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Spezielle Wohnformen für demenziell erkrankte Menschen

Beschreibung der Hausgemeinschaft des CBT-Wohnhauses St. Michael

©2008 Diplomarbeit 179 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Thema Demenz taucht in den Medien immer häufiger auf. Das ist kein Zufall, sondern Abbild einer realen Entwicklung. Denn durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft, wächst auch die Gefahr an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz zu erkranken.
Derzeit leben in Deutschland über eine Millionen Betroffene, und wenn die Wissenschaft zu keinen wesentlichen Therapieerfolgen kommt, wird bis zum Jahr 2050 mit einer Verdoppelung dieser Zahlen gerechnet. Auch in Altenpflegeheimen macht sich der demographische Wandel bemerkbar. Neben dem Durchschnittseinzugsalter steigt auch die Zahl der Bewohner, die an einer demenziellen Erkrankung leiden, kontinuierlich an. Wenn vor einigen Jahren kaum psychisch erkrankte Bewohner in Altenhilfeeinrichtungen zu finden waren, liegt der Wert derzeit bei ungefähr 65 %. Hinsichtlich dieser Zahlen werden Verantwortliche und Träger der Altenhilfeeinrichtungen in naher Zukunft mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert. Denn die Einrichtungen sind auf psychisch gesunde, ältere Bewohner ausgerichtet, und können die speziellen Bedürfnisse von demenziell erkrankten Menschen nur unzureichend befriedigen. So schrecken auch einige Angehörige Demenzerkrankter vor dem Schritt zurück, ihre Verwandten in einem Altenpflegeheim versorgen zu lassen. Sie erleben dort häufig noch ein Angebot,dass ihren Ansprüchen an eine annehmende, liebevolle und fördernde pflegerische Versorgung nicht genügt.
Die Gesellschaft ist hier zum Handeln aufgerufen, denn eine angemessene Pflege und Betreuung demenziell erkrankter Menschen ist von vielen Faktoren abhängig.Es müssen innovative, spezielle Wohnformen eingreifen, die den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden können. Auch die Heime sind an einer bedarfsgerechten Versorgung aller Bewohner interessiert. Nur so können sie wettbewerbsfähig bleiben und einen wachsenden Kundenstamm verzeichnen. Eine Auseinandersetzung mit geeigneten Wohnformen für demenziell erkrankte Menschen ist somit für alle Beteiligte von großer Bedeutung.
Da eine angemessene Versorgung für Betroffene einer Demenzerkrankung von vielen Faktoren abhängt, werden im zweiten Kapitel zunächst wichtige Aspekte der Demenz erläutert. Es ist notwendig hierauf umfassend einzugehen, damit ein Gesamteindruck der Probleme der aktuellen Versorgungssituation entstehen kann. Das dritte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit den Möglichkeiten der Pflege und Betreuung. Hierbei werden in Kapitel 3.1 zunächst […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jennifer Zimmermann
Spezielle Wohnformen für demenziell erkrankte Menschen
Beschreibung der Hausgemeinschaft des CBT-Wohnhauses St. Michael
ISBN: 978-3-8366-1720-8
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Köln, Köln, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Erinnerungen, die die Krankheit frisst
vergessen was gewesen ist
Freude, Liebe, Leid und Trauer
einfach fort, nicht mehr von Dauer
Alles was mal war im Leben
ist jetzt weg ­ hat´s nie gegeben
Dieser Mensch kennt dich nicht mehr
seine Augen blicken leer
Kannst nichts tun ­ nur noch warten
so schlimm es ist ­ ein Abschied auf Raten

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung... ....... S. 1
1.1 Überblick... ..... S. 2
2. Die demenzielle Erkrankung... ........S. 3
2.1 Definitionen... S. 3
2.2 Historische Entwicklung... ........ S. 5
2.3 Demenzformen... ....... S. 11
2.3.1 Die Alzheimer-Krankheit... S. 12
2.3.2 Die vaskuläre Demenz... S. 14
2.3.3 Die frontotemporale Demenz... S. 15
2.3.4 Die Lewy-Körperchen-Demenz... S. 15
2.4 Epidemiologie... S. 17
2.4.1
Bevölkerungsentwicklung in Deutschland... S. 17
2.4.2 Prävalenz der Demenz... S. 20
2.4.3 Inzidenz der Demenz... S. 22
2.4.4 Aussichten... S. 23
2.5 Das Erleben bei einer demenziellen Erkrankung... ....... S. 24
2.5.1 Das Erleben der Betroffenen... S. 24
2.5.2 Das Erleben der Angehörigen... ....... S. 30
2.5.3 Das Erleben des Pflegepersonals... ...... S. 31
2.5.4 Schlussfolgerung... S. 32
2.6 Symptome und Verlauf von Demenzerkrankungen... ........ S. 34
2.6.1 Kognitive Symptome... ........ S. 34
2.6.2 Psychische Störungen und Verhaltensänderungen... S. 35
2.6.3 Körperliche Symptome... S. 38
2.6.4 Verlauf der Alzheimer-Krankheit... S. 39
2.7 Diagnostik... S. 42
2.7.1 Abgrenzung einer demenziellen Erkrankung... S. 42
2.7.2 Frühdiagnose... S. 44
2.7.3 Diagnostische Verfahren... ....... S. 44
2.7.4 Kritische Betrachtung... S. 45
I

2.8 Hilfen zur Lebensbewältigung... ............... S. 47
2.8.1 Hilfen für pflegende Angehörige... S. 50
2.8.2 Ökologische und Soziale Hilfen... ...... S. 52
2.8.2.1 Milieutherapie... ..... S. 53
2.8.3 Medizinische Hilfen... S. 55
2.8.4 Körperliche Hilfen... S. 57
2.8.5 Psychologische Hilfen... S. 58
2.8.5.1 Einzelne Methoden... S. 58
2.8.5.2 Selbst-Erhaltungs-Therapie... S. 60
2.8.5.3 Realitätsorientierungstraining... S. 61
2.8.5.4 Biographiearbeit... ....... S. 62
2.8.5.5 Validation / Integrative Validation... S. 64
2.8.5.6 Basale Stimulation... .............. S. 67
2.8.5.7 Drei-Welten-Konzept... .............. S. 69
2.8.5.8 Personenzentrierter Ansatz... S. 70
2.8.6 Rechtliche Hilfen... S. 73
2.8.7 Finanzielle Hilfen... S. 75
2.8.8 Resümee... ........ S. 79
3. Möglichkeiten der Pflege und Betreuung... S. 81
3.1 Versorgungsformen für demenziell erkrankte Menschen... S. 81
3.1.1 Ambulante Pflege und Betreuung... S. 81
3.1.2 Teilintegrative Pflege und Betreuung... ..... S. 83
3.1.3 Integrative Wohnformen... .............. S. 86
3.1.4 Teilsegregative Wohnformen... ........ S. 92
3.1.5 Segregative Wohnformen... .. ..... S. 93
3.1.5.1 Wohngemeinschaften... .. ...... S. 95
3.1.5.2 Hausgemeinschaften... S. 106
3.1.5.3 Spezielle Pflegebereiche... S. 112
3.1.5.4 Internationale Wohnformen... S. 116
3.2 Chancen und Grenzen der Wohnformen... .. ...... S. 118
3.2.1 Studie zur Dementenbetreuung in Hamburg... S. 118
3.2.1.1 Domusprinzip ­ Integrationsprinzip... ........ S. 119
3.2.1.2
Dementenbetreuung ­ traditionelle Versorgung .. ... S. 120
3.2.1.3
Arbeitssituation des Pflegepersonals... S. 122
3.2.1.4
Situation der Angehörigen... ........ S. 123
3.2.1.5
Vergleichsmöglichkeiten... S. 124
II

