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Analyse des Bieterverfahrens als mögliche Exit-Strategie von Immobilienunternehmen

©2008 Diplomarbeit 79 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass der Staat bzw. die öffentliche Hand zunehmend eigene Immobilienunternehmen auf private Investoren überträgt. Beispielhaft seien der Verkauf der Viterra AG an die Deutsche Annington im Jahre 2005 und der WOBA Dresden an die Fortress Investment-Group im Jahre 2006 genannt. Auch zu-künftig sind weitere Veräußerungen zu erwarten, da der Staat in Zeiten leerer Kassen vermehrt Geld braucht und sich deshalb von seinen Unternehmen bzw. Unternehmensanteilen trennen wird.
Der Anstoß für diese Arbeit kam von der TLG Immobilien GmbH, einer Treuhand-Nachfolgegesellschaft. Die TLG ist ein bundeseigenes Immobilienunternehmen, welches auf Ostdeutschland spezialisiert ist und sich in den letzten Jahren zu einem aktiven Portfoliomanager entwickelte. In naher Zukunft sollen sämtliche Anteile an der TLG auf private Investoren übertragen werden. In Frage kommt dafür auch der Verkauf durch ein Bieterverfahren.
Das Anliegen dieser Arbeit ist es, die Vorteile und möglichen Chancen der Anwendung eines Bieterverfahrens für den Verkauf von staatlichen Immobilienunternehmen aufzuzeigen und Empfehlungen für einen problemlosen und effizienten Verfahrensablauf zu geben, auch unter Beachtung rechtlicher Aspekte. Im Vordergrund stehen dabei die Sichtweise und die Interessen des Verkäufers. An geeigneten Stellen werden Beispiele aus der Praxis in die Darstellungen mit einbezogen. Zudem wird im gesamten Verlauf dieser Arbeit immer wieder eine Verbindung zum anstehenden Verkauf der TLG gezogen und auf deren Besonderheiten eingegangen.
Der erste Abschnitt befasst sich mit der allgemeinen Charakteristik von Bieterverfahren, wobei ebenfalls auf den idealtypischen Ablauf des Verfahrens sowie auf den rechtlichen Aspekt des Vertragsschlusses eingegangen wird. Der Schwerpunkt in diesem Abschnitt liegt auf den wesentlichen Vorteilen, die das Bieterverfahren dem Verkäufer ermöglicht. Anschließend werden einige Beispiele bisheriger Bieterverfahren beim Verkauf von Immobilienunternehmen dargestellt und kurz die Chancen der TLG in Bezug auf ihr Privatisierungsvorhaben erörtert.
Im zweiten Abschnitt geht es um die Betrachtung der rechtlichen Anforderungen an den Verkauf staatlicher Unternehmen, die sich sowohl aus nationalem Recht als auch aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergeben.
Der dritte Abschnitt stellt den Schwerpunkt der Arbeit dar. Er befasst sich ausführlich
mit dem Ablauf eines Bieterverfahrens, mit den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jana Dietz
Analyse des Bieterverfahrens als mögliche Exit-Strategie von Immobilienunternehmen
ISBN: 978-3-8366-2504-3
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

I
Vorwort
Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass der Staat bzw. die öffentliche Hand zu-
nehmend eigene Immobilienunternehmen auf private Investoren überträgt. Beispielhaft
seien der Verkauf der Viterra AG an die Deutsche Annington im Jahre 2005 und der
WOBA Dresden an die Fortress Investment-Group im Jahre 2006 genannt. Auch zu-
künftig sind weitere Veräußerungen zu erwarten, da der Staat in Zeiten leerer Kassen
vermehrt Geld braucht und sich deshalb von seinen Unternehmen bzw. Unterneh-
mensanteilen trennen wird.
Der Anstoß für diese Arbeit kam von der TLG Immobilien GmbH, einer Treu-
hand-Nachfolgegesellschaft. Die TLG ist ein bundeseigenes Immobilienunternehmen,
welches auf Ostdeutschland spezialisiert ist und sich in den letzten Jahren zu einem
aktiven Portfoliomanager entwickelte. In naher Zukunft sollen sämtliche Anteile an
der TLG auf private Investoren übertragen werden. In Frage kommt dafür auch der
Verkauf durch ein Bieterverfahren.
Das Anliegen dieser Arbeit ist es, die Vorteile und möglichen Chancen der An-
wendung eines Bieterverfahrens für den Verkauf von staatlichen Immobilienunter-
nehmen aufzuzeigen und Empfehlungen für einen problemlosen und effizienten Ver-
fahrensablauf zu geben, auch unter Beachtung rechtlicher Aspekte. Im Vordergrund
stehen dabei die Sichtweise und die Interessen des Verkäufers. An geeigneten Stellen
werden Beispiele aus der Praxis in die Darstellungen mit einbezogen. Zudem wird im
gesamten Verlauf dieser Arbeit immer wieder eine Verbindung zum anstehenden Ver-
kauf der TLG gezogen und auf deren Besonderheiten eingegangen.
Der erste Abschnitt befasst sich mit der allgemeinen Charakteristik von Bieter-
verfahren, wobei ebenfalls auf den idealtypischen Ablauf des Verfahrens sowie auf
den rechtlichen Aspekt des Vertragsschlusses eingegangen wird. Der Schwerpunkt in
diesem Abschnitt liegt auf den wesentlichen Vorteilen, die das Bieterverfahren dem
Verkäufer ermöglicht. Anschließend werden einige Beispiele bisheriger Bieterverfah-
ren beim Verkauf von Immobilienunternehmen dargestellt und kurz die Chancen der
TLG in Bezug auf ihr Privatisierungsvorhaben erörtert.
Im zweiten Abschnitt geht es um die Betrachtung der rechtlichen Anforderungen
an den Verkauf staatlicher Unternehmen, die sich sowohl aus nationalem Recht als
auch aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergeben.
Der dritte Abschnitt stellt den Schwerpunkt der Arbeit dar. Er befasst sich aus-
führlich mit dem Ablauf eines Bieterverfahrens, mit den zu treffenden Vorbereitungen
und mit notwendigen, zwischen Verkäufer und Bietern zu treffenden Vereinbarungen
bezüglich des Schutzes von Unternehmensdaten.
Staatlichen Unternehmen im Allgemeinen und der TLG im Besonderen wird da-
mit ein tiefer Einblick in die Problematik eines Bieterverfahrens ermöglicht, und
zugleich ein ,,Leitfaden" zur Verfahrensgestaltung zur Verfügung gestellt.

