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Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen

©2008 Diplomarbeit 94 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
‘Die Vergänglichkeit betriebswirtschaftlicher Strategie-Konzepte ist ein unbestreitbares, wenn auch betrübliches Faktum. Strategieschule um -schule erblickt das Licht der Fachwelt, und stets tritt die jeweils aktuellste Fassung mit dem Anspruch auf, alle vorhergehenden Konzepte obsolet zu machen. (...) Ganz offensichtlich sind alle betriebswirtschaftlichen Strategieschulen so sehr zeitbedingt und den Umständen der jeweils aktuellen Wirtschafts- und Wettbewerbslage ausgesetzt, dass sie nach einiger Zeit ihre Erklärungskraft einbüßen. Als Werkzeuge mögen sie den ihnen vorgeschriebenen Zweck erfüllt haben, aber Anspruch auf die Entwicklung einer wahrhaften Strategie dürfen diese Tools wohl kaum erheben.
Ganz im Gegensatz zu diesen betriebswirtschaftlichen Strategie-Konzepten gibt es historische Strategien wie von Sun-Tsu, Hagakure, Musashi, Machiavelli, Seneca und Clausewitz, welche immer wieder auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen angewendet werden.
Darüber hinaus hat es in der Betriebswirtschaft eine ‘gewisse Tradition, Erkenntnisse aus dem Militärischen auf zivile Anwendungen zu übertragen.
Die strategischen Überlegungen von Clausewitz sind jedoch bis heute in den Führungsetagen der Unternehmen weitgehend unbekannt. ‘Dabei kontrastiert die geringe Aufmerksamkeit, die Clausewitz in der Unternehmenswelt selbst zuteil wird, auf auffallende Weise mit der Wertschätzung, die seinen Schriften in der Wissenschaft genießen. (...) Gerade in jüngster Zeit haben amerikanische militärwissenschaftliche Studien immer wieder die theoretische Fruchtbarkeit von Clausewitz` Denken für eigene Untersuchungen genutzt’.
Clausewitz wird zwar öfters auch in betriebswirtschaftlicher Literatur zitiert, ‘und dennoch ist dies kein Beweis dafür, dass all diejenigen, die Clausewitz zitieren, seine Schriften auch studiert oder gar verstanden haben. Die lange Liste der Clausewitz-Übersetzungen und der Strategen in vielen Ländern, die von ihm beeinflusst wurden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, wie oberflächlich ‚Vom Kriege'(UB3) (Clausewitz' Hauptwerk, Anm. d. Verfassers) oft nur gelesen wurde’.
Gleichzeitig beschreibt Oetinger, der Leiter des Strategieinstituts der Bosten Consulting Group, Clausewitz als einen der bedeutendsten strategischen Denker.5 Weiterhin schreibt er, dass Clausewitz heute mehr denn je die Aufmerksamkeit des modernen Unternehmensstrategen verdient, denn seinem opus magnum ‘Vom Kriege’ gelingt die gar nicht einfache […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jan Grünberg
Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen
Unternehmen
ISBN: 978-3-8366-2339-1
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Berufsakademie Rhein-Main, Rödermark, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
,,Wir sagen also,
der Krieg gehört nicht in das Gebiet der Künste und
Wissenschaften, sondern in das Gebiet des
gesellschaftlichen Lebens.
Er ist ein Konflikt großer Interessen, der sich blutig löst,
und nur darin ist er von den anderen verschieden.
Besser als mit irgendeiner Kunst ließe er sich mit dem
Handel vergleichen."
1
Carl von Clausewitz, ,,Vom Kriege"
1
Clausewitz, Hahlweg (Hrsg.), 1980, S. 303.
2008
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Danksagungen
Diese Arbeit bietet mir nicht nur die Möglichkeit, meine interessante
betriebswirtschaftliche Auseinandersetzung mit dem Militärstrategen Clausewitz zu
dokumentieren, sondern eröffnet mir auch die Gelegenheit, den Menschen zu
danken, die zum Erfolg dieser Arbeit beigetragen haben.
Ich möchte diese Diplomarbeit meinen Eltern Cornelia und Peter Grünberg widmen
und mich für ihre Unterstützung bedanken, da sie immer großes Interesse für meine
Arbeit zeigten, und mich soweit wie möglich bei meiner Diplomarbeit sowie während
meines ganzen Studiums unterstützten.
Ein weiterer Dank gilt der Firma Grünberg Kunststoffe GmbH, welche mir dieses
Studium und diese Diplomarbeit ermöglichte.
Dem gesamten BA-Team, insbesondere dem BA-Leiter, Herrn Albrecht, Frau Cwik
und Frau Burbach gilt der Dank für die Unterstützung in allen studentischen
Belangen, die angenehme Arbeitsatmosphäre sowie die vielen netten Gespräche.
Bei meinem betreuenden Dozenten
möchte ich mich für die Betreuung der
Diplomarbeit sowie für die Hilfe bei der Wahl des Diplomthemas bedanken.
Dem Leiter des Strategieinstituts der Boston Consulting Group, Herrn Prof. Dr. von
Oetinger, möchte ich für die Unterstützung bei der Literaturauswahl danken.
Ein weiterer Dank gilt der IHK-Offenbach, insbesondere hierbei dem
stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der IHK-Offenbach, Herrn Dr. Mohr, für die
Bereitstellung der für die empirische Untersuchung erforderlichen Daten.
Schließlich gilt mein Dank noch meinem Bruder, Kai Grünberg, für die kleinen und
größeren Tipps bei der Erstellung der Diplomarbeit sowie allen Freunden und
Bekannten für ihre moralische Unterstützung.
2008
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ... 1
1.1
Ziel & Zweck ... 1
1.2
Abgrenzung ... 2
1.3
Aufbau der Arbeit ... 3
2. Begriffe und Definitionen ... 4
2.1
Strategie ... 4
2.2
Taktik ... 6
.
