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Verwertung von Altreifen und Gummi unter Beachtung der veränderten abfallwirtschaftlichen Situation in Deutschland

©2008 Diplomarbeit 145 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Thema Umweltschutz ist allgegenwärtig in der öffentlichen Diskussion und betrifft sämtliche gesellschaftliche Bereiche. Schlagworte wie Ressourcenknappheit, ökologische Verantwortung oder Abfallvermeidung werden heiß diskutiert. In der Wirtschaft werden inzwischen Ressourcen schonendes Management und ökologisch ausgewogene Lösungen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor im Wirtschaftsleben und sollen im globalen Wettbewerb langfristig die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen und Arbeitsplätze sichern.
Auf politischer Ebene haben die Staaten der Europäischen Union (EU) reagiert und sich für die langfristige Stärkung der Klimapolitik ehrgeizige Ziele gesetzt. Die beschlossene Halbierung der globalen Treibhausgasemissionen ist hierbei die wichtigste Vorgabe für ein globales Klimaschutzabkommen, welches bis Ende 2009 abgeschlossen sein soll. Auch das nationale Klimaschutzprogramm Deutschlands aus dem Jahre 2005 formuliert ebenfalls weit reichende Klimaschutzziele und setzt Schwerpunkte u. a. mit der massive Senkung des Energiever-brauchs und den drastischen Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt wiederum hat im April 2007 die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms aus dem Jahre 1997 beschlossen.
Damit wird auf allen politischen Ebenen sichtbar, dass der Kreislaufwirtschaft beim Umweltschutz eine wesentliche Rolle mit der Abfallvermeidung, dem Recycling und dem Wiederverwerten von Abfall zukommt. Mit der Veröffentlichung einer thematischen Strategie für Abfallvermeidung und -recycling wurde bereits 2003 von der Europäischen Kommission versucht, einen Prozess zur langfristigen Modernisierung der europäischen Abfallpolitik zu initiieren, da erkennbar wurde, dass es bei der Umsetzung des bestehenden europäischen Abfallrechts an einer einheitlichen und konsistenten Strategie fehlt. Ebenso zeigte sich, dass die seit 30 Jahren bestehende EG-Abfallrahmenrichtlinie überreglementiert ist und die Unternehmen mit enormen Aufwand und hoher Bürokratie belastet.
Unter diesen Gesichtspunkten muss die Abfallpolitik der kommenden Jahre überdacht werden. Vom Europaparlament geht deshalb eine entsprechende Initiative mit der Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie aus. Ziel der Novellierung ist insgesamt die Absicht, den Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz bei der Entsorgung von Abfällen wesentlich zu verbessern und bis 2020 die Gesamtabfallmenge durch die beste verfügbare Technik deutlich zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jarina Bach
Verwertung von Altreifen und Gummi unter Beachtung der veränderten
abfallwirtschaftlichen Situation in Deutschland
ISBN: 978-3-8366-2410-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), Magdeburg, Deutschland, Diplomarbeit,
2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Thesen
Thesen
1.
Die in den letzten Jahrzehnten in Kraft getretenen abfallrechtlichen Regelungen for-
dern statt der bisherigen Beseitigung der Abfälle eine Ressourcen und Klima scho-
nende, integrative Kreislaufwirtschaft und stellen die Entsorgungsbranche vor neue
Herausforderungen. Als Folge des veränderten Umweltbewusstseins reagieren die
breite Öffentlichkeit und zunehmend auch die Medien sensibel auf die ,,Müllproblema-
tik".
2.
Abfallrecht ist dynamisches Recht. Beispielsweise wird die Novellierung der Abfall-
rahmenrichtlinie der Europäischen Union die Vermeidung und Verwertung von Abfäl-
len substantiell steigern. Das äußerst umfangreiche bundesdeutsche Abfallrecht mit
seinen zahlreichen Verordnungen erfordert in der Anwendung und Kontrolle von allen
Beteiligten oft übergroße Anstrengungen. Es ist somit dringend überarbeitungsbedürf-
tig. Mit dem zukünftigen Umweltgesetzbuch soll eine bessere Übersichtlichkeit und
Handhabbarkeit der Vorschriften erreicht werden.
3.
Nur durch faire Wettbewerbsbedingungen auf dem Abfallmarkt wird eine hohe Quali-
tät der Abfallentsorgung gemäß den gesetzlichen Regelungen erreicht. Entsprechen-
de Voraussetzungen hierzu müssen die zuständigen Behörden durch häufigere und
effizientere Kontrollen schaffen.
4.
Da die Zertifizierung zum Entsorgungsfachbetrieb Qualitätsstandards bei der Entsor-
gung sichert, Transparenz schafft, Wettbewerbsvorteile bringt und letztlich ein Güte-
siegel für fachgerechte Abfallentsorgung darstellt, muss dieser hohe Anspruch durch
sorgfältige Prüfung im Rahmen der Zertifizierung gesichert werden.
5.
Der zunehmende Fahrzeugbestand in Deutschland bedingt ein steigendes Abfallauf-
kommen an Altreifen und Gummi. Das größte Abfallaufkommen an Altreifen und Alt-
gummi stammt aus der Fahrzeugverschrottung. Trotz gesetzlicher Vorschriften für die
Erfassung von Altreifen führt der Wettbewerbs- und Kostendruck dazu, dass unseriö-
se Unternehmen Altreifen illegal entsorgen. Die Erhöhung der Effizienz bei der lega-
len Entsorgung kann hier für Abhilfe sorgen.
V

Thesen
6.
Der sachgerechte Wiedereinsatz von Altreifen ist unter dem Aspekt der Umweltscho-
nung eine Alternative zum Neureifeneinsatz. Durch die Runderneuerung von Altreifen
wird zusätzlich Energie gespart. Der anderweitige Einsatz von Altreifen ist zwar von
einer großen Vielfalt gekennzeichnet, ist aber mengenmäßig von untergeordneter
Bedeutung und stellt keine Lösung dar.
7.
Trotz hohen Aufwandes im Bezug auf Energie- und Betriebskosten hat sich die werk-
stoffliche Verwertung bewährt.
8.
Die Verfahren zur rohstofflichen Verwertung müssen technisch weiterentwickelt wer-
den, um eine wirtschaftliche Herstellung von hochwertigen Sekundärprodukten zu
ermöglichen.
9.
Die energetische Verwertung von Altreifen und Gummi hat sich bisher im Wesentli-
chen nur als Mitverbrennung in Zementwerken durchgesetzt. Aufgrund der schon er-
reichten hohen Einsatzquote und bedingt durch technische Parameter kann der Ein-
satz jedoch nicht weiter gesteigert werden.
10.
Altreifenheizkraftwerke zur direkten Stromerzeugung könnten eine Alternative zu den
bisherigen Technologien darstellen, scheiterten bisher jedoch aus wirtschaftlichen
Gründen bzw. in Deutschland auch an teilweise unberechtigten Befürchtungen der
Bevölkerung bezüglich der Freisetzung von umweltschädlichen Emissionen.
11.
Recyclingprodukte haben nur einen geringen Anteil an der Gesamtverwertung von
Altreifen und Altgummi, da die geforderte hohe Sortenreinheit mit der gegenwärtigen
Technologie nicht gesichert werden kann.
12.
Die Politik ist gefordert, nicht nur für eine konsequente Einhaltung und Umsetzung der
gesetzlichen Regelungen zu sorgen, sondern durch entsprechende Anreize Grundla-
gen für Investitionen in die Abfallwirtschaftsbranche zu schaffen und darüber hinaus
Entwicklung und Forschung zu fördern. Die Entsorger und Abfallwirtschaftsverbände
müssen sich hierzu stärker einbringen.
VI