II
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ...I
Inhaltsverzeichnis... II
Abbildungsverzeichnis... V
Tabellenverzeichnis...VI
Abkürzungsverzeichnis... VII
1. Abschnitt: Bieterverfahren als Verkaufsinstrument... 1
A.
Charakterisierung des Bieterverfahrens... 1
I.
Merkmale eines Bieterverfahrens ...1
II.
Überblick über den Verfahrensablauf...2
III.
Abschluss eines wirksamen Vertrages...3
B.
Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens ... 4
I.
Einfluss auf die Unternehmensfortführung ...4
II.
Kaufpreismaximierung durch Bieterwettbewerb...6
III.
Effiziente Verhandlungsführung...7
IV.
Abwägung von Nachteilen...9
C.
Gegenüberstellung bisheriger Bieterverfahren ... 10
2. Abschnitt: Bieterverfahren zur Erfüllung rechtlicher Vorgaben ... 13
A.
Realisierung des Verkaufs zum Marktwert... 13
I.
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ...13
II.
Erzielung des vollen Wertes ...14
B.
Ausschluss beihilfenrechtlicher Konsequenzen... 15
I.
Gefahr des Entstehens unzulässiger Beihilfen...15
II.
Vermeidung von unzulässigen Beihilfen...16
a)
Gestaltung des Bieterverfahrens...17
1.
Offenes Verfahren...17
2.
Transparentes Verfahren ...17

III
3.
Bedingungsfreies Verfahren ...18
b)
Hinreichende Publikation ...18
c)
Verkauf an Höchstbietenden ...19
C.
Allgemeine rechtliche Anforderungen... 20
I.
Verwaltungsrechtliches Transparenzgebot...20
II.
Gleichbehandlung der Bieter ...20
a)
Inhalt des Gleichbehandlungsgebotes ...21
b)
Vermeidung von Ungleichbehandlungen...21
III.
Verbot von Diskriminierungen ...22
a)
Anwendungsbereich ...23
b)
Arten von Diskriminierungen...24
IV.
Nichtanwendbarkeit des Vergaberechts...24
3. Abschnitt: Ablauf eines Bieterverfahrens... 26
A.
Vorbereitung des Bieterverfahrens ... 26
I.
Auswahl von geeigneten Beratern ...26
a)
Art des externen Beraters ...26
b)
Gestaltung des Beratervertrages...27
II.
Notwendigkeit einer Vendor Due Diligence ...28
III.
Vorbereitung des Datenraums ...30
a)
Optimale Datenauswahl...30
b)
Physischer vs. virtueller Datenraum...31
IV.
Vorbereitung des Informationsmemorandums ...34
a)
Charakteristik des Informationsmemorandums...34
b)
Grenzen einer bestmöglichen Präsentation ...35
1.
Vermeidung von Ansprüchen des Käufers ...36
2.
Vermeidung von Ansprüchen unterlegener Bieter ...37
V.
Bekanntmachung des Verkaufsvorhabens...38
B.
Vereinbarungen zwischen Verkäufer und Bietern... 39
I.
Schutz vor unbefugter Datenweitergabe...40
a)
Vertraulichkeitserklärung...40
b)
Exklusivitätsklauseln...41
II.
Erstellung von Bietungsrichtlinien ...41
a)
Zweck ...41
b)
Abweichungen des Verkäufers...42
c)
Schutz vor Abweichungen des Bieters...43

IV
III.
Letter of Intent als Absichtserklärung ...43
a)
Charakteristik ...43
b)
Vereinbarte Rechtskraft...44
C.
Einfluss der Gebote auf Verkaufsverhandlungen ... 45
I.
Abgabe indikativer Gebote ...46
a)
Indikative vs. verbindliche Gebote...46
b)
Selektion der Bieter ...47
c)
Zutritt zum Datenraum ...48
II.
Abgabe verbindlicher Gebote ...48
a)
Auswertung...49
b)
Konkrete Vertragsverhandlungen...49
1.
Wichtige Vertragsbestandteile ...50
2.
Pflichten des Verkäufers ...51
c)
Durchführung von Managementgesprächen ...53
D.
Zuschlagserteilung als Vertragsabschluß... 53
I.
Mitteilung über Zuschlagserteilung...53
II.
Zustimmungserfordernisse...54
III.
Veröffentlichungspflichten ...54
Schlussbemerkung... 55
Anhang ...VIII
Abstract ... X
Quellenverzeichnis ...XI
Index ...XVIII

