Lade Inhalt...

Meinungsmacher Michael Moore?

Der Einfluss des Films Fahrenheit 9/11 auf das Nationenimage Amerikas in Deutschland - eine empirische Analyse

©2005 Magisterarbeit 186 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Michael Moore ist der erfolgreichste Dokumentarfilmer der neuen Filmgeschichte. In Deutschland avancierte er 2003 mit seinem Film Bowling for Columbine und seinem Buch Stupid White Men zur Gallionsfigur einer Amerika-kritischen Bewegung und erlangte internationale Bekanntheit. Mit seinem neuesten Werk Fahrenheit 9/11 hat Moore versucht, die Medien für ein bestimmtes politisches Interesse zu instrumentalisieren. Er intendierte, die Wiederwahl des amerikanischen Präsidenten George W. Bush am 2. November 2004 zu verhindern. „I hope that people go see this movie and throw the bastard out of office.” (Moore in Smith 2004, S. 22)
Der Film beschäftigt sich mit den Folgen der Terroranschläge des 11. September 2001. Zentrales Thema ist der Irakkrieg, dessen Beweggründe Moore als nicht gerechtfertigt erachtet. Stark attackiert er den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, den er als Schuldigen des Krieges und darüber hinaus als verantwortungslosen Politiker darstellt. Fahrenheit 9/11 spielte international enorme Erfolge an den Kinokassen ein und ist der erfolgreichste Dokumentarfilm aller Zeiten. Alleine in Deutschland wurde der Film von einer Million Zuschauer im Kino und von knapp sieben Millionen im Fernsehen wahrgenommen. Moores Erfolg, seine zahlreichen Werke und seine offen-deklarierte politische Haltung adelten ihn zum prominenten Bush-Kritiker und lösten einen medialen Hype um seine Person aus.
Trotz der Erfolge hat der Filmemacher sein eigentliches Ziel, die Wiederwahl des amerikanischen Präsidenten zu verhindern, nicht erreicht.
Das Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht nun in der Analyse einer nicht direkt intendierten Folge des Films. Untersucht werden soll die Frage, ob es ein Film mit dieser Reichweite und dieser internationalen Popularität schaffen kann, das Nationenimage Amerikas in Deutschland zu beeinflussen. Aufgrund der stringent einseitig-negativen Argumentation des Films ist davon auszugehen, dass er nicht ohne Wirkung bleibt. Es wird angenommen, dass die Einstellung der Deutschen zu Amerika durch die Rezeption von Fahrenheit 9/11 negativ beeinflusst wird.
Gang der Untersuchung:
Die theoretische Herangehensweise an die Forschungsfrage erfolgt primär über die Klärung des Begriffes Image. Hierzu werden die Begriffe Vorurteil, Stereotyp und Image, die von Forschern in gleichen Kontexten verwendet wurden in Abschnitt 2.1. voneinander abgegrenzt.
Der Begriff des Images ist als Überbegriff des zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Christiane Lange
Meinungsmacher Michael Moore?
Der Einfluss des Films Fahrenheit 9/11 auf das Nationenimage Amerikas in Deutschland - eine
empirische Analyse
ISBN: 978-3-8366-1738-3
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Augsburg, Augsburg, Deutschland, Magisterarbeit, 2005
Umschlaggestaltung: Diplomica Verlag
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrech-
tes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Na-
men im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären
und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder Über-
setzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebe-
ne fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Meinen Eltern

Vorwort
Die vorliegende Arbeit ist am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft sowie der Professur für
Kommunikationswissenschaft der Universität Augsburg entstanden.
An dieser Stelle möchte ich mich sehr herzlich bei meinem Betreuer Prof. Dr. Theo Stammen
für seine wohlwollende Förderung bedanken. Für die Übernahme des Zweit-gutachtens und
die wertvollen Anregungen danke ich Prof. Dr. Frank Brettschneider. Seine Unterstützung hat
die empirische Analyse des Themas bedeutend gestärkt.
Hervorheben möchte ich die stets freundschaftliche und kooperative Atmosphäre an der Uni-
versität Augsburg, die das Anfertigen dieser Arbeit wesentlich erleichterte.
Nicht zuletzt möchte ich all jenen danken, die mich immer wieder ermutigt und bestärkt ha-
ben, nicht aufzugeben, sondern nach höchster wissenschaftlicher Qualität zu streben. Beson-
ders erwähnen möchte ich meine Mutter Christa Lange, meine gesamte Familie und meine
engsten Freunde.
Christiane Lange

Der Film, die Forscher und Michael Moore
,,Sicko" ist seine neueste Attacke auf die US-amerikanische Regierung. Diesmal nimmt er die
Zustände des amerikanischen ,,Gesundheitssystem" aufs Korn. Schon zuvor war er mit ,,Bow-
ling for Columbine" und mit ,,Stupid White Men" zum Popstar aller Gegner der Bush-
Administration aufgestiegen. Mit ,,Fahrenheit 9/11" wurde er zum globalen Held der Globali-
sierungskritiker. Michael Moore polarisiert und polemisiert. Dass er dies häufig unter der
Flagge ,,neutraler Dokumentationen" tut, wird ihm vorgeworfen. Auch, dass er in seinen ,,Do-
kumentationen" die Realität so interpretiert, dass sie zu seiner Story-Line passt, trägt ihm Kri-
tik ein. Kritik, mit der er gut leben kann. Michael Moore verhehlt nicht, auf welcher Seite er
steht. Und er versucht, aus seiner Popularität politischen Profit zu schlagen: Im amerikani-
schen Präsidentschaftswahlkampf 2004 schlug er sich auf die Seite der Demokraten, tourte
durch das Land und ließ keine Gelegenheit aus, George W. Bush zu attackieren.
Seine politischen Gegner nehmen ihn ernst. Sie tun dies, weil sie von der Wirkung seiner Bü-
cher, seiner Reden und vor allem seiner Filme überzeugt sind. Damit sind sie weiter als viele
Kommunikationswissenschaftler, die sich in erster Linie mit der Wirkung von Nachrichten-
beiträgen im Fernsehen oder in den Printmedien beschäftigen. Die Wirkung von Filmen ­ ob
es sich nun um Unterhaltungsfilme, Dokumentarfilme oder um beides handelt ­ wird hinge-
gen deutlich seltener untersucht. Dabei gibt es gute Gründe, eine solche Wirkung auf die
Wahrnehmungen und Einstellungen der Rezipienten anzunehmen: Filme scheinen glaubwür-
diger zu sein als das geschriebene Wort ­ Bilder können ja angeblich nicht lügen. Zudem
werden Unterhaltungsfilme meist nicht durch die parteipolitische Brille gefiltert wahrgenom-
men, sondern sie finden ,,en passant" Eingang in die Wahrnehmung der Zuschauer. Selektive
Wahrnehmung, bei Nachrichten ein wenn auch löchriger Schutzschild gegen Medienwirkun-
gen, ist bei ihnen deutlich seltener anzutreffen. Filme sind suggestiver, persuasiver und seit
jeher ein wichtiges Mittel im politischen Kampf. Die Propaganda hat sich schon immer ihrer
bemächtigt. Die Aufklärung nach und nach auch.
Michael Moores Filme richten sich zunächst einmal an ein US-amerikanisches Publikum. Er
will die Menschen in den USA davon überzeugen, dass sich die Bush-Administration auf dem
falschen Weg befindet. Aber macht die Wirkung seiner Filme an den Landesgrenzen halt?
Wenn Michael Moore weltweit wahrgenommen wird, finden seine Filme dann auch in ande-

ren Ländern ihren Niederschlag? Und in welcher Form tun sie dies? Am wahrscheinlichsten
ist es, dass sich das Bild von den USA, das Michael Moore in seinen Filmen zeichnet, im
Image der USA außerhalb des Landes niederschlägt. Oder anders gefragt: Wie stark beruhen
unsere Vorstellungen von den USA auf der Darstellung dieses Landes durch Michael Moore?
Nationenimages entstehen nicht über Nacht. Und sie sind nicht beliebig wandelbar ­ schon
gar nicht durch eine einzige Sendung, einen einzigen Film oder ein einziges Buch (von Aus-
nahmen abgesehen). Unser Bild von anderen Ländern wird bereits während unserer Sozialisa-
tion ­ also in den ersten 21 Lebensjahren ­ geprägt. In dieser Zeit entwickeln wir grobe Vor-
stellungen von anderen Ländern, Kulturen und Lebensgewohnheiten. An der Entstehung von
Nationenimages sind sowohl unmittelbare Eindrücke (u.a. durch Reisen) als auch Gespräche
mit anderen beteiligt. Die größte Bedeutung kommt aber den massenmedial vermittelten Ein-
drücken von einem anderen Land zu. Dabei spielen Nachrichten, die wir wahrnehmen, eine
Rolle ­ aber auch Spielfilme oder Kinderbücher. Das Image Indiens in westlichen Ländern
beruhte lange Zeit nicht zuletzt auf der Darstellung in Rudyard Kiplings ,,Dschungelbuch".
Und einige Zeit wurden die USA repräsentiert durch den ,,coolen" Piloten Tom Cruise in
,,Top Gun". Kann für Michael Moores ,,Fahrenheit 9/11" eine ähnliche Imageprägende Wir-
kung festgestellt werden?
Christiane Lange geht diesen und weiteren Fragen in ihrer Untersuchung nach. In einer Reihe
aufwändiger Experimente mit 150 Schülern der zehnten Jahrgangsstufe misst sie den Einfluß
des Films ,,Fahrenheit 9/11" auf das Nationenimage der USA unter Jugendlichen in Deutsch-
land. Im Einzelnen werden folgende Fragen beantwortet:
- Sinkt das Ansehen von George W. Bush nach dem Ansehen von ,,Fahrenheit 9/11"?
- Verschlechtert sich das Image der amerikanischen Regierung durch die Rezeption des
Films?
- Differenzieren die Rezipienten zwischen der amerikanischen Bevölkerung, der
amerikanischen Regierung und George W. Bush?
- Welche Assoziationen mit den USA weckt der Film?
- Schlagen sich die im Film unterstellten Gründe für den Irak-Krieg ­ wirtschaftliche
Interessen der USA und die Sicherung von Schichtunterschieden in den USA ­ in der
Beurteilung des Irak-Krieges nieder?
- Mindern
zusätzliche
Zeitungsartikel, die Michael Moores Glaubwürdigkeit in Frage
stellen, die Wirkung von ,,Fahrenheit 9/11"?

