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Qualitätsmanagementsysteme im Gesundheitswesen

Welche Ansätze des Qualitätsmanagements eignen sich für die Anwendung in sektorübergreifenden Versorgungsmodellen?

©2008 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Gesundheitswesen, dessen Qualität und die Frage nach der Finanzierbarkeit, war niemals so öffentlich wie in den letzten zwei Jahrzehnten. Die durchgeführten Reformen (Gesundheits-Modernisierungs-Gesetz (2004), Gesundheitsreform 2000, Gesundheits-Reformgesetz (1989) etc.) erhöhen den Druck auf die Beteiligten im Gesundheitssystem. Zahlreiche gesetzliche Neuregelungen seit Anfang der neunziger Jahre sind ein Beleg dafür, dass implementierte Maßnahmen sich nur unzureichend für Nachhaltigkeit und Tragfähigkeit der Zukunft eignen. Vereinbarungen über Kürzungen von öffentlichen Mittel und damit erzeugter Kostendruck, neue Finanzierungsformen, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit usw., verlangen den Akteuren im Gesundheitswesen ein hohes Maß an Innovationsbereitschaft ab, um Leistungen zu optimieren und sich bestmöglich am Markt zu positionieren.
Der Gesetzgeber schreibt die Implementierung der Qualitätsmanagementmaßnahmen in medizinischen Einrichtungen vor. Im fünften Sozialgesetzbuch fordert er verstärkt qualitätssichernde und qualitätsfördernde Maßnahmen, um einen hohen Standard angebotener Leistungen, gegenüber den Patienten zu gewährleisten. Diese Maßnahmen sollen nicht nur intern vollzogen werden sondern zusätzlich den Aspekt der Integration der Leistungssektoren berücksichtigen. So soll die bisherige strikte Abgrenzung, durch enge Zusammenarbeit ersetzt und so zu mehr Wirtschaftlichkeit und Qualität führen. Dabei sind die begrenzten Ressourcen im Sozialversicherungssystem wirtschaftlich einzusetzen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Qualitätsstrukturen im Gesundheits-wesen. Ziel ist es, die angewendeten Qualitätsmanagementkonzepte auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf Patientenorientierung (Erfüllung ihrer Erwartungen) und sektorübergreifende Umsetzung zu untersuchen.
Zunächst werden herkömmliche Möglichkeiten zur Darlegung der Qualität vorgestellt. Die vier bekanntesten und häufig verwendeten Qualitätsmanagement- systeme (DIN EN ISO, KTQ, proCum Cert und EFQM) werden dargestellt und im Hinblick auf die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität als auch unter dem Aspekt der Patientenorientierung bewertet.
Bedingt durch die historische Entwicklung, führt Fragmentierung der Leistungssektoren seit Langem zu ausgeprägten strukturellen Problemen und Defiziten, die neben erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten auch beträchtliche Qualitätsdefizite hervorrufen. Nach der Darstellung des Gesundheitswesens mit seinen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen
2.1 Gesetzliche Grundlagen für Qualität im Gesundheitswesen
2.2 Qualitätsdefinitionen
2.3 Dienstleistungsqualität
2.4 Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Qualitätsmanagementsystem

3. Qualitätsmanagementsysteme
3.1 DIN EN ISO
3.1.1 Entstehung und Zielsetzung
3.1.2 Die ISO 9000-Familie
3.1.3 DIN EN ISO 9001:2000
3.1.4 Bewertung
3.2 KTQÒ
3.2.1 Entstehung und Zielsetzung
3.2.2 KTQ®-Verfahren
3.2.3 Bewertungssystematik
3.2.4 Bewertung
3.3 ProCum Cert
3.2.1 Entstehung und Zielsetzung
3.2.2 ProCum Cert Verfahren
3.3.3 ProCum Cert Kriterien
3.3.4 Bewertung
3.4 EFQM®
3.4.1 Entstehung und Zielsetzung
3.4.2 Das EFQM®-Modell für Excellence
3.4.3 Stufen der Excellence
3.4.4 Bewertung

4. Sektorübergreifendes Qualitätsmanagement
4.1 Gesundheitswesen als besonderer Dienstleistungssektor
4.1.1 Kostenträger / Leistungserbringer / Leistungsempfänger
4.1.2 Die Rolle des Patienten
4.1.3 Moral Hazard
4.1.4 Verteilung der Marktmacht
4.1.5 Preisregulierung
4.1.6 Fazit
4.2 Problemstellung
4.2.1 Trennung der Sektoren
4.2.2 Qualitätsbrüche zwischen den Sektoren
4.2.3 Bedeutung der Inputqualität
4.2.4 Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe
4.2.5 Forderung nach mehr Informationen und höherer Transparenz
4.2.6 Qualitätsorientierung im Blickwinkel auf den Patienten
4.3 Behandlungsqualität durch vernetzte Versorgungsformen
4.4 Qualitätsmanagement im Rahmen von vernetzten Versorgungsformen
4.4.1 Case Management / Care Management
4.4.2 Gatekeeping
4.4.3 Sektorübergreifende Behandlungspfade
4.4.4 Qualitätszirkel
4.4.5 Schnittstellenmanagement
4.4.6 Versorgungsnetzwerke

5. Resümee und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Versicherung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grundbegriffe des Fachbegriffs Qualität

Abbildung 2: Prozessorientiertes QM-System

Abbildung 3: Zertifizierungsablauf nach DIN EN ISO 9001:2000

Abbildung 4: Zertifizierungsablauf nach KTQÒ

Abbildung 5: EFQM-Modell für Excellence

Abbildung 6: EFQMÒ-Selbstbewertungsmethoden

Abbildung 7: Levels of Excellence – Stufen der Excellence

Abbildung 8: Sachleistungsprinzip - Geldleistungsprinzip

Abbildung 9: Gatekeeping-System

Abbildung 10: Qualitätszyklus auf der Basis eines Behandlungspfades

Abbildung 11: Weiterentwicklung der Klinischen Pfade zu sektorübergreifenden Pfaden

