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Seniorengerechte Dienstleistungen und Wohnraumgestaltung als Potenzial wirtschaftlicher Entwicklung

©2006 Diplomarbeit 60 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die demographische Entwicklung und ihre Folgen stellen für Deutschland und viele andere Industriestaaten eine große Herausforderung dar. Allein zahlenmäßig gewinnt die Bevölkerungsgruppe der Älteren immer mehr an Bedeutung für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Während die Politik sich vor allem damit beschäftigt, wie die Renten- und Pflegeversicherung künftig finanziert werden kann, versprechen sich Teile der Wirtschaft von der stetig wachsenden Zielgruppe der Senioren großes Konsumpotenzial. Dass einige Unternehmen die steigende Bedeutung der älteren Generation erkannt haben, kann bei genauerem Hinsehen überall beobachtet werden. Aus dem Fitnessstudio wird ein Reha-Zentrum, Reiseveranstalter werben mit speziellen ‘50-Plus-Angeboten’ und Partnervermittlungsagenturen versuchen die ältere Generation mit Online-Portalen zu locken, die den ‘zweiten Frühling’ versprechen.
Auch in den Medien wird das Thema ‘Alter’ immer öfter aufgegriffen, für einige Bereiche herrscht dabei besonderes Interesse: ‘Insbesondere Berichte über neue und alternative Wohn- und Lebensformen, über ‘Rentnerkommunen’ und greise Kommunarden bringen Quote, Alten-WGs werden in Talkshows diskutiert (Fliege), bei arte lief Anfang des Jahres eine Doku-Soap mit fünf Frauen um die 70, die zwei Monate lang zusammen leben mussten und vom Fernsehen begleitet wurden.’ Das Thema ‘Wohnen im Alter’ ist deshalb so interessant, weil die Wohnung und das Wohnumfeld im Leben älterer Menschen von besonderer Bedeutung sind. Des Weiteren geben Ältere einen Großteil ihres Einkommens für Wohnen aus. Daher ist es ein wichtiges Thema für die wirtschaftliche Erschließung des Seniorenmarktes.
Diese Diplomarbeit befasst sich jedoch nicht nur mit den verschiedenen Wohnformen, sondern auch mit haushaltsnahen Dienstleistungen für Senioren. Die Themenstellung wurde deshalb so gewählt, weil beide Bereiche eng miteinander verknüpft sind. Haushaltsnahe Dienstleistungen sind fester Bestandteil mancher Wohnformen und wirken ergänzend zum Leben in der Normalwohnung. Sie sind von besonderer Bedeutung für den Erhalt der Selbstständigkeit vieler Senioren, ohne sie wäre eine freie Wahl der Wohnform schwierig und zum Teil unmöglich. Außerdem werden beide Sparten – sowohl separat als auch in Kombination miteinander – als wichtige Wachstumsbereiche angesehen und sind deshalb besonders interessant.
Ziel dieser Diplomarbeit ist, die aktuelle Wohn- und Lebenssituation, die Bedürfnisse und Bedarfe, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Demographische Entwicklung und soziale Situation
2.1 Alterung der Bevölkerung
2.1.1 Demographische Alterung
2.1.2 Altersstrukturwandel
2.2 Alter und Gesellschaft
2.2.1 Gesellschaftliche Bestimmungsfaktoren für Alter
2.2.2 Der Alltag älterer Menschen
2.2.3 Soziale Netzwerke älterer Menschen
2.3 Gesundheitliche Lage im Alter
2.3.1 Hilfe- und Pflegebedürftigkeit
2.3.2 Demenz
2.4 Wirtschaftliche Lage im Alter
2.4.1 Einkommens- und Vermögenssituation
2.4.2 Einkommensverwendung

3 Wohnen im Alter
3.1 Aktuelle Wohnsituation
3.2 Seniorengerechtes Wohnen – ein Definitionsansatz
3.3 Wohnbedürfnisse
3.4 Wohnformen
3.4.1 Normalwohnung
3.4.2 Betreutes Wohnen
3.4.3 Integriertes Wohnen
3.4.4 Wohngemeinschaften
3.4.5 Wohnen in Institutionen
3.5 Potenziale für die Wirtschaft

