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Non-Performing Loans in Deutschland

Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing

©2007 Bachelorarbeit 113 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Schwache Konjunktur und fortschreitende Globalisierung haben die deutsche Kreditwirtschaft in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt. Aufgrund vieler Unternehmens- und Privatinsolvenzen hat sich bei den Banken ein großer Bestand an notleidenden Krediten (Non-Performing Loans, -NPL) angesammelt, die nicht mehr bedient werden. Diese belasten die Bilanzen und binden finanzielle und personelle Ressourcen.
Darüber hinaus ist durch die neuen Eigenkapitalvorschriften (Basel II), die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den wachsenden Ertragsdruck seitens der Kapitalmärkte, bei den Banken ein erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich ihrer NPL und den dahinter stehenden Sicherheiten (meist Immobilien) entstanden. Deshalb entschließen sich Banken seit ein paar Jahren immer häufiger, notleidende Kredite mit einem Abschlag zu veräußern und überlassen es anderen Instituten oder Investoren, die Forderungen zu realisieren.
NPL-Transaktionen gehören heute auch in Deutschland zum Geschäftskreis jeder größeren Bank. Dabei ist die Abwicklung notleidender Kredite keine neue Erscheinung. Schon 2003 lag die Höhe der Wertberichtigungen im deutschen Bankensektor bei rund 23,4 Mrd. Euro. Neu sind allerdings einige Modelle des Outsourcing und des Verkaufs, die in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren entwickelt wurden.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll die Frage stehen, welche konkreten Handlungsoptionen den Banken für das Management von NPL zur Verfügung stehen. Neben dem klassischen institutsinternen Kreditabwicklungsmanagement (Work-Out) werden zunehmend die Optionen eines Verkaufs von NPL oder das Outsourcing dieser Kredite für deutsche Banken interessant. Die vierte Handlungsalternative der Verbriefung der Forderungen steckt in Deutschland z.Zt. noch in der Entwicklungsphase und wird daher nicht berücksichtigt.
Ziel dieser Arbeit ist es, die oben genannten Handlungsoptionen zunächst vorzustellen, um sie dann vergleichend zu betrachten, so dass Aussagen über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Optionen möglich sind. Zudem werden die typischen Abläufe einer NPL-Transaktion unter Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing näher beleuchtet. Dabei wird die Rolle eines Servicers vertieft dargestellt.
Die Arbeit gliedert sich in folgende sechs Abschnitte.
In Kapitel B werden die fachspezifischen Begriffe erläutert, die historischen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Ulrich Bitterling
Non-Performing Loans in Deutschland
Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing
ISBN: 978-3-8366-1736-9
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis... I
Abbildungsverzeichnis...III
A.
Einleitung ... 1
B.
Thematische und begriffliche Abgrenzungen ... 3
1. Definitionen ... 3
2. Die historische Entwicklung des NPL-Marktes in den USA, Asien und Europa . 6
3. Der Markt in Deutschland... 10
4. Gesetzliche Rahmenbedingungen ... 14
4.1. Rechtliche Analyse des Portfolios... 14
4.2. Die Übertragung von NPL-Portfolios ... 15
4.3. Sicherungsrechte ... 17
4.4. Interessenschutz des Kreditnehmers ... 17
C.
Die Behandlung von NPL innerhalb der Kreditinstitute... 21
1. Normal- und Intensivbetreuung ... 22
2. Problemkreditbearbeitung... 26
3. Vorteile der institutsinternen Problemkreditbearbeitung... 32
4. Nachteile der institutsinternen Problemkreditbearbeitung... 33
D.
Outsourcing der Problemkreditbearbeitung ... 35
1. Aufsichtsrechtliche Regelungen ... 36
2. Bilanzunwirksame Auslagerung ... 38
1.1. Sanierung... 38
1.2. Abwicklung ... 40
1.3. Inkasso... 40
3. Bilanzwirksame Auslagerung ... 42
4. Möglichkeiten und Risiken des Outsourcing ... 43
E.
Veräußerung eines NPL-Portfolios ... 45
1. Der Transaktionsprozess und seine Parteien... 45
2. Zeitlicher Ablauf einer NPL-Transaktion ... 47
2.1. Vorbereitung... 48

2.2. Indikation... 49
2.3. Due Diligence... 50
2.4. Vertragsverhandlung ... 53
2.5. Vertragsdurchführung ... 54
3. Chancen und Risiken bei der Veräußerung notleidender Kredite... 55
3.1. Motive des Verkäufers ... 55
3.2. Motive des Käufers ... 60
F.
Bearbeitung der NPL durch einen Servicer ... 62
1. Rolle und Aufgaben eines Servicers ... 62
2. Das Servicing ... 65
2.1. Interim Servicing (Pre-Closing) ... 65
2.2. Closing (Transfertag) ... 66
2.3. Post Closing... 66
2.4. Asset Management ... 67
3. Aufgabenbereiche des Asset Managements... 68
3.1. Die laufende Verwaltung... 68
3.2. Die Verwertung ... 70
4. Vorteile eines Servicers gegenüber einer bankinternen Work-Out-Abteilung ... 73
5.
Die ,,SGK mbH" als Beispiel für einen Servicer... 75
G.
Gegenüberstellung der Handlungsalternativen ... 80
H.
Fazit und Ausblick... 82
I.
Anhang ... 86
J.
Literaturverzeichnis... 99

