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Die Auswirkungen von virtuellen Kraftwerken auf die Merit Order unter besonderer Berücksichtigung der Vermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien

©2008 Bachelorarbeit 43 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Aus nahezu unerschöpflichen regenerativen Quellen wertvolle Energie zu gewinnen, übt sowohl auf ökologische wie ökonomische Überlegungen eine Faszination aus. § 1 des Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) beschreibt ökologische Ziele, welche durch eine ökonomische Förderung auf Grundlage dieser gesetzlichen Vorgabe erreicht werden sollen. Das Ziel dieser Förderung besteht ferner darin, diese Energien an den Markt heranzuführen, damit sie sich dort langfristig etablieren. Sie sollen in der Lage sein, sich ökonomisch konkurrenzfähig neben anderen Energieformen am Markt zu behaupten, ohne auf weitere unterstützende Förderungsinstrumente angewiesen zu sein. Dieses Ziel konnte bis zum heutigen Zeitpunkt bereits für einige der geförderten Energien erreicht werden, jedoch fehlte es durch das EEG an entsprechenden Anreizen zur Entwicklung von weiteren geeigneten Strukturen der Vermarktung.
An diese Stelle knüpft der Forschungsinhalt der vorliegenden Arbeit an. Hierbei steht das Konzept des Virtuellen Kraftwerks im Mittelpunkt, das als mögliche Struktur der zukünftigen Vermarktung in erster Linie nach ökonomischen Gesichtspunkten untersucht wird. Diese ökonomischen Gesichtspunkte bilden den Grundstein anfänglicher Teilnahmebereitschaft und einer davon ausgehenden möglichen Verbreitung dieser Technologie.
Die Idee des Virtuellen Kraftwerks entstammt ursprünglich der Findung einer geeigneten Vernetzung neu entstandener dezentraler Strukturen in der Stromerzeugung. Ein Wandel von Strukturen ist nicht selten ein Folgeeffekt wichtiger Ereignisse, wie es auch in Deutschland in den letzten Jahren zu beobachten war. Zu Beginn der vorliegenden Arbeit wird dieser Wandel untersucht, um das Konstrukt der aus diesem Umfeld stammenden Virtuellen Kraftwerke besser einordnen zu können.
Diese Technologie der Virtuellen Kraftwerke ist recht unbekannt und neuartig, eine Verbreitung innerhalb dezentraler Strukturen fand bisher nicht statt. Um der Frage nachzugehen, ob in Zukunft Änderungen zu erwarten sind, ist eine ökonomische Untersuchung auf dem deutschen Strommarkt angebracht. Hierfür ist es unabdingbar, den Handelsraum Virtueller Kraftwerke einzugrenzen und mit den marktwirtschaftlichen Interdependenzen an der Börse zu verknüpfen. Die recht vielfältigen Handelsmöglichkeiten an dieser Börse machen es notwendig, die Auswahl der Vermarktungsform nach Eignung und Konkurrenzfähigkeit zu unterscheiden.
Das Thema dieser Arbeit lässt vermuten, dass […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Dezentrale Strukturen der deutschen Stromerzeugung
2.1 Der Wandel von zentraler zu dezentraler Stromerzeugung
2.2 Das Virtuelle Kraftwerk als Vernetzung dezentraler Strukturen

3. Virtuelle Kraftwerke am deutschen Strommarkt
3. 1 Teilnahme als direkter Anbieter
3. 2 Auswirkungen auf die Strommarktangebotsstruktur
3. 2. 1 Die Rolle der geförderten Energien
3. 3. 2 Die Anbieterstruktur im Wandel
3. 3. 3 Handelsmengeneffekte und Preisfindung am Strommarkt
3. 3. 4 Relevanzbetrachtung und Konkurrenzfähigkeit

4. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Durchschnittliche Spotmarktpreise im Jahr 2006

