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L'Europe tropicale - Die EU-Strukturpolitik in den französischen Überseedepartments

Am Beispiel von La Réunion unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen und geographischen Gegebenheiten

©2007 Diplomarbeit 78 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‘Das Outre-Mer ist wie eine schöne Frau - wenn man sie liebt, kann man ihr nichts versagen.’ (Jacques Chirac) Damit hat Jacques Chirac seinen eigenen Weg gefunden, wie er die Sonderbehandlung der französischen Überseedepartements und die Millionenbeträge, die Paris und die Europäische Union (EU) jährlich in diese Gebiete überweisen, vor französischen und europäischen Kritikern rechtfertigt.
So sind die französischen Überseedepartements im Vergleich zu ihren Nachbarländern sehr gut entwickelt und zeigen einen relativ hohen Wohlstand. Und das aus gutem Grund: Sie sind integraler Bestandteil Frankreichs und somit wiederum ein Teil der EU. Werden doch jährlich im französischen Staatshaushalt Millionen Euro ausgewiesen, die den Überseedepartements zugute kommen und den Lebensstandard europäischem Niveau annähern. Diese nationale Solidarität wird nicht zuletzt durch die Strukturförderung der EU ergänzt.
Dass dieser von außen herbeigeführte Zustand nicht frei von Nebenwirkungen ist, zeigt sich ganz deutlich. Der Lebensstandard der französischen Überseedepartements ist genau betrachtet nicht der Indikator für das eigene Wirtschaftsniveau, sondern ein Spiegel der Leistungen der Metropole und der europäischen Strukturfonds. Die Abhängigkeit scheint immer größer zu werden.
Jedoch ist die EU-Strukturpolitik hier schon lange nicht mehr wegzudenken, konnten mit Hilfe der Subventionen doch bereits etliche Erfolge erzielt werden, zahlreiche Maßnahmen und Projekte realisiert werden. So hat die Einbindung in die EU den Entwicklungsweg der Überseedepartements nachhaltig geprägt und wird es auch in Zukunft noch tun.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit genau diesem Thema. Die Einbindung der französischen Überseedepartements in die EU und somit in die EU-Strukturpolitik ist Untersuchungsgegenstand, wobei beispielhaft näher auf La Réunion eingegangen wird.
Durch eine kurze Vorstellung der französischen Überseedepartements und speziell La Réunions soll der Einstieg in das Thema erleichtert werden. Dieser schließt sich eine kurze Schilderung des Verhältnisses zum Mutterland Frankreich an. Im Anschluss folgt ein Überblick über die Verbindung der französischen Überseedepartements und der EU und in welcher Form sich diese äußert. Hierbei gilt das Augenmerk der sich nach und nach vollziehenden Einbindung dieser Gebiete in die Gemeinschaft, welche durch das Mutterland Frankreich erheblich gefordert und auch beeinflusst wurde und wird. Nach der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Andrea Uschold
L'Europe tropicale - Die EU-Strukturpolitik in den französischen Überseedepartments
Am Beispiel von La Réunion unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen und
geographischen Gegebenheiten
ISBN: 978-3-8366-2086-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Universität Passau, Passau, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I. Vorwort ...1
II. Die französischen Überseegebiete als integraler Bestandteil der EU ...3
II.1 Die französischen Überseedepartements und die EU...5
II.1.1 Das Verhältnis der französischen Überseedepartements zu Frankreich...5
II.1.2 Die zögernde Einbindung der französischen Überseedepartements...8
II.1.3 Das Hansen-Urteil ...11
II.1.4 Sonderregelungen für die französischen Überseedepartements ...12
II.1.4.1 Die octroi de mer ...12
II.1.4.2 Das Quoten- und Preissystem für Rüben- und Rohrzucker...13
II.1.5 Die EU aus der Perspektive der französisches Überseedepartements ...15
II.2 Die EU-Strukturpolitik in den französischen Überseegebieten ...16
II.2.1 Die Entwicklung der EU-Strukturpolitik...16
II.2.1.1 Definition von Strukturpolitik ...16
II.2.1.2 Die Gründe für eine EU-Strukturpolitik...17
II.2.1.3 Die Instrumente der EU-Strukturpolitik ...18
II.2.1.4 Das Reformpaket Agenda 2000 ...22
II.2.2 Die Akzeptanz einer insularen Dimension: Das Konzept der Regionen in
äußerster Randlage ...23
II.2.2.1 Das POSEIDOM-Sonderprogramm ...24
II.2.2.2 Bewertung ...27
II.2.3 Die Auswirkungen der EU-Strukturpolitik speziell auf die französischen
Überseegebiete...28
II.3 La Réunion und die EU ...30
II.3.1 Die geographische und wirtschaftlichen Gegebenheiten...30
II.3.2 Die EU-Strukturpolitik in ihrer Bedeutung für La Réunion ...33
II.3.3 Die Förderung aus den Strukturfonds ...33
II.3.3.1 Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung ...35
II.3.3.2 Der Europäische Sozialfonds ...40

