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Fitnessprogramm für KMU und Familienunternehmen

Verbesserung der Ertragslage, -sicherheit, Zukunftsfähigkeit und Flexibilität von Unternehmen in Zeiten turbulenter und dynamischer Märkte

©2006 Masterarbeit 131 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Fitness heißt gute Kondition, Beweglichkeit, schnelle Reaktionsfähigkeit, optimales Zusammenspiel aller Zellen und Muskeln im Körper und kein überflüssiges Fettgewebe. Fitness ist eine Geisteshaltung, für sie muss man etwas tun, sie ist Ausdruck von Dynamik und vitalem Veränderungswillen und Vorstellungskraft. Fitness kommt nicht von selbst, sie muss aktiviert, mobilisiert und entwickelt werden. Fitness hilft die Dynamik des Lebens zu beherrschen, unvorhergesehene Ereignisse, außergewöhnliche Belastungen oder auch gefährliche Situationen zu bewältigen; vor allem aber im normalen Lebensablauf und sogar bei mancher Widrigkeit die gestellten Aufgaben mit Leichtigkeit und Überlegenheit zu meistern. Sie ist eine Art Vorsorge für belastende und schwierige Situationen und dient dem Aufbau und der Erweiterung von Potenzialen körperlicher und geistiger Art. Fitness bedeutet eine qualitative Verbesserung des Lebens.
Auch Unternehmen benötigen Fitness. Das Umfeld von Unternehmen hat sich in den letzten Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit verändert. Wesentliche Ursachen sind die Turbulenz und Dynamik auf den Märkten, die Ausschöpfung von Innovationspotenzialen der IuK-Technologie und der damit einhergehende Wertewandel in der Arbeitswelt und Gesellschaft.
Man kann von einer Wiederholung der angespannten Situation von Unternehmen in den Neunzigerjahren sprechen. Auch damals kam es aufgrund konjunktureller und struktureller Probleme zu Ergebniseinbrüchen bei Unternehmen vieler Branchen. Interne Versäumnisse und Schwächen aus Zeiten der Hochkonjunktur konnten nicht länger verdeckt werden. Während einige Unternehmen den Weg aus der Krise fanden, schieden andere aus dem Wettbewerb aus. Geht man davon aus, dass diese Herausforderungen nicht nur konjunkturelle Ursachen haben, kann man ein permanentes Selektionsprinzip im Sinne einer evolutionären Marktentwicklung unterstellen.
Jedes Unternehmen muss in diesem dynamischen Umfeld flexibel agieren und ständig an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und kontinuierlich verbessert werden, um langfristig im Wettbewerb zu bestehen. Insbesondere in der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage ist es für Unternehmen unverzichtbar, Verbesserungspotenziale in allen Bereichen des Unternehmens zu ergründen und geeignete Maßnahmen einzuführen, um die Potenziale weitgehend auszuschöpfen. Somit entsteht die nachhaltige Notwendigkeit der dauerhaften Fitness von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Thomas Schlüter
Fitnessprogramm für KMU und Familienunternehmen
Verbesserung der Ertragslage, -sicherheit, Zukunftsfähigkeit und Flexibilität von
Unternehmen in Zeiten turbulenter und dynamischer Märkte
ISBN: 978-3-8366-1729-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. International School of Management (ISM) Dortmund, Dortmund, Deutschland, MA-
Thesis / Master, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

III
"Wenn man in die falsche Richtung läuft,
hat es keinen Zweck, das Tempo zu erhöhen."
Birgit Breuel (*1937), deutsche Politikerin

IV
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ... 10
1.1
Ziel der Arbeit...11
1.2
Vorgehensweise der Untersuchung ...12
1.3
Definition des Fitnessprogramms...12
1.4
Nutzen-Argumentation für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und
Familienunternehmen...13
2
Besonderheiten von KMU und Familienunternehmen... 14
2.1
Quantitative Definition kleiner und mittlerer Unternehmen...14
2.2
Quantitative Definition von Familienunternehmen...15
2.3
Qualitative Merkmale von KMU und Familienunternehmen ...16
2.4
Der strukturelle Wandel in der Industriegesellschaft ...18
2.5
Ergebnisse der Krisenforschung bei KMU und Familienunternehmen...20
2.6
Schlüsselproblem: Qualifikation der Fach- und Führungskräfte...21
2.7
Ansatzpunkte von KMU und Familienunternehmen ...22
2.8
Zukünftige Entwicklungen, Risiken und Chancen ...23
3
Theoriegeleitete Überlegungen zu Beratungsinstrumenten in KMU... 24
3.1
Entwicklung der klassischen Betriebswirtschaftslehre ...24
3.2
Aktuelle Trends in der Betriebswirtschaftslehre ...25
3.3
Besonderheiten der KMU-Beratung ...26
3.3.1
Gründe geringer Inanspruchnahme von Beratungsleistungen ...27
3.3.2
Einschränkung Problemorientierung...28
3.4
Mögliche Blockaden im Beratungsprozess ...28
3.5
Empirische Identifikation von Erfolgsfaktoren der KMU-Beratung ...29
3.6
Methodische Erfolgsfaktoren der KMU-Beratung...30
4
Beratungskonzept Fitnessprogramm ... 32
4.1
Kausalität von Fitness und Unternehmenserfolg...32
4.2
Analyse erfolgreicher Managementmodelle ...33
4.2.1
EFQM-Modell...34
4.2.2
Malcolm Baldrige Award ...35
4.2.3
McKinsey 7s-Modell...36
4.2.4
Die fünfte Disziplin ...37

V
4.2.5
4P ­ The Toyota Way ...37
4.3
Handlungsfelder des Fitnessprogramms...38
4.4
Strategisches Management...41
4.5
Wertorientiertes Management ...43
4.6
Marktorientiertes Management (Marketing & Vertrieb) ...47
4.7
Personalmanagement (Human Ressources Management) ...50
4.8
Change Management und Organisationsentwicklung...52
4.9
Prozessmanagement ...54
5
Die Umsetzung des Fitnessprogramms... 56
5.1
Struktur der Arbeitsschritte...56
5.2
Visualisierung der Ergebnisse des Fitnesschecks ...58
5.3
Projektplan zum Fitnessprogramm...60
5.4
Projektorganisation zum Fitnessprogramm...63
5.5
Fitnessprogramm in Workshops...65
5.6
Institutionalisierung des Fitnessprogramms ...67
6
Beschreibung der Handlungsfelder ... 69
6.1
Strategisches Management...69
6.1.1
Vorgehensweise zur Formulierung der Unternehmensstrategie ...71
6.1.2
Umfeld und Ressourcenanalyse...72
6.1.3
Grundauftrag...75
6.1.4
Kernkompetenzen...75
6.1.5
Vision ...77
6.1.6
Ziele ...77
6.1.7
Strategische Geschäftsfelder...78
6.1.8
Umsetzungsprogramm ...79
6.2
Wertorientiertes Management ...80
6.2.1
Kennzahlen zur Ermittlung des Unternehmenserfolgs ...80
6.2.2
Ertragswertmethode ...83
6.2.3
Discounted Cashflow ...84
6.2.4
Multiplikatormethode...86
6.2.5
Balanced Scorecard (BSC)...87
6.2.6
Umsetzungsprogramm ...91
6.3
Marktorientiertes Management...92