Abbildung 2: Kontraktdarstellung in einem möglichen Tageslastprofil

Abbildung 3: Merit-Order-Effekt am Day-Ahead-Markt

Abbildung 4: Merit-Order-Kurve am Day-Ahead-Markt

Abbildung 5: Grenzkostenreihenfolge verschiedener Kraftwerkstechnologien

Abbildung 6: Folgeeffekte am Day-Ahead-Markt

Abbildung 7: Durchschnittlicher Phelix-Peak-Preis an der EEX

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Aus nahezu unerschöpflichen regenerativen Quellen wertvolle Energie zu gewinnen, übt sowohl auf ökologische wie ökonomische Überlegungen eine Faszination aus. § 1 des Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) beschreibt ökologische Ziele[1], welche durch eine ökonomische Förderung auf Grundlage dieser gesetzlichen Vorgabe erreicht werden sollen. Das Ziel dieser Förderung besteht ferner darin, diese Energien an den Markt heranzuführen, damit sie sich dort langfristig etablieren.[2] Sie sollen in der Lage sein, sich ökonomisch konkurrenzfähig neben anderen Energieformen am Markt zu behaupten, ohne auf weitere unterstützende Förderungsinstrumente angewiesen zu sein.[3] Dieses Ziel konnte bis zum heutigen Zeitpunkt bereits für einige der geförderten Energien erreicht werden, jedoch fehlte es durch das EEG an entsprechenden Anreizen zur Entwicklung von weiteren geeigneten Strukturen der Vermarktung.[4]

An diese Stelle knüpft der Forschungsinhalt der vorliegenden Arbeit an. Hierbei steht das Konzept des Virtuellen Kraftwerks im Mittelpunkt, das als mögliche Struktur der zukünftigen Vermarktung in erster Linie nach ökonomischen Gesichtspunkten untersucht wird. Diese ökonomischen Gesichtspunkte bilden den Grundstein anfänglicher Teilnahmebereitschaft und einer davon ausgehenden möglichen Verbreitung dieser Technologie.

Die Idee des Virtuellen Kraftwerks entstammt ursprünglich der Findung einer geeigneten Vernetzung neu entstandener dezentraler Strukturen in der Stromerzeugung.[5] Ein Wandel von Strukturen ist nicht selten ein Folgeeffekt wichtiger Ereignisse, wie es auch in Deutschland in den letzten Jahren zu beobachten war. Zu Beginn der vorliegenden Arbeit wird dieser Wandel untersucht, um das Konstrukt der aus diesem Umfeld stammenden Virtuellen Kraftwerke besser einordnen zu können.

Diese Technologie der Virtuellen Kraftwerke ist recht unbekannt und neuartig, eine Verbreitung innerhalb dezentraler Strukturen fand bisher nicht statt. Um der Frage nachzugehen, ob in Zukunft Änderungen zu erwarten sind, ist eine ökonomische Untersuchung auf dem deutschen Strommarkt angebracht. Hierfür ist es unabdingbar, den Handelsraum Virtueller Kraftwerke einzugrenzen und mit den marktwirtschaftlichen Interdependenzen an der Börse zu verknüpfen. Die recht vielfältigen Handelsmöglichkeiten an dieser Börse machen es notwendig, die Auswahl der Vermarktungsform nach Eignung und Konkurrenzfähigkeit zu unterscheiden.

Das Thema dieser Arbeit lässt vermuten, dass die Interaktion Virtueller Kraftwerke das Marktgeschehen beeinflusst. Die Untersuchung solcher möglichen Effekte ist angebracht, denn eventuell ändern sich neben der Teilnehmerstruktur auch Marktergebnisse wie Preise oder Handelsmengen. Eine solche Untersuchung muss derzeit noch unter der Annahme erfolgen, dass eine fiktive Menge an Virtuellen Kraftwerken am Marktgeschehen teilnimmt. In der deutschen Stromwirtschaft kann bisher nicht auf reale Situationen zurückgegriffen werden. Jedoch ist es in Ansätzen möglich, die Relevanz einer solchen Annahme zu spezifizieren. Durch eine ökonomische Untersuchung der Handelsmöglichkeiten an der Börse und einen sich daran anschließenden Vergleich zu anderen „Vermarktungsformen“ wird das Potential ermittelt. Damit werden die per Annahme ermittelten Auswirkungen am Strommarkt mit „Leben gefüllt“.

Diese Untersuchung stützt sich hauptsächlich auf Daten und Rahmenbedingungen aktueller Gültigkeit. Eine Relevanzbeurteilung bezieht sich auf die derzeitige Lage und lässt Ausblicke auf die zukünftige Entwicklung zu.