Die vorgelegte Studie beantwortet diese kommunikations- und politikwissenschaftlich rele-
vanten Fragen sehr systematisch, theoriegeleitet und selbstkritisch. Das methodische Vorge-
hen ist sehr anspruchsvoll, gut nachvollziehbar und hervorragend dokumentiert. Die Studie
befindet sich auf einem sehr hohen Niveau und stellt einen originären Beitrag zur Forschung
dar. Die Bedeutung der Ergebnisse geht weit über den Film ,,Fahrenheit 9/11" hinaus. Die
Untersuchung zeigt, wie Imageprägend Filme vor allem bei Jugendlichen wirken können. Und
sie zeigt, dass eine Beschränkung der Medienwirkungsforschung auf Medieninhalte in Nach-
richtensendungen und im Nachrichtenteil von Zeitungen und Zeitschriften nicht realitätsge-
recht ist. Filme und ihre Wirkung stellen ein lohnendes Forschungsfeld dar, das mehr Auf-
merksamkeit verdient, als ihm derzeit widerfährt.
Prof. Dr. Frank Brettschneider
Universität Hohenheim
14.11.2007

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis ...I
II. Abbildungsverzeichnis... IV
III. Tabellenverzeichnis ...V
IV. Abkürzungsverzeichnis ... VII
1. Einleitung ... 1
2. Image und Nationenimages ... 4
2.1. Images und bedeutungsähnliche Begriffe ... 4
2.1.1. Vorurteil ... 5
2.1.2. Stereotyp... 7
2.1.3. Image... 8
2.2. Nationenimages... 12
2.2.1. Definition ... 13
2.2.2. Entstehung von Nationenimages... 13
2.3. Das Amerikabild der Deutschen ... 16
2.3.1. Historischer Abriss des deutschen Amerikabildes seit 1945 ... 17
2.3.2. Das deutsche Amerikabild seit 2001... 21
2.3.2.1. Öffentliche Meinung ... 21
2.3.2.2. Berichterstattung deutscher Fernsehsender über Amerika... 24
2.3.3. ,,Antiamerikanismus" in Deutschland? ... 25
2.3.3.1. Begriffbestimmung Antiamerikanismus ... 26
2.3.3.2. Amerika-Kritik als identitätsstiftendes Moment ... 28
2.3.3.3. Antiamerikanismus oder Antibushismus?... 29
3. Einfluss und Nationenimages ... 33
3.1. Zur Beeinflussbarkeit von Nationenimages ... 33
3.2. Image im internationalen System... 36
3.3. Einflussfaktoren auf Nationenimages ... 39
3.3.1. Zum Einfluss persuasiver Botschaften... 39
3.3.1.1. Merkmale des Kommunikators ... 40
3.3.1.2. Merkmale der Botschaft ... 41

Inhaltsverzeichnis
II
3.3.1.3. Merkmale des Rezipienten ... 43
3.3.2. Kanäle der Kommunikation ... 44
3.3.2.1. Generelle Unterschiede von Print und Fernsehen ... 45
3.3.2.2. Film ... 48
4. Einflussfaktor Film - am Beispiel Fahrenheit 9/11 von Michael Moore ... 54
4.1. Michael Moore ... 54
4.1.1. Leben und Werk ... 54
4.1.2. Tendenzen in der Berichterstattung... 58
4.2. Fahrenheit 9/11- Inhaltsangabe ... 61
4.3. Problematik des Genres Dokumentarfilm ... 66
4.4. Implikationen für das Experiment... 70
5. Empirische Analyse zum Einfluss des Films Fahrenheit 9/11... 73
5.1. Operationalisierung ... 73
5.1.1. Methode... 73
5.1.2. Untersuchungsteilnehmer... 75
5.1.3. Fragebogenaufbau ... 76
5.1.4. Zusätzliches Stimulusmaterial: der Artikel über Michael Moore ... 79
5.1.5. Annahmen und Hypothesen ... 80
5.1.5.1. Hypothesen für die a-Gruppierung... 82
5.1.5.2. Hypothesen für die b-Gruppierung ... 83
5.2. Ergebnisse ... 85
5.2.1. Datenerhebung ... 85
5.2.2. Deskription / Generelle Ergebnisse... 85
5.2.2.1. Politisches Interesse ... 85
5.2.2.2. Mediennutzung... 86
5.2.2.3. Direkte Erfahrungen mit Amerika und Amerikanern ... 87
5.2.3. Vergleiche/ Überprüfung der Hypothesen ... 88
5.2.3.1. Ergebnisse der a-Gruppen ... 88
5.2.3.1.1. Bild von Michael Moore und seinem Film Fahrenheit 9/11 ... 89
5.2.3.1.1.1. Bild von Michael Moore ... 89
5.2.3.1.1.2. Bewertung des Films Fahrenheit 9/11 ... 91
5.2.3.1.2. Bild des amerikanischen Präsidenten: George W. Bush ... 92

Inhaltsverzeichnis
III
5.2.3.1.3. Bild der amerikanischen Regierung ... 96
5.2.3.1.4. Bild der amerikanischen Bevölkerung ... 99
5.2.3.1.5. Assoziationen von Amerika ... 102
5.2.3.1.5.1. Bild von Amerika allgemein ... 102
5.2.3.1.5.2. Gründe für den Irak-Krieg... 106
5.2.3.1.5.3. Allgemeine Aussagen zu Amerika... 109
5.2.3.1.5.4. Zusammenfassung der Assoziationen ... 111
5.2.3.1.6. Einfluss des zusätzlichen Stimulus: Artikel ... 112
5.2.3.2. Ergebnisse der b-Gruppen... 115
5.2.3.2.1. Bild von Michael Moore und seinem Film Fahrenheit 9/11 ... 115
5.2.3.2.1.1. Image von Michael Moore ... 115
5.2.3.2.1.2. Bewertung des Films Fahrenheit 9/11 ... 117
5.2.3.2.2. Bild des amerikanischen Präsidenten... 118
5.2.3.2.3. Bild der amerikanischen Regierung ... 119
5.2.3.2.4. Bild der amerikanischen Bevölkerung ... 119
5.2.3.2.5. Assoziationen von Amerika ... 120
5.2.3.2.5.1. Bild von Amerika allgemein ... 120
5.2.3.2.5.2. Gründe für den Irak-Krieg... 122
5.2.3.2.5.3. Allgemeine Aussagen zu Amerika... 123
5.2.3.2.5.4. Zusammenfassung der Assoziationen ... 125
5.2.3.2.6. Einfluss des zusätzlichen Stimulus: Artikel ... 126
5.3. Kritische Würdigung der Studie... 128
6. Zusammenfassung... 130
IV. Anhang... 135
A. Vorher-Fragebogen ... 135
B. Nachher-Fragebogen ... 142
C. Positiv fingierter Artikel... 148
D. Negativ fingierter Artikel ... 149
E. Codierbuch... 150
V. Literaturverzeichnis... 158

Inhaltsverzeichnis
IV
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Imagetypen bei Organisationen (Bentele 1992, S. 156)... 11
Abbildung 2: Unterschiede zwischen den Begriffen Vorurteil,
Stereotyp und Image in tabellarischer Form ... 12
Abbildung 3: Der Lupeneffekt ... 14
Abbildung 4: Informationsquellen der deutschen Kenntnisse über die USA... 18
Abbildung 5: Deutschlands engste Verbündete ... 23
Abbildung 6: Die Meinung der Deutschen von amerikanischen Präsidenten... 31
Abbildung 7: Einteilung des Amerikabildes ... 77
Abbildung 9: Bild des amerikanischen Präsidenten im Vorher-Nachher-Vergleich ... 94
Abbildung 10: Vorher-Nachher-Vergleich amerikanische Regierung... 97
Abbildung 11: Vorher- Nachher- Vergleich: Bild der amerikanischen Bevölkerung... 101
Abbildung 12: Vertikale Fieberkurve zum Bild des Filmemachers Michael Moore ... 117

Inhaltsverzeichnis
V
III. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Versuchsaufbau ... 75
Tabelle 2: Auszug aus dem Fragebogen/ Frage zu George W. Bush... 78
Tabelle 3: Rezeption des Films Fahrenheit 9/11 ... 81
Tabelle 4: Bekanntheitsgrad des Filmemachers Michael Moore ... 81
Tabelle 5: Übersicht über die Sets... 81
Tabelle 6: Verteilung "Film gesehen" innerhalb der Sets ... 84
Tabelle 7: Stärke des politischen Interesses... 85
Tabelle 8: Mittelwert-Vergleich der Informationsquellen für Politik... 86
Tabelle 9: Häufigkeiten eines Amerika-Aufenthalts... 87
Tabelle 10: Kontakt zu Amerikanern ... 87
Tabelle 11: Bild von Michael Moore ... 90
Tabelle 12: Benotung des Films Fahrenheit 9/11 auf einer Schulnotenskala... 91
Tabelle 13: Differenzierte Bewertung des Films Fahrenheit 9/11 ... 91
Tabelle 14: Reliabilitätsanalyse für das Bild des amerikanischen Präsidenten ... 93
Tabelle 15: Mittelwert-Vergleich der einzelnen Items zur Dimension: Bild von Bush... 94
Tabelle 16: Mittelwertvergleich für das Bild von George W. Bush ... 95
Tabelle 17: Einstichproben-t-Test für das Image des amerikanischen Präsidenten... 95
Tabelle 18: Reliabilitätsanalyse für die Indikatoren der amerikanischen Regierung... 96
Tabelle 19: Mittelwert-Vergleich der Items für amerikanische Regierung ... 98
Tabelle 20: Vorher-Nachher-Vergleich: Bild der amerikanischen Regierung... 98
Tabelle 21: Einstichproben-t-Test für das Bild der amerikanischen Regierung ... 99
Tabelle 22: Reliabilitätsanalyse für das Bild der amerikanischen Gesellschaft... 100
Tabelle 23: Vorher- Nachher- Vergleich der Mittelwerte der einzelnen Items ... 100
Tabelle 24: Vorher-Nachher-Vergleich des Bildes der amerikanischen Bevölkerung ... 101
Tabelle 25: Einstichproben-t-Test für das Bild der amerikanischen Bevölkerung ... 102
Tabelle 26: Rotierte Komponentenmatrix Vorherfragebögen (N=150)... 103
Tabelle 27: Mittelwertvergleich der Verbindungen zu Amerika ... 105
Tabelle 28: Rotierte Komponentenmatrix: Gründe für den Irak-Krieg ... 106
Tabelle 29: Gründe für den Irak-Krieg ... 108
Tabelle 30: Rotierte Komponentenmatrix: Allgemeine Aussagen zu den USA... 109
Tabelle 31: Aussagen zu Amerika ... 111
Tabelle 32: Effekte der fingierten Artikel auf das Bild des amerikanischen Präsidenten. 113

Inhaltsverzeichnis
VI
Tabelle 33: Effekte der fingierten Artikel auf die Glaubwürdigkeit Michael Moores... 113
Tabelle 34: Effekte der fingierten Artikel auf das Bild der amerikanischen Regierung... 114
Tabelle 35: Bild von Michael Moore (Gruppe b) ... 115
Tabelle 36: Bewertung des Films Fahrenheit 9/11 (Gruppe b) ... 118
Tabelle 37: Mittelwertvergleich zum Bild des amerikanischen Präsidenten (Gruppe b) . 119
Tabelle 38: Mittelwertvergleich zum Bild der amerikanischen Regierung (Gruppe b)... 119
Tabelle 39: Mittelwertvergleich zum Bild der amerikanischen Bevölkerung (Gruppe b) 119
Tabelle 40: Vergleich der Faktoren - Verbindung zu Amerika (Gruppe b)... 121
Tabelle 41: Mittelwertvergleich der Gründe des Irak-Krieges (Gruppe b)... 123
Tabelle 42: Mittelwertvergleiche für Assoziation von Amerika (Gruppe b) ... 124
Tabelle 43: Effekte der Artikel auf das Bild des amerikanischen Präsidenten (Gruppe b)126
Tabelle 44: Effekte der Artikel auf das Bild der amerikanischen Regierung (Gruppe b). 127
Tabelle 45: Effekte der fingierten Artikel auf die Glaubwürdigkeit Michael Moores... 127

Inhaltsverzeichnis
VII
IV. Abkürzungsverzeichnis
bzgl.
bezüglich
ca.
circa
d.h.
das
heißt
f. folgende
ff. fortfolgende
MW
Mittelwert
N Gesamtzahl
p Irrtumswahrscheinlichkeit
S Sequenzblock
S. Seite
t t-Wert
u.a.
und
andere
u.s.w.
und so weiter
Vgl.
Vergleiche
z.B.
zum
Beispiel

Einleitung
1
1. Einleitung
Michael Moore ist der erfolgreichste Dokumentarfilmer der neuen Filmgeschichte. In
Deutschland avancierte er 2003 mit seinem Film Bowling for Columbine und seinem Buch
Stupid White Men zur Gallionsfigur einer Amerika-kritischen Bewegung und erlangte interna-
tionale Bekanntheit. Mit seinem Werk Fahrenheit 9/11 hat Moore versucht, die Medien für
ein bestimmtes politisches Interesse zu instrumentalisieren. Er intendierte, die Wiederwahl
des amerikanischen Präsidenten George W. Bush am 2. November 2004 zu verhindern. ,,I
hope that people go see this movie and throw the bastard out of office." (Moore in Smith
2004, S. 22)
Der Film beschäftigt sich mit den Folgen der Terroranschläge des 11. September 2001. Zent-
rales Thema ist der Irakkrieg, dessen Beweggründe Moore als nicht gerechtfertigt erachtet.
Stark attackiert er den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, den er als Schuldigen
des Krieges und darüber hinaus als verantwortungslosen Politiker darstellt. Fahrenheit 9/11
spielte international enorme Erfolge an den Kinokassen ein und ist der erfolgreichste Doku-
mentarfilm aller Zeiten. Alleine in Deutschland wurde der Film von einer Million Zuschauer
im Kino und von knapp sieben Millionen im Fernsehen wahrgenommen. Moores Erfolg, seine
zahlreichen Werke und seine offen-deklarierte politische Haltung adelten ihn zum prominen-
ten Bush-Kritiker und lösten einen medialen Hype um seine Person aus.
Trotz der Erfolge hat der Filmemacher sein eigentliches Ziel, die Wiederwahl des amerikani-
schen Präsidenten zu verhindern, nicht erreicht.
Das Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht nun in der Analyse einer nicht direkt intendier-
ten Folge des Films. Untersucht werden soll die Frage, ob es ein Film mit dieser Reichweite
und dieser internationalen Popularität schaffen kann, das Nationenimage Amerikas in
Deutschland zu beeinflussen. Aufgrund der stringent einseitig-negativen Argumentation des
Films ist davon auszugehen, dass er nicht ohne Wirkung bleibt. Es wird angenommen, dass
die Einstellung der Deutschen zu Amerika durch die Rezeption von Fahrenheit 9/11 negativ
beeinflusst wird.
Die theoretische Herangehensweise an die Forschungsfrage erfolgt primär über die Klärung
des Begriffes Image. Hierzu werden die Begriffe Vorurteil, Stereotyp und Image, die von For-
schern in gleichen Kontexten verwendet wurden in Abschnitt 2.1. voneinander abgegrenzt.
Der Begriff des Images ist als Überbegriff des zu untersuchenden Nationenimages zu sehen.
Punkt 2.2. wird sich daher genauer mit dem Nationenimage befassen und beleuchten wie die-
ses entsteht.