Abbildung 12: Ganzheitlicher Gesundheitsdienstleister

1. Einleitung

Das Gesundheitswesen, dessen Qualität und die Frage nach der Finanzierbarkeit, war niemals so öffentlich wie in den letzten zwei Jahrzehnten. Die durchgeführten Reformen (Gesundheits-Modernisierungs-Gesetz (2004), Gesundheitsreform 2000, Gesundheits-Reformgesetz (1989) etc.) erhöhen den Druck auf die Beteiligten im Gesundheitssystem. Zahlreiche gesetzliche Neuregelungen seit Anfang der neunziger Jahre sind ein Beleg dafür, dass implementierte Maßnahmen sich nur unzureichend für Nachhaltigkeit und Tragfähigkeit der Zukunft eignen. Vereinbarungen über Kürzungen von öffentlichen Mittel und damit erzeugter Kostendruck, neue Finanzierungsformen, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit usw., verlangen den Akteuren im Gesundheitswesen ein hohes Maß an Innovationsbereitschaft ab, um Leistungen zu optimieren und sich bestmöglich am Markt zu positionieren.

Der Gesetzgeber schreibt die Implementierung der Qualitätsmanagementmaßnahmen in medizinischen Einrichtungen vor. Im fünften Sozialgesetzbuch fordert er verstärkt qualitätssichernde und qualitätsfördernde Maßnahmen, um einen hohen Standard angebotener Leistungen, gegenüber den Patienten zu gewährleisten. Diese Maßnahmen sollen nicht nur intern vollzogen werden sondern zusätzlich den Aspekt der Integration der Leistungssektoren berücksichtigen. So soll die bisherige strikte Abgrenzung, durch enge Zusammenarbeit ersetzt und so zu mehr Wirtschaftlichkeit und Qualität führen. Dabei sind die begrenzten Ressourcen im Sozial­versicherungs­system wirtschaftlich einzusetzen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Qualitätsstrukturen im Gesundheits-wesen. Ziel ist es, die angewendeten Qualitätsmanagementkonzepte auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf Patientenorientierung (Erfüllung ihrer Erwartungen) und sektorübergreifende Umsetzung zu untersuchen.

Zunächst werden herkömmliche Möglichkeiten zur Darlegung der Qualität vorgestellt. Die vier bekanntesten und häufig verwendeten Qualitätsmanagement- systeme (DIN EN ISO, KTQ, proCum Cert und EFQM) werden dargestellt und im Hinblick auf die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität als auch unter dem Aspekt der Patientenorientierung bewertet.

Bedingt durch die historische Entwicklung, führt Fragmentierung der Leistungs­sektoren seit Langem zu ausgeprägten strukturellen Problemen und Defiziten, die neben erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten auch beträchtliche Qualitätsdefizite hervo­rrufen. Nach der Darstellung des Gesundheitswesens mit seinen Besonder­heiten, wird im nachfolgenden Kapitel explizit auf die Problemlagen eingegangen.

Die möglichen Lösungsansätze werden im letzten Kapitel erläutert. Die Forderung des Gesetzgebers, die Leistungserbringung sektorübergreifend zu gestalten, hat die Suche nach innovativen Versorgungsformen initiiert. Inzwischen ist das deutsche Gesundheitswesen durch die Begriffe wie: Integrierte Versorgung, Disease Management Programme oder Medizinische Versorgungszentren geprägt. Durch die neuen Formen soll die Patientenversorgung qualitativer, transparenter und wirtschaftlicher erfolgen. Nicht nur die gesetzlich geregelten Versorgungsformen, sondern auch andere international schon erprobte Modelle werden vorgestellt.

Zum Schluss werden die herkömmlichen Möglichkeiten des Qualitätsmanagements auf neue Versorgungsformen reflektiert. Es soll festgestellt werden, ob sie sich in immer mehr veränderten Strukturen des Gesundheitswesens bewähren und die Forderungen der Patienten, die an einer ganzheitlichen, ergebnisorientierten, qualitativen und transparenten Versorgung interessiert sind, erfüllen.

2. Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen

2.1 Gesetzliche Grundlagen für Qualität im Gesundheitswesen

Seit der gesetzlichen Verpflichtung zur Qualitätssicherung in der medizinischen Versorgung (Gesundheitsreform-Gesetz (GRG) vom 01.01.1989)[1] hält die Diskussion über das Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen an und hat bis heute nicht an Aktualität verloren. Die permanente Überarbeitung gesetzlicher Bestimmungen unterstreicht Bedeutung und Dimension des Themas Qualität. Der Gesetzgeber hat im Sozialgesetzbuch (im Folgenden SGB abgekürzt) Verordnungen über die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung festgelegt:

§ 135a Verpflichtung zur Qualitätssicherung

„(1) Die Leistungserbringer sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden.

(2) Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, zugelassene Kranken-häuser, Erbringer von Vorsorgeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen und Einrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111a besteht, sind nach Maßgabe der §§ 137 und 137d verpflichtet,

1. sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitäts­sicherung zu beteiligen die insbesondere zum Ziel haben, die Ergebnis­qualität zu verbessern und

2. einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiter­zu­entwickeln. [...]“[2]

Der § 136 SGB V fasst Maßnahmen zur Förderung der Qualität durch die Kassenärztlichen Vereinigungen der vertragsärztlichen, belegärztlichen und im Krankenhaus erbrachten ambulanten Leistungen zusammen. Zur Qualitäts-beurteilung gehören Kriterien, die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr.13 (Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses) SGB V entwickelt werden.[3]

Der Gemeinsame Bundesausschuss (nach § 91 SGB V bestehend aus Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, Deutscher Krankenhausgesellschaft und Spitzenverband Bund der Krankenkassen) bestimmt nach § 137 SGB V Richtlinien zur Durchführung der Qualitätssicherung für vertragsärztliche Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser.[4] Zur Umsetzung der Qualitätssicherung und Darstellung der Qualität ist gemäß dem § 137a eine fachlich unabhängige Institution zuständig, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu beauftragen ist. Sie hat die Aufgabe, Verfahren zur Messung und Darstellung der Versorgungsqualität zur Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu entwickeln.[5] Darüber hinaus überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 137b den Stand der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen, stellt die Notwendigkeit der Weiter-entwicklung fest und gibt Empfehlungen zu Verbesserungen ab. In regelmäßigen Abständen erstellt er Berichte über den Stand der Qualitätssicherung.[6] Bestimmungen zur Qualitätssicherung nach § 135a Abs. 2 für ambulante und stationäre Vorsorge oder Rehabilitation nennt der § 137d.[7] Bei chronischen Krankheiten empfiehlt der gemeinsame Bundesausschuss laut § 137f, strukturierte Behandlungsprogramme zu entwickeln, um den Behandlungsablauf und die Qualität medizinischer Versorgung chronisch Kranker zu verbessern.[8] Zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Versorgung insgesamt, können Krankenkassen laut § 63 SGB V, Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Leistungserbringung vereinbaren.[9]