2.3
Mittelständische Unternehmen ... 7
2.3.1 Quantitative Kriterien ... 7
2.3.2 Qualitative Kriterien ... 9
2.4
Dialektik ... 10
2.5
Begriff des ,,Genies" in ,,Vom Kriege" ... 11
2.6
Begriff der ,,Moral" in ,,Vom Kriege" ... 12
3. Historische Einordnung der Strategielehre von Clausewitz ... 13
4. Das Verhältnis von Militärstrategie zur Unternehmensstrategie ... 14
5. Das Wesen der Strategie und Taktik bei Clausewitz ... 17
5.1
Definition der Strategie und Taktik nach Clausewitz ... 17
5.1.1 Unterscheidung von Ziel und Zweck ...17
5.1.2 Definition der Strategie ... 18
5.1.3 Definition der Taktik ... 20
5.2
Personelle Einheit von Stratege und Führungskraft... 21
5.3
Friktion als Bestandteil der Strategie ... 22
5.4
Psychische Faktoren in der Strategie ... 25
5.5
Dialektik des Denkens ... 27
6. Strategische Grundsätze nach Clausewitz und ihre Übertragung
auf die Betriebswirtschaft ... 30
6.1
Grundsatz der Einfachheit ... 30
6.2
Offensive und Defensive in der Strategie ... 31
6.3
Überlegenheit der Zahl ... 35
6.4
Konzentration der Kräfte ...37
6.5
Überraschung ... 39
6.6
Psychologische Faktoren ... 41
6.6.1 Psychologische Faktoren des Strategen ... 41
6.6.1.1
Mut und Entschlossenheit ... 41
6.6.1.2
Ausdauer ... 43
6.6.1.3
Genius ... 44
6.6.2 Psychologische Faktoren des Weisungsgebundenen ... 47
2008
- I -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
7. Einordnung der Strategie und Taktik nach Clausewitz in die
betriebswirtschaftliche Strategielehre ... 50
8. Anwendung der Strategie und Taktik nach Clausewitz in
mittelständischen Unternehmen ... 52
8.1
Besonderheiten bei der Anwendung der Strategie und
Taktik nach Clausewitz in mittelständischen Unternehmen ... 52
8.2
Empirische Untersuchung ... 53
8.2.1 Fragestellung ... 53
8.2.2 Kriterien zur Untersuchung ... 54
8.2.3 Auswahl der Methode ... 54
8.2.4 Durchführung der empirischen Untersuchung ... 56
8.2.5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung ... 57
9. Fazit und Schlussbetrachtungen ...65
Literaturverzeichnis ... 68
Anhang
1. Betriebsgrößenabhängige Unterschiede in der Unternehmensführung
sowie für einzelne Unternehmensfunktionen ... 75
2. Übersicht über verschiedene Strategiedefinitionen ... 79
3. Umfrage ... 84
2008
- II -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Definition Klein- und mittelständischer Betriebe der
Empfehlung der Europäischen Union ... 8
Quelle:
o.V.: Die neue KMU Definition, http://ec.europa.eu/
enterprise/enterprise_policy/sme_definition/
sme_user_guide_de.pdf, S.14,
abgefragt am 22. Juli 2008
Abb. 2:
Definition Klein- und mittelständischer Betriebe des IfM ... 8
Quelle:
o.V.: IfM Bonn Mittelstandsdefinition,
http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89,
abgefragt am 22. Juli 2008
2008
- III -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
1
Einleitung
1.1
Ziel & Zweck
,,Die Vergänglichkeit betriebswirtschaftlicher Strategie-Konzepte ist ein
unbestreitbares, wenn auch betrübliches Faktum. Strategieschule um -schule
erblickt das Licht der Fachwelt, und stets tritt die jeweils aktuellste Fassung mit dem
Anspruch auf, alle vorhergehenden Konzepte obsolet zu machen. [...] Ganz
offensichtlich sind alle betriebswirtschaftlichen Strategieschulen so sehr zeitbedingt
und den Umständen der jeweils aktuellen Wirtschafts- und Wettbewerbslage
ausgesetzt, dass sie nach einiger Zeit ihre Erklärungskraft einbüßen. Als
Werkzeuge mögen sie den ihnen vorgeschriebenen Zweck erfüllt haben, aber
Anspruch auf die Entwicklung einer wahrhaften Strategie dürfen diese Tools wohl
kaum erheben."
1
Ganz im Gegensatz zu diesen betriebswirtschaftlichen Strategie-Konzepten gibt es
historische Strategien wie von Sun-Tsu, Hagakure, Musashi, Machiavelli, Seneca
und Clausewitz, welche immer wieder auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen
angewendet werden.
Darüber hinaus hat es in der Betriebswirtschaft eine ,,gewisse Tradition,
Erkenntnisse aus dem Militärischen auf zivile Anwendungen zu übertragen".
2
Die strategischen Überlegungen von Clausewitz sind jedoch bis heute in den
Führungsetagen der Unternehmen weitgehend unbekannt. ,,Dabei kontrastiert die
geringe Aufmerksamkeit, die Clausewitz in der Unternehmenswelt selbst zuteil wird,
auf auffallende Weise mit der Wertschätzung, die seinen Schriften in der
Wissenschaft genießen. [...] Gerade in jüngster Zeit haben amerikanische
militärwissenschaftliche Studien immer wieder die theoretische Fruchtbarkeit von
Clausewitz` Denken für eigene Untersuchungen genutzt."
3
Clausewitz wird zwar öfters auch in betriebswirtschaftlicher Literatur zitiert, ,,und
dennoch ist dies kein Beweis dafür, dass all diejenigen, die Clausewitz zitieren,
seine Schriften auch studiert oder gar verstanden haben. Die lange Liste der
Clausewitz-Übersetzungen und der Strategen in vielen Ländern, die von ihm
beeinflusst wurden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, wie oberflächlich ,Vom
Kriege' [Clausewitz' Hauptwerk, Anm. d. Verfassers] oft nur gelesen wurde".