III
3.2.2 Studien zu Wohngruppen für Demente... S. 127
3.2.3 Studie zur Lebensqualität bei Dementen... S. 129
3.2.4 Resümee... ........ S. 131
3.3 Ausblick... S. 132
4. Die Hausgemeinschaft des CBT-Wohnhauses St. Michael... ........ S. 135
4.1 Vorstellung der Einrichtung... S. 135
4.2 Entstehung der Hausgemeinschaft... ......... S. 137
4.3 Umsetzung der Hausgemeinschaft... ......... S. 140
4.3.1 Begleitungskonzept mit Hausgemeinschaftskonzept... S. 140
4.3.2 Bewohner der Hausgemeinschaft... S. 141
4.3.3 Mitarbeiter der Hausgemeinschaft... ........ S. 143
4.3.4 Hilfen zur Lebensbewältigung... S. 143
4.3.5 Probleme bei der Umsetzung... ........ S. 144
4.4 Schlussfolgerungen... ........ S. 145
5. Fazit... S. 148
Abkürzungsverzeichnis... S. 152
Abbildungsverzeichnis... S. 153
Tabellenverzeichnis... S. 155
Literaturverzeichnis... ........ S. 156
Quellenverzeichnis... ........ S. 165
Anhang/Anlagen... ......... S. 167
Eidesstattliche Versicherung...S. 187

1. Einleitung
Das Thema Demenz taucht in den Medien immer häufiger auf. Das ist kein Zufall,
sondern Abbild einer realen Entwicklung. Denn durch die zunehmende Alterung der
Gesellschaft, wächst auch die Gefahr an Alzheimer oder einer anderen Form von
Demenz zu erkranken.
Derzeit leben in Deutschland über eine Millionen Betroffene, und wenn die
Wissenschaft zu keinen wesentlichen Therapieerfolgen kommt, wird bis zum Jahr
2050 mit einer Verdoppelung dieser Zahlen gerechnet.
1
Auch in Altenpflegeheimen
macht sich der demographische Wandel bemerkbar. Neben dem Durchschnitts-
einzugsalter steigt auch die Zahl der Bewohner, die an einer demenziellen
Erkrankung leiden, kontinuierlich an. Wenn vor einigen Jahren kaum psychisch
erkrankte Bewohner in Altenhilfeeinrichtungen zu finden waren, liegt der Wert
derzeit bei ungefähr 65 %.
2
Hinsichtlich dieser Zahlen werden Verantwortliche und
Träger der Altenhilfeeinrichtungen in naher Zukunft mit gewaltigen Heraus-
forderungen konfrontiert. Denn die Einrichtungen sind auf psychisch gesunde, ältere
Bewohner ausgerichtet, und können die speziellen Bedürfnisse von demenziell
erkrankten Menschen nur unzureichend befriedigen. So schrecken auch einige
Angehörige Demenzerkrankter vor dem Schritt zurück, ihre Verwandten in einem
Altenpflegeheim versorgen zu lassen. Sie erleben dort häufig noch ein Angebot,
dass ihren Ansprüchen an eine annehmende, liebevolle und fördernde pflegerische
Versorgung nicht genügt.
3
Die Gesellschaft ist hier zum Handeln aufgerufen, denn eine angemessene Pflege
und Betreuung demenziell erkrankter Menschen ist von vielen Faktoren abhängig.
Es müssen innovative, spezielle Wohnformen eingreifen, die den Bedürfnissen der
Betroffenen gerecht werden können. Auch die Heime sind an einer bedarfsgerechten
Versorgung aller Bewohner interessiert. Nur so können sie wettbewerbsfähig bleiben
und einen wachsenden Kundenstamm verzeichnen. Eine Auseinandersetzung mit
geeigneten Wohnformen für demenziell erkrankte Menschen ist somit für alle
Beteiligte von großer Bedeutung.
1
vgl. Statistisches Bundesamt (2003)a
2
vgl. Kastner et al. (2007)
3
vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2004)
1

1.1 Überblick
Da eine angemessene Versorgung für Betroffene einer Demenzerkrankung von
vielen Faktoren abhängt, werden im zweiten Kapitel zunächst wichtige Aspekte der
Demenz erläutert. Es ist notwendig hierauf umfassend einzugehen, damit ein
Gesamteindruck der Probleme der aktuellen Versorgungssituation entstehen kann.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit den Möglichkeiten der Pflege und
Betreuung. Hierbei werden in Kapitel 3.1 zunächst die verschiedenen Versorgungs-
formen für demenziell erkrankte Menschen näher erläutert. Den Schwerpunkt bilden
dabei die speziellen und neueren Wohnformen. Anschließend wird nach einer
Vorstellung repräsentativer Studien in Kapitel 3.2 kritisch hinterfragt, ob die
Wohnformen eine positive Wirkung auf Betroffene haben, und wo ihre Grenzen
liegen. Anhand der gewonnenen Ergebnisse können so in Kapitel 3.3 die
Schwierigkeiten zusammengefasst, und Empfehlungen für die Zukunft der
Altenhilfeeinrichtungen ausgesprochen werden.
Um die theoretischen Ausführungen mit der Praxis zu verbinden, wird im vierten
Kapitel ein anschauliches Bild einer Hausgemeinschaft für demenziell erkrankte
Menschen vorgestellt. Im Weiteren wird in Kapitel 5 ein Fazit der aktuellen
Versorgungssituation gezogen sowie die Relevanz für die sozialpädagogische Arbeit
dargestellt.
Damit der Text flüssig lesbar ist, findet der maskuline Sprachstil Anwendung.
Der feminine Sprachstil ist hier mit einbezogen.
Durch meine Berufstätigkeit in der Altenhilfe werden zum Teil theoretische
Ausführungen durch Praxisbeispiele ergänzt. Während des Anfertigens dieses Textes
musste ich jedoch feststellen, dass der Bereich der speziellen Wohnformen für
demenziell erkrankte Menschen noch wenig erforscht ist. Daher entsteht ein
scheinbares Ungleichgewicht dieser Arbeit. Doch gerade weil es hier Lücken gibt
und die Entwicklung am Anfang steht ist es notwendig sich mit diesem Thema
auseinander zu setzen. Denn die speziellen Wohnformen für demenziell erkrankte
Menschen werden in naher Zukunft nicht nur einen hohen Stellenwert in der
Altenhilfe, sondern in der gesamten Gesellschaft einnehmen.
2

2. Die demenzielle Erkrankung
2.1 Definitionen
Das Wort Demenz wird im Wörterbuch als eine dauernde Geistesschwäche
bezeichnet, die auf organischen Hirnschädigungen beruht. ,,Wenn man das Wort
,,Demenz" in die beiden lateinischen Wörter ,,de" und ,,mens" aufteilt, kommt man
dem Sinn des Begriffs näher: ,,De" bedeutet ,,weg" und ,,mens" bedeutet ,,Sinn,
Geist, Verstand." Eine sinnvolle Übersetzung von ,,Demenz" wäre also: ,,Sich vom
Geist oder Verstand entfernen."
1
Es gibt verschiedene Klassifizierungssysteme in denen eine Demenz definiert wird.
Nachfolgend werden die Definitionen der Internationalen Klassifikation psychischer
Störungen sowie des Statistischen Manuals psychischer Störungen erläutert. Diese
modernen Klassifizierungssysteme finden auch in der Praxis häufig Anwendung.
Nach der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) ist Demenz
ein Syndrom ,,als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit
des Gehirns, mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen einschließlich
Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache,
Sprechen und Urteilsvermögen im Sinne der Fähigkeit zur Entscheidung. Das
Bewusstsein ist nicht getrübt. Die kognitiven Beeinträchtigungen werden gewöhnlich
von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der
Motivation begleitet, gelegentlich treten diese auch eher auf".
2
Für eine sichere
Diagnose müssen die Symptome mindestens 6 Monate bestehen.
3
Ausgehend von
dieser allgemeinen Definition der ICD-10, werden verschiedene Formen der Demenz
unterteilt und mit Schlüsselnummern versehen, damit eine genaue Klassifizierung
erreicht werden kann.
1
Schaade et al. (2005), S. 11, Z. 12-16
2
Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. 10.
Revision. Version 2006 auf www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlgm2006/fr-icd.htm
(dl. 13.02.2008)
3
siehe ebd.
3