V
Abbildungsverzeichnis
A
BBILDUNG
1:
D
ER IDEALTYPISCHE
A
BLAUF EINES
B
IETERVERFAHRENS
...2
A
BBILDUNG
2:
G
EGENÜBERSTELLUNG DER
V
ERKAUFSALTERNATIVEN
...6
A
BBILDUNG
3:
E
XKLUSIVVERKAUF VS
.
B
IETERVERFAHREN
...7
A
BBILDUNG
4:
Z
EITRAHMEN EINES
B
IETERVERFAHRENS AM
B
SP
.
DER
WOBA
D
RESDEN
...8
A
BBILDUNG
5:
A
NFORDERUNGEN DER
E
UROPÄISCHEN
K
OMMISSION AN EIN
B
IETERVERFAHREN
...16
A
BBILDUNG
6:
V
ORAUSSETZUNGEN DER
S
ACHMÄNGELHAFTUNG
...36
A
BBILDUNG
7:
V
ORAUSSETZUNGEN EINER
H
AFTUNG AUS C
.
I
.
C
...37
A
BBILDUNG
8:
W
ESENTLICHE
E
LEMENTE EINES
L
ETTER OF
I
NTENT
...44
A
BBILDUNG
9:
I
NTERESSENDIVERGENZEN IN DER
V
ERHANDLUNGSPHASE
...50
A
BBILDUNG
10:
A
USZÜGE AUS DEM NOTARIELL BEGLAUBIGTEN
K
AUFVERTRAG
DER
WOBA
D
RESDEN
G
MB
H...VIII
A
BBILDUNG
11:
B
EISPIEL FÜR EINE
V
ERTRAULICHKEITSERKLÄRUNG
...IX

VI
Tabellenverzeichnis
T
ABELLE
1:
V
OR
-
UND
N
ACHTEILE EINES
B
IETERVERFAHRENS
...9
T
ABELLE
2:
A
USGEWÄHLTE
B
IETERVERFAHREN
...10
T
ABELLE
3:
V
ERGLEICH DER
TLG
MIT DER
WOBA
D
RESDEN
...11
T
ABELLE
4:
P
HYSISCHER VS
.
VIRTUELLER
D
ATENRAUM
...33

VII
Abkürzungsverzeichnis
ABl.
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
Abs. Absatz
Alt. Alternative
Art. Artikel
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHZ
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
BHO Bundeshaushaltsordnung
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Entscheidung
des
Bundesverfassungsgerichts
EG Europäische
Gemeinschaft
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EuGH
Europäischer Gerichtshof
GG Grundgesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GMBl.
Gemeinsames Ministerialblatt
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
KG Kammergericht
LHO Landeshaushaltsordnung
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NJW-RR
Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
OLG Oberlandesgericht
Rn. Randnummer
Rs. Rechtssache
Tz.
Textziffer
VK Vergabekammer
VOB/A
Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen
VOF
Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen
VOL/A
Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz

Charakterisierung des Bieterverfahrens
1
1. Abschnitt: Bieterverfahren als Verkaufsinstrument
A.
Charakterisierung des Bieterverfahrens
Zunächst sollen die charakteristischen Merkmale eines Bieterverfahrens darge-
stellt sowie anschließend ein idealtypischer Verfahrensablauf und der Vertragschluss
dargestellt werden.
I.
Merkmale eines Bieterverfahrens
Das Bieterverfahren ist ein Vergabeinstrument, welches an die Versteigerung öf-
fentlicher Liegenschaften angelehnt ist und damit Auktionscharakter hat. Allerdings ist
es, im Gegensatz zur Zwangsversteigerung, bei welcher ,,Eigentum kraft Staatsakt"
1
erworben wird,
dem Privatrecht zuzuordnen. Das bedeutet, dass, auch wenn der Staat
ihm gehörende Unternehmensanteile verkauft, die privatrechtlichen Regelungen zur
Anwendung kommen und er somit wie ein Privater behandelt wird.
Das Bieterverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass statt eines einzigen Kauf-
interessenten mehrere potentielle Käufer (mindestens 2 gleichzeitig) angesprochen
werden, was parallele Verhandlungen ermöglicht.
2
Die potentiellen Käufer werden in
einem mehrere Stufen umfassenden Prozess anhand bestimmter, vorher festgelegter
Kriterien vom Verkäufer sukzessive selektiert, bis letztendlich eine aus Verkäufersicht
optimale Auswahl an Bietern übrig bleibt, die dann ihre endgültigen Gebote abgeben
können.
3
Im Laufe dieses Auswahlverfahrens werden die Verhandlungen immer kon-
kreter, der Kreis der Mitbieter verkleinert sich aufgrund der Selektionsentscheidungen
des Verkäufers zusehends und der Informationsaustausch wird mit jeder Stufe durch
das zunehmende Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern tiefgehender. Am
Ende erfolgt die Zuschlagserteilung an den Interessenten, welcher unter Einbeziehung
verschiedener, vom Verkäufer als wichtig erachteten Kriterien und letztlich durch sei-
ne Gebotshöhe überzeugen konnte.
Charakteristisch für das Bieterverfahren ist die Tatsache, dass einerseits durch
vertrauensbildendes Verhalten in mehreren Schritten die Grundlage für die Informati-
onserteilung und -gewinnung geschaffen, und andererseits durch Informationen in
mehreren Schritten die Grundlage für die wirtschaftliche Entscheidung gelegt wird.
4
Diese Gegenseitigkeit gewährleistet sowohl den Kaufinteressenten als auch dem Ver-
käufer eine optimale Verhandlungsführung, denn der Verkäufer wird mit zunehmen-
den Vertrauen sensiblere Informationen weitergeben, welche die potentiellen Käufer
ihrerseits für die Bewertung des Verkaufsobjekts nutzen können.
1
Bassenge in Palandt, BGB-Kommentar, 2007, Einführung zu § 929, Rn. 2.
2
Vgl. Sterzinger, Auktionsverfahren, 2004, S. 50.
3
Vgl. Picot, M&A, 2005, S. 27.
4
Vgl. Pöllath, Unternehmensübertragung, 2006, S. 18.