4 Haushaltsnahe Dienstleistungen für Senioren
4.1 Haushaltsnahe Dienstleistungen für Senioren – ein Definitionsansatz
4.2 Ansprüche an Dienstleistungen
4.3 Aktuelle Betreuungssituation
4.3.1 Betreuung durch Angehörige
4.3.2 Betreuung durch externe Dienstleister
4.4 Potenziale für die Wirtschaft

5 Ausblick und politische Handlungsmöglichkeiten

Literaturverzeichnis

Erklärung

Abstract

Die Personengruppe der älteren Menschen wächst durch den demographischen Wandel in unserer Gesellschaft stetig an und wird damit zu einer wichtigen Zielgruppe politischer und wirtschaftlicher Anstrengungen. Besonderes Wachstumspotenzial versprechen vor allem Bereiche wie Wohnen und wohnungsnahen Dienstleistungen für Ältere. Grund für diese Annahme ist, dass Senioren oft großen Wert auf ihre Wohnung legen und zudem finanziell relativ gut gestellt sind.

Die Wohnung gewinnt für Senioren aus mehreren Gründen an Bedeutung. Über Jahre gelebte Beziehungen haben sie mit der Wohnung und dem Wohnumfeld verwurzelt. Das Leben älterer Menschen spielt sich zunehmend in ihrer Wohnung ab, sie verbringen dort deutlich mehr Zeit als Jüngere. Weiterhin ist das Leben im eigenen Haushalt für Senioren Ausdruck von Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Die Bedeutung der Wohnung wird auch im Hinblick auf die Einkommensverwendung Älterer deutlich: Für Wohnen geben Senioren einen großen Teil ihres Einkommens aus.

Ältere Menschen leben zum Großteil in Normalwohnungen. Sonderwohnformen haben bisher nur marginale Bedeutung. Aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungstendenzen könnten sie in Zukunft durchaus an Relevanz gewinnen. Die wirtschaftlichen Potenziale liegen jedoch vorerst hauptsächlich im Bereich des normalen Wohnungsbaus. Die seniorengerechte Anpassung der Bestandswohnungen sowie der barrierefreie Neubau von Wohnungen werden momentan als potenzialträchtig angesehen.

Der Verbleib in der Normalwohnung oder anderen Wohnformen kann durch haushaltsnahe Dienstleistungen unterstützt oder ermöglicht werden. Knapp fünf Millionen ältere Menschen in Deutschland sind hilfe- oder pflegebedürftig, 4,4 Millionen davon leben in Privathaushalten. Die Betreuung und Versorgung dieser Senioren wird überwiegend durch Angehörige geleistet. Professionelle Dienstleistungen werden gegenwärtig nur in geringem Umfang in Anspruch genommen. Auch in diesem Bereich wird jedoch wirtschaftliches Potenzial erwartet, da die Betreuung durch Angehörige voraussichtlich nicht mehr im derzeitigen Ausmaß stattfinden kann.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zeitverbringung zu Hause oder nicht zu Hause nach Alter

Abbildung 2: Anteil der Hilfe- und Pflegebedürftigen in Privathaushalten nach Alter und Geschlecht

Abbildung 3: Kognitiv beeinträchtigte Pflegebedürftige nach Einschränkungen im instrumentellen Bereich

Abbildung 4: Wohnanpassung am Beispiel einer Zusammenlegung von Bad und WC

Abbildung 5: Ansprüche an Dienstleistungserbringer

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einkommen und Einkommensposition in Deutschland nach Haushaltstypen

1 Einleitung

Die demographische Entwicklung und ihre Folgen stellen für Deutschland und viele andere Industriestaaten eine große Herausforderung dar. Allein zahlenmäßig gewinnt die Bevölkerungsgruppe der Älteren immer mehr an Bedeutung für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Während die Politik sich vor allem damit beschäftigt, wie die Renten- und Pflegeversicherung künftig finanziert werden kann, versprechen sich Teile der Wirtschaft von der stetig wachsenden Zielgruppe der Senioren großes Konsumpotenzial. Dass einige Unternehmen die steigende Bedeutung der älteren Generation erkannt haben, kann bei genauerem Hinsehen überall beobachtet werden. Aus dem Fitnessstudio wird ein Reha-Zentrum, Reiseveranstalter werben mit speziellen „50-Plus-Angeboten“ und Partnervermittlungsagenturen versuchen die ältere Generation mit Online-Portalen zu locken, die den „zweiten Frühling“ versprechen.