VI
6.3.1
Produktlebenszyklus...92
6.3.2
Ansoff-Matrix...94
6.3.3
Neun-Felder Portfolio nach McKinsey ...95
6.3.4
Produktlebenszyklus nach Arthur D. Little ...96
6.3.5
BCG Portfolio...97
6.3.6
Umsetzungsprogramm ...99
6.4
Personalmanagement ...100
6.4.1
Personalbedarfsplanung...101
6.4.2
Personalbeschaffung ...103
6.4.3
Personalentwicklung...104
6.4.4
Personaleinsatz ...109
6.4.5
Personalentlohnung...111
6.4.6
Personalführung ...112
6.4.7
Umsetzungsprogramm ...113
6.5
Change Management/Organisationsentwicklung...114
6.5.1
Initialisierung von Veränderungsprojekten...115
6.5.2
Phase der Konzeptionierung ...116
6.5.3
Mobilisierung der Mitarbeiter ...116
6.5.4
Umsetzungsphase ...116
6.5.5
Verstetigung der Veränderungen...117
6.5.6
Umsetzungsprogramm ...118
6.6
Prozessmanagement ...119
6.6.1
Prozessanalyse und -optimierung ...121
6.6.2
Wert- und Stoffstromanalyse ...122
6.6.3
Umsetzungsprogramm ...124
7
Zusammenfassung ... 125
8
Quellenverzeichnis ... 127
Tabellenverzeichnis

VII
Tabelle 1 - Krisenphasen von Unternehmen...20
Tabelle 2 - Kriterien des EFQM-Modells ...34
Tabelle 3 - Kriterien des Malcom Baldrige Awards ...35
Tabelle 4 - Handlungsfelder des 7s Modells nach McKinsey...36
Tabelle 5 - Fünf Disziplinen für eine lernende Organisation ...37
Tabelle 6 - Kriterien des 4P ­ Toyota Way...37
Tabelle 7 - Handlungsfelder des Fitnessprogramms...39
Tabelle 8 - Instrumente zur Marktanalyse von Strategischen Geschäftsfeldern ...48
Tabelle 9 - Fitnessprogramm in Workshops...65
Tabelle 10 - Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ...84
Tabelle 11 - Produktlebenszyklus-Phasen ...93
Tabelle 12 - Inhalte der Personalentwicklung ...105

VIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Anteil der Unternehmen nach Umsatzgrößenklasse...14
Abbildung 2 - Anteil Familienunternehmen in D nach Umsatzgrößenklassen ...16
Abbildung 3 - Besonderheiten und Probleme von KMU und Familienunternehmen
,,,
...17
Abbildung 4 - Aktuelle Problembereiche von Unternehmen
,
...19
Abbildung 5 - Geplante Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ...22
Abbildung 6 - Beauftragungsgründe für Berater aus KMU-Sicht...27
Abbildung 7 - Managementmodelle im Vergleich...40
Abbildung 8 - Grafische Darstellung des Strategieprozesses ...42
Abbildung 9 - Design von Veränderungsprozessen ...53
Abbildung 10 - Konzept des Fitnessprogramms ...56
Abbildung 11 - Ergebnis Fitnesscheck Unternehmen XYZ ...58
Abbildung 12 - Ergebnis Fitnesscheck ­ Vergleich mit Durchschnitt ...59
Abbildung 13 - Projektplan zum Fitnessprogramm Seite 1 von 2 ...60
Abbildung 14 - Projektplan zum Fitnessprogramm Seite 2 von 2 ...61
Abbildung 15 - Projektorganisation zur Umsetzung des Fitnessprogramms...63
Abbildung 16 - Bewusste und realisierte Strategie...70
Abbildung 17 - Prozess zur Erarbeitung einer wirksamen Unternehmensstrategie ...71
Abbildung 18 - Porter's Five Forces Model ...73
Abbildung 19 - SWOT-Analyse ...75
Abbildung 20 - Identifikation von Kernkompetenzen ...76
Abbildung 21 - Implementierungsphasen der BSC nach Horvàth & Partners...88
Abbildung 22 - Produktlebenszyklus-Phasen...93
Abbildung 23 - Ansoff-Matrix ...94
Abbildung 24 - Neun-Felder Portfolio ...95
Abbildung 25 - ADL Matrix ...97
Abbildung 26 - Boston Consulting Group Portfolio...98
Abbildung 27 - Methoden der Personalentwicklung ...106
Abbildung 28 - Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment...107
Abbildung 29 - Aufgabenorientierte und idiosynkratische Stellenbildung...109
Abbildung 30 - Design von Veränderungsprozessen ...115
Abbildung 31 - Vorgehensweise bei der Prozessanalyse und -optimierung ...120
Abbildung 32 - Wertstromanalyse Textilunternehmen ...123

IX
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
Abs.
Absatz
ADL
Arthur D. Little
APV
Adjusted Present Value = zukünftige Tilgung oder Neuaufnahme von Fremd-
kapital wird in der gesamten Zukunft exakt vorgegeben
BCG
Boston Consulting Group
BSC
Balanced Scorecard = Balanciertes Kennzahlensystem
bzgl. bezüglich
CI Competitive
Intelligence
d. h.
das heißt
DCF Discounted
Cashflow
DIN
Deutsches Institut für Normung
EBIT
Earnings before interest and taxes = Betriebsergebnis vor Zinsaufwand und
Steuern
EBITDA
Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization = Betriebser-
gebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschrei-
bungen auf immaterielle Vermögenswerte
EBT
Earnings before taxes = Betriebsergebnis +/- Finanzergebnis
EFQM
European Foundation for Qualitymanagement
EKR Eigenkapitalrendite
Etc. et
cetera
EU Europäische
Union
EV
Enterprise Value = Unternehmenswert
EVA
Economic Value Added = Nettogröße eines Gewinns nach Abzug der Kapital-
kosten für das eingesetzte Gesamtkapital
FTE
Flow to Equity = Zufluss zum Unternehmen
Ggf. gegebenenfalls
HR Human
Ressource
Hrsg. Herausgeber
i. d. R.
in der Regel
i. S.
im Sinne
inkl. Inklusive
IT Informationstechnologie
IuK
Information und Kommunikation
Kap. Kapitel
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
OE Organisationsentwicklung
P/E
Price-Earnings Ratio = Kurs-Gewinn-Verhältnis
PIMS
Profit Impacts of Market Strategies
ROE
Return on Equity
ROI
Return on Investment
ROS
Return on Sales
S. Seite(n)
SGF Strategische
Geschäftsfelder
Sog. sogenannt
Tab. Tabelle
TCF
Total Cashflow = Gesamter Zahlungsstrom
usw.
und so weiter
WACC
Weighted Average Cost of Capital = Maßzahl für die gewichteten Kosten des
eingesetzten Kapitals im Unternehmen
z. B.
zum Beispiel

