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Wirksamkeit ausgewählter Klauseln zur Rügeobliegenheit in Allgemeinen Einkaufsbedingungen anhand von deutschem Recht und UN-Kaufrecht

©2007 Diplomarbeit 80 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Fokus dieser Arbeit soll die Untersuchung der Wirksamkeit ausgewählter Klauseln stehen, die die Rügeobliegenheit des Käufers in Allgemeinen Einkaufsbedingungen regeln. Als Maßstab der Überprüfung der Wirksamkeit dienen Vorschriften des deutschen Kaufrechts, also dem Handelsgesetzbuch und Bürgerlichem Gesetzbuch, sowie anhand des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG). Mit dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, mit welcher Vorsicht und unter Berücksichtigung aller äußeren Umstände, Verwender von EKB bei der Formulierung von Einkaufsbedingungen vorzugehen haben. Vor allem sind branchenspezifischen Besonderheiten und Handelsbräuche, ebenso wie alle speziellen Eigenschaften der betreffenden Ware gewichtig. Es ist schwer, anhand von Literaturmeinungen, Kommentaren und Lehrbüchern eine generelle Faustregel zu entwerfen, da die Rechtssprechung in einzelnen Fällen zu weit auseinander liegenden Ergebnissen kommt. Es soll jedoch in der Quintessenz dieser Arbeit eine Art Leitfaden entstehen, der aufzeigt, welchen Punkten ein Verwender von Allgemeinen Einkaufsbedingungen, die sich mit der Rügeobliegenheit des Käufers befassen, Rechnung zu tragen hat. Weiterhin wird in dieser Arbeit die Sonderstellung der Qualitätssicherungsvereinbarungen innerhalb der Allgemeinen Einkaufsbedingungen beleuchtet. Im abschließenden Teil dieser Arbeit soll sowohl ein Formulierungsvorschlag für Einkaufsbedingungen zur Rügeobliegenheit entstehen, als auch ein Gedankenansatz für eine innovative Rechtswahlklausel vorgestellt werden.
Es wird angenommen, dass alle in dieser Arbeit behandelten Vereinbarungen, Geschäftsbedingungen oder ähnliche Klauselwerke, lediglich im Verkehr zwischen Kaufleuten verwendet werden, d. h. die Prüfungsmaßstäbe der §§ 308, 309 BGB spielen für die Inhaltskontrolle nur einen untergeordneten Wert, sind in ihren Auswirkungen aber nicht ganz unerheblich als Orientierung bei der Auslegung der Vorschriften.
Die Anwendung von Allgemeinen Einkaufsbedingungen sind im modernen Waren- und Handelsverkehr unverzichtbar, da sie wesentliche Rechte und Pflichten der Vertragspartner regeln. Nahezu jedes Unternehmen verwendet heutzutage, neben Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Allgemeine Einkaufsbedingungen. Die Summe der gerichtlichen Entscheidungen zu Allgemeinen Einkaufsbedingungen, verglichen mit denen zu Allgemeinen Verkaufsbedingungen, ist jedoch sehr gering. Dies spiegelt in gewisser […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Philipp Rosenhäger
Wirksamkeit ausgewählter Klauseln zur Rügeobliegenheit in Allgemeinen
Einkaufsbedingungen anhand von deutschem Recht und UN-Kaufrecht
ISBN: 978-3-8366-2280-6
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Fachhochschule Bielefeld - University of Applied Sciences, Bielefeld, Deutschland,
Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...I
Abkürzungsverzeichnis ...1
A.
Einleitung ...2
I.
Allgemeine Einkaufsbedingungen im Wirtschaftsverkehr ...3
B.
Ausgewählte zu untersuchende Klauseln ...4
I.
Klauseln zur Rügeobliegenheit in Allgemeinen
Einkaufsbedingungen ...4
II.
Tatsächlich von der Wirtschaft verwendete Klauseln ...4
C.
Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der
Inhaltskontrolle nach verschiedenen Rechtsstandards...5
I.
Allgemeines ...5
II.
Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ...5
1.
Allgemeines ...5
2.
Gegenstand der Inhaltskontrolle...7
3.
Maßstab der Inhaltskontrolle ...7
4.
Unwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung...7
a)
Feststellungselement der Benachteiligung ...8
b)
Unangemessenheit als Wertungselement ...8
c)
Interessenabwägung unter Berücksichtigung des gesamten
Vertragsinhalts...9
5.
Unwirksamkeit nach § 307 I Abs. 2 BGB...11
a)
Abweichung vom wesentlichen Grundgedanken, gemäß § 307
Abs. 2 Nr. 1 BGB ...11
b)
Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten im Sinne des §
307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ...13
6.
Schlussbemerkung zur Inhaltskontrolle nach § 307 BGB im
Unternehmerischen Geschäftsverkehr ...16
III.
Die Inhaltskontrolle anhand der Kernvorschrift des § 377 HGB...17
1.
