Lade Inhalt...

Integration olfaktorischer Reize in das indentitätsbasierte Markenmanagement

Duft als zusätzlicher Differenzierungsfaktor multisensualer Markenstrategien

©2008 Diplomarbeit 86 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‘In ein bis zwei Jahren aber würde dieser Geruch gereift sein und eine Wucht bekommen, der sich kein Mensch, weder Mann noch Frau, würde entziehen können. Und die Leute würden überwältigt sein, entwaffnet, hilflos vor dem Zauber…Und sie werden alle nicht wissen, daß es nicht ihr Aussehen ist, dem sie in Wirklichkeit verfallen sind, nicht ihre angeblich makellose Schönheit, sondern einzig ihr unvergleichlicher, herrlicher Duft!’ (Das Parfum, Patrick Süskind).
Eine kontroverse Diskussion über die Bedeutung und Wirkung von Düften entbrannte schon zwischen den bedeutendsten Philosophen des 19.Jahrhunderts. Während Immanuel Kant den Geruch als niederen Sinn betrachtete, welchen es nicht zu kultivieren lohne, sah Friedrich Nietzsche Geruch als den Sinn der Wahrheit und der Weisheit an. Die Diskussion, ob Düfte eher Fluch oder Segen sind, gewinnt aktuell auch im Markenkontext zunehmend an Bedeutung. Studienergebnissen zufolge ist der Geruchssinn, als stammesgeschichtlich ältester und bisher unerforschtester aller Sinne, für knapp ein Viertel der Befragten der wichtigste Sinn zur Bewertung der Umwelt, wobei nur die visuelle Dimension als bedeutsamer eingeschätzt wird. In der Unternehmenspraxis scheinen diese Ergebnisse bisher allerdings wenig Anklang gefunden zu haben, denn während Unternehmen strategisch gezielt visuelle und auditive Identitäten konzeptualisieren, sind Düfte im Rahmen der Markenführung meistens nur zufällige Nebenprodukte. Verwunderlich ist eine mangelnde Praxisrelevanz von Düften im Markenmanagement gerade aus dem Grund, dass der Geruch beim Menschen als eines der wichtigsten identitätsstiftenden Elemente seiner Persönlichkeit gilt und einen besonderen symbolischen Gehalt hat. Ein angenehmer Geruch lässt Menschen sympathischer erscheinen und zeigt damit, wie stark Emotionen von unbewussten Sinneseindrücken geprägt werden können. Warum sollten diese Wirkungen von Duft nicht auch markenführungstechnisch genutzt werden, um die nachhaltige Differenzierungskraft von Marken zu stärken, indem sie ihre Einzigartigkeit und Individualität betonen?
Gang der Untersuchung:
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand einer literaturgestützten Analyse die unterschiedlichen Möglichkeiten sowie Beschränkungen einer Integration olfaktorischer Reize in das identitätsbasierte Markenmanagement aufzuzeigen. Den Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet dabei der zunehmende Bedeutungsgewinn multisensualer Markenstrategien im […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sven Gellert
Integration olfaktorischer Reize in das indentitätsbasierte Markenmanagement
Duft als zusätzlicher Differenzierungsfaktor multisensualer Markenstrategien
ISBN: 978-3-8366-2192-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Bremen, Bremen, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

2
I Inhaltsverzeichnis
I Inhaltsverzeichnis ... 2
II Abkürzungsverzeichnis ... 5
III Abbildungsverzeichnis ... 7
1 Einleitung ... 8
1.1 Olfaktorik als vernachlässigte Modalität in der Markenführung ... 8
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit ... 9
2 Theoretische Grundlagen für die Integration von olfaktorischen Reizen in
das identitätsorientierte Markenmanagement ... 11
2.1 Multisensuale Erlebnisse als Differenzierungskriterium einer
modernen Markenführung... 11
2.2 Markenidentität, Markenimage und Markenpositionierung als
Bezugsrahmen einer multisensualen Markenführung ... 13
2.2.1 Markenidentität als Fundament einer multisensualen
Markenführung ... 13
2.2.2 Markenimage als multisensuales Einstellungskonstrukt ... 19
2.2.3 Markenpositionierung als konzeptionelle Basis für eine
multisensuale Markenkommunikation ... 22
2.3 Physiologische und psychische Grundlagen als Basis für den Einsatz
von olfaktorischen Reizen in der Markenführung ... 23
2.3.1 Abgrenzung relevanter Begriffe in der olfaktorischen
Markenführung ... 23
2.3.2 Der Geruchssinn ... 25
2.3.3 Determinanten der Geruchswahrnehmung ... 28
2.3.3.1 Reizintensität ... 28
2.3.3.2 Riechschärfe ... 29
2.3.3.3 Reizdauer ... 30
2.3.4 Status quo der Forschung zum Einfluss olfaktorischer Reize ... 31
2.3.4.1 Wirkung olfaktorischer Stimuli auf die Aktivierung ... 31
2.3.4.2 Wirkung olfaktorischer Stimuli auf Stimmung und
Emotionen ... 33
2.3.4.3 Wirkung olfaktorischer Stimuli auf das Markenimage ... 35