Einleitung
2
Ausgehend von dieser strukturellen Grundlage wendet sich die Arbeit in Abschnitt 2.3. dem
tatsächlichen Image Amerikas in Deutschland zu. Die Herangehensweise der Imageanalyse
erfolgt über die deutsch-amerikanischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach
diesem historischen Abriss wird die öffentliche Meinung in Deutschland zu Amerika nach
2001 aufgezeigt. Sie kennzeichnete sich durch ihre Solidarität. Als der Angriff auf den Irak
erstmals auf die politische Agenda rückte, wendete sich die Mehrheit der Deutschen von A-
merika ab und verurteilte das mögliche Vorgehen scharf. Die öffentliche Meinung zu Ameri-
ka verschlechterte sich und erreichte 2003 ihren absoluten Tiefpunkt.
In diesem Zusammenhang bricht in Deutschland erneut eine Antiamerikanismusdebatte aus.
Es wurde diskutiert, ob es richtig erscheint, angesichts des negativen Amerikabildes, von An-
tiamerikanismus zu sprechen. Kapitel 2.3.3. soll aufzeigen, welche Problematik der Begriff
mit sich bringt und in wie fern er sich als mangelhaft für die Beschreibung der Situation er-
weist.
In Kapitel 3. beschäftigt sich die Arbeit mit der dynamischen Ebene des Nationenimages. Es
soll geklärt werden, in wie fern Nationenimages beeinflussbar sind und welche Faktoren an
diesem Prozess beteiligt sind.
Fahrenheit 9/11 wird für diese Untersuchung als persuasive Botschaft gesehen, die nicht wir-
kungslos ist. Die Wirkung wird allerdings von den Merkmalen des Kommunikators, der Bot-
schaft und des Rezipienten limitiert. Eben Genanntes wird in Punkt 3.3.1. dargestellt.
Des Weiteren muss das Nationenimage im internationalen System betrachtet werden, worin
die Massenmedien eine monopolistische Stellung besitzen. Die Kanäle der Kommunikation
besitzen unterschiedliche Wirkungsgrade. Generelle Unterschiede zwischen dem Wirkpoten-
tial des Fernsehens und der Printmedien werden in Kapitel 3.3.2.1. knapp dargestellt. Gegens-
tand der Untersuchung ist ein Film. Deshalb wird in 3.3.2.2. beleuchtet, welche Ergebnisse zu
den Wirkungsgraden des Films bereits vorliegen.
Kommunikator des Films Fahrenheit 9/11 ist Michael Moore, dessen Leben und Werk kurz in
Abschnitt 4. beleuchtet werden soll. Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist die
Einschätzung der deutschen Presse über die Glaubwürdigkeit der Person. Es erfolgte keine
Inhaltsanalyse, aber die Hinzunahme zahlreicher Artikel in Abschnitt 4.1.2. kann Tendenzen
aufzeigen.
Der Film Fahrenheit 9/11 beinhaltet klare Thesen des Filmemachers, die es zu adaptieren gilt.
Anhand einer Inhaltsangabe in Punkt 4.2. werden die Thesen Moores gesucht und extrahiert,
um eine Basis für die folgende Untersuchung zu haben.

Einleitung
3
Als letztes theoretisches Konstrukt (Punkt 4.3.) wird die Problematik angesprochen, dass Fah-
renheit 9/11 als Dokumentarfilm gehandelt wird. Hier wird untersucht, ob der Film dem Au-
thentizitätsanspruch des Dokumentarfilms gerecht wird und ob er mit einigen Kriterien, die an
streng dokumentarische Arbeiten gestellt werden, bricht.
Alle gewonnen theoretischen Bestände dienen als Basis der folgenden empirischen Untersu-
chung in Kapitel 5. Die Implikationen für die empirische Untersuchung sind in Abschnitt 4.4.
aufgeschlüsselt. Es wird ein Experiment durchgeführt, dass den Einfluss des Films Fahrenheit
9/11 auf das Nationenimage Amerikas in Deutschland messen soll. Die Personen werden vor
und nach der Rezeption des Films zu Themen befragt, die das Image Amerikas abbilden. Dif-
ferenzen im Vergleich der Vorher- mit den Nachherfragebögen können die These, dass eine
negative Beeinflussung stattfindet, überprüfen. Um der Komplexität der Realität gerechter zu
werden, werden zusätzlich zum Stimulus Film (Fahrenheit 9/11) Artikel mit wertenden Aus-
sagen über die Glaubwürdigkeit Michael Moores gereicht. Auf diese Weise kann gemessen
werden, ob ein Artikel die Wirkung eines Films unterstützen oder brechen kann. Die Operati-
onalisierung der empirischen Untersuchung wird in Punkt 5.1. dargestellt. Die Ergebnisse
werden in Abschnitt 5.2. präsentiert.
Angesichts der teilweise unbefriedigenden wissenschaftlichen Quellenlage wird notgedrungen
auf einige Quellen (z.B. Zeitungs- und Zeitschriftenartikel) zurückgegriffen, die nicht den
strengen wissenschaftlichen Kriterien entsprechen.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung in Kapitel 6.

Image und Nationenimages
4
2. Image und Nationenimages
Eine universale Erfahrung, die jeder macht, der in ein bis dato unbekanntes Land reist, ist,
dass vieles ganz anders ist, als man es sich vorher vorgestellt hat. Hierbei ist es gänzlich un-
bedeutend, wie genau man sich im Vorhinein über das betreffende Land informiert hat. Einige
Vorstellungsbilder werden sich nicht bewahrheiten. Genauso passiert es in der anderen Rich-
tung, man stellt fest, dass die Einwohner dieses Landes ebenfalls relativ genaue Vorstellungen
über das eigene Herkunftsland haben. Das diese Ansichten meist bizarr und oft nicht veritabel
sind, ist eine häufige Erkenntnis.
Bilder, die nicht auf eigenen Erfahrungen, sondern auf Vorstellungen beruhen, nennt man
Images. Sie sind konstruierte Gebilde, die trotz ihrer häufigen Perfidie existent sind und einen
Großteil unserer Wahrnehmung beeinflussen. Sie sind affektiver Art und basieren nicht auf
Beobachtung und kritischer Bewertung. (Vgl. Die Zeit 2005, Das Lexikon 06, S. 596) Im
Grunde kann jedes Ereignis und jede noch so kleine Bewegung zur Formung eines Images auf
eine andere Nation beitragen. Sei es, dass ein deutsches Produkt im Ausland nicht funktio-
niert, ein italienischer Wein korkt oder ein englischer Fußballfan im Ausland pöbelt.
2.1. Images und bedeutungsähnliche Begriffe
Images sind besonders schwierig zu ermittelnde Realitäten, die bis Ende der 1970iger Jahre
weitgehend von der herkömmlichen Politischen Wissenschaft übersehen oder auf erkenntnis-
theoretischer Ebene aufgrund des Odiums des Ideologieverdachts bewusst reduziert worden
sind. Erst die soziologisch und sozialpsychologisch orientierte Forschung betonte die eminen-
te Rolle von perzeptionellen Prozessen, die sich stark auf Kommunikationsprozesse zwischen
Individuen, sozialen Gruppen, Institutionen und Staaten auswirken.
Das Bild, das bestimmte Gruppen über Fremdgruppen haben, bestimmt ihr Handeln. Schon
deshalb sollte man Bildern, die Fremdgruppen über unsere Eigengruppe haben einen hohen
Stellenwert zu kommen lassen und Bilder, die wir als Eigengruppe über Fremdgruppen haben,
nicht überbewerten. Die Annahme, dass dies auch für Bilder zutrifft, die Nationen über andere
Nationen haben, liegt nahe. (Vgl. Mentzel und Pfeiler 1972, S. 12f.) Zwar wird in dieser Ar-
beit nicht auf die Auswirkungen von Fremdbildern bzw. Images eingegangen, aber die Rele-
vanz des Themas durch mögliche Konsequenzen sei betont.
Im folgenden Teil soll erläutert werden, was Images sind und wo die Unterschiede zu ver-
wandten Begrifflichkeiten, wie Vorurteilen und Stereotypen liegen. In der Literatur werden
die verschiedenen Begriffe von Autor zu Autor unterschiedlich benutzt, da sie einander über-

Image und Nationenimages
5
schneiden und viele Eigenschaften miteinander teilen. Eine eindeutige definitorische Abgren-
zung zwischen den Begriffen ist problematisch, dennoch können einige Unterschiede festge-
macht werden.
2.1.1. Vorurteil
Zur Definition des Begriffs Vorurteil ist der theoretische Rahmen der Unterscheidung von
Eigengruppen von Fremdgruppen hilfreich. Unter einer Eigengruppe versteht man eine Grup-
pe, in der eine Person Mitglied ist bzw. sein möchte. Von einer Eigengruppe wird immer dann
gesprochen, wenn eine Person in einer derartigen Beziehung steht, dass sie von einem ,,wir"
bzw. ,,uns" sprechen kann. Darunter fällt z.B. die Familie, eine Stadt, eine Staatsangehörig-
keit, eine Geschlechtsgruppe oder eine Religionszugehörigkeit. (Vgl. Markefka 1982, S. 5)
Listen dieser Art sind beliebig verlänger- und veränderbar. Die Bestimmung einer Eigengrup-
pe hängt immer davon ab, welche Gruppenzugehörigkeit gerade von Bedeutung ist. Auf nati-
onaler Ebene sieht man sich eher als Regionalzugehöriger, z.B. als Münchener und auf inter-
nationaler Ebene eher als Deutscher. Je nach Alter und derzeitiger Interessenlage von Men-
schen werden unterschiedliche Eigengruppen als variierend wichtig wahrgenommen und die
Zugehörigkeit demnach ablehnend oder bevorzugt proklamiert. Neben den dargestellten Zeit-
faktoren können, für die Auswahl von Gruppen aber auch andere Faktoren, wie z.B. Religiosi-
tät, soziale Herkunft oder Bildung entscheidend sein. Die Eigengruppe ist abhängig von der
Benennung der Einzelperson, die sich als Mitglied der jeweilig aktuellen Gruppe bezeichnet.
Jedes Wir-Gefühl bedeutet aber immer gleichzeitig eine Abgrenzung von anderen und bein-
haltet letztlich Konfliktpotential. Ein Mensch hat nicht nur Kontakt zu Gruppen, die Gesin-
nungen mit ihm teilen, sondern er trifft ebenfalls auf Menschen, die ihm ,,fremd" sind. Auf
Menschen, die sich in anderen soziokulturellen Lebensbedingungen befinden und andere Ge-
wohnheiten haben, als die Person es aus seinen Eigengruppen kennt. Solche Gruppen, in de-
nen ein Mensch nicht Mitglied ist, werden als Fremdgruppen bezeichnet. (Vgl. Markefka
1982, S. 6) Auch hierfür lassen sich unzählige Beispiele finden. Für Münchener könnten z.B.
Hamburger Fremdgruppen sein- für Deutsche Amerikaner.
Die soziale Differenzierung von Eigen- und Fremdgruppen beeinflusst das Verhältnis der
Gruppen zueinander, weil sie das Denken, Wahrnehmen und Handeln der Menschen gruppen-
spezifisch bestimmt. In der Regel wird die Eigengruppe mit ihren jeweils eigenen Werten,
Sitten und Normen in den Mittelpunkt gestellt und als Maßstab für die Beurteilung anderer
Gruppen verwendet. Die positive Voreingenommenheit gegenüber der eigenen Gruppe ist
meist sehr stark ausgeprägt und verbindet sich häufig mit einer negativen Voreingenommen-