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
1
2. Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
3
2.1
Verordnung über die umweltverträgliche Ablagerung
von Siedlungsabfällen (AbfAblV)
3
2.2
Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung 4
von Siedlungsabfällen (TASi)
2.3
Konsequenzen für die Abfallwirtschaftsbranche durch die rechtlichen
4
Regelungen
2.4
Aktuelle abfallwirtschaftliche Probleme
5
2.4.1
Mögliche
Ursachen
12
2.4.2
Kurz- und mittelfristige Auswirkungen auf Politik, Verwaltung und
Wirtschaft
14
3. Vorbereitung, Durchführung und Auswertung
16
der Statuserhebung
3.1
Festlegung der Zielgruppen
16
3.2
Stichprobenumfang und Durchführung der Statuserhebung
16
3.3
Ergebnisse und Auswertung der Statuserhebung
17
4.
Abfallpolitische Zielsetzungen
18
4.1
Bundesdeutsche Intentionen zur Abfallpolitik
18
4.2
Eckpunkte zur thematischen Strategie für Abfallvermeidung und -recycling
19
der EU
5.
Zu berücksichtigende umweltrechtliche Grundlagen
21
5.1
Struktur und Hierarchie des Umweltrechts
21
5.2
Europäisches Umweltrecht
22
VII

Inhaltsverzeichnis
5.2.1
Abfallrecht
22
5.2.2 Immissionsschutzrecht
25
5.3
Bundesdeutsches Umweltrecht
26
5.3.1 Abfallrecht
26
5.3.1.1
Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der
27
umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgesetz KrW-/AbfG)
5.3.1.1.1 Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV)
29
5.3.1.1.2 Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV)
30
5.3.1.1.3 Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV)
30
5.3.1.1.4 Altfahrzeug-Verordnung (AltfahrzeugV)
30
5.3.2 Immissionsschutzrecht
31
5.3.2.1
Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch
31
Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche
Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz-BImSchG)
5.3.2.1.1 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-
32
gesetztes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen -
4. BImSchV)
5.3.2.1.2 Neunte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-
33
gesetztes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren-9. BImSchV)
5.3.2.1.3 Siebzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-
33
schutzgesetzes (Verordnung über die Verbrennung und die
Mitverbrennung von Abfällen-17. BImSchV)
5.3.3
Entwurf eines Umweltgesetzbuches-UGB 2009
33
5.4
Landesumweltrecht
34
5.5
Umweltrecht in Gebietskörperschaften
34
6.
Begriffsbestimmungen, Herkunft und Aufkommen von Altreifen und
35
anderen
(,,Alt")
Gummi
6.1 Altreifen
36
6.1.1
Abfallrechtliche Einordnung
37
6.1.2
Altreifensorten
37
VIII

Inhaltsverzeichnis
6.1.3
Reifenaufbau
38
6.1.4
Reifeninhaltsstoffe
42
6.2 Gummi
43
6.2.1
Abfallrechtliche Einordnung
44
6.2.2
Sorten
44
6.2.3
Inhaltsstoffe
44
6.3
Herkunft und Aufkommen von Altreifen und anderen (,,Alt") Gummi
44
6.3.1
Herkunft
45
6.3.2
Aufkommen
47
7.
Überblick zu ausgewählten Verwertungstechnologien
50
7.1
Begriffsbestimmungen
52
7.1.1
Verwertung
52
7.1.1.1
Stoffliche Verwertung
52
7.1.1.2
Energetische Verwertung
53
7.1.2
Technologie
53
7.1.3
Stand der Technik nach Abfall- und Immissionsschutzrecht
54
7.1.4
Beste verfügbare Technik
54
7.2
Lagerung
55
7.3
Wiedereinsatz von Altreifen
56
7.4
Anderweitiger Einsatz von Altreifen
56
7.5 Wiederverwertung
60
7.6
Werkstoffliche Verwertung
63
7.7
Rohstoffliche Verwertung
67
7.7.1
Pyrolyse
67
7.7.2
Hydrierung
70
7.7.3
Hochtemperatur-Vergasung
71
7.8
Energetische Abfallbehandlungsanlagen
72
7.8.1
Abfallverbrennungsanlagen
73
7.8.2 Mitverbrennungsanlagen
76
IX

Inhaltsverzeichnis
8. Recyclingprodukte
80
8.1 Aufkommen
80
8.2 Einsatzgebiete
80
9.
Zusammenfassende Betrachtung
85
10. Verzeichnisse
88
10.1 Abkürzungsverzeichnis
88
10.2 Abbildungsverzeichnis
90
10.3 Tabellenverzeichnis
91
10.4 Literaturverzeichnis
92
10.5 Anlagenverzeichnis
97
X

Danksagung
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mir bei der Erstellung der Diplom-
arbeit mit fachlichem Rat bzw. Hilfe zur Seite gestanden haben.
Ein ganz besonderer Dank für die kompetente Unterstützung sowie die fachliche Begleitung
gilt meinen wissenschaftlichen Betreuern, Herrn Prof. Dr. rer. nat. Rainer Wolf und Herrn
Dipl.-Ing. (FH), Dipl. Stw. Martin Christoph Hahn.
Weiterhin möchte ich Herrn Nürnberger als Landesgeschäftsführer der Autoverwerter und -
entsorger Sachsen-Anhalts e.V. meinen Dank aussprechen, der mit fachlichem Rat zur Seite
stand und entsprechende Literatur zur Verfügung stellte.
Des Weiteren möchte ich mich bei meiner Familie, insbesondere bei meinem Vati für seine
Unterstützung bedanken, ohne ihn hätte ich auf diesem langen Weg das ein oder andere Mal
sicher aufgegeben.
Ein Dankeschön auch an meinen lieben Freund Fabian und meiner Freundin Franzi.
XII