Mit den Fragen über Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung beschäftigt sich gemäß § 139a das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.[10] Weiterhin kann Qualität, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Krankenhausbehandlung auf der Grundlage von § 113 SGB V durch entsprechende Instanzen überprüft werden.[11] Im § 70 SGB V ist die Gewährleistung einer bedarfsgerechten, zweckmäßigen, wirtschaftlichen, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung, in der fachlich gebotenen Qualität durch Krankenkassen und Leistungserbringer, geregelt.[12] Im § 113 SGB XI sind Vereinbarungen über Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität festgelegt.[13]

2.2 Qualitätsdefinitionen

Der Begriff „Qualität“ hat erst in unserer heutigen Gesellschaft einen bedeutenden Stellenwert erhalten, obwohl er bereits seit Jahrhunderten bekannt ist. Seit jeher waren Produkte bestimmter Volksgruppen oder Länder ein Symbol für den Mehrwert. Heute bewerben internationale Konzerne ihre Brandings durch die Herausstellung von Qualitätsmerkmalen der Produkte um dem oftmals ruinösen Preisverfall durch Rabattschlachten zu entkommen. Sie setzen seit langem auf medienwirksame Werbung mit Zertifizierungen und Gütesiegeln da Verbraucher schon häufig durch diverse Medien regelmäßig aufgerüttelt und auf katastrophale Missstände in der Produktion oder am Produkt aufmerksam gemacht werden. Honorige und akzeptierte Einrichtungen wie LEG-Nürnberg, TÜV-Rheinland oder ÖKO-TEX Standard100, sind daher beliebte Argumente zur Untermauerung der Produkt- oder Dienstleistungseigenschaft.

Was aber bedeutet Qualität? Übersetzt aus dem lateinischen bedeutet qualitas = Gesamtheit von charakteristischen Eigenschaften, Beschaffenheit; Güte.[14]

CROSBY , einer der Wegbereiter des Themas Qualität, versteht diese als Erfüllung von Kundenforderungen. Erfüllung der Forderungen bedeutet, der Erwartungs­haltung der Kunden gerecht zu werden, indem das Versprochene geliefert wird.[15]

Im Laufe der Jahre entwickelte CROSBY vier Grundsätze des Qualitäts-managements:

„1. Qualität bedeutet nicht Güte, sondern Erfüllung der Forderungen
(Konformität).
2. Qualität entsteht nicht, indem man Fehler aufspürt, sondern indem man
sie vermeidet.
3. Der anzustrebende Qualitätsstandard sind nicht akzeptable Qualitätsniveaus, sondern Null-Fehler.
4. Qualität wird nicht anhand von Indizes, sondern anhand des Preises der Abweichung gemessen.“[16]

GEIGER, der sich besonders mit der Fachsprache der Qualitätsmanagement-Lehre beschäftigt hat, definiert Qualität als: “..Relation zwischen realisierter Beschaffenheit und geforderter Beschaffenheit“[17] kurz gefasst: „..realisierte Beschaffenheit bezüglich geforderter Beschaffenheit“.[18] Zur Erläuterung wird das „Entflechtungs­prinzip“ angewendet. Es besagt, dass zum besseren Verständnis, auf anderweitig definierte Begriffe in einer Kurzdefinition verwiesen werden muss.[19] Sein Qualitätsbegriff basiert demnach auf vier Grundbegriffen: Beschaffenheit, Forderung an die Beschaffenheit, Anspruchsklasse und Einheit.

Der Zusammenhang ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Grundbegriffe des Fachbegriffs Qualität

Quelle: Geiger/Kotte (2008) Handbuch Qualität, S. 69

Die Einheit stellt einen Bezugspunkt dar, um Qualität darauf auszurichten. Die Beschaffenheit der Einheit gibt einen Überblick über ihre Eigenschaften. Anhand derer können die Qualitätsmerkmale festgelegt und in Form einer Forderung an die Beschaffenheit (also verlangte Eigenschaften) zum Ausdruck gebracht werden. Die Anspruchsklasse kategorisiert verschiedene Forderungen an die Einheit, die demselben Zweck dient. Beispiel: Klassen bei Flugtickets oder Sternekategorien in einem Hotelführer.[20]

Der BROCKHAUS definiert Qualität als die Beschaffenheit einer Ware (Produktqualität) oder Dienstleistung. Weiterhin wird der Gebrauch des Qualitäts­begriffs differenziert in:

- Objektive Qualität - messbare, ermittelbare Eigenschaften;
- Subjektive Qualität – unterschiedliche Wahrnehmung (der Eigenschaften) identischer Erzeugnisse;
- Relative Qualität – Qualität im Vergleich zu Konkurrenzprodukten.[21]

Seit 1972 besteht der Fachbegriff Qualität international unverändert.[22] In DIN EN ISO 9000:2005 ist folgende Definition zu finden:

„Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt.

ANMERKUNG 1 Die Benennung „Qualität“ kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden.