3
2.3.4.4 Wirkung olfaktorischer Stimuli auf das
Konsumentenverhalten ... 38
3 Strategische und operative Implementierung von olfaktorischen Reizen
in die identitätsorientierte Markenführung ... 40
3.1 Strategisches Markenmanagement ... 40
3.1.1 Situationsanalyse - Ermittlung des sensorischen Potentials der
Marke anhand von Markenidentität, Markenimage und
Markenpositionierung ... 40
3.1.1.1 Ermittlung der sensorischen Ist-Positionierung der Marke
und des olfaktorischen Erweiterungspotentials ... 40
3.1.1.2 Ermittlung der olfaktorischen Brand Touch Points ... 43
3.1.2 Rechtlicher Rahmen beim Einsatz olfaktorischer Reize in der
Markenführung ... 45
3.2 Operatives Markenmanagement ... 46
3.2.1 Olfaktorische Ausgestaltung der relevanten Brand Touch Points
im Rahmen der Markenleistungen und Markenkommunikation .. 46
3.2.1.1 Interaktion in der Vorverkaufsphase ... 47
3.2.1.1.1 Printmedien ... 47
3.2.1.1.2 TV/Kino/Internet ... 51
3.2.1.1.3 Messen und Events ... 53
3.2.1.2 Interaktion am Point of Sale ... 54
3.2.1.2.1 Verkaufsstätte ... 54
3.2.1.2.2 Produkt/Verpackung ... 59
3.2.1.2.3 Displays ... 63
3.2.1.2.4 Personal ... 65
3.2.1.3 Interaktion in der Nachverkaufsphase ... 67
4 Fazit ... 69
4.1 Implikationen für die Praxis ... 69
4.2 Zukünftiger Forschungsbedarf ... 71

4
IV Literaturverzeichnis ... 74

5
II Abkürzungsverzeichnis
ca.
circa
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
d.h.
das heißt
et al.
et alii
EuGH
Europäischer Gerichtshof
f.
folgende
ff.
und folgende
ggf.
gegebenenfalls
ggü.
gegenüber
i.d.R.
in der Regel
i.A.a.
in Anlehnung an
Kap.
Kapitel
Nr.
Nummer
PoS
Point of Sale
S.
Seite
u.a.
unter anderem
v.a.
vor allem
Vol.
Volume
vgl.
vergleiche

6
v. Chr.
vor Christus
z.B.
zum Beispiel

7
III Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gestaltungsmittel und Sinneswahrnehmung
16
Abbildung 2: Eignung der Sinnesmodalitäten zur Darstellung von Werten
18
Abbildung 3: Zusammenhang zwischen Identität und Image der Marke
20
Abbildung 4: Odorant Receptors and the Organization of the Olfactory System
27
Abbildung 5: Branchenabhängige Nutzungsmöglichkeiten verschiedener
Sinnesmodalitäten
41
Abbildung 6: Die Ist-Positionierung und das sensorische Erweiterungspotential von
McDonald's
42
Abbildung 7: Brand Touchpoint Wheel (eigene Darstellung)
44
Abbildung 8: Synästhetische Wirkungen von Farben
49
Abbildung 9: Gestaltung des Point of Sale bei Samsung
57
Abbildung 10: Multisensuale Markenbotschaft bei Kelloggs
62