4
1
Oetinger , 2003, S. 4
2
Paul, 2006, S. 84
3
Oetinger , 2003, S. 6
4
Heuser, 2005, S. 28
2008
- 1 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Gleichzeitig beschreibt Oetinger, der Leiter des Strategieinstituts der Bosten
Consulting Group, Clausewitz als einen der bedeutendsten strategischen Denker.
5
Weiterhin schreibt er, dass Clausewitz heute mehr denn je die Aufmerksamkeit des
modernen Unternehmensstrategen verdient, denn seinem opus magnum ,,Vom
Kriege" gelingt die gar nicht einfache Aufgabe, in Zeiten der Unordnung das Denken
neu zu ordnen und dauerhafte Strategien zu entwerfen, die sich auch in einer
instabilen Umgebung bewähren.
6
Ziel der Diplomarbeit soll die Beantwortung der Fragestellung sein, was die
wesentlichen Merkmale der Strategie und Taktik nach Clausewitz sind und inwieweit
ein heutiger betriebswirtschaftlicher Bezug hergestellt werden kann. Weiterhin soll
die Frage geklärt werden, ob strategische Überlegungen von Clausewitz in den
Unternehmensstrategien mittelständischer Betriebe Anwendung finden.
Der Zweck dieser Diplomarbeit ist somit die Untersuchung, wie bahnbrechend die
Werke von Clausewitz heute noch sind, oder ob ein Großteil der strategischen
Grundsätze von Clausewitz heute bereits ein Bestandteil betriebswirtschaftlicher
Strategie sind.
1.2
Abgrenzung
Die Diplomarbeit soll einen groben Überblick über die wesentlichen Merkmale der
strategischen und taktischen Überlegungen der Clausewitz'schen Lehre geben.
Weiterhin sollen verschiedene, in der Strategielehre von Clausewitz vorkommende
strategische Grundsätze herausgearbeitet und ein Bezug zu betriebswirtschaftlichen
Überlegungen hergestellt werden.
Aufgrund der umfassenden Werke von Clausewitz und dem begrenzten Umfang der
Arbeit ist es nicht Inhalt dieser Diplomarbeit, die einzelnen strategischen
Überlegungen und ihre betriebswirtschaftliche Übertragung hinsichtlich ihrer
Effektivität und strategischen Richtigkeit zu überprüfen. Dies sollte das Ziel
weiterführender Ausarbeitungen zu den einzelnen strategischen Grundsätzen von
Clausewitz sein.
Bei der empirischen Untersuchung, inwieweit strategische Grundsätze von
Clausewitz in mittelständischen Unternehmen Anwendung finden, soll die Frage
geklärt werden, ob und in welchem Umfang einige der beschriebenen Grundsätze
Anwendung finden. Jedoch können aufgrund des begrenzten Umfangs keine
weiterführenden Untersuchungen darüber angestellt werden, warum einige
Unternehmen diese strategischen Grundsätze nicht befolgen.
5
Vgl. Oetinger, Ghyczy, Bassford (Hrsg.), 2006, S. I
6
Vgl. Oetinger, Ghyczy, Bassford (Hrsg.), 2006, S. 2
2008
- 2 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Somit ist es das vorrangige Ziel der empirischen Untersuchung, vor allem einen
Überblick darüber zu geben, inwieweit die strategischen Überlegungen nach
Clausewitz in mittelständischen Betrieben Anwendung finden, um zu klären, ob eine
betriebswirtschaftliche Auseinandersetzung mit Clausewitz heutzutage noch einen
Wert hat, oder ob Clausewitz' Lehre bereits ein grundlegender Bestandteil der
betriebswirtschaftlichen Strategielehre geworden ist.
1.3
Aufbau der Arbeit
Zunächst werden in der vorliegenden Ausarbeitung einzelne Begriffe definiert,
welche für das Verständnis dieser Diplomarbeit notwendig sind. Weiterhin werden
auch einige Begriffe erklärt, welche in den Zitaten von Clausewitz' Texten
vorkommen, jedoch heutzutage eine abgeänderte Bedeutung haben.
Danach wird der Versuch unternommen, die Strategielehre von Clausewitz
historisch einzuordnen, um dem Leser ein besseres Verständnis für die Entstehung
des Werkes ,,Vom Kriege" zu geben. Hierdurch versucht der Verfasser zu zeigen,
welche Beweggründe Clausewitz hatte, sein Strategiewerk zu verfassen und welche
Parallelen sich zur heutigen Zeit ziehen lassen. Außerdem ist die Clausewitz'sche
Lehre ­ ähnlich wie die Geschichte selbst ­ nur zeit- und positionsgebunden zu
verstehen. Dies ist notwendig, um Fehlinterpretationen bei heutiger Bewertung ohne
histologische Betrachtung zu vermeiden.
7
Als Nächstes wird ein kurzer Überblick über das Verhältnis von militärischer
Strategie zur Unternehmensstrategie gegeben und die einzelnen wissenschaftlichen
Meinungen hierzu vorgestellt. Diese Darstellung ist notwendig, um die
betriebswirtschaftliche Beurteilung der Übertragung militärisch-strategischer
Überlegungen auf die Betriebswirtschaft zu erläutern.
Danach folgt die Auseinandersetzung mit der Strategielehre von Clausewitz.
Zunächst soll das grundlegende Wesen der Strategie und Taktik von Clausewitz
erläutert werden. Weiterhin wird hierbei vom Verfasser der Versuch unternommen,
Parallelen zum grundlegenden Wesen betriebswirtschaftlicher Strategien
herzustellen.
