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Die Entproletarisierung des Fußballpublikums im Kontext des gesellschaftlichen Wandels

Eine empirische Längsschnittanalyse zur Ursächlichkeit der schichtungshierarchischen Veränderung des Fußballpublikums, exemplifiziert an der Leserschaft des Kicker-Sportmagazins von 1954 bis 2005

©2008 Diplomarbeit 86 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Der Fußballsport in Deutschland erfährt gegenwärtig eine derart breite gesellschaftliche Relevanz und Akzeptanz, dass er als ein quer durch alle Schichten gesellschaftsfähig gewordenes Massenphänomen bezeichnet werden kann. Bezogen auf das Publikum in den Stadien der Fußballbundesliga, die ein Erleben des Fußballs in den für das vermögende Publikum eingerichteten VIP-Logen bis hin zu den kostengünstigen Stehplätzen ermöglichen, konstatiert Bühler, dass man dort eine höchst heterogene Masse an Menschen […], vom Kleinkind bis zum Rentner, vom arbeitslosen Bauarbeiter bis zum Konzernchef vorfindet. Auch Gerhard (2006) kommt bei der Analyse des Fernsehpublikums der ARD-Sportschau in der Saison 2004/ 2005 und während der Weltmeisterschaft 2002 zu der Erkenntnis, dass der Fußball alle Altersgruppen, Männer wie Frauen, alle Klassen und Schichten, Moderne und Konservative sehr gleichmäßig anzusprechen (66) vermag. Und nicht zuletzt die SPORTFIVE Fußballstudie 2004 bestätigt angesichts der hochgerechneten 50,11 Millionen Fußballinteressierten, von denen sich 15 Millionen als Fußballexperte bezeichnen, die breite gesellschaftliche Verankerung des Fußballs in Deutschland.
Noch mindestens in den 1950er Jahre jedoch kann von einem derart gesellschaftlich anerkannten, schichtunspezifischen Massenphänomen angesichts der Charakterisierung des Fußballsports als kulturelles Element proletarischer Öffentlichkeit, Proletariersport oder Kult der Arbeiter wohl nicht die Rede sein. Lässt sich die soziale Basis des Fußballs in Deutschland noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, nachdem er sich zuerst an den Höheren Schulen und Gymnasien und in den kosmopolitischen Kreisen verbreitete und etablierte, in der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht verorten, so dass nicht nur die zu dieser Zeit gegründeten Vereine, sondern auch der von Vereinsvertretern am 28.1.1900 gegründete Deutsche Fußball Bund (DFB) im bürgerlichen Milieu beheimatet sind, hörte jener Sport auf ein Reservat und Privileg gehobener Schichten zu sein, als dieser zu Zeiten der Weimarer Republik in den 1920er Jahren zu einem massenwirksamen Phänomen und infolge der Errichtung von Stadien in den industriellen Ballungszentren zum Zuschauersport avancierte und damit zur Vergnügungsbranche des kleinen Mannes transformierte. Als ursächlich für die Proletarisierung bzw. vertikale Verbreitung des Fußballs in die unteren Klassen wird in der Literatur zur Kultur- und Sozialgeschichte des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Die Entproletarisierung des Fußballpublikums im Kontext des gesellschaftlichen Wandels
1.1 Die Entproletarisierung des Fußballpublikums
1.2 Fußballsport und Publikum im Kontext des gesellschaftlichen Wandels: Ein so-ziologischer Erklärungsansatz zur Entproletarisierung des Fußballpublikums
1.2.1 Sozialstruktureller Wandel in der Bundesrepublik Deutschland
1.2.2 Transformation des Fußballs zum Showsport: Mediatisierung, Professiona-lisierung und Kommerzialisierung
1.3 Kontroverse zur essentiellen Ursächlichkeit der Entproletarisierung des Fußball-publikums
1.3.1 Transformation des Fußballpublikums
1.3.2 Similarität des Fußballpublikums

2 Das Fußballpublikum – Die Leserschaft des Kicker-Sportmagazins als Analysegegenstand
2.1 Theoretische und methodische Probleme der Erfassung des Fußballpublikums
2.2 Das Kicker-Sportmagazin
2.3 Die Leserschaft des Kicker-Sportmagazins
2.4 Beurteilung des hier gewählten Analysegegenstandes zur Überprüfung der Ent-proletarisierung des Fußballpublikums

3 Theoretische Vorgehensweise zur Überprüfung der Entproletarisierung der Kicker-Leserschaft im Kontext des gesellschaftlichen Wandels
3.1 Fragestellung und forschungsleitende Hypothesen
3.2 Schichttheoretischer Ansatz
3.3 Sportzeitschriftenimmanente Restriktionen

4 Methodisches Vorgehen zur Überprüfung der Entproletarisierung der Kicker-Leserschaft im Kontext des gesellschaftlichen Wandels
4.1 Datengrundlage
4.2 Operationalisierung der Zielvariablen
4.3 Operationalisierung der unabhängigen Variablen
4.3.1 Schichtindikatoren
4.3.2 Kontrollvariablen
4.4 Übersicht über die verwendeten Datensätze
4.5 Untersuchungsstrategie zur Überprüfung der Entproletarisierung der Kicker-Leserschaft im Kontext des gesellschaftlichen Wandels

5 Auswertung
5.1 Univariate Analysen
5.1.1 Leserentwicklung des Kickers seit 1954 (Kernleser)
5.1.2 Sozioökonomische und -demographische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland seit
5.2 Die Rekrutierungsperspektive
5.2.1 Die Entproletarisierung der Kicker-Leserschaft im Zeitraum von 1954 bis
5.2.2 Bivariate Überprüfung der Transformations- und Similaritätshypothese (Dissimilaritäts-Index)
5.2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse in der Rekrutierungsperspektive
5.3 Die Zugangsperspektive
5.3.1 Bivariate Überprüfung der Transformations- und Similaritätshypothese (Assoziationsmaße)
5.3.2 Multivariate Überprüfung der Transformations- und Similaritätshypothese (Logistische Regressionen)
5.3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse in der Zugangsperspektive

6 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Synopse ausgewählter Klassifikationen zur Strukturierung des Fußballpublikums

Abbildung 2: Kategorisierung von Fußballrezipienten: Der zweidimensionale Raum der individuellen Rezeptionsintensität

Abbildung 3: Grundstruktur des Dynamisch-Transaktionalen-Ansatzes (DTA).

Abbildung 4: Leserentwicklung des Kickers (Kernleser).

Abbildung 5: Sozialprofil der Kicker-Kernleserschaft von 1954 bis 2005 hinsichtlich des Schichtindikators Beruf

Abbildung 6: Verteilungsveränderungen der Kicker-Kernleserschaft im Zeitverlauf hinsichtlich des Schichtindikators Beruf (Entropiemaße).

Abbildung 7: Sozialprofil der Kicker-Kernleserschaft von 1954 bis 2005 hinsichtlich des Schichtindikators Bildung

Abbildung 8: Verteilungsveränderungen der Kicker-Kernleserschaft im Zeitverlauf hinsichtlich des Schichtindikators Bildung (Entropiemaße).