8
1 Einleitung
,,In ein bis zwei Jahren aber würde dieser Geruch gereift sein und eine Wucht bekom-
men, der sich kein Mensch, weder Mann noch Frau, würde entziehen können. Und die
Leute würden überwältigt sein, entwaffnet, hilflos vor dem Zauber...Und sie werden alle
nicht wissen, daß es nicht ihr Aussehen ist, dem sie in Wirklichkeit verfallen sind, nicht ih-
re angeblich makellose Schönheit, sondern einzig ihr unvergleichlicher, herrlicher Duft!"
(Das Parfum, Patrick Süskind)
1.1 Olfaktorik als vernachlässigte Modalität in der Marken-
führung
Eine kontroverse Diskussion über die Bedeutung und Wirkung von Düften
entbrannte schon zwischen den bedeutendsten Philosophen des 19.
Jahrhunderts. Während Immanuel Kant den Geruch als niederen Sinn be-
trachtete, welchen es nicht zu kultivieren lohne, sah Friedrich Nietzsche
Geruch als den Sinn der Wahrheit und der Weisheit an.
1
Die Diskussion,
ob Düfte eher Fluch oder Segen sind, gewinnt aktuell auch im Markenkon-
text zunehmend an Bedeutung. Studienergebnissen zufolge ist der Ge-
ruchssinn, als stammesgeschichtlich ältester und bisher unerforschtester
aller Sinne, für knapp ein Viertel der Befragten der wichtigste Sinn zur
Bewertung der Umwelt, wobei nur die visuelle Dimension als bedeutsamer
eingeschätzt wird.
2
In der Unternehmenspraxis scheinen diese Ergebnisse
bisher allerdings wenig Anklang gefunden zu haben, denn während Un-
ternehmen strategisch gezielt visuelle und auditive Identitäten konzeptua-
lisieren, sind Düfte im Rahmen der Markenführung meistens nur zufällige
Nebenprodukte. Verwunderlich ist eine mangelnde Praxisrelevanz von
Düften im Markenmanagement gerade aus dem Grund, dass der Geruch
beim Menschen als eines der wichtigsten identitätsstiftenden Elemente
seiner Persönlichkeit gilt und einen besonderen symbolischen Gehalt hat.
1
Vgl. R
EMPEL
(2006), S. 3.
2
Vgl. L
INDSTROM
(2005), S. 69.

9
Ein angenehmer Geruch lässt Menschen sympathischer erscheinen und
zeigt damit, wie stark Emotionen von unbewussten Sinneseindrücken ge-
prägt werden können.
3
Warum sollten diese Wirkungen von Duft nicht
auch markenführungstechnisch genutzt werden, um die nachhaltige Diffe-
renzierungskraft von Marken zu stärken, indem sie ihre Einzigartigkeit und
Individualität betonen?
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand einer literaturgestützten
Analyse die unterschiedlichen Möglichkeiten sowie Beschränkungen einer
Integration olfaktorischer Reize in das identitätsbasierte Markenmanage-
ment aufzuzeigen. Den Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet dabei
der zunehmende Bedeutungsgewinn multisensualer Markenstrategien im
Kontext der erlebnisorientierten Markenführung (Kap. 2.1). Da allen Aus-
führungen eine identititätsorientierte Markenperspektive zugrunde liegt,
wird zuerst das theoretische Rahmenwerk der identitätsorientierten Mar-
kenführung dargestellt. Im Mittelpunkt stehen dabei die zentralen theoreti-
schen Konzepte der Markenidentität, des Markenimages und der Marken-
positionierung (Kap. 2.2). Darauf aufbauend widmet sich die Arbeit den
notwendigen physiologischen und psychischen Besonderheiten, welche
für eine Einbettung olfaktorischer Reize in das identitätsbasierte Marken-
management relevant sind (Kap. 2.3). Dazu zählen die Funktionsweise
des Geruchssinns, die Determinanten der Geruchswahrnehmung sowie
die duftinduzierten Wirkungen auf markenrelevante Verhaltenskonstrukte.
Das Kapitel 3 beschäftigt sich dann konkret mit der strategischen Planung
und den operativen Umsetzungs- bzw. Gestaltungsmöglichkeiten olfakto-
rischer Reize im identitätsorientierten Markenmanagement. Im Blickpunkt
des strategischen Markenmanagements (Kap. 3.1) steht die Analyse der
sensorischen Markenpositionierung, auf deren Basis das olfaktorische
(Erweiterungs-) Potential der Marke festgestellt wird, welches wiederum
eine Grundlage für die Identifizierung relevanter olfaktorischer Brand
Touch Points bildet. Die Erläuterung relevanter rechtlicher Aspekte beim
3
Vgl. L
I ET AL
. (2007), S. 1044.