2. Dezentrale Strukturen der deutschen Stromerzeugung

Das Zentrum definiert einen Ballungsbereich. Nach dem Wortlaut der deutschen Sprache kann das Wort dezentral demnach mit „weit vom Mittelpunkt entfernt, auf verschiedene Orte verteilt“ übersetzt werden.[6] Dezentralisierung bedeutet entsprechend eine Bewegung vom Zentrum weg. In der deutschen Stromwirtschaft ist eine zunehmende Dezentralisierung der Stromproduktion beobachtbar. Punktuelle Stromproduktion großer Mengen weicht verstärkt der Produktion kleinerer Mengen an wesentlich mehr Orten. Dieses Kapitel behandelt den Wandel von zentraler Stromerzeugung hin zu dezentraler Stromerzeugung und die Ursachen dieses Wandels. Es bildet die Basis für die Beschreibung Virtueller Kraftwerke, welche als Instrument der Verknüpfung dezentraler Stromerzeugung Gegenstand weiterer Darstellung ist.

2.1 Der Wandel von zentraler zu dezentraler Stromerzeugung

Einführend soll der Versuch unternommen werden, die beiden Strukturarten zentral und dezentral in Bezug auf die Stromerzeugung voneinander abzugrenzen. Eine in der Literatur gängige Trennung erfolgt über die Art der Kopplung an das Einspeisungsnetz. Leistungsstarke Kraftwerke (>300 MW) speisen überwiegend in Hochspannungs- oder Höchstspannungsnetze ein. Auf dem Weg zum Verbraucher wird dieser Lastfluss gegebenenfalls auf die Strukturen der Mittelspannungs- und Niederspannungsebene herunter transformiert, um dort die Einbindung der Endverbraucher zu ermöglichen.[7] Dieser vertikale, in hauptsächlich eine Richtung fließende Lastfluss wird Top-Down-Architektur genannt und kann als zentral geprägt bezeichnet werden. Die Einspeisung leistungsschwächerer Stromerzeugungseinheiten wird grundsätzlich auf der Mittel- und Niederspannungsebene vorgenommen. Die Erzeugung und der Verbrauch liegen relativ nahe beim Verbraucher und werden als Bottom-Up-Architektur bezeichnet. Bei dieser dezentralen Prägung ist die Richtung des Lastflusses nicht mehr klar zu bestimmen.[8]

Die deutsche Stromwirtschaft befindet sich aktuell in einer Situation, in der überwiegend zentral Strom produziert und nach dem Top-Down-Ansatz eingespeist wird, jedoch die dezentrale Stromerzeugung anteilsmäßig zunimmt. Der Ursprung dieser Entwicklung liegt überwiegend in der Liberalisierung der Märkte und der Förderung erneuerbarer Energien durch das EEG. Im Zuge der Liberalisierung der europäischen Strommärkte kam es zu einem verstärkten Ausbau dezentraler Stromerzeugung. Die stärkere Abgrenzung der Bereiche Erzeugung, Transport, Verteilung sowie Versorgung und die Öffnung der Netze ergaben neue Optionen auf der Produktionsstufe und begünstigten die Teilnahme kleiner Stromproduzenten am Markt und am Wettbewerb. Beschleunigt wurde dieser Prozess durch die Einführung des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien.[9] Dieses Gesetz entspricht der politischen sowie gesellschaftlichen Forderung nach verstärktem Ausbau regenerativer und umweltschonender Energieerzeugung. Die Erzeuger erneuerbarer Energien, hauptsächlich in den Bereichen Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft und Bioenergie speisen mit relativ geringer Produktionskapazität dezentral in das Stromnetz ein.[10] Laut dem statistischen Bundesamt stieg der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung von 3,6 % in 1991 auf 14,1 % in 2007.[11] Ein repräsentatives Beispiel dieser Entwicklung ist die Windkraft, welche als dezentrale Energieerzeugung ihre Einspeisung von 2000 bis 2006 fast vervierfachen konnte.[12]

Auch für die Zukunft ist eine Umkehr des Trends nicht sehr wahrscheinlich. In einer Studie des Bundesumweltamtes wird mit einem Ersatzbedarf von 40.000 MWel Kraftwerksleistung bis 2020, was ca. einem Drittel der deutschen Kraftwerksleistung entspricht, gerechnet.[13] Es ist anzunehmen, dass vor dem Hintergrund der Liberalisierung und der Förderung durch das EEG vermehrt kleinere Anbieter in die Energiewirtschaft einsteigen und Investitionen in Großanlagen zurückgehen werden. Relativ hohe Investitionskosten von Anlagen großen Umfangs bedeuten in dem durch die Liberalisierung geprägten Markt ein Risiko, welches nicht jeder potentielle Anbieter bereit ist zu tragen. Zudem erzeugt der Neubau ein gesellschaftliches Konfliktpotential durch abnehmende Akzeptanz bei Anlagen dieser Größe.[14]

