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Kernkompetenzen im Gashandel

Ansätze einer Übertragung des Konzeptes auf den Gashandel nach der Liberalisierung

©2007 Diplomarbeit 126 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Der deutsche Gasmarkt hat sich in den letzten Jahren von den Starrheiten einer Monopolindustrie etwas gelöst und ist dabei sich zu einem Wirtschaftszweig zu entwickeln, der sich wieder stärker an Angebot und Nachfrage orientiert. Im Zuge der Liberalisierung der europäischen Gasmärkte wurden auch in Deutschland neue Unternehmen gegründet, die nun versuchen, mehr oder weniger unabhängig von den früheren Monopolkonzernen, ihren Platz in der Wertschöpfungskette des Gashandels zu finden. Insofern ist es von Interesse, ob es für Gashandelsunternehmen die Möglichkeit gibt, sich von Wettbewerbern abzugrenzen und durch die Fokussierung einen Vorteil zu erlangen.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit geht daher der Frage nach, ob der in der betriebswirtschaftlichen Literatur weit verbreitete Kernkompetenzansatz auf den Gashandel im liberalisierten deutschen Gasmarkt übertragbar ist und welche Kernkompetenzen in diesem Fall im Gashandel identifiziert werden können. Die Motivation für diese Arbeit entstand aufgrund der nur spärlichen Behandlung entsprechender Fragestellungen in der Literatur. Um den Kernkompetenzansatz zu verstehen, wird er zunächst im folgenden Kapitel 2 näher beleuchtet. Es wird auf die grundlegenden Gedanken:
- Des ressourcenorientierten Ansatzes (Abschnitt 2.2).
- Der kompetenzorientierten Betrachtungsweisen (Abschnitt 2.4).
- Der Theorien zu dynamischen Fähigkeiten (Abschnitt 2.6)
eingegangen. Zum besseren Verständnis können verschiedene Definitionen von ressourcenorientierten Begriffen verglichen (Abschnitt 2.3) und der strategische Aspekt von Kernkompetenzen erläutert werden (Abschnitt 2.5). Am Ende des Kapitels wird in Abschnitt 2.7 ein theoretischer Bezugsrahmen mit Arbeitsdefinitionen vorgestellt, der durch Operationalisierung eine Übertragung in die Praxis möglich macht. Im gesamten Kapitel 2 werden vorwiegend abstrahierende theoretische Grundlagen aufgearbeitet, um der späteren empirischen Analyse eine Richtung zu geben.
Danach können im Kapitel 3 strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen des Gasmarktes und ihre Auswirkungen vorgestellt werden, um einen Überblick über die politische und wirtschaftliche Situation des liberalisierten Gashandels in Europa und Deutschland zu erhalten. Dabei werden zuerst Besonderheiten des Energieträgers Erdgas beschrieben (Abschnitt 3.2), gefolgt von einer Darstellung der Wertschöpfungskette und Struktur der deutschen Gaswirtschaft (Abschnitte 3.3 […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Benjamin Viertel
Kernkompetenzen im Gashandel
Ansätze einer Übertragung des Konzeptes auf den Gashandel nach der Liberalisierung
ISBN:
978-3-8366-1725-3
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Technische Universität Chemnitz, Chemnitz, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
Covermotiv: © Alex Timaios - Fotolia.com
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
V
1 Aufbau der Arbeit
1
2 Theoretische Grundlagen des Kernkompetenzgedankens
4
2.1
Überblick
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.2
Liberalisierter Gashandel aus Ressourcenperspektive . . . . . . . . . . . .
4
2.3
Ressourcenbegriffe in der wissenschaftlichen Literatur . . . . . . . . . . .
6
2.4
Kompetenzorientierung als handlungsbezogene Erweiterung . . . . . . . .
8
2.5
Kernkompetenzen sind strategische Optionen . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.6
Dynamische Fähigkeiten als Anwendung des ressourcenorientierten An-
satzes in dynamischen Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
2.7
Theoretischer Bezugsrahmen für die Identifikation von Kernkompetenzen
im liberalisierten Gashandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.7.1
Definitionen: Ressourcen, Fähigkeiten, Kernkompetenzen . . . . .
16
2.7.2
Prozess und Arbeitsschritte zur Identifikation von Kernkompetenzen 18
2.8
Ausblick auf die empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3 Strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen der Erdgasmärkte
22
3.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
3.2
Charakteristika und Bedeutung des Energieträgers Erdgas
. . . . . . . .
23
3.3
Die Wertschöpfungskette der Gaswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.3.1
Produktion
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.3.2
Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
3.3.3
Speicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.3.4
Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.4
Wirtschaftliche Struktur der deutschen Gaswirtschaft . . . . . . . . . . .
27
3.4.1
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.4.2
Struktur der Produktionsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
3.4.3
Struktur der Import- und Ferngasstufe . . . . . . . . . . . . . . .
29
3.4.4
Regionalgasstufe
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.4.5
Ortsgasstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3.4.6
Endverbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
3.5
Die Liberalisierung der europäischen Erdgasmärkte . . . . . . . . . . . .
34
3.5.1
Hohe Versorgungssicherheit bei monopolistischer Preisbildung . .
34
I

3.5.2
Entstehung der Idee eines Energiebinnenmarktes . . . . . . . . . .
35
3.5.3
Beschleunigungsrichtlinie Erdgas & EU-Netzzugangsverordnung .
38
3.5.4
Gashandelsplätze in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
3.6
Umsetzung der europäischen Richtlinien in Deutschland . . . . . . . . . .
42
3.6.1
Verbändevereinbarungen der Gaswirtschaft . . . . . . . . . . . . .
42
3.6.2
Kritik am deutschen Sonderweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
3.6.3
Vom verhandelten zum regulierten Netzzugang . . . . . . . . . . .
45
3.6.4
Aktuelle Probleme der langfristigen Gaslieferverträge . . . . . . .
47
3.6.5
Zwischenfazit zu den Liberalisierungsbemühungen . . . . . . . . .
47
3.6.6
Gaspreisbildung und tatsächliche Kostenstruktur in Deutschland .
49
3.7
Auswirkungen der Liberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
3.7.1
Anpassung der Unternehmensstrukturen . . . . . . . . . . . . . .
51
3.7.2
Marktstruktur und Etablierung von Gashandelspunkten . . . . . .
52
3.7.3
Bemühen um die Versorgungssicherheit . . . . . . . . . . . . . . .
53
3.7.4
Entwicklung des Gaspreises
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
3.8
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
4 Unternehmensfunktionen und Prozesse im liberalisierten Gashandel
56
4.1
Hinführung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
4.2
Aufbau und Organisation von Handelseinheiten . . . . . . . . . . . . . .
57
4.2.1
Allgemeiner Handelsrahmen für Handelsunternehmen . . . . . . .
58
4.2.2
Spezieller Rechtsrahmen für bestimmte Handelsgeschäfte . . . . .
58
4.2.3
Rechnungslegungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
4.2.4
Die Rolle des Eigenhandels in europäischen Energieunternehmen .
60
4.2.5
Aufgaben, Pflichten, Rechte & Limitierungen des front office . . .
61
4.2.6
Die Unterstützungsfunktionen: middle office ­ back office ­ IT . .
62
4.2.7
Risikocontrolling und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
4.2.8
Kreditrisikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
4.2.9
Der Einfluss des Werpapierhandelsgesetzes auf den Energiehandel
66
4.3
Netzzugang im liberalisierten deutschen Gasmarkt . . . . . . . . . . . . .
67
4.3.1
Das Entry-Exit-System im Basismodell der Bundesnetzagentur . .
67
4.3.2
Aufteilung der Marktgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
4.3.3
Klärungsbedürftige Punkte im Basismodell . . . . . . . . . . . . .
71
4.3.4
Das Vertragspaket der GEODE . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
4.4
Umsetzung des Basismodells der Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . .
72
4.4.1
Bilanzkreis und virtueller Handelspunkt
. . . . . . . . . . . . . .
73
4.4.2
Bilanzkreiskoordinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
4.4.3
Transporte innerhalb eines Marktgebietes . . . . . . . . . . . . . .
75
4.4.4
Marktgebietsüberschreitender Transport . . . . . . . . . . . . . .
76
4.4.5
Lieferantenwechsel
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
4.4.6
Einbindung von Gasspeichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
4.4.7
Lieferverträge und EFET-Rahmenverträge für physischen Handel
79
4.4.8
Die Aufteilung des deutschen Gashandelsgebietes . . . . . . . . .
80
4.4.9
Handlungsempfehlungen für die Umsetzung des Basismodells . . .
83
II