Image und Nationenimages
6
heit über andere ,,fremde" Gruppen. Die Wahrnehmung der Einzelpersonen ist polarisiert. Die
Fremdgruppe bildet den Gegenpol. Die positive Bewertung der Eigengruppe und die gleich-
zeitige Abschätzung der Fremdgruppe haben die Funktion Unsicherheit und Ängste zu redu-
zieren. (Vgl. Kunczik, S. 28) Dieses Phänomen wurde nach Sumner als Ethnozentrismus be-
zeichnet und ist der technische Ausdruck dafür, Elemente aus einem Blickwinkel zu beobach-
ten, bei dem die Eigengruppe stets im Mittelpunkt steht. ,,Ethnocentrism is the technical name
for this view of things in which one's own group is the center of everything, and all others are
scaled and rated with reference to it. (...) Each group see its own folkways the only right
ones. (...) For our present purpose the most important fact is that ethnocentrism leads a peo-
ple to exaggerate and intensify everything in their own folkways which is peculiar and which
differentiates them from others. It therefore strengthens the folkways." (Sumner 1940, S. 13)
Die Charakterisierung der eigenen Gruppe geschieht durch Zuschreibung von positiven Ei-
genschaften, während der Fremdgruppe die passenden Gegenattribute unterstellt werden.
Wird die Eigengruppe beispielsweise als besonders stark charakterisiert, so wird die Fremd-
gruppe als schwach gesehen. Wird die Eigengruppe von ihren Mitgliedern als übergeordnet
gesehen und das ist in der Regel der Fall, wird die Fremdgruppe als untergeordnet missachtet.
Diese geistige Haltung bringt mit sich, dass Loyalität und Solidarität gegenüber Personen und
Autoritäten Vorrechte hinter den Barrieren der Eigengruppe bleiben. Und solange sich die
Mitglieder einer Gruppe in dieser wohl fühlen, ist dieses Phänomen relativ stabil, da Beteilig-
te sich gegen fremde Einflüsse abschotten. (Vgl. LeVine und Campbell 1972, S.11ff.) Negati-
ve Bewertungen der fremden Gruppe haben eine integrierende Funktion für die Eigengruppe.
Sie verstärken den Zusammenhalt und vergrößern die innere Homogenität, indem sie interne
Spannungen überdecken. Experimente haben diese Theorie gestützt. (Vgl. Sherif 1966, S.
90f.)
Ethnozentrismus nach Sumner ist aber keinesfalls universal zu sehen. Er tritt nicht immer und
überall auf. Zwar wurde eine positive Bindung an die Eigengruppe in interkulturellen Studien
aufgefunden, aber die positive Bindung war nicht immer mit Feindseeligkeit gegenüber
Fremdgruppen gekoppelt. (Vgl. Tajfel 1982, S. 8)
Auch ist es in der Sozialpsychologie umstritten, ob nur reale Konfliktsituationen zwischen
Gruppen zu Vorurteilen führen, oder ob es soziale Problemlagen sind, die von bestimmten
Gruppen als Bedrohung erfahren werden. Neuere Forschungen berufen sich auf die Bedeu-
tung dieser Interessengruppenangst, wie z.B. Arbeitslosigkeit oder Wirtschaftskrisen. Hierbei
wird in verschiedene Dimensionen von Bedrohung unterschieden. Es gibt reale Bedrohungen,
wie z.B. Arbeitslosigkeit, symbolische Bedrohungen, die sich vor allem aus kulturellen und

Image und Nationenimages
7
Werte orientierten Unterschieden ergeben und Gefühle der persönlichen Bedrohung. Ein Ge-
fühl der persönlichen Bedrohung ist die Bestätigung eines bereits existierenden negativen
Vorurteils durch ein Gefühl, wie z.B. Ausländerkriminalität. Im Alltag bilden sich Vorurteile
in der Regel gar nicht durch persönliche Erfahrungen oder Konflikte mit Mitgliedern anderer
Gruppen, denn meistens treffen diese gar nicht aufeinander. Vorurteile werden wie Werte und
Normen durch interpersonale Kommunikation und heute primär durch die Massenmedien
adaptiert. (Vgl. Bergmann 2001, S. 7)
Auf den Einfluss der verschiedenen Faktoren wird in Punkt 3.3.2. noch ausführlich eingegan-
gen. Es sei an dieser Stelle aber der Adaptionsmechanismus erwähnt.
An der Universalität des Ethnozentrismus und seiner unterstellten Negativierung der Fremd-
gruppe mag es Zweifel geben. Der Begriff des Vorurteils beinhaltet allerdings immer eine
negative Behaftung des Vorstellungsbildes. ,,Vorurteile sind stabile und konsistent negative
Einstellungen gegenüber einer anderen Gruppe bzw. einem Individuum, weil es zu dieser
Gruppe gerechnet wird." (Bergmann 2001, S. 3)
2.1.2. Stereotyp
,,Das Stereotyp ist, in der Sozialwissenschaft, eine vereinfachende, verallgemeinerte, schema-
tische Reduzierung einer Erfahrung, Meinung oder Vorstellung auf ein [meist verfestigtes, oft
ungerechtfertigtes und gefühlsmäßig beladenes] Vorurteil über sich selbst oder andere." (Die
Zeit, Das Lexikon 14, S. 144)
Der Begriff Stereotyp kommt von der Stereotypie, einer Drucktechnik, die zur Abformung
von Buchdrucksformen verwendet wurde. Bei der Stereotypie wird eine an sich veränderbare
Struktur aus einzelnen Lettern in eine feste, unwandelbare Form gegossen. Der Begriff wurde
von Walter Lippmann der Drucktechnik entlehnt und zur Beschreibung von Vorstellungsbil-
dern über andere Personen, Völker oder Institutionen genutzt. Lippmann erklärt Stereotype
durch die Existenz der großen Differenz zwischen der Komplexität der Welt und den simplen
Abbildern davon in unseren Köpfen. ,,Von jedem öffentlichen Ereignis breiter Wirkung sehen
wir bestenfalls nur eine Phase und einen Aspekt". (Lippmann 1964, S. 61) Die feste unwan-
delbare Form der Drucktechnik steht sinnbildlich für die Beständigkeit von Stereotypen.
Stereotype Bilder sind eine besondere Form sozialer Vorurteile. Während sich Vorurteile
durch bruchstückhafte Ansichten eines zeitgenössischen Gruppendenkens charakterisieren,
sind Stereotype bereits geronnene Vorurteile. Somit sind Stereotype das Resultat eines langen
Prozesses, der sich verselbständigt hat. Stereotype Bilder sind häufig repräsentative Überzeu-
gungen einer Gesamtbevölkerung. (Vgl. Markefka 1982, S. 34)

Image und Nationenimages
8
Das Stereotyp lässt sich auch mit Hilfe seiner Funktionalität erklären: Zur Orientierung in
unserer Umwelt müssen Menschen Kategorien bilden. Kognitive Kategorisierung erfolgt auf-
grund eines Alters, eines Geschlechts oder einer Nationalität. Kategorisierungen sind notwen-
dig, um Informationen leichter aufnehmen und speichern zu können. Sie sind meistens nicht
neutral, sondern beinhalten Wertungen, die sich auf die zu kategorisierenden Objekte übertra-
gen. Hierzu richtet sich der Blick zurück auf das theoretische Modell der Eigen ­ und der
Fremdgruppe. Stereotypes Denken beginnt dadurch, dass wir Mitglieder von Eigengruppen
differenzierter betrachten, als Mitglieder von Fremdgruppen. Nimmt man das Beispiel des
Diebstahls: Während man bei einem Diebstahl einer Person aus der eigenen Gruppe überlegt,
aus welcher Schicht dieser kommt, welches Alter er hat, oder ob er schon öfter straffällig ge-
worden ist, differenziert man bei einem ausländischen Dieb nicht, sondern tendiert dazu, Aus-
länder generell für straffällig zu halten. Stereotypes Denken gegenüber Fremdgruppen ist häu-
fig eine Folge mangelnder Informationen. Da über die Mitglieder anderer Gruppen weniger
Wissen besteht, als über die eigenen, werden diese extremer be- und verurteilt. Dies führt zu
Verzerrungen, die immer zu Ungunsten der Fremdgruppen geschehen. (Vgl. Bergmann 2001,
S. 5)
Stereotype gelten als sehr beharrlich. Ist ein Stereotyp erst einmal entstanden, so kann es sein,
dass es sich nie ändert. ,,Denn wenn ein System von Stereotypen gut verankert ist, wendet
sich unsere Aufmerksamkeit den Tatsachen zu, die es stützen, und von den anderen, die ihm
widersprechen, ab." (Lippmann 1964, S. 87) So erklärt sich auch, dass selbst eine direkte Er-
fahrung niemals rein bzw. neutral abläuft, sondern immer mit einem Rückkopplungsprozess
stattfindet. Direkte Erfahrungen werden in bereits bestehende Vorstellungsmuster eingeord-
net. ,,Selbst der Augenzeuge bringt kein unvoreingenommenes Bild vom Schauplatz des Vor-
gangs mit. Die Erfahrung scheint zu zeigen, dass er bereits etwas zum Schauplatz mitnimmt,
was er später wieder von dort zurückbringt. Was er für seinen Bericht von einem Ereignis
hält, ist zumeist in Wirklichkeit dessen Umwandlung." (Lippmann 1964, S. 61)
Die Beharrlichkeit von Stereotypen ist Konsequenz des langen Prozesses, in dem sie rinnen
und sich festsetzen. Sie können einen realen Kern haben und positive, eher neutrale sowie
negative Urteile enthalten. (Vgl. Kleinsteuber 2004, S. 36)
2.1.3. Image
Der Begriff ,,Image" wurde in den USA in den 1950iger Jahren populär und ist folgenderma-
ßen definiert: Ein Image ist ,,die Gesamtheit aller Vorstellungsbilder, die ein Mensch oder
eine Gruppe von Menschen mit einem Meinungsgegenstand verbindet. [...] Obgleich mit dem