Vorwort
Vorwort
Das Thema dieser Diplomarbeit ,,Verwertung von Altreifen und Gummi" resultiert aus dem
Praktikum im Magdeburger Ingenieur- und Sachverständigenbüro Hahn.
Während des Praktikums wurde erkennbar, dass ein wissenschaftlicher Untersuchungsbe-
darf zum o. g. Thema besteht. So wurden durch einen Entsorgungsfachbetriebs-Zertifizierer
im Rahmen eines durchgeführten Audits in einer Reifenhandel- und Reifenentsorgungsfirma
im Jahre 2007 Empfehlungen und Hinweise zur Verbesserung der Altreifenlagerung und zur
Klärung der Wiederverwendung von Altreifen für die Abdeckung von Silos in der Landwirt-
schaft gegeben. Ebenso wurden in diesem Zusammenhang Auflagen erteilt, die Behörden
stets aktuell über die Lagermenge zu unterrichten und gemeinsame Betriebsbegehungen
durchzuführen.
Letzteres macht deutlich, dass mögliche Rechtsunsicherheiten der Umweltbehörden nicht zu
einer Vernachlässigung der Aufsichts- und Kontrolltätigkeiten führen dürfen, die die Einhal-
tung gesetzlicher Bestimmungen bzw. die Umsetzung behördlicher Auflagen sicherstellen
sollen.
Darüber hinaus gibt es in den neuen Mitgliedstaaten der EU noch nicht genügende Erfah-
rungen bei der Verwertung von Altreifen und Gummi. So erhielt beispielsweise der Prakti-
kumbetrieb Anfragen bulgarischer Unternehmen und Bürgermeister, die sich auf zu beach-
tende Grundlagen bei Investitionen für dahingehende Verwertungsanlagen bezogen. Ebenso
gab es Anfragen aus Finnland an den Präsidenten der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt zur
Einschätzung einer technischen Anlage nach dem Stand der Technik und zu Chancen des
Einsatzes dieser Technologie in Europa.
In diesem Zusammenhang war festzustellen, dass keine aktuelle systematische Darstellung
zum Thema vorliegt. Hinzu kommt die neue abfallwirtschaftliche Situation seit dem
01.06.2005, die von den Akteuren in der Abfallwirtschaftsbranche und in den Behörden ein
Umdenken gegenüber der bisher praktizierten Abfallentsorgung erfordert. Dieser Umstruktu-
rierungsprozess ist noch nicht abgeschlossen und durch erhebliche Probleme bzw. Schwie-
rigkeiten in der Umsetzung gekennzeichnet. Der entstehende Handlungsdruck und die zu-
nehmend kritische Berichterstattung in den Medien führen zu Verunsicherungen in der Ent-
sorgungsbranche und in den Behörden.
XIII

Vorwort
Dieser fundamentale Umbruch wird vom öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständi-
gen der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, Herrn Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Stw. Martin Christoph
Hahn, durch seine gutachterlichte Tätigkeit in der Abfallwirtschaftsbranche bestätigt.
Die Gespräche und Diskussionen über die aktuellen abfallwirtschaftlichen Probleme in Sach-
sen-Anhalt führten zu der Schlussfolgerung, dass das ursprüngliche Thema im Hinblick auf
die veränderte abfallwirtschaftliche Situation in Deutschland erweitert werden muss. Durch
weitere entsprechende Hinweise und Anregungen von Herrn Prof. Dr. rer. nat. Rainer Wolf,
Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Wasser- und Kreislaufwirtschaft, wurde die
Themenfindung unterstützt und präzisiert.
Die derzeitig angespannte Situation wurde bereits bei der Statuserhebung dahingehend
deutlich, dass von den angeschriebenen Entsorgungsfirmen keine Informationen oder aber
nicht verwertbare Aussagen unter Hinweis auf Wettbewerbs- und Konkurrenzgründen gege-
ben wurden.
Ebenfalls erschwerend bei der Erarbeitung war der Umstand, dass Angaben aus der ein-
schlägigen Fachliteratur aufgrund des Zeitpunktes ihrer Veröffentlichung nicht mehr dem
aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen und deshalb nicht oder kaum zu verwenden
sind.
XIV

Einleitung
1. Einleitung
Das Thema Umweltschutz ist allgegenwärtig in der öffentlichen Diskussion und betrifft sämt-
liche gesellschaftliche Bereiche. Schlagworte wie Ressourcenknappheit, ökologische Ver-
antwortung oder Abfallvermeidung werden heiß diskutiert. In der Wirtschaft werden inzwi-
schen Ressourcen schonendes Management und ökologisch ausgewogene Lösungen zu
einem entscheidenden Erfolgsfaktor im Wirtschaftsleben und sollen im globalen Wettbewerb
langfristig die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen und Arbeitsplätze sichern.
Auf politischer Ebene haben die Staaten der Europäischen Union (EU) reagiert und sich für
die langfristige Stärkung der Klimapolitik ehrgeizige Ziele gesetzt. Die beschlossene Halbie-
rung der globalen Treibhausgasemissionen ist hierbei die wichtigste Vorgabe für ein globales
Klimaschutzabkommen, welches bis Ende 2009 abgeschlossen sein soll. Auch das nationale
Klimaschutzprogramm Deutschlands aus dem Jahre 2005 formuliert ebenfalls weit reichende
Klimaschutzziele und setzt Schwerpunkte u. a. mit der massive Senkung des Energiever-
brauchs und den drastischen Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Landesregierung von
Sachsen-Anhalt wiederum hat im April 2007 die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms
aus dem Jahre 1997 beschlossen.
Damit wird auf allen politischen Ebenen sichtbar, dass der Kreislaufwirtschaft beim Umwelt-
schutz eine wesentliche Rolle mit der Abfallvermeidung, dem Recycling und dem Wieder-
verwerten von Abfall zukommt. Mit der Veröffentlichung einer thematischen Strategie für Ab-
fallvermeidung und -recycling wurde bereits 2003 von der Europäischen Kommission ver-
sucht, einen Prozess zur langfristigen Modernisierung der europäischen Abfallpolitik zu initi-
ieren, da erkennbar wurde, dass es bei der Umsetzung des bestehenden europäischen Ab-
fallrechts an einer einheitlichen und konsistenten Strategie fehlt. Ebenso zeigte sich, dass
die seit 30 Jahren bestehende EG-Abfallrahmenrichtlinie überreglementiert ist und die Un-
ternehmen mit enormen Aufwand und hoher Bürokratie belastet.
Unter diesen Gesichtspunkten muss die Abfallpolitik der kommenden Jahre überdacht wer-
den. Vom Europaparlament geht deshalb eine entsprechende Initiative mit der Novellierung
der Abfallrahmenrichtlinie aus. Ziel der Novellierung ist insgesamt die Absicht, den Umwelt-,
Klima- und Ressourcenschutz bei der Entsorgung von Abfällen wesentlich zu verbessern
und bis 2020 die Gesamtabfallmenge durch die beste verfügbare Technik deutlich zu ver-
mindern.
1

Einleitung
Parallel zu den Bestrebungen der EU hatte Deutschland die seit dem 01.03.2001 bestehen-
de Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) bereits dahingehend verschärft, dass die Ablage-
rung von unbehandelten Siedlungsabfällen, mineralischen und industriellen Restabfällen auf
Deponien ab dem 01.06.2005 untersagt wurde und darüber hinaus Ausnahmeregelungen
zur Ablagerung nicht mehr bestehen. Damit ist die schon 1993 in der Technischen Anleitung
Siedlungsabfall (TASi) aufgenommene Forderung nach Abfallvorbehandlung rechtlich ver-
bindlich festgeschrieben.
Die vom Gesetzgeber nunmehr geforderte Abkehr von der bisherigen Mentalität der reinen
Ablagerung auf Deponien hin zur Müllvermeidung und zum Recycling bzw. zur Wiederver-
wertung war der größte Paradigmenwechsel in der bisherigen Abfallpolitik und für die ge-
samte Abfallwirtschaft. Vom diesem Prozess, der bis heute andauert, waren und sind alle
Akteure der Abfallwirtschaft betroffen. Presseberichte spiegeln diese Situation mit Schlagzei-
len wie ,,Müllnotstand" oder ,,Müllskandale" wieder.
Mit dieser Diplomarbeit wird des Weiteren auf die abfallpolitischen Zielsetzungen eingegan-
gen, werden die wesentlichen abfallrechtlichen Grundlagen behandelt und die Herkunft und
das Aufkommen von Altreifen und Gummi untersucht. Eine Statuserhebung soll hierzu die
Ist-Situation analysieren. Weiterführend wird herausgearbeitet, inwieweit und ob bei der ver-
änderten abfallwirtschaftlichen Situation die gegenwärtig in der Praxis eingesetzten Verwer-
tungstechnologien dem Stand der Technik entsprechen, weiter- oder neuentwickelt werden
müssen. Die hierbei entstehenden Recyclingprodukte werden auf ihre Verwendbarkeit bzw.
Einsatzmöglichkeiten untersucht.
In der Zusammenfassung der Arbeit werden Empfehlungen und Hinweise für Behörden, Un-
ternehmen, Investoren und Abfallwirtschaftsverbände formuliert und Ansätze für die weitere
Entwicklung in der Entsorgungsbranche gefunden.
2