Im Statistischen Manual psychischer Störungen (DSM-IV) wird bei einer Demenz
eine nachweisbare Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung gefordert. Hinzu muss
mindestens eines der folgenden Kriterien kommen:
x Beeinträchtigung des Urteilsvermögens oder abstrakten Denkvermögens;
x Aphasie als Störung der Sprache;
x Apraxie als Beeinträchtigung der Fähigkeit motorische Aktivitäten auszu-
führen, trotz funktionierender Motorik;
x Agnosie als Unfähigkeit des Wiedererkennens, trotz funktionierender
sensorischer Funktionen;
x Persönlichkeitsveränderungen, im Hinblick auf ersichtliche Veränderung der
bestehenden Persönlichkeit.
Neben diesen Kriterien muss eine deutliche Beeinträchtigung der sozialen Alltags-
aktivitäten und persönlichen Beziehungen bestehen. Auch mögliche Differenzial-
diagnosen wie eine Depression oder ein Delir (siehe Kapitel 2.7.1) müssen
ausgeschlossen sein.
1
Die Klassifizierungssysteme nach ICD-10 und DSM-IV unterscheiden sich erheblich
in den zu erfüllenden Kriterien. Im DSM-IV wird auf eine allgemeine Definition der
Demenz verzichtet, und der Begriff wird wesentlich weiter gefasst. So wird der
DSM-IV der Vielgestaltigkeit des Demenz-Syndroms besser gerecht. Jedoch werden
hierunter auch Störungen klassifiziert, die in der ICD-10 nicht erfasst werden. Das
Demenz-Syndrom nach diesem Klassifizierungssystem ist hingegen an zeitliche
Kriterien gebunden und unternimmt eine grobe Unterteilung der Demenzformen.
2
1
vgl. Gatterer et al. (2005), gesamte obere Passage
2
vgl. Alzheimer und andere Definitionen auf www.psychiatriegespräch.de
4

2.2 Historische Entwicklung
Für psychisch Erkrankte gab es im späten Mittelalter keine organisierte Versorgung.
Lediglich einige religiöse Einrichtungen sorgten durch milde Gaben für ein wenig
Rückhalt. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die Außenseiter der Gesellschaft
wie Behinderte, psychisch Kranke, Prostituierte oder Obdachlose zusammen in
,,Tollhäusern" verwahrt. Diese zuchthausartigen Verwahranstalten sollten die
Außenseiter von der Gesellschaft fern halten. Sie mussten dort körperlich schwer
arbeiten und wurden bei Fehlverhalten hart bestraft. Versuche der Heilung oder
Betreuung gab es nicht. In Verbindung mit einer ,,Demenz" wurden zu der Zeit
Menschen verstanden, die des Verstandes beraubt waren.
1
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann eine langsame Humanisierung der
psychisch Erkrankten. Die ,,Tollhäuser" wurden aufgelöst und es entstanden
,,Irrenanstalten". 1797 prägte der Arzt Philipp Pinel schließlich den Begriff
,,Demenz" als eine chronisch verlaufende Erkrankung. Diese sollte durch
Zuwendung, Geduld und Milde geheilt werden. Maßnahmen wie das Eintauchen in
kaltes Wasser oder Hungerkuren fanden jedoch noch häufig Anwendung. Auf diese
Weise sollten die Betroffenen von der Erkrankung abgelenkt werden, und von ihr los
kommen.
2
Ganz auf Zwangsmittel verzichtet wurde erstmals in England. Beschäftigungs-
angebote, soziale Veranstaltungen sowie ein regelmäßiger Kontakt zwischen Arzt
und Patient prägten die dortigen psychiatrischen Anstalten. Zu dieser Zeit erweiterte
sich auch der Begriff der Demenz. Ärzte sprachen von einem Nachlassen der
kognitiven Fähigkeiten,
3
und psychische Erkrankungen gewannen zunehmend an
Beachtung. Die Vermutungen über die Ursachen einer Demenz teilten sich. So
glaubten Psychiater ausschließlich an psychologische Ursachen. Somatiker waren
hingegen der festen Überzeugung, dass einer Demenz körperliche Ursachen
zugrunde liegen müssen. Dementsprechend wurden verschiedene Interventionen an
Betroffenen durchgeführt.
4
1
vgl. Foucault (1967)
2
vgl. Möller et al. (1996)
3
siehe ebd.
4
vgl. Maurer et al. (2000)
5

Einen entscheidenden Wendepunkt in der geschichtlichen Entwicklung der Demenz
gab Alois Alzheimer. Daher werde ich detailliert auf seine Arbeit eingehen.
Alois Alzheimer verfügte über eine Doppelqualifikation als Psychiater und
Neuropathologe. Ein besonderes Interesse hatte er an dem ,,Altersblödsinn". So
begann er Ende des 19. Jahrhunderts die biologischen Grundlagen der Demenz zu
erforschen und erkannte, dass es verschiedene Formen von Demenzerkrankungen
gibt. Zu dieser Zeit wurden nur 5 % der deutschen Bevölkerung älter als 65 Jahre,
dementsprechend waren Altersdemenzen eine seltene Erscheinung. Die meisten
Demenzen entstanden in Folge infektiöser Hirnerkrankungen, deren Ursachen in
Krankheiten wie der Syphilis begründet waren. 1898 beschrieb Alois Alzheimer
schließlich die ,,Dementia senilis" als eine Erkrankung, die erst im höheren Alter
auftritt und nicht vaskulär, also nicht durch eine Ischämie oder einen Infarkt
verursacht wird.
1
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Psychiater behandelte Alois Alzheimer psychisch
Erkrankte in der ,,Anstalt für Irre und Epileptische" in Frankfurt. 1901 wurde die
damals 51-jährige Auguste Deter von ihrem Ehemann in die Anstalt gebracht,
nachdem es innerhalb eines Jahres zu besonderen Auffälligkeiten gekommen war.
Auguste Deter konnte leichte Aufgaben nicht mehr erledigen, sie versteckte Dinge
und zeigte ein starkes Gefühl der Eifersucht gegenüber ihrem Mann.
Alois Alzheimer protokollierte am 26. November 1901 folgendes:
2
,,Wie heißen Sie?
Auguste.
Was sind Sie?
Auguste.
Familienname?
Auguste.
Wie heißt Ihr Mann? Ich glaube Auguste.
Ihr Mann?
Ach so.
Wie alt sind Sie?
51.
Wo wohnen Sie?
Ach, Sie waren doch schon bei uns.
Wo wohnen Sie?
Ach, ich bin so verwirrt.
Sind Sie verheiratet? Zu Auguste.
1
vgl. Bauer (1994)
2
vgl. Maier (2004)
6