Image und Nationenimages
9
Wort Vorstellungsbild am zutreffendsten ausgedrückt, ist das Image inhaltlich mehr als nur
ein Bild von einem Gegenstand, hinter dem dann der Gegenstand selber stünde. Es ist der
Gegenstand selbst, so wie er dem Verbraucher anschaulich entgegentritt, auch wenn er sich
mit ihm konkret noch gar nicht auseinandergesetzt hat, die erlebte, die eigentliche- psycholo-
gische Wirklichkeit für den Menschen. Images sind mehrdimensionale, strukturierte Gebilde.
Ihre Inhalte sind sowohl rationaler als auch emotionaler und sozialer Natur." (Müller 1989, S.
125ff.)
Der Begriff ,,Image" ist dem Begriff des ,,Stereotyps" in seinen Eigenschaften sehr ähnlich,
denn Personen haben unabhängig von ihren persönlichen Eigenschaften mehr oder weniger
gleiche Vorstellungsbilder. Die Existenz dieser supraindividuellen oder extrapersonalen Vor-
stellungsbilder gilt als gegeben. Sie werden als Objekte eigener Art betrachtet. ,,Images sind
Realitäten eigener Art, die als geronnene Vorurteile verstanden werden können, wobei unter
Vorurteil geäußerte Überzeugungen über eine Fremdgruppe verstanden werden." (Kunczik
1990, S. 26)
Images folgen nicht dem Gesetz der Logik, das heißt, es erfolgt keine Überprüfung ihrer Ob-
jektivität bzw. ihrer Richtigkeit, sondern sie werden als gegeben angesehen. Auf diese Weise
können Images im tagtäglichen Leben vorherrschen, die nichts mit der Realität zu tun haben.
Umgekehrt können Images vorherrschen, die zwar Realitätsgehalt aufweisen, aber nicht ak-
zeptiert bzw. angenommen werden. Kriterium der Adaption von Images ist nicht ihre Richtig-
keit oder Objektivität, sondern die erfolgreiche Bewältigung mit der Umwelt. (Vgl. Menzel
und Pfeiler 1972, S.47) Auf das oben beschriebene Grundmodell der Eigen- und Fremdgrup-
pen bezogen, bedeutet das, dass das Image der Eigengruppe in der Regel positiv und das
Image der Fremdgruppe negativ gefärbt ist. (Vgl. Markefka 1982, S. 40) Bei der Definition
des Imagebegriffs spielen verschiedene Dimensionen eine Rolle und vermengen sich mitein-
ander.
Die erste Dimension ist eine erkenntnistheoretische. Hierbei geht es um das Verhältnis
von Vorstellung und Wirklichkeit. Ein Image ist das Bild, das wir uns von der Wirklichkeit
machen. Es ist die ,,wahrgenommene Wirklichkeit selbst". (Faulstich 1992, S.8) Images sind
also nicht mehr nur Abbilder der Wirklichkeit, sondern erkannte Wirklichkeit selbst. Daher
bietet es sich an, Images als Realitäten eigener Art zu bezeichnen.
Die zweite Dimension beschreibt eine psychologische Wirklichkeit, das heißt, die
Welt, wie wir sie erleben. Auf dieser Ebene betont der Imagebegriff die subjektorientierte
Komponente und meint das Bild von Menschen und Menschengruppen. Die vorangegangenen
Überlegungen über Stereotype und Vorurteile leisten in diesem Bereich einen wesentlichen

Image und Nationenimages
10
Beitrag, denn auf psychologischer Ebene spielen Vorurteile und Stereotype eine entscheiden-
de Rolle. Die Theorie der kognitiven Kategorisierung, die Verkürzung und Vergröberung der
sozialen Wirklichkeit bei der Wahrnehmung von Subjekten charakterisiert das Image genauso
wie das Vorurteil oder das Stereotyp.
Die dritte Dimension ist eine wirtschaftswissenschaftliche. Der Imagebegriff in diesem
Feld bezieht sich auf das Bild eines Produkts, einer Marke, eines Unternehmens oder einer
Branche. Ziel dieser Dimension ist es, das Konsumverhalten von potentiellen Verkäufern zu
antizipieren, auszuwerten und dadurch erfolgreich zu steuern. (Vgl. Faulstich 1992, S. 7f.)
Die wirtschaftswissenschaftliche Herangehensweise basiert auf der festen Annahme, dass
Images beeinflussbar und steuerbar sind.
Trotz der Ausdifferenzierung des Begriffs Image gehen die Bereiche ineinander über und be-
einflussen sich gegenseitig. In unserem Fall treten wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse,
die auf Konsumoptimierung abzielen, zwar in den Hintergrund, erklären aber, dass Images
wandelbar und beeinflussbar sind. Für diese Untersuchung ist die psychologische und die er-
kenntnistheoretische Ebene des Imagebegriffs besonders hervorzuheben, da es nicht um das
Produkt ,,Film" geht, sondern um die Inhalte des Films. Es geht nicht darum zu erfahren, was
für einen Film sich das Publikum wünscht, sondern es geht darum zu erfahren, in wie fern
sich sie Rezeption dieses Films auf ein bestehendes ,,Bild" auswirkt.
Eine neuere Definition des Imagebegriffs lieferte Reinhold Bergler (1991): ,,Eine Image ist
ein vereinfachtes, überverdeutlichtes und bewertetes Vorstellungsbild, ein Quasi-Urteil, das
keine Gültigkeitsgrenzen kennt und empirisch nicht hinreichend abgesichert ist. Alle mensch-
lichen Wahrnehmen, Erleben und Denken zugängliche Gegenstände werden immer auch ver-
einfacht ­ als Images ­ verarbeitet. [...] Images [...] sind ein universelles Phänomen. Sie bil-
den die Realität nicht im fotografischen Detail ab, sondern sie machen ihre Schlussfolgerun-
gen an Schlüsselreizen, exemplarischen Leistungen, einzelnen Erfolgen, aber auch einzelnen
Misserfolgen fest." (Bergler 1991, S. 47) Bergler betont in seiner Definition die emotionale
Komponente bei der Annahme von Images. Auch Mentzel und Pfeiler betonen diese und nen-
nen zusätzlich den Grund der irrationalen Adaption: die erfolgreiche Bewältigung der Um-
welt. (Vgl. Mentzel und Pfeiler 1972, S.47) Menschen können einem falschen Image nach-
hängen, weil es in der öffentlichen Meinung vorherrscht. Um sich dem Druck der Öffentlich-
keit zu entziehen, erfolgt keine Rücküberprüfung mit der Realität, sondern die schlichte A-
daption des vorherrschenden Images. Realität und Schein können sich in diesem Prozess der-
art vermengen, dass Menschen nicht mehr wissen, was die wahre Wirklichkeit ist.

Image und Nationenimages
11
Bereits 1961 stellte Daniel Boorstin Vermutungen an, welche Auswirkungen eine Welt der
Images für die Menschen haben kann. Sein Ergebnis war, dass die Massenmedien in Amerika
ein Ereignis derart realistisch in Szene setzen können, dass dies zu einem Realitätsverlust der
Amerikaner führen wird. Amerikaner wären, seiner Meinung nach, die am stärksten in einer
Welt der Illusionen lebenden Menschen der Erde. Amerikanische Massenmedien erschaffen
Pseudoereignisse, die zwar nicht real vorkommen, aber an die die Menschen bzw. die Ameri-
kaner gerne glauben möchten, weil es ein Image ist, dass sie selbst gerne von sich hätten.
(Vgl. Boorstin 1987, S. 241) Betrachtet man den Imagebegriff strukturell, so ist das Image in
zwei Teilbereiche aufgegliedert worden. Man unterscheidet zwischen Eigen- und Fremd-
image. Wie bei der Eigengruppe bezieht sich das Eigenimage auf das Bild, welches eine Per-
son, eine Gruppe von Personen oder eine Organisation von sich selbst hat. Das Fremdimage
beschreibt das Bild, das andere von einem selbst haben. Die beiden Teilbereiche lassen sich
zusätzlich in den Soll- und Ist - Zustand unterscheiden. Der Ist-Zustand ist der tatsächlich
vorherrschende Zustand und der Soll-Zustand ist der gewünschte Zustand. Diese beiden Zu-
stände lassen sich noch weiter aufgliedern. Es gibt das vermutete, das tatsächliche und das
erwünschte Eigen- und Fremdimage. (Vgl. Bentele 1992, S. 156)
vermutet
Selbstimage
tatsächlich
erwünscht
Image
vermutet
Fremdimage
tatsächlich
erwünscht
Image
gestaltung
Image
gestaltung
A
bbildung 1: Imagetypen bei Organisationen (Bentele 1992, S. 156)
Das Forschungsinteresse dieser Arbeit besteht nicht in einem Vergleich von Eigenimage und
Fremdimage. Ziel dieser Arbeit fokussiert das Fremdimage und versucht herauszufinden, ob
sich dieses durch die Rezeption eines Films beeinflussen lässt. Vergleicht man den Imagebeg-
riff unter den gegebenen Umständen nochmals mit den oben genannten bedeutungsähnlichen
Begriffen, so lässt sich ein markanter Unterschied erkennen: Images haben eine aktivere
Komponente als Stereotype und Vorurteile. Beim Image wird davon ausgegangen, dass es
durch seinen Imageträger erschaffen und gepflegt werden kann. (Vgl. Kunczik 1990, S. 27)
Betrachtet man die von Kunczik gegebene Definition (Vgl. Kunczik 1990, S. 26) unter den
erarbeiteten Gesichtspunkten, so werden Lücken sichtbar. Würde man den Begriff Image als

Image und Nationenimages
12
geronnenes Vorurteil sehen, so müsste das Image stets negativ geprägt sein. Ein Image kann
aber sowohl positive als auch negative Eigenschaften aufweisen. Angesichts dieser Feststel-
lung scheint es plausibler, von geronnenen Stereotypen zu sprechen, die sowohl negative, als
auch positive Eigenschaften enthalten können.
Begriffe Eigenschaften
Entstehung
Vorurteil
Vorstellungsbilder;
Geäußerte Ansichten über Fremd-
gruppen;
Keine Überprüfung mit der Realität;
Vorurteile sind immer negativ be-
setzt;
Prägung und Charakterisierung durch die
Umwelt;
Passive Komponente;
Adaption
Stereotyp
Vorstellungsbilder;
Resultat eines langen Prozesses;
Keine Überprüfung mit der Realität;
Stereotype können positiv, eher neut-
ral oder negativ besetzt sein;
Prägung und Charakterisierung durch die
Umwelt;
Passive Komponente;
Adaption
Image
Vorstellungsbilder;
Aura eines Objekts;
Keine Überprüfung mit der Realität;
Geronnene Stereotype
Adaption;
Erschaffung und Pflege durch den Image-
träger;
Aktive Komponente (beeinflussbar)
Abbildung 2: Unterschiede zwischen den Begriffen Vorurteil, Stereotyp und Image in tabellarischer Form
2.2. Nationenimages
Jeder Amerikaner, der einen Auslandsbesuch z.B. in Deutschland antritt, wird mit dem Bild
Amerikas im Ausland konfrontiert. Er erfährt sein eigenes Land als Akteur und Thema im
Ausland. Dabei können verschiedene Vorstellungen unterschiedlicher Länder über Amerika
vorliegen. Es können Differenzen und Konstanten in den verschiedenen Amerikabildern auf-
treten. Die Frage, ob tatsächlich ein Bild bzw. ein Image einer Nation existiert, ist unumstrit-
ten. Im folgenden Abschnitt soll geklärt werden was ein Nationenimage ist und wodurch sel-
biges entsteht?
Da die Literatur, die sich explizit mit dem Begriff des Nationenimages beschäftigt, relativ
beschränkt ist, bezieht sich der folgende Teil auf wenige aber aussagekräftige Texte zu dieser

Image und Nationenimages
13
Thematik. Zusätzlich werden Ergebnisse der generellen Imageforschung auf das Nationen-
image übertragen.
2.2.1. Definition
Das Bild eines Landes - das Nationenimage - setzt sich aus zahlreichen Faktoren zusammen.
So werden wirtschaftliche Stärke, hoher technologischer Entwicklungsstand, weltpolitische
Relevanz oder die Fähigkeit zu ökonomischer Problembewältigung genannt. Als negative
Faktoren können aber auch Gefahren, wie die militärische Stärke eines Landes großen Ein-
fluss auf die Bildung eines Images haben. Oft wird beim Nationenimage auch zwischen den
Eigenschaften einer Nation und den Eigenschaften seiner Angehörigen unterschieden. (Vgl.
Bentele 1995, S. 59) Man kann in diesem Forschungsfall also von dem Image Amerikas und
von dem Image der Amerikaner sprechen. Bei der Darstellung des Experiments in Punkt
5.1.3. wird diese Unterscheidung ebenfalls berücksichtigt.
Der Begriff ,,Nationenimage" lässt sich in Imagetypen aufgliedern. Auch hier wird in das
Selbstimage und das Fremdimage unterschieden. Das Selbstimage ist das Bild, welches eine
Nation von sich selbst hat, während das Fremdbild das Bild ist, das andere von der jeweiligen
Nation haben.
Bei einer Nation handelt es sich wie bei einem Unternehmen um eine Organisation, und des-
halb weicht der Begriff in seiner Definition und seinen Unterteilungen auch nicht von dem
des Images ab. Das Nationenimage ist lediglich eine spezielle Form des Begriffs Image. Die
Eigenschaften von Images bleiben als Rahmen vorhanden, nur die Inhalte beziehen sich ex-
plizit auf die Eigenschaften von Nationen.
2.2.2. Entstehung von Nationenimages
,,[...] Images entstehen, wie insbesondere die Psychologie des ersten Eindrucks deutlich
macht, kurzfristig auf Basis eines Minimums an Information. Die dadurch erforderlichen psy-
chologischen Mechanismen funktionieren weitgehend automatisiert und ohne Störungen
durch Denken. Skepsis und Zweifel werden ausgeschaltet, Wenn und Aber werden nicht zu-
gelassen, sondern nur subjektiv plausibel erscheinende eindeutige Urteile." (Bergler 1991, S.
47)
Bergler unterscheidet auf der Basis seiner Definition vier Mechanismen der Imagebildung.
Der erste Mechanismus ist die Vereinfachung durch Typologisierung. Bei diesem
Begriff geht es um die Vereinfachung der Realität oder wie Luhmann sagen würde, um die
Reduktion der Komplexität. Gemeint ist nicht das völlige Entfernen von einem Gegenstand