ANMERKUNG 2 „Inhärent“ bedeutet im Gegensatz zu „zugeordnet“ „einer Einheit innewohnend“, insbesondere als ständiges Merkmal.“[23]

Merkmale sind kennzeichnende Eigenschaften, die inhärent oder zugeordnet und qualitäts- oder quantitätsbezogen sein können. DIN EN ISO 2000:2005 klassifiziert Merkmale in: physikalische (z.B. mechanisch, biologisch), sensorische (z.B. bezüglich Geruch, Berührung, Geschmack), verhaltensbezogene (z.B. Ehrlichkeit, Anständigkeit), zeitbezogene (z.B. Pünktlichkeit, Verlässlichkeit), ergonomische (z.B. physiologisch) und funktionale (z.B. Spitzengeschwindigkeit eines Flugzeuges) Merkmale.[24] Anforderungen sind Erfordernisse oder Erwartungen, die festgelegt, vorausgesetzt oder verpflichtend sind.[25]

GEIGER setzt sich mit der Definition der DIN EN ISO kritisch auseinander . Internationale Forderungen, den Qualitätsbegriff an den der Werbung anzupassen, der ausschließlich auf etwas Gutes hinweist, wurde abgelehnt, die Definition des Fachbegriffs hat dies dennoch beeinflusst. Es entstehe der Eindruck, dass der „Grad“ stets den Grad der Erfüllung bedeute. Erst mit der Anmerkung 1 wird diese Wahrnehmung korrigiert.[26]

DONABEDIAN legte maßgebliche Grundsteine im Bereich Gesundheitsschutz des 20. Jahrhunderts, entwickelte Abläufe und war/ist Ideengeber und Initiator für zahlreiche Weiterentwicklungen seiner eigenen Definition von Qualität im Gesundheitswesen. Er sagt: „For now, all that is needed is to accept, provisionally, that there are three major approaches to quality assessment: „structure“, „process“, and „outcome“. This three–fold approach is possible because there is a fundamental functional relationship among the three elements, which can be shown schematically as follows:

Structure ® Process ® Outcome.“[27]

Qualität setzt sich dementsprechend aus einer engen Verbindung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zusammen. In seiner Veröffentlichung „The Definition of Quality and Approaches to its Assessment“ zu Deutsch, „Die Definition von Qualität und Ansätze zu ihrer Bewertung“ stellt er die theoretischen Grundpfeiler für eine Qualitätsbewertung von Leistungen im Gesundheitswesen und deren unmittelbare Verknüpfung dar.

„Unter Strukturqualität wird die personelle, finanzielle und technische Ausstattung verstanden, hinzu kommen administrative, gesetzliche und organisatorische Bedingungen. Die Prozessqualität bezieht sich auf Gesundheits- und Serviceleistungen und deren Koordinierung sowie ihre Patientenorientierung. Die Ergebnisqualität umfasst sowohl die versorgungsbedingte Verbesserung des Gesundheitszustandes und der Lebensqualität, als auch Aspekte der Patientenzufriedenheit.“[28]

2.3 Dienstleistungsqualität

Der Gesundheitssektor ist ein Dienstleistungsbereich. Eine Dienstleistung hat einen grundsätzlich immateriellen Charakter, wenn gleich deren Erstellung jedoch ohne Sachleistungsanteile oft kaum möglich ist[29] (z.B. ärztliche Behandlung unter Verwendung medizinischer Geräte oder von Medikamenten).

Nach GEIGER ist eine Dienstleistung ein „...beabsichtigtes, immaterielles Produkt, erbracht durch Tätigkeiten, von denen mindestens eine notwendigerweise an der Schnittstelle zwischen Lieferant und Kunde ausgeführt wird.“[30] Zusammenhängend mit Immaterialität charakterisiert BRUHN die Dienstleistung mit folgenden Merkmalen:

- Intangibilität (bedingte Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität vor deren Erstellung. Dienstleistende Tätigkeit und das Ergebnis der Dienstleistung sind nicht greifbar)
- „Uno-Actu-Prinzip“ (Dienstleistung ist unteilbar, Erstellung und Konsum erfolgen gleichzeitig. Infolgedessen ist sie auch nicht lagerfähig)
- Integration des externen Faktors (der Kunde ist an der Leistungserstellung direkt beteiligt)
- Standortgebundenheit (Dienstleistung ist nicht transportfähig, weil sie am Ort des Dienstleistungsanbieters oder des Kunden erbracht wird.)
- Individualität bzw. Variabilität (für jeden Kunden wird die Dienstleistung neu und individuell erbracht.)

Anhand dieser Kriterien ist die Abgrenzung der Dienstleistung von anderen materiellen Konsumgütern grundsätzlich möglich. Allerdings gelten o.g. Merkmale nicht generell. Z.B. im Bezug auf Lagerfähigkeit können Leistungsergebnisse gespeichert und später verwendet werden, bzw. der Konsum einer Dienstleistung muss nicht unmittelbar während ihrer Erstellung erfolgen, wie der Nutzen einer Schutzimpfung oder jahrelange Nutzung der Abschlussberichte von Unternehmensberatungen.[31]

Vor diesem Hintergrund liefert BRUHN folgende Definition für Dienstleistungs-qualität: „Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.“[32]

2.4 Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Qualitätsmanagementsystem

Die stetige Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements vom 20. bis in das 21. Jahrhundert veranschaulicht ZOLLONDZ anhand einer Darstellung, in der die einzelnen Etappen der Qualitätswissenschaft gezeigt werden. Diese Darstellung zeichnet den Entwicklungsprozess von 1920–2000 nach, angefangen mit der Qualitätskontrolle über die Qualitätssteuerung, der Qualitätssicherung und dem Qualitätsmanagement, bis zum Total Quality Management und den dazugehörigen Konzepten.[33]

Der bis 1994 im deutschen Sprachraum verwendete Oberbegriff „Qualitätssicherung“ für qualitätsbezogene Tätigkeiten, wurde durch den Begriff „Qualitätsmanagement“ ersetzt. Dies geschah aufgrund der Festlegung des inter-national einheitlichen Oberbegriffs für Qualitätsmanagement (quality management).[34] Nach der heutigen Fassung der DIN EN ISO 9000:2005 bedeutet „Qualitätsmanagement aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich Qualität

ANMERKUNG: Leiten und Lenken bezüglich Qualität umfassen üblicherweise das Festlegen der Qualitätspolitik und der Qualitätsziele, die Qualitätsplanung, die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung und die Qualitätsverbesserung“.[35]

Diese Tätigkeiten bilden die wesentlichen Elemente eines Qualitätsmanagements.

