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CSR-Produkte als Sortimentsalternative im Lebensmitteleinzelhandel

Eine qualitative Studie zu den Chancen nachhaltiger Produkte am Beispiel des österreichischen Marktes

©2007 Magisterarbeit 154 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Im Jahr 2006 wuchs der traditionelle österreichische Lebensmitteleinzelhandel im Durchschnitt um 3,3%. Dem steht das überproportionale Wachstum der Diskonter gegenüber, das sich sowohl flächen- als auch umsatzmäßig zeigt.
Der österreichische Konsument ist preisempfindlicher geworden. Die Reaktion der Lebensmitteleinzelhändler zeigt sich im systematischen Ausbau eines Teils seiner Eigenmarken, die dem Konsumenten als kostengünstige Alternative zu Diskontprodukten dienen sollen.
Dieses Gegengewicht zu den stark wachsenden Diskontern soll den Konsumenten vermehrt in den Supermarkt locken, um dort sowohl günstige Handelsmarken als auch Markenartikel zu kaufen. Da die Kaufmotivation bei diesen Handelsmarken vor allem vom Preis ausgeht, sind sie vor allem bei unproblematischen und wenig innovativen, dafür aber preissensiblen Produkten erfolgreich.
Nur noch für 60% der Deutschen ist demnach Qualität das wichtigste Konsumkriterium, vor 3 Jahren waren es noch 5% mehr. Und 44%, im Gegensatz zu 42% im Vorjahr, suchen heute grundsätzlich nach dem preiswertesten Angebot.
Dem steht gegenüber, dass sich seit 1996 die Privatspenden in Österreich auf jährlich 500 Mio. Euro verdoppelt haben. 81% der Erwachsenen spenden mindestens einmal im Jahr Geld.
In einer 2005 vom deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit herangezogenen Studie geben 53% der Deutschen an, bereit zu sein, für nachhaltige Produkte mehr Geld auszugeben. Zusätzlich betonen 10% der Deutschen ihre ausdrückliche Bereitschaft, dies zu tun. Für über die Hälfte der Befragten spielen Gütesiegel, die auf nachhaltige Produkte hinweisen, eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung.
Corporate Social Responsibility ist ein wichtiger Unternehmensbestandteil geworden. Erfolg wird nicht mehr allein durch Gewinnzahlen belegt sondern auch durch Erkennen und Übernehmen von sozialer Verantwortung. Von diesen Entwicklungen profitierten viele NGOs in den letzten Jahren. Mittlerweile gibt es spezialisierte CSR-Consultants, die große Konzerne bei der Auswahl förderwürdiger Projekte unterstützen und deren CSR-Agenden managen.
Das Zukunftsinstitut widmete einer Konsumentengruppe, die LOHAS genannt wird, eine eigene Studie. LOHAS steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“ und beschreibt Menschen, deren Lebensstil sich um Gesundheit und Nachhaltigkeit zentriert. Gleichzeitig werden die LOHAS als Powerkonsumenten bezeichnet, die derzeit in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Matthias Zacek
CSR-Produkte als Sortimentsalternative im Lebensmitteleinzelhandel
Eine qualitative Studie zu den Chancen nachhaltiger Produkte am Beispiel des
österreichischen Marktes
ISBN: 978-3-8366-1737-6
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... V
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... VI
1. Einleitung ... 1
1.1. Problemstellung ... 1
1.2. Zielsetzung und Forschungsfragen... 2
1.3. Wissenschaftliche Methode ... 3
1.4. Aufbau der Studie ... 4
2. Begriffsabgrenzungen und Definitionen ... 6
2.1. Corporate Social Responsibility ... 6
2.2. Lebensmitteleinzelhandel... 6
3. Handelsmarketing ... 9
3.1. Unternehmensziele ... 10
3.2. Strategische Entscheidungen ... 11
3.2.1. Retail Branding ­ Vertriebslinien als Marken ... 12
3.2.2. Segmentspezifische Marktbearbeitung... 12
4. Sortimentspolitik und Produktlistung ... 13
4.1. Der Begriff Sortiment ... 13
4.2. Die Sortimentspolitik ... 15
4.2.1. Gliederung des Sortiments ... 18
4.2.2. Sortimentsdimensionen ... 19
4.2.2.1. Entscheidungen in der Sortimentsbreite... 20
4.2.2.2. Entscheidungen in der Sortimentstiefe ... 21
4.2.3. Einflussfaktoren der Sortimentspolitik... 21
4.2.3.1. Sortimentsumfang ... 21
4.2.3.2. Marktwirkung und Ergebniswirkung... 22
4.2.3.3. Kriterien für die Marktwirkung ... 23
4.2.3.4. Kennzahlen für die Ergebniswirkung ... 26

II
4.2.4. Ziele der Sortimentspolitik ... 27
4.2.5. Category Management ... 27
4.2.6. Sortimentsstruktur nach ECR ... 29
4.2.7. Bilden und Reduzieren von Sortimenten ... 30
4.3. Bewertung von Produktneueinführungen durch den LEH ... 32
4.3.1. Die Position des LEH bei Produktneueinführungen ... 32
4.3.2. Allgemeine Bewertungskriterien bei Neueinführungen ... 33
4.3.3. Checkliste des LEH bei Produktneueinführungen... 35
5. Corporate Social Responsibility ... 37
5.1. Hintergründe für das Entstehen von CSR... 37
5.2. Implementierung von CSR im Lebensmitteleinzelhandel... 41
5.2.1. Verschiedene CSR-Ansätze im Lebensmittelhandel ... 42
5.2.2. Entwicklungen im Handel ... 42
5.2.3. Entwicklungen im Konsumentenverhalten ... 43
5.3. Auswirkungen von CSR Aktivitäten auf das Unternehmen ... 44
6. CSR im Sortiment ... 46
6.1. Verschiedene Umsetzungen von CSR Produkten im LEH... 47
6.1.1. Fairtrade ... 47
6.1.2. kleine wunder... 50
6.1.3. Zurück zum Ursprung ... 53
6.1.4. A faire Milch... 57
6.1.5. Ja! Natürlich... 59
6.2. Funktionen von CSR Produkten ... 61
6.2.1. Funktionen von CSR Produkten aus Handelssicht ... 61
6.2.2. Funktionen von CSR Produkten aus Herstellersicht ... 63
6.2.3. Funktionen von CSR Produkten aus Konsumentensicht ... 63
7. Empirischer Teil: CSR-Produkte in der Praxis ­ Status Quo und
Entwicklungstendenzen aus der Sicht von Experten des LEH ... 64
7.1. Methodik und Aufbau der empirischen Untersuchung... 64
7.1.1. Die angewandte Methodik ... 64

III
7.1.2. Das Forschungsdesign ... 65
7.1.2.1. Das Experteninterview als qualitative Erhebungsmethode... 65
7.1.2.2. Überblick über die ausgewählten Experten und Unternehmen... 66
7.1.2.3. Durchführung der Interviews... 67
7.1.2.4. Aufbau des Gesprächsleitfadens... 68
7.1.2.5. Auswertung der Daten... 69
7.2. Ergebnisse der empirischen Untersuchung ... 70
7.2.1. Situationsanalyse des Handelsunternehmens in Bezug auf CSR-Produkte 70
7.2.1.1. Listungssituation von CSR-Produkten ... 71
7.2.1.2. Anteil von CSR-Produkten in den besten Kategorien ... 72
7.2.1.3. Sinnvolle Kategorien für CSR-Produkte ... 73
7.2.1.4. Ursachen für langfristigen Erfolg bei CSR-Produkten... 75
7.2.1.5. Unterstützung durch das Handelsunternehmen und erwartete
Unterstützung vom Hersteller ... 76
7.2.2. Allgemeine Listungskriterien des Handelsunternehmens und spezielle
Listungskriterien von CSR-Produkten... 78
7.2.2.1. Allgemeine Listungskriterien... 78
7.2.2.2. Listungskriterien von CSR-Produkten... 80
7.2.2.3. Abverkaufs- und Ertragsziele von CSR-Produkten... 81
7.2.3. Bewertung von Auswirkungen auf Image und Differenzierungsgrad des
Handelsunternehmens ... 82
7.2.3.1. Auswirkungen auf das Image des Handelsunternehmens... 82
7.2.3.2. Differenzierungsmöglichkeiten durch CSR-Produkte... 83
7.2.4. Vergangene Entwicklung von CSR-Produkten und Zukunftsprognose durch
das Handelsunternehmen ... 84
7.2.4.1. Entwicklung von CSR-Produkten in der Vergangenheit ... 85
7.2.4.2. Zukunftsprognose für die Entwicklung von CSR-Produkten ... 85
8. Conclusio ... 88
8.1. Kernaussagen aus Theorie und empirischer Untersuchung... 88
8.2. Schlussfolgerungen für die konkreten Forschungsfragen ... 90