II.3.3.3 Der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die
Landwirtschaft...42
II.3.3.4 Das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei ...45
II.3.4 Das Förderinstrument POSEIDOM in Bezug auf La Réunion ...49
II.3.5 Der Europäische Solidaritätsfonds und die Chikungunya-Krise ...49
II.3.6 Ausblick: La Réunion und ihre Nachbarn ...52
II.3.7 Fazit ...57
III. Schlussfolgerung ...58
Literaturverzeichnis ...61

Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Die französischen Überseegebiete ... 6
Abb. 2: Nationalflaggen am Rathaus von St. Marie auf La Réunion... 7
Abb. 3: Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957 ... 8
Abb. 4: Übersicht der geförderten Regionen ... 21
Abb. 5: Die Regionen in äußerster Randlage der EU ... 23
Abb. 6: Arbeit auf dem Zuckerrohrfeld...32
Abb. 7: Zuckerrohrplantage ... 32
Abb. 8: La Réunions braut sein eigenes Bier: ,,Bourbon"... 32
Abb. 9: Die Aufteilung der Strukturfonds in der Förderperiode 2000 bis 2006... 34
Abb. 10: Das Lycée ,,Saint-André III" ... 36
Abb. 11: Die Erweiterung des Port-Est...37
Abb. 12: Die zwei Standorte des Hafens in Le Port... 37
Abb. 13: Ein kofinanziertes Projekt: Die ,,Pont sur le Bras de la Plaine" ... 38
Abb. 14: Informationstafel an der ,,Route des Tamarins" ... 39
Abb. 15: Wohnhaus in kolonialem Stil in Hell-Bourg... 40
Abb. 16: Das Bildungszentrum CENTHOR ... 41
Abb. 17: Tonnelbohrer...44
Abb. 18: Wasserauffangbecken... 44
Abb. 19: Vorrichtung der Fischkonzentration... 47
Abb. 20: Zeitungsbeilage der Firma Aquacoop... 48
Abb. 21: Bekämpfung der Stechmücken durch Pestizideinsatz... 51
Abb. 22: Die geographische Lage der COI-Mitgliedsstaaten ... 54
Abb. 23: Badetourismus auf Mauritius...56
Abb. 24: Wandertourismus auf La Réunion ... 56

Abkürzungsverzeichnis
AKP:
Afrika, Karibik, Pazifik
Art.:
Artikel
bzw.:
beziehungsweise
CENTHOR : Centre Technique du Tourisme, de l'Hôtellerie et de la Restauration
POSEI:
Programme d'options spécifiques à l'éloignement et à l'insularité
COI:
Commission de l'Océan Indien
d.h.:
das heißt
d.s.:
das sind
DCP:
Dispositif de Concentration de Poissons
DOM:
Département d'outre-Mer
DROM:
Département et région d'outre-mer
EAGFL:
Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft
EBS:
Europäische Beschäftigungsstrategie
EEA:
Einheitlich Europäische Akte
EFRE:
Europäische Fonds für regionale Entwicklung
EG:
Europäische Gemeinschaft
ESF:
Europäische Sozialfonds
EU:
Europäische Union
EUSF:
Europäischen Solidaritätsfonds
EWG:
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
FIAF:
Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei
km:
Kilometer
m:
Meter
MEZ:
mitteleuropäische Zeit
mm:
Millimeter
POSEI:
Programme d'options spécifiques à l'éloignement et à l'insularité
POSEICAN: Programme d'options spécifique à l'éloignement et à l'insularité des
canaries
POSEIDOM: Programme d'options spécifiques à l'éloignement et à l'insularité des
départements français d'outre-mer

POSEIMA:
Programme d'options spécifiques à l'éloignement et à l'insularité de
madère
qkm :
Quadratkilometer
RUP:
région ultrapériphérique
t :
Tonne
TOM :
Territoire d'outre-Mer
usw.:
und so weiter
z.B.:
zum Beispiel