Darauf folgend sollen aus der Strategielehre von Clausewitz einzelne bedeutende
strategische Grundsätze erläutert und der Versuch unternommen werden, diese auf
die Betriebswirtschaft zu übertragen. Sowohl die Herausarbeitung des Wesens der
Strategie und Taktik nach Clausewitz sowie die Ausarbeitung einzelner
strategischer Grundsätze ist wichtig für das grundlegende Verständnis der
Strategielehre von Clausewitz und bildet die Grundlage für die empirische
Untersuchung.
7
Vgl. Schäfer, 2007, S. 12
2008
- 3 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Nach dieser Überarbeitung der Strategielehre von Clausewitz unter allgemeiner
sowie betriebswirtschaftlicher Betrachtung soll diese in die betriebswirtschaftliche
Strategielehre systematisch eingeordnet werden. Hierzu wird vor allem die
Strategietypologie von Mintzberg zur Einordnung verwendet.
Abschließend zur wissenschaftlichen Ausarbeitung soll eine empirische
Untersuchung klären, inwieweit einzelne strategische Grundsätze von Clausewitz
ebenso wie einzelne Merkmale des Wesens der Clausewitz'schen Strategielehre in
den Unternehmensstrategien mittelständischer Betriebe Anwendung finden. Hierzu
bedient sich der Verfasser einer Volluntersuchung aller mittelständischen Betriebe
in der Stadt Offenbach, welche im Datenpool der IHK-Offenbach als
mittelständische Betriebe gelistet sind.
Abschließend sollen in einem Fazit am Ende der Ausarbeitung die wesentlichen
Erkenntnisse der Diplomarbeit zusammengefasst und eine eigene Bewertung hierzu
durch den Verfasser abgegeben werden.
2
Begriffe und Definitionen
2.1
Strategie
Bisher gibt es in der Literatur keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs
Strategie. Als Ursache hierfür kann genannt werden, dass jeder einzelne Autor eine
unterschiedliche Auffassung über Art und Umfang des Strategiebegriffs hat.
8
Ursprünglich stammt der Begriff Strategie aus dem Griechischen. Er setzt sich aus
den Begriffen ,,stratos" (Heer) und ,,agein" (Führen) zusammen. ,,Strategos"
bezeichnete somit die Funktion eines Heeresgenerals
9
, der sich um die
grundsätzliche Art der Kriegsführung zu kümmern hatte, nicht um die Details der
Truppenführung.
10
Die erste konkrete Ausprägung des Begriffs Strategie wurde von Carl von
Clausewitz im 19. Jahrhundert für die Militärwissenschaft geprägt.
11
Gälweiler ist der Ansicht, dass hierdurch erstmals die Methodik entwickelt worden
ist, welche typisch für die Charakteristik strategischen Denkens, Entscheidens und
Handelns ist.
12
8
Vgl. Weindlmeier, Floriot, 2001, S. 144
9
Vgl. Roll, 2004, S. 8
10
Vgl. Mugler, 1995, S. 115
11
Vgl. Staehle, 1991, S. 561
12
Vgl. Gälweiler, 1987, S. 59
2008
- 4 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff Strategie im Zusammenhang mit der
Spieltheorie von Neumann und Morgenstern erstmals in die Betriebswirtschaftslehre
übertragen.
13
Mittlerweile gibt es eine ganze Anzahl verschiedener betriebswirtschaftlicher
Definitionen zur Strategie. Welge und Al-Lahm haben eine Übersicht über die
verschiedenen Definitionen zusammengestellt, welche sie nach dem
deutschsprachigen und dem angloamerikanischen Raum getrennt haben (siehe
hierzu die Seiten 79 bis 83 im Anhang).
14
Die Unterschiede in den verschiedenen Definitionen liegen vor allem im Umfang des
Strategiebegriffs. So gibt es keine allgemein anerkannte Meinung darüber, ob der
Prozess der Zielbildung Teil der Strategie ist oder ob sich die Strategie nur auf die
Maßnahmen, welche zur Erreichung der Ziele dienen, beschränkt.
15
Weiterhin gibt es bei den verschiedenen Autoren auch unterschiedliche
Abgrenzungen der Aktionsfelder der Strategie. Zu den Aktionsfeldern zählen unter
anderem Produkt-/Marktbereich, Funktionen und Ressourcen.
Als eine betriebswirtschaftliche Definition für Strategie kann die Definition von
Gälweiler herangezogen werden.
Gälweiler definiert Strategie wie folgt: ,,Sein Denken, Entscheiden und Handeln an
den übergeordneten oder obersten Zielen oder Zielvoraussetzungen zu orientieren
und sich dabei nicht durch vordergründige Dringlichkeiten, d.h. Augenblicksvorteile
und -nachteile, ablenken zu lassen."
16
Die Wahl dieser betriebswirtschaftlichen Definition der Strategie begründet der
Verfasser damit, das Gälweiler seine Definition der Strategie aus dem Militärischen,
unter anderem von Clausewitz, ableitet. Weiterhin betont Gälweiler, dass die
Übernahme des Strategiebegriffs aus dem Militärischen Berechtigung hat, da es
sich bei der Unternehmensstrategie als auch der Militärstrategie von ihren
abstrakten Ansatzpunkten her um die völlig gleiche Denkmethodik handelt.
17
Für die vorliegende Ausarbeitung soll jedoch die Definition der Strategie nach
Clausewitz maßgebend sein, da sich die Diplomarbeit mit der Strategielehre von
Clausewitz auseinandersetzt.
Clausewitz definiert die Strategie als: ,,die Lehre vom Gebrauch des Gefechts zum
Zweck des Krieges; sie muß also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen,
welches dem Zweck desselben entspricht."
18
13
Vgl. Roll, 2004, S. 8
14
Vgl. Welge, Al-Lahm, 1992, S. 166 - 169
15
Vgl. Welge, Al-Lahm, 1992, S. 169
16
Vgl. Gälweiler, 1987, S. 66
17
Vgl. Gälweiler, 1987, S. 60
18
Clausewitz, Hahlweg (Hrsg.), 1980, S. 271
2008
- 5 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Eine nähere Erläuterung dieser Definition sowie die Übertragung auf die
Betriebswirtschaft findet unter Punkt 5 (,,Das Wesen der Strategie und Taktik nach
Clausewitz") statt.