Wo sind Sie hier?
Hier und überall, hier und jetzt, Sie dürfen mir nichts übel
nehmen.
Wo sind Sie hier?
Da werden wir doch wohnen.
Wo ist ihr Bett?
Wo soll es sein?
Zu Mittag isst Frau Auguste D. Schweinefleisch mit Karfiol
1
.
Was essen Sie?
Spinat. (Sie kaut das Fleisch)
Was essen Sie jetzt? Ich esse erst Kartoffeln und dann Kren
2
.
Neben der Befragung lässt Alzheimer die Patientin schreiben:
Schreiben Sie eine Fünf.
Sie schreibt: Eine Frau
Schreiben Sie eine Acht.
Sie schreibt: Auguste
Beim Schreiben sagt sie wiederholt: Ich habe mich sozusagen verloren."
3
Die Behandlung von Auguste Deter erfolgte wie damals üblich durch Bäder, Turnen,
strenge Diät und leichte elektrische Ströme in den Kopf. In einem Zeitraum von 4 ½
Jahren verschlimmerte sich das Verhalten. Alois Alzheimer beschrieb seine Patientin
als aggressiv, abweisend und unruhig. Auch anfallsartiges Jammern und Schreien trat
vermehrt auf. 1906 starb Auguste Deter im Alter von 56 Jahren an einer
Blutvergiftung, die durch Wundliegen verursacht wurde. Alois Alzheimer
untersuchte schließlich das Gehirn seiner Patientin.
4
Hier fand er, wie auch schon bei seinen vorherigen Untersuchungen an Gehirnen von
Patienten, Eiweißablagerungen zwischen den Nervenzellen. Diese nannte er
Amyloid-Plaques. Neu war jedoch die Entdeckung von verklebten Faserbündeln
(Neurofibrillen) des Tauproteins zwischen den Nervenzellen. Alois Alzheimer war
unsicher ob es sich um eine früh aufgetretene, präsenile Form der ,,Dementia senilis"
handelte oder um eine eigenständige Krankheit.
5
1
Karfiol = Blumenkohl
2
Kren = Meerrettich
3
Maier (2004), S. 7, Z. 6-37
4
vgl. Maier (2004)
5
vgl. Bauer (1994)
7

Im gleichen Jahr noch hielt er einen Vortrag über seine Entdeckungen vor der
Versammlung der süddeutschen Irrenärzte in Tübingen. Diese zeigten jedoch kein
großes Interesse, da Demenzen zu dieser Zeit eher selten auftraten.
1
Emil Kraepelin, ein Freund und Kollege von Alois Alzheimer, führte den Begriff der
Alzheimer-Krankheit 1910 erstmals in seinem Lehrbuch der Psychiatrie auf.
Hier beschrieb Emil Kraepelin seine klinischen Beobachtungen als Psychiater. Sein
Ziel war es, die psychischen Erkrankungen zu klassifizieren. So beschrieb er die
manisch-depressive Krankheit, die ,,Dementia praecox" (später als Schizophrenie
bezeichnet) und die Alzheimer-Krankheit.
2
Wenige Jahre später, im Jahr 1915,
starb Alois Alzheimer im Alter von 51 Jahren an einem Nierenversagen.
3
Abbildung 1: Alois Alzheimer und Auguste Deter
Auch die Forschungen stellten sich weitestgehend ein. Erst in den 60er und 70er
Jahren wurde das Thema Demenz wieder relevant. Denn auf Grund der zunehmend
steigenden Lebenserwartung der Menschen, steigt auch das Risiko an einer Demenz
zu erkranken.
4
Die Veränderungen im Gehirn sind seit Alois Alzheimer weitest-
gehend bekannt, die Ursachen jedoch nicht. Daher wurde im medizinischen Bereich
weiterhin viel geforscht. Die Forschung zu der psychologischen Betreuung von
Betroffenen wurde hingegen vernachlässigt, sodass wenig finanzielle Unterstützung
und qualifiziertes Personal bereit stand.
5
1
vgl. Viciano (2006)
2
vgl. Möhler (2003)
3
vgl. Maier (2004)
4
vgl. Maurer et al. (2000)
5
vgl. Kitwood (2008)
8

Das Konzept des Verwahrens und Isolierens von demenziell erkrankten Menschen ist
nach und nach aufgegeben worden, und es setzten sich andere Unterbringungs-
konzepte, wie etwa der Altenhilfe, durch.
1
Aktuell leiden in Deutschland ungefähr eine Millionen Menschen über 65 Jahre an
einer Demenz, denn der Hauptrisikofaktor dieser Erkrankung ist das Alter. Auch die
Forschungen dauern noch an.
2
Einige Wissenschaftler denken, dass Faktoren wie
Ernährung, Alkohol, Rauchen, die Schulbildung, der berufliche und soziale Status
eines Menschen, Bluthochdruck oder Rheuma eine gewichtige Rolle bei der
Entstehung einer Demenz spielen könnten.
3
Diese Vermutungen sind jedoch nicht
bestätigt.
Derzeit wird in Bonn ein Demenz-Zentrum erbaut, in dem circa 400 Wissenschaftler
ab dem Jahr 2010 weiter an den Ursachen der Erkrankung forschen. Die
Bundesrepublik Deutschland wendet für dieses Projekt jährlich 60 Millionen Euro
auf. Eine gesicherte Erkenntnis der Wissenschaft heute ist, dass Enzyme an der
Produktion von Amyloid-Plaques beteiligt sind, die im Gewebe im Gehirn
verklumpen. Ein Ziel des Demenz-Zentrums wird sein, zu versuchen diese Enzyme
zu hemmen.
4
Festzuhalten ist jedoch, dass Alois Alzheimer vor über hundert Jahren einen damals
,,seltsamen" Fall von Demenz beschrieben hat. Damit löste er eine Welle der
Forschung aus. Einige Wissenschaftler sprechen von der Krankheit des
21. Jahrhunderts, und Alois Alzheimer hat als erster den Grundstein für immer noch
andauernde Forschungen gelegt. Seine Beschreibung der Demenz lautete 1898:
5
,,Die Dementia senilis entwickelt sich in einem Lebensalter, in dem das Gehirn schon
durchschnittlich eine erhebliche Einbuße an Gewicht erfahren hat und sich auch
schon histologisch regelmäßig Zeichen der Seneszenz nachweisen lassen. Schon
lange kennen wir eine solche Zunahme des Pigments in den Ganglienzellen und
atheromatöse Veränderungen an den Gefäßen. Recht oft erreichen aber diese
Veränderungen höhere Grade und bedingen dann die leichten und stillen Formen
1
vgl. Stevenson et al. (1993)
2
vgl. Bickel (2005)
3
vgl. Maier (2004)
4
vgl. Grosch et al. (2008)
5
vgl. Maier (2004)
9

der Dementia senilis, vielleicht die häufigste der Geisteskrankheiten, die zahlreicher
in der Familie, seltener in den Irrenanstalten zu finden ist. Andere Fälle aber zeigen
neben einer zunehmenden, und schließlich außerordentliche Grade erreichenden
Demenz Erregungszustände, bald mehr depressiven, bald mehr manikalischen
Charakters, Verfolgungsideen und deliröse Erregungszustände. Es wurde aus-
gesprochen, dass die stille Form der Dementia senilis jeden betreffen könne,
vielleicht den eher, der zu verkalkender Erkrankung veranlagt sei, während der mit
schweren Erscheinungen einhergehende Altersblödsinn eine psychische, vererbliche
Belastung voraussetzt. Die Auffassung, so bestechend sie klingen mag, erscheint mir
kaum beweisbar."
1
1
Maier (2004), S. 13, Z. 11-43
10