1
I. Vorwort
,,Das Outre-Mer ist wie eine schöne Frau - wenn man sie liebt, kann man ihr nichts
versagen." (Jacques Chirac)
1
Damit hat Jacques Chirac seinen eigenen Weg gefun-
den, wie er die Sonderbehandlung der französischen Überseedepartements und die
Millionenbeträge, die Paris und die Europäische Union (EU) jährlich in diese Gebiete
überweisen, vor französischen und europäischen Kritikern rechtfertigt.
So sind die französischen Überseedepartements im Vergleich zu ihren Nachbarlän-
dern sehr gut entwickelt und zeigen einen relativ hohen Wohlstand. Und das aus gu-
tem Grund: Sie sind integraler Bestandteil Frankreichs und somit wiederum ein Teil
der EU. Werden doch jährlich im französischen Staatshaushalt Millionen Euro aus-
gewiesen, die den Überseedepartements zugute kommen und den Lebensstandard
europäischem Niveau annähern. Diese nationale Solidarität wird nicht zuletzt durch
die Strukturförderung der EU ergänzt.
Dass dieser von außen herbeigeführte Zustand nicht frei von Nebenwirkungen ist,
zeigt sich ganz deutlich. Der Lebensstandard der französischen Überseedeparte-
ments ist genau betrachtet nicht der Indikator für das eigene Wirtschaftsniveau, son-
dern ein Spiegel der Leistungen der Metropole und der europäischen Strukturfonds.
2
Die Abhängigkeit scheint immer größer zu werden.
Jedoch ist die EU-Strukturpolitik hier schon lange nicht mehr wegzudenken, konnten
mit Hilfe der Subventionen doch bereits etliche Erfolge erzielt werden, zahlreiche
Maßnahmen und Projekte realisiert werden. So hat die Einbindung in die EU den
Entwicklungsweg der Überseedepartements nachhaltig geprägt und wird es auch in
Zukunft noch tun.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit genau diesem Thema. Die Einbindung der
französischen Überseedepartements in die EU und somit in die EU-Strukturpolitik ist
Untersuchungsgegenstand, wobei beispielhaft näher auf La Réunion eingegangen
wird.
1
Vgl. S. Giard, Paradise oder Fass ohne Boden, in: Das Parlament, Nr. 29, Juli 2001, o.O. 2001, S.
184.
2
Vgl. F. v. Krosigk / P. Jadin, Die französischen Überseegebiete ­ Paradoxien eines Entwicklungsex-
perimentes, in: Schriften des deutschen Übersee-Institutes Hamburg, Hamburg 1994, S. 196. , S. 111.

2
Durch eine kurze Vorstellung der französischen Überseedepartements und speziell
La Réunions soll der Einstieg in das Thema erleichtert werden. Dieser schließt sich
eine kurze Schilderung des Verhältnisses zum Mutterland Frankreich an. Im An-
schluss folgt ein Überblick über die Verbindung der französischen Überseedeparte-
ments und der EU und in welcher Form sich diese äußert. Hierbei gilt das Augen-
merk der sich nach und nach vollziehenden Einbindung dieser Gebiete in die Ge-
meinschaft, welche durch das Mutterland Frankreich erheblich gefordert und auch
beeinflusst wurde und wird. Nach der anfänglichen nur marginalen Beachtung von
Seiten der EU folgte die Entwicklung der Grundlagen einer auf die spezifischen An-
forderungen der französischen Überseedepartements zugeschnittenen Politik, wel-
che den Prozess der vollständigen Integration vorantrieb. Im Laufe der Zeit wurden
hierfür einige Sonderregelungen erlassen. Von diesen werden zwei näher vorgestellt.
In einem weiteren Schritt wird die EU-Strukturpolitik in den Überseedepartements
näher beleuchtet, indem zum besseren Verständnis der Begriff der Strukturpolitik
erläutert wird. Nachfolgend ist es das Ziel herauszuarbeiten, welche Gründe die EU-
Strukturpolitik überhaupt verursachen und wie sie funktioniert. Hierfür werden die
bedeutsamsten Instrumente, die Struktur- und Kohäsionsfonds dargestellt und auf-
gezeigt, für welche Bereiche bzw. Maßnahmen diese Fonds Mittel liefern. Dann wird
auf das POSEIDOM-Sonderprogramm eingegangen, welches den besonderen Ge-
gebenheiten der französischen Überseegebiete Rechnung trägt und von welchem
die diese als Region in äußerster Randlage profitieren.
In einem letzten Teil wird am Beispiel La Réunions die Anwendung der EU-
Strukturpolitik konkretisiert. Um die Bedingungen und Voraussetzungen auf der Insel
besser zu verstehen, erfolgt zunächst eine Darstellung der vorherrschenden geogra-
phischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die jeweiligen Einsatzbereiche der
Strukturfonds werden genannt. Die bisher erreichten Erfolge werden anhand von
verschiedenen subventionierten Maßnahmen bzw. Projekten dargestellt. Nachfol-
gend wird der Europäische Solidaritätsfonds präsentiert, wobei in diesem Kontext die
2006 auf der Insel aufgetretene Chikungunya-Krise wichtig ist. Abschließend erfolgt
ein Ausblick auf La Réunion und ihre Nachbarn.