10
Einsatz von Düften in der Markenführung schließt die strategischen Über-
legungen ab. Kapitel 3.2 widmet sich dann konkret den operativen Umset-
zungsmöglichkeiten und praktischen Einschränkungen olfaktorischer Rei-
ze anhand ausgewählter Marken-Kunde-Berührungspunkte. Abschließend
werden in Kapitel 4 die praktischen Handlungsempfehlungen für das Mar-
kenmanagement zusammenfassend dargestellt, Vorschläge für den For-
schungsbedarf in diesem noch recht jungen Themenfeld gegeben und ein
kurzer Ausblick über die möglichen Entwicklungstendenzen einer multi-
sensualen Markenführung mit Duft gegeben.

11
2 Theoretische Grundlagen für die Integration von
olfaktorischen Reizen in das identitätsorientierte
Markenmanagement
2.1 Multisensuale Erlebnisse als Differenzierungskriterium
einer modernen Markenführung
Die zunehmende technisch-funktionale Homogenität von Produkten hat
dazu geführt, dass affektiven Faktoren im Kaufentscheidungsprozess eine
größere Bedeutung zugeschrieben wird als kognitiven Einflüssen.
4
Auf
Konsumentenseite hat insbesondere eine veränderte Wertorientierung da-
zu beigetragen, dass die emotional-symbolische ,,Sinnstiftung" von Marken
immer mehr in den Fokus rückt.
5
Die Erlebnisqualität von Marken wird zu
einem immer wichtigeren Kaufkriterium und Produkte ohne ,,Erlebniswert"
verlieren zunehmend an Relevanz.
6
Vor diesem Hintergrund kann das
21.Jahrhundert eindeutig als Erlebniszeitalter klassifiziert werden, in wel-
chem anstelle von Produkten und Dienstleistungen verstärkt Markenerleb-
nisse nachgefragt werden. Die Konsequenz dieser Entmaterialisierung
des Konsums ist, dass der Aufbau markenspezifischer Erlebniswelten
heutzutage längst zu einer Kernaufgabe der Markenführung geworden ist.
7
Diese Neuorientierung und Hinwendung zu erlebnisorientiertem Marken-
management hat allerdings auch dazu geführt, dass der Begriff ,,Erlebnis"
4
Vgl. B
URMANN
/N
ITSCHKE
(2005) S. 388.
5
Vgl. B
URMANN
/
M
EFFERT
(2005a) S. 92.
6
Vgl. T
HIEMER
(2004) S. 65. Unter dem Begriff Erlebniswert verstehen K
ROEBER
-
R
IEL
/W
EINBERG
den ,,subjektiv erlebten durch die Kommunikation oder das Produkt oder
die Einkaufsstätte vermittelten Beitrag zur Lebensqualität des Konsumenten[...] Es han-
delt sich dabei um sinnliche Erlebnisse, die in der Gefühls- und Erfahrungswelt der Kon-
sumenten verankert sind und einen realen Beitrag zur Lebensqualität leisten." (2003, S.
116).
7
Vgl. K
ROEBER
-R
IEL
/W
EINBERG
(2003) S. 127.