1 Einleitung
Fitness heißt gute Kondition, Beweglichkeit, schnelle Reaktionsfähigkeit, optimales Zusam-
menspiel aller Zellen und Muskeln im Körper und kein überflüssiges Fettgewebe. Fitness ist
eine Geisteshaltung, für sie muss man etwas tun, sie ist Ausdruck von Dynamik und vitalem
Veränderungswillen und Vorstellungskraft. Fitness kommt nicht von selbst, sie muss aktiviert,
mobilisiert und entwickelt werden. Fitness hilft die Dynamik des Lebens zu beherrschen, un-
vorhergesehene Ereignisse, außergewöhnliche Belastungen oder auch gefährliche Situatio-
nen zu bewältigen; vor allem aber im normalen Lebensablauf und sogar bei mancher Widrig-
keit die gestellten Aufgaben mit Leichtigkeit und Überlegenheit zu meistern. Sie ist eine Art
Vorsorge für belastende und schwierige Situationen und dient dem Aufbau und der Erweite-
rung von Potenzialen körperlicher und geistiger Art. Fitness bedeutet eine qualitative Ver-
besserung des Lebens.
1
Auch Unternehmen benötigen Fitness. Das Umfeld von Unternehmen hat sich in den letzten
Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit verändert. Wesentliche Ursachen sind die Turbu-
lenz und Dynamik auf den Märkten, die Ausschöpfung von Innovationspotenzialen der IuK-
Technologie und der damit einhergehende Wertewandel in der Arbeitswelt und Gesellschaft.
Man kann von einer Wiederholung der angespannten Situation von Unternehmen in den
Neunzigerjahren sprechen. Auch damals kam es aufgrund konjunktureller und struktureller
Probleme zu Ergebniseinbrüchen bei Unternehmen vieler Branchen. Interne Versäumnisse
und Schwächen aus Zeiten der Hochkonjunktur konnten nicht länger verdeckt werden. Wäh-
rend einige Unternehmen den Weg aus der Krise fanden, schieden andere aus dem Wett-
bewerb aus. Geht man davon aus, dass diese Herausforderungen nicht nur konjunkturelle
Ursachen haben, kann man ein permanentes Selektionsprinzip im Sinne einer evolutionären
Marktentwicklung unterstellen.
2
Jedes Unternehmen muss in diesem dynamischen Umfeld flexibel agieren und ständig an
die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und kontinuierlich verbessert werden, um
langfristig im Wettbewerb zu bestehen. Insbesondere in der derzeitigen schwierigen wirt-
schaftlichen Lage ist es für Unternehmen unverzichtbar, Verbesserungspotenziale in allen
Bereichen des Unternehmens zu ergründen und geeignete Maßnahmen einzuführen, um die
Potenziale weitgehend auszuschöpfen. Somit entsteht die nachhaltige Notwendigkeit der
dauerhaften Fitness von Unternehmen.
Managementmodelle wie das EFQM-Modell, das McKinsey 7s Modell, ,,Die fünfte Disziplin"
oder ,,4P ­ The Toyota Way" sind zwar nachweislich erfolgreiche Managementmodelle zur
Erhöhung der unternehmerischen Fitness, jedoch sind diese zum Teil 20 Jahre alt und
stammen ausnahmslos aus der Großindustrie und Serienherstellung. Sie sind somit auf-
1
Withauer, Klaus F.: Fitness der Unternehmung, S. V
2
Bergauer, Anja: Führen aus der Unternehmenskrise, S. 2

11
grund grundsätzlicher Schwächen bzgl. heutiger Anforderungen und der besonderen Bedin-
gungen in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Familienunternehmen nicht direkt an-
wendbar.
Der Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) beträgt 99,7 %
3
in Deutschland. 84 %
4
aller deutschen Unternehmen sind Familienunternehmen. Betrachtet man die qualitative De-
finition von KMU und Familienunternehmen, ergeben sich Vorteile und Nachteile durch die
enge finanzielle Bindung einzelner Personen oder einer Familie ans Unternehmen. Wichtigs-
ter Vorteil ist das Engagement der Führungskräfte; das bedeutendste Hemmnis ist, dass
Führungskräfte in KMU und Familienunternehmen in der Regel zwar in ihrem branchenspezi-
fischen Fachgebiet qualifiziert sind, jedoch häufig über unzureichende Kompetenzen der
Unternehmensführung unter heutigen Bedingungen verfügen.
5
1.1 Ziel der Arbeit
Obwohl die betriebswirtschaftliche Forschung kleine und mittlere Unternehmen und Famili-
enunternehmen sowie deren Probleme zunehmend thematisiert, liegen bis heute nur wenige
Arbeiten vor, die sich mit den theoretischen und empirischen Grundlagen eines ganzheitli-
chen Entwicklungskonzeptes für KMU und Familienunternehmen auseinandersetzen. Wertet
man unter diesem Gesichtspunkt die betriebswirtschaftliche Forschung aus, so gelangt man
zu der Erkenntnis, dass derzeitige Projekte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen
Einzelaspekte der beschriebenen Problemlage und Herausforderungen für KMU und Famili-
enunternehmen zwar aufgreifen, jedoch nur aus eingeschränkten fachlichen Perspektiven
geeignete Lösungsstrategien vorschlagen. Weiterhin werden Größeneffekte von KMU und
Familienunternehmen nicht berücksichtigt.
6
Man kann jede der Perspektiven als eine Dimension in einem n-dimensionalen Raum ver-
stehen. Besteht der Raum aus wenigen Dimensionen, ist die Findung des Optimums relativ
einfach, bildet jedoch nicht die Wirklichkeit ab. Es entsteht somit folgendes Problem: Je mehr
Dimensionen betrachtet werden, desto komplexer wird die Analyse und Findung von Optima
in dem n-dimensionalen Raum. Der Anspruch dieser Arbeit begründet sich in dem Versuch
der Beschreibung dieses n-dimensionalen Raumes speziell mit dem Fokus KMU und Famili-
enunternehmen.
Von einer solchen betriebswirtschaftlichen Theorie für KMU und Familienunternehmen, die
auf Erkenntnissen der modernen Betriebswirtschaftslehre aufbaut und diese unter Berück-
sichtigung der unternehmens-, kunden- und wettbewerbsspezifischen Merkmale diskutiert,
3
Statistisches Bundesamt, Umsatzsteuerstatistik 2004 -
http://www.destatis.de/themen/d/thm_finanzen.php
, 2.9.2006
4
Klein, Sabine B.: Familienunternehmen, S. 40
5
Stuhldreier, Jens: Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU durch qualifikatorische Anpassung,
S. 46
6
Schachner, Markus; Speckbacher, Gerhard; Wentges, Paul: Steuerung mittelständischer Unterneh-
men: Größeneffekte und Einfluss der Eigentums- und Führungsstruktur, S. 589 ­ 61

12
kann noch nicht gesprochen werden. Vor diesem Hintergrund besteht ein hoher Bedarf an
praktisch-normativen Beiträgen, um das bestehende Forschungsdefizit in Bezug auf die the-
oretischen Grundlagen und praktischen Gestaltungsanforderungen an ein ganzheitliches
Entwicklungskonzept für KMU und Familienunternehmen zu schließen.
Die Besonderheit des in dieser Arbeit betrachteten Fitnessprogramms für KMU und Famili-
enunternehmen, ist die vernetzte Analyse und ganzheitliche Perspektive zur Erarbeitung von
Handlungsempfehlungen zur Steigerung der kurz- und langfristigen Erträge, sowie deren
Zukunftsfähigkeit und Flexibilität. Ziel ist es, generische Strategie- und Handlungsempfeh-
lungen zur Findung des optimalen Entwicklungskonzeptes/Managements in KMU und Fami-
lienunternehmen zu erarbeiteten.
1.2 Vorgehensweise der Untersuchung
Die Arbeit ist in fünf wesentliche Arbeitsschritte unterteilt: In einem ersten Schritt werden die
Besonderheiten von KMU und Familienunternehmen ausgearbeitet und die spezifischen
Problemstellungen dieser Unternehmen benannt.
Auf Basis dieser Vorüberlegungen und empirischer Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit
werden im zweiten Schritt Überlegungen zu Beratungsinstrumenten für KMU und Familien-
unternehmen vorgenommen. Die Entwicklung der klassischen bis zur modernen, systemori-
entierten Betriebswirtschaftslehre wird aufgezeigt.
Der dritte Schritt beinhaltet die thematische Ausarbeitung des Beratungskonzeptes als ,,Fit-
nessprogramm für KMU und Familienunternehmen".
Der vierte Abschnitt dieser Arbeit widmet sich der praktischen Umsetzung und Beschreibung
von Instrumenten in Form von Projekten, Workshops und Interviews.
Zuletzt wird im fünften Schritt aus dem Konzept ein Analyse/Bewertungstool für Unterneh-
men entwickelt.
1.3 Definition des Fitnessprogramms
Das Ziel des Fitnessprogramms ist die kurzfristige Ergebnisverbesserung und langfristige
Ertragssteigerung, -sicherung, Zukunftsfähigkeit und Flexibilität von KMU und Familienunter-
nehmen durch Umsetzung eines innovativen Führungskonzeptes zur Modernisierung inkl.
der erfolgreichen Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen. Das Konzept fußt auf sechs
Bausteinen:
- Strategisches Management - Entwicklung flexibler, tragfähiger und zukunftssicherer
Strategien inkl. deren Umsetzung
- Wertorientiertes Management - Stetige Analyse, Beobachtung und Steigerung des Un-
ternehmenswertes durch gezielte Maßnahmen, Verbesserung der Eigenkapitalquote,
Wertsteigerung aus Sicht der Kapitalgeber auf Basis einer Unternehmensbewertung