2.2
Taktik
Ursprünglich stammt das Wort Taktik vom griechischen Wort ,,taktikos" für geordnet
ab.
19
In der historischen kriegerischen Bedeutung des Wortes war Taktik eine
Kriegskunst, die sich einerseits auf die erlernten Fähigkeiten der Soldaten stützte
und andererseits auf die Geschicklichkeit, mit unvorhergesehenen Situationen fertig
zu werden.
20
Heutzutage wird die Taktik im Brockhaus 2006 wie folgt definiert:
,,Auf genauen Überlegungen im Hinblick auf Zweckmäßigkeit und Erfolg beruhendes
Vorgehen; berechnendes, zweckbestimmtes Verhalten."
21
Weiterführend stellt das ,,Digitale Handbuch der Bibliothekswissenschaften" die
Taktik in ihrer Definition in Zusammenhang mit der Strategie. Demzufolge ist Taktik
,,die im Rahmen einer vorgegebenen Strategie richtige Verhaltensweise bezüglich
der jeweiligen Situation".
22
Auch das ,,Lexikon Management" definiert unter betriebswirtschaftlicher Betrachtung
taktische Aktionen als ,,Maßnahmen zur Durchführung von Strategien in den
betrieblichen Funktionalbereichen" und leitet die Taktik somit auch aus der Strategie
ab.
23
Da sich diese Ausarbeitung, wie bereits erwähnt, mit der Strategie und Taktik nach
Clausewitz auseinandersetzt, ist für die vorliegende Arbeit die Definition der Taktik
nach Clausewitz maßgebend, welcher die Taktik auch aus der Strategie ableitet.
Clausewitz definiert die Taktik in ,,Vom Kriege" wie folgt: ,,Die Taktik [ist] die Lehre
vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch
der Gefechte zum Zweck des Krieges."
24
Eine nähere Erläuterung dieser Definition sowie die Übertragung auf die
Betriebswirtschaft findet unter Punkt 5 (,,Das Wesen der Strategie und Taktik nach
Clausewitz") statt.
19
Vgl. Umstaetter, http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/wistru/definitions/do5.html (22.07.2008)
20
Vgl. Umstaetter, http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/wistru/definitions/do5.html (22.07.2008)
21
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 26, 2006, S. 842
22
Vgl. Umstaetter, http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/wistru/definitions/do5.html (22.07.2008)
23
Vgl. Pieper (Hrsg.), 1992, S. 359
24
Clausewitz, Hahlweg (Hrsg.), 1980, S. 271
2008
- 6 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
2.3
Mittelständische Unternehmen
In der Literatur findet sich eine ganze Anzahl von verschiedenen Definitionen zur
Abgrenzung mittelständischer Betriebe von Klein- und Großbetrieben. So verweist
schon Hoch 1989 auf über 200 Definitionen.
25
Eine Unterscheidung ist nach quantitativen und qualitativen Kriterien möglich.
Qualitative Ausprägungen lassen sich gemäß dem Gabler Wirtschaftslexikon in eine
Nominalskala und quantitative Merkmale in eine metrische Skala einordnen.
26
Im Weiteren sollen verschiedene Kriterien zur Abgrenzung von mittelständischen
Unternehmen genannt werden.
2.3.1 Quantitative Kriterien
Als quantitative Kriterien lassen sich Unterscheidungsmerkmale wie Umsatz,
Bilanzsumme, die Anzahl der Beschäftigten oder der Marktanteil des Unternehmens
nennen, wobei es jedoch eine große Vielzahl weiterer Unterscheidungsmerkmale
gibt, welche in einigen Definitionen Anwendung finden.
27
Im Folgenden werden zwei bekannte Definitionen mittelständischer Unternehmen
nach quantitativen Kriterien genannt und beschrieben.
Die Europäische Union unterscheidet in ihrer Empfehlung für eine entsprechende
Definition Klein- und mittelständischer Betriebe in Kleinst-, Klein- und
Mittelunternehmen. Diese Definition gilt seit 2003. Sie ist in der Empfehlung
2003/361/EG geregelt und hat die alte Empfehlung der Europäischen Union,
Empfehlung 96/280/EG, abgelöst. In nachfolgender Tabelle ist die Definition der
Europäischen Union sowie die Änderungen gegenüber der Empfehlung von 1996
dargestellt:
28
25
Vgl. Hoch, 1989, S. 5
26
Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 1997
27
Vgl. Pfohl (Hrsg.), 1997, S. 5
28
Vgl. o.V., http://ec.europa.eu/enterprise/enterprise_policy/sme_definition/sme_user_guide_de.pdf (22.07.2008)
2008
- 7 -
Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Eine weitere Definition, welche häufig Anwendung findet, ist die Definition des
Instituts für Mittelstandsforschung. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) weist
in seiner Definition jedoch darauf hin, das gegebenenfalls zusätzlich auch andere
Merkmale einbezogen werden können.
29
In folgender Tabelle ist die
Größenklassendefinition des Instituts für Mittelstandsforschung dargestellt:
30
29
Vgl. o.V., http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89 (22.07.2008)
30
Vgl. o.V., http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89 (22.07.2008)
2008
- 8 -
Jan Grünberg
Abb. 1: Definition Klein- und mittelständischer Betriebe der Empfehlung der
Europäischen Union
Abb. 2: Definition Klein- und mittelständischer Betriebe des IfM

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn definiert Unternehmen mit bis zu neun
Beschäftigten respektive weniger als 1 Million Jahresumsatz als kleine und solche
mit zehn bis 499 Beschäftigten bzw. einem Jahresumsatz von 1 Million bis unter
50 Millionen als mittlere Unternehmen.
31
Für die vorliegende Ausarbeitung sollen zur Klassifizierung mittelständischer
Unternehmen die Mitarbeiterzahlen gemäß der Definition der Europäischen Union
und des Instituts für Mittelstandsforschung genutzt werden. Eine Differenzierung
zwischen beiden Definitionen erfolgt in der empirischen Untersuchung der
vorliegenden Arbeit.