12
inzwischen inflationär verwendet wird.
8
Gekauft wird in der Erlebniswelt
von IKEA, gegessen wird in der Erlebnisgastronomie Hard Rock Café und
seine Freizeit verbringt der Konsument in Erlebnisbädern, Erlebniszoos
oder auf Erlebnisreisen. Dieser erhöhte Erlebniswettbewerb führt dazu,
dass nicht wie bisher nur Produkte und Dienstleistungen als austauschbar
empfunden werden, sondern zunehmend auch nicht mehr jedes Erlebnis-
versprechen von Unternehmensseite her eingelöst werden kann, da es an
der Differenzierungsfähigkeit der gebotenen Markenerlebnisse mangelt.
G
ILMORE
und P
INES
(2000) betonen, dass Erlebnisse kontinuierlich durch
das Hinzufügen oder das Verändern von Elementen aufgefrischt werden
müssen, um den Kunden immer wieder neu überraschen und begeistern
zu können und somit die emotionale Bindung zur Marke zu stärken.
9
Diese
emotionale Erlebniswirkung kann insbesondere dadurch gesteigert wer-
den, dass ,,multisensuale"
10
Reize in ungewohnter Weise kombiniert wer-
den
11
. Durch diese simultane Ansprache mehrerer Sinne erhalten Mar-
kenerlebnisse einen einzigartigen und unvergesslichen Charakter, da di-
verse modalspezifisch ausgelöste Einzelerlebnisse in effektiver Weise zu
einem emotionalen Gesamterlebnis verknüpft werden können.
12
Somit
existiert eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten nonverbaler und
verbaler Reize, welche es ermöglichen, die gewünschten Kommunikati-
ons- bzw. Erlebnisinhalte multisensual mit dem Erlebnisthema in Harmo-
nie zu bringen.
13
Die Vermittlung von multisensualen Erlebnissen bietet gerade deshalb
noch unerschlossenes Differenzierungspotential für Marken, da die meis-
ten Unternehmen markenführungstechnisch immer noch sehr stark auf die
8
Im G
ROßEN
B
ROCKHAUS
(2000) ist Erleben definiert als ,,das subjektive Innewerden von
Vorgängen oder Zuständen der Innen- oder Außenwelt, besonders von Inhalten (Erleb-
nissen), die als bedeutsam empfunden werden. Umfang, Inhalt und Struktur des Erlebnis-
feldes sind individualtypisch unterschiedlich".
9
Vgl. P
INES
/G
ILMORE
(2000), S. 21.
10
Als ,,multisensual" werden Markenerfahrungen bezeichnet, welche mehrere sensori-
sche Dimensionen (Optik, Akustik, Olfaktorik, Haptik und Gustatorik) einschließen (vgl.
H
IRSCHMAN
/H
OLBROOK
, 1982, S. 93).
11
Vgl. K
ROEBER
-R
IEL
/W
EINBERG
(2003), S. 119, siehe auch L
INDSTROM
(2004), S. 127.
12
Vgl. K
ROEBER
-R
IEL
/W
EINBERG
(2003), S. 123, siehe auch L
INDSTROM
(2004), S. 11.
13
Vgl. S
TÖHR
(2004) S. 450.

13
Sinne fokussiert sind, welche mit der Primärfunktion ihrer Produkte und
Dienstleistungen zusammenhängen und somit vorwiegend die klassischen
Sinnesmodalitäten Optik und Akustik eine übergeordnete Rolle spielen.
14
Diese Vernachlässigung bestimmter Reizmodalitäten in der Markenfüh-
rung sowie deren suboptimale Abstimmung kann aber zu erheblichen
Wirkverlusten führen, da sie den Konsumentenbedürfnissen nach sensua-
ler Anregung und verfeinertem emotionalem Erleben nicht in hohem Maße
Rechnung tragen.
15
Diese Rahmenbedingungen führen dazu, dass Unternehmen vermehrt
versuchen, weitere Sinnesmodalitäten in ihre mono- bzw. duosensualisti-
schen Markenstrategien einzubetten, wobei sich die vorliegende Arbeit in-
sbesondere der Bedeutung von olfaktorischen Reizen im Markenkontext
widmet. Das theoretische Rahmenwerk der identitätsorientierten Marken-
führung, welches als Bezugsobjekt für alle strategischen und operativen
Markenüberlegungen dient, wird nachfolgend erläutert.
2.2 Markenidentität, Markenimage und Markenpositionie-
rung als Bezugsrahmen einer multisensualen Markenfüh-
rung
2.2.1 Markenidentität als Fundament einer multisensualen Marken-
führung
Ausgangspunkt jeglicher konzeptioneller Überlegungen zur Umsetzung
einer multisensualen Markenstrategie ist eine gründliche Analyse der Mar-
kenidentität, welche die essenziellen, wesensprägenden Merkmale erfasst
und beschreibt, für welche die Marke zunächst nach innen und später
auch nach außen stehen soll.
16
B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
definieren die
14
Vgl. L
INDSTROM
(2004), S. 125 und 188 f.
15
Vgl. K
ROEBER
-R
IEL
/W
EINBERG
(2003), S. 123 f.
16
Vgl. B
URMANN
/M
EFFERT
(2005b) S. 51, siehe auch E
SCH
(2005) S. 90 und E
SCH
(2003)
S. 84.