IV
8.2.1. Forschungsfrage 1: Welche Kriterien soll ein CSR-Produkt erfüllen, um
langfristig und konstant erfolgreich zu sein?... 90
8.2.2. Forschungsfrage 2: Nach welchen Kriterien entscheidet der Handel, ob ein
CSR-Produkt gelistet wird? ... 91
8.2.3. Forschungsfrage 3: Bestehen für den LEH Möglichkeiten sich durch die
Listung von CSR-Produkten zu differenzieren?... 92
8.3. Checkliste für CSR-Produkte für LEH und Hersteller ... 92
8.4. Ausblick ... 94
ANHANG... 95
LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS ... 136

V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abb.
Abbildung
bspw.
beispielsweise
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CM
Category
Management
CSR
Corporate
Social Responsibility
ECR
Efficient Consumer Response
etc.
et
cetera
f. folgende
Seite
ggf.
gegebenenfalls
LEH
Lebensmitteleinzelhandel
lt. laut
Mio.
Million
Mrd.
Milliarde
NGO
Non-Governmental Organisation
NPO
Non-Profit Organisation
o. S.
ohne Seite
ROI
Return on Investment
S. Seite
u. A.
unter Anderem
udgl.
und dergleichen
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
VKI
Verein für Konsumenteninformation
z. B.
zum Beispiel

VI
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Betriebstypen des Einzelhandels... 7
Abbildung 2: Marktanteile im LEH 2006 (inkl. Hofer und Lidl)... 8
Abbildung 3: Entwicklung von Umsatz und Filialen im LEH... 9
Abbildung 4: Differenzierungsmöglichkeiten des Supermarktes aus Sicht der
Handelsmanager ... 17
Abbildung 5: Entscheidungsbereiche der Sortimentsstruktur ... 20
Abbildung 6: Der Category Management-Geschäftsprozess... 29
Abbildung 7: Kategorie-Struktur am Beispiel Waschmittel... 30
Abbildung 8: Dow Jones Sustainability Index, europäische Handelsunternehmen... 45
Abbildung 9: Auswahl von Fairtrade Produkten... 48
Abbildung 10: Was verbinden Sie mit Fairtrade? (in % der Nennungen)... 49
Abbildung 11: Produktrange von kleine wunder ... 50
Abbildung 12: Spendenanteil der Produkte ... 51
Abbildung 13: Kostenstruktur von kleine wunder Produkten im Vergleich zu
konventionellen Produkten ... 51
Abbildung 14: Kinderhilfsorganisationen, die durch kleine wunder unterstützt werden . 52
Abbildung 15: Auswahl von ,,Zurück zum Ursprung" -Produkten ... 57
Abbildung 16: Verpackung von ,,A faire Milch"... 59
Abbildung 17: Auswahl von ,,Ja! Natürlich" - Produkten... 61
Abbildung 18: Welcher dieser Supermärkte hat das beste Fairtrade Produktsortiment?
(Nennungen in %) ... 62
Abbildung 19: Für Befragung ausgewählte Unternehmen (gereiht nach Umsatz) ... 66
Abbildung 20: LEH-Unternehmen, die einem Interview zugesagt haben... 67
Abbildung 21: Befragte Experten der jeweiligen Unternehmen ... 68

CSR-Produkte als Sortimentsalternative im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel
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1
1. Einleitung
1.1.
Problemstellung
Im Jahr 2006 wuchs der traditionelle österreichische Lebensmitteleinzelhandel im
Durchschnitt um 3,3%. Dem steht das überproportionale Wachstum der Diskonter
gegenüber, das sich sowohl flächen- als auch umsatzmäßig zeigt (vgl. AC Nielsen
2007).
Der österreichische Konsument ist preisempfindlicher geworden. Die Reaktion der
Lebensmitteleinzelhändler zeigt sich im systematischen Ausbau eines Teils seiner
Eigenmarken, die dem Konsumenten als kostengünstige Alternative zu
Diskontprodukten dienen sollen (vgl. Rudolph/Schröder 2006, S.244).
Dieses Gegengewicht zu den stark wachsenden Diskontern soll den Konsumenten
vermehrt in den Supermarkt locken, um dort sowohl günstige Handelsmarken als auch
Markenartikel zu kaufen. Da die Kaufmotivation bei diesen Handelsmarken vor allem
vom Preis ausgeht, sind sie vor allem bei unproblematischen und wenig innovativen,
dafür aber preissensiblen Produkten erfolgreich (vgl. Mattmüller/Tunder 2004, S.216 f.).
Nur noch für 60% der Deutschen ist Qualität das wichtigste Konsumkriterium,
vor 3 Jahren waren es noch 5% mehr. Und 44%, im Gegensatz zu 42% im Vorjahr,
suchen heute grundsätzlich nach dem preiswertesten Angebot (vgl. Horx 2006, S. 7).
Dem steht gegenüber, dass sich seit 1996 die Privatspenden in Österreich auf jährlich
500 Mio. Euro verdoppelt haben. 81% der Erwachsenen spenden mindestens einmal im
Jahr Geld. (vgl. ÖIS, 2001-2003)
In einer 2005 vom deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit herangezogenen Studie geben 53% der Deutschen an, bereit zu sein,
für nachhaltige Produkte mehr Geld auszugeben. Zusätzlich betonen 10% der
Deutschen ihre ausdrückliche Bereitschaft, dies zu tun. Für über die Hälfte der

CSR-Produkte als Sortimentsalternative im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel
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2
Befragten spielen Gütesiegel, die auf nachhaltige Produkte hinweisen, eine wichtige
Rolle bei der Kaufentscheidung (vgl. www.bmu.de 2007).
Corporate Social Responsibility ist ein wichtiger Unternehmensbestandteil geworden.
Erfolg wird nicht mehr allein durch Gewinnzahlen belegt sondern auch durch Erkennen
und Übernehmen von sozialer Verantwortung. Von diesen Entwicklungen profitierten
viele NGOs in den letzten Jahren. Mittlerweile gibt es spezialisierte CSR-Consultants,
die große Konzerne bei der Auswahl förderwürdiger Projekte unterstützen und deren
CSR-Agenden managen (vgl. The Economist 2005).
Das Zukunftsinstitut widmete einer Konsumentengruppe, die LOHAS genannt wird, eine
eigene Studie. LOHAS steht für ,,Lifestyle of Health and Sustainability" und beschreibt
Menschen, deren Lebensstil sich um Gesundheit und Nachhaltigkeit zentriert.
Gleichzeitig werden die LOHAS als Powerkonsumenten bezeichnet, die derzeit in
westlichen Ländern einen Bevölkerungsanteil von bis zu 30% erreichen und deren
Anteil mittelfristig bis zu 50% anwachsen wird (vgl. www.zukunftsinstitut.de 2007).
Neben vielen CSR-Strategien haben sich CSR-Produkte als Sortimentsalternative
herausgebildet. Ein Problem stellt die Bewertung solcher Produkte dar.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die vorliegende Studie mit
Entscheidungskriterien der Lebensmitteleinzelhändler bei der Listung von CSR-
Produkten.
1.2. Zielsetzung
und
Forschungsfragen
Im Rahmen dieser Studie sollen zunächst die Themen Handelsmarketing und
Sortimentsgestaltung erörtert werden, um eine Basis für das Verständnis von
Listungspolitik zu schaffen.
Ein weiterer Gegenstand der Literaturrecherche sind die Entstehungshintergründe für
CSR und die Frage, wie CSR sinnvoll im LEH implementiert werden kann.