3
II. Die französischen Überseegebiete als integraler Bestandteil der EU
La Réunion (offiziell werden zur Bezeichnung der Insel auch folgende Termina ver-
wendet: Ile de La Réunion und Réunion) hat eine zweifache Verbindung mit Europa.
Einerseits über die Mitgliedschaft Frankreichs zur Europäischen Union und anderer-
seits über die eigene Zugehörigkeit als région ultrapériphérique (RUP - auf Deutsch:
ultraperiphere Regionen) Im Deutschen spricht man seltener von ultraperipheren
Regionen, sondern von Regionen in äußerster Randlage.
Auf Landkarten in französischen Publikationen und Informationsbroschüren zum
Thema Europäische Union fällt auf, dass die Département d'outre-Mer (DOM ­ auf
Deutsch: Überseedepartements), zu denen La Réunion gehört, stets eingetragen
sind. Dem Großteil der Europäer - vorausgesetzt sie sind keine Franzosen - ist nicht
bewusst, dass die Entscheidungen aus Brüssel selbst bis in den Indischen Ozean
reichen.
3
Durch die Unterzeichnung der Römischen Verträge im März 1957 wurde die Europä-
ische Wirtschaftsgemeinschaft, die wichtigste Teilorganisation der EU, gegründet.
Hierbei organisierten sechs Nationen, darunter Frankreich, für den Absatz ihrer Pro-
dukte einen Gemeinsamen Markt. Übergeordnetes Ziel war der engere politische
Zusammenschluss der Länder. Erreicht werden sollte dieses Ziel über einen engeren
wirtschaftlichen Zusammenschluss, über die Errichtung des Gemeinsamen Marktes.
La Réunion wurde durch die rechtliche Zugehörigkeit zur Republik Frankreich Be-
standteil dieses transnationalen Prozesses.
4
So gehören seitdem La Réunion und die anderen französischen Überseedeparte-
ments aufgrund des Artikels 227 des Abkommens von Rom zur Europäischen Wirt-
schaftsgemeinschaft (EWG), nach Maastricht 1992 zur EU. Doch deren vollständige
Integration in die EU realisierte sich erst nach und nach. Ende 1992 schlossen sich
die DOM dem Gemeinsamen Markt an. La Réunion und die anderen DOM profitieren
3
Vgl. M. Wolf, Europa im Indischen Ozean? Zur Strukturpolitik der Europäischen Union in den Dépar-
tements d'outre-Mer am Beispiel von La Réunion, Diplomarbeit im Studiengang Sprachen, Wirt-
schafts- und Kulturraumstudien, eingereicht beim Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaften
und Landeskunde Prof. Dr. Klaus Peter Walter, Sommersemester 2003, Passau 2003, S. 5-6.
4
Vgl. H. Bangou, La Guadeloupe et sa décolonisation ou un demi-siècle d'enfantement, Paris 2001,
S. 169.

4
von einem Sonderstatus innerhalb der EU. Seit 1997 sind die Inseln sogenannte
régions ultrapériphérique der EU.
5
Aufgrund dieser Tatbestände genießt die Insel finanzielle Unterstützung im Rahmen
der EU-Strukturpolitik in Form verschiedener Fonds, von denen sie seit 1975 profi-
tiert. Daher ist La Réunion ungewöhnlich gut entwickelt, steckt neben Frankreich
auch die EU viele Euro in diese wirtschaftlich vergleichsweise schwache Region.
6
Andererseits ist insbesondere die wirtschaftliche Abhängigkeit vom französischen
Zentralstaat und auch von der EU ein bis heute schwerwiegendes Problem.
7
Frank-
reich und die EU bestimmen das Geschick von La Réunion.
8
Der Euro ist offizielles Zahlungsmittel. Aufgrund der Lage von La Réunion in der
Zeitzone MEZ +3 war die Insel der erste Punkt auf der Erde, wo am 1. Januar 2002
offiziell mit dem Euro eingekauft werden konnte. La Réunion hat seinen eigenen
Platz auf jedem Euro-Schein, auf der Rückseite des Scheins in einem kleinen Kasten
zusammen mit den anderen französischen Überseedepartements.
9
Die soziale und ökonomische Struktur ist heute ohne die finanzielle Unterstützung
der EU kaum verständlich. So wurde in der letzten Periode 2000 bis 2006 der Struk-
turfonds der EU um 51 Prozent erhöht.
10
Doch wie ist die Verbindung zwischen der EU und den DOM bzw. La Réunion? Im
Zusammenhang mit dem wirtschaftspolitischen Einfluss der EU nehmen strukturpoli-
tische Maßnahmen eine sehr gewichtige Rolle ein. Was ist Strukturpolitik und wie hat
sich diese entwickelt?
11
Im Folgenden wird dieser Frage nachgegangen, indem besonders darauf eingegan-
gen wird, in welcher Form die DOM in der EU verankert sind, inwiefern sie eine Son-
derstellung innerhalb der EU besitzen, welche Anwendung die EU-Strukturpolitik fin-
det und wie sie im Speziellen auf La Réunion bemerkbar ist. Daraus folgert sich die
5
Vgl. J. Schrott, La Réunion ­ ein koloniales Erbe Frankreichs mit Zukunftschancen? (Politische, wirt-
schaftliche und kulturelle Entwicklung seit den 30er Jahren), Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung
des Diplomgrades im Studiengang Sprachen-, Wirtschafts- und Kulturraumstudien, eingereicht bei
Prof. Dr. Klaus Dirscherl, Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft, Universität Passau, Passau
1995, S. 35.
6
Vgl. http://www.afrikaaktuell.de/LaReunion/4.html, Abruf: 03.03.2007.
7
Vgl. J. Schmude, Die Entwicklung des Tourismus auf La Réunion ­ eine Analyse unter Berücksichti-
gung der natürlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in: R. Dr. Reinhard / K. Prof. Dr. Rö-
gner (Hrsg.), Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft München, Band 80, S. 73-88, München
1995, S. 73.
8
Vgl. K. Maeritz, Mauritius mit Réunion, München 1997, S. 44.
9
Vgl. W. Schuhmacher, Die Welt auf einer Insel, Süddeutsche Zeitung 08.02.2007.
10
Vgl. http://de.geocities.com/michael_lehmann_de/sites/vortrage/wirtschaft.htm, Abruf: 01.07.2005.
11
Vgl. Wolf, S. 5-6.