Allgemeines ...17
2.
Anwendungsbereich ...17
a)
Normzweck...18
b)
Voraussetzungen...18
3.
Untersuchung der Ware ...19
a)
Zeitpunkt der Untersuchung ...19
b)
Ort der Untersuchung ...21

Inhaltsverzeichnis
II
c)
Art und Umfang der Untersuchung ...21
d)
Abweichende Vereinbarungen bezüglich der Art und Weise der
Untersuchung ...22
4.
Rügefristen bei verschiedenartigen Mängeln...24
a)
Offene Mängel ...25
b)
Mängel, die nach ordnungsgemäßer Untersuchung zutage treten ...25
c)
Versteckte Mängel...26
d)
Formularmäßiges Abbedingen des § 377 HGB durch
Einkaufsbedingungen ...26
e)
Abweichende Vereinbarung zur Rügeobliegenheit in
Einkaufsbedingungen ...27
5.
Abweichende Vereinbarung zur Rügefrist in den zu prüfenden
Klauseln...30
6.
Verzicht des Kunden auf den Einwand der verspäteten
Mangelrüge...32
a)
Generelle Möglichkeit des Verzichts auf den Einwand der
verspäteten Mängelrüge durch den Vertragspartner des
Verwenders ...32
b)
Formularmäßiges Ausschließen des Einwandes der verspäteten
Mangelrüge in Einkaufsbedingungen ...33
7.
Schlussbemerkung ...34
IV.
Die Inhaltskontrolle anhand von Vorschriften des UN-Kaufrechts ...34
1.
Einleitung...34
2.
Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts...35
a)
Niederlassungen in verschiedenen Vertragsstaaten, gem. Art. 1
Abs. 1 lit. A CISG...35
b)
Kollisionsrechtliche Verweisung auf das Recht eines
Vertragsstaates, gem. Art. 1 Abs. 1 lit. B...36
c)
Parteivereinbarung nach Art. 6 CISG ...37
3.
Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch
CISG...38
4.
CISG als Maßstab für die inhaltliche Überprüfung von AGB ...38
5.
Untersuchung der zu überprüfenden Klauseln zur Rügefrist
anhand des Art. 39 CISG...41
a)
Die Rügeobliegenheit im einheitlichen UN-Kaufrecht ...41
aa)
Zweck der Vorschrift...42
bb)
Verzicht des Käufers auf die Rügeobliegenheit ...42
b)
Die Rügefrist gemäß Art. 39 Abs. 1 CISG ...43
aa)
Fristbeginn...43
bb)
Länge der Frist ...45
cc)
Die Ausschlussfrist gemäß Art. 39 Abs. 2 CISG...46
c)
Deutsche Rechtssprechung zur Dauer der ,,angemessen Frist" des
Art. 39 Abs. 1 CISG ...46

Inhaltsverzeichnis
III
d)
Überprüfung der zu untersuchenden Einkaufsbedingungen im
Rahmen des Maßstabes des Art. 39 CISG ...49
6.
Schlussbemerkung ...50
V.
Fazit...50
D.
Klauseln zur Rügeobliegenheit in Verbindung mit
Qualitätssicherungsvereinbarungen ...52
I.
Einleitung...52
II.
Qualitätssicherungsvereinbarungen als AGB ...54
1.
Vertragsbedingungen ...54
2.
Vorformuliertheit ...54
3.
Für eine Vielzahl von Verträgen ...55
4.
Stellen durch eine Vertragspartei gegenüber der anderen ...56
5.
Aushandeln der Qualitätssicherungsvereinbarung ...57
6.
Ergebnis ...58
III.
Sonderstatus bei der Beurteilung von Klauseln in
Qualitätssicherungsvereinbarungen ...59
E.
Formulierungsvorschläge für Rügepflichtklauseln /
differenzierende Rechtswahlklauseln in allgemeinen
Einkaufsbedingungen ...62
I.
Allgemeines ...62
II.
Formulierungsvorschläge für Klauseln bezüglich der Rügefrist in
allgemeinen Einkaufbedingungen...62
1.
Problematische Formulierungen...62
2.
Formulierungsvorschläge ...63
III.
Differenzierende Rechtswahlklauseln in allgemeinen
Einkaufsbedingungen ...64
1.
Allgemeines ...64
2.
Standardmäßiger Ausschluss des UN-Einheitskaufrechts ...65
3.
Grundgedanke einer differenzierten Rechtswahlklausel...65
4.
Differenzierende Rechtswahlklauseln...66
IV.
Schlussbemerkung ...67
Anhang ... VI
Literaturverzeichnis... VIII

Abkürzungsverzeichnis
1
Abkürzungsverzeichnis
Alle in dieser Arbeit verwendeten Abkürzungen richten sich nach Kirch-
ner/Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Auflage, Berlin,
2003.