Der Verfasser entscheidet sich für eine Differenzierung nach quantitativen
Merkmalen, da sich diese durch eine vergleichsweise einfache und gute
Anwendbarkeit auszeichnen.
32
2.3.2 Qualitative Kriterien
Kleine- und mittelständische Betriebe lassen sich auch nach qualitativen Merkmalen
unterscheiden. So stellt zum Beispiel Pfohl einen Kriterienkatalog vor, nach dem
eine Differenzierung zwischen Klein- und Mittelbetrieben im Gegensatz zu
Großbetrieben vorgenommen werden kann (siehe hierzu die Seiten 75 bis 78 im
Anhang).
33
Exemplarisch für viele andere Merkmalskataloge sei hier der überschaubare Ansatz
einer Definition kleiner und mittelständischer Betriebe von Gantzel aus dem Jahr
1962 genannt, der sich auf wenige Kriterien stützt:
Der Unternehmer ist selbstständiger Eigenunternehmer, der Kapital und
Leitung in seiner Hand vereinigt und Risiko und Verantwortung trägt.
Die Unternehmung ist entscheidende Existenzgrundlage und
Einkommensquelle des Unternehmers und seiner Familie.
Die Unternehmung ist die dauernde Lebensaufgabe und notwendige
Grundlage der Berufsausübung des Unternehmers.
Die Struktur und Wirtschaftsweise werden von der persönlichen Mitwirkung
des Unternehmers bis in Details bestimmt.
Die Mitarbeiter bilden eine personal-geprägte Betriebsgemeinschaft, in der
zwischenmenschliche Beziehungen durch persönliche Kenntnis und ständige
Fühlungsnahme bestimmt sind.
34
Für die vorliegende Arbeit werden in der empirischen Untersuchung jedoch keine
qualitativen Kriterien herangezogen, da sie sich weniger gut anwenden lassen.
35
31
Vgl. o.V., http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89 (22.07.2008)
32
Vgl. Rolfing, Funck, 2002, S. 22
33
Vgl. Pfohl (Hrsg.), 1997, S. 19-21
34
Vgl. o.V., http://www.mittelstand-optimierung.de/definition_mittelstand.shtml (22.07.2008)
35
Vgl. Rolfing, Funck, 2002, S. 22
2008
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Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Außerdem ist anzumerken, dass auch Rohlfing und Funck in ihrem
Forschungsbericht ,,Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ­ kritische Diskussion
quantitativer und qualitativer Definitionsansätze" zu keinem endgültigen Schluss
kommen, welcher Definition in der wissenschaftlichen Forschung gefolgt werden
sollte.
36
2.4
Dialektik
Bei der Dialektik handelt es sich um die Logik des Widerspruchs oder Methode
kritischen, Gegensätze bedenkenden Philosophierens.
37
Ursprünglich war die Dialektik in der griechischen Philosophie die Kunst, durch
geschickte Unterscheidungen auch widersprüchlich erscheinende Lehren
akzeptabel zu machen: so bei Zenon, dem ,,Erfinder" der Dialektik, hinsichtlich der
Lehre des Parmenides.
38
Sokrates und Platon entfalten die Dialektik zur allgemeinen Methode begründeter
Wahrheitsfindung durch Überwindung widersprüchlicher Meinungen im Dialog. Bei
Platon wird sie zudem Zentralbegriff seiner Ontologie: Sie ist der Gang von der
erscheinenden Realität zu den sie begründenden Ideen, bis hinauf zur Idee der
Ideen, dem an sich Guten.
39
Von der Stoa bis ins 16. Jahrhundert bezeichnete Dialektik vorwiegend den Bereich
der Logik. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurde die Logik dann unterteilt in
Analytik (Lehre vom logisch notwendigen Schließen) und Dialektik (Lehre von den
bloß wahrscheinlichen Schlüssen).
40
Bei Kant ist Dialektik als die Logik des Scheins Ausdruck der Verwicklichung der
Vernunft in Widersprüche, wenn sie allein aus sich heraus zu Erkenntnissen zu
gelangen sucht, ohne sich auf Erfahrung stützen zu wollen (,,transzendentale
Dialektik").
41
F. W. Schelling verband als Erster explizit das Wort Dialektik mit dem dialektischen
Dreischritt. Er neigte dazu, in der Dialektik nicht eine Methode, sondern das Prinzip
realer Entwicklungen und Seinsordnungen zu sehen.
42
G. W. F. Hegel erklärte Dialektik zur ,,absoluten Methode des Erkennens"; sie ist für
ihn zugleich die ,,immanente Entwicklung des Begriffs" und ,,der Gang der Sache
selbst". Grundgedanke seiner Dialektik ist, dass jede Setzung (Thesis) mit innerer
36
Vgl. o.V., http://www.mittelstand-optimierung.de/definition_mittelstand.shtml (22.07.2008), S. 22-23
37
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 762
38
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 762
39
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 762.
40
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 762 - 763
41
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 763
42
Vgl. o.V., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 763
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Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Notwendigkeit ihr Gegenteil (Antithesis) aus sich hervortreibt und dass sich beide in
einer höheren Einheit (Synthesis) gegenseitig aufheben. Da nach Hegel Denken
und Wirklichkeit zusammenfallen, ist die Dialektik das innere Bewegungsgesetz
nicht nur der Begriffe, sondern auch des ,,wirklichen" Seins, besonders der
geschichtlichen Welt; Dialektik wird damit zur Realdialektik.