CSR-Produkte als Sortimentsalternative im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel
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3
Auf diesem theoretischen Fundament aufbauend, liegt das Ziel der Studie darin
aufzuzeigen, welche Arten von CSR-Produkten es gibt und anhand des empirischen
Teils zu zeigen, welche Motivation der Handel für deren Listung hat.
Ziel der empirischen Untersuchung ist es herauszufinden, welche Eigenschaften und
Kriterien den Einkäufern und Sortimentsmanagern der größten österreichischen
Lebensmittelhändler bei Listungsentscheidungen im Allgemeinen und hinsichtlich CSR-
Produkte wichtig sind. Weiters soll herausgefunden werden, welche Beispiele für CSR-
Produkte bereits erfolgreich sind und was die Hintergründe für deren Erfolg sein
könnten.
Auf Basis der Erkenntnisse der theoretischen und empirischen Untersuchung soll eine
Checkliste entstehen, die sowohl dem Handel bei Listungsentscheidungen als auch
Herstellern bei der Positionierung von CSR-Produkten helfen soll.
Daraus ergeben sich die zentralen Fragen, die in dieser Studie behandelt werden
sollen:
· Welche Kriterien soll ein CSR-Produkt erfüllen, um langfristig und konstant
erfolgreich zu sein?
· Nach welchen Kriterien entscheidet der Handel, ob ein CSR-Produkt gelistet
wird?
· Bestehen für den LEH Möglichkeiten sich durch die Listung von CSR-Produkten
zu differenzieren?
1.3. Wissenschaftliche
Methode
Zur Untersuchung der Forschungsfragen wird die Studie auf zwei Methoden aufgebaut.
Zuerst wird die Methode der Literaturrecherche für jene Bereiche der Studie angewandt,
für die bereits hinreichende Informationen in bestehender Literatur zu finden sind. Es

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4
sind dies jene Kapitel, die sich mit den Begriffen Handelsmarketing, Sortimentspolitik,
Corporate Social Responsibility sowie der Implementierung von CSR im Sortiment
befassen. Die Informationen werden primär aus Büchern und Fachzeitschriften sowie
aus geeigneten Internetquellen bezogen. Die Wahl der Literaturquellen ergibt sich dabei
aus der Verfügbarkeit der Daten sowie aus Anforderungen an Aktualität und
Praxisnähe.
Im zweiten Schwerpunkt der Studie ­ dem empirischen Teil ­ wird die wissenschaftliche
Methode der qualitativen Befragung angewandt. Es handelt sich hierbei um eine
explorative Untersuchung, bei der Experten interviewt werden. Für diese Studie stellen
sich die Einkäufer und Sortimentsmanager der größten Lebensmitteleinzelhändler
neben Herstellervertretern von CSR-Produkten als am besten geeignete Gruppe dar.
Ziel ist es, Hypothesen zu bilden, da dieser Themenbereich noch relativ unerforscht ist.
Die Interviewpartner sollen in deren gewohnter Umgebung etwa eine halbe Stunde bis
Stunde interviewt werden. Die durch dieses offene Verfahren gegebene Flexibilität ist
für die Beschreibung der Listungskriterien wichtig. Gewählt wird der Stil des
problemzentrierten Interviews, um möglichst viele Informationen zu erhalten. Die
Möglichkeit der Anonymisierung wird den Interviewpartnern angeboten, um sozial
erwünschte Antworten zu vermeiden.
In weiterer Folge werden die Interviews im Einzelnen analysiert, um anschließend eine
generalisierende Analyse durchzuführen. Aufgrund der Ergebnisse werden Hypothesen
gebildet, die infolge durch quantitative Forschungen überprüft werden können.
Der letzte Abschnitt der Studie ist der Synthese und Interpretation der Ergebnisse von
Literaturrecherche, Expertengesprächen und dem empirischen Teil gewidmet. In der
Conclusio werden Schlüsse gezogen und Hypothesen zu den Forschungsfragen der
vorliegenden Studie aufgestellt.
1.4. Aufbau
der
Studie
Die vorliegende Studie ist in einen theoretischen sowie einen empirischen Teil

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5
gegliedert. Bereits vorhandenes Wissen und Informationen werden dadurch mit
empirischen Erkenntnissen verknüpft.
In der Einleitung wird die Ausgangslage für die Erstellung der Studie in den Abschnitten
Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfrage sowie wissenschaftliche Methode
und Aufbau der Studie dargestellt.
Im zweiten Kapitel werden Begriffe definiert, die für die Studie von zentraler Bedeutung
sind.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Thema Handelsmarketing. Grundlagen des
Handelsmarketing werden hier näher definiert. Weiters wird auf strategische
Entscheidungen im Handelsmarketing eingegangen.
Danach wird zum Sortiment übergeleitet, welches im vierten Kapitel einen Kernteil der
Studie ausmacht. Mit diesen Hintergründen soll es dem Leser ermöglicht werden
Grundprinzipien und Entscheidungsgrundlagen bei der Listung von Produkten im
Lebensmitteleinzelhandel zu verstehen.
Anschließend wird im fünften Kapitel die Entstehung von Corporate Social
Responsibility beleuchtet. Es wird aufgezeigt, wie sich CSR-Aktivitäten auf das
Unternehmensimage auswirken und welche Möglichkeiten zur Implementierung von
CSR-Produkten im LEH bestehen.
Am Schluss des Theorieteils werden die verschiedenen Erscheinungsformen von CSR-
Produkten im Sortiment behandelt. Hier soll dem Leser näher gebracht werden, welche
unterschiedlichen Zugänge verschiedene Produkte zu diesem Thema haben.
Den letzten Teil bildet die Empirie, die in Form einer qualitativen Untersuchung
durchgeführt wird. Dabei werden Tendenzen bei der Bewertung von CSR-Produkten
aufgezeigt und es wird versucht herauszufinden, welche Kriterien die Einkäufer und

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6
Sortimentsmanager des LEH zur Bewertung solcher Produkte heranziehen.
Abschließend findet sich in der Studie die Synthese und Interpretation der Ergebnisse
von Literaturrecherche und den Experteninterviews. Auf Basis dessen soll eine
Checkliste entstehen, welche die wichtigsten Kriterien aufzeigt, die ein CSR Produkt
erfüllen muss, um eine Chance auf Listung im LEH zu haben und dort langfristig
erfolgreich zu sein.
2. Begriffsabgrenzungen und Definitionen
2.1. Corporate Social Responsibility
Der Begriff Corporate Social Responsibility, im Folgenden CSR genannt, ist durch
verschiedene Interpretationen und Zugänge geprägt (vgl. Kapitel 5.1). Die Europäische
Kommission definiert den Begriff als freiwillige Basis all jener Maßnahmen, die es zum
Ziel haben, soziale und umweltrelevante Fragen mit den Zielen der Anspruchsgruppen
eines Unternehmens und des Unternehmens selbst zu vereinbaren (vgl. Europäische
Kommission 2001, S.8).
Der Autor wählt für die vorliegende Studie die Definition von Köppl/Neureiter in der CSR
als ,,aktive, dem Unternehmensziel förderliche Übernahme der gesellschaftlichen
Verantwortung eines Unternehmens in Abstimmung mit den für das Unternehmen
relevanten Anspruchsgruppen aus der Gesellschaft" beschrieben wird. Dieser Ansatz
basiert auf folgenden drei Säulen: Ökonomische Verantwortung, ökologische
Verantwortung sowie gesellschaftliche Verantwortung, wobei alle drei Säulen
gleichwertig gewichtet werden (vgl. Köppl/Neureiter 2004, S. 5).
2.2. Lebensmitteleinzelhandel
Bei der Verwendung des Begriffes Lebensmitteleinzelhandel in der vorliegenden Studie
ist der stationäre LEH gemeint, der sich durch feste Standorte der Verkaufsräume
charakterisiert. Die Abbildung 1 zeigt übersichtlich, welche Bereiche des Einzelhandels
abgedeckt werden sollen (vgl. Müller-Hagedorn 1998, S 43 ­ 44).