Einleitung
2
A. Einleitung
Im Fokus dieser Arbeit soll die Untersuchung der Wirksamkeit ausgewählter
Klauseln stehen, die die Rügeobliegenheit des Käufers in Allgemeinen Ein-
kaufsbedingungen regeln. Als Maßstab der Überprüfung der Wirksamkeit
dienen Vorschriften des deutschen Kaufrechts, also dem Handelsgesetzbuch
und Bürgerlichem Gesetzbuch, sowie anhand des Übereinkommens der
Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf
(CISG). Mit dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, mit welcher Vorsicht und
unter Berücksichtigung aller äußeren Umstände, Verwender von EKB bei der
Formulierung von Einkaufsbedingungen vorzugehen haben. Vor allem sind
branchenspezifischen Besonderheiten und Handelsbräuche, ebenso wie alle
speziellen Eigenschaften der betreffenden Ware gewichtig. Es ist schwer,
anhand von Literaturmeinungen, Kommentaren und Lehrbüchern eine gene-
relle Faustregel zu entwerfen, da die Rechtssprechung in einzelnen Fällen zu
weit auseinander liegenden Ergebnissen kommt. Es soll jedoch in der Quint-
essenz dieser Arbeit eine Art Leitfaden entstehen, der aufzeigt, welchen
Punkten ein Verwender von Allgemeinen Einkaufsbedingungen, die sich mit
der Rügeobliegenheit des Käufers befassen, Rechnung zu tragen hat. Wei-
terhin wird in dieser Arbeit die Sonderstellung der Qualitätssicherungsverein-
barungen innerhalb der Allgemeinen Einkaufsbedingungen beleuchtet. Im
abschließenden Teil dieser Arbeit soll sowohl ein Formulierungsvorschlag für
Einkaufsbedingungen zur Rügeobliegenheit entstehen, als auch ein Gedan-
kenansatz für eine innovative Rechtswahlklausel vorgestellt werden.
Es wird angenommen, dass alle in dieser Arbeit behandelten Vereinbarun-
gen, Geschäftsbedingungen oder ähnliche Klauselwerke, lediglich im Ver-
kehr zwischen Kaufleuten verwendet werden, d. h. die Prüfungsmaßstäbe
der §§ 308, 309 BGB spielen für die Inhaltskontrolle nur einen untergeordne-
ten Wert, sind in ihren Auswirkungen aber nicht ganz unerheblich als Orien-
tierung bei der Auslegung der Vorschriften.

Einleitung
3
I.
Allgemeine Einkaufsbedingungen im Wirtschaftsverkehr
Die Anwendung von Allgemeinen Einkaufsbedingungen sind im modernen
Waren- und Handelsverkehr unverzichtbar, da sie wesentliche Rechte und
Pflichten der Vertragspartner regeln. Nahezu jedes Unternehmen verwendet
heutzutage, neben Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Allgemeine Ein-
kaufsbedingungen. Die Summe der gerichtlichen Entscheidungen zu Allge-
meinen Einkaufsbedingungen, verglichen mit denen zu Allgemeinen Ver-
kaufsbedingungen, ist jedoch sehr gering
1
. Dies spiegelt in gewisser Weise
die Marktmacht des Auftraggebers wider. Aus diesem ungleichen Kräftever-
hältnis folgt die Situation, dass Allgemeine Einkaufsbedingungen selten
Grundlage einer Zulässigkeitsprüfung werden und daher im Geschäftsver-
kehr weitaus unvorsichtiger benutzt werden als Allgemeine Verkaufsbedin-
gungen. Das Thema Einkaufsbedingungen ist im immer komplexer, internati-
onales und schneller werdenden Geschäftsverkehr nicht mehr isoliert zu be-
trachten, da regelmäßig Einkaufsbedingungen, Qualitätssicherungsvereinba-
rungen, Bestimmungen von Life-Time-Verträgen und Just-in-time-Verträgen
in einem Klauselwerk verknüpft werden
2
, die teilweise schwer handhabbare
Dimensionen erreichen. Die wirtschaftliche Macht der Hersteller, verbunden
mit unternehmerischer Autonomie
3
, verleitet bei Verwendung von eigenen
Klauselwerken zum Missbrauch der Vertragsfreiheit. Die Verlockung zur für
den Verwender günstigen Risikoverteilung und Demonstration von Markt-
macht
4
ist, kombiniert mit dem Scheu der Zulieferer an Rechtsstreitigkeiten,
einer der Hauptgründe, warum sich in Allgemeinen Einkaufsbedingungen oft
wesentliche Abweichungen von den Regelungen im BGB und HGB finden
lassen.
5
Neben den Bestimmungen des Wettbewerbsrechts, entfaltet ledig-
lich die Prüfung auf Wirksamkeit nach § 305 ff BGB eine Schutzwirkung für
den Zulieferer gegenüber diesem Missbrauch seitens der Einkäufer.
1
von Westphalen, Einkaufsbedingungen nach neuem Recht, S. 1.