2.3 Demenzformen
Auf Grund ihrer Entstehung lassen sich Demenzen heute in primäre und in sekundäre
Formen unterteilen.
x Primäre Demenzformen werden durch eine direkte Hirnschädigung
hervorgerufen. Innerhalb der primären Demenzformen wird zwischen
degenerativen
1
und nicht degenerativen Demenzen unterschieden. Hierbei ist
von Bedeutung, ob es sich um einen kontinuierlichen Abbauprozess des
Gehirns handelt oder ob eine einmalige Schädigung vorliegt.
Zu den degenerativen primären Demenzen gehören insbesondere die
Alzheimer-Krankheit, die vaskuläre Demenz, die frontotemporale Demenz
sowie die Lewy-Körperchen-Demenz. Seltenere Formen bilden die Demenz
bei Morbus Parkinson, bei Chorea Huntington oder Prionenerkrankungen.
Nicht degenerative primäre Demenzen werden durch eine einmalige
Schädigung des Gehirns hervorgerufen. Beispiele hierfür können ein
Gehirntumor, ein Schädel-Hirn-Trauma oder Gefäßentzündungen sein. Wenn
diese Demenzen rechtzeitig als solche erkannt werden, kann der Schweregrad
der Demenz gebessert, oder teilweise auch vollständig geheilt werden. Häufig
werden diese Formen nicht zu den eigentlichen Demenzerkrankungen
gezählt, da ihnen das Merkmal der fortschreitenden Verschlimmerung fehlt.
x Sekundäre Demenzformen finden ihren Ursprung nicht in einer Hirn-
schädigung, sondern im übrigen Organismus. Die Ursachen hierfür sind
vielfältig. Oft werden sie durch Medikamente, Alkohol oder Stoffwechsel-
veränderungen verursacht.
Die sekundären Demenzformen sind grundsätzlich behandelbar. Bei jahre-
langem, chronischen Alkoholkonsum kann die Störung des Gedächtnisses
jedoch vorhanden bleiben. Auch ist es im Alter nur bedingt möglich,
bestimmte Medikamente abzusetzen.
2
1
degenerativ = fortschreitend
2
vgl. Kastner et al. (2007), gesamte Passage
11

Abbildung 2: Einteilung der Demenzformen
ie Alzheimer-Krankheit, die vaskuläre Demenz, die frontotemporale Demenz sowie
ie Lewy-Körperchen-Demenz werden nachfolgend erläutert. Diese vier Demenz-
rmen machen ungefähr 80 % der gesamten Demenzen aus.
1
ie nachfolgend teilweise aufgeführten Symptome werden in Kapitel 2.6 näher
eschrieben.
.3.1 Die Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Kra
erkrankungen. Sie
rfährt derzeit viel Aufmerksamkeit, und auch in der Öffentlichkeit ist sie präsent.
auftretende Form der
Alzheimer-Krankheit kommt eher selten vor. Ungefähr 5 % der Alzheimer-
Erkrankten machen sie aus. Die Ursachen liegen in erblichen Defekten bedingt,
Demenzsyndrom
Primäre Demenzformen
(Hirnschädigung)
Sekundäre
Demenzformen
(keine Hirnschädigung)
Degenerative Demenzen
-
Alzheimer-Krankheit
-
Vaskuläre Demenz
-
Frontotemporale Demenz
-
Lewy-Körperchen-Demenz
-
Morbus Parkinson
-
Chorea Huntington
-
Prionenerkrankungen
Nicht-degenerative
Demenzen
-Gehirntumor
-Schädel-Hirn-Trauma
-Gefäßentzündungen
-Medikamente
-Alkohol
-Stoffwechselveränderungen
D
d
fo
D
b
2
nkheit ist die häufigste Form der Demenz
e
Hierbei wird zwischen einer präsenilen und einer senilen Form unterschieden. Die
präsenile Form tritt unter dem 65. Lebensjahr auf und zeigt eine vergleichsweise
schnelle Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Diese früh
1
vgl. Kastner et al. (2007)
12

familiäre Genveränderungen an den Chromosomen 1, 14 und 21 werden vererbt.
1
Diese Ursache gilt als erwiesen, sie sollte jedoch kritisch betrachtet werden. Zum
achweis einer echten genetischen Verursachung müsste festgestellt werden, dass
ie Genveränderung jede Person in sich trägt, die diese Krankheit entwickelt und in
nicht entwickelt. Es ist jedoch nicht erwiesen, dass
er-Erkrankung haben, die Genveränderung nicht in sich
n, die sich langsam ausbreiten. Es besteht hier eine kortikale Hirnatrophie,
t noch, ob die
N
d
keiner Person vorliegt, die sie
Personen die keine Alzheim
tragen.
2
Die senile, also über 65 Jahren auftretende Form der Alzheimer-Krankheit kommt
dagegen sehr häufig vor, und macht 95 % der Alzheimer-Erkrankten aus. Sie kann
sowohl eine schnelle Verschlechterung des Allgemeinzustandes aufweisen als auch
eine langsame und mildere. Letztere tritt in der Regel sehr häufig auf.
Der Ausbruch der Krankheit erfolgt spontan. Die Ursachen hierfür sind nicht
bekannt. Der größte Risikofaktor ist jedoch das Alter, denn die Zahl der Betroffenen
verdoppelt sich alle 5 Jahre. Weitere mögliche Risikofaktoren werden derzeit
diskutiert, sind jedoch nicht erwiesen. Es wird angenommen, dass genetische,
psychologische, umweltbedingte und andere Faktoren eine gewichtige Rolle
spielen.
3
Die Veränderungen im Gehirn von Alzheimer-Erkrankten werden hingegen genau
beschrieben (siehe Kapitel 2.2). So sind Neurofibrillenbündel und Amyloid-Plaques
zu erkenne
bei der die graue Substanz in der Hirnrinde allmählich verloren geht. Zunächst
werden das limbische System, die Hippokampusregion und die Temporallappen
befallen. Im Verlauf der Erkrankung breiten sich die Verklumpungen über das
gesamte Gehirn aus, und schädigen nachhaltig alle Bereiche. Unklar is
Amyloid-Plaques ursächlich sind oder Reaktionen auf die Neurofibrillenbündel. Es
konnte jedoch beobachtet werden, dass das Absterben der Zellen im Gehirn nach
einem bestimmten Muster erfolgt, das bei vielen Alzheimer-Erkrankten zu erkennen
ist. Somit treten auch die Symptome in ähnlicher Weise auf.
4
Die Alzheimer-Krankheit ist gekennzeichnet durch einen schleichenden Krankheits-
verlauf. Dieser schreitet jedoch kontinuierlich fort, und führt letztendlich zum Tod
eines Betroffenen.
5
1
vgl. Maier (2004)
2
vgl. Kitwood (2008)
2005)
3
vgl. Gatterer et al. (
4
vgl. Maier (2004)
5
vgl. siehe ebd.
13

Die durchschnittliche Krankheitsdauer beträgt 4,7 bis 8,1 Jahre.
1
Zu Beginn der
Erkrankung machen sich Merkfähigkeitsstörungen und Wortfindungsstörungen
bemerkbar, und eine Krankheitseinsicht trübt sich. Im Verlauf treten neben den
kognitiven Veränderungen zunehmend psychische Störungen und Verhaltens-
änderungen auf. In fortgeschrittenen Stadien kommen zudem körperliche Symptome
hinzu. Meist versterben Betroffene an Sekundärerkrankungen, die sich im Verlauf
der Demenz einstellen.
2
In Kapitel 2.6.4 wird der Verlauf einer Alzheimer-Krankheit
detailliert beschrieben.
2.3.2 Die vaskuläre Demenz
s allmählich verloren geht. In manchen Fällen kann jedoch
uch eine kortikale Störung vorliegen.
etztendlich werden durch eine Ischämie viele kleine, zum Teil unbemerkte Schlag-
ren können Bluthochdruck, Diabetes millitus sowie ein
rhöhter Cholesterinspiegel sein.
3
rkt und Verschlechterung.
4
Neben der Alzheimer-Krankheit (siehe Kapitel 2.3.1) stellt die vaskuläre Demenz die
zweithäufigste degenerative Demenzform dar. Ursächlich sind bei dieser Form
Durchblutungsstörungen im Gehirn. Der Begriff der vaskulären Demenz deckt ein
weites Spektrum ab, denn die Durchblutungsstörungen können unterschiedliche
Ursachen haben und verschiedene Bereiche des Gehirns betreffen. In der Regel
kommt es zu einer subkortikalen Hirnatrophie, bei der die weiße Substanz des
zentralen Nervensystem
a
L
anfälle ausgelöst. Risikofakto
e
Die Durchblutungsstörungen bewirken kognitive Veränderungen bei Erkrankten,
die häufig anhalten. Die vaskuläre Demenz beginnt somit plötzlich, bedingt durch
einen Hirninfarkt. Anders als bei der Alzheimer-Krankheit ist der Verlauf der
vaskulären Demenz durch eine stufenweise Verschlechterung gekennzeichnet.
Oft stabilisiert sich der Zustand eines Betroffenen von alleine, oder zeigt sogar
Besserung. Dann kann es wiederum plötzlich, bedingt durch ein weiteres
ischämisches Ereignis, zu einer Verschlechterung kommen. Es besteht also ein
zeitlicher Zusammenhang zwischen Infa
(2006)
4)
2007)
1
vgl. Weyerer et al.
2
vgl. Maier (200
3
vgl. Gatterer et al. (2005)
4
vgl. Kastner et al. (
14