5 Theoriegeleitete empirische Ableitung von Kernkompetenzen im liberali-
sierten Gashandel
85
5.1
Erläuterung des Vorgehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
5.2
Allgemeine Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
5.3
Anonymisierte beispielhafte Darstellung von empirischen Ergebnissen . .
88
5.3.1
Unternehmen A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
5.3.2
Unternehmen B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
5.3.3
Unternehmen C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
5.4
Kernkompetenzen im liberalisierten Gashandel . . . . . . . . . . . . . . .
92
6 Abschluss und kritische Würdigung der Übertragbarkeit des Kernkompe-
tenzansatzes auf den liberalisierten Gashandel
96
A Anhang
X
III

Abbildungsverzeichnis
1.1
Konzept der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2.1
Gegenüberstellung von markt- und ressourcenorientiertem Ansatz . . . .
5
2.2
Gemeinsamkeiten und Unterschiede von ressourcenorientiertem und kom-
petenzorientiertem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.3
Verhältnis von Ressourcen und Fähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.4
Arbeitsschritte zur Identifikation von Kernkompetenzen in der Empirie .
19
3.1
Wertschöpfungskette in der Gaswirtschaft
. . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.2
Struktur der deutschen Gaswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
3.3
Entwicklung des Imports von Naturgas . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
3.4
Grenzübergangspreise für Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.5
Europäisches Gasversorgungsnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
3.6
Wesentliche Schritte der Liberalisierung in Europa . . . . . . . . . . . . .
39
3.7
Für Deutschland relevante Handelsplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
3.8
Gesetzgeberische Rahmenbedingungen in Deutschland . . . . . . . . . . .
46
4.1
Grobgliederung der Funktionen und Prozesse im Gashandel . . . . . . . .
56
4.2
Rahmenbedingungen für und Anforderungen an die Handelseinheit . . . .
57
4.3
Gaslieferung nach dem Basismodell der BNetzA . . . . . . . . . . . . . .
68
4.4
Marktgebiet RWE West für niederkalorisches Gas . . . . . . . . . . . . .
82
4.5
Marktgebiet RWE West für hochkalorisches Gas . . . . . . . . . . . . . .
82
4.6
Wertschöpfungspotential bei der Umsetzung des Basismodells
. . . . . .
84
5.1
Situation in der liberalisierten Gaswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . .
87
5.2
Kompetenzen in den Wertschöpfungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . .
93
5.3
Systematisierung von Handelsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
A.1 Marktgebiete 2006
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
X
A.2 Legende der Marktgebiete 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
A.3 Marktgebiet E.On Ruhrgas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII
IV

Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BDI
Bundesverband der Deutschen Industrie
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGW
Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft
BKK
Bilanzkreiskoordinator
BKV
Bilanzkreisverantwortlicher
BNetzA
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und
Eisenbahnen
bspw.
beispielsweise
ca.
circa
CBV
Capability based view (Kompetenzorientierter Ansatz)
CO
2
Kohlendioxid
d.h.
das heißt
EEX
European Energy Exchange
V

EFET
European Federation of Energy Traders (Europäische Vereinigung von
Energiehändlern)
EnWG
Energiewirtschaftsgesetz
EU
Europäische Union
EVG
Erdgasversorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen
evtl.
eventuell
FGN
Ferngas Nordbayern
GasNEV
Gasnetzentgeltverordnung
GasNZV
Gasnetzzugangsverordnung
GEODE
Groupment Européen des entreprises et Organismes de Distribution d`Energie
(Europäischer Verband der unabhängigen Verteiler- und Versorgungsun-
ternehmen)
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GVS
Gasversorgung Süddeutschland
GVU
Gasversorgungsunternehmen
HGB
Handelsgesetzbuch
i.e.S.
im engeren Sinn
i.S.v.
im Sinn von
IPE
International Petroleum Exchange
IT
Informationstechnologie
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
KWG
Kreditwesengesetz
VI

LNG
Liquefied natural gas (Für den Transport verflüssigtes Erdgas)
MaH
Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften
MaIR
Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der Internen Revision
MaK
Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft
MaRisk
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
MBV
Market-based view of the firm (Marktorientierter Ansatz)
MGV
Marktgebietsverantwortlicher
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
MüT
Marktgebietsüberschreitender Transport
NBP
National Balancing Point
NNE
Netznutzungsentgelt
OTC
Over the counter - außerbörslich, bilateral
RBV
Ressouced-based view of the firm (Ressourcenorientierter Ansatz)
SGE
Strategische Geschäftseinheit
sog.
sogenannte/n
TTF
Title Transfer Facility
u.a.
unter anderem
usw.
und so weiter
VIK
Verband der Industriellen Energie- und Kraftwerkswirtschaft e.V.
VII

VKU
Verband kommunaler Unternehmen
VNG
Verbundnetz Gas
VP
Virtueller Handelspunkt
VV Gas
Verbändevereinbarung Gas
VV Gas II
Verbändevereinbarung Gas II
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
öVNB
Öffentlicher Verteilnetzbetreiber
üFNB
Überregionaler Ferngasnetzbetreiber
VIII