Auch in den Medien wird das Thema „Alter“ immer öfter aufgegriffen, für einige Bereiche herrscht dabei besonderes Interesse: „Insbesondere Berichte über neue und alternative Wohn- und Lebensformen, über „Rentnerkommunen“ und greise Kommunarden bringen Quote, Alten-WGs werden in Talkshows diskutiert (Fliege), bei arte lief Anfang des Jahres eine Doku-Soap mit fünf Frauen um die 70, die zwei Monate lang zusammen leben mussten und vom Fernsehen begleitet wurden.“[1] Das Thema „Wohnen im Alter“ ist deshalb so interessant, weil die Wohnung und das Wohnumfeld im Leben älterer Menschen von besonderer Bedeutung sind. Des Weiteren geben Ältere einen Großteil ihres Einkommens für Wohnen aus. Daher ist es ein wichtiges Thema für die wirtschaftliche Erschließung des Seniorenmarktes.

Diese Diplomarbeit befasst sich jedoch nicht nur mit den verschiedenen Wohnformen, sondern auch mit haushaltsnahen Dienstleistungen für Senioren. Die Themenstellung wurde deshalb so gewählt, weil beide Bereiche eng miteinander verknüpft sind. Haushaltsnahe Dienstleistungen sind fester Bestandteil mancher Wohnformen und wirken ergänzend zum Leben in der Normalwohnung. Sie sind von besonderer Bedeutung für den Erhalt der Selbstständigkeit vieler Senioren, ohne sie wäre eine freie Wahl der Wohnform schwierig und zum Teil unmöglich. Außerdem werden beide Sparten – sowohl separat als auch in Kombination miteinander – als wichtige Wachstumsbereiche angesehen und sind deshalb besonders interessant.

Ziel dieser Diplomarbeit ist, die aktuelle Wohn- und Lebenssituation, die Bedürfnisse und Bedarfe, aber auch die Probleme der Senioren in Deutschland im Bezug auf Wohnen und Dienstleistungen zu beleuchten. Weiterhin soll mithilfe der erarbeiteten Erkenntnisse versucht werden, eine Einschätzung des zukünftigen Seniorenmarktes in den Bereichen Wohnen und haushaltsnahe Dienstleistungen zu treffen. In dieser Arbeit soll außerdem dargestellt werden, dass die Alterung der Gesellschaft neben zahlreichen Herausforderungen auch eine Chance bedeuten kann. Branchen wie etwa das Baugewerbe oder der Pflegesektor, profitieren von dieser Entwicklung. Dies kann auch positive beschäftigungspolitische Folgen haben.

Die vorliegende Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Begonnen wird mit einem kurzen Überblick zur demographischen Entwicklung, darauf folgen Daten zur finanziellen und gesundheitlichen Situation sowie der gesellschaftlichen Lage älterer Menschen in Deutschland (Kapitel zwei). Kapitel drei beschäftigt sich mit Wohnverhältnissen und Wohnformen für Senioren und den wirtschaftlichen Aussichten in diesem Sektor. In Kapitel vier geht es um haushaltsnahe Dienstleistungen für Senioren, auch hier erfolgt eine (begrenzt mögliche) Bestandsanalyse und Überlegungen zu den wirtschaftlichen Potenzialen dieser Sparte. Im Schluss der Arbeit werden politische Handlungsmöglichkeiten für eine positive wirtschaftliche Entwicklung skizziert.