Die Krankheitsdauer beträgt ein Jahr weniger als bei der Alzheimer-Krankheit,
sie liegt zwischen 3,7 und 7,1 Jahren.
uläre Demenz kaum voneinander unterschieden
emenz ist eine
tanzlosigkeit, unangemessenes oder stereotypes
erhalten auf. Die Symptome sind oft so stark, dass eine Einweisung in eine
sychiatrie erforderlich ist. Wegen den zu Beginn noch relativ gut erhaltenen
ffene häufig überschätzt.
4
1
Anhand der Symptomatik können die
Alzheimer-Krankheit und die vask
werden. Daher wird in einem fortgeschrittenen Verlauf auch häufig von einer
gemischten Demenz gesprochen.
2
2.3.3 Die frontotemporale Demenz
Bei der frontotemporalen Demenz gibt es verschiedene Formen. Die bekannteste ist
wohl der Morbus Pick. Kennzeichnend für die frontotemporale D
Schädigung des Vorderhirnbereichs, es kommt hier zu einer frontalen oder
temporalen Atrophie
3
. Diese kann zum Beispiel durch Entzündungen entstehen.
Typisch für die frontotemporale Demenz ist das frühe Auftreten von psychischen
Veränderungen. Kognitive Symptome zeigen sich hingegen erst im späteren Verlauf.
Betroffene fallen häufig durch Dis
V
P
kognitiven Fähigkeiten werden Betro
2.3.4 Die Lewy-Körperchen-Demenz
Die Lewy-Körperchen-Demenz zeigt ähnliche Veränderungen im Gehirn wie die
Alzheimer-Krankheit (siehe Kapitel 2.3.1), daher ist eine Unterscheidung dieser
Demenzen oftmals schwierig. Auch ist unsicher ob ein Kontinuum zwischen ihnen
herrscht, und inwieweit es gemischte Formen gibt.
5
Bezüglich der Symptome sind
jedoch Unterschiede ersichtlich, denn die Lewy-Körperchen-Demenz fällt durch ihre
spezielle Symptomatik und die Nähe zum Morbus Parkinson auf. So zittern
Betroffenen oft die Hände oder ihr Körper versteift.
6
törung
1
vgl. Weyerer et al. (2006)
2
vgl. Kastner et al. (2007)
3
Atrophie = Durchblutungss
4
vgl. Kastner et al. (2007)
5
vgl. Mc Keith et al. (1994)
6
vgl. Kastner et al. (2007)
15

Der Verlauf ist durch eine Fluktuation gekennzeichnet. Eine gewisse Zeit ist keine
ymptomatik zu erkennen. Dann tauchen wiederum plötzlich ausgeprägte Zeichen
chten schon im frühen Verlauf häufig von
erkennungen, bis hin zu optischen Halluzinationen. Hierbei muss beachtet werden,
S
der Erkrankung auf. Betroffene beri
V
dass Betroffene besonders sensitiv auf Medikamente gegen Verhaltsstörungen
reagieren (siehe Kapitel 2.8.3). Auf Grund der Verdachtsdiagnose einer Psychose
kann eine Antipsychotikum-Gabe erfolgen. Betroffene reagieren auf diese jedoch mit
starken Nebenwirkungen.
1
1
vgl. Kastner et al. (2007)
16

2.4 Epidemiologie
.4.1 Bevölkerungsentwicklung in Deutschland
Hinblick auf Altersdemenzen ist die Bevölkerungsentwicklung in den nächsten
hren bedeutend. Denn laut dem Statistischen Bundesamt Deutschland ist ein
andel in der Altersstruktur zu erwarten.
1
Dies zeigt die nachfolgende Tabelle:
2
Im
Ja
W
Alter
1950
1995
2010
2040
in 1.000
Insgesamt
69.346
81.817
83.433
72.413
unter 1
1.054
766
661
503
1 bis 4
3.642
3.272
2.675
2.059
5 bis 14
11.361
9.200
7.630
5.749
15 bis 19
5.028
4.390
4.539
3.339
20 bis 39
18.307
25.145
20.556
15.974
40 bis 59
19.832
21.834
26.573
20.243
60 bis 79
9.427
13.915
16.990
19.185
80 bis 89
671
2.909
3.352
4.608
über 89
25
385
458
754
in %
Insgesamt
100,0
100,0
100,0
100,0
unter 1
1,5
0,9
0,8
0,7
1 bis 4
5,3
4,0
3,2
2,8
5 bis 14
16,4
11,2
9,1
7,9
15 bis 19
7,3
5,4
5,4
4,6
20 bis 39
26,4
30,7
24,6
22,1
40 bis 59
28,5
26,7
31,9
28,0
60 bis 79
13,6
17,0
20,4
26,5
80 bis 89
1,0
3,6
4,0
6,4
über 89
0,0
0,5
0,6
1,0
Tabelle 1: 8. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
1
vgl. Statistisches Bundesamt (1998) auf www.gbe-bund.de
17

Im Jahr 1950 lag die Einwohnerzahl in Deutschland bei 69,3 Millionen. 1995 ist sie
auf 81,8 Millionen angestiegen. Gleichzeitig ist ersichtlich, dass sich auch die
Altersstruktur verändert hat. Denn 1950 waren 14,6 % der Bevölkerung 60 Jahre und
älter, in der nächsten Zeitspanne von
ware
s bere
1,1 %. Auf der
anderen Seite g
Zah
er Jün
zurüc
o verri
e sich der Anteil
der unter 20-Jährigen von 30,5 auf 21,5 %. Die Ursachen für diese Veränderung
liegen sowohl
nied
Gebu
eigun
auch
ner gesteigerten
Lebenserwartu
abe
uen im
chsch
,1 Kin
ekommen, heute
ist dieser Wert
sun
Damals war die steigende Lebenserwart
eine F
zuneh
er Überlebungs-
chancen von Neugeborenen. Heute ist sie auf eine abnehmende Sterblichkeit älterer
Menschen zurückzuführen. Diese Abnahme kommt hauptsächlich durch Erfolge und
t selbst bei einer hohen Zuwanderung der
ückläufigen Bevölkerung einhergehen.
1995
n die
its 2
ingen die
len d
geren
k. S
ngert
in einer
rigen
rtenn
g als
in ei
ng. 1930 h
n Fra
Dur
nitt 2
der b
auf 1,4 ge
ken.
ung
olge
mend
Leistungen im Gesundheitswesen zustande.
Der Bevölkerungszuwachs im Jahr 1995 ist ausschließlich auf eine positive
Wanderungsbilanz in den 70er Jahren zurückzuführen. Denn zu dieser Zeit gab es
sowohl einen deutlichen Überschuss der Geburten über die Gestorbenen als auch
einen Überschuss von Zuwanderern. Die Migration hat jedoch wenig Einfluss auf die
zunehmende Alterung der Gesellschaft. Mittelfristig kann eine Zuwanderung zu
einer Verjüngung der Bevölkerung führen, da die Zuwanderer meist jungen,
erwerbsfähigen Altersgruppen angehören. Doch langfristig gesehen werden auch
diese älter, und somit schreite
Alterungsprozess voran.
Das Statistische Bundesamt Deutschland erwartet, dass die Bevölkerungszahl im
Jahr 2010 auf 83,4 Millionen ansteigt, und damit einen Höchststand erreichen wird.
Anschließend wird das Altern mit einer r
So wird für das Jahr 2040 nur noch von 72,4 Millionen Menschen ausgegangen, und
der Trend wird deutlicher zu einer älteren Generation hin führen. Denn durch das
Geburtenhoch der 60er Jahre, dem anschließenden Geburtenrückgang und der
konstant niedrig gebliebenen Geburtenneigung, wird sich das Altern der
Bevölkerung nach dem Jahr 2000 kontinuierlich fortsetzen.
1
vgl. Statistisches Bundesamt (1998) auf www.gbe-bund.de, gesamte Passage
1
18