5
Frage, ob die Maßnahmen Erfolge verzeichnen können und welche Ergebnisse sie
bislang gebracht haben.
II.1 Die französischen Überseedepartements und die EU
Als die Verhandlungen um die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
Mitte der fünfziger Jahre begannen, war das überseeische Frankreich ein gewichti-
ges Thema. Denn früh hatte Frankreich erkennen lassen, dass sein Beitritt zum Ge-
meinsamen Markt nur um den Preis der Assoziierung seiner DOM zu verwirklichen
war. Frankreich drängte darauf, diese einzubeziehen.
12
Durch diese letztlich erfüllte Forderung bekamen die überseeischen Gebiete einen so
genannten Assoziationsstatus. Diese Assoziierung schuf eine enge wirtschaftliche
Beziehung zwischen der Gemeinschaft und diesen Ländern.
13
Wenige Jahre nach der Gründung der EWG hatte sich das französische Kolonial-
reich zumindest von Rechts wegen aufgelöst und ein neues Vertragsverhältnis be-
stimmte die Beziehung zwischen den unabhängigen Staaten und der EWG. Die Ver-
träge von Yaoundé und später Lomé sind das Ergebnis dieser Entwicklung.
14
In den
sechziger Jahren hatte die EWG im Rahmen der Yaoundé-Abkommen mit denjeni-
gen Staaten des AKP-Raumes (d.s. die Entwicklungsländer Afrikas, der Karibik und
des Pazifiks) Entwicklungshilfeabkommen geschlossen, zu denen die damaligen
EWG-Mitglieder als ehemalige Kolonialmächte in besonderen Beziehungen standen.
Bei Lomé handelt es sich um ein handels- und entwicklungspolitisches Abkommen
zwischen der EWG und den AKP-Staaten. Es bildet das Nachfolgeabkommen für
Yaoundé und ist das größte Nord-Süd-Kooperationsabkommen der Geschichte.
Die DOM wurden als Teil des französischen Staatsgebietes quasi automatisch Teil
des territorialen Geltungsbereiches der EWG, später Mitglied der EU.
II.1.1 Das Verhältnis der französischen Überseedepartements zu Frankreich
Frankreich hat im 17. und 18. Jahrhundert damit begonnen, Gebiete in Übersee zu
erwerben. Die meisten Kolonien gingen aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder
12
Vgl. http://www.fokus-europa.eu/content/view/129/57/, Abruf: 05.03.2007.
13
Vgl. http://www.europa-digital.de/dschungelbuch/polfeld/entwicklung/entwickl.shtml, Abruf:
05.03.2007.
14
Vgl. Krosigk / Jadin, S. 196.

6
verloren. Frankreich verblieben zur Zeit des Wiener Kongresses nur wenige Über-
seegebiete.
Die heute noch zu Frankreich gehörenden überseeischen Gebiete haben einen un-
terschiedlichen Status: Die einen sind die Territoire d'outre-Mer (TOM ­ auf Deutsch:
Überseeterritorien), die über große Autonomie verfügen. Die anderen sind die Dépar-
tement d'outre-Mer mit den üblichen Organen eines Departements, die gleichzeitig
auch eine Region mit den entsprechenden Organen bilden.
15
Sie sind dem französi-
schen Staat voll eingegliedert.
16
Abb. 1: Die französischen Überseegebiete
Quelle: A. Pletsch, Frankreich, Darmstadt
2
2003, S. 302.
Artikel 73 der Verfassung der Fünften Republik beinhaltet den Zusatz, dass Gesetz-
gebung und Verwaltungsstruktur den besonderen Gegebenheiten dieser Gebiete
angepasst werden können. Seit der Zuerkennung des DOM-Status 1946 strömen
Unsummen an finanziellen Mitteln von Frankreich in diese Gebiete. Sie werden mo-
dernisiert, die der in Frankreich angepasst.
17
Problematisch ist, dass die DOM jähr-
lich zwar viel Geld von Frankreich bekommen, dafür jedoch keine Gegenleistungen
bringen müssen und folgerichtig die Abhängigkeit vom Mutterland riesengroß ist.
18
15
Vgl. G. Haensch / H.-J. Tuemmers (Hrsg.), Frankreich - Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, München
3
1998, S. 245-251.
16
Vgl. C. Jones, Frankreich - Eine illustrierte Geschichte, Frankfurt am Main 1995, S. 286.
17
Vgl. http://www.oek.at/neu/sprachassist/Abenteuer_La_Reunion.pdf+la+reunion+wirtschaft&hl=
de&ie=UTF-8, Abruf: 01.07.2005.
18
Vgl. N. Dangleterre / P. Jista / A. Renard, Géographie de la Réunion, Paris 1990, S. 64.