Dieser für die Energiewirtschaft nicht unerhebliche Wandel kann Folgen für die Qualität der Stromversorgung haben. So könnte die fluktuierende Stromerzeugung[15] aus dem Bereich der erneuerbaren Energien in ungünstigen Situationen zu Spannungsproblemen, schlechter Netzstabilität und Netzausfällen führen.[16] In dem Endbericht DENSAN wurden auf der Grundlage eines Szenarios der International Energy Agency (IEA) drei mögliche Szenarien vorgestellt, wie der zukünftige Weg der Einbindung dezentraler Energieerzeugung aussehen könnte. Im Szenario Accomodation wird die dezentrale Erzeugung in das bestehende System integriert und angepasst. Durch intelligente Bündelung mit Hilfe von geeigneten Systemen ist eine Teilnahme am Wettbewerb und auf den Märkten vorgesehen. In dem zweiten Szenario Decentralisation nehmen auch die Systemstrukturen dezentrale Züge an. Der Ortsfaktor wird wichtiger, die Optimierung lokalen Verbrauchs und der Erzeugung stehen im Mittelpunkt. Eine zunehmende Gruppenbildung und die verstärkte Kommunikation der Netze untereinander führen zu Veränderungen in der Netzstruktur. Dispersal beschreibt schlussendlich das Szenario mit den dezentralsten Strukturen. Die Stromerzeugung erfolgt überwiegend nahe am Verbraucherstandort. Die in diesem Modell vorherrschende Inselstruktur ist nur aus sicherheitstechnischen Gründen an das übergeordnete Netz angeschlossen, welches eine untergeordnete Rolle spielt.[17]

2.2 Das Virtuelle Kraftwerk als Vernetzung dezentraler Strukturen

In der Literatur existieren mehrere mögliche Beschreibungen für Virtuelle Kraftwerke. Auer erklärt das Virtuelle Kraftwerk als ein interaktives, zentral steuerbares Netzwerk von dezentralen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern, welche nach Art der technologiespezifischen Einspeise- und Lastcharakteristika aufeinander abgestimmt sind.[18] In einer Beschreibung des Institutes für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart (IER) kann der Betrieb von mehreren räumlich verteilten an verschiedenen Netzbereichen angeschlossenen Stromerzeugungsanlagen unter Einbezug von Speichertechnologie sogar Dimensionen eines zentralen Kraftwerkes erreichen.[19]

Virtuelle Kraftwerke können als Instrument zur Integration dezentraler Strukturen in das Energiesystem verschiedenartig benutzt werden. Letztendlich bestimmt der Einsatzschwerpunkt dieses Verbundsystems, welche Komponenten es beinhaltet und wie es gesteuert wird. Laut der Definition von Auer ist der Endverbraucher ein wichtiger Bestandteil eines Virtuellen Kraftwerkes. Beispielsweise wird mit Hilfe von Demand Side Management (DSM) bei hoher Stromnachfrage die maximale Bezugsleistung der Haushalte nachfrageseitig reduziert. Unkritische technische Geräte können durch einen externen Zugriff abgeschaltet oder gedrosselt werden. Ziel ist eine mögliche zu implementierende Systemsicherheit und eine steigende Energieeffizienz.[20][21] Die zweite Definition nach IER vernachlässigt den Verbraucher als einen zu steuernden Bestandteil eines Virtuellen Kraftwerkes. Die zu erreichende Größe und die Pluralität des Verbundes ermöglichen es, wünschenswerte Eigenschaften zentraler Großkraftwerke zu reproduzieren und den Anforderungen geregelter Energieproduktion gerecht zu werden. Hier könnte das bevorzugte Ziel eine direkte Teilnahme am Stromhandel sein, bei der die dezentrale Stromproduktion versucht, wettbewerblich mit Großkraftwerken am Markt zu konkurrieren.[22]