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen, wie im Lauf der Jahre geburtenstarke und
geburtenschwache Jahrgänge die Altersstruktur erleben, und wie sich das Altern in
der Bevölkerung entwickelt.
Altersaufbau der Bevölkerung Altersaufbau der Bevölkerung
1995: 2040:
Abbildung 3: Altersaufbau der Bevölkerung im
kehr de
ird. Die st
tistische B
ndel von einer Entstehung des ,,vierten Lebensalters", zu dem vor allem
n.
1
Vergleich
r ,,Pyramide" zu erkennen, die sich in den
ärksten Altersjahrgänge sind dann ungefähr
undesamt Deutschland spricht bei diesem
Im Jahr 2040 ist eine deutliche Um
ächsten Jahren durchsetzen w
0 und 75 Jahre alt. Das Sta
a
ochbetagte Menschen gehöre
n
5
W
h
1
vgl. Statistisches Bundesamt (1998) auf www.gbe-bund.de
19

2.4.2 Prävalenz der Demenz
Bevor nachfolgend Prävalenz- und Inzidenz-Raten erläutert werden, möchte ich
arauf hinweisen, dass diese Ungenauigkeiten beinhalten können. Obwohl die
rgebnisse auf wissenschaftlichem Hintergrund entstanden sind, ist es schwierig
indeutige Zahlen bezüglich der demenziellen Erkrankungen zu erhalten.
ründe hierfür können in einer Anwendung verschiedener diagnostischer Verfahren,
der in Fehlern bei Übersetzungen aus anderen Sprachen liegen. Eine besondere
chwierigkeit umfasst zudem die Unterscheidung zwischen einer Demenz und einer
(siehe Kapitel 2.7.1).
1
Dies bitte ich bei der
terpretation der nachfolgenden Zahlen zu beachten.
gesicherte
d
E
e
G
o
S
leichten kognitiven Störung
In
Seit den 70er Jahren werden weltweit Prävalenz-Studien der demenziellen
Erkrankungen durchgeführt. Meta-Analysen
2
zeigen, dass die Prävalenz bei den über
65-Jährigen der Gesellschaft zwischen 5 und 8 % liegt.
3
Auch ist eine
Erkenntnis, dass die Prävalenz mit dem Alter deutlich zunimmt. Bei 65 bis
69-Jährigen liegt sie bei circa 1,5 %, und verdoppelt sich anschließend alle 5 Jahre.
Bei 90-Jährigen und Älteren erreicht sie schließlich einen Wert von über 30 %.
4
Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht diese Ergebnisse. Sie sind in % zu verstehen.
Altersgruppe
Jorm et al.
(1987)
Hofmann
et al.
(1991)
Ritchie et
al.
(1995)
Lobo et al.
(2000)
Männer
Lobo et al.
(2000)
Frauen
65 bis 69 Jahre
1,4
1,4
1,5
1,6
1,0
70 bis 74 Jahre
2,8
4,1
3,5
2,9
3,1
75 bis 79 Jahre
5,6
5,7
7,3
5,6
6,0
80 bis 84 Jahre
10,5
13,0
13,4
11,0
12,6
85 bis 89 Jahre
20,8
21,6
22,2
12,8
20,2
90 bis 94 Jahre
38,6
32,2
33,0
22,1
30,8
ab 95 Jahre
-
34,7
44,8
-
-
Gesamtrate
6,5
6,9
7,3
4,5
7,3
Tabelle 2: Altersspezifische Prävalenz der Demenzerkrankungen
1
vgl. Blessed et al. (1991)
2
Meta-Analyse =Zusammenfassung verschiedener Untersuchungen
3
vgl. Bickel (2005)
4
vgl. Ritchie et al. (1995)
20

Die Übertragung dieser Raten auf die Bevölkerung in Deutschland ergibt eine
gesa
von
bis 7,3
Das be
et, dass
efähr 900.000 bis
1,2 Millionen Menschen über 65 Jahren an einer demenziellen Erkrankung leiden.
Der durchschnittliche Krankenbestand wird dab
Anhand der Tabelle 2 (Lobo et al.) ist auch ersichtlich, dass Frauen im
fort
ter
er erk
n als Männer. Diese Zahlen sind auf eine
längere Lebenserwartung von Frauen zurückzuf
Für p
le Dem
n gibt
es ke
ten D
n. Es w
Prä
,1 % im
ter zwis
30 un
Jahren
enomm
Altersspanne von 55 bis 64 Jahren liegt der Wert bei 0,4 %.
2
Ausländische Studien
ie Alzheimer-
mte Prävalenz
6,5
%.
deut
ung
ei mit einer Millionen beschrieben.
geschrittenen Al
häufig
ranke
ühren.
räseni
enze
ine gesicher
ate
ird jedoch auf Grund weniger Studien eine
valenz von 0
Al
chen
d 59
ang
en.
1
In der
schätzen d
somit im
Vergleich zu allen Demenzen sehr gering, er liegt bei ungefähr 3 %.
ie Gesamtzahl der Erkrankten auf circa 20.000. Dieser Wert ist
3
Durch die Zunahme älterer Menschen (siehe Kapitel 2.4.1) ist in den nächsten Jahren
mit einem beträchtlichen Anstieg demenziell erkrankter Menschen zu rechnen.
Wenn es zu keinen kausalen Therapieerfolgen in der Medizin kommt wird davon
ausgegangen, dass es im Jahr 2020 1,4 Millionen Demenzerkrankte geben wird.
Weitere Hochrechnungen ergeben eine Prävalenz-Rate von 2,3 Millionen Erkrankten
im Jahr 2050.
4
Die meisten epidemiologischen Studien beziehen sich auf die Alzheimer-Krankheit
(siehe Kapitel 2.3.1). Erst wenige befassen sich auch mit der vaskulären Demenz
(siehe Kapitel 2.3.2) oder anderen Demenzen. Verschiedene Schätzungen gehen
davon aus, dass von allen Demenzerkrankungen ungefähr 60 % auf d
Krankheit entfallen. Die vaskuläre Demenz wird mit 15 % beschrieben und
Mischformen dieser Demenzen mit mindestens 10 %. Die restlichen 15 % entfallen
auf die Lewy-Körperchen-Demenz (siehe Kapitel 2.3.4), die frontotemporale
Demenz (siehe Kapitel 2.3.3) und andere Demenzen (siehe Kapitel 2.3).
5
1
vgl. Hofman et al. (1991)
t (2003)a
2
vgl. Ott et al. (1995)
3
vgl. Bickel (2005)
4
vgl. Statistisches Bundesam
5
vgl. Kühl et al. (2004)
21