14
Markenidentität als ,,diejenigen raum-zeitlichen Merkmale der Marke, die
aus Sicht der internen Zielgruppen in nachhaltiger Weise den Charakter
der Marke prägen".
17
Die Markenidentität manifestiert sich dabei aber nicht
ausschließlich aus innenorientierter Sichtweise, sondern entsteht erst in
der wechselseitigen Beziehung zwischen internen und externen Bezugs-
gruppen der Marke. Es wird deshalb bei der Markenidentität zwischen ei-
nem Selbstbild und einem Fremdbild der Identität (Markenimage) unter-
schieden, wobei die Stärke der Markenidentität aus der Übereinstimmung
von Selbstbild und Fremdbild resultiert.
18
Eine zielorientierte multisensuale
Markenführung muss sich an den sechs konstitutiven Komponenten der
Markenidentität orientieren, welche die Markenherkunft, die Markenkom-
petenz, die Art der Markenleistungen, die Markenvision, die Markenwerte
und die Markenpersönlichkeit umfassen.
19
Die Markenherkunft bildet das Fundament der Markenidentität.
20
Sie be-
tont einzelne markenprägende Facetten der Markenhistorie, welche sich
auf die regionale, kulturelle oder institutionelle Herkunft der Marke bezie-
hen können, und verleiht damit der Marke Authentizität und Glaubwürdig-
keit.
21
Entscheidend für die Markenherkunft, als langfristig gestaltbarer
Identitätskomponente der Markenführung, ist dabei die Wahrnehmung der
Markenherkunft aus Nachfragersicht, welche nicht notwendigerweise mit
den realen Herkunftsaspekten der Marke korrelieren muss.
22
Vor dem Hin-
17
B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003) S. 16. Unter dem Begriff der ,,Marke" verstehen die
Autoren dabei ,,ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass
sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basis-
bedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert." Dieses
Markenverständnis liegt auch den nachfolgenden Ausführungen der vorliegenden Arbeit
zugrunde.
18
Vgl. B
URMANN
/
M
EFFERT
(2005b), S. 51 ff.
19
Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003), S. 17.
20
Vgl. M
EFFERT
/B
URMANN
(2005b), S. 58. E
SCH
(2003) betont, dass der Ausgangspunkt
jeder Markenüberlegung die ,,Wurzeln der Marke" sind und K
APFERER
stellt darüber hi-
naus fest: ,,Identity is born out of the early founding acts of a brand"
(2004, S.
120).
21
Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003), S. 18, siehe auch B
LINDA
(2003), S. 38.
22
T
HAKOR
/K
OHLI
(1996, S. 27). Auch K
APFERER
(2004, S. 120) stellt fest, dass Unterneh-
men die Wahrnehmung ihrer Markenherkunft aktiv beeinflussen: ,,Certain brands naturally
convey the identity of their country of origin. Others are totally international (Ford, Opel,
Mars, Nuts). Others still have made every possible effort to hide their national identity:
Canon never refers to Japan, while Technics has adopted an Anglo-Saxon identity
though the company is Japanese."