Qualitätssicherung ist ein Teil des Qualitätsmanagements, „...der auf das Erzeugen von Vertrauen darauf gerichtet ist, dass Qualitätsanforderungen erfüllt werden“.[36] Demnach ist Qualitätssicherung, die Darlegung des Qualitätsmanagements um Vertrauen zu schaffen. Qualitätssicherung kann z.B. in Form eines internen, externen oder eines Zertifizierungsaudits durchgeführt werden.[37]

Qualitätsmanagementsystem (im Folgenden QM-System abgekürzt) bildet eine Grundlage für die Darlegung der eigenen Fähigkeit, z.B. gegenüber dem Auftraggeber oder einer Zertifizierungsgesellschaft.[38] DIN EN ISO 9000:2005 definiert QM-System als ein „...Managementsystem zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich der Qualität“.[39] Eine Organisation kann ihr QM-System nach den Standards eines QM-Darlegungsmodells (z.B. DIN EN ISO 9001) aufbauen und entwickeln. Dieses legt Forderungen an das QM-System fest und beschreibt den Prozess.[40]

3. Qualitätsmanagementsysteme

Nachfolgend sind QM-Systeme dargestellt, die im deutschen Gesundheitswesen am häufigsten eingesetzt werden (DIN EN ISO, KTQÒ/proCumCert und das EFQM-ModellÒ).

3.1 DIN EN ISO

DIN – Deutsches Institut für Normung e.V. besteht seit 1917 und ist für die Normungsarbeit in Deutschland verantwortlich. DIN ist eine nationale, staatlich anerkannte Normungsorganisation.[41]

CEN – Comité Européen de Normalisation. Europäische Normbehörde – zuständig für die Zulassung als Europäische Norm (EN).[42]

ISO – International Organization for Standardization. „Die Internationale Qrganisation für Normung ist eine weltweite Vereinigung nationaler Normungsinstitute (ISO-Mitgliedskörperschaften).“[43]

Die Zusammensetzung der Komponenten DIN EN ISO beruht auf Anerkennung der internationalen, europäischen und nationalen Normen. Auf Übernahme der ISO-Normen in der EU weist die EN-Kennzeichnung hin. Die nationale Akzeptanz dieser Normen in Deutschland zeigt die Kennzeichnung DIN auf.[44]

3.1.1 Entstehung und Zielsetzung

Die Normen der ISO-Familie bestehen seit 1987. Seitdem genießt die ISO-Familie globale Akzeptanz und ist bis heute die meist verwendete Grundlage für Aufbau und Ausgestaltung eines Qualitätsmanagementsystems. Das Ziel war und ist es, eine internationale Basis für die Darlegung der Qualitätsfähigkeit des QM-Systems zu schaffen, um ein weltweit anerkanntes Zertifikat zu erwerben und somit Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Zwei weitere Ziele sind seit der Erweiterung der ISO-Familie im Jahr 2000 hinzugekommen: die Erhöhung der Kundenzufriedenheit und die ständige Verbesserung des QM-Systems.[45]

3.1.2 Die ISO 9000-Familie

Die Zielvorstellungen und Inhalte der ISO-Normen 9000 ff. sind wie folgt beschrieben:

„Die im Folgenden aufgeführten Normen der ISO-9000-Familie wurden entwickelt, um Organisationen jeder Art und Größe beim Verwirklichen von und beim Arbeiten mit wirksamen Qualitätsmanagementsystemen zu helfen.

- ISO 9000 beschreibt Grundlagen für Qualitätsmanagementsysteme und legt die Terminologie für Qualitätsmanagementsysteme fest.
- ISO 9001 legt die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem für den Fall fest, dass eine Organisation ihre Fähigkeit darlegen muss, Produkte bereitzustellen, die die Anforderungen der Kunden und die behördlichen Anforderungen erfüllen, und anstrebt, die Kunden­- zufriedenheit zu erhöhen.
- ISO 9004 stellt einen Leitfaden bereit, der sowohl die Wirksamkeit als auch die Effizienz des Qualitätsmanagementsystems betrachtet. Das Ziel dieser Norm besteht in der Leistungsverbesserung der Organisation sowie der Verbesserung der Zufriedenheit der Kunden und anderer interessierter Parteien.
- ISO 19011 stellt eine Anleitung für das Auditieren von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen bereit.

Gemeinsam bilden diese Normen einen zusammenhängenden Satz von Qualitätsmanagementsystemnormen, um das gegenseitige Verständnis im nationalen und internationalen Handel zu erreichen.“[46]

3.1.3 DIN EN ISO 9001:2000

Die ISO 9001 ist eine Forderungsnorm. Sie legt Anforderungen zur Darlegung des QM-Systems einer Organisation fest, deren Ziel es ist durch wirksame Umsetzung Kundenanforderungen zu erfüllen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Sie beschreibt dafür notwendige Prozesse und stellt einen Mindeststandard zur Umsetzung eines QM-Systems dar. Die Anforderungen dieser Norm können auf alle Organisationen, unabhängig von ihrer Art, Größe oder bereitgestellten Produkten übertragen werden. Die Norm bildet die Grundlage für eine Zertifizierung.[47]

Dadurch, dass DIN EN ISO ursprünglich aus der Industrie kommt, ist ihre Sprache sehr technisch beeinflusst. Begriffe wie „Kunden“, „Produkt“, „Lenkung der Prozesse“ sind im Gesundheitswesen unüblich. Daher ist eine Übersetzung in die Sprache des Gesundheitswesens angebracht.

Aufbau und Umsetzung eines QM-Systems nach ISO 9001 soll prozessorientiert erfolgen. „Eine Tätigkeit, die Ressourcen verwendet und die ausgeführt wird, um die Umwandlung von Eingaben in Ergebnisse zu ermöglichen, kann als Prozess angesehen werden.“[48] Die Norm enthält ein Prozessmodell, das auszuführende Hauptprozesse eines QM-Systems skizziert. Die Kernaufgaben der Organisation, die gleichzeitig Anforderungen der Darlegungsnorm ISO 9001 sind, sind in dem Regelkreis dargestellt. Durch erfolgreiche Koordination, Kombination und Verknüpfung zwischen Verantwortung der Leitung, Management von Ressourcen, Produktrealisierung, Messung, Analyse und Verbesserung, soll eine permanente Optimierung des Qualitätsmanagements erreicht werden.