Charakterisierung des Bieterverfahrens
2
II.
Überblick über den Verfahrensablauf
Zur besseren Veranschaulichung der folgenden Ausführungen soll ein idealtypi-
scher Ablauf eines Bieterverfahrens in seinen wesentlichen Zügen kurz dargestellt
werden. In Abbildung 1 sind die einzelnen Stufen des Verfahrens ersichtlich.
Abbildung 1: Der idealtypische Ablauf eines Bieterverfahrens
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Pöllath, Unternehmenskauf, 2001, S. 838 ff., Eggers/Malmendier,
Bieterverfahren, 2003, S. 785f.; Sterzinger, Auktionsverfahren, 2004, S. 50 ff.; Picot, M&A,
2005, S. 27f.; Pöllath, Unternehmensübertragung, 2006, S. 178 ff.
Vor Beginn des eigentlichen Verfahrens sind einige Vorbereitungen zu treffen.
Dazu gehören die Auswahl eines externen Beraters, die Durchführung einer Vendor
Due Diligence sowie die Vorbereitung des Datenraumes und des Informationsmemo-
randums. Anschließend muss das Verkaufsvorhaben den späteren Bietern bekannt ge-
macht werden.
Nachdem sich Interessenten gemeldet haben, führt der Verkäufer eine Voraus-
wahl dahingehend durch, wer mitbieten darf, so dass an dieser Stelle die ersten Teil-
nehmer ausgeschlossen werden. Die verbleibenden Bieter geben, nachdem sie einige
Kaufinteressenten melden sich
Abgabe der indikativen Gebote
Abgabe der verbindlichen Gebote
Vorbereitungsphase
Berater- Vendor Vorbereitung
Vorbereitung
auswahl Due Diligence Datenraum
Informationsmemoran-
Vorauswahl der Interessenten
Zusendung von: Vertraulichkeits- und Exklusivitätsvereinbarung,
Bietungsrichtlinien
Selektion der Bieter
Zutritt zum Datenraum / Due Diligence
Verhandlungen
Managementgespräche
Zuschlagserteilung
Bekanntmachung

Charakterisierung des Bieterverfahrens
3
Dokumente wie Vertraulichkeits- und Exklusivitätsvereinbarungen sowie die Aner-
kennung der Bietungsrichtlinien unterzeichnet haben, ihre indikativen Gebote ab, an-
hand derer die nächste Selektion durch den Verkäufer erfolgt.
Diese ausgewählten Bieter erhalten Zugang zum Datenraum und können mit den
dort enthaltenen Informationen eine Bewertung des zum Verkauf stehenden Unter-
nehmens, das heißt eine eigene Due Diligence, vornehmen. Auf Grundlage dieser um-
fangreichen Prüfung geben sie ihre endgültigen Gebote ab, welche wiederum durch
den Verkäufer gesichtet und selektiert werden.
Mit den wenigen, verbliebenen Bietern werden konkrete Vertragsverhandlungen
geführt. Die potentiellen Käufer bekommen die Möglichkeit der Führung von Mana-
gementgesprächen, um auch deren Ergebnisse mit in die Verhandlungen und den spä-
teren Kaufvertrag einbeziehen zu können. Schließlich ergeht der Zuschlag an einen für
den Verkäufer und das Unternehmen optimalen Erwerber, mit dem dann der Kaufver-
trag geschlossen wird.
Bezüglich ausführlicher Erörterungen des Verfahrensablaufes wird an dieser
Stelle auf die Ausführungen im 3. Abschnitt dieser Arbeit (ab Seite 26) verwiesen.
III.
Abschluss eines wirksamen Vertrages
Am Ende des Bieterverfahrens steht ein Kaufvertrag. Dieser wird gemäß §§ 145
ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch zwei inhaltlich übereinstimmende Willens-
erklärungen, das Angebot und die Annahme, geschlossen.
Ein Angebot ist die Erklärung, einen Vertrag bestimmten Inhaltes mit dem Ad-
ressaten schließen zu wollen, wobei Bedingung ist, dass allein schon durch dessen An-
nahme der Vertrag zustande kommt.
5
Daraus resultiert, dass beim Bieterverfahren ein
Angebot nicht schon in der Bekanntmachung der Veräußerung liegen kann, denn da-
mit gibt der Verkäufer noch keine Willenserklärung ab, die von den Bietern mit der
Folge angenommen werden kann, dass ein Vertrag zustande gekommen ist. Wesentli-
che Punkte, vor allem der Preis, sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar definiert.
Die Aufforderung zur Gebotsabgabe, die Bekanntmachung, hat daher bloß vorberei-
tenden Charakter. Das Angebot besteht demzufolge erst im Gebot des Bieters, denn
nur dieses kann der Verkäufer mit der Folge annehmen, dass ein Vertrag entsteht.
Die Annahmeerklärung liegt bei privatrechtlichen Versteigerungen in der Zu-
schlagserteilung
6
. Sobald diese erfolgt, liegt ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag vor,
welcher, sofern noch nicht geschehen, schriftlich fixiert werden muss.
Der Kaufvertrag unterliegt regelmäßig der Zustimmung verschiedener Institutio-
nen, wie dem Kartellamt, Unternehmensgremien und/oder Länderparlamenten bzw.
Bundesrat und Bundestag. Wird die Zustimmung erteilt, ist der Vertrag wirksam und
rechtsverbindlich.
5
Vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, 2006, § 5 II, Rn. 53; Medicus, BGB AT, 2006, Rn. 358.
6
§ 156 Satz 1 BGB.

Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
4
Ob der Eigentümer ein Bieterverfahren oder den Exklusivverkauf für die geplan-
te Veräußerung wählt, steht ihm frei. Dies wird durch den Grundsatz der Privatauto-
nomie
7
gewährt, der ,,das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch
den einzelnen nach seinem Willen"
8
bedeutet. Danach hat der Eigentümer eine allge-
meine Handlungsfreiheit in Bezug auf Entscheidungen über die Verwendung oder den
Gebrauch seiner Sache bzw. seines Unternehmens.
9
Das schließt die Wahl des Ver-
kaufsverfahrens mit ein. Es besteht weder eine Pflicht zum Exklusivverkauf, noch eine
zivilrechtliche Besserstellung einer der Verkaufsmöglichkeiten.
B.
Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
Mit der Durchführung eines Bieterverfahren können zahlreiche Chancen und
Vorteile realisiert werden. Das sind zum einen allgemeine Vorteile von Auktions-
verfahren, wie die Anwendung klar definierter und transparenter Regeln, die Schaf-
fung einer ökonomisch effizienten Verteilung, die Bestimmung des Auktionsergebnis-
ses durch Kräfte des Marktes, sowie die Abgabe des Höchstgebotes durch den Bieter
mit der höchsten Wertschätzung des Verkaufsobjektes.
10
Zum anderen eröffnen sich gerade beim Verkauf von staatlichen Immobilienun-
ternehmen durch ein Bieterverfahren neue Perspektiven und Möglichkeiten, welche im
Folgenden dargestellt werden.
I.
Einfluss auf die Unternehmensfortführung
Mit der Durchführung eines Bieterverfahrens kann der Verkäufer erheblichen
Einfluss auf die zukünftige Unternehmensführung ausüben. Das resultiert daraus, dass
während des Verfahrens umfangreiche Verhandlungen zwischen dem Verkäufer und
den einzelnen Interessenten stattfinden. Der Verkäufer stellt vor Beginn des Bieterver-
fahrens die ihm wichtigen Kriterien eines Erwerbers zusammen. Eines dieser Kriterien
sollte die Zukunftspläne des jeweiligen Kaufinteressenten beinhalten. Dann müssen
die Verhandlungspartner ihre diesbezüglichen Pläne offen legen.
Der Verkäufer hat somit die Möglichkeit, die Bieter anhand des Vorliegens bzw.
Nichtvorliegens bestimmter Eigenschaften und Bedingungen zu selektieren, so dass er
z.B. solche Interessenten im Verfahren halten kann, deren Pläne seinen eigenen Vor-
stellungen entsprechen. Umgekehrt kann er anderen Bietern bei widersprüchlichen
Ansichten schon in einer frühen Phase die endgültige Gebotsabgabe verwehren.
Diese Möglichkeit der Einflussnahme ist gerade bei Veräußerungen von Unter-
nehmen bzw. Unternehmensanteilen der öffentlichen Hand von großer Bedeutung. Ein
privater Investor wird, im Gegensatz zum Staat als Eigentümer, vorrangig seine Rendi-
7
Abgeleitet aus dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der persönlichen Freiheit, Art. 2 Abs. 1 GG.
8
Flume, Bürgerliches Recht, 1992, § 1, 1, S. 2.
9
Vgl. Medicus, BGB AT, 2006, Rn. 173.
10
Vgl. Scheurle, Auktionen, 2002, S. 4.

Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
5
te im Auge haben und fast ausschließlich am cash flow orientiert sein. Durch die Se-
lektion, die ein Bieterverfahren ermöglicht, eröffnet sich für den Staat die Chance,
dem Erwerber neben dessen meist nur rein finanziellen Zielen auch die Verwirkli-
chung und Erfüllung sozialer Ziele und Bedürfnisse aufzuerlegen.
Ein Beispiel für die Einflussnahme des Verkäufers auf das zukünftige Verhalten
und Handeln des Erwerbers findet sich beim Verkauf der WOBA Dresden GmbH an
die Fortress Investment Group im Jahre 2006, bei welchem die sog. Dresdner-Sozial-
Charta
11
mit in den Vertrag einbezogen wurde, in der ein umfangreicher Mieter- und
Arbeitnehmerschutz sowie soziale, wirtschaftliche und städtebauliche Ziele festgelegt
wurden.
12
Beispielhaft seien Punkte wie ein lebenslanges Wohnrecht für Mieter über
60 Jahre, das Verbot von Luxussanierungen, die Begrenzung von Mieterhöhungen auf
jährlich 3% sowie ein 5-jähriger Kündigungsschutz für WOBA-Mitarbeiter genannt.
Ein Auszug aus dem notariell beglaubigten Kaufvertrag zwischen der WOBA Dresden
und der Fortress Investment Group mit Details zu Regelungen bezüglich Mieter und
Mitarbeiter befindet sich im Anhang 1 (Abbildung 10, Seite VIII).
Ähnliche Sozialstandards strebt aktuell die nordrhein-westfälische Landesregie-
rung beim Verkauf ihrer Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) an. Der Kaufvertrag,
der das am 20.11.2007 eröffnete Bieterverfahren nächstes Jahr abschließen wird, soll
einen gewissen Mieterschutz gewährleisten, u.a. die Begrenzung von Mieterhöhungen,
den Verzicht auf Luxussanierungen sowie ein lebenslanges Wohnrecht für Mieter über
60 Jahre.
13
Zusätzlich soll das Personal auf den Erwerber übergehen, so dass die Ar-
beitsverhältnisse aufrechterhalten werden können.
14
Diese Forderungen des Verkäu-
fers sind demnach mit der Dresdner-Sozial-Charta vergleichbar.
Inwieweit andere Verkäufer zukünftig ähnliche Bedingungen in den Vertrag auf-
nehmen sollten und in welchem Umfang, ist im Einzelfall zu entscheiden. Dafür sprä-
che, dass ein Verkauf staatlicher Unternehmen politisch umso besser vermarktet wer-
den kann, je mehr soziale Aspekte im Vordergrund stehen. Allerdings ist auch zu be-
denken, dass ein Kaufinteressent stets mit eigenen Vorstellungen bezüglich der zu-
künftigen Unternehmensführung in das Bieterverfahren einsteigt. Werden ihm zu viele
Auflagen gemacht, kann das eventuell abschreckend wirken und negative Konsequen-
zen für den Kaufpreis bedeuten. Und selbst wenn die gestellten Forderungen wirksam
in den Vertrag einbezogen werden, wie die Dresdner-Sozial-Charta, wird letztendlich
offen bleiben, ob und in welchem Umfang der Käufer sich später tatsächlich daran
halten wird.
11
Diese ist eng angelehnt an die Gagfah-Sozial-Charta, welche 2004 beim Verkauf der Gagfah an die Fortress
entstand, und wurde am 22.09.2005 vom Dresdner Stadtrat beschlossen; vgl. Gagfah Group, Dresdner-
Sozial-Charta, 2005, o.S.
12
Vgl. WOBA Dresden GmbH, Mieterzeitung, 2006, S. 3.
13
Vgl. o.V. LEG-Verkauf, 2007, S. 19; vgl. auch o.V., LEG, 2007, S. 18; vgl. ebenso o.V., NRW, 2006, S. 15.
14
Vgl. Niederstadt, Privatisierungskarussell, 2006, S. 48.

Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
6
II.
Kaufpreismaximierung durch Bieterwettbewerb
Steht die Entscheidung für den Verkauf des staatlichen Immobilienunternehmens
fest, ist der Eigentümer daran interessiert, einen möglichst hohen Preis zu erzielen.
Dadurch, dass beim Bieterverfahren nicht nur eine Person, sondern mehrere potentielle
Käufer gleichzeitig angesprochen werden, entsteht ein direkter Konkurrenzdruck, das
heißt eine ad hoc geschaffene Wettbewerbssituation mehrerer konkurrierender Bie-
ter.
15
Diese drücken in ihren Geboten den Wert aus, den sie, abhängig von der
individuellen Präferenzstruktur, dem Verkaufsobjekt zumessen und welchen sie nach
ihrer jeweiligen subjektiven Zahlungsbereitschaft zu zahlen bereit sind. Das wird
letztendlich zu einer Kaufpreismaximierung führen.
Ein solches Resultat wäre bei einem Exklusivverkauf mit nur einem Verhand-
lungspartner nicht ohne weiteres möglich. In Abbildung 2 sind die Auswirkungen der
Anzahl der Verkaufsalternativen auf den Kaufpreis dargestellt.
Abbildung 2: Gegenüberstellung der Verkaufsalternativen
Quelle: Eigene Darstellung.
Anders als beim Bieterverfahren, welches durch die Teilnahme mehrerer Interes-
senten auch mehrere Verkaufsalternativen impliziert, hätte der Verkäufer lediglich
zwei Alternativen, den ,,Verkauf" und den ,,Nichtverkauf". Je nachdem, wie umfang-
reich bereits Verhandlungen geführt worden sind, wird er aufgrund des bis dahin oft
schon investierten Aufwandes an Kosten und Zeit den Anreiz haben, die für ihn in die-
sem Moment wirtschaftlich günstigere Alternative zu wählen und zu verkaufen. Das
dies kaum zu optimalen Konditionen und zu einem maximalen Preis erfolgen wird, ist
abzusehen. Die Konsequenz wäre, dass der Interessent den Unternehmensanteil zu
einem Preis erwerben würde, der mangels Käuferkonkurrenz selten dem maximal er-
zielbaren Kaufpreis entsprechen wird. Folglich wäre der Verkäufer nach Vollzug des
Kaufvertrages wirtschaftlich schlechter gestellt als bei der Durchführung eines Bieter-
verfahrens, was einen weiteren Vorzug dieses Verkaufsinstrumentes verdeutlicht.
15
OLG München, 17.01.2007 (7 U 2759/06), Der Betrieb 2007, S. 1136.
Alt. 1
Interessent
1 Alt. 1:
Verkauf
Alt. 2
Interessent 2 Alt. 2:
: Nicht-Verkauf
Alt. n
:
Interessent n
n Verkaufsalternativen 2 Alternativen
Kaufpreismaximierung i.d.R. keine Kaufpreismaximierung
Bieterverfahren Exklusivverkauf
Verkäufer
Verkäufer
Interessent

Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
7
III.
Effiziente Verhandlungsführung
Die Effizienz des Verkaufes, und auch der damit zusammenhängenden Verhand-
lungen, welche durch ein Bieterverfahren erreicht werden kann, kommt in der Gegen-
überstellung mit dem Ablauf bei einem Exklusivverkauf zum Ausdruck, welche Ab-
bildung 3 zeigt.
Abbildung 3: Exklusivverkauf vs. Bieterverfahren
Quelle: Mit Änderungen übernommen aus: Scheurle, Auktionen, 2002, S. 8.
Bei einem Exklusivverkauf werden Verhandlungen lediglich mit einem potentiel-
len Käufer geführt. Dadurch ist die Verkaufswahrscheinlichkeit des betreffenden Im-
mobilienunternehmens geringer als bei der Durchführung eines Bieterverfahrens. Zwar
ist die Dauer des Verkaufs insgesamt kürzer, allerdings kann es zu Verzögerungen
kommen, wenn ein Interessent nach eventuell schon sehr umfangreich durchgeführten
Verhandlungen nicht kauft, denn dann würden diese mit einem anderen Interessenten
wieder von vorne beginnen, was nochmaligen Zeit- und Kostenaufwand bedeutet. Im
ungünstigsten Fall würde der Verkauf gar nicht zustande kommen.
Bei einem Bieterverfahren finden die Vertragsverhandlungen mit mehreren aus-
gewählten Erwerbsinteressenten parallel statt. Zwar sind auch in diesem Fall Gesprä-
che mit jedem einzelnen potentiellen Käufer notwendig, allerdings kann der Gesamt-
aufwand und die Dauer begrenzt werden, indem ein fester Zeitplan den Verfahrensab-
lauf vorgibt und damit schnelle und effiziente Verhandlungen mit mehreren Investoren
gewährleistet.
16
Die Verkaufswahrscheinlichkeit ist aufgrund der möglichst europa-
weiten Bekanntmachung und somit gewährleisteten Ansprache einer Vielzahl von In-
teressenten und zusätzlich durch die parallele Verhandlungsführung sehr hoch. Zudem
zeichnet sich das Bieterverfahren durch ein hohes Maß an Transparenz aus. Es werden
vorher Kriterien bekannt gegeben, welche der mögliche Erwerber erfüllen muss. Steti-
ge Dokumentationen über den Verhandlungsstand unterstützen die Transparenz. Da-
durch ist am Ende des Verkaufsverfahrens eindeutig nachzuvollziehen, warum ein be-
stimmter Interessent den Zuschlag erhalten hat bzw. ein anderer nicht.
16
Vgl. Sterzinger, Auktionsverfahren, 2004, S. 51.
Exklusiv-
verkauf
Bieter-
verfahren
Verkaufs- Verkaufs- Verkaufs- Dauer Trans-
methode sicherheit erlös
parenz
Tendenziell
negativ
Tendenziell
positiv

Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
8
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Bieterverfahren im Vergleich zu ei-
nem Exklusivverkauf der effizientere Weg ist, um ein Immobilienunternehmen zu ver-
kaufen, da sowohl die Verkaufswahrscheinlichkeit als auch der erzielbare Kaufpreis
und die Transparenz höher sind.
Da die Verfahrensdauer in den Vergleich mit einbezogen wurde, soll abschlie-
ßend kurz auf die benötigte Zeitspanne eingegangen werden, die ein Verkauf von Im-
mobilienunternehmen durch ein Bieterverfahren einnehmen wird. Hierzu sind als Bei-
spiel in Abbildung 4 die zeitlichen Eckdaten des Verkaufs der WOBA Dresden von
der Bekanntmachung bis hin zum Kaufvertrag dargestellt.
Abbildung 4: Zeitrahmen eines Bieterverfahrens am Bsp. der WOBA Dresden
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehung an Glätter, Privatisierung, 2007, S. 81.
Zwischen der Bekanntmachung im August 2005 und der Zuschlagserteilung im
Januar 2006 lagen in diesem Fall ca. 5 Monate, bis zum wirksam abgeschlossenen
Kaufvertrag vergingen ca. 7 Monate. Dieser Zeitraum kann durchaus als Richtwert
angesehen werden, insgesamt sollten aber 9 Monate nicht überschritten werden, da
ansonsten die Ernsthaftigkeit der Verhandlung in Frage gestellt ist und auch die Da-
tenbasis veraltet sein wird.
17
Es sollten daher ca. 6-8 Monate von der Bekanntmachung bis hin zum Kaufver-
trag eingeplant werden. Dieses Zeitfenster sollte auch die TLG nach Möglichkeit nicht
überschreiten. Bei einer klaren und präzisen Planung sämtlicher erforderlicher Schritte
im Vorfeld der europaweiten Bekanntmachung, v.a. einer rechtzeitigen Datensamm-
lung bzw. -aufbereitung für die Due Diligence und das Informationsmemorandum, ist
die Einhaltung des vorgegebenen Zeitrahmens regelmäßig gewährleistet, so dass das
Bieterverfahren effizient und ohne größere Verzögerungen durchgeführt werden kann.
17
Vgl. Jansen, M&A, 1998, S. 160.
August 2005
Bekanntmachung
Oktober 2005
88 Angebote abgegeben, 38 erhalten weitergehende
Informationsmaterialien
November
2005
9 Interessenten geben indikative Angebote ab
Dezember
2005
4 wurden für weitere Verhandlungen, Nutzung des
Datenraums, Managementpräsentationen etc. ausgewählt
bis Januar 2006
Möglichkeit der Abgabe der verbindlichen Angebote
-> 3 Angebote lagen vor
-> 2 wurden zugelassen (Appellas und Fortress)
->
Zuschlag an Fortress
9. März 2006
Zustimmung des Dresdner Stadtrates
Kaufvertrag wirksam

Gründe für die Durchführung eines Bieterverfahrens
9
IV.
Abwägung von Nachteilen
Neben den bereits dargestellten Vorteilen des Bieterverfahrens dürfen auch die
Nachteile nicht außer Acht gelassen werden. Um abschließend ein Gesamturteil über
die Eignung des Bieterverfahrens als Verkaufsinstrument bilden zu können, bedarf es
einer Abwägung sämtlicher Vor- und Nachteile, welche in Tabelle 1 gegenübergestellt
wurden.
Tabelle 1: Vor- und Nachteile eines Bieterverfahrens
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Sterzinger, Auktionsverfahren, 2004, S. 51; Menzel, Kollusion,
2000, S. 1.
Der größte Nachteil des Bieterverfahrens ist der erhöhte Aufwand an Kosten,
Zeit und allgemeiner Organisation. Von der ersten Planungsphase bis zum Zuschlag
und der Abwicklung des Vertrages kann viel Zeit vergehen, in der erhebliche Kosten
anfallen können. Zum einen sind das Transaktionskosten, das heißt Kosten für die Pla-
nung und Durchführung des Verfahrens selbst; zum anderen Opportunitätskosten, da
Mitarbeiter eigens für Vorbereitungshandlungen abgestellt werden müssen und somit
ihren eigentlichen Aufgaben nicht in vollem Umfang nachgehen können. Ein nicht
unerheblicher Kostenfaktor entsteht durch die Einschaltung eines externen Beraters,
der die Durchführung des gesamten Verfahrens überwachen bzw. durchführen soll.
Kosten fallen dann sowohl durch das Auswahlverfahren der in Frage kommenden Be-
rater als auch durch die späteren Honorarzahlungen an.
Es sollte deshalb vor Eröffnung des Bieterverfahren abgewogen werden, ob bei
einem bevorstehenden Verkauf durch ein solches Verfahren der Zeit- und Kostenauf-
wand durch den Verkaufserlös gerechtfertigt ist. Das ist zu bejahen, denn der Zuge-
winn im Kaufpreis überkompensiert bei größeren Transaktionen die Mehrkosten eines
Auktionsverfahrens.
18
Bei geplanten Veräußerungen von größeren bzw. sämtlichen
Anteilen, wie es bei der TLG vorgesehen ist, sollte die Kostenabwägung daher regel-
mäßig zugunsten des Bieterverfahrens ausgehen, denn der damit verbundene Verkauf
zu einem durch Bieterwettbewerb ermittelten Preis rechtfertigt auch den Aufwand.
Ein weiterer Nachteil des Bieterverfahrens ist die Anfälligkeit für kollusives
Verhalten. Dem Hauptziel des Verkäufers, der Maximierung des Erlöses, steht auf der
Bieterseite oft der Anreiz gegenüber, den Wettbewerb durch Absprache der Gebote
18
Vgl. Sterzinger, Auktionsverfahren, 2004, S. 50.
Vorteile
Nachteile
-
Einfluss auf Unternehmensfortführung
-
Maximierung des Kaufpreises
-
Effiziente Verhandlungsführung
-
größere Verkaufswahrscheinlichkeit
-
Transparenz des Verkaufs
-
erhöhter Aufwand an Kosten, Zeit und
Organisation
-
Risiko von Absprachen
-
längere Verfahrensdauer (kann mit
Terminplan ausgeglichen werden)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836625043
DOI
10.3239/9783836625043
Dateigröße
694 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2009 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
bieterverfahren europarecht diligence datenraum immobilien
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Titel: Analyse des Bieterverfahrens als mögliche Exit-Strategie von Immobilienunternehmen
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