I
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BHI
Bad Homburg Inkasso GmbH
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
d.h.
das heißt
et.al.
und
andere
etc.
et 'cetera
evtl.
eventuell
EWB
Einzelwertberichtigung
f.
folgende
ff.
fort folgende
ggf.
gegebenenfalls
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg.
Herausgeber
insg.
insgesamt
InsO
Insolvenzordnung
IT
Informationstechnologie
i.V.m.
in Verbindung mit
KWG
Kreditwesengesetz
lt.
laut, gemäß, entsprechend
MaK
Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft
MaRisk
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
Mio.
Millionen

II
Mrd.
Milliarden
n.a.
nicht
angegeben
Nord/LB
Norddeutsche Landesbank
NPL
Non-Performing Loans
o.g.
oben
genannt
OSGV
Ostdeutscher Sparkassen- und Giroverband
SGK
Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH
sog.
sogenannt
UmwG
Umwandlungsgesetz
u.a.
unter
anderem
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
West/LB
Westdeutsche Landesbank AG
z.B.
zum Beispiel
ZPO
Zivilprozessordnung
z.T.
zum
Teil

III
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1 Ländervergleich der NPL-Marktvolumen... 8
Abb. 2 Kreditvolumen und Anteil an NPL in Deutschland... 13
Abb. 3 Geschäftsprozess für die Betreuung von Problemkrediten... 22
Abb. 4 Kriterien zur Erfolgsmessung bei der Betreuung von
Problemkrediten in Banken... 29
Abb. 5 Prozessskizze (NPL-Verkauf)... 46
Abb. 6 Phasen des NPL-Verkaufs... 48
Abb. 7 Antriebsfaktoren und Negativaspekte beim Verkauf von NPL... 59
Abb. 8
Verwertungsstrategien... 71
Abb. 9 Gesellschafterstruktur der SGK... 76
Abb. 10 SGK Organigramm (April 2007)... 80
Abb. 11 Gegenüberstellung der Handlungsalternativen
für den Umgang mit NPL... 82

1
A. Einleitung
Schwache Konjunktur und fortschreitende Globalisierung haben die deutsche
Kreditwirtschaft in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt. Aufgrund vieler
Unternehmens- und Privatinsolvenzen hat sich bei den Banken ein großer Bestand an
notleidenden Krediten (Non-Performing Loans
1
, -NPL) angesammelt, die nicht mehr
bedient werden. Diese belasten die Bilanzen und binden finanzielle und personelle
Ressourcen.
2
Darüber hinaus ist durch die neuen Eigenkapitalvorschriften (Basel II), die
Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den wachsenden Ertragsdruck seitens der
Kapitalmärkte, bei den Banken ein erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich ihrer NPL
und den dahinter stehenden Sicherheiten (meist Immobilien) entstanden. Deshalb
entschließen sich Banken seit ein paar Jahren immer häufiger, notleidende Kredite mit
einem Abschlag zu veräußern und überlassen es anderen Instituten oder Investoren, die
Forderungen zu realisieren.
NPL-Transaktionen gehören heute auch in Deutschland zum Geschäftskreis jeder größeren
Bank. Dabei ist die Abwicklung notleidender Kredite keine neue Erscheinung. Schon 2003
lag die Höhe der Wertberichtigungen im deutschen Bankensektor bei rund 23,4 Mrd.
Euro.
3
Neu sind allerdings einige Modelle des Outsourcing und des Verkaufs, die in
diesem Zusammenhang in den letzten Jahren entwickelt wurden.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll die Frage stehen, welche konkreten Handlungsoptionen
den Banken für das Management von NPL zur Verfügung stehen. Neben dem klassischen
institutsinternen Kreditabwicklungsmanagement (Work-Out) werden zunehmend die
Optionen eines Verkaufs von NPL oder das Outsourcing dieser Kredite für deutsche
Banken interessant. Die vierte Handlungsalternative der Verbriefung der Forderungen
steckt in Deutschland z.Zt. noch in der Entwicklungsphase und wird daher nicht
berücksichtigt.
1
Im Folgenden NPL.
2
Vgl. Jobe / Stachuletz, S.4.
3
Vgl. Schneider / Stegemann, S. 797.

2
Ziel dieser Arbeit ist es, die oben genannten Handlungsoptionen zunächst vorzustellen, um
sie dann vergleichend zu betrachten, so dass Aussagen über die Vor- und Nachteile der
jeweiligen Optionen möglich sind. Zudem werden die typischen Abläufe einer NPL-
Transaktion unter Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing
näher beleuchtet. Dabei wird die Rolle eines Servicers vertieft dargestellt.
Die Arbeit gliedert sich in folgende sechs Abschnitte.
In Kapitel B werden die fachspezifischen Begriffe erläutert, die historischen Hintergründe
skizziert und schließlich der deutsche Markt mit seinen gesetzlichen Rahmenbedingungen
dargestellt.
In Kapitel C wird der bankinterne Umgang mit Unternehmenskrediten beleuchtet. Vor-
und Nachteile dieser Art der Kreditbearbeitung werden anschließend gegenüber gestellt.
Zur Veranschaulichung wird zudem der Prozess von der Kreditvergabe bis zum
Unternehmenskreditverkauf anhand eines praktischen Beispiels näher beschrieben.
Im darauf folgenden Kapitel D werden die Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf die
Auslagerung der Problemkreditbearbeitung aufgezeigt, welche sich in bilanzwirksame und
bilanzunwirksame aufgliedern. Mit der Darstellung der dabei zu beachtenden
Möglichkeiten und Risiken des Outsourcing schließt das Kapitel.
Kapitel E beschäftigt sich mit den einzelnen Phasen des Verkaufs von NPL, wobei die
Marktteilnehmer und deren Motivationen gesondert vorgestellt werden.
Die anschließende Bearbeitung der NPL durch einen Servicing-Dienstleister ist Inhalt von
Kapitel F, in welchem Funktionen und Aufgaben eines Servicers sowie die Phasen des
Servicing beschrieben werden. Die Vorteile eines Servicers gegenüber einer bankinternen
Work-Out-Abteilung und die SGK Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH als
Beispiel ergänzen die Ausführungen zum Servicing.
In Kapitel G werden die zuvor erläuterten Handlungsoptionen gegenübergestellt.
Abschließend fasst Kapitel H die gewonnen Erkenntnisse zusammen und gibt einen
Ausblick auf die weitere Marktentwicklung in Deutschland und die damit verbundene
Entwicklung des Servicing.