13
- Marketing & Vertrieb (Marktorientiertes Management) - Findung, Erschließung und
Sicherung langfristig ertragreicher Märkte, d. h. Bindung von Kunden für die Produkte und
Dienstleistungen, Kommunikationsmix, Vertriebsorganisation, Vetriebsstrategien
- Personalmanagement (Human Ressources Management) - Langfristige Personalent-
wicklungsmaßnahmen zur Findung, Bindung und Förderung geeigneten Personals inkl.
der Klärung von Nachfolgefragen
- Change Management - Beteiligung aller Mitarbeiter zur Förderung der Flexibilität in allen
Prozessen, um eine hohe Anpassungsgeschwindigkeit an geänderte Bedingungen inner-
halb und außerhalb des Unternehmens zu erreichen
- Prozessmanagement - Ausrichtung aller Prozesse auf Effektivität und Effizienz, d. h.
nachhaltige Vermeidung von Verschwendung in allen Unternehmensprozessen, Einfüh-
rung eines angemessenen Risikomanagements
1.4 Nutzen-Argumentation für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und
Familienunternehmen
Der unmittelbare Nutzen bei der Anwendung des Beratungskonzeptes für KMU und Famili-
enunternehmen liegt in der kurzfristigen Ergebnisverbesserung und langfristigen Ertragsstei-
gerung und Existenzsicherung sowie der Steigerung der Zukunftsfähigkeit und Flexibilität.
Die derzeitig schwierige Situation und die Anpassungsschwierigkeiten von kleinen und mittle-
ren Unternehmen sowie Familienunternehmen können mit dem Fitnessprogramm schnell
und nachhaltig verbessert werden.
Dies führt unter anderem zur Verbesserung des Ertrages, zur Steigerung des Unterneh-
menswertes und damit auch zur Verbesserung der Rating-Note bei den Banken. Die Ausga-
ben für eine Beratung amortisieren sich somit nicht nur durch gesteigerten Ertrag und ggf.
Wachstum, sondern auch über verringerte Fremdkapitalkosten.
Die Realisierung von Wachstum in Unternehmen erfordert oftmals das finanzielle Engage-
ment Dritter z. B. Private Equity. Die Ermittlung des Unternehmenswertes lässt Prognosen
über mögliche abzugebende Anteile im Zuge einer Beteiligung zu. Die Beibehaltung der
Selbstbestimmung und Vermeidung von Strangulation durch den Private Equity Fonds, sind
weitere wichtige Argumente für die Umsetzung des Beratungskonzepts.

14
2 Besonderheiten von KMU und Familienunternehmen
2.1 Quantitative Definition kleiner und mittlerer Unternehmen
Die qualitativen und quantitativen Definitionen des Begriffs KMU sind nicht einheitlich. Die
nachfolgende, von der Europäischen Kommission 1996 im Rahmen ihres ,,Aktionspro-
gramms KMU" festgelegte quantitative Definition, hat sich in der Literatur und in der Praxis
größtenteils durchgesetzt.
7
Demnach werden die Unternehmen differenziert in
- große (> 250 Mitarbeiter, > 50 Mio. Umsatz, > 43 Mio. Bilanzsumme)
- mittelgroße (< 250 Mitarbeiter,< 50 Mio. Umsatz, < 43 Mio. Bilanzsumme)
- kleine (< 50 Mitarbeiter, < 10 Mio. Umsatz oder < 10 Mio. Bilanzsumme) und
- mikro Unternehmen (< 10 Mitarbeiter, < 2 Mio. Umsatz oder < 2 Mio. Bilanzsumme).
8
17.500 - 100.000
100.000 - 250.000
250.000 - 1 Mio.
1 Mio. - 2 Mio.
2 Mio. - 5 Mio.
5 Mio. - 10 Mio.
10 Mio. - 25 Mio.
25 Mio. - 50 Mio.
50 Mio. - 100 Mio.
100 Mio. - 250 Mio.
250 Mio. und mehr
1.390.147
659 .142
569 .476
137 .355
90.153
32.845
20.710
7.657
3.988
2.412
1.597
47,7 %
22,6 %
19,5 %
4,7 %
3,1 %
1,1 %
0,7 %
0,3 %
0,1 %
0,1 %
0,1 %
(m
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U
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er
neh
m
en
99
,7
%
0,
3
%
Umsatz-
grössenklasse in
Anzahl
Unterneh-
men
Anteile
in %
(Mikro)
Kleinstunternehmen
94,5 %
Große
Unternehmen
0,3 %
Mittlere
Unternehmen
1 %
Kleine
Unternehmen
4,2 %
Abbildung 1 - Anteil der Unternehmen nach Umsatzgrößenklasse
9
7
Bamberger, Ingolf: Strategische Unternehmensberatung, S. 219
8
Europäische Union: The new SME definition -
http://ec.europa.eu/enterprise/enterprise_policy/-
sme_definition/sme_user_guide.pdf
, 2.9.2006
9
Statistisches Bundesamt, Umsatzsteuerstatistik 2004 -
http://www.destatis.de/themen/d/thm_finanzen.php
, 2.9.2006

15
Familienbetriebe, mittelständische Unternehmen, Kleinbetriebe und Selbständige prägen in
Deutschland entscheidend die Wirtschaftsstruktur und bilden das Fundament unserer sozia-
len Marktwirtschaft. In der grafischen Darstellung (siehe Abbildung 1) wird deutlich, welchen
überragenden Anteil mikro, kleine und mittlere Unternehmen innerhalb der deutschen Wirt-
schaft bilden.
Ein Blick auf die wesentlichen Strukturindikatoren unterstreicht deutlich die Bedeutung des
Leitungspotenzials der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die etwa 2,9 Mio. klei-
nen und mittleren Unternehmen repräsentieren 99,7 % aller Unternehmen der deutschen
Volkswirtschaft. An den gesamten Bruttoinvestitionen sind sie zu 40 % beteiligt und ihre Brut-
towertschöpfung erreicht ebenfalls ca. 50 %.
Für den Arbeitsmarkt spielt der Mittelstand eine noch weitaus bedeutsamere Rolle, da 70 %
aller Arbeitnehmer hier ihre Beschäftigung finden und 80 % der Ausbildungsplätze in diesen
Unternehmen bereitgestellt werden. KMU leisten somit einen großen Beitrag zu wirtschaftli-
cher und gesellschaftlicher Stabilität und bilden ein Gegengewicht zu den multinationalen
Konzernen mit ihren globalen wirtschaftlichen Verflechtungen und Einflüssen.
10
2.2 Quantitative Definition von Familienunternehmen
Als Familienunternehmen oder auch Familienbetrieb wird ein Unternehmen bezeichnet,
wenn es sich vollständig oder nahezu vollständig im Besitz einer einzelnen Person oder ei-
ner Familie befindet. Der Begriff Familienunternehmen macht dabei keine Aussagen zur Be-
triebsgröße oder zur Rechtsform und ist nicht eindeutig definiert. Allgemein fallen darunter
Unternehmen jeder Rechtsform oder Größe, die unter Familieneinfluss stehen.
11
Familienunternehmen haben in der Gruppe der Unternehmen die Besonderheit, dass sie
Privateigentum und Familie, zwei wichtige gesellschaftliche Faktoren, miteinander verbinden.
Familien mit Privateigentum werden unternehmerisch tätig, zunächst einmal unmittelbar zum
Wohle der Familie, erst mittelbar zum Wohle der Gesellschaft. Zu Familienunternehmen gibt
es derzeit keine grundlegende Theorie und nur für wenige Länder gesicherte Daten. Die Ur-
sachen können nur vermutet werden:
-
,,Familienunternehmen" kann nicht operationalisiert werden (Begriffliche Unklarheit)
-
Zurückhaltende Veröffentlichungspolitik der Unternehmen
-
Schaffung spezieller gesellschaftsrechtlicher Konstruktionen z. B. Holdings zur Ver-
schleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse
-
Fehlen einer eigenen Lobby in Wirtschaft und Politik
12
10
Bundestag-Drucksache 14/9200 ­ Schlussbericht der Enquete-Kommission - Globalisierung der
Weltwirtschaft ­ Herausforderungen und Antworten S., 129
11
Klein, Sabine B.: Familienunternehmen, S. 1
12
Klein, Sabine B.: Familienunternehmen, S. 1