In der folgenden Abbildung ist das Modell eines prozessorientierten QM-Systems dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Prozessorientiertes QM-System

Quelle: DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000) EN ISO 9001, S. 13

Die Kunden stellen Anforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung. Die Organisation bzw. das Unternehmen ist bemüht, die Prozesse intern so auszurichten und zu steuern, dass das gewünschte Produkt oder die Dienstleistung den Kundenanforderungen entspricht und das gelieferte Ergebnis die Kunden-zufriedenheit herbeiführt. Diese wird gemessen und analysiert, um der obersten Leitung Informationen darüber zur liefern, wie Ressourcenmanagement und demzufolge auch die Produktrealisierung verbessert werden können. Die Messergebnisse werden auch zur ständigen Verbesserung des QM-Systems herangezogen.

Die Anforderungen der ISO 9001 an das QM-System werden im Folgenden zusammengefasst beschrieben.

Dokumentationsanforderungen

Sie umfassen Vorgaben darüber, was QM-Systemdokumentation beinhalten muss, beispielsweise Qualitätspolitik und Qualitätsziele, geforderte Verfahren und Aufzeichnungen, ein QM-Handbuch, sowie Prozessdokumentation.[49]

Verantwortung der Leitung

Hier wird dargelegt, wie oberste Leitung vorgeht, um ihrer Verantwortung hinsichtlich der Entwicklung, Verwirklichung und der ständigen Verbesserung des QM-Systems gerecht zu werden. So müssen beispielsweise Qualitätspolitik und Qualitätsziele nicht nur festgelegt, sondern an Mitarbeiter kommuniziert werden, und zwar so, dass sie diese auch verfolgen. Die oberste Leitung muss einen Verantwortlichen benennen, der die Verantwortung und Aufrecherhaltung des QM-Systems übernimmt, sowie sie über Resultate unterrichtet. In regelmäßigen Abständen muss die Leitung das QM-System auf dessen Wirksamkeit und Angemessenheit bewerten und evtl. notwendige Maßnahmen zur Verbesserung beschliessen.[50]

Management von Ressourcen

Dieses Kapitel umfasst Ermittlung und Bereitstellung von erforderlichen Ressourcen. Hierunter fällt sowohl personelle, als auch infrastrukturelle Ausstattung, die zur Leistungserstellung notwendig ist. Erfordernisse wie: Personalauswahl, Ausbildung und Qualifikation der Mitarbeiter, Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung, werden an die Organisation gestellt.[51]

Produktrealisierung

Hier werden Anforderungen bezüglich der Produktrealisierung bzw. Dienstleistungs-erbringung beschrieben. Sie umfassen Prozessmanagement (Planung, Entwicklung Steuerung), sowie Gestaltung von kundenbezogenen Prozessen (Ermittlung, Bewertung von Anforderungen in Bezug auf das Produkt, Regelung der Kommunikation mit den Kunden), weiterhin Produktforschung, -planung, -ent-wicklung, -beschaffung und schließlich Ermittlung und Anwendung von Überwachungs- und Messmitteln.[52]

Messung, Analyse und Verbesserung

Die Organisation muss mit angemessenen Methoden und geeigneten Messgrößen ermitteln, erfassen, analysieren, um Eignung und Wirksamkeit des QM-Systems festzustellen und zu beurteilen, wo Verbesserungen erforderlich sind.

Dazu zählen:

- Überwachung der Prozesse und ihrer Leistungsmessung
- Erfassung und Analyse der Kundenzufriedenheit
- Planung und Durchführung von internen Audits
- Umgang mit fehlerhaften Produkten
- Beseitigung der Ursachen von Fehlern
- Vorbeugung von Fehlerentstehung[53]

Die ISO 9001 beschreibt Vorgaben und Inhalte, die ein QM-System umfassen sollte. Sie stellt einen Rahmen dar, der individuell der jeweiligen Struktur einer medizinischen Einrichtung anzupassen ist. Sie liefert keine einheitliche Normform, sondern ein Konstrukt von Anforderungen, womit das QM-System aufgebaut und dargelegt werden kann. Sind die Anforderungen der ISO 9001 erfüllt, kann sich die Organisation mit einem QM-System-Zertifikat ihre Qualitätsfähigkeit bestätigen lassen[54].

Die nachfolgende Abbildung stellt den Zertifizierungsablauf nach DIN EN ISO 9001:2000 dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zertifizierungsablauf nach DIN EN ISO 9001:2000

Quelle: Kahla-Witzsch (2005) Praxiswissen Qualitätsmanagement im Krankenhaus, S. 150

3.1.4 Bewertung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei DIN EN ISO um ein sehr allgemein gehaltenes Konzept handelt. Es lässt beispielsweise offen, wie konkret eine medizinische Einrichtung patientenorientiert vorgehen muss, um Zufriedenheit der Patienten zu erreichen. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind umfassende für den Patienten verständliche Informationen oder deren Einbeziehung und Beteiligung am Behandlungsprozess. Richtlinien oder Anforderungen an patientengerechte Versorgung sind nicht vorhanden.

Des Weiteren stützen sich die Anforderungen der DIN EN ISO mehr auf organisatorische und betriebswirtschaftliche Belange und sind dementsprechend sehr prozessorientiert. Das Zertifikat knüpft an Optimierung von Organisationsprozessen. Insofern kann Ablauforganisation und Prozessqualität verbessert werden. Die Frage nach der Ergebnisqualität wird hier nicht eindeutig beantwortet.

3.2 KTQÒ

KTQÒ - Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen bietet ein Zertifizierungsverfahren, das zunächst für die Krankenhäuser entwickelt wurde und im Zuge der Weiterentwicklung sich auf das ganze Gesundheitswesen erstreckt. Inzwischen zählen neben dem Krankenhausbereich auch Rehabilitations-einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Pflegeeinrichtungen und Alternative Wohnformen zur Zielgruppe der KTQÒ[55]. Vor diesem Hintergrund hat die KTQ® GmbH eine Umfirmierung von „Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus“ in „ Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen“ vorgenommen.