Abbildung 9: Sozialprofil der Kicker-Kernleserschaft von 1954 bis 2005 hinsichtlich des Schichtindikators Einkommen

Abbildung 10: Verteilungsveränderungen der Kicker-Kernleserschaft im Zeitverlauf hinsichtlich des Schichtindikators Einkommen (Entropiemaße)

Abbildung 11: Intergruppenvergleich zwischen der Kicker-Kernleserschaft und der Gesellschaft im Zeitverlauf (Dissimilaritäts-Index)

Abbildung 12: Nagelkerkes R²-Werte des Modells 4 und Gesamtmodells 6 nach Erhebungsjahr

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht über die verwendeten, gewichteten Datensätze

Tabelle 2: Univariate Darstellung der unabhängigen Variablen nach Jahrzehnten und für den Gesamtdatensatz für Westdeutschland

Tabelle 3: Durchschnittlicher Anteilswert der Kicker-Kernleser über den Gesamtdatensatz pro Berufsgruppe

Tabelle 4: Modelle der logistischen Regression auf das regelmäßige Kicker-Lesen über den Gesamtdatensatz

Tabelle 5: Logistische Regressionen über alle Jahre mit Interaktionseffekten

Zusammenfassung

Dem Fußballsport in Deutschland haftet bis heute in der Öffentlichkeit das Image an, ein ehemaliger „Proletariersport“ gewesen zu sein. Selbst die wissenschaftlich orientierten Abhandlungen zur Kultur- und Sozialgeschichte des Fußballs betonen zumeist die tiefe proletarische Verwurzelung jenes Sports in der Arbeiterkultur noch mindestens in den 1950er Jahren, woraus dann der Schluss gezogen wird, dass die gegenwärtige, breite gesellschaftliche Akzeptanz und Relevanz des Fußballsports einzig durch die strukturelle Transformation des Fußballs zum Showsport und Kristallisationspunkt der modernen Unterhaltungsindustrie, wodurch sich jener Sport dem Wertehorizont und den ästhetischen Maßstäben höherer sozialer Schichten angenähert habe, erklärbar werde. Aber inwiefern war der Fußballsport in Deutschland tatsächlich ein sozial exklusives, proletarisches Freizeitvergnügen? Kann es nicht auch sein, dass die Charakterisierung des Fußballs als „Proletariersport“ vielmehr aus der damaligen gesellschaftlichen Sozialstruktur resultiert, die nun mal von Arbeitern dominiert und durch proletarische Verhältnisse gekennzeichnet war, so dass die schichtungshierarchische Veränderung des Fußballpublikums wesentlich auf den sozialstrukturellen Wandel zurückzuführen ist, insofern der Fußballsport seit jeher auf einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz fußt?

Aufgrund der Möglichkeit die sich verändernden Rezipientenstrukturen der fußballinteressierten Leserschaft des Kicker-Sportmagazins seit 1954 zu analysieren, ist es erstmals möglich, einen empirisch fundierten Beitrag zur Frage nach der essentiellen Ursächlichkeit des als Entproletarisierung bezeichneten, schichtungshierarchischen Veränderungsprozesses des Fußballpublikums zu leisten.

Darüberhinaus versteht sich diese Forschungsarbeit hinsichtlich der soziologischen Herangehensweise, den Fußballsport eingebettet in die gesellschaftlichen Veränderungen zu betrachten, als Antwort auf die bisher defizitäre und weitestgehend im gesellschaftsfernen Raum stattfindende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Fußballspiel und seinen Fans (Mikos 2006a: 115) sowie hinsichtlich der (Längsschnitt-)Analyse eines Medienpublikums als Beitrag zur bisher defizitären Publikumsforschung im sportmedialen Umfeld (Hagenah 2008) und zur rudimentären empirischen historischen Nutzungsforschung überhaupt (Schweiger 2007: 56).

1 Die Entproletarisierung des Fußballpublikums im Kontext des gesellschaftlichen Wandels

1.1 Die Entproletarisierung des Fußballpublikums

Der Fußballsport in Deutschland erfährt gegenwärtig eine derart breite gesellschaftliche Relevanz und Akzeptanz, dass er als ein „quer durch alle Schichten gesellschaftsfähig gewordenes Massenphänomen“ (Bausenwein 2006: 480) bezeichnet werden kann. Bezogen auf das Publikum in den Stadien der Fußballbundesliga, die ein Erleben des Fußballs in den für das vermögende Publikum eingerichteten VIP-Logen bis hin zu den kostengünstigen Stehplätzen ermöglichen, konstatiert Bühler (2006: 92), dass man dort „eine höchst heterogene Masse an Menschen […], vom Kleinkind bis zum Rentner, vom arbeitslosen Bauarbeiter bis zum Konzernchef“ vorfindet. Auch Gerhard (2006) kommt bei der Analyse des Fernsehpublikums der ARD-Sportschau in der Saison 2004/ 2005 und während der Weltmeisterschaft 2002 zu der Erkenntnis, dass der Fußball „alle Altersgruppen, Männer wie Frauen, alle Klassen und Schichten, Moderne und Konservative sehr gleichmäßig anzusprechen“ (66) vermag. Und nicht zuletzt die SPORTFIVE Fußballstudie 2004 bestätigt angesichts der hochgerechneten 50,11 Millionen Fußballinteressierten, von denen sich 15 Millionen als „Fußballexperte“ bezeichnen, die breite gesellschaftliche Verankerung des Fußballs in Deutschland.

Noch mindestens in den 1950er Jahre jedoch kann von einem derart gesellschaftlich anerkannten, schichtunspezifischen Massenphänomen angesichts der Charakterisierung des Fußballsports als „kulturelles Element proletarischer Öffentlichkeit“ (Lindner 1978: 89), „Proletariersport“ (Bleeker-Dohmen et al. 2007: 518; Lenhard 2002: 203) oder „Kult“ der Arbeiter (Bausenwein 2006: 315) wohl nicht die Rede sein. Lässt sich die soziale Basis des Fußballs in Deutschland noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, nachdem er sich zuerst an den Höheren Schulen und Gymnasien (vgl. Hopf 1979) und in den kosmopolitischen Kreisen (vgl. Eisenberg 1999: 178ff.) verbreitete und etablierte, in der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht verorten, so dass nicht nur die zu dieser Zeit gegründeten Vereine, sondern auch der von Vereinsvertretern am 28.1.1900 gegründete Deutsche Fußball Bund (DFB) im bürgerlichen Milieu beheimatet sind, hörte jener Sport auf ein Reservat und Privileg gehobener Schichten zu sein, als dieser zu Zeiten der Weimarer Republik in den 1920er Jahren zu einem massenwirksamen Phänomen und infolge der Errichtung von Stadien in den industriellen Ballungszentren zum Zuschauersport avancierte (vgl. Bausenwein 2006; Brändle/ Koller 2002; Eggers 2001; Schulze-Marmeling 1992; 2000) und damit zur „Vergnügungsbranche des kleinen Mannes“ (Schulze-Marmeling 1992: 41) transformierte. Als ursächlich für die Proletarisierung bzw. vertikale Verbreitung des Fußballs in die unteren Klassen wird in der Literatur zur Kultur- und Sozialgeschichte des Fußballsports vornehmlich die sozialhistorisch bedeutsame, sukzessive Arbeitszeitverkürzung seit Ende des 19. Jahrhunderts betrachtet, „die in der Verordnung über die Einführung des Achtstundentages durch das Reichsamt für wirtschaftliche Demobilmachung 1918 gipfelte“ (von Seggern 2007: 46) und aufgrund der damit verbundenen Ausweitung der Freizeit „zu einem gewaltigen Anwachsen des Arbeiteranteils am organisierten Sport“ (Wheeler 1979: 59) führte. Zudem beförderte die Berichterstattung in der (Sport-)Presse die rasche Verbreitung des Fußballs innerhalb der Arbeiterschicht (Bausenwein 2006: 492; Eggers 2001: 138ff.), zu der auch der Kicker als „auflagenstärkste Fachzeitschrift des Weimarer Sports“ (Oswald 2007: 86) seinen Beitrag leistete.