1 Aufbau der Arbeit
Der deutsche Gasmarkt hat sich in den letzten Jahren von den Starrheiten einer Mono-
polindustrie etwas gelöst und ist dabei sich zu einem Wirtschaftszweig zu entwickeln, der
sich wieder stärker an Angebot und Nachfrage orientiert. Im Zuge der Liberalisierung
der europäischen Gasmärkte wurden auch in Deutschland neue Unternehmen gegründet,
die nun versuchen, mehr oder weniger unabhängig von den früheren Monopolkonzernen,
ihren Platz in der Wertschöpfungskette des Gashandels zu finden. Insofern ist es von In-
teresse, ob es für Gashandelsunternehmen die Möglichkeit gibt, sich von Wettbewerbern
abzugrenzen und durch die Fokussierung einen Vorteil zu erlangen. Die vorliegende Ar-
beit geht daher der Frage nach, ob der in der betriebswirtschaftlichen Literatur weit ver-
breitete Kernkompetenzansatz auf den Gashandel im liberalisierten deutschen Gasmarkt
übertragbar ist und welche Kernkompetenzen in diesem Fall im Gashandel identifiziert
werden können. Die Motivation für diese Arbeit entstand aufgrund der nur spärlichen
Behandlung entsprechender Fragestellungen in der Literatur. Um den Kernkompe-
tenzansatz zu verstehen, wird er zunächst im folgenden Kapitel 2 näher beleuchtet. Es
wird auf die grundlegenden Gedanken
· des ressourcenorientierten Ansatzes (Abschnitt 2.2),
· der kompetenzorientierten Betrachtungsweisen (Abschnitt 2.4) und
· der Theorien zu dynamischen Fähigkeiten (Abschnitt 2.6)
eingegangen. Zum besseren Verständnis können verschiedene Definitionen von res-
sourcenorientierten Begriffen verglichen (Abschnitt 2.3) und der strategische A-
spekt von Kernkompetenzen erläutert werden (Abschnitt 2.5). Am Ende des Kapitels
wird in Abschnitt 2.7 ein theoretischer Bezugsrahmen mit Arbeitsdefinitionen vor-
gestellt, der durch Operationalisierung eine Übertragung in die Praxis möglich macht.
Im gesamten Kapitel 2 werden vorwiegend abstrahierende theoretische Grundlagen auf-
gearbeitet, um der späteren empirischen Analyse eine Richtung zu geben.
1

Danach können im Kapitel 3 strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen des
Gasmarktes und ihre Auswirkungen vorgestellt werden, um einen Überblick über die
politische und wirtschaftliche Situation des liberalisierten Gashandels in Europa und
Deutschland zu erhalten. Dabei werden zuerst Besonderheiten des Energieträgers Erd-
gas beschrieben (Abschnitt 3.2), gefolgt von einer Darstellung der Wertschöpfungs-
kette und Struktur der deutschen Gaswirtschaft (Abschnitte 3.3 und 3.4). Abschnitt
3.5 beschäftigt sich mit Liberalisierungsbemühungen in Europa und schließt mit ei-
ner Darstellung europäischer Gashandelsplätze. Ziel dieses Abschnittes ist eine politi-
sche und wirtschaftliche Einordnung des deutschen Gasmarktes in Europa zum besseren
Verständnis der erforderlichen Fähigkeiten für den Gashandel nach der Liberalisierung.
Die Umsetzung der Liberalisierungsvorschriften in Deutschland erläutert Ab-
schnitt 3.6. Hier wird sowohl auf die Entwicklung vom verhandelten zum regulierten
Netzzugang eingegangen, wie auch auf aktuelle Probleme der langfristigen Lieferver-
träge und es kann ein grober Vergleich gezogen werden zwischen der Gaspreisbildung
und der tatsächlichen Kostenstruktur der Gaswirtschaft. Das Kapitel schließt mit einem
Resumee der Auswirkungen der Liberalisierung (Abschnitt 3.7).
Im Kapitel 4 werden die unternehmensprozessbezogenen Bedingungen des Gashandels
vor dem Hintergrund der Identifikation von Fähigkeiten und Kernkompetenzen vorge-
stellt. Hier wird vorwiegend anhand von praxisbezogener Literatur ein Überblick über
Abbildung 1.1:
Konzept der Arbeit
1
2

organisatorische und funktionale Grundlagen in Handelsunternehmen gege-
ben. Dabei wird auf Erfahrungen aus dem Stromhandel und jüngerem Gashandel zu-
rückgegriffen und nach einer kurzen Einführung der Aufbau und die Organisation
von Handelseinheiten beschrieben (Abschnitt 4.2). Weiterhin werden im Abschnitt
4.3 prinzipielle Aspekte und klärungsbedüftige Punkte des Netzzugangs auf Basis des
Entry-Exit-Modell der Bundesnetzagentur beschrieben. Danach kann detaillierter auf
die Umsetzung des Basismodells eingangen werden (Abschnitt 4.4). Am Ende des
Kapitels steht eine kurze Zusammenfassung der durch die Liberalisierung eröffneten
Wertschöpfungspotentiale für Gashandelsunternehmen, wofür als Grundlage die in
Kapitel 4 dargestellten Aspekte dienen. Das Kapitel sollte einen praxisbezogenen Über-
blick über die für eine Handelsaktivität notwendigen wesentlichen Fähigkeiten
geben und damit ­ neben den rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen in Ka-
pitel 3 und der Theorie von Kapitel 2­ ein weiteres Fundament für die darauf folgende
Analyse von Kernkompetenzen im liberalisierten Gashandel bilden.
Kapitel 5 schließt mit dem empirischen Teil der Untersuchung an. Dieser basiert auf
der Durchführung von 12 teilstrukturierten Interviews in fünf deutschen Gashandelsun-
ternehmen. Nach der Erläuterung des Vorgehens (Abschnitt 5.1) und der Darstellung
allgemeiner Ergebnisse in Abschnitt 5.2 können beispielhaft drei anonymisierte In-
terviewauswertungen vorgestellt werden, um die identifizierten Fähigkeiten des Un-
ternehmens und die daraus abgeleiteten Kernkompetenzen darzustellen. Dies geschieht
in Abschnitt 5.3. Die Gesamtheit der Interviews wird im Abschnitt 5.4 in konzentrierter
Form dargestellt. Diese Zusammenfassung liefert Hinweise auf sechs allgemeine Kern-
kompetenzen im liberalisierten Gashandel. Um dem strategischen Aspekt des kom-
petenzorientierten Ansatzes gerecht zu werden, folgt danach der Versuch einer Syste-
matisierung von Handelsunternehmen nach ihren Kernkompetenzen, auf deren
Basis eventuell strategische Überlegungen für Positionierungen einzelner Unternehmen
möglich sind. (Abschnitt 5.4). Die Arbeit schließt mit einem Fazit und der kritischen
Würdigung des theoriegeleiteten Vorgehens in Kapitel 6.
1
Quelle: Eigene Darstellung.
3