7
Mit dem Überseerahmengesetz 2000 erhielten die DOM mehr Autonomie und Förde-
rung wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung sowie Förderung der Kultur und Identi-
tät.
19
Mit der Verfassungsänderung 2003 und dem Überseegesetz 2003 wurden die
Überseegebiete neu organisiert und die DOM wurden zu DROM (Département et
région d'outre-mer).
20
Diese Bezeichnung ist zwar nun offiziell die geltende, jedoch
wird weiterhin größtenteils von den DOM gesprochen.
Tatsächlich sind die DOM heute im Besitz einer perfektionierten Infrastruktur, die in
ihren Umkreisen ihresgleichen sucht. Dennoch werden sie oft als Transferökonomen
bezeichnet, womit eine Form der wirtschaftlichen Organisation gemeint ist, die von
externen Bezügen lebt, und in welcher der Konsum unabhängig ist von der eigenen
Produktivität. Neben der quantitativen Dimension der Hochsubventionierung durch
das Mutterland und die EU hat sich die Entwicklung in den französischen Übersee-
departements unter den Bedingungen einer engen politisch-administrativen Anbin-
dung an Frankreich gestaltet. Oft wird kritisiert, dass die wirtschaftlichen Beziehun-
gen zwischen Frankreich und den überseeischen Besitzungen häufig den Charakter
kolonialer Abhängigkeiten tragen.
21
Abb. 2: Nationalflaggen am Rathaus von St. Marie auf La Réunion
Quelle: private Aufnahme.
Alle DOM verfügen dennoch über einen strukturellen Rückstand, welcher durch meh-
rere Phänomene, wie z.B. die große Entfernung vom europäischen Mutterland, die
Insularität, das Relief, verstärkt wird. Gleichzeitig sehen sich die Gebiete mit erhebli-
chen ökonomischen und sozialen Problemen konfrontiert.
22
19
Vgl. R. Hofmeier, Réunion, in: R. Hofmeier Rolf / A. Mehler (Hrsg.), Afrika Jahrbuch 2000 - Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 2001, S. 286.
20
Vgl. http://www.botschaft-frankreich.de/article.php3?id_article=562, Abruf 16.06.2005.
21
Vgl. A. Pletsch, Frankreich, Darmstadt
2
2003, S. 303.
22
Vgl. E. U. Große / H.-H. Lüger, Frankreich verstehen - Eine Einführung mit Vergleichen zu Deutsch-
land, Darmstadt
5
2000, S. 16.

8
Wer annimmt, die hohen Zuwendungen Frankreichs seien selbstloser Natur, irrt.
Durch seine DOM ist Frankreich das einzige Land der EU, das politisch, militärisch
und wirtschaftlich in den drei Ozeanen präsent ist. Sie sichern seinem Mutterland
nicht zu unterschätzende Fischereigründe. Außerdem kommt die durch die Subven-
tionen entstandene Kaufkraft großteils wieder der heimischen Wirtschaft zugute. Die
Grande Nation leistet sich auch sechzig Jahre nach der offiziellen Aufgabe der Kolo-
nialpolitik diese Gebiete fernab des Hexagon, denn sie bieten Frankreich die Chance
eine der größten Mächte der Zukunft zu sein, sie erlauben den Zugang zur Welt.
23
II.1.2 Die zögernde Einbindung der französischen Überseedepartements
Die Akzeptanz der DOM als integraler Bestandteil der EU dauerte lange. In den Rö-
mischen Verträgen von 1957 wurden in Artikel 227 Richtlinien zur Integration der
DOM in die damalige EWG festgelegt. Artikel 227 bestimmt, dass weite Teile des
EWG-Vertrages auch auf die DOM anzuwenden sind. Miteingeschlossen sind hier
die Bestimmungen über den freien Warenverkehr, über die Landwirtschaft, den freien
Dienstleistungsverkehr und den Wettbewerb.
24
Dennoch wurde den DOM keinerlei
Beachtung geschenkt, geschweige denn eine Sonderbehandlung zugestanden.
Doch nicht die Bestimmungen des Vertrages, sondern das fehlende Engagement der
Verantwortlichen in der Gemeinschaft, diese Gebiete stärker in ihre Politik einzube-
ziehen, bewirkten, dass die DOM zu Beginn als nebensächlich betrachtet wurden.
Abb. 3: Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957
Quelle: G. Seibert / E. Wendelberger (Hrsg.), Lexikon 2000 Bd. 4, Weinheim o.J., S. 1800.
23
Vgl. E. Moutoussamy, Les DOM-TOM: Enjeu géopolitique économique et stratégique, Paris 1988
S. 99.
24
Vgl. A. Nehring, Die Assoziierung der überseeischen Länder mit dem Gemeinsamen Markt, Göttin-
gen 1963, S. 76.