Ausgehend davon den Fußballsport noch in den 1950er Jahren als ein vornehmlich in der bildungsfernen Arbeiterschicht beliebtes Freizeitvergnügen zu charakterisieren, soll rekurrierend auf den Begriff des Proletariats im Sinne der untersten, besitzlosen Bevölkerungsschicht (Schubert/ Klein 2006) der schichtungshierarchische Veränderungsprozess zum gegenwärtigem, nach oben hin nivelliertem und heterogenerem Fußballpublikum als Entproletarisierung bezeichnet werden, der in Anlehnung an Geißlers Begriffsverwendung der Entproletarisierung auch als kollektiver sozialer Aufstieg verstanden werden kann (Geißler 2002: 231).

Den Fußballsport kontextual eingebettet in die gesellschaftlichen Veränderungen der ca. letzten 50 Jahre betrachtend, erläutert der in Kapitel 1.2 vorzustellende soziologische Erklärungsansatz zunächst allgemein die zur Erklärung der Entproletarisierung des Fußballpublikums relevanten gesellschaftlichen Prozesse, ehe in Kapitel 1.3 die Kontroverse zur essentiellen Ursächlichkeit jenes schichtungshierarchischen Veränderungsprozesses aufgegriffen wird, zu der diese Arbeit einen fruchtbaren Beitrag leisten möchte.

1.2 Fußballsport und Publikum im Kontext des gesellschaftlichen Wandels: Ein soziologischer Erklärungsansatz zur Entproletarisierung des Fußballpublikums

„Fußball als soziales Phänomen folgt nicht dem romantisch verklärten Ideal eines authentischen Arbeitersports, sondern ist integraler Bestandteil der sozialen und kulturellen Praxis einer Gesellschaft und unterliegt damit auch sozialem Wandel“ (Mikos 2006a: 115). Im Wesentlichen lassen sich zwei Prozesse anführen, welche die Entproletarisierung des Fußballpublikums erklären können: Zum einen der sozialstrukturelle Wandel als Aggregation der individuellen inter- und intragenerationellen Aufstiegsmobilität in der Bundesrepublik Deutschland und zum anderen die in der strukturellen Transformation des Fußballs zum Showsport und Kristallisationspunkt der modernen Freizeit- und Unterhaltungsbranche zum Ausdruck gebrachten, veränderten Rahmenbedingungen jenes Sports, die maßgeblich zur Attraktivität und Popularität des Fußballs beigetragen haben und die Entproletarisierung relational durch die Gewinnung neuer, dem Fußballsport zuvor distanziert gegenübergestandener, statushöherer Publikumsschichten begründen können.

1.2.1 Sozialstruktureller Wandel in der Bundesrepublik Deutschland

Jener sozialstrukturelle Wandel äußert sich zunächst darin, dass im Zuge der Tertiärisierung die traditionell bildungsferne Arbeiterschaft zugunsten einer Vermehrung der dienstleistungsorientierten Angestellten- und Beamtenberufe quantitativ zurückgegangen ist. Als gedankliches Konstrukt kann die vom französischen Ökonom und Soziologen Jean Fourastie (1954) entwickelte Drei-Sektoren-Hypothese des sozioökonomischen Wandels[1] herangezogen werden. Gemessen an den statistischen Eckdaten zur Entwicklung der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung und der Erwerbstätigen in den drei Sektoren hat sich die Bundesrepublik Deutschland von der Produktionsstruktur her in den 1970er Jahren von einer Industriegesellschaft in eine Dienstleistungsgesellschaft verwandelt (Geißler 2002: 198). Waren bis zum Jahre 1960 etwa die Hälfte aller Erwerbstätigen Arbeiter, „schrumpft dann ihr Anteil kontinuierlich – bis 2000 um fast zwei Fünftel auf 32 %“ (Geißler 2002: 231). Bereits seit Mitte der 1970er Jahre gibt es mehr Angestellte und Beamte als Arbeiter (ebd.). Eng verknüpft mit der Tertiärisierung sind darüberhinaus die Bildungsexpansion und die Entwicklung des Sozialstaates. Die Bildungsexpansion bezieht sich zumeist auf die forcierte Ausweitung der Bildungsbeteiligung in der Nachkriegszeit, die bereits in den 1950er Jahren einsetzte, aber vor allem in den 1970er und 1980er Jahren dafür sorgte, dass angesichts der Notwendigkeit höherwertiger Berufsqualifikationen aufgrund der zunehmenden Verwissenschaftlichung und Technisierung vieler dienstleistungsorientierter Arbeitsfelder immer größere Teile der Bevölkerung über mittlere und höhere Bildungsabschlüsse bzw. Qualifikationen verfügten. Schichtsoziologisch lässt sich die kontinuierliche Höherqualifizierung der Bevölkerung als „Umschichtung nach oben“ (Geißler 2002: 340) interpretieren, von der nicht zuletzt die Arbeiterkinder profitiert haben, die „häufiger in die Dienstklassen aufgestiegen sind, als das jemals zuvor der Fall war“ (Klein 2005: 298). Die Entwicklung des Sozialstaates im Zusammenhang mit der Tertiärisierung zu betrachten, erklärt sich dadurch, dass infolge des Funktionszuwachses des sich weiterentwickelnden sozialen Wohlfahrtsstaates vermehrt sekundäre Dienstleistungsberufe geschaffen werden mussten (vgl. Geißler 2002). Als letzten Aspekt der sozialstrukturellen Veränderungen in Deutschland soll abschließend noch die prosperierende wirtschaftliche Entwicklung vor allem im Zeitraum zwischen den 1950er und 1980er Jahren angesprochen werden, die auch dank der Umverteilungsmaßnahmen des auf dem Leitbild der sozialen Marktwirtschaft aufbauenden Sozialstaates die materiellen Lebensbedingungen der breiten Masse derart gesteigert hat, dass Massenwohlstand und Massenkonsum zu prägenden Charakteristika der bundesdeutschen Bevölkerung wurden. So stieg das reale Volkseinkommen pro Kopf zwischen 1950 und 1989 um mehr als das Vierfache an (Geißler 2002: 82). Zusammengefasst haben die beschriebenen sozialstrukturellen Prozesse zu einem kollektiven sozialen Aufstieg der bundesdeutschen Gesellschaft geführt, den Beck (1986: 121) als „Fahrstuhl-Effekt“ bezeichnet und schichtsoziologisch im von Schelsky (1965: 336) geprägten Begriff der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ seinen Ausdruck erfährt, wenn darunter die zahlenmäßige Ausdehnung der Mittellagen in der Schichtungshierarchie verstanden wird und nicht die Beseitigung sozialer Unterschiede.