2 Theoretische Grundlagen des
Kernkompetenzgedankens
2.1 Überblick
Vor der Analyse von Kernkompetenzen muss die Frage nach deren Bedeutung und De-
finition stehen. Dieses Kapitel über theoretische Grundlagen beschäftigt sich daher mit
der Darstellung des ressourcenorientierten Ansatzes (RBV), auf dem die spätere
Analyse der Kernkompetenzen im Gashandel beruht. Zuerst wird der RBV eingegrenzt
(Abschnitt 2.2) und die Vielfalt an Definitionen verdeutlicht (Abschnitt 2.3). Danach
können weitere, auf ihm basierende Konzepte vorgestellt werden. Dazu gehören kompe-
tenzorientierte Ansätze als handlungsbezogene Erweiterung des RBV (Abschnitt 2.4),
der strategische Charakter von Kernkompetenzen (Abschnitt 2.5) und Theorien über
dynamische Fähigkeiten (Abschnitt 2.6). Im Abschnitt 2.7 auf Seite 16 wird schließlich
aus den vorgestellten Konzepten eine Reihe von Arbeitsdefinitionen und eine Vorge-
hensweise für die empirische Identifikation von Kernkompetenzen im liberalisierten
Gashandel abgeleitet.
2.2 Liberalisierter Gashandel aus
Ressourcenperspektive
In den 1980er Jahren wurde mit dem marktorientierten Ansatz (MBV) die Erklärung
für die Leistungsfähigkeit von Unternehmen in ihrer (externen) Umwelt gefun-
den:
2
Produktmärkte und Branchenstrukturen konnten als Determinanten aufgedeckt
2
Beispiele finden sich bei Chandler (1990); Caves/Porter (1977); Porter (1985); Porter (1999); Kogut
(1988); Williamson (1985)
4

und entsprechende Unternehmensstrategien geliefert werden.
3
Um den Einfluss der Um-
welt auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu verdeutlichen, wurde im Zuge
der Modellbildung die Rolle individueller Unternehmenseigenschaften vernachlässigt und
Unternehmen der gleichen Branche als prinzipiell gleichförmig in den von ihnen verfolgten
Strategien und ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen betrachtet. Sollten dennoch
kurzzeitig Unterschiede auftreten, so egalisierten sie sich modellgemäß durch die Mo-
bilität der zugrunde liegenden Ressourcen.
4
Vor diesem Hintergrund konnte man einen
Wettbewerbsvorteil erzielen, indem man als Unternehmen die eigenen Stärken an die Ge-
gebenheiten der Umwelt anpasste.
5
Dies wurde auch als structure-conduct-performance-
Paradigma bezeichnet und hat seine Wurzeln in der Industrieökonomik.
6
Mittlerweile
betrachten Forscher aber auch (wieder) die internen Qualitäten von Unternehmen
als Quelle für Erfolg und entwickeln Konzepte, die besagen, dass der langfristige Unter-
nehmenserfolg vor allem durch spezifische Unternehmensmerkmale beeinflusst wird.
7
Der
Abbildung 2.1:
Gegenüberstellung von markt- und ressourcenorientiertem Ansatz
8
ressourcenorientierte Ansatz begründet die Überlegenheit von bestimmten Unternehmen
durch deren spezielle Ausstattung mit Ressourcen. Hier wird davon ausgegangen, dass
Unterschiede in den (erfassbaren und nicht erfassbaren) Ressourcen von Unternehmen
sich über die Zeit anhäufen bzw. erlernt werden und die dadurch entstehende Heteroge-
nität den Grund für Wettbewerbsvorteile darstellt.
9
Gleichzeitig besagt die Theorie, dass
diese Ressourcen nicht mobil sind und daher kein Markt für sie existiert.
10
Abbildung
2.1 verdeutlicht die Gegensätze der Theorien. Um im Rahmen dieser Arbeit analysieren
zu können, welche Kernkompetenzen im Gashandel existieren, muss abgeleitet werden,
3
Vgl. Srivastava (2005), S. 50.
4
Vgl. Barney (1991), S. 100.
5
Vgl. Porter (1999); Vgl. Barney (1991).
6
Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 510.
7
Vgl. Götze/Mikus (1999), S. 6f.
8
Quelle: leicht modifiziert übernommen von Götze/Mikus (1999), S. 7.
9
Vgl. Barney (1991); Vgl. Dierickx/Cool (1989); Vgl. Dosi (1988); Vgl. Mahoney/Pandian (1992); Vgl.
Nelson/Winter (1982); Vgl. Wernerfelt (1984).
10
Vgl. Barney (1991), S. 101.
5

welche internen Eigenschaften Unternehmen dazu befähigen in diesem Markt langfristig
wettbewerbsfähig zu bleiben.
2.3 Ressourcenbegriffe in der wissenschaftlichen
Literatur
Spätestens seit Barney (1991) werden Vermögensgegenstände, Fähigkeiten, organisatio-
nale Prozesse, Unternehmenseigenschaften, Informationen und Wissen unter dem Kon-
strukt der Ressourcen zusammengefasst.
11
Dazu müssen sie dem Unternehmen er-
möglichen, Strategien zu entwickeln und zu implementieren, die dessen Effektivität und
Effizienz steigern.
12
Bereits in früherer Literatur können Hinweise auf eine ressourcen-
orientierte Sichtweise gefunden werden. So schreiben Learned et al. (1969), ,,that the ca-
pability of an organization is its demonstrated and potential ability to accomplish against
the opposition of circumstance or competition, whatever it sets out to do. Every orga-
nization has actual and potential strengths and weaknesses; it is important to try to
determine what they are and to distinguish one from the other."
13
Die Annahme ist, dass
Unternehmen aufgrund ihrer Entwicklung, durch glückliche Zufälle oder durch gezieltes
Vorgehen zu einzigartigen, nicht mit der Konkurrenz geteilten Ressourcen gelangen. Die
Nutzung dieser Ressourcen zur Gestaltung bedürfnisgerechter Angebote für bestimmte
Branchenmärkte führt zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen. Allerdings ist die Defini-
tion von Ressourcen in den unterschiedlichen Quellen nicht einheitlich. Um ihre Vielfalt
zu demonstrieren werden im Folgenden eine Reihe von Ressourcendefinitionen zu-
sammengefasst:
Nach Barney (1991) gehören zu Ressourcen ,,all assets, capabilities, organizational pro-
cesses, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the
firm to conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness.
(...) classified into three categories: (...)."
14
Während diese Definition einerseits eine Liste der Dinge, die zu Ressourcen gezählt
werden können, beschreibt und andererseits diesen bestimmte Eigenschaften zuweist,
11
Vgl. Srivastava (2005), S. 50f.
12
Diese Eigenschaften werden im Sinne einer traditionellen strategischen Analyse als Stärken eines
Unternehmens beschrieben. Barney (1991, Vgl.), S. 101.
13
Learned et al. (1969) zitiert bei Teece/Pisano/Shuen (2000), S. 335.
14
Barney (1991), S. 101.
6