3
B. Thematische und begriffliche Abgrenzungen
1. Definitionen
Non-Performing Loans
Der Begriff ,,Non-Performing Loan" wird in der bankbetrieblichen Praxis gleichbedeutend
mit ,,Problemkredit", ,,notleidender Kredit", ,,Distressed Loan", ,,Bad Loan", ,,Defaulted
Debt" und ,,Distressed Debt" verwendet. Der englische Begriff ,,Non-Performing" lässt
sich mit ,,Nichtleistung" übersetzen.
4
Dabei handelt es sich vor allem um Kredite, bei
denen es zu Zahlungsproblemen bei der Bedienung des Darlehens kommt, sei es aus
fehlender Zahlungswilligkeit oder aus Zahlungsunfähigkeit. Aus juristischer Sicht bedeutet
dies, dass NPL schon gekündigt oder kündbar sind. Kreditengagements, bei denen die
Schuldner ihrer Zahlungspflicht nur beschränkt nachkommen, werden als ,,Sub-Performing
Loans" bezeichnet.
5
Trotz der unterschiedlichen Begriffsbezeichnungen sind in beiden
Fällen stets der wirtschaftliche (Insolvenz oder Zahlungsstörung) und der rechtliche (z.B.
gekündigtes Vertragsverhältnis) Status des Engagements zu klären.
6
Eine allgemein gültige
einheitliche Definition eines ,,notleidenden Kredits" gibt es in Deutschland bisher jedoch
nicht.
In dieser Arbeit soll der Begriff wie folgt verstanden werden: NPL sind Forderungen, bei
denen nicht mehr mit einer planmäßigen Zahlung bei Fälligkeit gerechnet werden kann.
Somit beinhaltet diese Definition sowohl notleidende Kreditforderungen, die auf Grund
von Leistungsstörungen bereits gekündigt sind, als auch solche, bei denen
Kündigungsgründe eingetreten sind. Unter Umständen können dabei insolvenzrechtliche
Tatbestände eine Rolle spielen.
Die Banken und die potentiellen Käufer von NPL nehmen die Einstufung der Kredite in
der Regel nach wirtschaftlichen Kriterien vor, bei denen die Frage nach dem Zeitraum des
4
Vgl. Theewen, S. 106.
5
Vgl. Froitzheim et.al., S. 38.
6
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 249 f.

4
Zahlungsverzuges eine große Rolle spielt. Ein Kredit wird grundsätzlich dann als ,,non
performing" beurteilt, wenn fällige Zahlungen in einem Zeitraum von ca. 180 Tagen nicht
geleistet wurden.
7
Outsourcing
Der Begriff ,,Outsourcing" soll in diesem Zusammenhang so verstanden werden, dass nicht
nur einzelne Aufgaben (des technischen Abwicklungsprozesses) auf eine andere juristische
Person übertragen werden, sondern das diese eine allein verantwortliche Realisierung der
NPL und die Betreuung der Kreditkunden übernimmt. Das bedeutet, dass die gesamte oder
große Teile der Problemkreditbearbeitung auf einen, nicht dem Unternehmensverbund
angehörigen Dritten übertragen werden. Somit haben die Banken die Möglichkeit, sich
allein auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Es wird in dieser Arbeit zu zeigen sein, dass Outsourcing erhebliche Perspektiven beim
Umgang mit unrentablen Krediten eröffnet, da es die produktive Nutzung externer
Sanierungs- und Abwicklungs-Know-hows ermöglicht, Rückführungserfolge erheblich
steigern kann und potentielle Kostensenkungen erreicht werden könnten.
Momentan liegen deutsche Banken bei der Entwicklung des Outsourcing Marktes noch
weit hinter dem angelsächsischen Raum zurück. Dort ist die ,,Industrialisierung des
Bankgeschäfts" im Bereich standardisierter Prozesse weit fortgeschritten, da die
Problemkreditbearbeitung nicht zur Kernkompetenz der meist auf Vertrieb ausgerichteten
Institute zählt. Während in Ländern wie England und den USA Eigenleistungsquoten von
lediglich etwa 60% üblich sind, weisen deutsche Finanzdienstleister eine Quote von 80 -
90 % auf.
8
7
Vgl. u.a. Wulfken / Grieser, S. 151.
8
Vgl. Walter / Hahn, S. B1.

5
Servicing
Der allgemeine Begriff des ,,Servicing" bezeichnet in diesem Zusammenhang die
Schuldendienstverwaltung, die in der Regel von den Banken selbst durchgeführt wird
(,,Primary Servicing"). Eine relativ neue Möglichkeit ist die Auslagerung der Bearbeitung
an einen externen Servicer, der auf Problemkredite spezialisiert ist (,,Special Servicing").
9
Diesbezüglich definiert man einen Servicer als eine Organisation bzw. Einrichtung, die die
,,Verwaltung, Überwachung, den Einzug und die Verwertung der Forderungen und
Sicherheiten übernimmt".
10
Auch in Deutschland setzt sich für die Bearbeitung von NPL die Verlagerung dieser
Aufgabe auf eine Servicing-Gesellschaft durch, da insbesondere ausländische Investoren,
die die Problemkredite erwerben, diese Möglichkeit präferieren. Hierbei übernimmt der
beauftragte Servicer als Inkassounternehmen oder Spezialkreditinstitut die Verwaltung und
Betreuung der Forderungen und Darlehensnehmer, um sie im Namen des Investors
beizutreiben oder andere Lösungswege zu finden.
In dieser Arbeit soll der Begriff ,,Servicing" als Kreditabwicklung und -verwaltung
einschließlich der Sicherheitenverwertung durch spezialisierte Dienstleistungsunternehmen
verstanden werden.
9
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 392.
10
Thonabauer / Nösslinger, S. 73.