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Abbildung 1: Betriebstypen des Einzelhandels
Quelle: In Anlehnung an Müller-Hagedorn 1998, S. 45
Abbildung 2 zeigt die Marktanteile der LEH-Unternehmen in Österreich aus dem Jahr
2006. Es ist eine starke Machtkonzentration durch die beiden Händler REWE und
SPAR zu erkennen. (vgl. AC Nielsen 2007, S. 17)

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Abbildung 2: Marktanteile im LEH 2006 (inkl. Hofer und Lidl)
Quelle: AC Nielsen 2007, S. 17
Wie in Abbildung 3 erkennbar, steigt der Umsatz des LEH kontinuierlich und erreichte
im Jahr 2006 einen Höchststand von 15,4 Mrd. Euro. Die Anzahl der einzelnen
Geschäfte nimmt hingegen von Jahr zu Jahr ab (vgl. AC Nielsen 2007, S. 15).

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Abbildung 3: Entwicklung von Umsatz und Filialen im LEH
Quelle: AC Nielsen 2007, S. 15
3. Handelsmarketing
Hans Joachim Theis definiert Handelsmarketing wie folgt: ,,[...] bedeutet Planung,
Realisation und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen Märkte ausgerichteten
Aktivitäten institutioneller Handelsunternehmen, wobei die Unternehmensziele durch
eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse und aktiven Gestaltung der
Märkte verwirklicht werden sollen" (Theis 1999, S. 107).
Unter Handelsmarketing wird das Marketing von Handelsunternehmen verstanden
(Retail- oder Wholesale-Marketing), das handelsgerichtete Marketing der Industrie ist
davon abzugrenzen (Trade-Marketing). Durch die Entwicklungen in den Hersteller-
Handels-Beziehungen, die durch eine Machtverschiebung in Richtung Handel
gekennzeichnet sind, wurde das eigenständige Marketing, speziell bei den

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10
Lebensmitteleinzelhändlern, immer relevanter. Damit verbunden entstanden veränderte
Anforderungen an das strategische Denken von Handelsunternehmen (vgl.
Mattmüller/Tunder 2004, S. 1 f.).
3.1. Unternehmensziele
Es gibt unternehmerische Basisziele, die in der Wirtschafts-Literatur immer wieder
gefunden werden. Die dominierende Bedeutung jener Unternehmensziele nehmen vor
allem Gewinn bzw. Rentabilität sowie der Marktanteil ein. Bei jüngeren Untersuchungen
zum Thema Unternehmensziel haben jedoch die Bereiche Umweltschutz und soziale
Verantwortung an Stellenwert gewonnen (vgl. Becker 2006, S. 15 bis 17).
Der LEH ist in seiner Tätigkeit durch ein stark vorherrschendes Tagesgeschäft geprägt,
welches durch preis- und kommunikationspolitische Maßnahmen sowie durch
Sortimentsentscheidungen gekennzeichnet ist. Die anfangs stark durch Hersteller
geprägten Erkenntnisse bzgl. strategischer Ausrichtung wurden später durch
handelsspezifische Arbeiten genauer auf die besonderen Anforderungen des LEH
ausgerichtet. Als Schwerpunkt ist vorerst eine Kernkompetenz des Handels, nämlich die
Vertriebslinie (Geschäftstyp oder Betriebsform) im Zentrum der Überlegungen
gestanden. In den letzten Jahren wurden jedoch alle strategischen Themen auch
verstärkt vom Handel professionell behandelt.
Der Handel hat schon seit der Antike mit einem Image-Malus zu kämpfen, der vor allem
durch die nicht sofort erkennbare Leistungserbringung von Handelsunternehmen
begründet werden kann. Umso wichtiger scheint die Notwendigkeit an einer
Verbesserung dieses Negativ-Images zu arbeiten. Durch die Erstellung einer Vision des
Unternehmens und des daraus resultierenden Leitbildes bzw. der ausreichenden
Kommunikation selbiger sollte ein wichtiger Schritt in Richtung Imageverbesserung
gesetzt werden (vgl. Mattmüller/Tunder 2004, S. 12-21).

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3.2. Strategische
Entscheidungen
Becker grenzt Marketingstrategie genau von Marketinginstrumenten (wie Produkt- oder
Preisgestaltung) ab. Er definiert Strategie als ,,speziell auf die Erreichung bestimmter
Positionen im Markt gerichtete" Planung von Rahmenbedingungen innerhalb eines
Unternehmens. Weiters nennt er den Markt- bzw. Umweltbezug als typisches Merkmal
von Strategien. Sie stellt die allgemeine Entwicklungsrichtung eines Unternehmens dar.
Auch wenn der Strategiebegriff zunehmend für andere Unternehmensbereiche wie
beispielsweise Personal-, Finanz- oder Beschaffungsstrategie verwendet wird, steht die
Marketingstrategie eines Unternehmens als Leitstrategie marktorientierter Führung des
Unternehmens im Mittelpunkt (vgl. Becker 2006, S 140 ­ 144).
Im Rahmen der zu erarbeitenden Marketingstrategie des Händlers stehen das zu
wählende Branding sowie die Entscheidung über die Zielgruppe im Vordergrund. Die
Entscheidung über die Zielgruppe stellt das Ergebnis einer segmentspezifischen
Marktbearbeitung dar. Auf dieser Basis werden neben preispolitischen die
sortimentspolitischen Weichen gestellt (vgl. Mattmüller/Tunder 2004, S.39 f.).
Die Anpassung von Unternehmensstrategien an den Markt bzw. an Kundenwünsche ist
in der heutigen Zeit Grundlage für langfristigen Erfolg. Nachdem das Angebot, im
Vergleich zu den 50er Jahren, gegenwärtig die Nachfrage übersteigt, ist es für
Unternehmen unerlässlich sich dem Diktat der Kunden zu unterwerfen, um deren
Bedürfnisse besser befriedigen zu können. Neben einer Reihe von
Umfeldveränderungen, mit denen Hersteller und Handel konfrontiert sind, nennt Becker
in der Kategorie der psychosozialen Veränderungen:
· Bedürfnisse (u.A. zunehmende Qualitätsansprüche)
· Life Style (u.A. Ausprägung spezifischer Stil- und Lebensmuster)
· Werte (u.A. Veränderungen im Wertgefüge wie z.B. ökologisches Bewusstsein,
Hedonismus, Individualisierung)
· Einstellungen (u.A. ausgeprägte zielgruppenspezifische Markenpräferenzen)
· Kritikfähigkeit (u.A. kritischere Haltung in Bezug auf Produkte und Anbieter)