3.2.1 Entstehung und Zielsetzung

KTQÒ wurde im Dezember 2001 gegründet. Vier Jahre zuvor, 1997, startete das KTQÒ-Projekt als eine Machbarkeitsstudie, initiiert von der Bundesärztekammer und dem Verband der Angestellten- und Arbeiterersatzkasse. Später kamen andere Vertragpartner hinzu: Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V., der Deutsche Pflegerat e.V. und die proCum Cert GmbH. Seit Herbst 2004 ist der Hartmannbund ebenfalls Gesellschafter der KTQÒ-GbmH. Während der Entwicklungszeit wurde das Projekt wissenschaftlich vom Institut für Medizinische Informationsverarbeitung unterstützt. Das Pilotverfahren für krankenhausspezifische Zertifizierung wurde vom heutigen Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung gefördert.[56]

Ziel der KTQÒ ist es, den Einrichtungen des Gesundheitswesens in Deutschland ein Zertifizierungsverfahren anzubieten, das das interne Qualitätsmanagement verbessern soll. Die Geschäftsführung und die Mitarbeiter sollen motiviert werden, ein internes Qualitätsmanagement zu implementieren und kontinuierlich zu verbessern. Im Fokus des Verfahrens stehen Prozessabläufe.

Den Patienten soll Qualität der internen Prozessabläufe und somit die gesamte Leistung der Einrichtung transparent gemacht werden.[57]

Das Verfahren umfasst eine ganzheitliche Zertifizierung der Einrichtungen, d.h. die Zertifizierung von Teilbereichen ist nicht möglich.

3.2.2 KTQ®-Verfahren

Das Verfahren ist im KTQÒ-Manual beschrieben. Das Manual umfasst einen Kriterienkatalog sowie Hinweise, Erläuterungen, Vorschriften u. a., zur Vorbereitung und Durchführung einer Selbst- bzw. Fremdbewertung, zur Umsetzung des Qualitätsmanagements, zur Erstellung eines Qualitätsberichts, zum Umgang mit gesetzlichen Bestimmungen. Der KTQÒ-Katalog ist thematisch in 6 Kategorien gegliedert: Patientenorientierung, Mitarbeiterorientierung, Sicherheit, Informa-tionswesen, Führung und Qualitätsmanagement sowie in Subkategorien und nach Kriterien. Im Anhang ist die übersichtliche Darstellung der Kriterien zusätzlich enthalten. Anhand dieses Katalogs soll zunächst eine Selbstbewertung durchgeführt werden.

Selbstbewertung

Eine Arbeitsgruppe beantwortet und bewertet alle auf die Einrichtung zutreffenden Plan, Do, Check und Act (PDCA)-Fragen, die zu den 72 Kriterien formuliert sind.[58]

PDCA-Zyklus stellt die Grundlage für den Bewertungsprozess dar. Einzelne Schritte sind wie folgt erläutert:

PLAN Festlegung der Verantwortlichen für systematische Prozess- und Zielplanung

DO Umsetzung der geplanten Prozesse in die Realität

CHECK Permanente Prüfung und Bewertung der Prozesse

ACT Analyse der CHECK-Ergebnisse für Verbesserungen[59]

Sie fasst anschließend die Ergebnisse zur Gesamtdarstellung in einem Selbst-bewertungsbericht zusammen.

Die Anforderungen hinsichtlich einer Zertifizierung sind erfüllt, wenn mindestens 55 Prozent der „adjustierten“ Gesamtpunktzahl[60] in jeder der sechs Kategorien erreicht sind. Erfüllt eine Organisation diese Voraussetzung, kann sie eine Zertifizierung bei der unabhängigen, akkreditierten (= zugelassenen) Zertifizierungsstelle beantragen, die zunächst eine Fremdbewertung vornimmt.

Fremdbewertung

Ziel der Fremdbewertung ist es, die im Rahmen der Selbstbewertung erzielten Ergebnisse zu überprüfen. Ein Expertenteam (Visitoren) hinterfragt die Angaben der Selbstbewertung, analysiert die Ergebnisse und bewertet die Kriterien. Es nimmt Einsicht in Dokumente (z.B. Befragungen, Prozessbeschreibungen, Dienstpläne, Diensteinweisungen etc.), führt Gespräche mit der Leitung und den Mitarbeitern und besichtigt einzelne Abteilungen. Im Rahmen eines Feedbackgesprächs informiert das Visitationsteam die Organisation über die Ergebnisse und spricht gegebenenfalls seine Empfehlung zur Zertifikatvergabe aus.[61]

KTQÒ -Qualitätsbericht / Zertifikatvergabe

Der KTQÒ-Qualitätsbericht informiert über das Leistungsspektrum und die Prozessqualität einer Institution im Hinblick auf die oben beschriebenen sechs Kategorien.

Er soll den Patienten, Angehörigen, Mitarbeitern, Kostenträgern, zuweisenden Ärzten und der allgemeinen Öffentlichkeit als Informations- und Orientierungs­grundlage dienen. Die KTQÒ-GmbH erteilt das Zertifikat für drei Jahre und ver­öffentlicht den Qualitätsbericht auf der KTQÒ-Homepage. Nach 3 Jahren besteht die Möglichkeit einer Re-Zertifizierung für wiederum 3 Jahre.

3.2.3 Bewertungssystematik

Beim Bewertungsverfahren, sowohl während der Selbst-, als auch Fremdbewertung, wird zwischen Kernkriterien und Kriterien unterschieden. Anhand von Kernkriterien, die höherer Bewertung unterliegen, sollen besonders wichtige Qualitätsaspekte hervorgehoben werden. Darüber hinaus erfolgt, bei der Bepunktung der einzelnen PDCA-Schritte, die Wertung des Do-Schrittes höher als Plan-, Check- und Act-Schritte, weil dieser die Umsetzung der Kriterienanforderungen in der täglichen Praxis darstellt. Die Erfüllung jeglicher Kriterienanforderungen wird anhand des Erreichungsgrades vorgenommen, d.h. die Qualität der Kriterienerfüllung wird bewertet. Die Umsetzung des Vorgehens wird anhand des Durchdringungsgrades bewertet, d.h. die Breite der Umsetzung über alle Bereiche und Berufsgruppen wird geprüft. Die erreichte Gesamtpunktzahl gibt Aufschluss über die Zertifikatvergabe.[62]