fasst Wernerfelt (1984) allgemeine Stärken und Schwächen zusammen: ,,[resources
are] anything which could be thought of as a strength or weakness of a given firm."
15
Teece/Pisano/Shuen (1997) beziehen sich auf einzigartige, unternehmensspezifische
Güter: ,,(...) firm-specific assets that are difficult if not impossible to imitate. (...) Such
assets are difficult to transfer among firms because of transaction costs and transfer costs,
and because the assets may contain tacit knowledge."
16
Freiling (2004) sieht das ähnlich: ,,(...) result of successful asset refinement processes,
producing sustainable heterogeneity of the owning firm in competition and enabling the
firm to withstand competitive forces,"
17
während Grant (1991) sie als ,,(...) inputs into
the production process (...)"
18
beschreibt.
Das Spektrum der Ressourcendefinitionen reicht demnach von relativ homogenen Input-
faktoren über veredelte Güter, bis hin zu allgemeinen Stärken und Schwächen des Unter-
nehmens. Barney (1991) geht davon aus, dass nicht alle Attribute eines Unternehmens
strategisch relevant sind. Letztendlich beschränkt er in seinem Artikel den Ressourcen-
begriff auf diejenigen unternehmensspezifischen Attribute, die strategische Bedeutung
haben und beschreibt die übrigen einfach als ,,Eigenschaften von Unternehmen".
19
Aus
dem Blickwinkel der strategischen Analyse bedeutet dies, interne Unternehmenseigen-
schaften müssen Chancen ausnutzen und/oder Risiken neutralisieren. Erst dann werden
definitorisch betrachtet aus Eigenschaften tatsächlich Ressourcen.
20
Weiterhin beschreibt
er, dass die Organisation als Bündel von Ressourcen betrachtet werden kann, die
· wertvoll (im Sinne einer Ausnutzung von Chancen und/oder in der Beseitigung
von Risiken in der Unternehmensumwelt)
· selten (im Hinblick auf momentane und zukünftige Wettbewerber)
· nicht vollständig imitierbar
· nicht-substituierbar (im Hinblick auf ihre strategische Relevanz)
15
Wernerfelt (1984), S. 172.
16
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516.
17
Freiling (2004), S. 30.
18
Grant (1991), S. 118.
19
,,...those attributes of a firm's physical, human, and organizational capital that do enable a firm to
conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness are, for purposes
of this discussion, firm resources." Barney (1991, S. 102)
20
Vgl. Barney (1991), S. 106.
7

sind. Solche Ressourcen führen zu dauerhaftem Erfolg eines unter Wettbewerb stehenden
Unternehmens.
21
Dabei wird unter einem dauerhaften Wettbewerbsvorteil verstanden: ,,
...implementing a value creating strategy not simultaneously being implemented by any
current or potential competitors and when these other firms are unable to duplicate the
benefits of this strategy."
22
Im Gegensatz zu solchen strategisch relevanten Ressourcen
werden unter ,,assets" Eigenschaften definiert, die durch ihre Homogenität auf Faktor-
märkten handelbar sind. Dies wird deutlich bei Teece/Pisano/Shuen (1997): ,,(...)
factors of production (...) are 'undifferentiated' inputs available in disaggregate form in
factor markets."
23
und Freiling (2004): ,,(...) homogeneous external or internal factors,
serving the firm as input for value-added processes."
24
Mit dieser Unterscheidung soll die
Betrachtung von Ressourcen erst einmal abgeschlossen sein. Während bisher von ihrem
Besitz gesprochen wurde, wird der ressourcenorientierte Ansatz im folgenden Kapitel
durch die Betrachtung von Handlungen an Ressourcen erweitert.
2.4 Kompetenzorientierung als handlungsbezogene
Erweiterung
Die grundlegende Absicht des kompetenzorientierten Ansatzes (CBV) ist ebenfalls die
Erklärung von Leistungsunterschieden zwischen Unternehmen. Die erklärenden Varia-
blen
25
dafür sind beim ressourcenorientierten Ansatz jedoch die Kontrolle über effekti-
vere und/oder effizientere Ressourcen, beim kompetenzorientierten Ansatz hingegen die
effektivere und/oder effizientere Nutzung von Ressourcen.
26
Diese Betrachtungsweise
ist nicht neu, denn bereits Penrose (1959) spricht von der Unterscheidung von Ressourcen
einerseits und andererseits der Fähigkeit sie anzuwenden.
27
Jedoch wird in der Mehrheit
der Beiträge zu RBV und CBV mittlerweile nicht (mehr) zwischen Ressourcen und deren
Gebrauch unterschieden, wie das ursprünglich der Fall war.
28
Die Begriffsverwendung ist
mitunter völlig beliebig.
29
Der kompetenzorientierte Ansatz verdeutlicht dennoch die
21
Vgl. Bowman/Ambrosini (2003), S. 291.
22
Barney (1991), S. 102, Hervorhebung im Original.
23
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516.
24
Freiling (2004), S. 30.
25
Die Verwechslung oder unklare Abgrenzung von erklärender und erklärter Variable sind laut Freiling
(2004) ein wesentlicher Grund für die fehlende theoretische Stringenz innerhalb der ressourcenorien-
tierten Ansätze.
26
Vgl. Freiling (2004), S. 27.
27
Vgl. Moldaschl (2006), S. 5.
28
Vgl. Moldaschl (2006), S. 8.
29
Vgl. Fried (2005), S. 156ff.
8

Sichtweise, dass Ressourcen allein potentiellen Charakter haben, der erst durch ihre An-
wendung realisiert werden muss. Damit stellt er eine handlungsbezogene Erweiterung mit
Unterschieden und Gemeinsamkeiten zum ressourcenorientierten Ansatz dar, wie aus Ab-
bildung 2.2 deutlich wird. Ein wichtiger Beitrag zum CBV kommt von Prahalad/Hamel
Abbildung 2.2:
Gemeinsamkeiten und Unterschiede von ressourcenorientiertem und
kompetenorientiertem Ansatz
30
(1990), die Konglomerate mit verschiedenen strategischen Geschäftseinheiten (SGE) auf
ihre Überlegenheit hin analysierten. Bei ihnen werden Kompetenzen wie die Wurzeln
eines Baumes beschrieben, aus denen er seine Stärke zieht, während sie unsichtbar sind
für Personen an der Oberfläche. Diese erkennen nur die Wirkungen der Kompetenzen:
Stamm, Äste und Früchte.
31
Abseits solcher metaphorischen Umschreibungen gibt es
jedoch wenige konkrete Definitionen, wie sich anhand der folgenden Definitionen von
Kompetenzen in der Literatur erkennen lässt:
Prahalad/Hamel (1990) beschreiben Kompetenzen einerseits als ,,(...) the collecti-
ve learning in the organization, especially how to coordinate diverse productions skills
and integrate multiple streams of technology. (...) is communication, involvement, and
a deep commitment to working across organizational boundaries. It involves many levels
of people and all functions."
32
Allerdings wird im weiteren Text dazu gegensätzlich ar-
gumentiert, indem Kompetenzen unter Ressourcen eingeordnet werden: ,,[competences]
are corporate resources and may be reallocated by corporate management.."
33
Bei Markides/Williamson (1994) steht ebenfalls Wissen im Vordergrund: ,,(...) the
pool of experience, knowledge and systems, etc. that exist elsewhere in the same corpo-
ration which can be deployed to reduce the cost or expand the stock of an existing one.
30
Quelle: Eigene Darstellung.
31
Vgl. Prahalad/Hamel (1990), S. 81.
32
Prahalad/Hamel (1990), S. 82.
33
Prahalad/Hamel (1990), S. 90.
9