6
2. Die historische Entwicklung des NPL-Marktes in den USA,
Asien und Europa
Der Handel mit Problemkrediten begann bereits in den 30er Jahren, als risikofreudige
Investoren in den USA Wertpapiere unterbewerteter Unternehmen kauften, um diese zu
sanieren oder zu liquidieren.
11
Mittlerweile hat sich der Handel mit notleidenden Krediten
international zu einem bewährten Transaktionstypus entwickelt.
12
Auffällig ist, dass in fast
jedem Land eine Krise im Bankensektor mit hohen Beständen an NPL vorausging.
13
USA
Gegen Ende der 80er Jahre wurde der Bankensektor der Vereinigten Staaten durch
Kreditverluste bzw. Zahlungsunfähigkeiten und Ausfälle von Schuldnern empfindlich
gestört. Auslöser dieser Entwicklung war die Savings and Loan Krise 1982, die u.a. durch
den Versuch der damaligen amerikanischen Regierung entstand, das Finanzsystem
weitreichend zu deregulieren.
14
Hinzu kam, dass die Vergabe von zahlreichen hoch
spekulativen und nicht durch Sicherungsfonds gedeckten Krediten, insbesondere im
Immobilienbereich, den Markt überhitzte und schließlich dessen Niedergang verursachte.
15
Dies führte wiederum dazu, dass durch den anschließenden Verfall der Immobilienpreise
rund 50% der Sparkassen und weitere Banken Insolvenz anmelden mussten (insg. ca.
1.000 von 1980 bis 1995).
16
Somit sahen sich viele Kreditinstitute gezwungen, ihre
notleidenden Kredite mit hohen Abschlägen an dafür gegründete staatliche Auffang- und
Abwicklungsgesellschaften (Resolution Trust Companies) abzugeben.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum amerikanische Investoren schon seit langer
Zeit Erfahrungen auf dem NPL-Markt sammeln konnten.
17
11
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 244.
12
Vgl. Anders et.al., S. 8.
13
Vgl. Young, S. 23.
14
Vgl. Wirtky, S. 167.
15
Vgl. Young, S. 24.
16
Vgl. Wirtky, S. 178.
17
Vgl. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S. 15 f.

7
Asien
Auch die asiatischen NPL-Märkte entstanden aus einer Krise der dortigen Bank- und
Kapitalmärkte.
18
Externe Schocks, wie die Immobilien-Krise Anfang der 90er Jahre in
Japan und die asiatische Finanzkrise hatten eine erhebliche Zunahme an NPL in den
Bilanzen der Banken zur Folge.
19
Laut einer Studie von Deloitte war ungenügendes
Kreditrisikomanagement hierfür die Hauptursache.
20
Da zudem die Fremdwährungs-Verbindlichkeiten nicht mehr bedient werden konnten, kam
es zu einem dramatischen Wechselkurseinbruch, der zahlreiche Unternehmensinsolvenzen
zur Folge hatte. Anfang 1999 begannen staatliche Asset-Management-Verwaltungen mit
der Verwertung zahlreicher Sicherheiten der Banken.
21
Gemessen am gesamten
Kreditvolumen sollen zur damaligen Zeit in den asiatischen Kreditinstituten rund 40 % der
Kredite notleidend gewesen sein. Diese wurden in den letzten Jahren vermehrt auch an
ausländische Investoren verkauft.
22
Derzeit werden die meisten asiatischen NPL-
Transaktionen in Japan, Korea, China und Malaysia durchgeführt.
Europa
Auch in Großbritannien und Frankreich entstand während der 90er Jahre ein reger Handel
mit zahlungsgestörten Krediten. Grund hierfür waren stark fallende Immobilienpreise,
begrenzte Verwertungsmöglichkeiten und fehlende Liquidität der Schuldner, welche
vermehrt zu Bankenkrisen führten.
23
In Europa haben auch Italien und Schweden
Erfahrungen im Bereich des Handels mit notleidenden Krediten. So wurde das italienische
NPL-Problem (Mitte der 90er mit einer NPL-Quote von 27% im Süden Italiens
24
) 1999
durch ein Verbriefungsgesetz und über Steueranreize weitgehend gelöst.
25
Auch in
Schweden wurde es den Banken mit der Einrichtung zweier staatlicher
18
Vgl. Wirtky, S. 179.
19
Vgl. Young, S. 25 f.
20
Vgl. Ebd.
21
Vgl. Gleumes, S. 361 f.
22
Vgl. Ernst & Young 2004, S. 4.
23
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 255.
24
Vgl. Wirtky, S. 181.
25
Vgl. Heppe, S. B4; vgl. Wirtky, S. 181.