1.2.2 Transformation des Fußballs zum Showsport: Mediatisierung, Professionalisierung und Kommerzialisierung

(Kultur-)Soziologisch betrachtet ist die im Folgenden zu skizzierende Entwicklung des Fußballs zum Showsport und Kristallisationspunkt der modernen Freizeit- und Unterhaltungsbranche im Kontext der veränderten Wertvorstellungen hinsichtlich einer zunehmenden Erlebnis- und Unterhaltungsorientierung im Alltagshandeln der Gesamtbevölkerung im Zusammenhang mit dem zunehmenden Bedeutungsgehalt der Freizeit, des Konsums und der Medien für die Gestaltung des individuellen Lebensstils als Resultat der verbesserten materiellen Lebensbedingungen und durchschnittlich gesunkenen Arbeitszeit zu sehen. Die dem hier gewählten soziologischen Ansatz angemessenste Definition des Showsports hinsichtlich der Einbettung in die veränderten gesellschaftlichen Strukturen geht dabei auf Hortleder (1978: 23ff.) zurück: „Showsport ist technisch-wissenschaftlich fundierte, arbeitsmäßig vorbereitete, in der Regel als Beruf ausgeübte und als Show präsentierte Unterhaltung. Showsport wird vor einem Massenpublikum im Stadion […] regelmäßig ausgeübt und gleichzeitig oder zeitversetzt im Massenmedium Fernsehen ausgestrahlt“. Darüberhinaus „erfaßt er unmißverständlich die Kommerzialisierung des gesamten Sports“. Die Transformation des Fußballs zum Showsport lässt sich ausgehend von dieser Definition daher im Wesentlichen durch die Prozesse der Professionalisierung, Kommerzialisierung und Mediatisierung beschreiben. Professionalisierung bedeutet einerseits, dass es Spieler gibt, die das Fußballspielen als Hauptberuf ausüben und ihren Lebensunterhalt komplett aus diesen Einnahmen bestreiten und bezieht sich andererseits auf die zu Wirtschaftsunternehmen gewordenen Fußballvereine (Mikos 2006a: 98). Kommerzialisierung erfasst die zunehmende Ökonomisierung des Fußballs und bedeutet, dass Fußballspiele zum einen für sportfremde Zwecke vermarktet werden und zum anderen, dass sportfremde Investoren erst die Produktion sportlicher Leistung ermöglichen (Brandmaier/ Schimany 1998: 19ff.). Konstitutiv für die Begründung des Showsports ist jedoch der Prozess der Mediatisierung bzw. Fernsehmediatisierung[2], verstanden als Kausalverhältnis derart, dass sich durch das Fernsehen der Fußballsport verändert hat. Denn zum einen intensiviert und ästhetisiert das Fernsehen, das wie kein anderes Medium Öffentlichkeit schafft (Burk 2003: 1), den Fußball durch seine fernsehspezifische Inszenierung, Narrativierung und technischen Gestaltungsmöglichkeiten, indem es die dem Fußball inhärenten Elemente von Dynamik, Bewegung und Spannung akzentuiert (vgl. Leder 2004; Mikos 2002: 42ff.; Penz 2007) und zum anderen substantiiert und dynamisiert die Fernsehmediatisierung die oben genannten Prozesse der Kommerzialisierung und Professionalisierung. Denn zum einen ermöglicht das Fernsehen „den profitorientierten Institutionen (Sportartikelhersteller, Werbeindustrie, Mannschaften, Verbände usw.) eine möglichst große Zahl von Konsumenten (zu) sichern“ (Mikos 2006b: 32)[3] und zum anderen konnte die Professionalisierung erst durch die daraus resultierenden gewachsenen Werbeeinnahmen und Sponsorengelder sowie durch die sich erhöhenden Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte voranschreiten[4]. Bereits Mitte der 1970er Jahre nach der Saturierung der Haushalte mit Empfangsgeräten (vgl. Hagenah/ Meulemann 2006: 7f.) findet der Fußball vornehmlich im Fernsehen, der „größten Fußballarena der Welt“ (Penz 2007: 68), statt. 6,5 Millionen pro Spieltag oder kumulierte 220 Millionen Zuschauer pro Jahr, die sich die Ausschnitte der Spiele der 1963 gegründeten Fußballbundesliga ansahen (Hortleder 1978: 67), verdeutlichen die enorme Popularität des (Fernseh-)Fußballs schon zu jener Zeit, die auch in der mit dem wachsenden Interesse an der Sache Fußball einhergehenden, schleichenden Anpassung der Fernsehgebühren von anfangs 0,65 Millionen auf annähernd 5 Millionen DM sichtbar wird (Scheu 2000: 30).

Hängt also die Entwicklung des Fußballs zum Showsport mit der Verbreitung des Fernsehens als neues Medium in der bundesdeutschen Gesellschaft zusammen, revolutionierte und potenzierte mit der Einführung des dualen Rundfunks Mitte der 1980er Jahre eine weitere Veränderung in der Medienlandschaft diesen Entwicklungsprozess. Beginnend mit der von RTL eingeläuteten „großen Fernsehoffensive“ (Lenhard 2002: 188) stieg nicht nur die Fernsehpräsenz des Fußballs durch die „kaum noch überschaubare Vielzahl an Fernsehkanälen“ (Digel/ Burk 2002: 101) und besonders durch die Einführung spezifischer Sportspartensender[5] sowie den Pay-TV-Sender Premiere in bisher nicht gekannte Dimensionen auf[6], sondern es änderte sich auch die Fußballberichterstattung, in der aufgrund neuer Präsentations- und Inszenierungsformen die Unterhaltungs- und Showelemente zusätzliche Dominanz erfahren haben (vgl. Burk 2003: 299ff.; Großhans 1997: 97ff.). Dass mit dem Auftreten kommerzieller Fernsehanbieter in der Fußballberichterstattung sich die dem Showsport inhärenten Prozesse der Kommerzialisierung und Professionalisierung dynamisiert haben, zeigt sich zum einen im expandierenden Verkauf von Lizenz und Werberechten aufgrund der häufigen und intensiven Präsenz der Vereine im Fernsehen (Mikos 2006b: 32) und zum anderen in den aus der Konkurrenzsituation zwischen privat-kommerziellen Sendern und öffentlich-rechtlichen Anstalten resultierenden, seit 1988 von 40 Millionen DM auf 580 Millionen DM (Saison 2004/2005) gestiegenen Einnahmen der Vereine aus den Fernsehübertragungsrechten, die zur wichtigsten Einnahmequelle der zu Wirtschaftsunternehmen umgewandelten Vereine geworden sind und darüberhinaus die Basis zur Schaffung neuer, modernisierter Stadien gelegt haben. Als Indikator für die seit Beginn der 1990er Jahre nochmals gestiegene Attraktivität und Popularität des Fußballs in Deutschland infolge der veränderten Medienlandschaft wird in der Literatur zumeist der (fast) stetige Anstieg der Stadion-Zuschauerzahlen von ca. 20.000 auf gegenwärtig annähernd 40.000 Besucher pro Spiel in der ersten Fußballbundesliga herangezogen, da sie „sowohl die gesellschaftliche Relevanz wie das Image der Bundesliga prägen“ (Hagenah 2006: 125)[7].

