprochen. Hinzu kommt, dass die Werbeindustrie ihre zu vermarktenden Produkte als neu ansieht und somit einen Widerspruch zu dieser finanzstarken Kundengruppe ausmacht – dies wird nicht zuletzt durch tendenziell branchenüblich junge Werbemacher unterstützt.

Doch gerade im hochpreisigen Segment sind die Best Ager aufgrund ihrer hohen Kaufkraft ein sehr attraktives Kundensegment. Großer Wert bei Kaufentscheidungen wird auf Qualität und Haltbarkeit gelegt. Insbesondere die Segmente Finanzdienstleistung, Touristik und Kosmetik haben die Best Ager, im Gegensatz zu anderen Branchen, bereits identifiziert und locken mit speziell auf diese Kundengruppe abgestimmten Angeboten. Während Finanzdienstleister spezielle Altersvorsorgeprodukte entwickelt haben, offeriert die Touristikbranche Best Agern Wandern, Nordic Walking, Wellness und Kultur[24] die Seniorenteller werden darüber hinaus von der Speisekarte gestrichen.[25] Die Kosmetikbranche setzt auf gutes Aussehen in Verbindung mit Gesundheit, welches als Voraussetzung für ein aktives Leben gilt. Hierbei steht jedoch nicht die Heilung von Krankheiten im Vordergrund, sondern die Förderung des Wohlbefindens der Best Ager. Bedingt durch die Tatsache, dass diese Zielgruppe keinen zwingend notwendigen Bedarf mehr durch Kaufentscheidungen befriedigen muss, verläuft die Kaufentscheidung vielfach auf einer emotionalen Ebene. Diese Ebene muss durch Marketing angesprochen werden, um bei den Best Agern seine Produkte oder Dienstleitungen erfolgreich zu verkaufen.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Trendwende im Bereich Marketing in Richtung Best Ager zu erkennen: Jedoch ergeben sich weiterhin enorme Potenziale, die allein schon deswegen ausgeschöpft werden sollten, um den besonderen Ansprüchen dieser Kundengruppe gerecht zu werden. Insbesondere die Werbebranche wird sich neu positionieren müssen, da reine Altersangaben zur Zielgruppendefinition an Aussagekraft verlieren und sich zukünftig Marketingstrategien an Lebensgefühl und –stil sowie Konsumverhalten orientieren werden.[26]

2.3 Untersuchungsphase

In dieser Arbeit wird schwerpunktmäßig das Agieren der Unternehmensgründer in der Seed-Phase untersucht. Dies ist die Phase vor der formellen Gründung und wird auch als Vorgründungsphase oder Pre-Start-Up-Phase bezeichnet.

Historisch bedingt, stammt der Begriff aus dem Bereich der Venture-Capital-Finanzierung und beschreibt den ersten Abschnitt im Lebenslaufzyklus eines Unternehmens. Dieses Modell stellt alle Phase eines Unternehmens und der damit verbundenen Entwicklungen dar – ist jedoch speziell auf den Bereich des Finanzierungsbedarfes ausgelegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Finanzierungsphasen nach dem Lebenszyklusmodell[27]

Die Seed-Phase beschreibt den ersten Abschnitt im Lebenszyklusmodell und beginnt mit der ersten Tätigkeit des Gründers, die mit dem zukünftigen Unternehmen in Verbindung steht. Aufgrund des Fehlens eines bestimmten Ereignisses ist ein echter Startpunkt der Vorgründerphase nicht zu identifizieren. Folglich charakterisiert das Anhäufen von mehreren gründungsrelevanten Gedanken und Tätigkeiten diese Phase. In der Folge werden drei wichtige Tätigkeitsbereiche beschrieben. Im Einzelnen:

In der Vorgründungsphase steht der potenzielle Unternehmer vor den Herausforderungen der eigenen Forschungsarbeit, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung einer Geschäftsidee bzw. eines Produktes, verbunden mit Marktrecherchen. Insbesondere eine zielbewusste Informationssammlung und die Entwicklung einer marktfähigen Idee stellt eine zentrale Erfolgsvoraussetzung dar.[28] Oberstes Ziel dieser Entwicklungsphase ist die Identifikation von verwertbaren Ideen und bereits die Erstellung von Prototypen bei produzierenden Unternehmen, die in der Folge z.B. durch Rechte geschützt werden müssen. Dies ist oftmals nötig, um so das geistige Eigentum des Unternehmers gegenüber Dritten zu gewährleisten. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, wie die aus dem Schutz resultierenden Kostenbelastungen für den späteren Unternehmer in ein tragbares Gleichgewicht gebracht werden können. Abhängig von der Innovationsart sind hier verschiedene Schutzrechte zu beantragen, wie beispielsweise Geschmacksmuster oder Patente. Des Weiteren ist in der Seed-Phase zu überlegen, ob der spätere Name des Unternehmens bereits als Marke eingetragen wird, um so zukünftige Dienstleitungen oder Produkte rechtlich zu schützen und sich damit von anderen Unternehmen zu unterscheiden. Eine Marke kann darüber hinaus dem Unternehmer das Recht auf eine Internetadresse zusichern.

Auch die Analyse des Marktes ist eine zentrale Aufgabe in der Seed-Phase. Der spätere Unternehmer muss hierbei versuchen, die Nachfrage nach seiner Dienstleistung oder nach seinen Produkten zu eruieren. Diese Ergebnisse bilden die Basis für weitere Entwicklungsanforderungen seiner Geschäftsidee einerseits und der Prognose von Umsatzzahlen und letztendlich dem Gewinnpotenzial andererseits. Darüber hinaus ist die Wettbewerbssituation zu durchleuchten, um frühzeitig potenzielle Konkurrenten ausfindig zu machen. „Böse Überraschungen“ können durch diese Branchenrecherche zumindest begrenzt werden.

Der dritte Tätigkeitsbereich in der Vorgründungsphase besteht in der Anfertigung eines Business Plans, oder soweit bereits erfolgt, in dessen Vertiefung und Weiterentwicklung. Die beiden zuvor genannten Aspekte „Entwicklung der Geschäftsidee“ und „Marktanalyse“ finden hierbei unmittelbar Verwertung.

Unternehmen in der Seed-Phase verfügen über keine Marktpräsenz – sie treten somit am Markt nur als Nachfrager auf. Der bestehende Finanzierungsbedarf wird in dieser Phase größtenteils durch Eigenkapital des Gründers, Geldgebern aus dem Familien- und Bekanntenkreis oder informellen Investoren (z. B. Business Angels, Fördereinrichtungen und Inkubatoren) gedeckt. Dadurch, dass den Aufwendungen keinerlei Erträge gegenüber stehen und darüber hinaus, oftmals ein Finanzierungsbedarf besteht, treten Venture Capital (VC) Gesellschaften als finanzierende Institution auf. Aus Sicht der Venture Capital Finanzierung ist die Seed-Phase – Prototypenentwicklung, Aufbau von Vertriebswegen - die Phase, welche mit dem größten Risiko behaftet ist. Im Falle eines Einstiegs durch eine VC-Gesellschaft, erhält diese im Gegenzug für ihr investiertes Kapital einen relativ hohen Prozentsatz der Unternehmensanteile als Risikoprämie.

„Weiter ist auch die Personalzusammensetzung zumeist einseitig auf diese Forschungs- und Entwicklungsaufgaben (FuE) angepasst. Vor diesem Hintergrund verfügen viele Unternehmen in der Seed-Phase nur über eine geringe kaufmännische Professionalität. Am Ende verfügen die Unternehmen neben der zumeist als Projekte organisierten FuE-Tätigkeit selten über etablierte Strukturen.“[29]

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Hauptprobleme in der Seed-Phase die richtige wirtschaftliche Einschätzung der Produkt- oder Dienstleistungsidee sowie die Beurteilung des Marktpotenzials und das häufig mangelnde kaufmännische Know-How der Gründer sind. [30] Da aber auch ein Ziel der Vorgründungsphase die Klärung der Entscheidung hinsichtlich des Selbständig-Werdens ist, besteht die Möglichkeit, dass ein potenzieller Entrepreneur von seinem Vorhaben absieht und kein Unternehmen gründet. Dabei kann er, oder Mitglieder seines Netzwerks, zu der Einsicht gekommen sein, dass beispielsweise seine Geschäftsidee nicht ausgereift oder bereits durch andere Marktteilnehmer angeboten wird. Es findet somit bereits eine Fremd- oder Selbstselektion in dieser Lebenszyklusphase statt und es besteht die Gefahr, dass potenzielle Gründer schon an dieser Barriere scheitern und die Geschäftsidee nicht weiterverfolgt wird[31].