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In der Kategorie der Verhaltensänderungen wird u.A. das hybride Kaufverhalten, also
das Kaufen von hochpreisigen Qualitätsprodukten auf der einen und der rein
preisorientierte Erwerb von Billig-Produkten auf der anderen Seite dargestellt (vgl.
Becker 2000, S. 1 f.).
Diesen Trends versuchen auch Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen
nachzukommen. Als Beispiel sei an dieser Stelle die aktuelle Kampagne von Billa
(REWE Gruppe) genannt, die unter dem Slogan ,,BILLA, sagt der Hausverstand" die
Orientierung an Qualität sowie Vertrauen und Verantwortung demonstrieren möchte
(vgl. Horizont 2007a, o.S.).
3.2.1. Retail Branding ­ Vertriebslinien als Marken
Die Besonderheit der Marke einer Vertriebslinie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich
das Konzept der Marke nicht nur auf einen Artikel oder eine Dienstleistung beschränkt
sondern für ein komplettes Sortiment und die durch das Handelsunternehmen
erbrachten Dienstleitungen sowie deren Positionierung steht. Ziel dieser Markierung ist
es, eine Differenzierung zum Mitbewerb und eine erhöhte Kundenbindung zu erreichen.
Im Idealfall tragen Retail Brands durch die von ihnen erbrachten und wahrgenommenen
Leistungen (Sortiment bestehend aus Hersteller- und ggf. Eigenmarken, Preisniveau,
Beratungsqualität, Freundlichkeit der Mitarbeiter, Sauberkeit, Warenpräsentation,
Übersichtlichkeit, Regalanordnung, Einrichtung, Wartezeiten) zu einer Präferenzbildung
beim Konsumenten und dadurch langfristig zum Unternehmenserfolg bei. Durch das
Branding von Vertriebslinien kann gezielt ein Image aufgebaut werden, das sich auf das
Leistungsspektrum der Handelsunternehmung überträgt und zu einer Quasi-
Alleinstellung führt. Als Beispiel für gelungenes Retail-Branding seien
Handelsunternehmen wie ALDI (Hofer), IKEA, H&M oder MediaMarkt genannt (vgl.
Mattmüller/Tunder 2004, S. 310 f.).
3.2.2. Segmentspezifische Marktbearbeitung
Mit der Festlegung der Zielgruppe und dem konkreten ,,Positioning", durch das diese
bestimmte Konsumentengruppe mithilfe des angebotenen Leistungsspektrums

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(Sortiment, Preisniveau, etc.) gezielt angesprochen wird, soll auch eine Differenzierung
der Positionierung zu Mitbewerbern erreicht werden. Ziel dieser Positionierung
gegenüber einer Zielgruppe ist es im vorhandenen Wettbewerbsgefüge einen
einzigartigen Platz in den Köpfen der Konsumenten zu beziehen, der in weiterer Folge
für bestimmte Eigenschaften des Unternehmens steht. Die
Positionierungsentscheidungen für ein Handelsunternehmen können sich sowohl auf
den Beschaffungs- als auch auf den Absatzmarkt beziehen, wobei beide aufeinander
einwirken. So stellt die Auswahl der Lieferanten in Bezug auf Qualität, Herkunft oder
Produktionsmethoden auch eine klare Positionierung gegenüber dem Absatzmarkt und
somit den Konsumenten dar. Als Beispiel kann hier der Fokus auf heimische Produkte
bei der Sortimentsgestaltung genannt werden. Die Sortimentsgestaltung hat demgemäß
einen starken Einfluss auf die Profilierung eines Handelsunternehmens, steht sie doch
für die Artikel und die damit verbundene Bedürfnisbefriedigung, die Konsumenten
motiviert ein bestimmtes Geschäft aufzusuchen (vgl. Mattmüller/Tunder 2004, S. 109 f.).
Die klassische Segmentierung nach demographischen Kriterien verliert auch im
Lebensmittelhandel zunehmend an Bedeutung, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass die
soziodemographische Gleichheit einer Zielgruppe noch lange nicht zu einem
gleichgerichteten Kauf- bzw. Konsumverhalten führt. Demzufolge richtet sich auch die
segmentspezifische Marktbearbeitung zunehmend nach Lifestyle-Clustern, die auf
Einstellungs- und Verhaltensmustern basieren. In der Folge können auch Retail-Brands
nach Lifestyle-Typologien ausgerichtet und positioniert werden (vgl. Becker 2006, S.
255 ­ 258).
4. Sortimentspolitik und Produktlistung
4.1. Der Begriff Sortiment
Die Gesamtheit der durch ein Handelsunternehmen angebotenen Waren (und je nach
Definition auch Dienstleistungen) nennt man Sortiment. Die geführten Waren sind zum
Großteil Güter aus der Massenproduktion (vgl. Oehme 2001, S. 127).

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Das Sortiment von Einzelhandelsunternehmen wird nach Gümbel (1963, S. 59) als ,,die
gedankliche Zusammenfassung der zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffenen
Auswahl verschiedenartiger selbständiger Sachleistungen zum Zweck der Verwertung
im Absatzmarkt, unter Einschluss der durch handelsübliche Manipulationen im Betrieb
neu entstandenen Sachleistungen" definiert.
Durch den Definitionsbestandteil ,,gedankliche Zusammenfassung" wird zum Ausdruck
gebracht, dass auch die anhand von Abbildungen und Mustern angebotene Ware, die
erst nach erfolgter Bestellung des Käufers tatsächlich beschafft wird, neben den real
vorhandenen Waren dem Sortiment zugeordnet wird. Man unterscheidet in der Praxis
zwischen Lager- und Bestellsortiment (vgl. Gümbel 1963, S. 58).
Da für Lebensmitteleinzelhändler die Sortimentsbildung im Normalfall nicht nur für einen
einzigen Zeitpunkt, sondern für eine Abfolge von mehreren Zeitpunkten erfolgt, hat die
Sortimentsbildung die Gestaltung einer zeitlichen Abfolge von zeitbezogenen Größen
zum Gegenstand (vgl. Gümbel 1963, S. 59). Demnach ist der Begriff Sortiment
zunächst immer auf einen Zeitpunkt bezogen und führt im Zeitablauf zu verschiedenen
Angebotssequenzen unterschiedlicher Ausprägungen.
Gümbel bezieht seine Sortimentsdefinition auf selbstständige Sachleistungen, die aus
einer übergeordneten Systematik von Absatzobjekten abgeleitet werden. Als
Absatzobjekte werden diejenigen Objekte bezeichnet, die im Absatzmarkt eines
Unternehmens gegen Entgelt verwertet werden. Grundtypen der selbstständigen
Absatzobjekte, also Objekte, deren Marktverwertung primäre Aufgabe des
Unternehmens ist, sind Sachleistungen, Dienstleistungen und Rechte. Die reinen
Grundtypen von Absatzobjekten können auch kombiniert werden. Für den
Lebensmitteleinzelhandel sind Sortiment und Fertigungsprogramme sowie Sortiment
und Dienstleistungen relevante Kombinationsmöglichkeiten (vgl. Gümbel 1963, S. 53-
55).