2 Demographische Entwicklung und soziale Situation

2.1 Alterung der Bevölkerung

2.1.1 Demographische Alterung

Der Begriff der Demographie stammt aus dem Griechischen und bezeichnet Zustand und Veränderungen der Bevölkerungszahl und ihrer Zusammensetzung.[2] Der demographische Strukturwandel benennt die strukturellen Merkmale einer Bevölkerung innerhalb eines zeitlichen Verlaufes. Die zentrale Kategorie demographischer Strukturen und Prozesse ist das biographiebezogene Alter von Personen. Folglich stehen das Alter und der Prozess des „Alterns von Bevölkerungen“ im Mittelpunkt der Betrachtungen zum demographischen Strukturwandel.[3]

In der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit rund 82,5 Millionen Einwohner. Davon sind 16,7 Millionen Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren, 45,2 Millionen befinden sich im erwerbsfähigen Alter und 20,6 Millionen sind 60 Jahre und älter.[4] Die demographische Alterung in Deutschland verläuft im Eiltempo. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Menschen wird sich in den nächsten Jahrzehnten erheblich zu Gunsten der alten und älteren Bevölkerungsgruppen verschieben. Laut einer Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes wird im Jahr 2050 die Hälfte der Bevölkerung älter als 48 und ein Drittel 60 Jahre und älter sein. Demgegenüber sinkt zur gleichen Zeit die Zahl der unter 20-Jährigen auf ca. zwölf Millionen.[5]

Die demographische Alterung resultiert aus drei Faktoren:

- Steigende Lebenserwartung: Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt heute bei 74 Jahren für einen Mann, eine Frau wird rund 80 Jahre alt.[6] Damit ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen: „Ein um das Jahr 1900 geborenes Mädchen hatte seinerzeit eine durchschnittliche Lebenserwartung von gut 48 Jahren, ein neugeborener Junge von 45 Jahren. Für ein heute geborenes Kind errechnet sich eine rd. 30 Jahre höhere Lebenserwartung […].“[7] Die Ursache dafür liegt vor allem in der erheblich gesunkenen Kinder- und Säuglingssterblichkeit, die durch große Fortschritte auf dem Gebiet der Medizin erreicht wurde. Zusätzlich sank im Verlauf des 20. Jahrhunderts die Sterblichkeit der Menschen mittleren und höheren Alters.[8] Für die nächsten Jahrzehnte wird ein weiterer Anstieg der Lebenserwartung prognostiziert. Im Jahr 2050 soll ein Deutscher im Durchschnitt 93 bis 94 Jahre alt werden.[9]
- Niedrige Geburtenrate: Die Geburtenhäufigkeit in Deutschland ist anhaltend niedrig und beträgt derzeit im Schnitt 1,3 Geburten pro Frau. Zwischen den 20er Jahren und dem zweiten Weltkrieg brachte eine Frau noch durchschnittlich zwei Kinder zur Welt. Die Gründe für diesen Geburtenrückgang sind vielfältig, zusammenfassend spricht man sowohl von einer Verschiebung des generativen Wertegefüges als auch von einer Steigerung der so genannten „Opportunitätskosten“[10] von Kindern.[11]
- Außenwanderung: Die Bevölkerungszahl und Alterstruktur ist auch vom Wanderungssaldo, d. h. der Differenz zwischen Zu- und Fortzügen, abhängig. Der Nettowanderungssaldo war seit den 50er Jahren überwiegend positiv. Anfang der 90er Jahre wurden Werte von über 600.000 Personen erreicht, inzwischen flacht der Nettowanderungssaldo jedoch ab und betrug 1997 nur noch knapp 94.000 Personen.[12]

2.1.2 Altersstrukturwandel

Unter dem Altersstrukturwandel versteht man strukturelle Entwicklungen des Alters in unserer Gesellschaft. Diese Veränderungen sind einerseits demographisch bedingt, andererseits das Resultat gesellschaftlicher Entwicklungen.[13]

Folgende Trends charakterisieren den Altersstrukturwandel:

- Verjüngung: Unter der Verjüngung des Alters werden zwei Phänomene verstanden: Einerseits schätzen sich Ältere heute jünger ein als früher[14], andererseits werden ältere Arbeitnehmer wesentlich eher als „alt“ bezeichnet als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Diese Entwicklung wird durch einen zeitigeren Renteneintritt begleitet.[15]
- Entberuflichung: Die Entberuflichung des Alters steht in Verbindung mit dem Trend der Verjüngung. Sie bezeichnet die faktische Senkung des Renteneintrittsalters durch den seit den 70er Jahren andauernden Frühverrentungstrend. Wird also das Merkmal des Ruhestands bzw. der Austritt aus dem Arbeitsleben als Beginn der „Lebensphase Alter“ angesehen, so beginnt diese Phase heute bereits um das sechzigste Lebensjahr und dauert dadurch erheblich länger an als früher.[16]
- Feminisierung: Durch Verluste aus dem zweiten Weltkrieg und eine höhere Lebenserwartung der Frauen sind diese in der Altenbevölkerung überrepräsentiert. „Die heutige Altersgesellschaft besteht bei den über 60jährigen zu zwei Drittel aus Frauen, bei den über 75jährigen sogar zu drei Viertel.“[17] Zukünftig wird sich dieser Trend etwas abschwächen, die Geschlechterproportionen gleichen sich an. Im Bereich der Hochaltrigen, d. h. der über 80jährigen wird jedoch weiterhin ein deutliches Übergewicht von Frauen bestehen.[18]
- Singularisierung: Unter der Singularisierung des Alters versteht man den Trend zum Alleinleben, insbesondere in höheren Altersgruppen. Betroffen sind hauptsächlich Frauen: Im Jahr 2000 lebten von den 65 bis 70jährigen Frauen 31,1 Prozent allein, bei den Männern waren es lediglich 13,1 Prozent. Insgesamt waren bei den 65 bis 70jährigen folglich rund 44 Prozent, bei den über 75jährigen bereits mehr als zwei Drittel betroffen. Die zunehmende Singularisierung des Alters wird sich zukünftig durch steigende Scheidungsraten, Einelternfamilien und bewusst Alleinlebende weiter verstärken.[19]
- Hochaltrigkeit: Der Trend der Hochaltrigkeit ist durch die steigende Lebenserwartung bedingt. Als hochaltrig werden ältere Menschen über 80 Jahre bezeichnet. Statistisch gesehen nehmen ab diesem Alter die Belastungen, beispielsweise durch Krankheit und Pflegebedürftigkeit, zu.[20] „Hochaltrigkeit beschreibt aber nicht nur eine Lebensphase von Defiziten und Einschränkungen, sondern erfasst auch eine zunehmende Zahl alter Menschen, die kompetent und vital bis kurz vor ihrem späten Tod (mit ergänzenden Hilfen) ihre Selbstständigkeit bewahren.“[21]

2.2 Alter und Gesellschaft

2.2.1 Gesellschaftliche Bestimmungsfaktoren für Alter

Eine klare Definition von Alter ist in der Wissenschaft nicht vorhanden. Der Brockhaus definiert Alter als „[…] der letzte Abschnitt in der Entwicklung der Lebewesen.“[22] Eindeutig abgrenzbar ist damit die Lebensphase Alter nicht.

Größtenteils wird der Übergang zwischen Erwerbsarbeit und Eintritt in den Ruhestand als Altersschwelle bezeichnet. Der Eintritt in den Ruhestand und damit die Abgrenzung von Alter kann jedoch sehr variieren, da die institutionell geregelten Phasen und Übergänge zwar nach wie vor vorhanden sind, jedoch zu unterschiedlichen Zeiten gelebt werden.[23] Das Alter bei Eintritt in den Ruhestand hat sich durch den Frühverrentungstrend seit Ende der 70er Jahre deutlich nach unten verschoben, durchschnittlich liegt es bei unter 60 Jahren.[24] „Damit war eine früher einsetzende und stärker differenzierende Alterszuschreibung verbunden, vor allem eine Ausdehnung der Gruppe der jungen Alten.“[25] Trotz der heute altersmäßig ungenauen Abgrenzungsmöglichkeit gilt der Eintritt in den Ruhestand immer noch als Bestimmungsfaktor für die Zuschreibung von Alter.[26]

Neben der Phase des Ruhestands als zentralem Bestimmungsfaktor für die gesellschaftliche Zuschreibung für Alter haben auch familiäre Veränderungen Einfluss darauf. So werden neben der Großelternschaft auch der Auszug der Kinder und die damit einhergehende „nachelterliche Gefährtenschaft“ sowie die Verwitwung eines Ehepartners mit der Lebensphase Alter assoziiert.[27]