15
tergrund multisensualer Sinneseindrücke fällt auf, dass die Transformation
der Markenherkunft in der Praxis vorwiegend visuell erfolgt, obwohl auch
der Einsatz anderer Sinnesmodalitäten denkbar ist. K
RUGMANN
(2007)
verweist hier insbesondere auf die Transformation der Markenherkunft in
ein auditives Äquivalent, welches von Marken wie z.B. Bacardi, Fosters
oder auch IKEA zur nachhaltigen Differenzierung genutzt wird. Auch die
Verwendung von olfaktorischen Reizen in diesem Rahmen ist denkbar, da
auch Gerüche z.B. länder- oder regionenspezifische Assoziationen vermit-
teln können.
23
Die Nutzung mehrerer Sinnesmodalitäten im Rahmen einer
multisensualen Ansprache des Konsumenten kann dazu beitragen, dass
im Kontext der Markenhistorie einer ,,Erstarrung der Marke" vorgebeugt
wird, indem innovative Transformationswege beschritten werden.
24
Die Markenidentität wird außerdem durch die Markenkompetenz deter-
miniert, welche als
organisationale Fähigkeit eines Unternehmens be-
schrieben wird, bestimmte Ressourcen geschickt und marktgerecht mitei-
nander zu kombinieren, um somit eine Marke schaffen zu können.
25
Das
zentrale Ziel dieser Identitätskomponente ist die Generierung eines
dauerhaft überlegenen Kundennutzens, der auf temporären Wissensvor-
sprüngen basiert.
26
Dieses Handlungspotential einer Unternehmung zur
marktgerechten Kombination von Ressourcen ist aus multisensualer Sicht
oftmals schwierig zu operationalisieren und findet deshalb meist nur indi-
rekt über die Form und Art der Markenleistung Ausdruck. Eine olfaktori-
sche Symbolisierung der Markenkompetenz könnte beispielsweise der
Duft alter Eichenfässer bei einer Whiskey-Marke sein, welcher als Surro-
gat für qualitativ hochwertigen Whiskey steht.
27
Basierend auf der Markenkompetenz wird bei der Form und Art der Mar-
kenleistungen festgelegt, wie eine Marke für den Nachfrager nutzbar
23
Beispielsweise ist der Duft der Bergamotte, einer Zitruspflanze, ein Produkt mit ge-
schützter Herkunftsbezeichnung (,,bergamotto calabrese") aus der süditalienischen Regi-
on Kalabrien. Quelle:
www.ksta.de
[Abruf 02.02.08].
24
Vgl. B
URMANN
/S
TOLLE
(2007) S. 67.
25
Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003) S. 20.
26
Vgl. B
URMANN
/M
EFFERT
(2005b) S. 60.
27
Vgl. H
EHN
(2007), S. 186.

16
wird, d.h. welchen funktionalen Nutzen die Marke dem Konsumenten bie-
ten soll.
28
Die Festlegung der Form und Ausstattung von Produkten und
Dienstleistungen muss sich dabei an den übrigen Komponenten der Mar-
kenidentität orientieren, damit Widersprüche vermieden werden und ein
möglichst großer Identitätsfit erzeugt werden kann.
29
Die Form und Art der
Markenleistungen bestimmt dabei in hohem Maße, inwieweit verschiedene
Sinnesmodalitäten integraler Bestandteil der physikalisch-funktionellen
Merkmale der Marke sind. So können Optik, Haptik, Akustik, Olfaktorik,
und Gustatorik und jegliche Kombination dieser Sinnesmodalitäten pro-
duktimmanente Bestandteile sein und damit einen Grundnutzen erfüllen
oder aber einen Zusatznutzen für den Nachfrager bilden.
30
Einen Über-
blick über die multisensualen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Art und
Form der Markenleistungen, gibt nachfolgende Abbildung.
Abbildung 1: Gestaltungsmittel und Sinneswahrnehmung
Quelle: Kilian/Brexendorf (2007), S. 12
Inwieweit olfaktorische Reize einen Beitrag zur Informations-, Vertrauens-
und Risikoreduktions- bzw. Qualitätssicherungsfunktion leisten können,
28
Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003) S. 21.
29
Vgl. E
BENDA
(2003), S. 21 f.
30
Vgl. K
NOBLICH ET AL
. (2003), S. 63. Nach M
EFFERT
(2000) gliedert sich der Produktnut-
zen in den Grundnutzen eines Produktes und seinen Zusatznutzen, welcher sich aus
ästhetischen (Erbauungsnutzen) und sozialen Eigenschaften (Geltungsnutzen) des Pro-
duktes ergibt (vgl. S. 333).