Competences are potential catalysts to the process of accumulating strategic assets,"
34
wie auch bei Hafeez/Zhang/Malak (2002): ,,(...) are usually the result of ,,collective
learning" processes and are manifested in business activities and processes."
35
Freiling (2004) wird etwas deutlicher, indem er auf Arbeitsteilung und Routinen ein-
geht: ,,(...) competences are nothing else but inter-personal patterns of action which rest
upon the division of work and which support a goal-oriented social interaction of persons
in a non-random manner. Accordingly, the development of competences requires a spe-
cific organizational environment which fosters asset refinement processes. The firm is ­
among others ­ one solution as to this problem."
36
So auch Baden-Fuller/Volberda
(1997):
,,A competence therefore draws on several routines which have been refined,
stored and codified, or socialized."
37
Das Spektrum reicht also von der Einordnung von Kompetenzen unter den Sammelbe-
griff von Ressourcen bis hin zur Betrachtung von Kompetenzen als Fähigkeiten, Ressour-
cen anzuwenden. Meistens wird auf Lernprozesse und Integration in ein System Bezug
genommen, die Kompetenzen ihren spezifischen Charakter geben. Eine Definition von
Grant (1991) kommt dieser Einordnung von Kompetenzen als Aktivität bezüglich Res-
sourcen nahe. Er definiert ­ allerding den Begriff ,,capability", also Fähigkeiten ­ als ,,(...)
the capacity for a team of resources to perform some task or activity."
38
Moldaschl (2006)
bringt zur Abgrenzung eine Akteursperspektive ins Gespräch. Durch sie lässt sich ein
relationaler Zusammenhang zwischen Ressource und Kompetenz ableiten, der sich ver-
ändern kann. Die Ressource wird vom Akteur gebraucht, verwendet, genutzt und das
Vermögen, diesen Vorgang auszuführen wird als Kompetenz bezeichnet.
39
Was Ressource
wird ,,...hängt allein davon ab, ob ein materielles oder immaterielles Gut in einem indi-
viduellen oder institutionellen Handeln zweckgebundene Verwendung findet".
40
In dieser
Sichtweise werden auch Kompetenzen vom nächst höheren Akteur ,,nur" als Ressourcen
betrachtet. Beispielsweise gebraucht ein Teamleiter seine Teammitglieder als Ressourcen
und bildet so eine Kompetenz. Der Abteilungsverantwortliche kann auf den Teamleiter
aber auch wieder in Form einer Ressource zurückgreifen. Oftmals werden Kompetenzen
auch hierarchisch gegliedert. Nach einer intensiven Literaturrecherche kommt Srivasta-
va (2005) zu dem Schluss, dass eine Einordnung von Kompetenzen in folgende Gruppen
34
Markides/Williamson (1994), S. 153.
35
Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 29.
36
Freiling (2004), S. 34.
37
Baden-Fuller/Volberda (1997), S. 96.
38
Grant (1991), S. 119.
39
Vgl. Moldaschl (2006), S. 8.
40
Moldaschl (2005b), S. 44.
10

möglich ist:
· Ein beständiges Streben nach Kosteneffizienz.
· Zuverlässig operierende Systeme, die ein bestimmtes Ergebnis schnell, konsistent
und effektiv erreichen.
· Kundenorientiertes Innovationsbemühen.
· Enge Beziehungen zu externen Partnern.
· Agilität in der Befriedigung von Kundenwünschen.
Er bezeichnet die Klassifikationskategorien als Meta-Kompetenzen. Von der Bildung ei-
ner Kompetenzhierarchie wird von manchen Autoren jedoch abgeraten, da diese letzt-
endlich auf die grundlegende Gesamtfähigkeit alles richtig zu machen hinauslaufen
muss.
41
Deutlich wird dies bei der durch Srivastava (2005) angesprochenen ,,kritischen
Kompetenz", die die Fähigkeit beschreibt, die eigenen Kernkompetenzen und ihre Grup-
penzugehörigkeit regelmäßig identifizieren zu können.
42
Sinnvoll erscheint diese Klas-
sifikation jedoch zur Einordnung und Zusammenfassung bestimmter Kompetenzen zu
Gruppen, die ähnliche Zwecke erfüllen. Es wird davon ausgegangen, dass ein Unterneh-
men jeweils durch die Zuordnung einer kleinen Zahl solcher Kompetenzgruppen zu be-
schreiben ist, vergleichbar mit der Verfolgung einer bestimmten Strategie im Porter'schen
Sinne.
43
Wie solche Kompetenzen durch eine strategische Bedeutung ­ auf die, wie
im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, ursprünglich bereits beim Ressourcenbegriff
Bezug genommen wurde ­ innerhalb dieser Arbeit zum Gashandel zu Kernkompetenzen
,,wachsen", soll im Folgenden dargestellt werden.
2.5 Kernkompetenzen sind strategische Optionen
Der ressourcenorientierte Ansatz ist eine statische
44
Theorie, die sich auf die Identifi-
kation der Ressourcen zu einem bestimmten Zeitpunkt konzentriert und eine Erklärung
41
Vgl. Moldaschl (2005a), S. 5.
42
Vgl. Srivastava (2005), S. 57.
43
Higgins (1996) beschreibt in einer Fallstudie die Identifikation von Kernkompetenzen nach einem
solchen Muster der Klassifizierung.
44
Vgl. für eine gegenteilige Meinung Wernerfelt (1984).
11

dafür liefert, wie diese Ressourcen entstanden sind.
45
Prahalad/Hamel (1990) verbinden
dies mit lerntheoretischen Argumenten um strategische Implikationen aufzudecken.
46
Nach ihrem Ansatz der Konzentration auf Kernkompetenzen (core competences)
ist es ­ pragmatisch formuliert ­ für das Management von Bedeutung eine Organisation
zu schaffen, die es ermöglicht, Produkte zu entwickeln, die Kunden zukünftig brauchen
werden.
47
Damit wird deutlich, dass es sich um eine strategiebezogene Konzentration
auf zukünftige Möglichkeiten handelt. Das Konzept der Kernkompetenzen wird dem-
nach in der Literatur einerseits als theoretisches Konzept, andererseits als Werkzeug für
Entscheidungen in Unternehmen diskutiert.
48
Dabei hat der Aufbau von Kernkompe-
tenzen nicht in erster Linie etwas mit Forschung und Entwicklung zu tun. Ebenso wenig
lassen sich Kernkompetenzen durch Aufteilung der Kosten auf mehrere strategische Ge-
schäftseinheiten (SGE) oder durch Nutzung derselben Komponenten in verschiedenen
Produkten beschreiben. Auch vertikale Integration ist nicht ausschlaggebend für eine
Definition von Kernkompetenzen. Anwendung des Kernkompetenzkonzeptes bedeutet,
vorhandenes Wissen und Fähigkeiten auf unorthodoxe Weise zu nutzen. Drei Merkmale
sind ausschlaggebend:
1. Kernkompetenzen ebnen den Zugang zu einem breiten Markt.
2. Kernkompetenzen geben dem späteren Kundennutzen des Produktes einen signi-
fikanten Mehrwert.
3. Kernkompetenzen sind für Wettbewerber schwer zu imitieren. Dies ist vor allem
dann der Fall, wenn die eine komplexe Verschmelzung individueller Technologien
und Produktionsfähigkeiten darstellen.
49
Der Gedanke hinter den Kernkompetenzen ist also, strategisch bedeutsame Wertschöp-
fungsaktivititäen selbst auszuführen und andere Aktivitäten fremdleistungsbasiert zu
bestellen, also eine make-or-buy-Problemstellung. Für das strategischen Management
von Unternehmen lassen sich so Normstrategien ableiten.
50
In der wissenschaftlichen
Literatur werden folgende Definitionen von Kernkompetenzen angeboten:
45
Vgl. Bowman/Ambrosini (2003), S. 292.
46
Vgl. Moldaschl (2006), S. 6.
47
Vgl. Prahalad/Hamel (1990), S. 80.
48
Vgl. Srivastava (2005), S. 49.
49
Vgl. Prahalad/Hamel (1990), S. 83f.
50
Vgl. Götze/Mikus (1999), S. 214.
12