43
Auch Clausewitz bediente sich in seinen Werken einer eigenen Dialektik, das heißt
einem Denken und Erkennen durch die Betrachtung von Gegensätzen. Eine
genauere Untersuchung der Clausewitz'schen Dialektik, besonders im Vergleich zu
der Denkmethode von Hegel, ist unter Punkt 5 ,,Das Wesen der Strategie und Taktik
bei Clausewitz" beschrieben.
2.5
Begriff des ,,Genies" in ,,Vom Kriege"
Clausewitz' Werk entspringt der Epochen des deutschen Idealismus und der
Romantik.
44
Clausewitz' Geniebegriff orientierte sich am romantischen (Epoche, Anm. d.
Verfassers) Genieverständnis von Kant. Clausewitz übernahm Kants Worte, der
geschrieben hatte: ,,Genie ist das Talent (Naturgabe), welches der Kunst die Regel
gibt. [Es ist] ein Talent [...] dasjenige wozu sich keine bestimmte Regel geben läßt,
hervorzubringen."
45
Für Kant machte das Vermögen des Gemüts, mit welchem er Einbildungskraft und
Verstand umschrieb, das Wesen des Genies aus. Genie ist nach ihm ,,die
meisterhafte Originalität der Naturgabe eines Subjekts im freien Gebrauch seiner
Erkentnnisvermögen; es ist das Talent dessen, was nicht gelernt werden kann".
46
Das Genie im kantischen, rational ästhetischen Sinne ist ausführlich in der 1790
beendeten Kritik der Urteilskraft als ein ,,Talent (Naturgabe)" beschrieben: ,,Genie ist
die angeborene Gemütslage (ingenium), durch welche die Natur der Kunst die
Regel gibt." Kant bezieht sich dabei auf seinen vorher ausdifferenzierten Begriff der
,,schönen Kunst", unterschieden vom ,,Handwerk" und der ,,angenehmen Kunst", die
eben nur durch die Genialität des Schöpfenden ihren originalen, exemplarischen
Charakter erhält. Das Genie an sich ist dabei als ,,Günstling der Natur" zu
verstehen, in dessen Kopf sich, ohne dass er es wüsste auf welche Weise, ,,Ideen ...
hervor und zusammenfinden". ,,[...] Das Genie ist durch seine durch Naturgewalt
erzwungene schöpferisch-synthetische Funktion das Gegenteil zum
Philosophierenden, der durch die ihm zur Verfügung stehenden geistigen
Werkzeuge die Wirklichkeit untersucht, aufteilt und kategorisiert."
47
43
Vgl. o.A., Brockhaus Enzyklopädie, Band 6, 2006, S. 763
44
Vgl. Souchon, 2007, S. 10-11
45
Vgl. Heuser, 2005, S. 89
46
Vgl. o.A., Brockhaus Enzyklopädie, Band 10, 2006, S. 463
47
Krebs, http://web.uni-frankfurt.de/fb09/kunstpaed/indexweb/frankfurt/referate/geniewebseite/geniebegr.htm (22.07.2008)
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Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Somit verstand Clausewitz im Sinne Kants das Genie als eine naturgegebene
Gabe, welche eher intuitiv und inspiriert Ideen und Vorstellungen entwickelt. Dies
bedeutet weiterhin, dass das Wesen des Genies nicht erlernt, sondern nur
herausgebildet werden konnte.
2.6
Begriff der ,,Moral" in ,,Vom Kriege"
Unter der Moral oder den moralischen Größen verstand Clausewitz psychische
Kräfte des Strategen und Weisungsbefugten sowie bei den Weisungsgebundenen
wie zum Beispiel das Durchhaltevermögen und die Standfestigkeit der Truppe.
48
Er selbst definiert die moralischen Kräfte als alles, was durch ,,geistige
Eigenschaften und Wirkungen hervorgerufen wird".
49
Wenn Clausewitz über die Moral der Bevölkerung schreibt, meint Clausewitz, in
welcher Weise die Bevölkerung am Krieg beteiligt war und die Kriegsbemühungen
unterstützte.
50
Bei seiner Betrachtung der Moral lässt Clausewitz die eigentlichen moralischen
Kräfte des Soldaten außer Acht wie zum Beispiel das moralisch-ethische Urteil und
die Gewissensentscheidung des Soldaten.
51
Clausewitz betrachtete den Krieg als einen normalen Akt menschlichen Verkehrs.
52
Eine gedankliche Ebene, die in ,,Vom Kriege" völlig fehlt, ist die von Ethik und Moral
im heutigen europäischen Verständnis.
53
Als Anhänger von Machiavelli nahm es Clausewitz als gegeben hin, dass Staaten
aggressiv sind und dass wenn einige Staaten aggressiv sind, andere sich
verteidigen müssen.
54
48
Vgl. Schulte, 1968, S. 5
49
Clausewitz, Hahlweg (Hrsg.), 1980, S. 354
50
Vgl. Heuser, 2005, S. 62
51
Vgl. Schulte, 1968, S. 5
52
Vgl. Heuser, 2005, S. 62
53
Vgl. Wallach, 1988, S. 51
54
Vgl. Heuser, 2005, S. 62
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Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
3
Historische Einordnung der Strategielehre von Clausewitz
Clausewitz lebte von 1780 bis 1831.
55
Sein Hauptwerk ,,Vom Kriege" schrieb er in
den Jahren 1818 bis 1830, welches er jedoch nie ganz vollenden konnte.
56
Sein Werk ,,Vom Kriege" kann somit in die Epochen des deutschen Idealismus und
der Romantik eingeordnet werden.
57
Als eine Reaktion auf das mechanische Welt- und Menschenbild der Aufklärung
entwickelte sich Ende des 18. Jahrhunderts eine Hinwendung zur Romantik, welche
die vom Rationalismus vernachlässigte menschliche Perspektive des Seins und
Erkennens thematisierte. Sie rückte das menschliche Gefühl, die Natur und die
Kunst in den Vordergrund.