17
wird in Kapitel 2.3.5 näher erläutert.
Den vierten Baustein der Markenidentität bildet die Markenvision, welche
die langfristige Entwicklungsrichtung einer Marke vorgibt und somit den
internen Zielgruppen als Orientierungs-, Identifikations- und Motivations-
funktion dient.
31
Zusammen mit den Markenwerten und der Markenper-
sönlichkeit bestimmt sie den symbolischen Nutzen der Marke und ist da-
her sehr emotional geprägt.
32
Die Markenvision in einem multisensualen
Kontext kann, abhängig von der Unternehmensstrategie, die folgenden
Fragen aufwerfen:
·
Inwiefern sollen zukünftig weitere Sinnesmodalitäten in die Mar-
kenführung zur Realisierung der Unternehmensziele eingebun-
den werden?
·
Besteht zukünftiger Anpassungsbedarf bzw. Harmonisierungs-
bedarf bei den bisher genutzten Sinnesmodalitäten?
Die Grundüberzeugungen von Management und Mitarbeitern, aber auch
die Wünsche der relevanten Zielgruppe an eine ideale Marke drücken sich
in den Markenwerten aus.
33
Diese Glaubenssätze betonen insbesondere
die Emotionalität, mit der eine Marke aufgeladen werden kann, denn heut-
zutage stellen die Gefühle, die mit einer Marke verbunden sind, oftmals
ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal dar.
34
Um die Markenwerte
und den damit verbundenen symbolischen Nutzen der Marke eindeutig
und unmissverständlich zu vermitteln, muss sich die Markenführung dabei
auf wenige emotionale Kernaussagen beschränken.
35
Auch die Marken-
werte bieten konkrete Ansatzpunkte für eine multisensuale Kundenans-
prache, allerdings mangelt es bisher an der empirischen Fundierung die-
ser Ansätze. Einen ersten Versuch die Markenwerte über alle fünf Sinne
zu inszenieren haben die Strategieagentur different GmbH und die Bran-
31
Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003) S. 22.
32
Vgl. B
URMANN
/M
EFFERT
(2005b) S. 61.
33
Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003) S. 22.
34
Vgl. M
EFFERT
(2000) S. 113 und Vgl. B
URMANN
/B
LINDA
/N
ITSCHKE
(2003) S. 22.
35
Vgl. B
URMANN
/M
EFFERT
(2005b) S. 62

18
ding Agentur Metadesign AG mit der Entwicklung einer 5-Sense-Branding-
Box unternommen. Als theoretische Grundlage für die multisensuale
Übersetzung der Markenwerte dient bei dem Mehrmethodenansatz die
Wertetheorie nach S
CHWARTZ
, welcher zehn grundsätzliche Wertefelder
identifiziert hat, die das gesamte Spektrum aller möglichen Werte reprä-
sentieren sollen.
36
Ziel der 5-Sense-Branding-Box ist es, zu untersuchen
welche Werte mit bestimmten Sinnesmodalitäten verbunden sind und für
welche Wertdimensionen welcher Reiz prägend ist. Eine Übersicht über
die Eignung von Sinnen zur Kommunikation von Werten gibt die folgende
Abbildung.
Lebensfreude
Freiheit
Wohlwollen
Tradition
Leistung
Spannung
Ausgewogenheit
Norm
Macht
Sicherheit
Sehen
Hören
Riechen
Schmecken
Fühlen
--
--
--
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
-
-
-
-
-
-
-
+
+
Lebensfreude
Freiheit
Wohlwollen
Tradition
Leistung
Spannung
Ausgewogenheit
Norm
Macht
Sicherheit
Sehen
Hören
Riechen
Schmecken
Fühlen
--
--
--
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
++
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
-
-
-
-
-
-
-
+
+
Abbildung 2: Eignung der Sinnesmodalitäten zur Darstellung von Werten
Quelle:
www.different.de
(eigene Darstellung) [Abruf 22.01.08]
Im Fokus dieser Arbeit stehen dabei insbesondere das Potential und die
Beschränkungen olfaktorischer Reize zur Emotionalisierung von Marken
und zur Kommunikation emotionaler Markeninhalte, auf die gezielt in Kap.
3.2 im Rahmen des operativen Markenmanagements eingegangen wird.
36
www.different.de
und
www.metadesign.de
[Abruf 22.01.08]. Die zehn Wertefelder, wel-
che S
CHWARTZ
identifiziert, sind namentlich: Macht, Lebensfreude, Freiheit, Wohlwollen,
Tradition, Leistung, Spannung, Ausgewogenheit, Norm und Sicherheit (1992, ohne Sei-
te).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836621922
DOI
10.3239/9783836621922
Dateigröße
3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bremen – 7 Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement
Erscheinungsdatum
2008 (November)
Note
2,0
Schlagworte
duft markenführung
Zurück

Titel: Integration olfaktorischer Reize in das indentitätsbasierte Markenmanagement
Cookie-Einstellungen