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Auch in der jüngeren Literatur werden Dienstleistungen als Teilbereich des Sortiments
in die Betrachtung mit einbezogen. So beschreibt Tietz das Sortiment als
Zusammensetzung aus Waren und Dienstleistungen oder aus einer Kombination von
Beidem (vgl. Tietz 1993, S. 323).
Der Begriff Sortiment ist dem Handel vorbehalten. Die Gesamtheit der Waren, die ein
Hersteller anbietet, bezeichnet man als Programm (vgl. Nieschlag et al. 2002, S. 98).
Für die vorliegende Studie wird die ältere Definition von 1963 durch Gümbel von dem
Autor für am besten geeignet empfunden, da eine Abgrenzung der durch den Handel
erbrachten Dienstleistungen und Fertigungsleistungen zu der rein
sortimentsgestaltenden Funktion getroffen wird.
4.2. Die
Sortimentspolitik
Der Zusammenfassung der Handelswaren zu einem bedarfgerechten Sortiment
verdankt ein Handelsunternehmen seine akquisitorische Wirkung. Hierbei stößt man auf
einen relevanten Ansatz zur Unterscheidung der Zielsetzung von Hersteller- und
Handelsmarketing. Während das Herstellermarketing durch den Einsatz seiner
absatzpolitischen Instrumente die Profilierung seines Produktes oder seines
Programms erreichen möchte, will der Handelsbetrieb die Nachfrage in seinem
Einsatzgebiet auf seine Betriebsstätte lenken. Er verfolgt somit das Ziel der
Betriebsstättenprofilierung, welche die Bedeutung des einzelnen Artikels im Sortiment
relativiert. Der einzelne Artikel erfüllt seinen Zweck im ganzheitlichen Sortiment das die
größtmögliche Anziehungskraft auf Konsumenten ausüben soll. Das einzelne Produkt
ist dadurch einem Substitutionsrisiko ausgesetzt. Man spricht von einer ,,Gatekeeper" -
Funktion des Handels, weil er als Regulator zwischen Produktion und Konsumption
agiert (vgl. Barth et al. 2002, S. 178 f.).
Oehme (vgl. 2001, S. 189) definiert Sortimentspolitik als ,,das bewusste Gestalten eines
geplanten Sortiments". Die Sortimentspolitik eines Handelsunternehmens kann somit
mit der Programmpolitik eines Herstellers verglichen werden. Sortimente können auch

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ohne Sortimentspolitik entstehen und sich aufgrund von Reaktionen auf Veränderungen
im Beschaffungs- oder Absatzmarkt entwickeln. Ein auf diese Art und Weise
entstandenes Sortiment nennt man gewachsenes Sortiment. Streng genommen kann
man in diesem Fall nicht von Sortimentspolitik sprechen.
Die Sortimentspolitik stellt im Handelsmarketing eine dominierende Rolle dar. Eine
wesentliche Aufgabe der Sortimentspolitik liegt darin, ,,durch eine zielgerichtete Auswahl
aus allen Warenbereichen das akquisitorische Potential der Handelsunternehmung zu
erhöhen, um eine höchstmögliche Anziehungskraft auf die aktuellen und potentiellen
Kunden auszuüben" (Möhlenbruch 1994, o.S. zitiert nach Mattmüller/Tunder 2004, S.
189).
In der qualitativ angelegten Handel & Marketing-Supermarkt-Studie des Instituts für
Handel und Marketing aus dem Jahr 2005 wurde auf die Frage ,,Nennen Sie fünf
Maßnahmen, mit denen sich der Supermarkt gegenüber dem Diskonter differenzieren
kann" mit einer Häufigkeit von 60% an dritter Stelle der Gestaltungsbereich Sortiment
genannt. Abbildung 4 zeigt die fünf am häufigsten genannten, ungestützten Antworten
(vgl. Schnedlitz 2006, S. 49).

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Abbildung 4: Differenzierungsmöglichkeiten des Supermarktes aus Sicht der
Handelsmanager
Quelle: In Anlehnung an Schnedlitz 2005, S. 194, zitiert nach Schnedlitz 2006, S. 49
Durch die Gestaltung des Sortiments festigt der Einzelhändler seine Stellung in der
Handelsbranche und die Charakteristik seiner Tätigkeit. Ein wesentliches Aktionsprinzip
bei Sortimentsentscheidungen einer Handelsunternehmung stellt die Orientierung am
Bedarf sowie die daraus resultierende Gestaltung der Sortimentsdimensionierung dar.
Neben der Preispolitik kann die Sortimentspolitik unter den heute in der Regel
vorherrschenden Wettbewerbsbedingungen als das dominierende Instrument des
Handelsmarketings gesehen werden. Durch die passende Auswahl von Produkten aus
den zur Verfügung stehenden Warenbereichen ergibt sich das akquisitorische Potential
des Sortiments als Hauptaufgabe der Sortimentspolitik. Diese Anziehungskraft
potentieller Kunden kann nur durch die Ausübung einer zielgerichteten Sortimentspolitik
erreicht werden. Darüber hinaus muss ein Handelsunternehmen die Sortimentspolitik
von Unternehmen, die im eigenen Wettbewerbsfeld stehen, besonders berücksichtigen.

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Demnach sollte vermieden werden, dass von konkurrierenden Unternehmen gleiche
Produkte günstiger angeboten werden oder in Kombination mit begleitenden
Dienstleistungen insgesamt ein attraktiveres Angebot erzeugen (vgl. Barth et al. 2002,
S. 177 f.).
Ein weiterer zu beachtender Aspekt, der auch die Relevanz der Sortimentsplanung und
­politik unterstreicht, ist die Tatsache, dass bei Handelsunternehmen durch die
Warenbestände relativ große Kapitalbeträge (die durchschnittliche Kapitalbindung durch
Warenbestand im deutschen Einzelhandel beträgt ungefähr 40%) gebunden sind.
Veränderungen im Sortiment haben außerdem einen wesentlichen Einfluss auf die
Erlöserzielung von Handelsbetrieben (vgl. Müller-Hagedorn 2001, S. 157).
4.2.1. Gliederung des Sortiments
Das Sortiment gliedert sich in Kategorien, die für den Handel unterschiedliche Rollen
spielen. So lässt sich das Sortiment nach ECR-Definition in folgende Teilkategorien
gliedern:
· Profilierungskategorie: In dieser ,,Zielkategorie" möchte das
Handelsunternehmen seinen Kunden das beste Angebot bieten. Es ist dies der
Sortimentsteil, durch den sich der LEH von Mitbewerbern unterscheiden möchte
und seinem Betriebstyp einen typischen Charakter verleiht. Es umfasst etwa 10
bis 15% der Artikel eines Supermarktes und ist durch häufigere Aktionen mittels
Preisreduktion gekennzeichnet, was durch das erhöhte Preisbewusstsein der
Konsumenten in diesem Sortimentsteil zu begründen ist. Der Ertrag in der
Profilierungskategorie kann (muss aber nicht) für den Händler geringer sein als
bei Routinekategorien. Zusammenfassend kann man sagen, dass die
Vertriebsschiene in diese Kategorie investiert, da die Warengruppen folgende
Eigenschaften aufweisen, welche die Organisation für sich nutzen kann: Image,
Ertrag, Frequenz, exklusives Sortiment, Kundenstruktur und attraktive
Einkaufskörbe. Die Zielsetzung der Profilierungskategorie lautet
Marktanteilsausbau.