Moldaschl (2006) bezeichnet sie als ,,(...) langfristig gewachsene Bündel von Ressour-
cen und Fähigkeiten,"
51
während Srivastava (2005) auf ihren Problemlösungsbezug
referriert: ,,(...) a set of problem-defining and problem-solving insights that foster the
development of idiosyncratic strategic growth alternatives."
52
An anderer Stelle stellt er
ihre dynamische Komponente in den Vordergrund: ,,(...) a 'dynamic learned resource'
which is subject to continuous metamorphosis with changes in internal and external en-
vironment."
53
Hinterhuber (1996) bezeichnet damit ,,(...) integrierte und durch organisationale Lern-
prozesse koordinierte Gesamtheiten von Technologien, Know-how, Prozessen und Ein-
stellungen, die für den Kunden erkennbar wertvoll sind, gegenüber der Konkurrenz ein-
malig sind, schwer imitierbar sind und den Zugang zu einer Vielzahl von Märkten eröff-
nen."
54
Hafeez/Zhang/Malak (2002) schließlich beziehen sich auf die Integration in eine Viel-
zahl von Anwendungsbereichen: ,,(...) are those unique capabilities, which usually span
over multiple products or markets."
55
Die bereits angesprochene Hierarchiebildung kann auch hier anhand von Zitaten ver-
deutlicht werden, denn Winter (2003) bezeichnet als "zero-level capabilities" "(...) the
capabilities necessary to keep a hypothetical firm ,,in equilibrium", earning its living by
producing and selling the same product, on the same scale and to the same customer
population over time. In this fact they contribute to the stationary process by allowing
the firm to collect the revenue from its customers to buy inputs to do the thing again."
56
und Srivastava (2005) definiert als ,,critical competence" ,,(...) the ability of a firm to
successfully identify, nurture, develop, upgrade, and deploy its hierarchy of competencies
to attain sustainable competitive advantage.
57
Hier wird also einerseits auf Kompetenzen
Bezug genommen, die den gegebenen Zustand erhalten, andererseits auf solche verwie-
sen, die es dem Unternehmen in einer dynamischen Umwelt erlauben, die eigenen
Kompetenzen neu anzupassen ­ Kompetenzen formen Kompetenzen. Im Folgenden soll
diesem Gedanken ein eigener Abschnitt gewidmet werden.
51
Moldaschl (2006), S. 3.
52
Srivastava (2005), S. 51.
53
Srivastava (2005), S. ?.
54
Hinterhuber et al. (1996), S. 11.
55
Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 29.
56
Winter (2003), S. 992.
57
Srivastava (2005), S. 52.
13

2.6 Dynamische Fähigkeiten als Anwendung des
ressourcenorientierten Ansatzes in dynamischen
Märkten
Im Zentrum des Ansatzes der dynamischen Fähigkeiten (dynamic capabilities) steht die
Notwendigkeit der Ressourcenerneuerung, wenn sich Umweltzustände ändern.
58
Dynami-
sche Fähigkeiten werden vor allem in Branchen relevant, in denen Wettbewerb auf ständi-
ger Innovation und der schöpferischen Zerstörung
59
bestehender Kompetenzen beruht.
60
Diese Gedanken gehen zurück auf Teece/Pisano/Shuen (1997). Sie verbanden Ansätze
aus dem Management von Forschung und Entwicklung, Produkt- und Prozessentwick-
lung, Technologietransfer, Human Ressources und Organisationalem Lernen. Da diese
Felder bis dahin wenig Bezug zum Strategischen Management hatten, sehen sie in ihrem
Ansatz eine integrative Perspektive.
61
Vor allem in neueren Branchen, die von schnellem
Wandel gekennzeichnet sind, haben Unternehmen Wettbewerbsvorteile erhalten können,
die schnell und flexibel Produktinnovationen hervorbringen und deren Manage-
ment die Fähigkeit hat, effektiv interne und externe Kompetenzen zu koordinieren und
auf neue Art und Weise anzuwenden.
62
Diese Fähigkeit bezeichnen Teece/Pisano/Shuen
(1997) als ,,dynamic capabilities".
63
Dabei bezieht sich ,,dynamisch" auf die sich wan-
delnden Umweltbedingungen, während der Begriff ,,Fähigkeiten" die Schlüsselrolle des
strategischen Managements herausstellt. Genauer geht es um ,,... appropriately adap-
ting, integrating, and reconfiguring internal and external organizational skills, resources,
and functional competencies to match the requirements of a changing environment."
64
Obwohl Teece/Pisano/Shuen (1997) in ihrem Aufsatz eine Liste mit Definitionen ein-
fügen, bleiben Unklarheiten bestehen. ,,To be strategic a capability must be honed to
a user need..., unique and difficult to replicate."
65
Eine strategisch relevante Fähigkeit
58
Vgl. Bowman/Ambrosini (2003), S. 292.
59
Siehe dazu Schumpeter (1934) und Schumpeter (1942).
60
Dabei bezieht sich die Analyse der dynamischen Fähigkeiten ­ vor allem bei Bowman/Ambrosini
(2003) ­ hauptsächlich auf Unternehmen mit einer Trennung zwischen mehreren Geschäftseinheiten
und der strategischen Führung über eine Konzernstruktur. Demzufolge ist es die Konzernführung,
die dynamische Fähigkeiten aufweist, mit denen Ressourcen (für die SGE) neu arrangiert werden
sollen. Die Möglichkeiten können dabei eingeteilt werden in reconfiguration, leverage, learning and
integration. Vgl. Bowman/Ambrosini (2003), S. 293.
61
"`...this approach emphasizes the development of management capabilities, and difficult-to-imitate
combinations of organizational, functional and technological skills..."' Teece/Pisano/Shuen (1997),
S. 510.
62
Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518f.
63
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 514f.
64
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515.
65
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516f.
14