1.3 Kontroverse zur essentiellen Ursächlichkeit der Entproletarisierung des Fußballpublikums

Die Entproletarisierung des Fußballpublikums im Kontext des gesellschaftlichen Wandels der ca. letzten 50 Jahre wird also erklärbar durch den sozialstrukturellen Wandel sowie durch die Transformation des Fußballs zum Showsport. Welcher aber dieser beiden Prozesse die Ursächlichkeit der Entproletarisierung essentiell erklären kann, wird in der Literatur kontrovers diskutiert und rekurriert auf die Frage nach der Zusammensetzung des Fußballpublikums in der Zeit vor dem Beginn der Epoche des Showfußballs, den Hortleder (1978: 26) auf das Jahr 1954 mit der ersten auf Bildschirm übertragenden Fußballweltmeisterschaft datiert[8]. War der Fußball zuvor ein sozial exklusives, proletarisches Freizeitvergnügen in der bildungsfernen Arbeiterschicht, dessen Beliebtheit in allen Bevölkerungsschichten erst durch die Entwicklung des Fußballs zum Showsport erklärbar wird oder aber haben sich anders als in England[9] die bürgerlichen Schichten in der Phase der Proletarisierung (vgl. Kapitel 1.1) nicht vom Fußballsport zurückgezogen, so dass die Beschreibung des Fußballs als „Proletariersport“ auf einer undifferenzierten Wahrnehmung der von Arbeitern dominierten und durch - aus heutiger Sicht - proletarische Verhältnisse gekennzeichneten Sozialstruktur der Industriegesellschaft, die sich auch innerhalb des massenhaften Fußballpublikums widerspiegelte, beruht? Dann wäre die Entproletarisierung wesentlich auf den sozialstrukturellen Wandel zurückzuführen.

1.3.1 Transformation des Fußballpublikums

Dafür, dass es auch in Deutschland ähnlich ablief wie in England (Bausenwein 2006: 311) und sich die bürgerlichen Schichten vom Fußballsport distinguierten, sprechen „die Reaktionen von Intellektuellen, die Nase rümpfend das Fußballspiel als ‚Proletensache‘ disqualifizierten“ (Eggers 2001: 70). Auch das folgende Zitat von Rudi Michel[10] unterstreicht dies: „Die Intellektuellen ignorierten den Fußball gern. Es gehörte geradezu zum guten Ton, ihn mies zu reden. Wer damals gesagt hat: ´Davon versteh‘ ich gar nichts‘, der galt fast schon als Intellektueller – er hat seine Ablehnung demonstriert“ (Seitz 2004: 4). Darüberhinaus belegen Gehrmanns Recherchen zum Ruhrgebietsfußball die tiefe Verwurzelung des Fußballs innerhalb der Arbeiterkultur (vgl. Gehrmann 1978; 1988) und noch Anfang der 1970er Jahre konnte Schlagenhauf (1977: 150ff.) bei seiner empirischen Analyse der Mitgliederstrukturen von Sportvereinen ein aktives Fußballinteresse hauptsächlich in der Unterschicht und unteren Mittelschicht ausmachen. Daraus folgt, dass die Entwicklung des Fußballs zum Showsport bzw. zur modernen Freizeit- und Unterhaltungsindustrie wesentlich die Entproletarisierung des Fußballpublikums in dem Sinne erklärt, dass erst die beschriebenen Prozesse der Fernsehmediatisierung, Professionalisierung und Kommerzialisierung den Fußballsport vom Unterschichtenphänomen zu einem in allen Gesellschaftsschichten beliebten rezeptiven Freizeitvergnügen transformiert haben. Bereits Ende der 1970er Jahre sehen Lindner und Breuer (1978) in der Veränderung des Fußballsports zum Zweig der Unterhaltungsbranche die kulturelle Anpassung des Fußballs als Element proletarischer Kultur an die bürgerliche Gesellschaft. So sei durch den Showcharakter des professionalisierten und kommerzialisierten Fußballsports der ehemalige „Proletensport“ (89) klassenloser geworden, so dass es „auch für Mitglieder der bürgerlichen Klasse sozial akzeptabel ist, einem besonderen Fußballereignis ‚beizuwohnen‘“ (ebd.). Auch Schulze-Marmeling (2000) betrachtet die sich verändernden Rahmenbedingungen des Fußballs als „Imagewandel weg vom ‚Proletariersport‘“ (215), wodurch sich jener Sport dem Zeitgeist und Wertvorstellungen mittlerer und oberer Schichten angepasst hat, so dass die gestiegene Popularität vornehmlich aus der Erreichung neuer, finanzstärkerer und konsumfähigerer Schichten resultiert. Dass vor allem das Fernsehen die Verbreitung des Fußballs in alle Bevölkerungsschichten möglich gemacht hat, verdeutlicht Tegelbeckers (2000: 13): „Wenn heute vom Marsch des Fußballs durch alle gesellschaftlichen Schichten die Rede sein kann, dann deshalb, weil Fußball ein Medienereignis, vor allem aber ein Fernsehereignis ist“. Ebenso sieht König (2002: 42) die Veränderung der Sozialstruktur des Fußballpublikums „von einem Proletariersport hin zur klassenlosen Unterhaltung“ hauptsächlich durch das Fernsehen evoziert. Lenhard (2002) betrachtet die Transformation des Fußballs „vom Opium der Arbeitermassen in ein jedermann zugängliches Qualitätsprodukt“ (203) als einen bereits in den 1960er Jahren beginnenden Prozess, wobei „sich hierzulande eine allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz des Fußballsports und eine damit verbundene Heterogenisierung seiner Anhänger über alle sozialen Barrieren hinweg auch erst im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte hat durchsetzen können“ (27). Zu dem Fazit, dass der Fußball insbesondere durch die massive, durch das Privatfernsehen ausgelöste Medienpräsenz gesellschaftsfähig geworden ist, kommt auch Großhans (1997: 114). Den Fußball als bedeutendes Element der boomenden Unterhaltungsindustrie betrachtend, formuliert Aschenbeck (1998) gar die These, dass „die Medialisierung und Kommerzialisierung des Fußballs […] immer mehr dafür (sorgen), dass das Spiel mit dem runden Leder aus seinem proletarischen Zusammenhang gerissen und von einer Domäne der unteren Klassen zu einem [ausschließlichen; Fü] Vergnügen der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht werden wird“ (18).

1.3.2 Similarität des Fußballpublikums

„Fußball wurde aber nie in dem Maße, wie in England nach 1880 zu einem proletarischen Sport. Dies verhinderten die Einbettung in die bürgerliche Vereinskultur und der übergreifende Wandel der Klassenbeziehungen“ (Väth 1994: 53). Vor allem die Sporthistorikerin Christiane Eisenberg (1990) zeichnet ein vom Mainstream in der Sozial- und Kulturgeschichte des Fußballs abweichendes Bild zur sozialstrukturellen Zusammensetzung des Fußballpublikums. So habe der Fußball in Deutschland seinen bürgerlichen Charakter nie verloren, die Etikettierung des Fußballs als Arbeitersport sei ein Mythos. „Zwar steht ganz außer Zweifel, daß in den zwanziger Jahren auch Arbeiter großes Interesse für das Fußballspiel entwickelten“ (25), doch habe sich dadurch die soziale Basis des Fußballs nicht grundsätzlich verändert. Vielmehr sei es zur Durchmischung der Schichten innerhalb des Fußballpublikums gekommen, weil sich die bürgerlichen Berufsgruppen und vor allem die Angestellten, die Eisenberg als wichtigste Trägerschicht des Fußballsports betrachtet, nicht vom Fußballsport distanziert haben. So seien es die traditionellen bürgerlichen Hüte gewesen, die das Publikum als „kompakte schwarze Masse“ (25) erscheinen ließ. Bezogen auf das aktive Fußballspielen erbrachten Eisenbergs Analysen zum Sozialprofil der deutschen Nationalmannschaften von 1908 bis 1939 mittels der Auszählung von Fußballspieler-Sammelbildern sogar einen Anteil der Angestellten und Beamten zwischen 56 und 69 %, während der Anteil der Arbeiter nur zwischen 13 und 33 % lag und damit im Vergleich zur Sozialstruktur ins-gesamt unterrepräsentiert war, was zusätzlich auch für das Sozialprofil der Oberliga-Mannschaften zu Beginn der 1950er Jahre bezogen auf den Arbeiteranteil noch zutrifft (28; 40f.). Da sich die Mannschaften ebenso wie das Zuschauerpublikum aus Bewohnern eines bestimmten Stadtteils rekrutierten, schließt Bremer (2003: 36ff.) daraus, dass auch das Publikum vornehmlich bürgerlicher Herkunft war. Allerdings kritisiert Eggers (2001: 69) die Eisenberg’sche Methode, die nur einen kleinen Ausschnitt der Spitzenfußballer einschließt und darüber hinaus missachtet, dass viele aus dem Arbeitermilieu stammende Spitzenspieler „erst durch ihre fußballerischen Fähigkeiten in den Genuss von Arbeitsplätzen im Dienstleistungsbereich kamen“ oder die Angestelltentätigkeit als Schutzschild nutzten, „um sich gegen Vorwürfe zu wehren, sie seien Profis“.