9
So hat über die ersten zwei Jahrzehnte ihres Bestehens die Europäische Gemein-
schaft das Schicksal dieser entfernten Destinationen bloß am Rande berührt. Sowohl
die finanziellen Transfers als auch die handelspolitische Relevanz der EG blieben in
diesem Zeitraum sehr gering. Erst eine spezifische nationale Marktordnung für Rum
garantierte den DOM gesicherte Absatzmärkte im Mutterland. Erhebliche staatliche
Subventionen und steuerliche Anreize boten und bieten noch heute Ausgleich für
eine fehlende ökonomische Entwicklungsdynamik.
Das Verfügungsrecht über eine lokale Sondersteuer (octroi de mer) ermöglichte die
Abschottung des lokalen Gewerbes gegen unerwünschte Konkurrenz aus Drittlän-
dern und verschaffte den Kommunen ihre wichtigste Einnahmequelle.
25
Durch allgemeines Misstrauen und weitverbreitete Unsicherheit war das Verhältnis
der EG zu den DOM in den ersten Jahren des Bestehens der Gemeinschaft sehr
ambivalent. Misstrauen bestand auf französischer Seite aus Angst davor, dass ein
Einmischen der Gemeinschaft in die inneren Angelegenheiten der DOM deren enge
Integration mit Frankreich in Frage stellen könnte. Und die Gemeinschaft sah lang-
sam ein, dass es nicht sinnvoll sei, die französischen Eingriffe in den DOM durch eu-
ropäische Behandlungsmethoden zu ersetzen.
Erst relativ spät in den siebziger Jahren bildete die EG die Grundlagen einer eigen-
ständigen Strukturpolitik, die für die speziellen Anforderungen der DOM bessere Per-
spektiven bot. Auch die Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes wurden im Laufe
der sechziger Jahre auf die DOM übertragen.
Der Liberalisierung des Handels mit den DOM folgte 1960 die Ausweitung des freien
Kapitalverkehrs auf die DOM. 1964 wurden die EG-Bestimmungen in Bezug auf das
Niederlassungsrecht und 1968 auf die Freizügigkeit der Arbeitskräfte auf die DOM
übertragen. Im gleichen Jahr wurden die DOM bei der Einsetzung der Gemeinsamen
Marktorganisation für Zucker beachtet und dabei erstmals in die Abteilung Garantie
des Agrarfonds (EAGFL) aufgenommen. Beim Einbezug in die Marktordnung für
Reis und Rindfleisch (1964), aber auch für Tabak (1970), blieb der Zugang der DOM
zu diesem Fonds allerdings versperrt. Mit der ersten Reform des Europäischen Sozi-
alfonds (ESF) im Jahre 1971 wurden auch im sozialen Bereich die DOM miteinge-
bunden. Der Rat entschied, dass Art. 123 bis 127 des EWG-Vertrages auf die DOM
anzuwenden seien. Vier Jahre später, im Zeichen des Beginns einer europäischen
25
Vgl. Krosigk / Jadin, S. 204.