Ein Virtuelles Kraftwerk setzt sich generell aus zentralen und dezentralen Komponenten zusammen. Die zentralen Komponenten dienen der koordinierten Steuerung, Optimierung und Kontrolle des gesamten Systems. Die dezentralen Komponenten dienen dem gegenüber der Energieproduktion sowie der Energiespeicherung. Da Virtuelle Kraftwerke auf Grund der internen Optimierbarkeit sehr vielseitig strukturierbar sind, lassen sich Energieerzeuger verschiedener Art in dieses System integrieren, d.h. vernetzen . Aus dem Bereich der dezentralen Komponenten der Energieproduktion sind besonders die regenerativen Energieerzeugungsanlagen hervorzuheben, weil ihre bedeutenden bzw. zukunftsträchtigen Anlagen Windenergie und Photovoltaik nach heutigem Stand der Technik keine konstante Stromproduktion sicherstellen können.[23] Diese Fluktuation wird als ein Nachteil dieser beiden Energieformen gewertet.[24] Eine besondere Eigenschaft eines Virtuellen Kraftwerkes ist der Ausgleich solcher fluktuierenden Erzeugungen und die damit entstehende gewünschte Linearisierung des Outputs. Die Einbindung von flexiblen Energieproduzenten ist ein wichtiger Faktor der Linearisierung. Neben den beiden regenerativen Strom- und Wärmeproduzenten Biomasse und Biogas kommen hierfür auch Möglichkeiten wie Blockheizkraftwerke (BHKW), Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Brennstoffzellentechnik und Mikrogasturbinen aus dem konventionellen Bereich in Frage. Die Integration eröffnet diesen Kraftwerkstypen neben den Vorteilen für das Virtuelle Kraftwerk zusätzlich Möglichkeiten einer eigenen ökologischen und energetischen Effektivitätssteigerung[25] und schafft ihnen neue Einsatzgebiete an Märkten, die ihnen ohne Verbund mitunter nicht zugänglich wären. Der Bereich der dezentralen Komponenten der Energiespeicherung beinhaltet weiterhin geeignete Systeme zur Speicherung überschüssiger Energie. Geeignete Systeme sorgen neben dem Einsatz flexibler Stromerzeuger für eine variable Linearisierung des Outputs.[26] Generell können Speichertechnologien wie Pumpspeicherkraftwerke, Druckluftspeicher, Strömungsbatterien, Schwungmassespeicher und Doppelschichtkondensatoren verschiedenartig integriert werden. Sie unterscheiden sich nicht nur nach Form, Größe und Kapazität, sondern auch nach Speicherdauer von Energie.[27] Einsatzmöglichkeiten wären beispielsweise die Überbrückung der Zeitspanne zum Einsatz einer anderen Stromerzeugung oder der Ausgleich eines Tagesganges größerer Netze.[28] Energiespeicherung in Form von Wärme ist vor allem für die teilnehmenden konventionellen Kraftwerke interessant. Sie erlauben es, die bei der Stromproduktion anfallende Wärme zu konservieren und zu einem anderen Zeitpunkt nutzbar zu machen. Diese Technik kommt dann zum Einsatz, wenn Stromproduktion und Wärmebedarf auseinander fallen.[29]

Die zentrale Instanz eines Virtuellen Kraftwerkes stellt die Vernetzung aller anteiligen Komponenten, das Informationsmanagement dar. Eine Splittung in die Bereiche Informationssystem, Optimierer und Module der Steuerung ist möglich. Das Informationssystem sorgt dafür, dass die Informationen aus dem System an die richtigen Stellen gelangen. Die Module sorgen für die Steuerung von Anlagen, die von einem Optimierer möglichst effektiv eingesetzt werden.[30] In der Praxis existiert bisher noch kein dominierendes System, welches den Standard zur Bewältigung dieser Aufgaben setzt. Die Aufnahme und Verarbeitung des komplexen Datenflusses stellt eine neue Herausforderung an bestehende und zu entwickelnde Informationssysteme dar.[31] Die für den Datenaustausch verwendeten Datenkonzepte und Datenformate sind überwiegend unterschiedlich aufgebaut und nicht standardisiert. Unklarheiten bestehen auch in der dafür notwendigen Leittechnik und Mikroelektronik. In einer Übersicht eines Artikels des Energie-Fachmagazin Brennstoff, Wärme, Kraft über Forschungsprojekte zu Virtuellen Kraftwerken ist die Vielfalt der Energiemanagement- und Vernetzungssysteme verdeutlicht worden.[32]