58
Der deutsche Idealismus (zwischen 1780/90 und 1831) war eine Philosophie des
Geistes, welche die ideelle Natur der Wirklichkeit über die materialistische und
funktionalistische Sicht erhob. Sie postulierte das Primat des Geistes. Vorrang hatte
die Vernunft, die als geistiges Prinzip dem absoluten Ich vorangestellt wurde.
59
Bereits dieser kurze Exkurs in die Romantik und den deutschen Idealismus kann die
Brücke zur Vorgehensweise zu wesentlichen Schwerpunkten der Clausewitz'schen
Theorie schlagen. Clausewitz' Einordnung des Krieges als einen Teil des
gesellschaftlichen Lebens und nicht der Kunst oder Wissenschaften und sein
Verständnis des Krieges als einer Auseinandersetzung eines Willen mit einem
gleichwertigen Gegenwillen greift wesentliche Gedanken seiner Zeit auf. Er offeriert
methodische Denkweisen zur Analyse komplexer sicherheitspolitischer
Zusammenhänge, welche Verstandes- und Gemütskräfte gleichermaßen
berücksichtigen.
60
Weiterhin entsprach es seiner Zeit, dass er eine prinzipielle Kritik an der
rationalistischen Kriegstheorie der Aufklärung übte, die darauf abzielte, die Kunst
der Kriegsführung auf Prinzipien und Gesetze, nach Möglichkeit auf feste Formeln
zu bringen. Vielmehr setzte er auf eine individuelle Betrachtung, wie sie sich,
inspiriert von der Romantik, um die Jahrhundertwende durchgesetzt hatte.
61
Eine weiterführende einfache Einordnung der Philosophie von Clausewitz in eine
Schulrichtung kann jedoch nicht vorgenommen werden, da Clausewitz' Philosophie
in ,,Vom Kriege" sowie in seinen weiteren Werken keineswegs eindeutig geklärt ist.
62
55
Vgl. Heuser, 2005, S. 1-6
56
Vgl. Heuser, 2005, S. 5-6
57
Vgl. Souchon, 2007, S. 10-11
58
Vgl. Schäfer, 2007, S. 10
59
Vgl. Schäfer, 2007, S. 10
60
Vgl. Schäfer, 2007, S. 11
61
Vgl. Schmidt, 2007, S. 26
62
Vgl. Schmidt, 2007, S. 34
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Jan Grünberg

Strategie und Taktik nach Clausewitz und ihre Anwendung in mittelständischen Unternehmen
Clausewitz schrieb in der Zeit nach den napoleonischen Kriegen.
63
Am Ende des 17. und während des 18. Jahrhunderts hatte sich in der Kriegsführung
ein wiederkehrendes Muster entwickelt, sodass der Unterschied zwischen Sieg und
Niederlage oft nur relativ gering war. Napoleon änderte dies grundlegend durch die
Kriegsführung mit zahlenmäßig deutlich überlegenen Armeen.
64
Diese Umbruchsperiode kann durch die Französische Revolution, die Feldzüge
Napoleons und die Neuordnung des Preußischen Staatssystems skizziert werden.
65
Die Neuordnung des Staatssystems war durch Sozial-, Bildungs- und
Heeresreformen gekennzeichnet.
66
Der preußische Offizier Carl von Clausewitz schrieb angesichts der französischen
Revolutionskriege sowie der Befreiungskriege gegen Napoleon wesentliche Teile
seines Hauptwerks ,,Vom Kriege" in einem Klima sozialer, politischer und
philosophischer Umgestaltung Preußens.
67
Oetinger begründet den heutigen Zeitbezug und die Aktualität des Werkes ,,Vom
Kriege" mit der Auffassung, dass sich die heutige Wirtschaft in einer ähnlichen Zeit,
welche durch hohe Instabilität und schnelle tief greifende Veränderungen
gekennzeichnet ist, befindet.
68
Weiterhin ist er der Auffassung, dass dieser Wandel
nicht in wenigen Jahren abgeschlossen ist, sondern noch mehrere Jahrzehnte
dauert.
69
4
Das Verhältnis von Militärstrategie zur
Unternehmensstrategie
Es gibt mehrere Versuche einiger Autoren alte Militärstrategien auf die
Betriebswirtschaft zu übertragen. Auch orientieren sich manche Autoren sogar am
Wortlaut militärischer Maximen.
70
,,James beschrieb die militärische Erfahrung (als) echte Fundgrube für unter
Kampfbedingungen getestete Wettbewerbsstrategien. Er sah bemerkenswerte
Parallelen zur Wirtschaft in Bezug auf Abschreckung, Angriff, Verteidigung und
Allianzen sowie in der Verwendung von Informationssystemen, Waffen, Logistik und
Kommunikation, alles für einen Zweck geschaffen ­ für den Kampf.
71
63
Vgl. Mintzberg, Ahlstrand, Lampel, 1999, S. 109
64
Vgl. Mintzberg, Ahlstrand, Lampel, 1999, S. 110
65
Vgl. Souchon, 2007, S. 8
66
Vgl. Souchon, 2007, S. 9
67
Vgl. Souchon, 2007, S. 9
68
Vgl. Oetinger, Ghyczy, Bassford (Hrsg.), 2006, S. 2-4
69
Vgl. Oetinger, Ghyczy, Bassford (Hrsg.), 2006, S. 4
70
Vgl. Mintzberg, Ahlstrand, Lampel, 1999, S. 110
71
Vgl. Mintzberg, Ahlstrand, Lampel, 1999, S. 111
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Jan Grünberg

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836623391
DOI
10.3239/9783836623391
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Berufsakademie Rhein-Main in Rödermark – Wirtschaft, Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
strategie taktik clausewitz strategielehre unternehmensstrategie
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