Folgende Abbildung veranschaulicht einen Zertifizierungsablauf nach KTQÒ.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Zertifizierungsablauf nach KTQÒ

Quelle: Kahla-Witzsch (2005) Praxiswissen Qualitätsmanagement im Krankenhaus, S. 150

3.2.4 Bewertung

KTQÒ-Verfahren ist zwar eigens für das Gesundheitswesen entwickelt worden, stellt aber die Ergebnisqualität nicht in den Mittelpunkt sondern lediglich die Unternehmensabläufe. Die Aussagen der KTQÒ-Zertifizierung beziehen sich auf Dokumentation, Prozesse und interne Strukturen. Das Zertifikat besagt, dass Standards erfüllt sind, jedoch nichts über Verbesserungen. Strukturdaten im Qualitätsbericht sind kaum qualitätsrelevant. Des Weiteren liefert er auch keine Ergebnisinformationen. Positiv zu bewerten ist der Aspekt der Patientenorientierung. Dieser ist im KTQÒ-Manual definiert. Sofern die Erfüllung dieser Kriterien nicht nur niedergeschrieben, sondern auch realisiert wird, kann eine patientennahe Versorgung stattfinden.

3.3 ProCum Cert

3.2.1 Entstehung und Zielsetzung

ProCum Cert wurde im Frühjahr 1998 als konfessionelle Zertifizierungsgesellschaft gegründet. Sie wurde vom Katholischen Krankenhausverband Deutschlands (KKVD) gemeinsam mit dem Deutschen Evangelischen Krankenhausverband (DEKV) und ihren Wohlfahrtsverbänden Caritas (DCV), Diakonie (DWdEKD) und Versicherungsdienst Ecclesia initiiert. Als weiteres Mitglied und Gesellschafter trat im Oktober 2001 die Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS) der proCum Cert bei. Die proCum Cert führt Zertifizierungen in konfessionell geprägten Diensten und Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen durch.[63]

Ziel der proCum Cert ist „...die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in kirchlichen Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen.“[64]

Mit proCum Cert wurde eine Zertifizierungsgesellschaft gegründet, die ihr Augenmerk auf Einbindung und Festigung christlicher Werte in das Qualitätsmanagement richtet und konfessionellen Einrichtungen die Möglichkeit bietet, sich auf der kirchlichen Ebene zu profilieren.

[...]


[1] Vgl. AOK – Bundesverband (2008).

[2] Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 135a.

[3] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 136.

[4] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 137.

[5] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 137a.

[6] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 137b.

[7] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 137d.

[8] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 137f.

[9] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 63.

[10] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 139a.

[11] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 113.

[12] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008a), SGB V § 70.

[13] Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008b), SGB XI § 113.

[14] Vgl.Der Brockhaus Enzyklopädie (2006), S. 341.

[15] Vgl. Crosby (2000), S. 150.

[16] Crosby (2000), S. 161.

[17] Geiger/Kotte (2008), S. 68.

[18] Geiger/Kotte (2008), S. 68.

[19] Vgl. Geiger/Kotte (2008), S. 50.

[20] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 19.

[21] Vgl. Venhoff/Gräber-Seissinger (2004), S 481.

[22] Vgl. Geiger/Kotte (2008), S. 67.

[23] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 18.

[24] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 25-26.

[25] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 19.

[26] Vgl. Geiger/Kotte (2008). S. 71.

[27] Donabedian (1980), S. 83.

[28] Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2001), Gutachten 2000/200 Band II S. 57 Ziffer 128.

[29] Vgl. Bruhn (2008), S. 20-21.

[30] Geiger/Kotte (2008), S. 91.

[31] Vgl. Bruhn (2008), S. 21-22.

[32] Bruhn (2008), S. 38.

[33] Vgl. Zollondz (2006), S. 28.

[34] Vgl. Geiger/Kotte (2008), S. 193 und 104 – 106.

[35] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 21.

[36] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 21.

[37] Vgl. Geiger/Kotte (2008), S. 204.

[38] Vgl. Geiger/Kotte (2008), S. 194.

[39] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 20.

[40] Vgl. Zollondz (2006), S. 263.

[41] Vgl. Deutsches Institut für Normung (DIN) (2008).

[42] Vgl. Comité Européen de Normalisation (CEN) (2008).

[43] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 3.

[44] Vgl. Pinter (1998), S. 62.

[45] Vgl. Geiger/Kotte (2008), S. 194-195.

[46] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 4.

[47] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 14-16.

[48] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 11.

[49] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 18-19.

[50] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 20-22.

[51] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 22-23.

[52] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 23-30.

[53] Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (2000), S. 30-34.

[54] Vgl. Zollondz (2006), S. 350.

[55] Vgl. KTQÒ (o. J.).

[56] Vgl. KTQÒ (o. J.a).

[57] Vgl. KTQÒ (o. J.b).

[58] Vgl. Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQÒ) (2004), Kapitel 1, S. 16-17.

[59] Vgl. Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQÒ) (2004), Kapitel 1, S. 16.

[60] „adjustierte“ Gesamtpunktzahl ist nach KTQÒ-Manual 5.0 (2004) (Kapitel 1, S. 33) eine Zahl, die „...individuell für jedes Haus zu errechnen [ist]. Zu diesem Zweck wird die maximale Kriterien- punktzahl der Kriterien, die ein Krankenhaus als nicht zutreffend identifiziert hat, von der maxima- len Gesamtpunktzahl der jeweiligen Kategorie abgezogen [...]“.

[61] Vgl. Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQÒ) (2004), Kapitel 2, S. 32-37.

[62] Vgl. Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQÒ) (2004), Kapitel 1, S. 19-22.

[63] Vgl. proCum Cert (o. J.a).

[64] proCum Cert (o. J.a).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836623773
DOI
10.3239/9783836623773
Dateigröße
4.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen; Gelsenkirchen – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (Dezember)
Note
2,3
Schlagworte
gesundheitswesen qualitätsmanagement qualitätssicherung disease management integrierte versorgung
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Titel: Qualitätsmanagementsysteme im Gesundheitswesen
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