Image und Nationenimages
14
pünktlich
hochnäsig
zuverlässig
arrogant
leistungsfähig
sensibel
fleißig
hochnäsig
zuverlässig
pünktlich leistungsfähig
sensibel fleißig
arrogant
bzw. von der Realität, sondern die Reduktion bei der Betrachtung eines Gegenstandes auf
einzelne Faktoren. Die Komplexitätsreduktion ist ein lebensnotwendiger Prozess, der bei der
Wahrnehmung der Umwelt unumgänglich ist.
Der zweite Mechanismus ist die Verallgemeinerung von Einzelerfahrungen. Menschen
tendieren dazu, Erfahrungen, die sie persönlich als Individuen gemacht haben, zu verallge-
meinern. Durch ihre persönliche Erfahrung ziehen sie Rückschlüsse auf die Realität und kal-
kulieren nicht mit ein, dass es sich bei ihrer Erfahrung um einen Bruchteil der Realität han-
delt. In der internationalen Kommunikation kann sich dieser Prozess sowohl negativ, als auch
positiv, aber in jedem Fall imageprägend auf ein Land auswirken. Persönliche Erfahrungen
können sich gegenseitig verstärken, relativieren oder aufheben. Positive Erfahrungen können
vorangegangene Negativerfahrungen relativieren. Genauso können bereits bestehende negati-
ve Erfahrungen sich wiederholen und dadurch ein negatives Image verstärken. Zu der Beein-
flussbarkeit von Images wird aber in Punkt 3.1. noch ausführlicher eingegangen.
Den dritten Mechanismus nennt Bergler Überverdeutlichung. Man spricht auch vom
Lupeneffekt. Hierbei werden bestimmte reale Ausschnitte eines Gegenstandes herausgenom-
men und vergrößert. Die Bildung eines Images erfolgt nun durch die Betrachtung von nur
diesem einen Gegenstand. Zwar ist dieser Gegenstand Teil der Realität, aber von einem um-
fassenden Abbild der Realität kann keinesfalls gesprochen werden. (Vgl. Bentele 1995, S. 60)
Zur Verdeutlichung: Geht es beispielsweise um das Image eines Amerikaners so können ihm
mehrere positive und negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Der Lupeneffekt nimmt
nun eine Eigenschaft heraus, vergrößert diese und konstruiert ein Bild. In diesem Fall: Der
Amerikaner ist arrogant.
Abbildung 3: Der Lupeneffekt
Der vierte und letzte Mechanismus bei der Imagebildung beschreibt das Beteiligtsein
von positiven und negativen Bewertungen. Hierbei erfüllen Vorurteile bzw. Stereotype eine
entscheidende Funktion. Stereotypisierte Vorstellungen spielen bei der Betrachtung eines Ge-

Image und Nationenimages
15
genstandes mit und beeinflussen den erst jetzt gewonnenen Eindruck. (Vgl. Lippmann 1964,
S. 87) Stereotypierte Vorstellungen über andere Völker werden häufig durch das Fernsehen
aufgebaut. So beizeichneten englische Kinder, in einer von Himmelweit durchgeführten Stu-
die, Franzosen als besonders lustig und witzig, was darauf zurückzuführen war, dass die meis-
ten Franzosen im Fernsehen als Cabaret-Darsteller agierten. (Vgl. Himmelweit 1958, S.
253ff.)
Die eben genannten vier Image-Mechanismen sind subjektiver Art. Images sind aber ­ das
soll noch mal festgehalten werden - mehrdimensionale Konstrukte und bestehen deshalb auch
aus kognitiven Teilen und bilden sich durch gezielte Handlungen.
,,Images bilden und verändern sich in einem hyperkomplexen, kontinuierlich ablaufenden
Informations- und Kommunikationsprozess, in dem verschiedene private und öffentliche In-
formationsquellen eine wichtige Rolle spielen." (Bentele 1995, S. 60) Dies gilt auch für Nati-
onenimages. Bei der Bildung von Nationenimages sind folgende Informationsquellen betei-
ligt:
1. Massenmediale Kanäle.
2. Produkte und Erfahrungen.
3. Erfahrungen mit Personen aus dem jeweiligen Land.
4. Erfahrungen in dem Land.
Während massenmediale Kanäle vermittelte bzw. mediatisierte Erfahrungen sind, zeichnen
sich die folgenden drei Informationsquellen dadurch aus, dass Informationen in direkten Er-
fahrungen gewonnen werden.
Massenmediale Kanäle, die sich in die verschiedenen Medientypen (Hörfunk, Fernse-
hen, Printmedien) aufteilen lassen, sind in sehr hohem Maße an der Bildung von Nationen-
images beteiligt. Besonders groß ist der Einfluss auf Personen, die keine oder nur sehr be-
grenzte Erfahrungen mit dem Land selbst oder mit seinen Angehörigen haben. Diese Thema-
tik wird in Punkt 2 noch präziser erörtert werden.
Nationale Images bilden sich durch Produkte und Dienstleistungen des jeweiligen
Landes. Haben Produkte weltweit anerkannte hohe Qualität, so kann diese Erkenntnis dazu
führen, dass auch dem Land selbst diese positiven Eigenschaften unterstellt werden. Das
Image Deutschlands wird international häufig mit der Qualität seiner Autos in Verbindung
gebracht. Die hohe Qualität eines BMWs überträgt sich auf den Deutschen an sich. (Vgl. Ben-
tele 1995, S. 64)
Erfahrungen mit Personen aus dem jeweiligen Land spielen eine sehr wichtige Rolle
für die Bildung von Nationenimages. Hierbei geht es ausschließlich um direkte und nicht um

Image und Nationenimages
16
medial vermittelte Erfahrungen. Direkte Erfahrungen können bei kulturellen, sportlichen und
politischen Veranstaltungen gesammelt werden. Wenn wir allerdings über den imagebilden-
den Einfluss von prominenten Personen auf ein Nationenimage sprechen, dann muss auch
wieder auf die massenmedialen Kanäle verwiesen werden, da sie permanent über prominente
Personen berichten und ein wertefreies Urteil somit kaum zustande kommt. (Vgl. Kepplinger
1998, S. 145)
Die intensivste Art, zumindest ,,unter kognitiven und emotionalen Gesichtspunkten,
sich ein Bild von einem Land zu machen, ist die direkte Erfahrung mit Menschen einer Nation
und der Nation in dem Land selbst". (Bentele 1995, S. 65) Der Aufenthalt in einem fremden
Land kann vor allem eine imagekorrigierende Funktion haben. Während Nationenimages in
den Medien durch die Konzentration auf einzelne Faktoren verzerrt werden, können diese
Zerrbilder durch die direkte Erfahrung mit dem Land korrigiert werden. Ein gutes Beispiel
hierfür ist das Zerrbild des ,,rechtsradikalen Deutschland". Die Fernsehberichterstattung in
Amerika konzentrierte sich lange Zeit auf die rechte Szene in Deutschland. Es wurden haupt-
sächlich Nazifilme in Amerika gezeigt. Bei denjenigen Amerikanern, die einen Aufenthalt in
Deutschland hatten, hat sich das Zerrbild des ,,rechtsradikalen" Deutschland weitgehend kor-
rigiert. (Vgl. Bentele, 1995, S. 64f.)
2.3. Das Amerikabild der Deutschen
Da der Begriff des ,,Nationenimages" im vorangegangenen Teil bereits hinreichend theore-
tisch erläutert wurde, widmet sich die Arbeit nun dem tatsächlichen Zustand des in Deutsch-
land vorherrschenden Amerikabildes. Verschiedene Herangehensweisen bieten sich bei der
Untersuchung eines Nationenimages an. Das Zustandekommen von Fremdbildern und Natio-
nenimages wird von historischen, politischen und gruppendynamischen Faktoren bewirkt.
Im folgenden Abschnitt wird die Herangehensweise über den politischen Faktor, also die
deutsch-amerikanischen Beziehungen verfolgt. Politische Beziehungen zweier Staaten haben
im Verlauf der Geschichte erheblichen Einfluss auf das Fremdbild einer Nation. ,,Das Natio-
nenbild ist konjunkturellen Schwankungen unterworfen, die immer zugleich das Abbild der
Spannungen sind, die zwischen Nationen bestehen." (Warth 1986, S. 61) Die wechselseitigen
Beziehungen zwischen zwei Nationen sind aber kein permanentes Steuerungssystem eines
Nationenbildes. Ist ein Nationenbild erst einmal entstanden, so kann es eine gewisse Eigen-
ständigkeit gewinnen. Wenn sich ein Nationenbild in dem Bewusstsein einer Bevölkerung
festsetzt, wird es an die folgende Generation weitergegeben und wirkt so seinerseits auf histo-

Image und Nationenimages
17
rische Entwicklungen mit ein. (Vgl. Mentzel und Pfeiler 1972, S. 59) Die Weitergabe von
Bildern ist Teil des mehrdimensionalen Konstrukts des Nationenimages und kann durch die
Beschäftigung mit gültigen Sozialisationsmustern analysiert werden. Auch darauf wird im
Folgenden eingegangen.
Ziel dieser Untersuchung ist nicht die vollständige Analyse des deutschen Amerikabildes,
sondern Tendenzen und den geschichtlichen Verlauf des deutschen Amerikabildes aufzuzei-
gen, um in dem später folgenden Forschungsteil Grundlagen für weitere Überlegungen zu
haben. Hierbei werden Komponenten des deutschen Amerikabildes herausgearbeitet, um im
Anschluss zu überprüfen, wie der Filmemacher Michael Moore mit diesen Einzelbildern um-
geht. Würde er bereits bestehende Bilder bestätigen, so lässt sich eine verstärkende Wirkung
erwarten.
2.3.1. Historischer Abriss des deutschen Amerikabildes seit 1945
Betrachtet man die deutsch-amerikanischen Beziehungen seit dem Ende des Zweiten Welt-
krieges, so kann man in drei Phasen unterscheiden.
Die erste Phase ist die Phase der Entnazifizierung (1945-1955). Sie charakterisierte
sich dadurch, dass nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes neue Wei-
chen gestellt werden mussten. Durch den Ost-West Konflikt zwischen den USA und der
UdSSR brauchte Amerika einen wirtschaftlich, demokratisch und militärisch potenten Ver-
bündeten an der Grenze zum Osten. So wurde aus militärischer Besetzung schon nach weni-
gen Jahren Partnerschaft und Kooperation.
Die zweite Phase ist die Phase der grundsätzlichen Übereinstimmung (1955-1990).
Trotz geringfügiger Auseinandersetzungen war diese Phase davon geprägt, dass die USA und
die BRD in den meisten politischen und militärischen Fragen übereinstimmten. Im Rahmen
der fortschreitenden europäischen Integration und dem Ende des Kalten Krieges, nahm der
Stellenwert der Beziehung zu den USA für Westdeutschland bereits etwas ab.
Drittens: Die Phase nach dem Ende des Ost- West- Konflikts (1990-2003): Zwar be-
steht auch weiterhin eine enge Zusammenarbeit im transatlantischen Bündnis, aber nach dem
Ende das Ost-West Konflikts sollte eine neue Basis gefunden werden. Schild betont, dass die
beiden Parteien bis 2000 (vielleicht bis heute) zu keinem entscheidenden Ergebnis gekommen
sind und beschreibt das als sehr enttäuschend. (Vgl. Schild 2003, S. 3) Die Vermutung liegt
nahe, dass auch in dem Nichtfinden einer Basis schon Grundlagen für ein zukünftig negativ
geprägtes Amerikabild zu finden sind. Insgesamt war der Charakter der deutsch-
amerikanischen Beziehungen bis zu Beginn der neunziger Jahre positiv geprägt. Thies be-