16
In einer repräsentativen Untersuchung aller deutschen Unternehmen mit mehr als 1 Mio.
Euro Umsatz gaben insgesamt 84 % der Unternehmen an, Familienunternehmen zu sein.
Die Anteile variieren jedoch stark, wenn man die Unternehmen nach Umsatzgrößenklassen
auswertet.
Familienunternehmen nach
Umsatzgrößenklassen
73%
68%
60%
56%
32%
60%
84%
84%
85%
40%
15%
27%
16%
44%
40%
16%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
1-
5 M
io.
5-
25 M
io.
25-
50 M
io.
50-
125
Mi
o.
125-
250 M
io.
250-
500 M
io.
>5
00
Mi
o.
G
esa
m
t
Umsatzgrößenklasse
An
te
il i
n
%
Anteil Familienunternehmen
Anteil Nicht-Familienunternehmen
Abbildung 2 - Anteil Familienunternehmen in D nach Umsatzgrößenklassen
13
Geht man davon aus, das in den Unternehmen mit einem Umsatz < 1 Mio. der Anteil Fami-
lienunternehmen eher größer als 85 % (siehe Umsatzgrößenklasse 1-5 Mio. ) ist, so kann
man schlussfolgern, dass der Anteil Familienunternehmen in Deutschland 84 % aller Unter-
nehmen noch deutlich übersteigt.
2.3 Qualitative Merkmale von KMU und Familienunternehmen
Neben den quantitativen Merkmalen haben qualitative Merkmale der KMU und Familienun-
ternehmen eine Bedeutung. Die Größe eines KMU und Familienunternehmens hat Einfluss
auf die Eigentums- und Führungsstruktur. Je größer ein KMU, desto formalisierter sind Füh-
rungsprozesse sowie die Aufbau- und Ablauforganisation. Dies wird jedoch in der Literatur
zu KMU und Familienunternehmen nicht angemessen berücksichtigt.
14
13
Klein, Sabine B.: Familienunternehmen, S. 40
14
Schachner, Markus; Speckbacher, Gerhard; Wentges, Paul: Steuerung mittelständischer Unter-
nehmen: Größeneffekte und Einfluss der Eigentums- und Führungsstruktur, S. 589 ­ 614

17
Für KMU und Familienunternehmen können die folgenden wichtigen qualitativen Charakte-
ristika benannt werden:
Abbildung 3 - Besonderheiten und Probleme von KMU und Familienunternehmen
15,16,17,18
15
Schweizerisches Institut für KMU der Universität St. Gallen,
www.kmu.unisg.ch
, 15.9.2006
16
Portisch, Wolfgang; Shahisi, Kian: Sanierung und Restrukturierung, S. 7
17
Risse, Winfried: Marketing für die Beratung: Beruf und Rolle des Wirtschafts- und Unternehmensbe-
raters in Klein- und Mittelbetrieben, S. 132

18
Wertet man die betriebswirtschaftliche Literatur zu den qualitativen Merkmalen von KMU und
Familienunternehmen aus, so gelangt man zu einer Vielzahl von Besonderheiten und spezi-
fischen Problemen. Die Autoren betrachten aus ihrer individuellen Perspektive des gerade
bearbeiteten Themas die Grundgesamtheit von KMU und Familienunternehmen. Darüber
hinaus lassen sie Größeneffekte unberücksichtigt, so dass die Sammlung in Abbildung 3 -
Besonderheiten und Probleme von KMU und Familienunternehmen,,,
nur einen aufzählenden Charakter hat.
Um sich dem Thema systematisch zu nähern, werden daher im Folgenden die Themenbe-
reiche erörtert:
-
Der strukturelle Wandel in der Industriegesellschaft
-
Ergebnisse der Krisenforschung bei KMU und Familienunternehmen
-
Schlüsselproblem: Qualifikation der Fach- und Führungskräfte
-
Ansatzpunkte von KMU und Familienunternehmen
-
Zukünftige Entwicklungen, Risiken und Chancen
2.4 Der strukturelle Wandel in der Industriegesellschaft
Die europäische Industrie findet sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts unter erheblichem An-
passungsdruck.
19
In den letzten Jahren haben sich drei Megatrends entwickelt, die als fun-
damentale Zukunftsperspektiven der Gesellschaft anzusehen sind:
1. Veränderung der Wettbewerbssituation d. h. Globalisierung und ihre Auswirkung auf
Unternehmen
2. Innovationspotenziale in der IuK-Technologie - Von der Informationstechnologie ge-
tragener Wandel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft
3. Wertewandel in Arbeitswelt und Gesellschaft - Übergang von zentralisiert-
hierarchischen Organisationsstrukturen zu dezentral vernetzten Organisationen. Das
vernetzte Unternehmen besteht aus temporären Teams und reicht über das eigene
Unternehmen hinaus zu Kunden, Lieferanten und ggf. Wettbewerbern. Die in (2) er-
wähnte IuK-Technologie ist Basis und Motor dieser Entwicklungen. Dies führt zu er-
höhter Innovationsgeschwindigkeit und Neugestaltung von Supply Chains usw.
20
18
Sroka, Wendelin: 10. Statusbericht im Rahmen des Internationalen Monitoring: Lernkultur Kompe-
tenzentwicklung, S. 15
19
Bamberger, Ingolf: Strategische Unternehmensberatung, S. 75
20
Hopfenbeck, Waldemar: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, S. 79

19
Auf dem globalen Markt sind dramatische Veränderungen vorgezeichnet, wie es sie in der
Industriegeschichte noch nie gegeben hat. Eine Auswertung der aktuellen Literatur ergibt die
in Abbildung 4 - Aktuelle Problembereiche von Unternehmen - dargestellte Problemsamm-
lung.
21
Abbildung 4 - Aktuelle Problembereiche von Unternehmen
22,23
21
Fernandet, Zulima; Nieto, Maria Jesus: Impact on the ownership on the international involvement of
SME, S. 340 ­ 351
22
Bamberger, Ingolf: Strategische Unternehmensberatung, S. 75
23
Wimmer, Rudolf: Beratung und Organsiation, S. 72-73