Auch wenn die von Eisenberg ermittelten Zahlen keine Repräsentativität zur Sozialstruktur des Fußballs zulassen, können sie zumindest als Indizien dahingehend betrachtet werden, dass die statushöheren Schichten sich in Deutschland nicht vom Fußballsport distinguierten. Übertragen auf das Fußballpublikum bedeutet dies, dass angesichts des Massenphänomens Fußball zu einer von der Industriearbeiterschaft dominierten Gesellschaft zwar zum größten Teil Arbeiter sich für Fußball begeistern konnten, aber auch die zahlenmäßig geringeren, anderen Berufsgruppen ein ausgeprägtes Interesse am Fußballsport zeigten. Insofern spiegelt sich im Sozialprofil des Fußballpublikums die Sozialstruktur der damaligen, aus heutigen Maßstäben bewerteten, proletarischen Gesellschaft wider. Folglich erklärt sich die Entproletarisierung des Fußballpublikums im Wesentlichen durch den sich seit den 1950er Jahren vollziehenden sozialstrukturellen Wandel. Die Gewinnung neuer Publikumsschichten infolge der Transformation des Fußballs zum Showsport hat demzufolge, wenn überhaupt, nur marginale Einflüsse auf die Veränderung des Statusprofils des Fußballpublikums. So fokussiert Pyrta (2004: 5) auf eben jenen sozialstrukturellen Wandel, wenn er konstatiert, dass die Attraktivität des Fußballs unter Rückgriff auf seine sozialen Trägerschichten zu erklären, „spätestens mit der Zerfaserung und Aufweichung der Sozialstrukturen in der nivellierten Mittelstands-gesellschaft der Bundesrepublik an die Grenzen seiner Erklärungskraft“ stößt. Auch die wachsende Fangemeinde in bildungsbürgerlichen Zirkeln werde vornehmlich durch die akademischen Aufsteiger aus bildungsfernen Schichten im Zuge der Bildungsexpansion erklärbar (ebd.). Selbst bezogen auf den als Inbegriff des Arbeiterfußballs geltenden Ruhrgebietsfußball stellt Goch (2007) fest, dass der Fußball kaum je ein ausschließliches Spiel der Arbeiterschaft gewesen ist. Der Mythos des Arbeiterfußballs resultiere vielmehr aus der von Arbeitern dominierten Sozialstruktur des Ruhrgebiets, so dass die Ausdifferenzierung der Anhängerschaft im Wesentlichen durch den sozioökonomischen Wandel verständlich werde.

2 Das Fußballpublikum – Die Leserschaft des Kicker-Sportmagazins als Analysegegenstand

Eine empirisch fundierte Überprüfung zur Ursächlichkeit der Entproletarisierung des Fußballpublikums hat bisher noch nicht stattgefunden. Die Annahmen zur Zusammensetzung des Fußballpublikums in der vorepochalen Zeit des Showsports beruhen, wenn überhaupt, einzig auf Auswertungen von Zeitungsartikeln, Vereinschroniken und mündlichen Auskünften früherer Zeitgenossen (vgl. Eggers 2001; Gehrmann 1978; Lindner/ Breuer 1978) oder, wie dargelegt, auf der Analyse von Fußballspieler-Sammelbildern (Eisenberg 1990). Diese Forschungslücke zu schließen, hat sich diese Arbeit zum Ziel gesetzt. Allerdings ist die empirische Überprüfung der Entproletarisierung des Fußballpublikums und ihre Ursächlichkeit mit einigen theoretischen und empirischen Problemen verbunden, die es zunächst zu erörtern gilt.

2.1 Theoretische und methodische Probleme der Erfassung des Fußballpublikums

In theoretischer Perspektive stellt sich zunächst die Frage, was unter dem Begriff des „Fußballpublikums“ zu verstehen ist. Allgemein definiert handelt es sich dabei um ein hypothetisches Konstrukt auf der Makroebene, das die Grundgesamtheit der Individuen umfasst, deren gemeinsames Merkmal die Rezeption des Fußballs darstellt. Diese kann sowohl im Stadion (Präsenzpublikum) als auch im Fernsehen, Rundfunk und Presse-Medien (Internet, Videotext, Sportteil von Tageszeitungen, Sportzeitschriften) erfolgen (Medienpublika) und äußert sich in einer individuell uneinheitlichen Rezeptionsintensität, die es nahezu unmöglich macht, das Aggregat aller Fußballrezipienten einer theoretisch fundierten, geschweige denn empirischen Analyse zugänglich zu machen. Diese Problematik hat in der Literatur zu einer Fülle von Klassifikationen und Begriffsbezeichnungen geführt, von denen die folgende Synopse nur einen kleinen Ausschnitt erfasst:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Synopse ausgewählter Klassifikationen zur Strukturierung des Fußballpublikums; nach ansteigender Rezeptionsintensität geordnet (eigene Darstellung)

Diese nur schwer zu ordnenden, teilweise erheblich lückenhaften Klassifikationen sind wenig erkenntnisreich. Deshalb soll hier ein alternatives Konzept vorgestellt werden, das sich als Erweiterung der Skala sekundärer Involvierung von Herrmann (1977: 7ff.) versteht[11]. Kennzeichnend ist die zweidimensionale Erfassung der Rezeptionsintensität in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Unter quantitativer Rezeptionsintensität soll die Bindungsintensität zum Fußball im Allgemeinen verstanden werden, die den Grad des Fakten- und Strukturwissens[12] bemisst, wobei angenommen wird, dass dieser umso ausgeprägter ist, je häufiger Fußball rezipiert wird. Die qualitative Rezeptionsintensität fokussiert auf die Bindungsintensität zu einem sympathisierenden Verein und misst den Identifikationsgrad auf kognitiver, affektiver und verhaltensspezifischer Ebene mit einem bestimmten Fußballverein[13]. Als diametrale Pole lassen sich dann der Eventfan, der einzig bei Großveranstaltungen wie Welt- und Europameisterschaften Fußball im Fernsehen rezipiert und eher kurzfristig im Sinne der Public-Mood-Theorie vom kollektiven nationalen Bewusstsein erfasst wird (vgl. Holtz-Bacha 2006; Hagenah 2006) und der „harte Fan“, für den die Identifikation mit seinem Fußballverein ein wesentlicher Bestandteil seines Lebens darstellt, festlegen. Dieses Konzept heranziehend fokussiert diese Arbeit in normativer Hinsicht auf den Fußballinteressierten. Als fußballinteressiert soll derjenige bezeichnet werden, der unabhängig seiner Bindungsintensität zu einem bestimmten Verein regelmäßig und ausführlich Fußball, sei es im Stadion oder in den verschiedenen Mediengattungen, rezipiert, so dass ein ausgeprägtes Fakten- und Strukturwissen angenommen werden kann. D.h. der Eventfan wird im Folgenden nicht betrachtet, wohingegen der „harte Fan“ nach der hier gewählten Definition auch als fußballinteressiert bezeichnet werden kann, da sein ausgeprägter Identifikationsgrad auch eine starke quantitative Rezeptionsintensität impliziert. Das Fußballpublikum soll daher in theoretischer Hinsicht als Grundgesamtheit der Fußballinteressierten verstanden werden (Abbildung 2).