2
Wellenhofer-Klein, § 9, S. 201.
3
Schmidt, Detlef, NJW 1991,S. 145.
4
BHG, NJW, 1997, 2043 unter I. 2. c.
5
Hensen, in Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 9-11, Rn. 295.

Ausgewählte zu untersuchende Klauseln
4
B. Ausgewählte zu untersuchende Klauseln
I.
Klauseln zur Rügeobliegenheit in Allgemeinen Einkaufsbedingun-
gen
Die Rügeobliegenheit im nationalen und internationalen Warenverkehr ist ein
signifikanter und sensibler Punkt in der Gestaltung und Verwendung von
EKB, da von der ordnungsgemäßen Ausgestaltung der Rüge die ungekürz-
ten Mangelansprüche des Käufers abhängen. Aufgrund dieser elementaren
Bedeutung im Hinblick auf die vollständige Durchsetzungsfähigkeit der Rech-
te des Käufers im Falle eines Mangels, lassen sich Klauseln zur Rügeoblie-
genheit in nahezu allen verwendeten Einkaufbedingungen finden, was die
zentrale Rolle der Rüge im Handelsverkehr verdeutlicht.
II.
Tatsächlich von der Wirtschaft verwendete Klauseln
Da diese Arbeit nicht sämtliche Klauseltypen zur Rügeobliegenheit analysie-
ren kann, dienen als Untersuchungsgrundlage drei tatsächlich von der Wirt-
schaft verwendete Klauseln, die im aktuellen Geschäftsverkehr der Unter-
nehmen eingesetzt und damit Vertragsbestandteil der Zulieferverträge wer-
den. Aufgeführt sind die Klauseln im Anhang unter I. Es handelt sich um drei
verschiedene Unternehmen, aus drei unterschiedlichen Branchen, jedoch mit
verwandtem Unternehmensstatus, da alle Hersteller sind und viele Teile zu-
kaufen. Die Klauseln beinhalten alle Regelungen, die von Kernpunkten der
gesetzlichen Bestimmung abweichen, sie abändern oder abbedingen. Diese
Modifikationen werden überprüft.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
5
C. Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand
der Inhaltskontrolle nach verschiedenen Rechts-
standards
I. Allgemeines
Im Folgenden wird unterstellt, dass die Einkaufsbedingungen lediglich im
Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern im Sinne des § 14 BGB benutzt
werden, so dass es sich um eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB handelt,
nicht nach §§ 308, 309 BGB, da diese im Geschäftsverkehr zwischen Unter-
nehmern gemäß § 310 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sind. Ebenfalls unbe-
handelt bleiben die Bereiche der erfolgreichen Einbeziehung der EKB bzw.
Fragen der Nichteinbeziehung nach den Bedingungen des §§ 305 b BGB,
305 c BGB. Weiterhin wird auch die Schrankenregelung nach § 307 Abs. 3
BGB als hier unzutreffend unterstellt, da es sich bei den zu prüfenden Klau-
seln um Vertragsbedingungen handelt, die die Rechte einer Partei nicht nur
sichern, sondern ausbauen wollen
6
und somit generell von der gesetzlichen
Regelung abweichen. Weiterhin wird dargestellt, nach welchen Prüfungs-
maßstäben die hier zu untersuchenden Klauseln beurteilt werden können,
bzw. müssen und ob sie diesen entsprechen. Die verschiedenen Stufen der
Inhaltskontrolle beginnen mit der AGB-Recht Vorschrift § 307 BGB als Gene-
ralklausel, später materiell konkretisiert anhand der Vorschriften § 377 HGB
und Art. 39 CISG.
II.
Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
1. Allgemeines
Im folgenden Teil werden die Maßstäbe der Inhaltskontrolle gemäß § 307
BGB aufgezeigt, anhand derer sich die zu untersuchenden EKB, die immer
als AGB behandelt werden, unterziehen müssen. Die Kontrolle nach AGB-
Kontrolle ist mehr eine formelle Überprüfung, da der tatsächliche Inhalt der

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
6
Klausel zur Rügeobliegenheit nach deutschem Handelsgesetzbuch beurteilt
wird. Aufgrund der einseitig ausgeübten Vertragsgestaltungsfreiheit bei AGB
seitens des Verwenders ist, auch aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses
der Lieferanten, eine gesetzliche Beschränkung des Inhaltes von AGB not-
wendig. Die Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB bildet den Mittelpunkt der
Inhaltskontrolle, sie bildet ebenso den Prüfungsmaßstab für die Beurteilung
des rechtlich zulässigen Inhalts von Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
ergo auch von Allgemeinen Einkaufsbedingungen.
7
Demzufolge sind AGB
unwirksam, wenn sie einen Vertragspartner unangemessen benachteiligen (§
307 Abs. 1 BGB). Ebenfalls ist eine unangemessene Benachteiligung im
Zweifel anzunehmen, wenn eine AGB-Klausel mit dem wesentlichen Grund-
gedanken einer gesetzlichen Regelung unvereinbar ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB) oder sie wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des
Vertrages ergeben, so einschränkt, dass eine Erreichung des Vertragszwe-
ckes nicht mehr als gegeben gilt.