Image und Nationenimages
18
schreibt die Zeit zu Beginn der neunziger Jahre, als ,,ein Miteinander in nicht enden wollender
Zeit der Euphorie". (Thies 2004, S. 4)
Ruf unterteilte die für eine Fremdbildanalyse notwendigen Faktoren in drei Einflussklassen.
Neben der Primärsozialisation, die sich durch aufgeprägte Einflüsse äußert, sind sodann Im-
pulse, die im Verlauf der Sekundärerfahrung (in Schule, Literatur, Massenmedien) empfangen
werden und letztendlich direkte Erfahrungen beteiligt. (Vgl. Warth 1986 S. 63) Die Primärso-
zialisation wurde im politischen Diskurs abgehandelt. Gegenstand der Analyse sind jetzt Se-
kundärerfahrungen, da ihnen großer Einfluss beigemessen wird. Eigenschaften, die in den
Medien dargestellt werden, werden unmittelbar als Realität erfahren, egal ob sie nun der
Wahrheit entsprechen oder nicht. (Vgl. Kepplinger 1998, S. 178ff.) Eine Befragung des Hei-
delberger Sinusinstituts bestätigte die überwältigende Bedeutung der Medien für das Image
der Amerikas in Deutschland: 85% der Deutschen beziehen ihre Kenntnisse über die USA
durch Berichte im Fernsehen und 79% der Befragten durch Artikel aus Zeitschriften und Zei-
tungen. Die Rolle der persönlichen Erfahrungen erscheint im Vergleich zur Informationsquel-
le ,,Medien" relativ gering.
85
79
29
23
23
10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Ber
ich
te
im
Fe
rn
seh
en
Ar
tik
el
in Z
eitu
ng
en/
Ze
its
ch
rif
ten
Er
fah
rung
en
vo
n B
ek
ann
ten
Ge
sp
räc
he
m
it A
me
rik
an
ern
ch
er üb
er da
s L
an
d
Ei
gen
e Er
fah
run
ge
n vo
r Or
t
Informationsquellen der Kenntnisse
über die USA
Abbildung 4: Informationsquellen der deutschen Kenntnisse über die USA (Sinus-Institut Heidelberg,
1986, entnommen aus: Keinsteuber 2004, S. 37f.)
Medien haben den größten Einfluss auf das Amerikabild. Gemeint sind hierbei nicht nur
Nachrichtensendungen, sondern alle Instrumente einer multimedialen Inszenierung. Holly-
wood-Filme, Seifenopern, Serien und Comics bestimmen unser Amerikabild. Die Inhalte des
modernen Entertainments sind voll von Stereotypen. Medien stellen die Hauptplattform für

Image und Nationenimages
19
die Verbreitung vereinfachter Vorstellungen über andere Länder und Kulturen dar. Da Ame-
rika der führende Exporteur von Populärkultur dieser Welt ist, ist unser Fernsehen voll von
USA-Stereotypen, die uns in den verschiedensten Programmformaten vorgeführt werden. Das
Bild, das sich in dieser Fülle von Produkten präsentiert, kann positive wie negative State-
ments enthalten. Immer allerdings besteht es aus Verkürzungen und Vergröberungen, die
nicht der komplexen Realität entsprechen können. Das Ergebnis dieser Mischformen ist ein
fragmentiertes Bild von Amerika, worin sich positive wie negative Stereotype gegenüberste-
hen und unverbunden miteinander koexistieren. (Vgl. Kleinsteuber 2004, S. 36f.)
Sekundärerfahrungen werden neben den Massenmedien durch die Literatur geprägt. Freund-
und Feindbilder finden ihre Bestätigung in Produkten der Literatur. (Vgl. Fetscher 1986, S.
45) Das literarische Amerikabild der Nachkriegszeit unterschied sich sehr stark, von dem, das
in der Politik vorherrschte. Die deutsche Nachkriegsliteratur, die sich mit Amerika befasste,
war durch ihren gleichermaßen negativen Charakter gekennzeichnet. Gegenstände der Kritik
waren bekannte und tradierte Amerikaassoziationen, wie z.B. Kapitalismus, Zukunftsängste
und die Kritik am starken Hegemonialstreben der USA. Gabriela Wettberg untersuchte das
Amerikabild der deutschen Nachkriegsliteratur und konnte, neben den bereits erwähnten
Komponenten, einen immer wiederkehrenden Punkt in der Literatur festmachen: den Materia-
lismus, der für die Schriftsteller die ,,Verkörperung allen Übels" darstellte. Ein weiteres An-
griffsfeld stellte die Demokratie in Amerika dar. Ihr wurde nachgesagt, dass sie nur als Vor-
wand für Hegemonialstreben steht. Bei einzelnen Autoren traten auch Präsidenten auf. Ihnen
wurden hauptsächlich negative Attribute zugeschrieben, so wurden sie als verantwortungslos,
gewissenlos, zynisch und menschenverachtend dargestellt. Weitere Ziele der Kritik bei deut-
schen Schriftstellern waren die amerikanische Kultur, das amerikanische Erziehungswesen,
die Rolle Amerikas im Kalten Krieg und eine unterstellte Oberflächlichkeit. (Vgl. Wettberg
1987, S. 206ff.)
Der Einfluss der intellektuellen Eliten auf die deutsche Bevölkerung scheint in dieser Zeit
nicht besonders groß gewesen zu sein. Das Sinus-Institut zeigt bei der Informationsquelle
Buch auch nur 23% an.
Durch alle Bildungs- und Sozialschichten verfestigte sich eine positive Sichtweise auf die
USA. Besonders amerikanische Produkte wie Filme, Musik und Literatur wurden begeistert
aufgenommen. Das amerikanische Militär, das Amerika in Deutschland repräsentierte und
somit direkte Erfahrungen der Deutschen mit Amerikanern ermöglichte, genoss großes Anse-
hen. Es galt als Garant der westdeutschen Freiheit. (Vgl. Schild 2003, S. 6) Die durchweg
positive Stimmung wurde von einigen Forschern als Proamerikanismus bezeichnet. Eine pro-

Image und Nationenimages
20
amerikanische Auffassung galt im öffentlichen Leben als äußerst vorbildlich und ist sicher
auch deshalb bevorzugt angenommen worden. (Vgl. Link 1982, S. 79f.) Erste sichtbare Risse
im positiven Amerikabild gab es 1961, als die Berliner Mauer errichtet wurde und die ameri-
kanische Regierung einräumte, dass die Wiedervereinigung nicht als aktuelles Ziel angesehen
wurde. Die Ausrichtung der amerikanischen Politik auf Sicherheit und Stabilität, wurde in
Deutschland ablehnend aufgenommen, weil das bedeutete, dass die ,,Deutsche Frage" in der
nächsten Zeit nicht mehr gestellt werden würde. (Vgl. Schild, S. 8) Noch deutlicher sichtbar
wurde eine Kritik am amerikanischen System während des Vietnam Krieges. Offene Proteste
spielten sich auf Deutschlands Straßen ab und vor allem die politische Linke kritisierte Ame-
rika und sein unterstelltes Hegemonialstreben zunehmend. Die Proteste klangen ab und die
deutsch-amerikanischen Beziehungen hatten 1989/1990 einen erneuten Hochpunkt erreicht,
als Amerika Deutschland dabei unterstützte, die Einheit des Landes in ,,Freiheit und Frieden"
herzustellen. Die positive Einstellung gegenüber Amerika schlug aber nur ein Jahr später, also
bereits 1991, erneut in weitläufige Kritik um. Amerika wurde aufgrund seiner vermeintlichen
Welteroberungspläne stark angegangen. Die populäre Kritik knüpfte an das in der Literatur
vorhandene Bild des hegemonialen Amerika an und beinhaltete auch deswegen gute Grundla-
gen für Beständigkeit. Umstritten bleibt, ob die ,,populäre" Kritik das Ergebnis von bestimm-
ten amerikanischen Maßnahmen ist oder als Kritik eines starken militärischen, wirtschaftli-
chen und politischen Machtgefälles zwischen Amerika und Deutschland zu verstehen ist.
(Vgl. Schild 2003, S. 12)
Die Geschichte der deutschen Amerikabilder zeichnet sich seit dem Ende des Zweiten Welt-
kriegs durch ihre Ambivalenz aus. (Vgl. Moltmann 1976, S. 91) Die Vereinigten Staaten von
Amerika, die einerseits die Befreiung Deutschlands verkörpern und die andererseits mit dem
Odium der Besatzermacht und mit ihrem stark negativ bewerteten Hegemonialstreben in Ver-
bindung gebracht werden. Die Ambivalenz wird an weiteren Beispielen sichtbar: Die Deut-
schen hatten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine sehr hohe Meinung von Amerikas
technischen und wirtschaftlichen Leistungen, befanden aber, dass der technische Fortschritt in
Amerika zu Lasten der Kultur geht. (Vgl. Lenhardt 1987, S. 465) Die Mehrheit der Deutschen
(ca. 63%) beurteilt Jeans, Walt Disney und Hollywood positiv, während sie die amerikanische
Kultur deutlich schlechter einstuften, nur 24% der Deutschen befürworteten die amerikani-
sche Kultur. (Vgl. Kleinsteuber 2004, S. 36f.) Merkwürdig, wie man Filme nicht als Teil einer
Kultur ansehen kann bzw. wo die Befragten die Grenzen des Kulturbegriffs ziehen. Dieses
Beispiel soll keine Diskussion des Kulturbegriffs auslösen, aber es veranschaulicht den hohen

Image und Nationenimages
21
Grad an Fragmentierung und zeigt die eigenwillige Betrachtung der Deutschen, wenn es dar-
um geht Stellung zu Amerika zu beziehen.
Was allerdings ununterbrochen und über politische Irritationen hinweg positiv von Deutsch-
land beurteilt wurde, waren die Amerikaner selbst. Aus der zunächst abwarteten Haltung der
Deutschen gegenüber den Amerikanern nach dem Zweiten Weltkrieg, erwuchs ein zuneh-
mend positives Bild, eine freundschaftliche Einstellung gegenüber den Amerikanern. Selbst in
Zeiten diplomatischer Verstimmungen sank das positive Bild nur leicht ab, aber man kann
sagen, dass es seit 1957 positiv eingeschätzt wurde. Über 60% der Deutschen mögen die A-
merikaner. (Vgl. Kleinsteuber 2004, S. 37)
2.3.2. Das deutsche Amerikabild seit 2001
Der Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 setzt eine Zäsur im deut-
schen Amerikabild. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Auswirkungen dieses
Einschnitts und beleuchtet das derzeitige Amerikabild in Deutschland von zwei Seiten: Zum
einen wird die öffentliche Meinung in Deutschland zu Amerika erarbeitet und zum anderen
der Medientenor deutscher Fernsehsender über Amerika analysiert.
2.3.2.1. Öffentliche Meinung
Seit den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 begann eine neue
Phase deutsch-amerikanischer Beziehungen. Die Anschläge lösten in Deutschland große Soli-
darität aus. ,,Deutschland stand geschlossen hinter Amerika". (Hacke 2003, S. 8) Fast die
Hälfte aller deutschen Befragten unterstützte die Aussage von Struck, die beinhaltete, dass
,,wir jetzt alle Amerikaner sind". (Vgl. Allensbacher Berichte 2001, S. 3) Doch bald entstan-
den große Dissonanzen im deutsch-amerikanischen Verhältnis, die durch den Strategiewandel
der amerikanischen Politik bewirkt wurden. (Vgl. Kühnhardt 2003, S. 66) Die Idee des An-
griffs auf den Irak stieß in Deutschland auf große Ablehnung. 63% der Deutschen fanden eine
mögliche Militäraktion nicht gerechtfertigt. (Vgl. Emnid 2002, S. 24) Der tatsächliche Angriff
auf den Irak traf in Deutschland auf noch größere Ablehnung. 76% der Deutschen waren ge-
gen den Irak-Krieg. (Vgl. Noelle-Neumann 2003, S. 2) Beinahe zwei Drittel der Deutschen
vertraten den Standpunkt, dass Amerika nur seine eigenen Interessen verfolgt, wenn es in Kri-
sengebieten interveniert. (Vgl. Rudolf 2002, S. 17) Eines der von Deutschland unterstellten
Einzelinteressen war das vorkommende Öl im Irak. (Vgl. Emnid 2003, S. 12)
Als Gerhard Schröder die Irak-Frage im Wahlkampf benutzte, sprach der ehemalige US-
Außenminister Henry Kissinger bereits von einer Krise im deutsch-amerikanischen Verhält-