Die Vernetzung dezentraler Strukturen unter Einbezug einer komplexen, aber flexiblen Steuerung durch Virtuelle Kraftwerke erfolgt nach unterschiedlichen Kriterien, welche durchaus Parallelen zu den oben beschriebenen Szenarien besitzen können. Veranschaulichend lassen sich die drei Einsatzzwecke Optimierung des Stromsystems, Entkopplung von zentraler Energieerzeugung und marktwirtschaftliche Beweggründe unterscheiden.[33] Eine Optimierung erfolgt durch die informationstechnische Vernetzung von Erzeuger und Verbraucher. Der Verbrauch elektrischer Energie erfolgt größtenteils kontrolliert, vorhandene Kapazität wird intelligent verteilt und Lastspitzen können abgeflacht werden.[34] Die Entkopplung von zentraler Energieerzeugung ergibt sich aus einer ökologischen wie autonomen Sichtweise. Besonders Strom aus regenerativen Energiequellen kann nicht immer an verbrauchsnahen Orten produziert werden.[35] Ein direkter Verbrauch vor Ort wäre unter Einsatz eines Virtuellen Kraftwerkes realisierbar. Der zurückgelegte Weg und der dadurch verursachte Spannungsverlust des Stromflusses reduzieren sich, da lokal optimiert wird. Die Abhängigkeit vom überregionalen Stromnetz nimmt ab.[36] Der Einsatzschwerpunkt aus marktwirtschaftlichen Beweggründen liegt in der Generierung von Zusatzgewinnen durch aktive Teilnahme am Markt.

3. Virtuelle Kraftwerke am deutschen Strommarkt

Die deutsche Volkswirtschaft besteht aus einer großen Anzahl von Akteuren, die innerhalb des Wirtschaftsraumes miteinander kommunizieren, interagieren und strukturelle Verbundenheit besitzen. Eine Form der Interaktion findet sich in der Marktwirtschaft wieder, in der Angebot und Nachfrage von ökonomischen Gütern auf Märkten aufeinander treffen und in der Regel zu einem wettbewerblichen Handel führen. Schwerpunkt dieses Kapitels ist die Frage, wie Virtuelle Kraftwerke am Markt interagieren und die dort vorherrschenden Zustände beeinflussen können.

Einführend erfolgt ein Überblick über die Formen der direkten Teilnahme Virtueller Kraftwerke am Stromhandelsmarkt. Dabei werden die Markt- und Handelsformen erklärt und die Eignung Virtueller Kraftwerke für die jeweiligen Angebotsmöglichkeiten erläutert. Vertiefend wird die Wirkung von Markthandel auf die Stromangebotsseite im Börsenhandel dargestellt. Dabei wird neben den verschiedenen Wirkungszusammenhängen die Relevanz der zu treffenden Annahme analysiert.

3. 1 Teilnahme als direkter Anbieter

Derzeit existieren für Virtuelle Kraftwerke drei verschiedene Märkte, um am Energiehandel als direkter Anbieter teilnehmen zu können. Es wird zwischen dem Angebot von Strom auf dem Regelenergiemarkt, dem Spotmarkt und dem Terminmarkt unterschieden.

Der Regelenergiemarkt ist ein Handelsumfeld, auf dem ein Übertragungsnetzbetreiber[37] (ÜNB) als verantwortlicher Akteur Regelenergie zur Sicherung seiner Regelzone beschafft.[38] Er sorgt unter Zuhilfenahme dieser Systemleistung für den Ausgleich von Über- und Unterspeisung in den Bilanzkreisen[39], die in seinem Netzgebiet liegen. Dabei ergibt sich die gesamte Menge der nötigen Regelenergie durch die Verrechnung aller Bilanzkreise in seiner Regelzone. In Deutschland schreiben die ÜNB Regelenergie in Form von Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve aus, die als zu bedienende Märkte für Stromproduzenten in Frage kommen. Diese drei Formen der Regelenergie unterscheiden sich hauptsächlich nach Rüstzeit, Einsatzzeitpunkt und Einsatzdauer. Die Primärregelung dient dem sofortigen Ausgleich und muss innerhalb von null bis 30 Sekunden einsatzbereit sein und liefert in einem Zeitfenster von 15 Minuten Regelenergie. Die Sekundärregelung bedient das gleiche Zeitfenster, allerdings wird eine volle Einsatzbereitschaft erst nach 5 Minuten verlangt. Den Zeitbereich nach den 15 Minuten regelt die Minutenreserve, welche maximal 60 Minuten eingesetzt wird.[40]