8
Grundlage dieser Inhaltskontrolle ist also
das Verbot, den Vertragspartner in AGB entgegen den Geboten von Treu
und Glauben unangemessen zu benachteiligen.
9
Die offene Inhaltskontrolle
nach § 307 BGB ist, wie alle Generalklauseln, so weit und unbestimmt ge-
fasst, dass sie für sich genommen weder gerichtlicher noch geschäftlicher
Praxis die Grundlage für brauchbare Entscheidungen liefert
10
. An dieser Stel-
le versucht § 307 Abs. 2 BGB durch Konkretisierung von typischen rechtli-
chen Kriterien, die in der Regel eine Unwirksamkeit der Klausel begründen,
Abhilfe zu schaffen.
11
6
Schulte-Nölke/Frenz/Flohr, Formularbuch Vertragsrecht, Einkaufsbedingungen Rn. 27.
7
Roloff, in Erman, BGB, Vor. §§ 307 ­ 309 Rn. 2.
8
Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a § 307 Rn. 21.
9
Roloff, in Erman, BGB, Vor. §§ 307 ­ 309 Rn. 1; ähnl. Basedow, in Münchner Kommentar
BGB Bd. 2a § 307 Rn. 29; Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 35; Heinrichs, in Pa-
landt, BGB, § 307 Rn 6; Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9 Rn 8;
Wolf, in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 3. Aufl. § 9 Rn. 25.
10
Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a § 307 Rn. 21.
11
Heinrichs, in Palandt, BGB, § 307 Rn 2.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
7
2.
Gegenstand der Inhaltskontrolle
Jede selbständige, einen eigenen Regelungsinhalt aufweisende AGB-Klausel
ist Gegenstand der Kontrolle. Abgestellt wird dabei auf den tatsächlichen In-
halt der Klausel, nicht auf die Handhabung. Ist der tatsächliche Inhalt nicht
offensichtlich, muss dieser zunächst durch objektive Auslegung ermittelt wer-
den.
12
3.
Maßstab der Inhaltskontrolle
Eine die typischen Verhältnisse berücksichtigende, generalisierende Betrach-
tungsweise bildet den Maßstab der Kontrolle. So richtet sich die Prüfung der
Angemessenheit nicht nach den individuellen und konkreten Umständen des
Einzelfalls oder den besonderen Interessen der Vertragspartner. Ferner
spielt die Weise des tatsächlichen Gebrauchs der Klausel durch den Ver-
wender ebenso keine Rolle. Anhand des generell abstrakten Charakters der
AGB-Prüfung wird festgestellt, wie die Bestimmung unter Berücksichtigung
von allen in Betracht kommenden Fallgestaltungen verwendet werden könn-
te.
13
Mithin ist auch bei generell abstrakter Betrachtungsgrundlage nicht aus-
geschlossen, dass die Besonderheiten des jeweiligen Vertragstypen sowie
die unterschiedlichen Interessenanlagen, soweit diese abstrahierbar und ty-
pisierbar sind
14
, bei der Auslegung zu berücksichtigen sind.
15
4. Unwirksamkeit
wegen
unangemessener Benachteiligung
Wie bereits festgestellt, rührt die Unwirksamkeit einer Klausel gemäß § 307
Abs. 1 BGB von der unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners
nach den Geboten von Treu und Glauben her. Die Inhaltskontrolle impliziert
also, dass die Bestimmung den Kunden benachteiligt. Ebenso muss diese
12
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 4; Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a §
307 Rn. 33.
13
BGH, NJW 1983, 159; 1985, 320; 1988, 2537.
14
BGH, NJW 1986, 2102.
15
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 5; ähnl. Heinrichs, in Palandt, BGB, § 307 Rn 4.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
8
Benachteiligung unangemessen sein, der Interessenabwägung und der Ab-
wägung unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhaltes standhal-
ten.
16
Dem Feststellungselement der Benachteiligung wird also noch das
Wertungselement der Angemessenheitsprüfung zu Seite gestellt.
17
a)
Feststellungselement der Benachteiligung
Um zu beurteilen, ob eine Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB benachteiligend
ist, muss das ohne diese Klausel geltende dispositive Recht als Grundlage
herangezogen werden.
18
Generell ist eine Bestimmung also benachteiligend,
wenn sie die Interessen der Vertragspartner in einer vom Gesetz abweichen-
den Weise regelt. Jedoch ist nicht jede vom Gesetzestext abweichende und
für die Vertragspartner ungünstige Regel automatisch auch benachteiligend,
da diese dem vertraglichen Regelungsgedanken der Parteiautonomie entge-
gengesetzt wäre, von dispositiven Vorschriften per Parteivereinbarung abzu-
weichen. Das Merkmal der benachteiligenden Abweichung gibt den Aus-
schlag. Die Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB ist also lediglich
als eine Interessenbeeinträchtigung zu sehen.