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Abbildung 2: Kategorisierung von Fußballrezipienten: Der zweidimensionale Raum der individuellen Rezeptionsintensität (eigene Darstellung)

In methodischer Hinsicht stellt sich aber sodann die Frage, wie die Grundgesamtheit der Fußballinteressierten empirisch ermittelt werden kann. Umfragen, die das Interesse am Fußball sowie sozioökonomische und –demographische Daten im Zeitverlauf der für diese Arbeit interessierenden mindestens letzten 50 Jahre erfassen, sind nicht erhoben worden. Aus diesem Grund soll zur Analyse des Fußballpublikums ein Teilpublikum herangezogen werden. Wünschenswert wäre es die sozialstrukturellen Veränderungen in der Zusammensetzung des Stadionpublikums einer empirischen Längsschnittanalyse zugänglich zu machen, da das Stadionpublikum als guter Indikator für die gesellschaftliche Relevanz des Fußballs angesehen werden kann. Allerdings sind auch diesbezüglich keine Daten verfügbar, die einen bundesdeutschen Querschnitt der sozialstrukturellen Zusammensetzung des Stadionpublikums im Zeitverlauf über einen derart langen Zeitraum erfassen. Empirisch abgesicherte Daten sind frühestens seit 1977 erhältlich. Dabei zeigte sich sowohl für das 1977 im Rahmen des Langzeitprojekts „Publikumsforschung“ am Institut für Sportsoziologie der Deutschen Sporthochschule analysierte Kölner Stadionpublikum als auch für die Fußballpublika der 1977 bundesweit durchgeführten Studie über die Fußballbundesliga der Stiftung Warentest, dass die Charakterisierung des Fußballs als „Arbeitersportart“ oder als exklusives Freizeitvergnügen der bildungsschwachen Unterschicht angesichts der heterogenen Durchmischung jener Publika hinsichtlich der Merkmale Bildung und Beruf nicht zutreffend ist (Stollenwerk 1996: 63ff.).

Weitere Möglichkeiten der empirischen Überprüfung der Entproletarisierung des Fußballpublikums bieten darüberhinaus noch die verschiedenen Teilpublika der Massenmedien. Während das Fußballpublikum von Fußball-Live-Spielen oder -Magazinen im Fernsehen aus einsichtigen Gründen nicht in Frage kommt, böte sich eine Analyse der Hörerschaft der Bundesliga-Konferenz im Radio an. Allerdings sind Daten zum Nutzungsverhalten des Radios leider erst ab 1972 erhältlich (vgl. Hagenah/ Meulemann 2006).

Aufgrund dessen, dass neben dem Fernsehen die Printmedien „die wichtigsten Botschafter der Fußballereignisse sind“ (Reisel 2007: 405), besteht zuletzt noch die Möglichkeit das Fußballpublikum der Sportpresse als Analysegegenstand auszuwählen. Da es die von der Arbeitsgemeinschaft Mediaanalyse zu wissenschaftlichen Zwecken zur Verfügung gestellten repräsentativen Bevölkerungsumfragen der Media-Analyse bzw. der Vorgängerstudie Leser-Analyse (siehe Kapitel 4.1) ermöglichen, die sich verändernden Rezipientenstrukturen des „Kicker-Sportmagazins“[14] unter sozioökonomischen und soziodemographischen Gesichtspunkten von 1954 bis heute abzubilden, soll die Leserschaft jener Publikumszeitschrift herangezogen werden, um die Entproletarisierung des Fußballpublikums und ihre Ursächlichkeit empirisch zu überprüfen. Damit ist es erstmals möglich, die Zusammensetzung des Fußballpublikums in der Zeit vor der Epoche des Showsports einer empirischen Analyse zugänglich zu machen, denn die Befragung fand im April/ Mai 1954 statt, in einer Zeit als der Fußball eine Nebensache war und die Deutschen dem im Sommer eine Masseneuphorie auslösendem Weltmeisterschaftsturnier, das wie oben beschrieben als Beginn des Showfußballs gewertet werden kann (vgl. Kapitel 1.3), keine große Bedeutung zugemessen haben (Schümer 1996: 192f.).

Bevor die empirische Auswertung erfolgt, soll zunächst in medienwissenschaftlicher und kommunikationstheoretischer Perspektive der Kicker und seine Leserschaft analysiert werden, um zu eruieren, inwieweit die im empirischen Teil dieser Arbeit erlangten Ergebnisse einen fundierten Beitrag zur Entproletarisierung des Fußballpublikums im Kontext des gesellschaftlichen Wandels leisten können.

2.2 Das Kicker-Sportmagazin

Der Kicker, 1920 von einem der bedeutendsten Fußballpioniere Walter Bensemann gegründet, 1951 nach einer siebenjährigen Unterbrechung neu aufgelegt und 1968 mit dem „Sportmagazin“ fusioniert (Koßmann 2004: 188f.), ist eine zweimal wöchentlich, am Montag und Donnerstag, erscheinende „allgemein kommerziell – freie Sportzeitschrift“ (Kleinjohann 1987: 190)[15] mit traditionell deutlicher homothematischer Tendenz auf der Fußballberichterstattung. Angesichts der Auflagenstärke – laut IVW 2/2008 für den Montag 234.633, für den Donnerstag 203.056 – und Reichweitenzahlen – laut Mediaanalyse 2008 I 2,63 Mio. Leser bei einem Kernleseranteil von annähernd 50 % – wird der Kicker den Publikumszeitschriften (vgl. Noelle-Neumann et al. 2002: 445ff.) zugeordnet. Kennzeichen des Kickers ist die Vermischung aus Tageszeitung und Zeitschrift, die besonders im Montags-Kicker deutlich wird, der aus einem Tiefdruckmantel mit Illustrierten-Charakter und aus einem der Produktionsweise einer Tageszeitung entsprechenden Buchdruck-Innenteil besteht. Während im Tiefdruckteil der Montagsausgabe Personalstorys, hintergründige Reportagen und übergreifende Analysen aus dem fachlichen und sozialen Bereich des Fußballbetriebs thematisiert werden, besticht der Zeitungsteil der Montagsausgabe sowie die drucktechnisch im selben Verfahren hergestellte Donnerstagsausgabe durch eine sportereignisbezogene, aktuelle und spielanalytische Berichterstattung, die abgesichert durch eine Vielzahl von Tabellen und Statistiken den Leser umfassend über die Geschehnisse im nationalen, internationalen und selbst regionalen Fußball informiert. Eine derart breitgefächerte Berichterstattung über den Fußball ist „in keinem anderen deutschen Publikations-Organ üblich und möglich“ (Koßmann 2004: 193). Charakteristisch für den Kicker ist die sachlich-fachliche Berichterstattung (Koßmann 2004; Jacke/ Kleiner 2007; Verstegen 1991; Wipper 2003), die treffend mit den Maximen aktualitätsbezogen, fachlich-kompetent und kritisch-unabhängig umschrieben und nach Jacke und Kleiner (2007) dem Informationsjournalismus zugeordnet werden kann. Fricke und Zeh (2007: 357) sehen den Kicker „als wohl wichtigstes Medium im Bereich Fußball“, dessen Bedeutung im sportjournalistischen Organisationssystem Kistler, Klimmt und Scherer (2006) mittels einer Befragung unter Sportjournalisten herausstreichen, wenn sie den Kicker als „führendes Leitmedium“ (96) im Sportjournalismus oder als „Kompetenz-Zentrum“ (97) für die große Community der journalistisch arbeitenden Fußballexperten bezeichnen.