Da die ÜNB für die Stabilität der Stromversorgung in ihrer Regelzone verantwortlich sind, muss für sie gewährleistet sein, dass die anbietenden Energieerzeuger zuverlässig ihren Strom bereitstellen. Bevor ein Virtuelles Kraftwerk Regelenergie liefern darf, wird es in einem so genannten Präqualifikationsverfahren auf Anforderungen nach dem Transmission Code 2003 geprüft.[41] Für Virtuelle Kraftwerke kommt dadurch vor allem der Minutenmarkt in Frage. Die Leistung wird in diesem Fall immer am vorherigen Tag des möglichen Einsatzzeitraumes[42] ausgeschrieben und ermöglicht eine variable Anpassung des Leistungsangebotes an z.B. saisonale- oder tageszeitliche Schwankungen. Die seitens der ÜNB nachgefragte Mindestkapazität von 15 MW jeder Ausschreibung[43] für die Minutenreserve ist von kleinen Kraftwerken wie beispielsweise den KWK-Anlagen nicht zu erfüllen. Durch den Verbund in einem Virtuellen Kraftwerk erreichen sie durchaus die nötige Größe und können ebenfalls um die Ausschreibungen konkurrieren.[44] Die Anforderung einer halbjährlichen Leistungsvorhaltung von 95% für die Sekundärregelung und 100 % bei der Primärregelung stellt eine für virtuelle Kraftwerke schwer zu nehmende Hürde da. Ein Einsatz in diesen Bereichen ist bisher nicht praktikabel.[45]

Der Spotmarkt bildet neben dem langfristigen Terminmarkt den zentralen Kern der European Energy Exchange AG (EEX), welche 2001 aus der Fusion der deutschen Strombörsen in Leipzig (LPX) und Frankfurt (EEX) hervorgegangen ist. Die Bedeutung der Börse, speziell des Spotmarktes fußt auf der zeitweiligen Volatilität[46] von Nachfrage und Angebot. Der Spotmarkt besitzt die Eigenschaft, Markträumung effizient, schnell, transparent und unter relativ geringen Transaktionskosten im Sinne einer effizienten Allokation zu ermöglichen.

Dieser Spotmarkt ist ein Stromangebotsmarkt für Virtuelle Kraftwerke, welcher als kurzfristiger Handelsbereich neben dem Regelenergiemarkt für den elektrischen Strom in Frage kommt. Der Hauptbereich des Spotmarktes wird Day-Ahead-Markt genannt, welcher in zwei Teilbereiche untergliedert werden kann. Im fortlaufenden Handel werden Verkauf-Order bei Vorhandensein einer passenden Kauf-Order sofort ausgeführt und der Vertragsschluss jederzeit möglich gemacht. Handelsgegenstand sind hauptsächlich Baseload- und Peakload-Kontrakte, die Lieferlängen von 12 sowie 24 Stunden zu je 1 MW die Stunde festlegen.[47] Die physische Erfüllung erfolgt an dem darauf folgenden Tag nach Vertragsabschluss. Im Gegensatz dazu konzentriert der Auktionshandel am Markt vorhandene Liquidität und die damit einhergehenden Verkauf- und Kauf-Order für einen bestimmten Tag auf den Ausführungszeitpunkt um 12 Uhr mittags des jeweiligen Vortages.[48] Gebotsgegenstand sind einzelne Stundenkontrakte mit je 0,1 MW Leistung. Dieser Kontrakt kann über den Liefertag, die Lieferstunde und den Lieferort eindeutig zugeordnet werden.[49] Die punktuelle Konzentration durch Bündelung aller Verkauf- und Kauf-Order jeder Stunde erhöht das Handelsvolumen und ermöglicht eine effiziente Preisbildung am Markt.

[...]


[1] Vgl. §1 EEG (2000).

[2] Vgl. Vgl. Diekmann et al. (2008), S 5.

[3] Vgl. Nitsch (2007), S. 18.

[4] Vgl. Vgl. Diekmann et al. (2008), S 9.

[5] Vgl. Gjardy (2006), S. 24.

[6] Langenscheidt (1997), S. 217.

[7] Die Stromverteilung über Höchst- und Hochspannungsnetze kann sehr weiträumig erfolgen.

[8] Vgl. Fischedick et al. (2002), S. 9f. und Lewald (2001), S. 22f.

[9] Das EEG trat am 01.04.2000 in Kraft und wurde durch die EEG-Novelle 2004 erweitert.

[10] Eine Ausnahme bilden Offshore/Onshore- Windparks, die mit hoher Leistung zentral einspeisen.

[11] Vgl. Statistisches Bundesamt (2008), S. 2.

[12] Vgl. EEG-Erfahrungsbericht (2007), S. 13.

[13] Vgl. Becker et al. (2003), S. 11.