19
An dieser Stelle kommt das
Element der Unangemessenheit zum Tragen.
b) Unangemessenheit
als
Wertungselement
Dem Begriff der Unangemessenheit liegt die Vorstellung zu Grunde, dass ein
Vertrag im Wesentlichen einen Interessenausgleich zwischen den Vertrags-
partners darstellt. Ist dies beidseitige Streben nach inhaltlicher Richtigkeit
dieses substantiellen Ausgleiches nicht gegeben, so orientiert sich die nega-
tive Fassung des Gesetzes (,,unangemessen" - § 307 Abs. 1 BGB) an den
objektiven Beurteilungsmöglichkeiten und unterstellt Unangemessenheit. Die
Unangemessenheit einer AGB-Klausel gilt als angenommen, wenn der Ver-
wender mithilfe dieser eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners
16
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 7; ähnl. Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a
§ 307 Rn. 30.
17
BGH NJW 1994, 1069, 1070.
18
BGH NJW 1994, 1070, ähnl. Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 90.
19
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 8.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
9
durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragsgegners in adä-
quater Weise zu berücksichtigen und ihm einen angemessen Interessenaus-
gleich zuzugestehen. Im Hinblick auf die zu beurteilende eventuelle Unan-
gemessenheit einer Klausel hat der Rechtsanwender unter Bezugnahme des
vertraglichen Interessensausgleichs die beiderseitigen Interessen der Ver-
tragspartner angemessen abzuwägen.
20
Weiterhin stellt der ergänzende Be-
zug auf Treu und Glauben klar, dass der vertragliche Interessenausgleich
grundsätzlich fair zu sein hat. Grundlegende Elemente der Angemessen-
heitsprüfung sind also neben der Benachteiligung des Vertragspartners, die
gerechtfertigten Gegeninteressen des Verwenders, sowie die daraus abgelei-
tete Erforderlichkeit der in der Klausel verankerten Interessenbeeinträchti-
gung. Ebenso ist eine etwaige in der Klausel enthaltene Kompensation der
möglichen Beeinträchtigung durch anderweitige Vorteile zugunsten des Ver-
tragspartners von Wichtigkeit.
21
Die Wirksamkeit einer vertraglichen Bestim-
mung ist also gemäß § 307 Abs. 1 BGB gewährleistet, wenn diese die bei-
derseitigen Interessen angemessen zum Ausgleich bringt. Um diese Frage
zu beantworten, ist eine Ermittlung der Interessen der Vertragspartner, sowie
deren Abwägung notwendig.
22
c)
Interessenabwägung unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts
Die Abwägung der Interessen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ei-
ner AGB-Klausel findet zwischen den beiden am Vertrag beteiligten Parteien
und deren Interessen statt.
23
Gegenübergestellt werden innerhalb der unfas-
senden Interessenabwägung also einmal die Beweggründe, die den Ver-
wender dazu veranlassen, an der fraglichen Klausel festzuhalten, sowie um-
gekehrt die Interessen des Vertragspartners, die zu prüfende Klausel zu ver-
werfen. Nun ist zu bestimmen, welchen Konsequenzen eine eventuelle Un-
angemessenheit und die daraus resultierende Unwirksamkeit bzw. Wirksam-
20
BGH NJW 2000, 1110; 2003, 886, 887
21
Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 96; ähnl. Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 9;
sowie Heinrichs, in Palandt, BGB, § 307 Rn 8; Wolf, in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz,
3. Aufl. § 9 Rn. 113.
22
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 9.
23
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 10; Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a §
307 Rn. 31.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
10
keit der zu Disposition stehenden Klausel für die Vertragsparteien hätte.
Hierbei ist darauf abzustellen, ob und wie jede Partei das in der Klausel be-
handelte Vertragsrisiko durch eigene Tätigkeit verhindern oder sich gegen
die Folgen der Verwirklichung des Risikos durch eigene Vorsorge schützen
kann. Sind diese Interessen bestimmt, so kommt es auf die Abwägung dieser
an, um feststellen zu können, ob eine Unwirksamkeit vorliegt.
24
Bei dieser
Abwägung ist, obwohl es um die Frage der Angemessenheit einer AGB-
Klausel geht, unter anderem auch der gesamte Vertragsinhalt zu berücksich-
tigen, es ist dementsprechend der gesamte Vertragsinhalt, sowie etwaige
Individualteile des gesamten Vertragswerkes zu würdigen.