Ein weiteres Abgrenzungskriterium für die Lebensphase Alter sind Prozesse des Generationentauschs. Darunter versteht man den durch das Erreichen eines bestimmten Lebensalters als notwendig erachteten Austausch von Erwerbstätigen, Parlamentariern, Funktionsträgern usw. Durch gesellschaftlich eingeleitete Prozesse des Generationentauschs wird die Stellung der Alten beeinflusst, sie verlieren an Einfluss und Macht. Auch mit dieser Form gesellschaftlicher Ausgliederung sind Alterszuschreibungen verbunden.[28]

Außerdem prägen gesellschaftliche Werte und Normen das Bild vom alten Menschen. „Altersbilder sind „bildhafte Vorstellungen“, die in vereinfachter Form Informationen, Meinungen und Vorstellungen über alte Menschen vermitteln, die sich in einer Kultur zu einer bestimmten Zeit vorfinden und die sich meist auf alle Lebensbereiche beziehen.“[29] Altersbilder können normativ oder selbstbezogen sein. Normative Überzeugungen werden durch Vorstellungen von typischen Entwicklungen beim alternden Menschen bestimmt. Beispiele hierfür sind die sinkende Leistungsfähigkeit, eingeschränkte Gesundheit, Vergesslichkeit, Altersstarrsinn und viele mehr. Selbstbezogene Überzeugungen hingegen orientieren sich an Vorstellungen hinsichtlich des eigenen Lebens im Alter. Das selbstbezogene Altersbild ist jedoch im Gegensatz zum normativen Altersbild eher neutral oder positiv gefärbt.[30] Altersbilder sind zwar Gegenstand gesellschaftlicher Alterszuschreibungen, eine klare strukturelle Abgrenzung der Lebensphase Alter ist durch sie jedoch nicht möglich.

Da keiner der genannten Bestimmungsfaktoren eine genaue Erklärung dafür bietet, wann ein Mensch „alt“ ist, wird in dieser Arbeit entsprechend der jeweiligen Quelle das kalendarische Alter von 60 bzw. 65 Jahren für die Abgrenzung der Personengruppe der „älteren Menschen“ verwendet.

2.2.2 Der Alltag älterer Menschen

Bei älteren Menschen orientiert sich der Alltag nicht mehr an der Erwerbstätigkeit. Die Zeitverwendung ist also nicht durch den Beruf festgelegt, sondern relativ frei bestimmbar.[31] Diese Freiheit der Zeitgestaltung kann einerseits eine hohe Zufriedenheit bei positiver Bewältigung hervorrufen, andererseits auch eine Herausforderung bedeuten.[32] Die Loslösung bisheriger Zeitbindungen kann zunehmend als Isolation, sozialem Kontaktverlust oder Ausgrenzung von der gesellschaftlichen Normalität empfunden werden.[33] Andererseits zeigen Untersuchungen, dass mit zunehmendem Alter die Zufriedenheit mit der Zeiteinteilung steigt. Eine Befragung mit dem Thema „Wofür hätten Sie gerne mehr Zeit?“ verdeutlicht, dass 68 Prozent der über 60jährigen und 86 Prozent der über 70jährigen mit ihrer Zeiteinteilung zufrieden sind. Damit liegt das Ergebnis der Alten deutlich über dem anderer Vergleichsgruppen, von den 35 bis 44jährigen ist nur ein Viertel mit der Zeiteinteilung zufrieden.[34]

Dabei verläuft der Alltag der meisten älteren Menschen nicht planlos oder spontan sondern wird strukturiert. Rituale wie etwa die Essenszeiten oder das tägliche Einkaufen bestimmen im Alter den Rhythmus des Tages.[35] Auch mit der Alltagsgestaltung sind ältere Menschen größtenteils zufrieden, diese Zufriedenheit wird jedoch durch Einbußen in der Gesundheit, Einschränkungen der Selbstständigkeit und Verluste von sozialen Bindungen beeinflusst. Die genannten Beeinträchtigungen berühren vor allem die Gruppe der Hochaltrigen.[36]