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· Routinekategorie: Zusammen mit der Profilierungskategorie hat die
Routinekategorie rund 80% Relevanz im LEH, wobei tendenziell in der
Routinekategorie jenes Geld verdient wird, das in Profilierungskategorien
investiert wird. Mit den Produkten dieser Kategorie, die durch hohe
Umschlagshäufigkeit gekennzeichnet ist, offeriert die Vertriebsschiene ein
,,normales" Standard-Angebot und erwirtschaftet den Großteil seines Umsatzes.
Die Zielsetzung der Routinekategorie ist Effizienz und Ertrag.
· Saisonkategorie: Beschreibt Sortimentsteile, die im Verlauf eines Jahres in
verschiedenen Saisonen wechseln. Klassische Beispiele sind Weihnachts- und
Ostersortiment oder Sommerartikel aus dem Bereich Sonnenschutz. In dieser
Kategorie wird den Erwartungen des Konsumenten entsprochen, wobei eine
Tendenz zur Ausweitung sowie zu früheren Startterminen dieser saisonalen
Zeiträume zu beobachten ist.
· Conveniencekategorie: Umschreibt Zusatzartikel, die vom Konsumenten nicht
unbedingt erwartet werden, ihm den Bedarfsdeckungsvorgang jedoch
erleichtern. Als Beispiel sei an dieser Stelle Grillkohle genannt. Artikel aus der
Conveniencekategorie werden im Verkaufsraum positioniert, wo Platz vorhanden
ist und können auch ohne größere Umstände wieder ausgelistet werden.
(vgl. Maurer, 2007, o.S.)
4.2.2. Sortimentsdimensionen
Als Abgrenzungskriterien zwischen Sortimentsbreite und -tiefe werden die
Auswahlmöglichkeiten aus Kundenperspektive herangezogen. Die Sortimentsbreite
stellt das Spektrum jener Waren dar, durch die der Konsument additive Bedürfnisse
befriedigen kann. Ein Sortiment wird also als breit wahrgenommen, wenn es
verschiedene Warenbereiche umfasst. Im Gegensatz dazu bietet ein tiefes Sortiment
dem Konsumenten die Wahlmöglichkeit mehrerer Alternativen innerhalb einer
Warengruppe. Die Tiefe des Sortiments beschreibt somit den Grad der Differenzierung
verschiedener Artikel innerhalb einer Kategorie. Demzufolge bietet ein Fach- oder
Spezialhändler ein eher enges Sortiment mit einer großen Auswahl an
Bedürfnisbefriedigungsalternativen. Anders verhält es sich bei Vollsortimenten, welche

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die Befriedigung verschiedener Bedürfnisse ermöglichen, jedoch weniger Alternativen
zur Bedürfnisbefriedigung bieten.
Wie Abbildung 5 zeigt, ergeben sich fünf Entscheidungsbereiche zur Sortimentsstruktur.
Diese ergeben sich durch die Möglichkeit Breite und Tiefe zu straffen oder zu erweitern
und zusätzlich durch die Beibehaltung der Sortimentsstruktur (vgl. Mattmüller/Tunder
2004, S. 192 f.).
Abbildung 5: Entscheidungsbereiche der Sortimentsstruktur
Quelle: Mattmüller / Tunder 2004, S. 193
4.2.2.1. Entscheidungen in der Sortimentsbreite
Durch die Aufnahme von zusätzlichen Warenkomplexen in ein bestehendes Sortiment
führt ein Handelsunternehmen eine Sortimentserweiterung durch. Beispielsweise kann
das Aufnehmen von Küchenwerkzeugen durch einen Lebensmittelhändler als
Erweiterung der Sortimentsbreite bezeichnet werden. Dabei wird kein neues

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strategisches Geschäftsfeld erschlossen sondern vielmehr innerhalb des strategischen
Geschäftsfeldes erweitert. Die Erweiterung erfolgt durch Sortimentsbestandteile, die zu
dem bisherigen Sortiment durch inhaltliche Nähe und Komplementarität charakterisiert
sind. Somit kann die Sortimentserweiterung als Maßnahme in der Breite von einer
Angebotsdiversifikation und den damit verbundenen weitreichenderen strategischen
Konsequenzen abgegrenzt werden. Die zur Erweiterung gegensätzliche Maßnahme
liegt in Form der Sortimentsstraffung vor. Hierbei werden Kategorien aus dem Sortiment
entfernt. Grund dafür kann mangelnde Flächenproduktivität sein oder weil auf die
Verbundwirkung mit dem verbleibenden Sortiment verzichtet werden kann. Auch hier ist
eine Abgrenzung zur Unternehmensstrategie der Reduktion zu ziehen. Die Reduktion
führt zur Auflösung eines strategischen Geschäftsfeldes. Die Sortimentsstraffung
hingegen passiert innerhalb eines verbleibenden Geschäftsfeldes, das lediglich in der
additiven Ausprägung gestrafft wird (vgl. Mattmüller/Tunder 2004, S. 193 f.).
4.2.2.2. Entscheidungen in der Sortimentstiefe
Die Auswahlmöglichkeit alternativer Artikel innerhalb eines Warenkomplexes wird durch
die Sortimentstiefe repräsentiert. Durch die Aufnahme von weiteren Packungsgrößen
oder Geschmacksrichtungen von Produkten im Sortiment eines Lebensmittelhändlers
und die daraus resultierende Erweiterung der Tiefe führt damit zu einer
Sortimentsdifferenzierung. Im Gegensatz dazu wird die Verringerung der Tiefe als
Sortimentsstandardisierung bezeichnet. Durch die Veränderung der Tiefendimension
kann weder die Bildung eigenständiger Geschäftsfelder noch deren Reduktion
vollzogen werden. Dies macht die Abgrenzung zu den beiden Unternehmensstrategien
Diversifikation und Reduktion relativ leicht (vgl. Mattmüller/Tunder 2004, S. 194).
4.2.3. Einflussfaktoren der Sortimentspolitik
4.2.3.1. Sortimentsumfang
In den letzten Jahrzehnten hat der LEH eine Entwicklung durchgemacht, die durch eine
starke Zunahme der Artikelzahlen und einer Ausweitung der Verkaufsfläche
gekennzeichnet war. Trotzdem konnte mit der steigenden Zahl der durch Hersteller
angebotenen Artikel nicht mitgehalten werden. In der Folge wurde bei Diskontern vor

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allem die Sortimentsbreite und bei Verbraucher- und Supermärkten die Sortimentstiefe
ausgeweitet. Die Steigerung der Sortimentsbreite ist für den Händler im Allgemeinen
attraktiver als eine Sortimentsvertiefung, weil somit für den Konsumenten ein größeres
Bedarfsspektrum abgedeckt werden kann und dadurch auch neue (potentielle)
Kundenkreise angesprochen werden können.
Im Gegensatz dazu haben die Diskonter
bewiesen, dass durch ein straffes Sortiment (vor allem durch geringe Tiefe) erhebliche
Kostenvorteile erreicht werden, was wiederum durch Weitergabe niedriger Preise an
den Konsumenten einen Wettbewerbsvorteil bedeutet. Einen allgemein gültigen
,,optimalen Sortimentsumfang" gibt es nicht, für die jeweilige Zielgruppe und Rolle des
einzelnen Konsumenten jedoch schon. Die bestimmenden Faktoren für den
Sortimentsumfang sind im LEH an erster Stelle der Betriebstyp und an zweiter Stelle die
verfügbare Verkaufsfläche. Ein Hard Diskonter führt im Allgemeinen nur etwa 1.000
Artikel, während der Supermarkt bei gleicher Verkaufsfläche (400 bis 600 m
2
) 5.000 bis
6.000 Artikel führt. Ein Verbrauchermarkt mit einer Verkaufsfläche von rund 3.000 m
2
bietet 15.000 bis 20.000 Artikel an. Der vergrößerte Sortimentsumfang des
Verbrauchermarktes ist neben einem tieferen Food-Sortiment besonders stark auf das
breitere Non-Food-Angebot zurückzuführen (vgl. Jauschowetz 1995, S. 96).
4.2.3.2. Marktwirkung und Ergebniswirkung
Die betriebstypenspezifische Zusammensetzung des Profilierungssortiments, das nur
einen Ausschnitt aus dem Gesamtangebot darstellen kann, steht im Mittelpunkt der
Sortimentspolitik. Für die Sortimentsfestlegung werden folgende zwei Kriterien als
Bestimmungsfaktoren herangezogen: Die Ergebniswirkung und die Marktwirkung.
Die Ergebniswirkung wird durch die Spanne oder den Rohertrag einzelner Produkte
oder Kategorien ausgedrückt. Die direkte Produktrentabilität ist eine Kennzahl, die
durch die Kostenträgerrechnung das Ergebnis jedes einzelnen Produktes beschreibt. Im
LEH bestehen in der Regel sehr klare Vorstellungen darüber, welche Produktivität dem
einzelnen Regalmeter zugerechnet werden kann.
Als zweiter Bestimmungsfaktor dient die Marktwirkung einzelner Sortimentsteile bzw.
von einzelnen Artikeln innerhalb einer Kategorie. Unter Marktwirkung darf jedoch nicht