20
2.5 Ergebnisse der Krisenforschung bei KMU und Familienunternehmen
In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden drei Phasen von Unternehmenskrisen unter-
schieden:
Strategiekrise
... ist die Kernursache der wirtschaftlichen Fehlentwicklung, wobei die
Auswirkungen schwierig erkennbar sind. Marktanteile brechen weg,
Spezialisten verlassen das Unternehmen, betriebliches Umfeld verän-
dert sich, ohne dass das Unternehmen angemessen auf die Verände-
rungen reagiert.
Erfolgskrise
Das Unternehmen erwirtschaftet Verluste, durch die das Eigenkapital
aufgezehrt wird. Kennzeichen sind z. B. Umsatzrückgang, ungünstige
Kostenstrukturen.
Liquiditätskrise
Hier liegt akute Zahlungsunfähigkeit vor, mit der Nichteinlösung von
Darlehensraten und Kontoüberziehungen.
Tabelle 1 - Krisenphasen von Unternehmen
24
Am deutlichsten lässt sich die Krise in einem fortgeschrittenen Stadium erkennen. Unmittel-
bar vor der Insolvenz lassen sich die Ursachen für die Krise jedoch nicht mehr unterschei-
den; es liegt dann immer eine Liquiditätskrise vor. In den Phasen davor können jedoch typi-
sche Krisenursachen herausgearbeitet werden:
-
Führung, d. h. mangelnde betriebswirtschaftliche Qualifikation der Führungskräfte
sowie Mängel im betrieblichen Rechnungswesen
-
Interne Expansion, d. h. unangemessene interne Organisation, mangelnde Koordina-
tion, unwirtschaftliche Produktionsabläufe
-
Externe Expansion, d. h. fehlgeschlagene Wachstumsbestrebungen, erhebliche Fehl-
investitionen, Aufbau von Überkapazitäten
-
Technologie, d. h. technologische Fehlentwicklungen oder Überalterung von Produk-
ten und Dienstleistungen
-
Abhängigkeit, d. h. zu starke Bindung an einen Kunden oder Lieferanten
-
Umsatz, d. h. massiver Einbruch des Umsatzes
Zusammenfassend kann man feststellen, dass letztlich alle Unternehmenskrisen auf Füh-
rungsmängel und Fehlentscheidungen des Managements zurückgeführt werden können.
25
24
Portisch, Wolfgang; Shahisi, Kian: Sanierung und Restrukturierung, S. 19
25
Grape, Christian: Sanierungsstrategien, S. 157

21
2.6 Schlüsselproblem: Qualifikation der Fach- und Führungskräfte
Eines der Schlüsselprobleme entsteht demnach durch die mangelnde Qualifikation von Füh-
rungskräften in KMU und Familienunternehmen:
-
Fach- und Führungskräfte von KMU sind in der Regel in ihrem branchenspezifischen
Fachgebiet qualifiziert, verfügen aber in sehr unterschiedlichem Ausmaß ­ und häufig
unzureichend ­ über die für Unternehmensführung unter heutigen Bedingungen er-
forderlichen Kompetenzen.
-
Während KMU grundsätzlich formellen Formen der Weiterbildung reserviert gegen-
über stehen, sehen sie in der Kompetenzentwicklung des Führungspersonals den Be-
reich, in dem sie am stärksten auf externe Unterstützung angewiesen sind.
-
Führungskräften von KMU kommt bei der Kompetenzentwicklung im Gesamtunter-
nehmen eine Schlüsselrolle im Sinne des Kaskadenmodells zu: Eine Führungskraft
erwirbt im Sinne dieses Modells extern neue Kompetenzen und gibt sie im Unterneh-
men ,,nach unten" weiter.
Weiterbildung ­ insbesondere von Fach- und Führungskräften ­ wird in KMU und Familien-
unternehmen jedoch oftmals vernachlässigt. In KMU und Familienunternehmen sind nicht
nur die personellen und zeitlichen Ressourcen äußerst eng bemessen und lediglich eine eng
begrenzte Möglichkeit auf externe Finanzierungsquellen vorhanden, sondern es fehlt auch
an qualifizierten Experten und systematisierten, im Unternehmen verbreiteten Planungs- und
Regelsystemen.
26
Es gibt keine Konzepte zum Personalmanagement, d. h. Personalentwicklung und Weiterbil-
dung, noch wird Innovations- oder Wissensmanagement betrieben. Prozesse sind eher un-
flexibel, da Konzepte zur Früherkennung von Chancen und Risiken weitestgehend unbe-
kannt sind und auch Strategisches Management unzureichend umgesetzt wird. Bemühun-
gen, Controllingsysteme wie z. B. die Balanced Scorecard einzuführen, scheitern an der Tat-
sache, dass oft keine Kennzahlen vorhanden sind.
27
26
Sroka, Wendelin: 10. Statusbericht im Rahmen des Internationalen Monitoring Lernkultur Kompe-
tenzentwicklung, S. 25
27
Stuhldreier, Jens: Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU durch qualifikatorische Anpassung,
S. 46

22
2.7 Ansatzpunkte von KMU und Familienunternehmen
Mittelständische Unternehmen arbeiten am Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit: Sie rationali-
sieren, strukturieren um und fokussieren sich auf ihre Kernkompetenzen. Ein hoher Prozent-
satz der Unternehmen will künftig expandieren und seine Aktivitäten im Ausland deutlich
ausweiten, gleichzeitig ist aber auch Ernüchterung über die Chancen der neuen Märkte zu
beobachten.
28
In den nächsten zwei Jahren (2006-2007) planen KMU und Familienunter-
nehmen eine Reihe von Maßnahmen, um Ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
29
Geplante Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
40,9
29,2
18,4
17,3
16,8
14,4
11,4
11,0
9,8
7,6
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
Ra
tio
nal
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i
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%
(Me
h
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hn
en
ung
en
glich
)
Abbildung 5 - Geplante Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
30
Der Großteil an Unternehmen setzt somit auf interne und reaktive Maßnahmen der Rationa-
lisierung und Kostensenkung als Antwort auf Umfeldveränderungen. Die kreativen Gestal-
tungsspielräume im Markt werden nicht oder unzureichend genutzt.
28
Mind ­ Mittelstand in Deutschland,
www.mind-mittelstand.de
, 7.9.2006, S. 18
29
Mind ­ Mittelstand in Deutschland,
www.mind-mittelstand.de
, 7.9.2006, S. 24
30
Mind ­ Mittelstand in Deutschland,
www.mind-mittelstand.de
, 7.9.2006, S. 23

23
2.8 Zukünftige Entwicklungen, Risiken und Chancen
Unternehmen bewegen sich in einem Umfeld mit hoher Entwicklungsdynamik. Die An-
schlussfähigkeit des Systems Unternehmen an dieses Umfeld muss durch entsprechende
Veränderungen im Unternehmen langfristig sichergestellt werden. Erfolge in der Vergangen-
heit bieten keine Sicherheit mehr für die Bewältigung der Zukunft. Insgesamt lässt dieses
erhöhte Tempo die Schere zwischen den erforderlichen Reaktionszeiten und dem tatsächli-
chen Zeitbedarf für Veränderungen in Wirtschaftsorganisationen immer mehr auseinander-
klaffen.
31
Die neuen Herausforderungen sind in den hoch entwickelten westlichen Industrieländern
weiterhin begleitet von standortspezifischen Hemmnissen. Deutschland ist mit seiner Rege-
lungsdichte hiervon besonders betroffen.
32
Der Mittelstand leidet stärker unter negativen
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als Großunternehmen. Die hohe Steuerlast ist für viele
Mittelständler problematisch. Die Arbeit von Industrie- und Handelskammern wird zuneh-
mend negativ bewertet und die Pflichtmitgliedschaft steht in der Kritik.
33
Eine Änderung dieser Trends ist zumindest mittelfristig nicht zu erwarten, vielmehr kann man
aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass die von den Unternehmen erwartete Anpassungs-
geschwindigkeit zukünftig eher noch zunehmen wird. Trotz dieser anhaltend schwierigen
Rahmenbedingungen gilt jedoch weiterhin, dass Unternehmen, die sich rechtzeitig auf das
entsprechende Umfeld einstellen, dadurch die Chance haben, eine gute Marktposition und
damit Profitabilität zu erreichen. Auch in den schwierigsten Branchen gibt es Unternehmen,
die aufgrund ihrer Positionierung profitabel wirtschaften.
34
31
Wimmer, Rudolf: Beratung und Organsiation, S. 72-73
32
Bamberger, Ingolf: Strategische Unternehmensberatung, S. 76
33
Mind ­ Mittelstand in Deutschland,
www.mind-mittelstand.de
, 7.9.2006, S. 48
34
Bamberger, Ingolf: Strategische Unternehmensberatung, S. 77