Image und Nationenimages
22
nis. Die öffentliche Meinung des vorherrschend negativ geprägten Amerikabildes bzw. der
starken Ablehnung eines Krieges wurde seiner Meinung nach von der sozialdemokratischen
Regierung aufgefangen und als dauerhaftes Kennzeichen deutscher Politik aufgewertet. (Vgl.
Kissinger 2002) Die Mehrheit der Deutschen stand hinter dem kategorischen Nein ihres Bun-
deskanzlers. 68% lobten die Aussage Gerhard Schröders, den Krieg ohne Wenn und Aber für
falsch zu erklären. (Vgl. Noelle-Neumann 2003, S. 1)
Das aktuelle Amerikabild konzentriert sich zunehmend auf die amerikanische Machtfülle so-
wie den amerikanischen Unilateralismus, der für die Deutschen äußerst befremdlich war.
(Vgl. Hacke 2003, S. 9) Scheinbar derart befremdlich, dass positive Ereignisse der Geschichte
abgewertet wurden. Amerika - ,,der Befreier Deutschlands" - wurde nicht mehr als Garant des
Friedens gesehen. Während im Jahre 1993 noch 62% der Deutschen die Sicht vertraten, dass
die Vereinigten Staaten weltweite Sicherheit repräsentierten, waren es im Jahre 2002 noch
48%. Affektive Freundschaftsgefühle sind kühler Berechnung gewichen.
Die veränderte Sicht war eng mit der negativen Beurteilung des amtierenden US-Präsidenten
George W. Bush verknüpft. Nur 19% der Deutschen haben im Frühjahr 2002 eine positive
Meinung vom amerikanischen Präsidenten, die Hälfte der Deutschen hat eine negative Mei-
nung. (Vgl. Rudolf 2002, S. 17) Hinzu kommt der nicht legitimierte Irakkrieg, der als Form
von Amerikas Hegemonialstreben gesehen wurde. (Vgl. Emnid 2003, S. 27)
Die negativen Tendenzen im Amerikabild erreichten im Jahre 2003 ihren absoluten Tief-
punkt. Während 1995 noch knapp die Hälfte der Deutschen (48%) die USA als engsten Ver-
bündeten Deutschlands sahen, waren es im März 2003 noch 11%. Im Gegenzug hat die Rolle
Frankreichs als Verbündeter Deutschlands von 18% auf 40% zugelegt. (Vgl. Petersen und
Haumann 2004, S. 314)

Image und Nationenimages
23
54
53
48
50
11
11
10
14
15
17
29
40
0
10
20
30
40
50
60
1977
1980
1982
1995
2003/März
2003/April
%
Amerika
Frankreich
Abbildung 5: Deutschlands engste Verbündete (Allensbacher Berichte, entnommen aus: Petersen,
Haumann 2004, S. 314)
Den Tiefpunkt bestätigten auch Umfragen von TNS Emind im April 2003. Demnach lehnten
81% den Krieg gegen den Irak ab und sogar 88% glaubten nicht an eine Demokratisierung des
Iraks durch die Intervention von Amerika. Die Hälfte der Deutschen bezweifelte eine Ein-
dämmung des Terrorismus durch den Krieg. Als Grund für die ablehnende Haltung gaben die
Befragten die mangelnde Legitimation des Krieges an. (TNS Emnid Heft 3/4, S. 23)
Das bereits sehr negative Bild des amerikanischen Präsidenten George W. Bush verstärkte
sich vor den US-Präsidentschaftswahlen 2004. Eine Umfrage des Allensbacher Instituts er-
gab, dass sich die Mehrheit der Deutschen einen Präsidentenwechsel wünschen. Nur 4% der
Deutschen würden Bush wieder wählen und drei Viertel der Deutschen gaben an, generell
keine gute Meinung von ihm zu haben. Die negative Stimmung gegenüber George W. Bush
herrschte in allen gesellschaftlichen Gruppen und über parteipolitische Grenzen hinaus. (Vgl.
Allensbacher Berichte 2004 Nr. 16, S. 2)
Umfrageergebnisse zeigen: Die öffentliche Meinung zu Amerika ist negativ geprägt. Deut-
sche Bestseller-Listen wurden von Sachbüchern angeführt, die der politischen, kulturellen
oder ideologischen Ablehnung gegenüber den Vereinigten Staaten entgegenkamen. (Vgl.
Thies 2004, S. 3) In der Reihe der Amerika-kritischer Literatur erschienen auch die Bücher
von Michael Moore. Er wurde in Deutschland zum Kronzeugen der ,,ungehobelten" amerika-

Image und Nationenimages
24
nischen Politik geadelt. Im Jahr 2003 waren vier seiner Bücher unter den Top 35 Bestsellern
vertreten. (Vgl. Spiegel Bestsellerliste 2003)
2.3.2.2. Berichterstattung deutscher Fernsehsender über Amerika
Die Berichterstattung über Amerika prägt und repräsentiert das negative Amerikabild der Öf-
fentlichkeit. Aufgrund mangelnder Analysen von Printmedien zum Inhalt Amerika und auf-
grund der Reichweite und der Glaubwürdigkeit des Fernsehens wird im folgenden Abschnitt
das Amerikabild dargestellt, wie es im deutschen Fernsehen präsentiert wurde.
Als der Irak-Konflikt erstmals als Thema auf die politische Agenda gebracht wurde, gab es
einen rasanten Anstieg von Negativberichten über Amerika in den führenden deutschen Fern-
sehkanälen. Eine Inhaltsanalyse, die im Juli 2002 durchgeführt wurde, ergab, dass ca. 600
Äußerungen über Amerika im Fernsehen getätigt wurden. Mehr als 60% dieser Äußerungen
waren negativ gefärbt und weniger als 10% waren positiver Art. (Vgl. Petersen und Haumann
2004, S. 321f.)
Eine Detailanalyse des Medienbildes der USA im deutschen Fernsehen (Sieben deutsche
Nachrichtensendungen: RTL Aktuell, SAT.1 18:30, Pro7 Nachrichten, ZDF heute, ZDF heute
Journal, ARD Tagesthemen, ARD Tagesschau), die von 2001 bis 2004 durchgeführt wurde,
ergab, dass die Berichterstattung über Amerika in hohem Grade einseitig und negativ war.
Politische Zusammenhänge wurden vereinfacht, Emotionen geschürt und Klischees bestärkt.
Von einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Außenpolitik der USA kann nicht gespro-
chen werden, stattdessen fokussiert die Berichterstattung den amerikanischen Präsidenten und
sein negatives Image.
Die Bewertung der amerikanischen Akteure im deutschen Fernsehen ist überwiegend negativ.
Während die Berichterstattung 2001/2002 noch ausgeglichen bis ambivalent war und sich
nach der Beendigung der Kampfhandlungen im Irak ein wenig verbessert, war die Berichter-
stattung zwischen den Ereignissen durchweg negativ. Grund hierfür ist die anschwellende
Dominanz des amerikanischen Präsidenten und des Militärs in den Medien. Mit großem Ab-
stand führt George W. Bush das Ranking der politischen US-Akteure im deutschen Fernse-
hen. Seit Beginn der Präsidentschaft stehen die deutschen Medien dem amerikanischen Präsi-
denten skeptisch bis ablehnend gegenüber, seit Herbst 2002 fällt die Bewertung rein negativ
aus. Besonders auffallend ist, dass die Kritik an Bush undifferenziert ist und häufig auf einer
einseitigen Darstellung beruht. Je kritischer die Berichterstattung wurde, desto einseitiger
wurde auch die Darstellung George W. Bushs. Weiterhin zu beobachten ist die Zunahme von
Berichten über das amerikanische Militär im deutschen Fernsehen. Während 2001 noch 226

Image und Nationenimages
25
Berichte über das Militär gesendet wurden, sind es 2003 441 Beiträge. Die Anzahl hat sich
fast verdoppelt. Einerseits ist die Zunahme der Berichte über das Militär angesichts des
Kriegs verständlich, aber der Vergleich mit amerikanischen Sendern hat gezeigt, dass in
Deutschland überproportional über das Militär berichtet wird. Die Folge dieser einseitigen
Berichterstattung über den Irakkrieg ist, dass andere außenpolitische Themen in den Hinter-
grund treten und unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bleiben. Amerika im Medienbild
Deutschlands besteht hauptsächlich aus der eindimensionalen und überproportionalen Be-
richterstattung über George W. Bush und das amerikanische Militär. (Vgl. Medien Tenor
2004, S. 36ff.)
2.3.3. ,,Antiamerikanismus" in Deutschland?
Was sich hier offenbart, ist eine Einstellung, die in den Medien, in der Bevölkerung und in der
deutschen Regierung geteilt wird. Alle Einheiten haben ein negatives Amerikabild, das sich
maßgeblich durch die Ablehnung des Krieges und der Antipathie gegen den amerikanischen
Präsidenten Bush ergibt.
Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Erkenntnissen der Medienwirkungsforschung, so ist
der Zusammenhang mit Noelle Neumanns Theorie der Schweigespirale sehr markant. Ein
Bild bzw. eine Meinung, die bereits bei einem Individuum existiert und auch in der öffentli-
chen Meinung überwiegt, wird verstärkt. In Umkehrschluss heißt das, dass Deutsche, die
Kriegsbefürworter sind, sich eher in Schweigen hüllen, weil sie nicht mit der öffentlichen
Meinung in Konflikt geraten wollen. Ihr Ziel ist die erfolgreiche Bewältigung der Umwelt.
Dieses Ziel könnte unter einer derart klaren Gegenposition zur öffentlichen Meinung beein-
trächtigt werden. (Vgl. Noelle-Neumann 1996)
Magazine sprechen in Anbetracht der Situation von einer antimamerikanischen Stimmung in
Deutschland. Es stellt sich die Frage, ob ein negatives Bild von Amerika aber mit dem Begriff
,,Antiamerikanismus" gleichzusetzen ist?
Die deutsche Bevölkerung scheint mit der Verwendung des Begriffs nicht mit dem übereinzu-
stimmen, was Publizisten darunter verstehen. Die Zahl der proklamierten Pro-Amerikaner
unter den Deutschen ist im Jahr 2002 nur leicht zurückgegangen, von 72% auf 68%. Dement-
sprechend lag die Zahl der erklärten Anti-Amerikaner ziemlich konstant bei einem Viertel der
Deutschen Bevölkerung, also etwa 25%. (Vgl. Der Spiegel 18.5. 2002, S. 26ff.) Um herauszu-
finden, ob es eine antiamerikanische Stimmung in Deutschland gibt, fragte das Allensbacher
Institut ein Jahr später bei der Bevölkerung nach: ,,Man hört oder liest gelegentlich etwas von
einer antiamerikanischen Stimmung. Wie ist da Ihr Eindruck...?" 39% der Befragten waren

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836617383
DOI
10.3239/9783836617383
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Augsburg – Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät, Politische Wissenschaften
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
1,0
Schlagworte
publizistik kommunikation imageforschung medienwirkung filmanalyse
Zurück

Titel: Meinungsmacher Michael Moore?
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
186 Seiten
Cookie-Einstellungen