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
2. Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Mit der Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) hat der Gesetzgeber seit dem 01.06.2005
die Ablagerung von unbehandelten Abfällen untersagt und im Rahmen von Übergangsrege-
lungen die Zulassung von bisher erteilten Ausnahmeregelungen zur Ablagerung bis spätes-
tens zum 15.07.2009 befristet [1a].
Damit haben klimapolitische Zielstellungen auch ihren Niederschlag in der Entsorgungsbran-
che gefunden und einen dynamischen Umstruktuierungsprozess eingeleitet. Diese gravie-
renden Veränderungen, die seitdem zu einem Engpass bei der Entsorgung von Abfällen ge-
führt haben, forderten ab diesem Zeitpunkt nachhaltig vom Entsorgungsmarkt die schnellst-
möglichste Bereitstellung zusätzlicher Abfallbehandlungskapazitäten.
2.1 Verordnung über die umweltverträgliche Ablagerung von Siedlungsabfällen
(AbfAblV)
Die AbfAblV, die seit dem 20.02.2001 in Kraft ist und zuletzt durch Art. 1 vom 13.12.2006
(BGBl I S. 2860) geändert wurde, regelt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ablage-
rung von Abfällen, die Voraussetzungen der Inbetriebnahme sowie die Ablagerung zugelas-
sener Abfälle und gilt für Betreiber und Inhaber von Deponien, Betreiber von Abfallbehand-
lungsanlagen sowie für Besitzer von Siedlungsabfällen. Private Haushaltungen sind nicht
von dieser Verordnung (VO) betroffen.
Seit dem 01.06.2005 dürfen nach § 3 der VO nur noch vorbehandelte Siedlungsabfälle auf
Deponien oder Deponieabschnitten abgelagert werden, die die strengen Anforderungen der
TASi für die Deponieklasse I und II erfüllen, sowie die Ablagerungskriterien im Anhang I oder
II der AbfAblV einhalten.
Unter § 4 der VO sind Anforderungen an die zu behandelnden Abfälle geregelt. So müssen
beispielsweise mechanisch-biologisch behandelte Abfälle die Zuordnungskriterien des An-
hangs 2 erfüllen. Sie dürfen nur auf Deponien oder Deponieabschnitten abgelagert werden,
die die Anforderungen für die Deponieklasse II einhalten. Die Deponiebetreiber sind zugleich
verpflichtet, zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Ablagerung die Anforderungen des
Anhanges 3 zu beachten [1a].
3

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
2.2 Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung von
Siedlungsabfällen (TASi)
Die seit dem 14.05.1993 geltende Allgemeine Verwaltungsvorschrift dient den Vollzugsbe-
hörden als Prüfungs- und Entscheidungsgrundlage sowie zur abfallrechtlichen Überwachung
durch diese Behörden.
Sie enthält Anforderungen an die Verwertung, Behandlung und sonstige Entsorgung von
Siedlungsabfällen nach dem Stand der Technik mit der Zielstellung, anfallende Abfälle so
weit wie möglich zu verwerten, den Schadstoffgehalt so gering wie möglich zu halten und die
umweltverträgliche Behandlung und Ablagerung sicherzustellen [1b].
2.3 Konsequenzen für die Abfallwirtschaftsbranche durch die rechtlichen Regelungen
In der Abfallwirtschaft hatte sich in den letzten Jahren bereits ein allmählicher Wechsel in
Folge steigender Anforderungen vollzogen. Mit den ab 01.06.2005 geltenden Regelungen
steht sie nunmehr jedoch vor einem fundamentalen Umbruch, der statt der bisherigen
schlichten Beseitigung der Abfälle auf Deponien eine ressourcen- und klimaschonende, in-
tegrierte Kreislaufwirtschaft fordert. Während in der Abfallwirtschaft dieses Thema bereits
aufgegriffen wurde und hierzu auf Fachseminaren bzw. Fachtagungen (z. B. 12. Tagung
Siedlungsabfallwirtschaft Magdeburg 2007) Diskussionen stattfanden bzw. erfolgen, wird
dieser Prozess darüber hinaus insgesamt von der Öffentlichkeit kritisch begleitet und steht
regelmäßig im Fokus der Berichterstattung von Medien und Presse.
Dieser Umbruch führte einerseits zu Veränderungen der Marktbedingungen, wie höheren
Preisen für die Entsorgung aufgrund noch mangelnder Kapazitäten bei mechanisch-
biologischen Behandlungsanlagen (MBA) und Müllverbrennungsanlagen (MVA) und ande-
rerseits zu einem hohen Handlungsdruck zum rechtzeitigen Abschluss von Entsorgungsver-
trägen zwischen den rechtlich-öffentlichen Gebietskörperschaften und Betreibern von Ent-
sorgungsanlagen sowie diesbezüglichen Investitionen. Darüber hinaus sind erhebliche Inno-
vationen im technischen und technologischen Bereich erfolgt.
4

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Mit Beendigung der Ablagerung biologisch abbaubarer Siedlungsabfälle auf Deponien haben
die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und die private Entsorgungswirtschaft schrittwei-
se damit begonnen, mit hohen Investitionen Umladestationen, MVA und MBA zu errichten
oder bereits bestehende Anlagen fast zu spät zu modernisieren.
Trotz dieser Initiativen stehen am Markt insgesamt bis heute noch keine ausreichenden Ab-
fallbehandlungskapazitäten für das gesamte Abfallaufkommen zur Verfügung. Es ist deshalb
unbedingt erforderlich, noch weitere Anlagen zu errichten und in Betrieb zu nehmen sowie
die Kapazitäten von Zwischenlagern zu erhöhen.
2.4 Aktuelle abfallwirtschaftliche Probleme
Schon frühzeitig hatten Vertreter der Entsorgungsbranche zunächst intern über Engpässe
durch nicht ausreichende Abfallbehandlungskapazitäten diskutiert und schrittweise die Politik
auf diese gravierenden Probleme hingewiesen. Die vorsichtige Herangehensweise und die
offensichtliche Zurückhaltung der Entsorgungsbranche wurde damit begründet, dass bei öf-
fentlichem bekannt werden dieser Probleme verstärkte Kontrollen seitens der Überwa-
chungsbehörden zur Folge hätten. Dies betraf insbesondere nicht ausreichende Zwischenla-
gerkapazitäten in den genehmigten Anlagen.
Im Gegensatz dazu wurde in der Presse schon von einem "Müllnotstand" gesprochen und
wird dieses Thema immer stärker aufgegriffen und kulminiert in ,,Müllskandale". Bei differen-
zierter Betrachtung muss jedoch klar gestellt werden, dass die beschriebene Situation eine
Folge von Überfrachtungen nach sich zog, bedingt durch nicht zusätzliche genehmigte Ab-
fallmengen in Zwischenlagern der Entsorgungsfirmen. Darüber hinaus erhöhte sich neben
den Entsorgungspreisen auch die Konkurrenz der einzelnen Firmen untereinander.
Das hat inzwischen auch die breite Öffentlichkeit sensibilisiert und spiegelt sich in der Zu-
nahme von Pressemitteilungen wieder. Es wird allerdings über diese Thematik zum Teil ver-
zerrt berichtet, bisweilen im Stil von Skandalgeschichten betitelt. Dies verschärft die ohnehin
angespannte Situation und führt zu erheblichen Verunsicherungen in der Entsorgungsbran-
che. Anlage 1 zeigt eine Auswahl von entsprechenden Pressemitteilungen.
5