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nur die Verkaufshäufigkeit eines Artikels gesehen werden sondern auch
handelsbezogene Kriterien. Diese sind zum Beispiel die betriebstypenspezifische
Eignung, die Verbundwirkung im Sortiment bzw. Ansprüche an Qualität, Herkunft,
Produktionsbedingungen und Umweltverträglichkeit.
Ergebniswirkung und Marktwirkung sind interdependent und können nicht von einander
losgelöst betrachtet werden. Wenn die Ergebniswirkung zu stark in den Vordergrund
gestellt wird, so werden zwangsläufig Akzeptanzprobleme beim Konsumenten
entstehen. Eine reine Orientierung an der Marktwirkung führt wiederum fast
automatisch in die Verlustzone. Der auf den ersten Blick negative Effekt einer hohen
Spanne verbunden mit geringer Verkäuflichkeit eines Artikels, kann sehr schnell durch
die zu geringe Spanne eines Schnelldrehers übertroffen werden (vgl. Jauschowetz
1995, S. 96f).
4.2.3.3. Kriterien für die Marktwirkung
Für die Messung der Marktwirkung von Sortimentsteilen (Kategorien oder einzelne
Artikel) können zwei Dimensionen betrachtet werden. Die eine Dimension gibt den
Anteil des LEH-Unternehmens in einer Kategorie oder eines Artikels am Gesamtumsatz
des Marktes an. Diese Messgröße ist Indikator für die Marktwirkung des
Handelsunternehmens auf Warengruppenebene. Die zweite Dimension zeigt die
Marktwirkung von Kategorien in Relation zum Umsatz der Handelsunternehmung oder
des gesamten LEH. Normalerweise wird diese Analyse auf Artikelebene durchgeführt,
wobei hier meistens der Anteil des Artikels am Umsatz homogener Sortimentsteile
(Warengruppen oder Warengruppensegmente) ermittelt wird. Diese Messung dient der
Feststellung der Marktwirkung einzelner Artikel. Der Marktanteil bzw. der Umsatzanteil
(bei interner Sortimentsanalyse) stellt, weil er das tatsächliche Konsumentenverhalten
widerspiegelt, die wesentlichste Messgröße dar. Für die Sortimentspolitik im LEH sind
jedoch noch eine Reihe weiterer Marktwirkungsfaktoren von Bedeutung. Diese Kriterien
bestimmen neben der Konsumentenakzeptanz, ausgedrückt in konkreten Kaufakten
und damit in handfesten Marktanteilen, die Stellung eines Produktes am Markt.

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· Spontaner Bekanntheitsgrad (,,share of mind"): Definiert den Anteil der
ungestützten Antworten auf die Frage: ,,Wenn Sie (z.B.) an Schokolade denken,
welche Marken fallen Ihnen dazu ein?" Ein bekanntes Phänomen ist die hohe
Korrelation dieses Wertes mit dem tatsächlichen Marktanteil einer Marke. Dies ist
leicht erklärt, da sich die Stärke einer Marke vor allem im Bekanntheitsgrad
ausdrückt.
· Werbeanteil (,,share of voice"): Beschreibt den Anteil der Bruttowerbeausgaben,
also den quantitativen Werbedruck einer Marke im Vergleich zum Gesamtmarkt.
Ein Nachteil ist darin zu sehen, dass bei der Ermittlung der Werbeausgaben nur
klassische Werbeaktivitäten betrachtet werden und sämtliche ,,below-the-line"
Aktivitäten sowie Trade-Marketing-Aktivitäten unberücksichtigt bleiben.
· Image: Dieser qualitative Faktor steht im Zusammenhang mit der
betriebstypenbestimmenden und standortbezogenen Funktion des Sortiments.
So kann es für einen Supermarkt mit Lage im Zentrum Sinn machen, mehrere
bekannte Champagner-Marken zu führen, wenngleich weder der Lagerumschlag
noch andere Marktwirkungskriterien dafür sprechen.
· Käuferreichweite und -struktur: Bei diesem Kriterium wird der Umstand
betrachtet, dass nicht alle Artikel bzw. Kategorien für das gesamte
Kundenpotential in Frage kommen. So ist beispielsweise Katzenfutter nur für
jene Konsumenten interessant, die auch tatsächlich eine Katze haben. Auch
wenn der Anteil dieser Kunden insgesamt gering ist, handelt es sich in dieser
Kategorie meist um Intensivverwender, was das Führen von Katzenfutter
wiederum sinnvoll erscheinen lässt.
· Preisbewusstsein und Preiselastizität: Diese Kriterien sind, wie die allgemeine
Preissituation bestimmter Artikel im Handel, für die sortimentspolitische
Steuerung ebenso von Bedeutung. In diesem Punkt kommt die
Wechselbeziehung von Marktwirkung und Ergebniswirkung besonders deutlich
zum Ausdruck. Wenn man Produkte betrachtet, die dem LEH bevorzugt für
Sonderangebote dienen, bewirkt dieser Umstand einerseits Freude beim
Hersteller über mögliche Zugewinne bei Umsatz und Marktanteil andererseits
steht der Handel diesen Produkten wegen des hohen Preisbewusstseins beim

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Konsumenten und der damit oft verbundenen geringen Spannen weniger positiv
gegenüber.
· Verbundenheit im Sortiment: Das Prinzip der Sortimentsverbundenheit zählt
ebenfalls zur Marktwirkung. Es beschreibt, dass auch Artikel mit keinem oder
sehr geringem Deckungsbeitrag indirekt über das akquisitorische Potential die
Situation eines Handelsbetriebes verbessern können.
· Qualität und Umweltverträglichkeit: Die Funktion des ,,Gatekeepers" bringt es in
der Betrachtung durch den Konsumenten mit sich, dass neben Frische und
Qualität auch die Umweltverträglichkeit von Artikeln (Verpackung, Inhalt) durch
den Handel geprüft werden muss. Diese Marktwirkungsdimension hat in den
letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen.
· Sozialethische Verantwortung: Das Ökologiebewusstsein ist in Mitteleuropa
bereits relativ stark ausgeprägt. Darüber hinaus können auch weltanschauliche
Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Beispielsweise hat Migros lange Zeit keine
alkoholischen Getränke und Tabakwaren im Sortiment gehabt. Ein weiteres
Bespiel mit anderem Zugang stellt das Buch ,,Shopping For A Better World" von
Alice Tepper Marlin dar. Es erschien erstmals 1989 und ist bis 1995 bereits mit
einer Auflage von weit über einer Million verkauft worden. Dieser ,,Einkaufsführer"
beinhaltet die Bewertung von 150 Herstellern von 2.400 Produkten nach
sozialethischen Kriterien wie:
· Verhält sich die Firma umweltfreundlich?
· Ist die Buchführung offen und ehrlich?
· Kommen Frauen und Angehörige von Minderheiten in der Herstellerfirma
zum Zug?
· Betreibt die Firma Tierexperimente (z.B. bei Kosmetika)?
· Kommt die Belegschaft in den Genuss einer familienfreundlichen
Geschäftspolitik?
· Zweigt die Firma einen Teil des Gewinns für gemeinnützige Zwecke ab?
· Produziert die Firma Rüstungsgüter, steuert sie zur Nuklearindustrie bei?
· Kümmert sich die Firma um soziale Belange ihrer Standortgemeinde?

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836617376
DOI
10.3239/9783836617376
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FHWien der WKW – Marketing & Sales
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
1,0
Schlagworte
lebensmitteleinzelhandel corporate social resposibility sortiment category management nachhaltigkeit
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