weist also diese drei Eigenschaften auf, die so allerdings ursprünglich auch schon für Res-
sourcen maßgeblich sind.
66
An anderer Stelle wird eine ähnliche Definition für den Begriff
,,distinctive competence" verwendet: "A difficult-to-replicate or difficult-to-imitate com-
petence was defined earlier as a distinctive competence. ... the key feature of distinctive
competence is that there is not a market for it, except possibly throught the market for
business units. Hence competencies and capabilities are intriguing assets as they typically
must be built because they cannot be bought."
67
Hier werden Kompetenzen und Fähigkei-
ten als ,,assets" beschrieben, für die es keinen Markt gibt. Dynamische Fähigkeiten
werden in der Literatur folgendermaßen definiert:
Eisenhardt/Martin (2000) sehen sie als ,,the firm's processes that use resources--
specifically the processes to integrate, reconfigure, gain and release ressources--to match
and even create market change. Dynamic capabilities thus are the organizational and
strategic routines by which firms achieve new resource configurations as markets emerge,
collide, split, evolve, and die."
68
Teece/Pisano/Shuen (1997) beschreiben sie ähnlich als ,,(...) the firm's ability to in-
tegrate, build, and reconfigure internal and external competences to address rapidly chan-
ging environments. Dynamic capabilities thus reflect an organization's ability to achieve
new and innovative forms of competitive advantage given path dependencies and market
positions."
69
Winter (2003) unterscheidet normale und dynamische Fähigkeiten: ,,(...) are in con-
trast with ordinary (,,operational capabilities") as they are concerned with change.
70
und
definiert den Begriff Fähigkeiten als ,,(...) a high-level routine (or collection of routi-
nes) that, together with its implementing input flows, confers upon an organization's
management a set of decision opinions for producing significant outputs of a particular
type."
71
Bowman/Ambrosini (2003) sind der Ansicht, ,,[t]hese capabilities are likely to be path
dependent routines (...) and as such they may resist imitation by rival corporations."
72
66
Genaugenommen werden Ressourcen durch Barney (1991) sogar noch mit einer weiteren Eigenschaft,
der Nicht-Substituierbarkeit belegt, die für dynamische Fähigkeiten scheinbar nicht vorgesehen ist.
Siehe dazu Abschnitt 2.3 auf Seite 7.
67
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518.
68
Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107.
69
Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516.
70
Winter (2003), S. 992.
71
Winter (2003), S. 991.
72
Bowman/Ambrosini (2003), S. 293.
15

Auf eine andere Art und Weise werden dynamische Fähigkeiten auch bei Srivastava
(2005) angesprochen. Hier wird zusammengefasst, dass nicht der Besitz von Kernkom-
petenzen an sich einen Wettbewerbsvorteil verschafft, sondern vielmehr erst ihr erfolgrei-
ches ,,identification, nurturing, development, and deployment" dem Unternehmen Wert-
zuwachs verschafft.
73
Damit erfüllen Sie die Eigenschaften ,,normaler" Kernkompetenzen.
Auch Barney/Wright/Ketchen (2001) stehen der Literatur zu dynamischen Fähigkeiten
kritisch gegenüber und gehen davon aus, dass es sich nur um definitorische Ungenauig-
keiten handelt.
74
In dieser Arbeit wird daher der auf der strategischen Flexibilität beru-
hende dynamische Charakter ,,normaler" Kernkompetenzen als ausreichend betrachtet,
so dass nicht extra in ,,dynamischen Fähigkeiten" unterschieden werden muss.
2.7 Theoretischer Bezugsrahmen für die
Identifikation von Kernkompetenzen im
liberalisierten Gashandel
2.7.1 Definitionen: Ressourcen, Fähigkeiten, Kernkompetenzen
Nachdem die Grundlagen für ein Verständnis des ressourcenorientierten Ansatzes und
seiner Entwicklungslinien gelegt sind, wird nun das Theoriegerüst für die empirische
Analyse zusammengestellt. Dabei werden aus den beschriebenen Ansätzen essentielle
Grundlagen gewählt und ein Konzept zur empirischen Identifikation von Kernkompe-
tenzen im liberalisierten Gashandel vorgestellt. Dazu werden die Begriffe Ressourcen,
Fähigkeiten, Kompetenzen und Kernkompetenzen definiert und ihre empirische Herlei-
tung beschrieben. Ressourcen werden nach Hafeez/Zhang/Malak (2002) definiert als
,,(...) anything ,,tangible" as well as ,,intangible" owned or acquired by a firm (...)"
75
Wobei sich ,,owned or acquired" einerseits auf rechtliches Eigentum, andererseits aber
eben auch auf den reinen ,,Besitz," ­ der nicht zwingend mit einem Eigentumsverhältnis
verbunden sein muss ­ bezieht, um dem Netzwerkcharakter moderner Industrien besser
gerecht zu werden.
76
Fähigkeiten entstehen durch Anwendung von Ressourcen. Fähigkeiten nutzen die
73
Vgl. Srivastava (2005), S.50.
74
Vgl. Barney/Wright/Ketchen (2001), S. 631.
75
Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 29.
76
Vgl. Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 29.
16

Existenz von Ressourcen und können durch ihren Prozesscharakter vom Ressourcenbe-
griff abgegrenzt werden.
77
Dies geschieht durch eine an Grant (1991) angelehnte Defini-
tion von Fähigkeiten als ,,the ability to make use of resources to perform some task or
activity."
78
Dies bezieht vor allem Lösungsschemata für Probleme mit ein, also Interakti-
onsmuster zwischen Elementen des Unternehmens. Sie entstehen im Laufe der Geschichte
durch Lernprozesse im Unternehmen. Fähigkeiten sind damit im Unternehmenssystem
verankert, während Ressourcen auch eigenständig existieren können.
79
Allerdings sollte
die von Moldaschl (2006) aufgeworfene Akteursperspektive nicht außer Acht gelassen
werden. Es kann soweit gehen, dass ganze Unternehmen mit all ihren integrierten Fä-
higkeiten von anderen Unternehmen akquiriert und als Ressource betrachtet werden
können. Diese zirkuläre Beziehung wird allerdings zum Zwecke der besseren Operatio-
nalisierung in dieser Arbeit vernachlässigt. Abbildung 2.3 verdeutlicht die Beziehung
zwischen Ressourcen und Fähigkeiten.
Abbildung 2.3:
Verhältnis von Ressourcen und Fähigkeiten
80
Integrationstiefe und Einzigartigkeit kennzeichnen Kompetenzen, die sich von
den sonstigen Fähigkeiten unterscheiden lassen. Der Integrationsgrad beschreibt die Ver-
breitung und Anwendung der Fähigkeit über Funktionsbereiche, Produktkategorien und
Geschäftsbereiche hinweg. Die Einzigartigkeit wird durch Seltenheit, Nichtimitierbarkeit
und Nichtsubstituierbarkeit gemessen. Besonders stark integrierte und gleichzeitig beson-
ders einzigartige Fähigkeiten werden so als Kompetenzen von den übrigen Fähigkeiten
abgegrenzt.
Kernkompetenzen sind strategisch flexible Kompetenzen, die die Grundlage für
77
Vgl. Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 29.
78
Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 29.
79
Vgl. Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 30.
80
Quelle: leicht modifiziert übernommen von Hafeez/Zhang/Malak (2002), S. 30.
17

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836617253
DOI
10.3239/9783836617253
Dateigröße
7.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz – Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Unternehmensrechnung und Controlling
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
1,3
Schlagworte
ressourcenorientierung dynamic capabilities wertschöpfungskette gashandel kernkompetenzkonzept
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Titel: Kernkompetenzen im Gashandel
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