10
Regionalpolitik, beschloss der Ministerrat, dass die Regelungen zur Schaffung eines
europäischen Fonds für regionale Entwicklung auch auf die DOM anzuwenden seien.
Aber dennoch dauerte es noch vier Jahre, bis eine entsprechende Quotenerhöhung
aus diesem Fonds zugunsten Frankreichs zugänglich wurde. Grund für die Verzöge-
rung waren Unstimmigkeiten um die anstehende Doppelbezuschussung der DOM
über den Europäischen Entwicklungsfonds und den 1974 neu geschaffenen Regio-
nalfonds. 1979 erst wurde der Regionalfonds (EFRE) für die Unterstützung der DOM
als zuständig erklärt, während die Mittel aus dem Entwicklungsfonds 1980 auslie-
fen.
26
Langsam folgte eine Wende in den Beziehungen zwischen der EG und den DOM.
In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre erfolgte nach Verhandlungen zwischen
Frankreich und der Gemeinschaft die Aufnahme der DOM in die übrigen europäi-
schen Strukturfonds. 1977 stiegen die DOM zu prioritären Regionen im Europäi-
schen Sozialfonds auf. Der nächste Einschnitt auf dem Weg der Einbindung der
DOM in die Europäische Gemeinschaft stand ganz im Banne der bis 1986 verwirk-
lichten Süderweiterung der EG und der 1987 unterzeichneten Einheitlichen Europäi-
schen Akte (EEA) mit ihrem Programm zur Vollendung des Europäischen Binnen-
marktes. Beides wurde aus französischer Sicht als große Herausforderung an die
Überlebensfähigkeit der DOM aufgefasst. Besonders die Süderweiterung wurde ge-
fürchtet, da sie eine erhöhte Konkurrenz im Bereich der tropischen Agrarprodukte
eröffnete.
Um die Mitte der achtziger Jahre begann eine Werbekampagne Frankreichs für die
DOM und ihre verbesserte Einbindung in die Europäische Gemeinschaft: Im April
1987 legt die französische Regierung der EG ein Memorandum vor, das ein Plädoyer
für eine bessere Einfügung der DOM in die EG beinhaltete. Am 11. Mai desselben
Jahres verabschiedete das Europäische Parlament einstimmig eine Resolution mit
gleicher inhaltlicher Orientierung.
27
Im Juni 1987 reiste der damalige Minister für die DOM-TOM, Bernard Pons, mit einer
Delegation von Abgeordneten der DOM nach Brüssel, um dort die Probleme der Ü-
berseedepartements vorzubringen und zu diskutieren. Schließlich folgte im Novem-
ber in Paris ein werbeträchtiges Kolloquium zum Thema ,,L'Outre-Mer Français: Une
26
Vgl. Krosigk / Jadin, S. 198-200.
27
Vgl. E. Jos / D. Perrot, Les Aides communautaires et les Collectivités Territoriales d'outre-mer : le
cas de Martinique, in : Questions sur l'Administration des DOM, S. 469-481, Paris 1989, S. 476-478.

11
Europe tropicale?", wo nicht nur viele hohe politische Würdenträger Frankreichs,
sondern auch französische Vertreter der Europäischen Kommission teilnahmen.
Damit zeichnete sich definitiv Frankreichs Entschluss ab, seine überseeischen Besit-
zungen in die Europäische Gemeinschaft voll zu integrieren, d.h. die EG um eine tro-
pische Dimension zu bereichern.
Während in den siebziger Jahren die Kritik an der unzureichenden Einfügung in die
existierenden Entwicklungsprogramme und Fonds der EG, also vornehmlich die un-
zureichende finanzielle Berücksichtigung der DOM, im Vordergrund stand, wurde in
den achtziger Jahren mehr auf die ungenügende Ausrichtung und Ausstattung der
existierenden Programme und Marktstützungsmechanismen des Agrarmarktes auf-
merksam gemacht, die den Sonderbedingungen und Hemmnissen der DOM nicht
ausreichend Rechnung trugen. Nach dem Beharren auf europäische Egalität der
DOM folgte die Betonung der Spezifizität dieser Regionen.
28
Schließlich wurden aus den verbliebenen französischen Überseegebieten exponierte
Pole einer neuen europäischen Peripherie.
Auch noch heute sorgen die Sonderregelungen für Diskussionsstoff in der EU, aber
bisher hat es Frankreich immer geschafft, die spezifischen Regelungen zu rechtferti-
gen und beizubehalten.
29
II.1.3 Das Hansen-Urteil
Die Beziehungen der DOM zur EG wurden durch das Hansen-Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofes vom Oktober 1978 auf eine neue Grundlage gestellt. Die bishe-
rige Praxis, nach der die Regelungen und Entscheidungen der Gemeinschaft nur auf
ausdrücklichen Wunsch der französischen Regierung auch für die DOM galten, wur-
de umgekehrt. Sämtliche Bestimmungen des Römischen Vertrages und des daraus
abgeleiteten Gemeinschaftsrechtes waren nach diesem Urteil auch in den DOM an-
zuwenden. Die französische Regierung sollte sich nur einschalten, wenn einzelne
Bestimmungen oder Entscheidungen in den DOM nicht in Kraft treten sollten. Es be-
stand aber weiter die Möglichkeit zur Anpassung von Regelungen, wenn die beson-
dere Situation dieser Gebiete dies erforderlich erscheinen ließ. Für diese veränderte
28
Vgl. Krosigk / Jadin, S. 203-211.
29
Vgl. Wolf, S. 23-24.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836620864
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – Philosophische Fakultät, Studiengang Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,7
Schlagworte
eu-strukturpolitik réunion frankophon dom-tom strukturfonds
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Titel: L'Europe tropicale - Die EU-Strukturpolitik in den französischen Überseedepartments
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