8
Abwicklungsgesellschaften Anfang der 90er Jahre ermöglicht, sich ihrer notleidenden
Kredite zu entledigen.
Das Marktvolumen an notleidenden Krediten der verschiedenen Länder lässt sich nur
schwer abschätzen:
0
50
100
150
200
250
300
Mr
d
.
Deutschland
China
Japan
Frankreich
Italien
Südkorea
Spanien
Weltweit beträgt das Volumen notleidender Kredite ca. 1,4 Billionen $, davon sollen China
und Deutschland den größten Bestand besitzen.
26
Auffällig ist, dass die USA in der oben dargestellten Statistik nicht aufgeführt werden.
Dies liegt nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young daran, dass
im Jahr 2006 wenige NPL-Bestände im amerikanischen Finanzmarkt vorhanden waren.
Dies könnte sich nach Aussage von Experten aufgrund von Zahlungsrückständen und
Ausfallraten im ,,minderwertigen" Hypotheken-Markt (Subprime Mortgage Market)
27
in
den nächsten Jahren ändern.
28
26
Vgl. Dierig, S. 21.
27
Subprime Mortgage ~ minderwertige Hypotheken.
28
Vgl. Ernst & Young 2006.
Abb. 1: Ländervergleich der NPL-Marktvolumen
Quelle: Deloitte Reorganisation Services (2006); Erst & Young (2006).

9
Zu bemerken ist auch, dass sich die Anzahl der weltweit tätigen Hauptinvestoren auf
lediglich 40 beläuft. Diese haben bisher rund 90% des veräußerten NPL-Volumens
erworben.
29
Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungsphasen der internationalen Märkte lassen
sich abweichende Renditeerwartungen der Investoren feststellen. So werden auf den
Märkten in Japan und Korea, die bereits etabliert sind, Verzinsungen von etwa 10%
angestrebt. Dem gegenüber werden in den sich noch entwickelnden Ländern wie
Deutschland oder Russland überdurchschnittliche Renditen von bis zu ca. 15 - 20%
erwartet.
30
29
Vgl. Weber, S. 73.
30
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 391; vgl. Ernst & Young 2004, S. 3.

10
3. Der Markt in Deutschland
Innerhalb des deutschen Marktes ist während der letzten vier bis sechs Jahre der Verkauf
problembehafteter Kreditportfolios als neue Handlungsoption entstanden. Besonders in den
vergangenen drei Jahren hat der Handel mit notleidenden Krediten einen Aufschwung
erlebt.
31
Tatsache ist jedoch, dass sich der Markt für NPL in Deutschland vergleichsweise
spät öffnete (erst 2003), obwohl eine große Anzahl notleidender Kredite bereits zuvor
existierte. Der Markt in Deutschland steht somit noch am Anfang seiner Entwicklung.
32
Beim Vorgang des Kreditverkaufes treten Sparkassen, Volksbanken, Landesbanken,
Kreditgenossenschaften, Bausparkassen und Privatbanken als potentielle Verkäufer auf.
33
Auf der Nachfrageseite finden sich vor allem amerikanische, holländische und britische
Investoren (Private Equity-Fonds), in letzter Zeit aber auch vereinzelte deutsche Kredit-
und Spezialinstitute.
34
Die internationalen Kapitalanleger setzten von Anfang an hohe Erwartungen in den
deutschen NPL-Markt, der versprach, einer der weltweit größten zu werden. In den letzten
vier Jahren hat sich der Markt tatsächlich schnell entwickelt, ist reifer und vielschichtiger
geworden.
35
Problematisch ist allerdings, dass es nur wenige deutsche Banken gibt, die
ihre Engagements verkaufen wollen, so dass der Markt derzeit immer noch als ein ,,Seller`s
Market" bezeichnet werden muss.
36
Besonders die öffentlich-rechtlichen Banken, die
relativ viele notleidende Kredite in ihren Bilanzen aufweisen, scheinen noch kaum daran
interessiert, ihre Kreditportfolios zu bereinigen.
37
Bis heute waren nur 3% der
durchgeführten Transaktionen öffentlich-rechtlicher Natur.
38
Einige Segmente dieses Marktes, wie das der Immobilienkredite, sind relativ gut
entwickelt, andere beginnen gerade erst sich zu etablieren. Letzteres betrifft besonders
31
Vgl. Cherubim et.al., S. 3.
32
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 246.
33
Vgl. Cherubim et.al., S. 5.
34
Vgl. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S. 14 f.; vgl. Teuner, S. 3.
35
Vgl. Karkowski et.al., S. 4.
36
Vgl. Karkowski et.al., S. 5.
37
Vgl. Ebd.
38
Vgl. BZ Nr. 68, S. 5.