Neben den oben beschriebenen Tätigkeitsschwerpunkten für den zukünftigen Unternehmensgründer, ist die Seed-Phase besonders durch Weiterbildungsmaßnahmen und -angebote gekennzeichnet. Die wichtigsten Anbieter von Coaching- und Beratungsleistungen sind in Deutschland die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Gründernetzwerke. Durch dieses vielfach kostenlos überlassene Informationsangebot bekommt der zukünftige Unternehmer Zugang zu externem Know-How und erweitert so auch frühzeitig sein eigenes Netzwerk. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, beispielsweise Seminare zu Kreativitätstechniken oder kaufmännische Workshops zu besuchen, um Kompetenzdefizite und -stärken einerseits aufgezeigt zu bekommen und andererseits die Chance zu erhalten, diese zu beseitigen.

3 Identifikation relevanter wissenschaftlicher Beiträge zum Gründungsverhalten von Best Agern

3.1 Der demographische Wandel

Der demographische Wandel oder auch die „Alterung der Bevölkerung“[32] in westlichen Industrienationen birgt Risiken, aber auch Chancen für die Arbeitsmärkte.[33] Waren die letzten Jahre durch einen Jugendwahn in Unternehmen mit Frühpensionierungen gekennzeichnet[34], findet heutzutage ein Umdenken statt, und die Gruppe der Best Ager steht im Fokus der Betriebe wie nie zuvor. Insbesondere das langjährige Wissen und der Erfahrungsschatz sind die „Assets“, die einerseits Unternehmen dienen, andererseits auch eigenständig durch eine Unternehmensgründung genutzt werden können. In der Folge werden einerseits soziologische und andererseits betriebswirtschaftliche Aspekte des Unternehmensgründungsgeschehens im Hinblick auf das Best Ager Phänomen untersucht. Hierbei steht die Kompetenzentwicklung mit einem bedingten lebenslangen Lernen als Kernstück dar. Schlussendlich werden erste Ergebnisse einer Studie, in Auftrag gegeben durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, zu diesem neuen Forschungsgebiet (Gründungen durch Ältere) vorgestellt.

[...]


[1] (Roux, Gobet, Clémence, & al, 1994)

[2] (Hilbert, 2005)

[3] Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik des Landes NRW

[4] Statistik Austria

[5] Vgl. (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2004)

[6] Vgl. (Casson, 1982)

[7] Vgl. (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2004)

[8] Vgl. (Shane, 2000)

[9] Vgl. (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2004)

[10] Vgl. (Venkataraman & Shane, 2000)

[11] (Fueglistaller, Müller, & Volery, 2004)

[12] Statistik Austria

[13] Serial Entrepreneure sind Gründer, die in relativ kurzen Abständen neue (erfolgreich) Unternehmen aufbauen und diese dann (gewinnbringend) verkaufen. Im Gegensatz zum traditionellen Unternehmertum liegt der Fokus der Serial Entrepreneure bei der Ideenfindung und -umsetzung im Unternehmen und der damit verbundenen späteren Veräußerung. Die eigentliche operative Geschäftstätigkeit rückt oftmals in den Hintergrund.

[14] (Saßmannshausen, 2001)

[15] (Bennis & Nanus, 1997)

[16] (Dyckerhoff, 1995)

[17] Ursula von der Leyen – deutsche Familienministerin

[18] Statistisches Bundesamt 2007

[19] Vgl. VA-Pressekonferenz 2006

[20] Vgl. (Moughrabi, 2007)

[21] Vgl. (Verheugen, 2003)

[22] (Moughrabi, 2007)

[23] (Etrillard, 2004)

[24] (Nordrhein-Westfalen-Touristik, 2007)

[25] (Müller, 2006)

[26] Vgl. (Moughrabi, 2007)

[27] (Rudolph, 2001)

[28] Vgl. (Picot, Laub, & Schneider, 1989)

[29] (Kollmann, 2005)

[30] Vgl. (Ermisch & Thoma, 2002)

[31] Vgl. (Frank, Korunka, & Lueger, 1999)

[32] (Schwarz K. , 1997)

[33] Vgl. (Brauchbar & Heer, 1993)

[34] Vgl. (Pusch & Steven, 1989)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836625661
DOI
10.3239/9783836625661
Dateigröße
4.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Unternehmensgründung
Erscheinungsdatum
2009 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
best ager generation unternehmensgründung kompetenzentwicklung entrepreneurship
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Titel: Gründungsverhalten von Best Agern
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