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Tschechien
,,Teurer Müll für deutsche Steuerzahler ­ Illegaler Müllexport nach Tschechien"
Abb.1: Mülldeponie
Deutsche Abfallbetriebe wollen sich die teuer gewordene Mülltrennung sparen und verbrin-
gen den Müll nach Tschechien, wo in Sortieranlagen der Müll mit normalen Reststoffen und
Hausmüll vermengt und auf diese Weise entsorgt wird. Dieser Verdacht besteht gegenüber
deutschen Entsorgern, die in den vergangenen Monaten 200 000 Tonnen Abfall illegal nach
Tschechien gebracht haben sollen.
1
Sachsen-Anhalt ­ Magdeburg
,,Großbrand: Plastemüll lagerte illegal, wie gefährlich war die Rauchwolke?"
Im September 2006 gab es einen Großbrand in Magdeburg-Rothensee. Dies war bereits der
fünfte Brand in diesem Jahr, in den eine Entsorgungsfirma aus Sachsen-Anhalt verwickelt
war.
Auch wenn die Polizei weiter nach den Brandursachen forscht, ist als indirekte Ursache die
Überfrachtung zu sehen, da von der Recycling-Zentrum Magdeburg GmbH die Lagerung von
5 000 Tonnen Abfall erfolgte, obwohl nur eine Genehmigung zur Lagerung von maximal 500
Tonnen Abfall vorlag.
1
WISO-ZDF,
17.07.2006
6

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Als Grund der Überfrachtung wird der bundesweite Müllstau gesehen, da wegen fehlender
Müllverbrennungskapazitäten die aus der Sortierung resultierenden Reste nicht in den Müll-
verbrennungsanlagen verfeuert oder als Zusatzbrennstoff für Kohlekraftwerke und Zement-
fabriken eingesetzt werden können. Angesichts der möglichen Folgen eines Brandes könne
man das Feuer im Bereich der Glücksfälle ansiedeln, da bei der entstandenen bedrohlichen
Rauchwolke keine Grenzwertüberschreitungen bei den Schadstoffen festgestellt werden
konnten.
2
,,Polizei findet 5000 Tonnen Gewerbeabfälle in Stollenanlage"
Drei Monate nach dem Brand eines ungenehmigten Müllzwischenlagers in Magdeburg-
Rothensee haben Polizei und Staatsanwaltschaft eine illegale Mülldeponie in einer unterirdi-
schen Stollenanlage bei Halberstadt entdeckt.
Sechs Personen stehen im Verdacht, 5 000 Tonnen Müll aus Süddeutschland, bestehend
aus Kunstoffen, Rückständen aus Sortieranlagen und Bauschutt, gesetzwidrig eingelagert zu
haben.
3
Ungarn
,,Deutscher Müll in Ungarn ­ Tonnenweise illegal entsorgte Abfälle"
Abb.2: Mülldeponie in Ungarn
Durch die Verteuerung der Verarbeitung und Entsorgung des Abfalls in Deutschland expor-
tieren Firmen ihren Industriemüll zunehmend in die osteuropäischen Länder der EU.
2
Magdeburger Volksstimme, 13. September 2006
7
3
Magdeburger Volkstimme 19. Dezember 2006

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Dieser Weg ist zwar legal und kostengünstiger, allerdings wird die Entsorgung schnell illegal,
wenn lokale Geschäftspartner den Müll nicht verwerten, sondern unverarbeitet wie in dem
Artikel beschrieben, lagern. Es handelte sich hierbei um 4 000 Tonnen deutschen Abfalls,
der 2007 einfach in die ungarische Puszta gekippt wurde.
4
Brandenburg - Wollin
,,Müll illegal entsorgt? Altdeponie in Wollin und andere Objekte durchsucht"
Beamte haben wegen des Verdachts illegaler Müllentsorgung eine Altdeponie in Wollin, acht
weitere Objekte, eine Kiesgrube sowie die Wohn- und Geschäftsräume eines Entsorgungs-
fachbetriebes durchsucht. Möglicherweise sei geschredderter Plastikabfall gelagert worden,
der eigentlich hätte verbrannt werden müssen.
Schon im Vorjahr kontrollierte das Landesbergamt im Landkreis 8 von 85 Kiesgruben und
entdeckte dort ca. 600 000 bis 700 000 Kubikmeter unerlaubt gelagerte Abfälle, von asbest-
verseuchten Baustoffen über Altpapier bis hin zu Kleidung und Plastik.
5
,,Neuer Müllskandal"
Die Abfallwirtschaft ist schon lange eine skandalträchtige Branche, wo man mit geringstem
Aufwand das meiste Geld verdienen kann. In dieser Woche wurde die nächste Schweinerei
in der Nähe von Wollin in Potsdam-Mittelmark aufgedeckt. So stießen Beamte auf einer re-
kultivierten Deponie auf geschredderte Plastikabfälle und zahlreiche Gelbe Säcke, die auf
einer Altdeponie nichts zu suchen haben. Vielmehr sollte dieser Müll verbrannt werden.
Auch das Landesbergbauamt stellte umfangreiche Ermittlungen an und fand nicht nur illegal
entsorgten Abfall, sondern sogar in den eigenen Reihen einen Kollegen, der der Müllmafia
geholfen hatte.
6
4
ZDF-frontal21, 20.03.2007
5
Der Tagesspiegel online, 17.01.2008
6
Theodor, 20.01.2008
8

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
,,Rund 20 000 Kubikmeter Müll illegal entsorgt"
Auf der kürzlich entdeckten illegalen Abfalldeponie in Wollin wurden rund 20 000 Kubikmeter
Müll entsorgt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es handele sich um sogenannten
Restabsieb aus Hausmüll. Dieser Abfall müsste eigentlich in speziellen Deponien teuer gela-
gert werden. Die Ermittlungen führten auf die Spur von zwei Firmen.
7
Berlin
,,Schwarzer Rauch über Schmöckwitz"
Auf dem Gelände des Berliner Runderneuerungswerks stand eine knapp 1 000 Quadratme-
ter große Halle in Flammen. Bereits während der Löscharbeiten prüften Experten, ob der
schwarze Qualm den Menschen gefährlich werden könnte, da Gummimischungen gesund-
heitsschädigende Substanzen wie z. B. aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten. Bereits
2005 brach auf dem fast 90 000 Quadratmeter großen Gelände ein Großfeuer aus und es
brannten die dort gelagerten Altreifen rund 48 Stunden lang.
8
Sachsen-Anhalt ­ Vehlitz
,,Müll in Sachsen-Anhalt illegal entsorgt ­ Landesregierung räumt Versäumnisse ein"
In der Tongrube in Vehlitz 30 Kilometer nördlich von Magdeburg wurde im Minutentakt ton-
nenweise Abfall in das Tagebauloch gekippt. Aufgrund von Videomaterial recherchierte das
ZDF-frontal21 Team direkt vor Ort.
Experten vermuten schon lange, dass in ostdeutschen Kies- und Tongruben Millionen Ton-
nen von Müll verschwinden. Seit der Gesetzesänderung 2005 ist oft unklar, wo ein Grossteil
des Abfalls verblieben ist.
7
Berliner Morgenpost, 30. 01.2008
8
Berliner Zeitung, 22.05.2008
9