24
3 Theoriegeleitete Überlegungen zu Beratungsinstrumenten in KMU
3.1 Entwicklung der klassischen Betriebswirtschaftslehre
Die Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre kann geschichtlich in drei Hauptphasen unter-
teilt werden:
1. etwa 1900 ­ 1939, Taylorismus
= klassisch, traditioneller Ansatz mit mechanistischem Menschenbild
2. etwa 1930 ­ 1960, Human Relations Bewegung
= Mayo, Maslow, Herzenberg
3. etwa 1960 bis heute, Moderne Ansätze
= Interdisziplinäre Ansätze, Organisationsentwicklung, Kulturansätze
Dabei wurde die Betriebswirtsaftslehre zu Beginn des letzten Jahrhunderts sehr stark von
der ,,wissenschaftlichen Betriebsführung" (Scientific Management nach Taylor = Taylorismus)
geprägt. Das Ziel war Produktivitätssteigerung durch die Optimierung fertigungstechnischer
Abläufe. Der Mensch wurde als maschinenähnlicher Produktionsfaktor verstanden und Fra-
gen der Standardisierung und Effizienzsteigerung bei weitgehender Vernachlässigung des
Humanpotenzials standen im Vordergrund.
Das nach Taylor geprägte mechanistische Menschenbild fand auch Eingang in die durch
Gutenberg geprägte betriebswirtschaftliche Produktions- und Kostentheorie. Sie bezieht die
menschliche Arbeitsleistung, neben den Betriebsmitteln und Werkstoffen als dritten Produk-
tionsfaktor in das System der Produktionsfaktoren mit ein. Die Zusammenhänge der indus-
triellen Leistungserstellung werden in mathematisch formalisierten Produktions- und Kosten-
funktionen ausgedrückt. Gutenberg weist jedoch darauf hin, dass sich der wirtschaftende
Mensch mit seinen nicht quantitativ fassbaren, irrationalen Eigenschaften und Handlungs-
weisen nicht allein nach dem Rationalitätsprinzip verhält und so die Entwicklung eines Un-
ternehmens auch von einer Reihe sozialer und persönlicher Faktoren abhängt.
Als Reaktion auf den einseitig ingenieurwissenschaftlichen Taylorismus entstand in der ame-
rikanischen Betriebspsychologie und -soziologie die Human Relations Bewegung. Diese hu-
manistische Managementtheorie ist gekennzeichnet durch die Betonung der humanen und
sozialen Faktoren und menschlichen Aspekte der Arbeit. Der Mensch ist nicht nur Produkti-
onsfaktor sondern ein soziales Wesen. Der Ursprung liegt bei den von Mayo durchgeführten
,,Hawthorne-Experimenten" bei der Western Electric Company in Chicago. Die Variation der
Beleuchtung in Werkstätten als Rationalisierungsmaßnahmen erklären Schwankungen in der
Produktivität nicht. Nach Mayo hängt die Arbeitsleistung nicht nur von den objektiven Ar-
beitsbedingungen, sondern mehr von sozialen Faktoren ab.

25
Zu Beginn der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts vollzog sich ein Wertewandel in der Ar-
beitswelt. Neben der immer stärker werdenden Kritik an tayloristischen Arbeitsstrukturen,
drückt sich diese Entwicklung aufgrund einer zunehmenden Sättigung materieller Bedürfnis-
se durch eine Suche nach höherer Lebens- und Arbeitsqualität aus. Zugrunde liegt die gene-
relle Forderung nach Selbstverwirklichung in der Arbeitswelt durch die praktische Gestaltung
menschengerechter Arbeitsstrukturen und Arbeitsinhalte als wichtige Motivationsquellen. Im
Mittelpunkt der Humanisierungsdebatte stehen die Ausweitung des Handlungsspielraums,
Persönlichkeitsentwicklung und die Qualifizierung der Mitarbeiter.
Hieraus entwickelte sich die Entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre ­ als Konkre-
tisierung der sozialwissenschaftlichen Ansätze ­ durch Berücksichtigung des Themenberei-
ches ,,Führung" zu einer Unternehmensführungslehre.
35
3.2 Aktuelle Trends in der Betriebswirtschaftslehre
Durch die Globalisierung der Märkte, die steigende Investitionsdynamik, die Entstehung von
Käufermärkten hat sich die Wettbewerbssituation der Unternehmen in den letzten Jahren
deutlich verschärft. Die Differenzierung von Wettbewerbern wird immer schwieriger, da sich
die Produkte zunehmend gleichen. Innovationen sind in immer kürzeren Zeitabständen not-
wendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Kunden verlangen individuelle, auf ihr Problem
abgestimmte Produkte und Problemlösungen.
Die Betriebswirtschaftslehre ist ihrem Charakter nach eine Lehre der systematischen Erörte-
rung von betrieblichen Steuerungsproblemen. Moderne Konzepte der Betriebswirtschaftsleh-
re beschäftigen sich mit den vorgenannten praktischen Problemen bei dem Aufbau und der
Steuerung von Unternehmen. Das Prinzip der Problemorientierung fordert auf, über alle Dis-
ziplingrenzen hinweg, auftretende Probleme bei der Steuerung von Betrieben zu verstehen.
Der Systemansatz der Betriebswirtschaftslehre, der die Vernetzung des Unternehmens mit
dem Umfeld betont, führte zu einer stärkeren Management-Orientierung. Betriebswirtschaftli-
che Probleme und deren Lösungen kommen nicht isoliert vor, sondern immer im Verbund mit
Problemen der Unternehmensführung.
36
Ein Unternehmen gewinnt Legitimität durch die Generierung eines Nutzens durch den Ein-
satz knapper Ressourcen. Diese Funktion muss neben den ökonomischen auch ökologische
Aspekte in betriebswirtschaftliche, ganzheitliche Aussagesysteme einbeziehen.
37
Die Konzeption einer allgemeinen Unternehmenslehre der Hochschule St. Gallen löst sich
von der Betrachtungsweise der traditionellen Betriebswirtschaftslehre, die Problembereiche
nur auf ihre rein ökonomische Dimension zu beschränken, indem die Unternehmen als viel-
35
Heinen, Edmund: Betriebswirtschaftliche Führungslehre, S. 15ff
36
Hopfenbeck, Waldemar: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, S. 52
37
Hopfenbeck, Waldemar: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, S. 139