11
Einzelengagement-Transaktionen einzelner Firmenkredite (,,Single Names"), die ,,bisher
lediglich 2% des Volumens aller verkauften Kreditportfolios ausmachten"
39
und den
Verkauf notleidender Verbraucherkredite.
In Deutschland begann der Verkauf von NPL 2003 mit einer ersten Transaktion durch den
Insolvenzverwalter der Gontard & Metall Bank AG.
40
Der Nominalwert der verkauften
NPL stieg im selben Jahr auf 3 Mrd. und vervierfachte sich 2004 auf 12 Mrd. . Einen
erheblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Hypo Real Estate Bank
41
, die im
Rahmen von insgesamt vier Transaktionen Kreditpakete mit einem Gesamtvolumen von
rund 5,1 Mrd. verkaufte.
Insgesamt wurden zwischen Ende 2003 und 2005 32 Portfolio-Geschäfte mit einem
Gesamtnennwert von 32 Mrd. öffentlich durchgeführt.
42
(Zum Vergleich: Auf dem US-
Markt wurden 2004 allein ca. 58 Mrd. Dollar umgesetzt.)
43
Das ansteigende
Transaktionsvolumen in Deutschland setzte sich fort, erreichte 17 Mrd. im Jahr 2005
und im darauf folgenden ca. 18 Mrd. .
44
Der Marktführer Lone Star soll bisher insgesamt
knapp die Hälfte der in Deutschland veräußerten NPL-Volumen erworben haben.
45
Neben
diesem texanischen Finanzinvestor zählen weitere amerikanische Fonds, wie Cerberus und
Fortress, ebenso Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, Goldman Sachs, Morgan Stanley
und die Citigroup zu den größten Investoren auf dem deutschen NPL-Markt.
46
Das schnelle Wachstum des deutschen NPL-Marktes wurde vor allem durch zwei Faktoren
ausgelöst. Die sich verschlechternde ostdeutsche Immobilienlage, hervorgerufen durch den
anhaltenden Wirtschaftsabschwung und Missmanagement bei deutschen Unternehmen,
vergrößerten den Bestand an NPL in den Bilanzen deutscher Banken.
47
Als Folge der
Wiedervereinigung war ein ,,Kreditboom" in einer schwachen gesamtwirtschaftlichen Lage
39
Vgl. Ebd.
40
Vgl. Wiedenhofer, S. VII.
41
Die Hypo Real Estate Group ist durch eine Abspaltung der gewerblichen Immobilienfinanzierungs-
aktivitäten der HypoVereinsbank entstanden.
42
Vgl. Karkowski et.al, S. 6; vgl.Cherubim et.al., S. 5.; Vgl. Jäger, S. 2.
43
Vgl. Teuner, S. 3
44
Nach Aussage von Dr. Ulf Bachmann (Vice President im Bereich Principal Investments bei J.P. Morgan
Securities Ltd.).
45
Vgl. Dowideit, S. 14.
46
Vgl. u.a. Teuner, S. 3; vgl. Karkowski, S. 12.
47
Vgl. Wirtky, S. 159.

12
entstanden, der in einem erheblichen Maß zu Firmeninsolvenzen führte. Insbesondere der
Verfall der Immobilienpreise in den neuen Bundesländern trieb die Entwicklung des
Handels mit notleidenden Krediten voran. Zusätzlich wurden die deutschen Kreditinstitute
durch Reformen, wie die neue Eigenkapitalregelung für Banken durch Basel II und die
neuen Anforderungen der BaFin an das Risikomanagement (MaRisk
48
) sowie das
Auslaufen von Staatsgarantien für öffentliche Kreditinstitute (Gewährträgerhaftung) zu
konsequenteren Durchführungsstandards gezwungen. Der deutsche Bankensektor steht
somit noch immer unter starkem Druck, seine NPL zu bereinigen. Durch die angespannte
Ertragslage, hervorgerufen durch den sich verschärfenden Wettbewerb zwischen den
Kreditinstituten, wird das gesteigerte Interesse am Verkauf von NPL zusätzlich gesteigert.
Gleichzeitig sehen erfahrene Kapitalanleger (hauptsächlich aus den USA) die Gelegenheit,
in einen neuen und viel versprechenden Markt zu investieren. Die Vorteile, zu den Ersten
auf dem neuen Markt zu gehören (First-Mover-Advantage) und die Möglichkeiten, die
noch bestehenden Ineffizienzen des Marktes, in Bezug auf die richtige Bepreisung und das
Wettbewerbsumfeld nutzen zu können, sind für die Akteure gute Gründe, NPL auf dem
deutschen Markt einzukaufen.
49
Über das potentielle Volumen des derzeitigen NPL-Bestandes in deutschen
Kreditinstituten herrscht derzeit noch Uneinigkeit. Die Spannweite der Schätzungen reicht
von 100 - 320 Mrd. Euro.
50
Diese enthalten sowohl Immobilien- und Verbraucherkredite,
als auch Unternehmenskredite.
51
Die Unterschiede in den Vorhersagen sind u.a. auf die
abweichenden Definitionen von NPL zurückzuführen. Nimmt man an, dass sich das NPL-
Volumen auf durchschnittlich fünf bis zehn Prozent des Kreditbestandes beläuft, so
bemisst sich der Anteil der Problemkredite für den Gesamtmarkt auf ca. 300 Mrd. .
Daraus ergibt sich nach Einschätzung des OSGV für die öffentlich-rechtlichen Institute ein
NPL-Bestand von 60 bis 100 Mrd. .
52
48
Vgl. Rundschreiben der BaFin 34/2002 und 18/2005.
49
Vgl. Cherubim et.al., S. 21.
50
Vgl. u.a. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S.15; vgl. KPMG, S. 20; vgl. Karkowski et.al., S. 6; vgl. Ernst &
Young 2006, S. 54.
51
Vgl. Wirtky, S. 160.
52
Vgl. OSGV, S. 5.

13
Sparkassen
Landes-
banken
Kreditbanken
Genossen-
schaftliche
Institute
Bauspar-
kassen
Sonstige
Institute
579,2
956,8
810,5
423,6
121
702,4
Abb. 2: Kreditvolumen und Anteil an NPL in Deutschland
Quelle: SGK (13.11.2006), BZ (06.11.2006) und Klöckner / Wolters (2004), S. 1197.
Kredite an Nichtbanken
(ohne Auslandsbanken)
3.594 Mrd.
100-320 Mrd.
60-100 Mrd.
Geschätztes Volumen
notleidender Kredite der
öffentlich-rechtlichen
Geschätztes Volumen
notleidender Kredite
deutscher Banken