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Abb. 3: Müllentsorgung in Tongrube Vehlitz
In Deutschland entstehen rund 35 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr, davon verschwinden bis
zu 10 Millionen Tonnen. Es wird vermutet, dass auch in Vehlitz illegal Haus- und Gewerbe-
müll in der Kies- und Tongrube entsorgt wird.
Bereits im Herbst 2007 haben Proben ergeben, dass gegen geltendes Recht verstoßen wor-
den ist. Den Behörden ist das Problem seit mehreren Monaten bekannt, doch bis jetzt hat
niemand etwas unternommen.
9
,,Illegale Müllbeseitigung in Tongrube Vehlitz? ,,Spiegel Online"
Unruhe in Entsorgungsbranche"
Seit dem Verdacht der illegalen Müllablagerung in der Tongrube Vehlitz ermittelt nun auch
die Staatsanwaltschaft Stendal gegen ein Tochterunternehmen von Veolia, einem der größ-
ten europäischen Entsorgungskonzerne.
Den Ermittlern liege umfangreiches Material vor, das Transporte zwischen der Veolia-
Tochter HRH Recycling und der Tongrube belegen soll, die das Abkippen von geschredder-
tem Haus- und Gewerbemüll dokumentiert. Die Firmen weisen den Vorwurf, in illegale Müll-
geschäfte verwickelt zu sein, entschieden zurück. Die Ermittlungen in Sachsen-Anhalt haben
Unruhe in der Entsorgungsbranche ausgelöst.
10
9
ZDF-frontal21, 11.03.2008
10
Magdeburger Volksstimme, 17.03.2008
10

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
,,Giftalarm oder Panikmache? Verwirrung um Müll in Vehlitz"
Nach einem Prüfbericht des Landesamtes für Geologie und Bergwesen besteht in der Ton-
grube Vehlitz die Gefahr einer Selbstentzündung des Abfalls. Giftige Gase könnten austre-
ten. Der Landrat habe die Feuerwehren und den Katastrophenschutz in Alarmbereitschaft
versetzt. Mehr noch: Er müsse damit rechnen, ,,ganze Ortschaften zu evakuieren". Der Gru-
benbetreiber sprach dagegen von ,,unverantwortlicher Panikmache gegenüber der Bevölke-
rung". Auch wenn der Landrat die Maßnahmen abgesagt hat, will er auf einer Sondersitzung
des Kreistages eine Resolution beschließen lassen, in der die Landesregierung aufgefordert
wird, eindeutig zu erklären, welche Gefahren von dieser bergbaulichen Anlage ausgehen.
11
,,Illegale Entsorgung in Tongruben: Anzeigen gegen Minister und Firmen"
Die möglicherweise illegale Entsorgung von Abfällen in Tongruben hat jetzt Strafanzeigen
zur Folge. Im Auftrag mehrerer Betreiber von Ersatzbrennstoff-Kraftwerken und Gewerbeab-
fall-Aufbereitungsanlagen aus Süddeutschland wurden von einem Rechtsanwaltbüro Anzei-
gen gegen Betreiber von Gruben und Aufbereitungsanlagen sowie die zuständigen Minister
für Umwelt, Frau Wernicke, und Wirtschaft, Herr Haseloff in Sachsen-Anhalt gestellt.
Abb. 4: Volksstimme vom 20. März 2008
11
Magdeburger Volkstimme, 25. April 2008
11

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Es würde genügend Beweismaterial vorliegen, dass über einen längeren Zeitraum unbe-
handelter gemischter Gewerbeabfall und Hausmüll abgelagert wurden. Nach Schätzungen
einer mit den Ermittlungen beauftragte Wirtschaftsdetektei soll es sich um eine Größenord-
nung von bis zu 10 Mio. Tonnen jährlich handeln. Obwohl die Behörden bereits seit 2007
über die Missstände informiert waren, sind diese nicht tätig geworden. Da nach Auffassung
der Bundesvereinigung Umwelt-Audit e. V. auch ein Verstoß gegen europäisches Umwelt-
recht vorliegt, wurde bei der Europäischen Kommission gleichfalls eine formlose Rechtsbe-
schwerde eingereicht.
12
,,Sachsen-Anhalts Landtag setzt Abfall-Untersuchungsausschuss ein"
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat am vergangenen Donnerstag, den 29.05.2008 (Anm.
des Autors), einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Abfallentsorgung einge-
setzt. Das Gremium soll ... klären, in welchem Umfang möglicherweise unerlaubt Müll in
Tongruben und Tagebaue gekippt wurde. Untersucht werden sollen auch mögliche Fehler
der Behörden, insbesondere des Umwelt- und des Wirtschaftsministeriums, sowie politische
Verantwortlichkeiten. Auslöser für die seit Monaten anhaltende Debatte über die Müllentsor-
gung im Land waren vor allem die Vorgänge um die Tongrube Vehlitz.
13
2.4.1 Mögliche Ursachen
Die beiden letztgenannten Presseartikel zeigen deutlich, welche Zuspitzung die Situation
allgemein und in der Presse erfahren hat, wenn jetzt bereits von Giftalarm und Katastro-
phenschutz gesprochen wird bzw. sogar Strafanzeigen gestellt werden. Unabhängig vom
Ausgang eines möglichen Strafverfahrens und um das Thema zu versachlichen, muss je-
doch als Ausgangspunkt die Frage gestellt werden, ob es in Deutschland tatsächlich einen
,,Müllnotstand" gibt, der illegale Entsorgungen zur Folge hat. Fakt ist, dass objektiv
-
seit dem 01.06.2005 die Deponieablagerung von unbehandelten Abfällen un-
tersagt ist
12
EUWID, RE Nr. 20, 14.05.2008
12
13
EUWID, RE Nr. 23, 03.06.2008