26
dimensionale Ganzheit verstanden wird. Diesem Ansatz liegt die Benutzung der Allgemeinen
Systemtheorie zugrunde.
38
Um den heutigen Anforderungen an Unternehmen durch die Veränderung auf den Märkten,
den hohen Innovationsdruck durch die IuK-Technologie und den Wertewandel in Wirtschaft
und Gesellschaft gerecht zu werden, muss gerade für KMU und Familienunternehmen ein
innovative systemische und ganzheitliche betriebswirtschaftliche Methode entwickelt werden.
3.3 Besonderheiten der KMU-Beratung
Die meisten Unternehmer in Klein- und Mittelbetrieben haben eine primär handwerk-
lich/fachtechnisch und eher selten akademische Ausbildung. Oftmals bestehen daher
Schwächen im Bereich Betriebswirtschaft und Management, weshalb grundsätzlich ein Be-
darf nach externer Beratung besteht.
39
Trotz Beratungsförderungsprogrammen für Klein- und Mittelbetriebe nutzen KMU Unterneh-
mensberatung eher wenig. Die Beraterquote (Anteil Unternehmen, die Unternehmensbera-
tung in Anspruch nehmen) wird bei mittelständischen deutschen Unternehmen heute mit
etwa 40 % als sehr gering im Vergleich zu den USA (90 %) eingeschätzt. Dagegen verzeich-
nen Großunternehmen eine Beraterquote von 90 %.
Lediglich sieben Prozent der kleinen Unternehmen arbeiten kontinuierlich beziehungsweise
mehrmals mit Beratern zusammen.
40
Nur etwa 5 % des Umsatzes der gesamten Beratungs-
branche in Deutschland werden von KMU generiert, bei einem Anteil von 99,6 % aller um-
satzsteuerpflichtigen Unternehmen.
41
Die Literatur geht von einem wachsenden Beratungsmarkt für Klein- und Mittelbetriebe aus,
der noch Potenzial in sich trägt. Deutlich wird dies auch an dem wachsenden Interesse inter-
nationaler Beratungsgesellschaften, die zunehmend auch Mittelstandsberatung anbieten.
42
38
Hopfenbeck, Waldemar: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, S. 53
39
Haake, Klaus: Beratung in Klein- und Mittelunternehmen (KMU). In: Bamberger, Ingolf (Hrsg.): Stra-
tegische Unternehmensberatung, Wiesbaden, S. 247.
40
Kohr, Jürgen: Die Auswahl von Unternehmensberatungen: Klientenverhalten ­ Beratermarketing,
München und Mering, S. 36.
41
Mind ­ Mittelstand in Deutschland,
www.mind-mittelstand.de
, 7.9.2006
42
Vgl. dazu bspw. das Leistungsangebot von BearingPoint, Inc. und PricewaterhouseCoopers AG:
http://www.bearingpoint.de/content/solutions/index_3590.htm
, 26.7.2006;
http://www.pwc.com/de/-
mittelstand/leistungen.html
, 26.7.2006

27
3.3.1 Gründe geringer Inanspruchnahme von Beratungsleistungen
Die Zurückhaltung von KMU und Familienbetrieben gegenüber Unternehmensberatern resul-
tiert aus folgenden Gründen:
-
Schlechte Erfahrung (eigene oder fremde);
-
Erwartung zu hoher Beratungskosten;
-
Nutzen von Beratungen ist unbekannt;
-
Schlechtes Image der Berater (fehlendes Vertrauen);
-
Angst vor Geheimnisverrat;
-
Existente Missverständnisse über das Wesen der Unternehmensberatung;
-
Ergebnisse der Beratungsleistung sind meist erst später erkennbar;
-
Zusätzlicher Zeitbedarf;
Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt in der Mentalität des Unternehmers begründet. Vielfach
besteht eine Scheu gegenüber Beratern, weil deren Inanspruchnahme als ein Zeichen von
Schwäche gedeutet werden könnte. Zudem besteht die Gefahr, dass im Zuge der Ist-
Analyse Schwachstellen im Management des Unternehmens aufgedeckt werden könnten.
43
Gründe für die Beauftragung von Beratungsunternehmen aus KMU-Sicht
8,0%
9,5%
15,6%
17,5%
18,2%
23,0%
26,0%
33,9%
57,8%
62,7%
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
70,0%
Andere
Verantwortungsverlagerung nach Außen
Bestätigung einer intern gefundenen
Lösung
Aussagen eines Experten haben mehr
Gewicht
keine interne Kapazität
Kostengünstiger als firmeninterne
Problemlösung
Bewältigung von Krisensituationen
Beratung wurde finanziell gefördert
Fehlendes internes Know-how
Objektive Analyse durch einen Experten
Abbildung 6 - Beauftragungsgründe für Berater aus KMU-Sicht
44
43
Risse, Winfried: Marketing für die Beratung: Beruf und Rolle des Wirtschafts- und Unternehmensbe-
raters in Klein- und Mittelbetrieben, S. 40f.
44
Kailer, Norbert; Walger, Gerd: Perspektiven der Unternehmensberatung von Klein- und Mittelbetrie-
ben, S. 33

28
3.3.2 Einschränkung Problemorientierung
Die charakteristische Besonderheit der KMU-Beratung ist deren Problemorientierung. So
zieht der KMU-Unternehmer meist erst dann einen Berater hinzu, wenn er von einem konkre-
ten Problem betroffen ist. Die Erwartungshaltung des KMU-Unternehmers ist somit problem-
oder anlassorientiert und nur in wenigen Fällen ,,konzeptorientiert", d. h. er erwartet keine
wissenschaftlich fundierten Konzepte, sondern konkrete Problemlösungen, die rasch in die
Praxis umzusetzen sind und die gewünschten Erfolge zeigen.
45
Das Problem, welches sich für den Berater aus der konkreten Erwartungshaltung ergibt, liegt
darin, dass die Probleme oftmals nur in den wenigsten Fällen direkt und schnell gelöst wer-
den können. Es sind stimmige Konzepte nötig, die nur mit einer fundierten Analyse des Prob-
lems und dessen Umfeldes resultieren können. Für diese fundierten Analysen, die daraus
resultierenden Konzepte und Interventionen, ist der KMU-Unternehmer oftmals nicht bereit
zu vergüten. Hier ist das Verhandlungsgeschick des Beraters gefragt, um die Wichtigkeit der
Analyse- und Konzeptarbeiten zu rechtfertigen.
46
Aus Kundensicht ist die vorwiegende Tätig-
keitsform der KMU-Berater die Fachberatung zu speziellen Themen sowie das Verfassen
von schriftlichen Gutachten.
47
3.4 Mögliche Blockaden im Beratungsprozess
Bei der Beratung von Klein- und Mittelbetrieben muss besonders der personale Aspekt be-
rücksichtigt werden. Die typische Kommunikationsstruktur in der Beratung von Klein- und
Mittelbetrieben ist meistens: Unternehmer ­ Berater, und nicht: Geschäftsleitung ­ Bera-
tungsteam, wie in Großbetrieben. Dieses hat zwar den Vorteil, dass der Berater den spezifi-
schen Ablauf in Kleinbetrieben schnell erfassen kann. Andererseits sind persönlich bedingte
Kommunikationsprobleme beider Partner kaum zu lösen. Auch die psychologische Ähnlich-
keit zwischen häufig selbständig agierendem Berater und dem unabhängigen Unternehmer
birgt Konfliktstoff: denn ,,diese führt in der Regel nicht zu einer Akzeptanz, sondern überra-
schenderweise wird der demselben wirtschaftlichen Milieu entstammende Berater mit mehr
Misstrauen belegt als der angestellte Berater großer Beratungsunternehmen."
48
Eine weitere Besonderheit von Klein- und Mittelbetrieben liegt darin, dass die Unterneh-
mensleitung oft nicht in dem Maße verändert werden kann, wie dies für eine Erfolg verspre-
chende Führung des Betriebes notwendig wäre. Der Berater stellt fest, dass die Vorausset-
45
Haake, Klaus: Beratung in Klein- und Mittelunternehmen (KMU). In: Bamberger, Ingolf (Hrsg.): Stra-
tegische Unternehmensberatung, S. 251.
46
Mugler, Josef: Unternehmensberatung für Klein- und Mittelbetriebe. In: Hofmann, Michael (Hrsg.):
Theorie und Praxis der Unternehmensberatung: Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven,
Heidelberg 1991, S. 379.
47
Bamberger, Ingolf: Strategische Unternehmensberatung, S. 228
48
Sertl, Walter: Klein- und Mittelbetriebe ­ ein eigenständiges Beratungsfeld. In: Hofmann, Michael;
Sertl, Walter (Hrsg.): Management Consulting: Ausgewählte Probleme und Entwicklungstendenzen
der Unternehmensberatung, S. 311.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836617291
DOI
10.3239/9783836617291
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
International School of Management, Standort Dortmund – General Management, Maste of Business Administration
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
1,3
Schlagworte
unternehmensberatung strategisches management unternehmensführung familienunternehmen flexibilität
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Titel: Fitnessprogramm für KMU und Familienunternehmen
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