2.3 Die Leserschaft des Kicker-Sportmagazins

Zur Analyse des hier gewählten (Medien-)Fußballpublikums soll der erstmals von Früh und Schönbach (1982) vertretene und seitdem modifizierte (Früh 2003; Früh/ Schönbach 2005) dynamisch-transaktionale Ansatz (DTA) herangezogen werden, da er als allgemeines Denkmuster zu den unterschiedlichsten Forschungsinteressen Orientierungen anbietet (Früh 1991: 81) und aufgrund seiner interaktionistischen und prozessorientierten Ausrichtung hilfreich bei der Erörterung der sich verändernden Rezipientenstrukturen ist. Jener Ansatz, den Hagenah (2004) für das mediale Umfeld des Sports fruchtbar gemacht hat, integriert die in der Medienwirkungsforschung vorherrschenden komunikatorzentrierten Wirkungs- (S-O-R-Modell) und rezipientenzentrierten Nutzenansätze (Uses and gratification approach), indem die Medien und Rezipienten sowohl als passive wie auch aktive Teilnehmer im Kommunikationsprozess gesehen werden (Früh 1991). Die kommunikationstheoretisch zu analysierenden, jeweiligen Prozesse bezeichnen Früh und Schönbach (1982) als Transaktionen, die differenziert nach Inter- (Prozesse zwischen Kommunikator und Rezipient) und Intra-Transaktionen (Prozesse innerhalb des jeweiligen Akteurs) zusätzlich um die Para-Feedback-Prozesse ergänzt werden, die sich u.a. auf die Vorstellungen und Erwartungen der jeweils anderen Teilnehmer im Kommunikationsprozess beziehen. Abbildung 3 veranschaulicht die Grundstruktur des DTA.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Grundstruktur des DTA (Früh/ Schönbach 1982: 78)

[...]


[1] Die Drei-Sektoren-Hypothese besagt, dass sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit in allen Gesellschaften zunächst vom primären (insb. Landwirtschaft) auf den sekundären (insb. Industrie) Sektor und anschließend vom sekundären auf den tertiären (insb. Dienstleistungen) Sektor verlagert hat bzw. vereinfacht ausgedrückt, dass sich Agrargesellschaften zunächst in Industriegesellschaften und anschließend in Dienstleistungsgesellschaften verwandelten.

[2] Ein Begriff, den Langenbucher (1989) im Hinblick auf das Verhältnis von Medien und Politik verwendet; zur Begriffsverwendung der „Mediatisierung“ vgl. Dohle/ Vowe 2006

[3] Als ein Beispiel kann die in den 1970er Jahren eingeführte Trikotwerbung herangezogen werden (vgl. König 2002: 22).

[4] Anzumerken bleibt, dass erst die 1974 vom DFB abgeschaffte Gehaltsobergrenze von 1200 DM als Reaktion auf den Bestechungsskandal 1971/72 die Voraussetzung zum Vollprofitum schuf (vgl. Brändle/ Koller 2002: 94).

[5] Eurosport 1989; DSF 1993 (Digel / Burk 2002: 101)

[6] Nach Burk (2003: 151f.) stieg die Präsenz des Fußballs im Fernsehen von 189 Std. (1989) auf 4.231 Std. (1997).

[7] Einen guten Überblick zur Entwicklung der Zuschauerzahlen und TV-Rechtepreise bietet Hagenah (2006), von dem auch die hier genannten Zahlen stammen.

[8] Hackforth (1975) betrachtet dieses Großereignis als Beginn des für den Showsport konstitutiven Fernsehens: „Die Übertragungen von der Fußballweltmeisterschaft 1954 sind gleichbedeutend mit dem Aufbau des europäischen Fernsehnetzes. […] Das Zuschauerinteresse insgesamt war riesengroß. Ca. 90 Mill. Menschen an 4 Mill. Fernsehgeräten verfolgten die Fußballspiele. 10-20 Personen pro Empfänger in Privathaushalten und 60-70 Personen in Gaststätten und sonstigen Öffentlichen Stellen wurden als Maß-stab angelegt. […] Der Verkauf von Fernsehgeräten nahm – sehr zur Freude der Hersteller – vor und während dieser Zeit bis zu 200 % zu. Der ‚Run‘ auf die Geräte räumte die gesamten Lagerbestände. […] Jetzt hat das Fernsehen wirklich begonnen.“ (210f.)

[9] Zur Kultur- und Sozialgeschichte des Fußballs in England vgl. Russel (1997); Mason (1997)

[10] Ehemaliger Sportjournalist und –kommentator; Geboren am 2. August 1921

[11] Herrmann siedelt das mit dem Begriff der sekundären Involvierung bezeichnete Ausmaß der Schau- und Informationsbereitschaft auf einer Skala von einer ereignisspezifischen, stark fluktuierenden Teilnahme bis hin zum totalen Interesse für den Fußball, bzw. bestimmte, diese Sportart repräsentierende Bezugsobjekte an.

[12] Faktenwissen bezieht sich „auf intersubjektiv, überprüfbare einfache Merkmale wie Namen, Zahlen oder Daten“ (Schönbach 1983: 26). „Beim Struktur- oder Konzeptwissen dagegen werden einzelne Fakten mit Gründen oder Konsequenzen verbunden, zueinander oder mit anderen Objekten in Beziehung gesetzt. Es geht also nicht um die Fakten selbst, sondern um das Verstehen von Zusammenhängen“ (Schweiger 2007: 98).

[13] Der SPORTFIVE Fußballstudie 2004 zufolge bezeichnen sich 87 % der Befragten als Fan eines Fußballvereins.

[14] Im folgenden wird aus pragmatischen Gründen die Bezeichnung „Kicker“ für den Textteil gewählt.

[15] Kleinjohann unterscheidet 2 Grundtypen von Sportzeitschriften (allgemeine und spezielle Sportzeitschriften), die er wiederum untergliedert in kommerziell-freie, organisationsgebundene und kommerziell-organisationsverbunden Sportzeitschriften (187ff.).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836625432
Dateigröße
959 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,1
Schlagworte
fußball sozialer wandel mediennutzung sportzeitschrift sportsoziologie
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Titel: Die Entproletarisierung des Fußballpublikums im Kontext des gesellschaftlichen Wandels
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