[14] Vgl. Karl (2006), S. 12f. oder Kiefer (2008), Heft 9, S. 22.

[15] Beispiel: Ein Windrad produziert Strom in Abhängigkeit von der Eignung der Windverhältnisse. Naturgemäß variiert die Windstärke, was direkten Einfluss auf die produzierte Menge an Strom hat. Diese Schwankungen werden als fluktuierende Erzeugung bezeichnet.

[16] Vgl. Hasche/ Barth/ Swider (2006), S. 7.

[17] Vgl. Leprich et al. (2005), S. 19ff. und IEA (2002), S. 98.

[18] Vgl. Auer et al. (2006), S. I.

[19] Vgl. Hasche/ Barth/ Swider (2006), S.115.

[20] Vgl. Erge et al. (2006), S.117ff.

[21] Bei Gewährleistung der Systemsicherheit handelt es sich um eine Verschiebung des Lastganges, bei dem die Stromnachfrage des Tages angepasst werden kann und um ein Regelpotential, bei dem Leistung kurzfristig zur Anpassung an den Nachfrageverlauf verschoben werden kann.

[22] Vgl. Hasche/ Barth/ Swider (2006), S.115.

[23] Vgl. Düvel et al. (2007), Heft 12, S. 20.

[24] Vgl. Nitsch et al. (2004), S.227. oder Spahic/ Balzer/ Münch (2007), Heft. 7, S. 33.

[25] Vgl. Jänig (2006), S. 13.

[26] DSM erzeugt die Linearisierung durch die Regulierung des Nachfragers. Obwohl auch hier von Virtuellen Kraftwerken gesprochen wird, wird an dieser Stelle nicht weiter auf DSM als „Speicher“ eingegangen.

[27] Vgl. Grimm (2007), Heft. 7, S. 38f.

[28] Vgl. Büchner (2007), Heft 3 – 4, S. 107.

[29] Vgl. Karl (2006), S. 299.

[30] Vgl. Biermann et al. (2006), S. 183f.

[31] Vgl. ebenda, S.193.

[32] Vgl. Arndt/ Roon/ Wagner (2006), S. 53.

[33] Vgl. Auer et al. (2006), S. 13.

[34] Vgl. Arms et al. (2007), Heft 11, S. 74.

[35] Vgl. DENSAN (2005), S. 13.

[36] Vgl. Mittlböck et al. (2006), S. 7.

[37] In Deutschland existieren vier Regelzonen, die von den ÜNB EON Netz, RWE Transportnetz Strom, EnBW Transportnetz und Vattenfall Europe Transmission geregelt werden.

[38] Durch die bei der Liberalisierung hervorgerufene Trennung der Produktion von dem Netz ist der ÜNB nicht mehr im Besitz eigener Erzeugungskapazitäten.

[39] Innerhalb der Bilanzkreise sorgen Bilanzkreisverwalter für einen Ausgleich von Ausspeisung und Einspeisung elektrischer Energie, bei dem es mitunter zu einer Ungleichgewichtssituation kommt.

[40] Vgl. Wawer (2007), S. 55ff und Fischedick et al. (2006), S. 14ff.

[41] Vgl. Wacker/ Schulz/ Kurrat (o. J.), S. 1.

[42] Die physische Erfüllung ist nicht Vorraussetzung des Handels. Die Vorhaltung der Energie wird mit einem Leistungspreis vergütet, die tatsächliche Erfüllung mit einem Arbeitspreis.

[43] Laut dem Beschluss der Bundesnetzagentur BK6-06-012 1-4 wurde die Menge von 30 MW auf 15 MW gesenkt. Damit soll der Wettbewerb gefördert werden.

[44] Ein bekanntes funktionierendes Beispiel ist das Virtuelle Lastkraftwerk der Saarenergie.

[45] Vgl. Arndt/ Roon/ Wagner (2006), S. 56.

[46] Volatilität bezeichnet den Zustand unregelmäßig aufeinander folgender Schwankungen.

[47] Daneben existieren noch weitere Kontrakte, wie z.B. Weekend-Baseload-Kontrakte.

[48] An der EEX in Leipzig werden die Order um 12:00 Uhr ausgeführt.

[49] Vgl. EEX (2007), S. 17.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836624855
DOI
10.3239/9783836624855
Dateigröße
660 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Wirtschaftswissenschaften, Volkswirtschaft
Erscheinungsdatum
2009 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
energiewirtschaft stromhandel kraftwerk energie
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