25
Das abschließende Urteil über § 307 Abs. 1 BGB erfordert also eine umfas-
sende Würdigung aller beidseitigen Rechte und Pflichten, die sich aus dem
Vertragswerk ergeben. So entspricht es der Möglichkeit, dass eine Bestim-
mung für sich allein keine Unwirksamkeit entfaltet, der Vertragspartner je-
doch im Zusammenhang unzumutbar beeinträchtigt wird, da sein Interesse
nach den Eigenarten und dem Zweck des Vertrags nicht ausreichend gewür-
digt wird
26
. Umgekehrt ist es möglich, dass die Unangemessenheit einer Be-
stimmung mithilfe von auf den Benachteiligten abzielenden vorteilhaften Re-
gelungen kompensiert wird. Dies ist allerdings lediglich in engen Grenzen
möglich. So verliert eine unangemessen benachteiligende Klausel nicht ihre
Unwirksamkeit lediglich dadurch, dass in manchen Stellen des Klauselwer-
kes Bestimmungen zugunsten des Kunden festgelegt sind. Der Benachteili-
gungseffekt kann nur durch Bestimmungen wiederaufgehoben und damit
neutralisiert werden, wenn eine andere Bestimmung dem Vertragspartner
einen ausgleichenden Vorteil verschafft. Diese vorteilhafte Klausel muss ers-
tens mit der benachteiligenden Regel derart sachlich zusammenhängen,
dass sie als Gesamtregelungen einer einheitlichen Thematik angesehen
24
Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a § 307 Rn. 31.
25
Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a § 307 Rn. 32; Ähnl. Roloff, in Erman,
BGB, § 307 Rn. 10; Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 124; sowie Heinrichs, in Pa-
landt, BGB, § 307 Rn 8; Wolf, in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 3. Aufl. § 9 Rn. 133;
Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9 Rn 85; BGH NJW 1982, 644, 645.
26
BGH NJW 1993, 532; LG Hamburg NJW-RR 2000, 1396.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
11
werden können. Zweitens muss sie von der Gewichtung her geeignet sein,
einen angemessenen Ausgleich herstellen zu können.
27
5.
Unwirksamkeit nach § 307 I Abs. 2 BGB
Inhalt und Zweck des § 307 Abs. 2 BGB ist es, den Tatbestand der General-
klausel aus § 307 Abs. 1 BGB zu konkretisieren.
28
Dort wo die §§ 308, 309
BGB teilweise bis zu schlichten subsumtionsfähigen Tatbeständen vertiefen,
hat die erste Stufe des § 307 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB selbst noch general-
klauselartige Weite, legt dem Rechtsanwender jedoch Richtpunkte und Maß-
stäbe als Orientierungshilfe für die Angemessenheitskontrolle nahe.
29
Die
Maßstäbe der Inhaltskontrolle knüpfen, nach den Grundsätzen der Rechts-
sprechung
30
, an den Vorschriften des dispositiven Rechts an, welchem nun
eine Ordnungs- und Leitfunktion zukommt. Im Falle von Bestimmungen zur
Rügepflicht, stellt also das HGB dieses Leitbild dar. Ferner werden so ge-
setzliche Regelbeispiele dargestellt, die in einer Unwirksamkeitsvermutung
gipfeln. Die Vermutung der Unwirksamkeit ist allerdings widerlegbar, da sie
nur ,, im Zweifel" (§ 307 Abs. 2 BGB) anzunehmen ist. Ergibt eine Gesamt-
würdigung aller Umstände, dass eine Klausel den Kunden nicht unangemes-
sen benachteiligt, ist die Unwirksamkeitsvermutung nicht haltbar.
31
a)
Abweichung vom wesentlichen Grundgedanken, gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB
Die Vermutung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr.
1 BGB birgt den Gedanken in sich, dass das dispositive Recht für jeden Be-
stimmungstyp ein an der Gerechtigkeit orientierten Ausgleich der Interessen
beinhaltet. Das heißt, dass die gesetzliche Regelung impliziert, dass die ge-
27
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 11; Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz,
§ 9 Rn 85; Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 125.
28
Heinrichs, in Palandt, BGB, § 307 Rn 25; Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 220;
Basedow, in Münchner Kommentar BGB, Bd. 2a § 307 Rn. 54; Brandner, in Ul-
mer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9 Rn 129.
29
Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 220.
30
BGHZ 41, 154, 54, 110; zustimmend in der Literatur; Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen,
AGB-Gesetz, § 9 Rn. 132.
31
Heinrichs, in Palandt, BGB, § 307 Rn 25.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
12
genseitigen Interessen im Sinne der Vertragsgerechtigkeit abgewogen und
bewertet werden sollten. Doch gerade diesen gerechten Ausgleich möchte
der Verwender von EKB mit seinen Vertragsbedingungen zu seinen Gunsten
modifizieren.
32
Die Rechtssprechung unterscheidet hierbei, ob die dispositive
gesetzliche Vorschrift nicht auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte abstellt, son-
dern auf eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebotes abzielt. Es reicht aus,
wenn sich die Vorschrift im Grundsatz an einem allgemeinen Gerechtigkeits-
gedanken orientiert.