14
4. Gesetzliche Rahmenbedingungen
In Anbetracht der rechtlichen Komplexität und des betriebswirtschaftlichen Schwerpunkts
der Arbeit kann die juristische Problematik nur zusammenfassend dargestellt werden. Im
Wesentlichen geht es bei einem Kreditverkauf um einen Forderungsübergang (siehe Nr. 2)
und eine Übertragung der damit verbundenen Sicherungsrechte (Nr. 3). Bei einem Kauf
eines Kreditportfolios sind außerdem die durch Bankgeheimnis und Datenschutz
geschützten Interessen des Kreditnehmers zu berücksichtigen, die den Abschluss dieses
Kapitels bilden (Nr. 4). Hierzu ist auch das neue BGH-Urteil vom 27.02.2007 (BGH XI,
ZR 195/05) zu beachten.
53
4.1. Rechtliche Analyse des Portfolios
Bevor eine Übertragung von notleidenden Krediten stattfinden kann, muss zunächst das
Forderungsportfolio auf folgende Voraussetzungen hin untersucht werden:
54
- Wirksamkeit der Forderungen (Verjährungsproblematik)
- Nichtbestehen von Einwendungen, Aufrechnungsmöglichkeiten und Übertragungs-
hemmnissen (z.B. Abtretungsverbote)
- Durchsetzbarkeit der Forderung
- Kündbarkeit der Darlehen
- Wirksamkeit der Sicherheitenbestellungen, u.a. Sicherungsarten
Diese sog. ,,Legal Due Diligence" reduziert Übertragungsrisiken und unterstützt die
Optimierung der Transaktion und den Kaufpreisfindung.
(Siehe hierzu Kapitel E. 2.3 Due Diligence)
53
BGH Urteil, 27.02.07, Az.: XI, ZR 195/05.
54
Vgl. Klerx / Penzlin, S. 119 f.

15
4.2. Die Übertragung von NPL-Portfolios
Für den Verkauf von Problemkrediten haben sich im Wesentlichen zwei
Übertragungsvarianten herausgebildet:
55
- Einzelrechtsnachfolge (Asset Deal / True Sale) und
- Gesamtrechtsnachfolge (Share Deal)
56
Einzelrechtsnachfolge
Beim ,,Asset Deal" unterscheidet man grundsätzlich zwei Alternativen der Übertragung:
Auf der einen Seite den Forderungsverkauf (§§ 433 ff. BGB) und die Abtretung (§§ 398 ff.
BGB) der einzelnen Darlehens-, Zins- und gegebenenfalls Kostenforderungen,
57
auf der
anderen Seite die Übertragung des Darlehensverhältnisses im Ganzen im Wege der
Vertragsübernahme gemäß § 414 BGB analog.
58
(Außerdem ist ein Risikotransfer mittels
Teilausgliederung nach § 123 ff. UmwG und die Unterbeteiligung eines Investors
möglich.
59
)
Der Verkauf und die Abtretung der Forderungsrechte und Sicherheiten kommt bei NPL-
Transaktionen am häufigsten vor. Hierbei erwirbt der NPL-Investor eine bestimmte
Forderung mit allen aus dem Kaufvertrag entstehenden Vertragspflichten. Der
Forderungsübergang erfolgt hierbei nach § 398 BGB und bedarf nach § 399 BGB nicht der
Zustimmung des Schuldners. Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn eine
Forderungsabtretung vertraglich ausgeschlossen worden ist. Ist die Abtretung einer
Geldforderung vertraglich ausgeschlossen, so ist diese nur dann möglich, wenn beide
Vertragsparteien Kaufleute im Sinne des HGB sind und für beide ein Handelsgeschäft im
Sinne des §§ 354 a, 343 HGB vorliegt.
60
55
Vgl. Wiemann / Ziegenhain, S. 4.
56
Da nach Auskunft der SGK nur höchstens 10% der Transaktionen im Wege eines ,,Share Deals"
abgewickelt werden und anspruchsvolle gesellschaftsrechtliche Fragen dabei eine Rolle spielen wird auf die
Darstellung dieser Art der Veräußerung verzichtet.
57
Vgl. Wulfken / Grieser, S. 151
58
Vgl. Ebd.
59
Vgl. Weber, S. 57.
60
Vgl. Anders et.al., S. 12.

16
Bezüglich des Übergangs der Sicherungsrechte ist zwischen akzessorischen
Sicherungsrechten, deren Existenz also vom Bestehen einer Forderung abhängen
(Hypothek, Pfandrecht, Bürgschaft) und abstrakten Sicherheiten (nicht akzessorischen z.B.
Sicherungsabtretung, Grundschuld) zu unterscheiden. Während die akzessorischen
Sicherheiten kraft Gesetzes auf den Zessionar (Neugläubiger) übergehen, ist bei den
abstrakten Sicherungsrechten eine separate Übertragung erforderlich.
61
Diesbezüglich
muss im Grundbuch der neue Gläubiger eingetragen werden. Dieser
Umschreibungsprozess gestaltet sich häufig als langwierig und ist zudem relativ teuer,
jedoch ist er insoweit erforderlich, als dass er die Durchsetzbarkeit von Rechten
ermöglicht.
Die Abtretung des Sicherungsrechts ist dem Schuldner anzuzeigen, um so
schuldbefreiende Leistungen an den alten Gläubiger auszuschließen (vgl. § 407 I BGB).
62
Normalerweise werden deshalb sog. ,,Hello- and Goodbye-Letter"
63
versandt, in denen die
Kreditkunden über den Transfer ihrer Kredite informiert werden
64
Bei der Vertragsübernahme findet lediglich ein Gläubigerwechsel statt, sodass der Investor
in das bestehende Schuldverhältnis mit sämtlichen vertraglichen Rechten und Pflichten
eintritt.
65
In der Praxis wird die Vertragsübernahme häufig im Zuge des Verkaufes
einzelner Kreditforderungen durchgeführt, selten jedoch bei Kreditportfolios. Wichtig in
diesem Zusammenhang ist, dass ungekündigte Kreditforderungen zwar auch an Institute
übergehen können, die keine Banklizenz besitzen, sich der Verkäufer dann aber dem
Risiko der fehlenden Zustimmung des Schuldners aussetzt (vgl. §§ 1, 32 KWG). Stimmt
der Schuldner der Übernahme anschließend nicht zu, so macht sich der Verkäufer
schadensersatzpflichtig. Beim Forderungseinzug von gekündigten Krediten wird dagegen
keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften (Banklizenz) vorausgesetzt.
61
Vgl. Klerx / Penzlin, S. 126 f.
62
Vgl. Weber, S. 58.
63
Siehe hierzu Anhang S. 85 f.
64
Vgl. Froitzheim et.al., S. 73.
65
Vgl. Weber, S. 57.