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
-
ein Grossteil der Gebietskörperschaften ihre Abfälle zur mechanisch-
biologischen Behandlung bzw. energetischen Verwertung nicht rechtzeitig
ausgeschrieben haben, obwohl die Notwendigkeit seit in Kraft treten der
AbfAblV 2001 bekannt war
-
dadurch Investitionsentscheidungen zur Errichtung und zum Betrieb von Ab-
fallbehandlungsanlagen gehemmt und nicht rechtzeitig getroffen werden
konnten
-
die vorhandenen Abfallbehandlungsanlagen nicht das gesamte Abfallauf-
kommen in Deutschland (etwa 36 Mill. Tonnen in 2005) ordnungsgemäß ent-
sorgen können [25]
-
zusätzliche Zwischenlager von den Behörden in Sachsen-Anhalt zunächst
nicht erwünscht waren
-
der Erlass des MLU von 26.06.2006 höchste Standards bei der Genehmigung
von Zwischenlagern für Siedlungs- und Gewerbeabfällen im Land Sachsen-
Anhalt verlangt
-
durch das Verbot der Deponieablagerung und die fehlenden Zwischenlage-
rungskapazitäten eine Verteuerung der Entsorgung eingetreten ist
-
der Preisanstieg die Wirtschaftlichkeit von einzelnen Klein- und Mittelständi-
schen Unternehmen gefährdet.
Ausgehend von diesen Fakten muss die Frage des Müllnotstandes zunächst bejaht und
gleichzeitig eingeschätzt werden, dass sich diese Situation kurzfristig (3-4 Jahre) trotz ge-
planter neuer Anlagen nicht entspannen wird. Darüber hinaus wird mit den Berichterstattun-
gen in den Medien die Thematik zusätzlich in den Fokus der Öffentlichkeit und die Entsor-
gungsbranche in ein schlechtes Licht gerückt, zumal in Einzelfällen schwarze Schafe in der
Branche diesen Eindruck vermitteln. Der daraus resultierende Druck hat einerseits zu einer
starken Verunsicherung in der Branche geführt und lässt andererseits eine äußerst stringen-
te Arbeitsweise der zuständigen Behörden bei der Überwachung von Anlagen und Geneh-
migungsverfahren erkennen.
Dies wird daran sichtbar, dass nach Aussagen der Branche mögliche Ermessensspielräume
bei anstehenden Entscheidungen von der Behörde nicht mehr genutzt werden. Ebenso ist
eine äußerste Zurückhaltung bei den Unternehmen festzustellen, wenn diese um abfallwirt-
schaftliche Informationen und Angaben gebeten werden.
13

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Dies spiegelt sich auch in der geringen Rücklaufquote zur durchgeführten Statuserhebung
wieder. Zurückgesendete Fragebögen waren unvollständig und damit nicht aussagefähig
bzw. wissenschaftlich nicht verwertbar.
2.4.2 Kurz- und mittelfristige Auswirkungen auf Politik, Verwaltung und Wirtschaft
Mit dem Verbot der Ablagerung von unbehandelten Abfällen wird von der Entsorgungsbran-
che statt einer Beseitigung der Abfälle auf Deponien deren ressourcen- und klimaschonende
Entsorgung gefordert. Auf diese neue Situation hat sich der Markt nicht schnell genug einge-
stellt. Er ist bis heute teilweise verunsichert. Dies führte neben Überfrachtungen der Anlagen
in der Branche auch zu illegalen Entsorgungen von Abfällen. Darüber hinaus ist auch die
breite Öffentlichkeit sensibilisiert. Die Thematik wird zunehmend von den Medien aufgegrif-
fen (s. Pkt. 2.4).
Zusammenfassend ist aufgrund dieser beschriebenen Situation davon auszugehen, dass für
die unmittelbar betroffenen Gesellschaftsbereiche nachfolgende Auswirkungen zu erwarten
sind:
Politik
-
Handlungsdruck als Folge der Medienberichte
-
Gewährleistung moderater Kosten- und Gebührensteigerungen
-
Bereitstellung von öffentlichen Mitteln zur Unterstützung bei der Entwicklung
von innovativen Verfahren bzw. bei Investitionen zur Abfallbehandlung
-
Verbesserung und Bündelung der Zuständigkeiten bei der Genehmigung und
Überwachung
Verwaltung
-
Einengung der Ermessensspielräume bei Genehmigungen
-
Erhöhung des Zeit- und Bearbeitungsaufwandes bei der Bearbeitung und
Vervollständigung von Anträgen auf Genehmigungen
-
Erhöhung des Kontrollaufwandes (Kontrolldichte) für die Behörden über die
Regelüberwachungen hinaus
-
Mehraufwand durch Zunahme von statistischen Erhebungen
14

Abfallwirtschaftliche Situation seit dem 01.06.2005
Wirtschaft
-
stärkerer Konkurrenzdruck durch wachsende Entsorgungspreise
-
Marktbereinigung durch Konzentrationsprozesse, Betriebsschließungen und
Insolvenzen
-
Marktnachfrage schafft zusätzliche Abfallbehandlungskapazitäten
-
Erhöhter Aufwand bei Genehmigungsanträgen
-
Konsequentere und schärfere Ahndung von Verstößen
-
stärkere Überwachung im Rahmen der Zertifzierung zum Efb und eines Efb-
Folgeaudits
15

Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Statuserhebung
3. Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Statuserhebung
Um eine umfassende Bewertung vornehmen zu können, sind entsprechende Basisdaten
erforderlich. Zu diesem Zweck wurde eine Statuserhebung entwickelt. Im Rahmen dieser
Erhebung wurden entsprechende Entsorgungsfirmen ausgewählt und aus Zeit- und Kosten-
gründen per Email angeschrieben sowie um Rückantwort gebeten.
3.1 Festlegung der Zielgruppen
Aus dem Ziel der Erhebung entsprechender Daten bezüglich der Herkunft, des Aufkommens
und der Art der Entsorgung von Altreifen und Gummi zu erhalten, ergaben sich Reifenher-
steller, Zwischenlager, Runderneuerungsbetriebe, Reifenhandels- und werkstoffliche Verwer-
tungsbetriebe als Zielgruppe. Rohstoffliche und energetische Verwertungsbetriebe, wie bei-
spielsweise Mitverbrennungs- und Müllverbrennungsanlagen standen nicht im Fokus und die
fernmündliche Befragung von hierzu ausgewählten Unternehmen führte zu keinem Ergebnis.
Darüber hinaus wurden die Entsorgungsbetriebe um Auskunft gebeten, ob das Unternehmen
als Entsorgungsbetrieb zertifiziert wurde bzw. wird.
3.2 Stichprobenumfang und Durchführung der Statuserhebung
Die Befragung wurde deutschlandweit durchgeführt. Die Auswahl erfolgte auf der Basis von
Übersichtslisten des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV)
sowie der IHK Magdeburg. Hierbei wurde auf repräsentative Unternehmen bzw. Klein- und
Mittelständische Unternehmen Wert gelegt, die gleichzeitig über eine E-Mail Adresse zu er-
reichen waren.
Die Statuserhebung wurde zielgruppenspezifisch entwickelt und für die Beantwortung ein-
fach gestaltet. Ziel der Erhebung war ferner eine weitestgehende Standardisierung, um ein
Software-Tool zur Auswertung der Statuserhebung nutzen zu können. Die Befragung wurde
durch Interviews ergänzt. Diese Erhebung ist im Anhang 2 beigefügt.
16

Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Statuserhebung
3.3 Ergebnisse und Auswertung der Statuserhebung
Im Ergebnis haben von 40 befragten Entsorgungsbetrieben lediglich 2 geantwortet, was ei-
ner Rücklaufquote von nur 5 % entspricht. Es ist zu vermuten, dass die gegenwärtige Verun-
sicherung in der Entsorgungsbranche den Rücklauf negativ beeinflusst hat. Selbst die einge-
gangenen Antworten waren unvollständig und nicht zu verwerten. Trotz telefonischer Nach-
fragen konnte keine höhere Quote bzw. bessere Qualität erreicht werden. Maßgebend sind
hierfür nach Angaben der Unternehmen die momentan starken Belastungen infolge von ver-
stärkten Regelüberwachungen sowie Sonderkontrollen durch die zuständigen Behörden.
Damit hätten die Unternehmen keine Zeit für die Beantwortung. Es entstand darüber hinaus
der Eindruck, dass bedingt durch die Konkurrenzsituation auch ganz bewusst keine näheren
Angaben gemacht wurden.
Die Teilnahme am Fachseminar in Magdeburg am 22. April 2008 zum Thema ,, Abfallentsor-
gung - ein Jahr Erfahrungen mit dem neuen Abfallrecht" bestätigte die zuvor beschriebene
Situation. Es war nicht möglich, von den teilnehmenden Vertretern der Entsorgungsbranche
Informationen zu der aktuellen Abfallproblematik zu erhalten. Auch zur Problematik der
Verwertung von Altreifen und Gummi wurden keine Auskünfte gegeben. Erstaunlich war
ebenfalls der Umstand, dass auf diesem Fachseminar vom Seminarleiter Herr Prof. Dr.-
Ing. R. Schulze eine Diskussion zu den aktuellen Medienberichten unterbunden wurde.
Aus den o. g. Gründen waren keine Ergebnisse zu erzielen und war demzufolge eine reprä-
sentative Auswertung obsolet. Damit erübrigte sich auch die Entwicklung und Nutzung eines
Software-Tools zur Auswertung der Statuserhebung.
Ersatzweise wurde ein Interview mit dem Geschäftsführer des Landesverbandes der Auto-
verwerter und -entsorger Sachsen-Anhalt e. V. geführt, da dieser Verband die Interessen von
20 Mitgliedsfirmen des Landes Sachsen-Anhalt vertritt. Die Ergebnisse konnten die Status-
erhebung nicht ergänzen, wurden aber in der Arbeit entsprechend berücksichtigt.
17

Abfallpolitische Zielsetzung
4. Abfallpolitische Zielsetzung
Im Rahmen des Umweltschutzes gewinnt die effizientere Nutzung von Energie und Ressour-
cen eine immer größere Bedeutung. Die Abfallwirtschaft oder besser Kreislaufwirtschaft hat
hierbei die Ressourcenschonung nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus
stets als Bestandteil des Tagesgeschäftes gesehen.
Die starke Beschleunigung der Verbrauchsdynamik bei Energie und Rohstoffen hat in den
letzten Jahren bereits zu einem rasanten Anstieg der Weltmarktpreise geführt. Diese Ent-
wicklung stellt, neben der Tatsache, dass immer größere Mengen an Abfall zu bewältigen
sind, auch die Abfallwirtschaft in den nächsten Jahren vor größere Herausforderungen. Es
muss also in Zukunft vorrangig darum gehen, größere Rohstoffeinsparungen durch Recyc-
ling zu erreichen und zugleich die Nutzung des energetischen Potentials in Abfällen zu for-
cieren [2].
Die erforderlichen Innovationsentwicklungen in der Abfallwirtschaft werden jedoch auch wei-
terhin stark von abfallpolitischen Vorgaben bestimmt. Der begonnene Diskussionsprozess
zur neuen ,,Thematischen Strategie für Abfallvermeidung und ­recycling" im Europäischen
Parlament wird hierzu mit der Schaffung rechtlich bindender Grundlagen für den Umwelt-,
Klima- und Ressourcenschutz gravierende Veränderungen mit sich bringen.
4.1 Bundesdeutsche Intentionen zur Abfallpolitik
Zunächst kann festgestellt werden, dass es in Deutschland gelungen ist, eine moderne Ab-
fall- bzw. Kreislaufwirtschaft aufzubauen, die mit ihrem hohen Standard erheblich zu positi-
ven Effekten im Umweltschutz geführt hat.
Aufbauend auf dem bisher erreichten Niveau braucht Deutschland aus ökologischen und
ökonomischen Gründen aber auch in Zukunft eine hohe Dynamik bei der Entwicklung und
Markteinführung von innovativen Verfahren und Technologien zur Steigerung der Ressour-
ceneffizienz und zur weiteren Reduzierung der Umweltbelastungen.
18

Abfallpolitische Zielsetzung
Die Abfallwirtschaft wird sich unter diesen Aspekten in den nächsten Jahren zu einer Stoff-
stromwirtschaft entwickeln, um mit den aus dem Abfall gewonnenen Sekundärrohstoffen
einerseits die Rohstoffmärkte zu bedienen und andererseits primäre Energieträger zu substi-
tuieren. Gleichzeitig wird mit dieser Nutzung der Ressourcen aus Abfallströmen eine Depo-
nierung von Abfällen vermieden.
Diese Zielstellungen kennzeichnen auch die umweltpolitische Strategie der Bundesregie-
rung. Diese hat sich vorrangig das Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2020 die Rohstoffeffizienz um
20 % zu erhöhen und dabei eine möglichst vollständige und hochwertige Verwertung aller
Siedlungsabfälle zu erreichen. Bis zum Jahr 2020 sollen mit diesem Weg Deponien überflüs-
sig gemacht werden [2].
Die Umsetzung o. g. Zielstellungen erfordert ein Bekenntnis zu einem freien Abfallmarkt und
zugleich die Schaffung angemessener und stabiler Rahmenbedingungen, damit sich ein fai-
rer Wettbewerb um die kostengünstigste und umweltverträglichste Lösung etablieren kann.
Dies bedeutet aber auch, dass neue gesetzliche Regelungen konsequent eingehalten und
durchgesetzt werden müssen.
4.2 Eckpunkte zur thematischen Strategie für Abfallvermeidung und -recycling
der EU
Von der Europäischen Union wurde im Rahmen des 6. Umweltaktionsprogramms als eine
der sieben thematischen Strategien im Mai 2003 mit der Mitteilung "Eine thematische Stra-
tegie für Abfallvermeidung und -recycling" ein entsprechender Grundstein für eine europäi-
sche Strategie gelegt bzw. eine Handlungsempfehlung formuliert.
Diese Strategie wurde mit der Mitteilung der Kommission vom 21. Dezember 2005 unter
dem Titel ,,Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung - Eine thematische Stra-
tegie für Abfallvermeidung und -recycling" [KOM (2005) 666-Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]
fortgeschrieben [3].
19

Abfallpolitische Zielsetzung
Folgende Eckpunkte sind Bestandteil der thematischen Strategie:
x Vollständige Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften
x Vereinfachung und Modernisierung bestehender Rechtsvorschriften
x Einführung und Anwendung des Lebenszyklus in die Abfallpolitik
x Förderung effektiverer Abfallvermeidungsstrategien
x Verbesserung des Wissens- und Informationsaustauschs
x Entwicklung gemeinsamer Recyclingstandards
x Weiterentwicklung der Recyclingpolitik der EU
Mit dieser Strategie wird das langfristige Ziel angestrebt, in der EU die bisherige Abfall- zur
Kreislaufwirtschaft weiter zu entwickeln, bei der die Vermeidung und die Nutzung von Abfäl-
len im Vordergrund steht [4].
20

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836624107
DOI
10.3239/9783836624107
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg – Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
abfallwirtschaft umweltrecht verwertungstechnologien recyclingprodukte altreifen
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Titel: Verwertung von Altreifen und Gummi unter Beachtung der veränderten abfallwirtschaftlichen Situation in Deutschland
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