33
Die Gegenansicht der Literatur unterscheidet die
dispositiven Vorschriften zwischen solchen, die einem wesentlichen Schutz-
bedürfnis des Vertragspartners dienen und jenen, die wesentliche Ordnungs-
vorstellungen verkörpern.
34
Auch bei diesen verschieden Ansätzen zur Beur-
teilung des wesentlichen Grundgedankens einer gesetzlichen Regelung ist
im Regelfall ein übereinstimmendes Ergebnis zu erwarten, wie der Grundge-
danke des dispositiven Rechts auszulegen ist, auch wenn jeder Einzelfall
eine neue Wertungsfrage stellt.
35
Zudem unterstellt § 307 Abs. 2 Nr.1 BGB eine Abweichung vom wesentli-
chen Grundgedanken. Festzustellen ist eine Abweichung erstens durch die
Identifizierung der Norm, die den konkreten Vertragsbereich beherrscht hät-
te, wenn sie nicht durch die fragliche AGB-Regelung verdrängt worden wäre.
Weiterhin wird nun im Wege eines Rechtslagenvergleichs mit und ohne
AGB-Klausel die inhaltliche Divergenz festgestellt. Die Abweichung stellt ein
Identifizierungskriterium dar, welches sich nicht daran orientiert, in welcher
Weise diese Abweichung herbeigeführt wurde, sondern sich in einem tat-
sächlichen inhaltlichen Unterschied manifestiert. Dieser kann durch Hinzufü-
gen, Weglassen oder Verändern herbeigeführt werden. Die vielleicht präg-
nanteste Form ist die Abbedingung durch ersatzloses Streichen oder Klau-
selverweis auf andere gesetzliche Regelungen.
36
32
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 24.
33
BGH NJW 1991, 1886; 1991, 2114; BGH NJW 2001, 3480; NJW-RR 1996, 1009.
34
Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9 Rn. 129.
35
Roloff, in Erman, BGB, § 307 Rn. 24; Heinrichs, in Palandt, BGB, § 307 Rn 27.
36
Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 243, 244.

Überprüfung der Klauseln auf Wirksamkeit anhand der Inhaltskontrolle nach verschiedenen
Rechtsstandards
13
Auf der Wertungsebene setzt die Prüfung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB e-
benfalls voraus, dass der wesentliche Grundgedanke einer gesetzlichen
Norm, sowie die davon abweichende AGB-Klausel, nicht miteinander verein-
bar sind.
Im Rahmen dieser Bewertung hat ein Interessenabgleich zu erfolgen, der
nicht derart umfassend durchzuführen ist wie in § 307 Abs. 1 BGB.
37
Die Un-
vereinbarkeitsprüfung hat sich an den Interessen des Vertragspartners, als
auch an ihrem Schutz und dem Ausgleich mit den Interessen der Gegenseite
an der verdrängten gesetzlichen Norm zu richten. Es ist also direkt auf die
Abweichungsinteressen des Verwenders abzustellen und nach der Berück-
sichtigung der gesetzlich geschützten Interessen des Vertragspartners im
AGB-Modell. Zudem unterstellt der Zusatz ,,im Zweifel" eine Umkehr der Ar-
gumentationslast, die eine Unvereinbarkeit bewirkt, wenn sich nicht in beider-
lei Hinsicht substantielle Gesichtspunkte zugunsten der Klausel ergeben.
38
b)
Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten im Sinne des § 307 Abs. 2
Nr. 2 BGB
Mit der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB gibt das Ge-
setz auch einen konkretisierenden Maßstab für AGB-Klausel vor, für die es
kein gesetzliches Gerechtigkeitsbild gibt. An die Stelle des gesetzlichen Leit-
bildes werden hier Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertra-
ges ergeben, als Maßstab für die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen gehoben. Erfasst werden damit alle Verträge und Ver-
einbarungen, denen es an einer gesetzlichen Regelung im dispositiven Recht
fehlt. Die § 307 Abs. 2 Nr. 2 GBG ist somit ein Ergänzung zu Nr. 1, die neu-
artige, bisher ungeregelte Vertragstypen und ebenso atypische Varianten
von geregelten Verträgen auffängt.
39
Zwischen diesem gibt es jedoch Über-
schneidungen. Falls der wesentliche Grundgedanke einer Regelung nicht nur
37
Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9 Rn. 141.
38
BGH NJW 1990, 2065, 2066.
39
Coester, in Staudinger, BGB, § 307 Rn. 261.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836622806
DOI
10.3239/9783836622806
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Bielefeld – FB 5 - Wirtschaft, Studiengang Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (November)
Note
1,3
Schlagworte
einkauf rechtsvergleich un-kaufrecht einkaufsbedingungen rügeobliegenheit
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Titel: Wirksamkeit ausgewählter Klauseln zur Rügeobliegenheit in Allgemeinen Einkaufsbedingungen anhand von deutschem Recht und UN-Kaufrecht
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