17
4.3. Sicherungsrechte
Im Rahmen der ,,Legal Due Diligence" ist die wirksame Bestellung der Sicherungsrechte,
deren Übertragbarkeit und die Frage, ob diese auch die zu veräußernde Forderung sichern,
zu prüfen. Man unterscheidet dabei zwischen Immobiliar- und Mobiliarsicherheiten.
Übersicht der in Betracht kommenden Kreditsicherheiten:
66
Immobiliar Mobiliar
Personal
akzessorisch
Hypothek
Vormerkung
Pfandrecht Bürgschaft
nicht akzessorisch Grundschuld Sicherungsübereignung
Sicherungszession
Garantie
Schuldanerkenntnis
Siehe hierzu auch Anhang S. 89 ff.
4.4. Interessenschutz des Kreditnehmers
Vor dem Kauf von Problemkrediten hat der Käufer ein Interesse daran, möglichst viele
Informationen über die angebotenen Forderungen und deren Sicherheiten zu bekommen.
Diesem Interesse stehen jedoch insbesondere das Bankgeheimnis und der Datenschutz
entgegen, welche der Verkäufer zu berücksichtigen hat.
Bankgeheimnis
Das Bankgeheimnis ist gesetzlich nicht geregelt, sondern beruht auf Gewohnheitsrecht und
der umfassenden allgemeinen Treuepflicht des § 242 BGB.
67
Die Verpflichtung zur
Wahrung des Bankgeheimnisses stellt eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht
der Bank dar, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu
beeinträchtigen.
68
66
Vgl. Klerx / Penzlin, S. 127.
67
Vgl. Weber, S. 59.
68
Urteil des BGH vom 24.01.06.

18
Hieraus hergeleitet sind die standardisierten AGB-Banken.
69
Aus diesen Regelungen ergibt
sich grundsätzlich ein Verbot zur Weitergabe von kunden- und personenbezogenen Daten.
Dieses geht jedoch nicht soweit, dass der Zedent (Altgläubiger) notwendige Auskünfte
oder Unterlagen dem Zessionar (Neugläubiger) verweigern darf.
70
Die Auskunfts- und
Informationspflicht des § 402 BGB steht damit der Verschwiegenheitspflicht gegenüber.
Die Banken sind generell zur Wahrung des Bankgeheimnisses verpflichtet und dürfen
Daten nur weitergeben, wenn ein überwiegendes Interesse des Kreditinstitutes vorliegt und
ein vertraulicher Umgang seitens des Datenempfängers sichergestellt ist.
71
Ein berechtigtes
Interesse der Bank ist bei ordnungsmäßigen Bankgeschäften, u.a. bei der Auslagerung von
Geschäftsbereichen, Maßnahmen zur Risiko- und Eigenkapitalentlastung sowie bei der
Trennung von Problemkrediten, gegeben.
72
Grundsätzlich kann der Bankkunde bestimmen, welche Daten weitergegeben werden
dürfen, sofern er ein sachlich berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung seiner Daten
hat.
73
Aus einem Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht der Bank können sich jedoch
Schadensersatzansprüche des Kunden herleiten.
Ganz aktuell hat der XI. Senat des BGH mit Urteil vom 27.02.07 entschieden, dass der
Schuldner die Rückzahlung der Kreditforderung an den Käufer nicht unter Verweis auf das
Bankgeheimnis verweigern kann.
74
Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht könne
lediglich einen Schadensersatzanspruch des Kreditnehmers begründen, die Wirksamkeit
der Forderungsabtretung werde hiervon aber nicht berührt.
75
Begründet wurde die
Entscheidung damit, dass sich aus diesen Vorschriften kein stillschweigend vereinbartes
oder gesetzliches Abtretungsverbot herleiten lässt.
76
Damit ist das Urteil des OLG
Frankfurt, wonach aus dem Bankgeheimnis ein stillschweigendes vereinbartes
Abtretungsverbot herzuleiten sei und welches häufig zitiert wird, nun durch das o.g. Urteil
des BGH überholt.
69
Siehe Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 der AGB-Banken: ,,Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle
kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt. Informationen
über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der
Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist."
70
Vgl. Rinze / Heda, S. 1558.
71
Vgl. Weber, S. 60.
72
Vgl. Jobe / Stachuletz, S. 263.
73
Vgl. Nobbe, S. 1537.
74
Vgl. Die Welt 28.02.2007, S.17.
75
Vgl. BGH Urteil (27.02.2007), Az.: XI, ZR 195/05, S. 9.
76
Vgl. Lauer / Prüm, S. 18.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836617369
DOI
10.3239/9783836617369
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Katholische Fachhochschule Norddeutschland Osnabrück – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Studiengang International Business and MGT
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
1,3
Schlagworte
problemkredite notleidende kredite servicing work-out outsourcing
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Titel: Non-Performing Loans in Deutschland
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