Die Wohnung gewinnt mit zunehmendem Alter insofern an Bedeutung, als dass deutlich mehr Zeit in ihr verbracht wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zeitverbringung zu Hause oder nicht zu Hause nach Alter[37]

Die Abbildung stellt die Zeitverwendung verschiedener Altersgruppen zu Hause und nicht zu Hause dar. Sie verdeutlicht, dass ältere Menschen den Großteil ihres Tages zu Hause verbringen und damit den höchsten Wert unter den Vergleichsgruppen erreichen. Senioren zwischen 60 und 64 Jahren sind täglich knapp 19 Stunden, die über 70jährigen bereits deutlich mehr als 20 Stunden, das heißt 85 Prozent ihres Tages zu Hause. Geschlechterspezifisch lässt sich feststellen, dass ältere Frauen mehr Zeit zu Hause verbringen als ältere Männer. Besonders auffällig ist dieser Unterschied in der Personengruppe der 60 bis 64jährigen, hier beträgt die Differenz knapp zwei Stunden.[38]

[...]


[1] Strassmann, B., Die Zeit, 17.11.2005, S. 72

[2] Vgl. Brockhaus, 1988, S. 234

[3] Vgl. Hoffmann, E., 2002, S. 43 f.

[4] Vgl. Statistisches Informationssystem Gerostat, Demographische Struktur der Bevölkerung Deutschlands, in: http://gerostat.de, 21.02.2006

[5] Vgl. Statistisches Bundesamt, Bevölkerungsentwicklung Deutschlands bis zum Jahr 2050, in: http://destatis.de/presse/deutsch/pm2003/p2300022.htm, 03.01.2006

[6] Vgl. Deutscher Bundestag, 1998, S. 74

[7] Vgl. BMFSFJ, 2001, S. 14

[8] Vgl. Deutscher Bundestag, 1998, S. 73 f.

[9] Vgl. Tutt, C., Forscher erwarten Altersrekorde, in: http://www.ftd.de/politik/deutschland/10459.html, 03.03.2006

[10] Opportunitätskosten sind der Nutzenentgang, der bei zwei Alternativen durch die Entscheidung für die eine und gegen die andere Möglichkeit entsteht. Vgl. Brockhaus, 1991, S. 219

[11] Vgl. Deutscher Bundestag, 1998, S. 58 f.

[12] Vgl. Deutscher Bundestag, 1998, S. 94 ff.

[13] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 308

[14] Ende der 60er Jahre schätzte sich die Mehrheit der über 70jährigen als “alt” ein, bereits 1989 waren es bei einer Befragung der 70 – 75jährigen nur noch 26 v. H. Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 58

[15] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 308

[16] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 42

[17] Tews, H., in Backes, G. M., 1998, S. 43

[18] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 43 f.

[19] Vgl. Cirkel, M., 2004, S. 8

[20] Vgl. Burzan, N., 2002, S. 22

[21] Backes, G. M., 1998, S. 310

[22] Brockhaus, 2002, S. 31

[23] Vgl. Backes, G.M., in Burzan, N., 2002, S. 16 f.

[24] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 42

[25] Backes, G. M., 1998, S. 55

[26] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 55

[27] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 65 f.

[28] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 56

[29] Schmitz-Scherzer, R., in Backes, G. M., 1998, S. 56

[30] Vgl. Backes, G. M., 1998, S. 56 ff.

[31] Vgl. Burzan, N., 2002, S. 71

[32] Vgl. Küster, C., 1998, S. 63

[33] Vgl. Pöggeler, F., in Burzan, N., 2002, S. 72

[34] Vgl. Küster, C., 1998, S. 63 f.

[35] Vgl. Küster, C., 1998, S. 64

[36] Vgl. BMFSFJ, 1998, S. 28

[37] Vgl. Küster, C., 1998, S. 72

[38] Vgl. Küster, C., 1998, S. 71 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836618274
DOI
10.3239/9783836618274
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung - Fachbereich Arbeitsverwaltung und Bundeswehrverwaltung Mannheim – Arbeitsverwaltung, Arbeitsförderung
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
1,8
Schlagworte
senioren demogaphie pflegebedürftigkeit altersstrukturwandel demenz
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