2.4.3 Inzidenz der Demenz
Verlässliche Daten der Inzidenz zu erhalten ist nur schwer möglich. Kognitiv
gesunde Menschen müssen über einen längeren Zeitraum beobachtet werden,
und eine Abgrenzung zu einer leichten kognitiven Störung (siehe Kapitel 2.7.1) ist
icht immer möglich.
1
Verschiedene epidemiologische Studien brachten jedoch
lgende Ergebnisse (in %) hervor:
n
fo
Altersgruppe
Jorm und Jolley
(1998)
Gao et al. (1998)
Fratiglioni et al.
(2000)
65 bis 69 Jahre
0,91
0,33
0,24
70 bis 74 Jahre
1,76
0,84
0,55
75 bis 79 Jahre
3,33
1,82
1,60
80 bis 84 Jahre
5,99
3,36
3,05
85 bis 89 Jahre
10,41
5,33
4,86
90 bis 94 Jahre
17,98
7,29
7,02
95 und mehr Jahre
-
8,68
-
Gesamtrate
3,2
1,6
1,4
Tabelle 3: Altersspezifische Inzidenz der Demenzerkrankungen
Es ist ersichtlich, dass die Ergebnisse stark von
er abweichen.
von dem
ge
usgegang
rd (Fratiglioni et al.), erkranken ungefähr 190.000
Menschen in einem Jahr
ls an einer D
. Die Dunkel
ist wahr-
scheinlich wesentlich höher. Hinzu kommen noch die präsenilen Inzidenz-Raten von
ungefähr 6.000 in einem Jahr. Die Zahl der insgesamt erkrankten Frauen ist mit
er als die
r Männer.
2
Von
nz-Wert 190.000 ausgehend ergaben weitere Meta-Analysen, dass
ungefähr 120.000 bis 160.000 Erkrankungsfälle auf die Alzheimer-Krankheit
und ungef
e Kapitel
.3.2) entfallen.
3
einand
Wenn
ringsten Wert a
en wi
erstma
emenz
ziffer
70 % wesentlich höh
de
dem Inzide
ähr 40.000 Erkrankungsfälle auf die vaskuläre Demenz (sieh
2
1
vgl. Weyerer (2005)
2000)
2
vgl. Bickel (2005)
3
vgl. Fratiglioni et al. (
22

Nicht näher erläuterte epidemiologische Studien gehen davon aus, dass es abzüglich
der Sterberate demenziell erkrankter Menschen zu einem Zuwachs von etwa 20.000
Erkrankungsfällen pro Jahr kommt.
1
2.4.4 Aussichten
Auf Grund des demographischen Wandels der Gesellschaft werden Menschen in
menziell erkrankter Menschen zu rechnen.
o wird die Prävalenz-Rate im Jahr 2050 auf circa 2,3 Millionen angestiegen sein,
enn es bis dahin zu keinen wesentlichen Therapieerfolgen gekommen ist.
chaft muss sich auf den jetzt schon deutlich zu bemerkenden
andel einstellen, denn er bringt eine Vielzahl an Veränderungen mit sich.
eit der
Zukunft oft die Hochaltrigkeit erreichen, und hier besteht die Gefahr an einer
Altersdemenz zu erkranken. Bei vorsichtiger Betrachtung der aufgeführten Zahlen
ist mit einem enormen Anstieg de
S
w
Auch die Gesells
W
So brauchen Betroffene eine an ihren Bedürfnissen angepasste Pflege und Betreuung.
Derzeit werden viele Demenzerkrankte von Angehörigen versorgt. Diese Kosten
wurden bislang in keiner Weise finanziell erfasst. Für die Gesellschaft würden
erhebliche finanzielle Einbußen entstehen, wenn an dieser Stelle professionelle
Pflege- und Betreuungskräfte eingesetzt werden müssten. Doch wenn in der heutigen
Zeit auf Grund niedriger Geburtenraten, zunehmender Berufstätigk
Angehörigen und Scheidungen der Familien nicht mehr die Bereitschaft oder
Fähigkeit besteht Angehörige zu versorgen, steht die Gesellschaft vor genau diesem
Problem.
2
Eine angemessene Versorgung für demenziell erkrankte Menschen zu
gewährleisten ist also nicht alleine eine Aufgabe der Altenhilfe, sondern der
gesamten Gesellschaft.
1
vgl. Kastner et al. (2007)
2
vgl. Weyerer (2005)
23

2.5 Das Erleben bei einer demenziellen Erkrankung
In der historischen Entwicklung (siehe Kapitel 2.2) ist ersichtlich, dass der
ubjektivität der Betroffenen lange Zeit keine Beachtung geschenkt wurde. Doch
einer persönlichen Erfahrung nach, ist genau diese ein entscheidendes Merkmal bei
em Umgang mit demenziell erkrankten Menschen.
.5.1 Das Erleben der Betroffenen
fahrens- und Erlebenswelt
on Betroffenen zu erhalten, da die Krankheit unweigerlich zum Tod führt. Dennoch
n Bruchstücke nebeneinander
elegt werden, entsteht langsam ein Bild.
1
Diese Zugänge können entstehen durch:
e sie zu Beginn der Demenz geschrieben haben;
x strukturiertes Zuhören Betroffener in herbeigeführten Situationen;
n
Leben angeeignet hat. Eine anfängliche Verunsicherung und Verängstigung
Betroffene
iedlich.
3
S
m
d
2
Es ist nicht möglich, vollständige Informationen der Er
v
lassen sich intersubjektive Schlussfolgerungen ziehen. Der Sozialpsychologe Tom
Kitwood beschreibt sieben Zugangswege, die es ermöglichen Einsicht in die
subjektive Welt der Demenzerkrankten zu erhalten. Er vergleicht seine Methode mit
dem Herstellen einer Collage. Indem die einzelne
g
x Berichte von Betroffenen, di
x aufmerksames Zuhören der Äußerungen im Alltag;
x Beobachtung von Verhaltensweisen der Betroffenen;
x Befragung von Menschen, die eine Krankheit mit ähnlichen Symptomen
(siehe Kapitel 2.7.1) erlebt haben;
x Einsatz der eigenen poetischen Vorstellungskraft.
2
Im Verlauf der Erkrankung verliert ein Betroffener alle Fähigkeiten, die er sich i
seinem
führt zu einer Veränderung des gesamten Menschen, und schlussendlich zum
Selbstverlust. Diese meist jahrelang verlaufende Krankheit erlebt jeder
anders, und somit sind auch die Reaktionen hierauf untersch
1
vgl. Kitwood (2008)
2
siehe ebd.
3
vgl. Junkers (1995)
24

Auf Grund von individuellen Erfahrungen im Leben und anhand von
Persönlichkeitsmerkmalen lassen sich sechs Typen der Persönlichkeit unterscheiden.
der Grundlage klinischer
rfahrungen:
ysterischen", der Aufmerksamkeit sucht;
x Den ,,Psychopaten", der sehr impulsiv ist und sich nur um sich sorgt.
1
ques, dass sich in jeder Persönlichkeit Neigungen
e des NEO-Persönlichkeitsinventars, eine
ührt.
3
Dabei konnten
x 26 % emotional-sozial-aktiv,
ck, wie unterschiedlich und vielfältig
etroffene die Erkrankung erleben. Die hier als ,,ängstlich-passiv" beschriebenen
Betroffenen können mit den ,,Abhängigen" von Alan Jacques verglichen werden.
Folgende beschrieb der Psychologe Alan Jacques 1988 auf
E
x Den ,,Abhängigen", der gerne Hilfe annimmt und nur widerwillig
Eigeninitiative ergreift;
x Den ,,Unabhängigen", der denkt, dass er die Kontrolle hat und seine
Krankheit nicht anerkennen mag;
x Den ,,Paranoiden", der schnell anklagt und misstraut;
x Den ,,Zwanghaften", der den Verlust von Kontrolle und Ordnung fürchtet und
den Selbstzweifel plagen;
x Den ,,H
Außerdem behauptete Alan Jac
zu einem oder mehreren dieser Typen finden lassen.
2
So wurde diesbezüglich im
Jahr 1995 von Sean Buckland, mit Hilf
deskriptive Studie mit 132 Demenzerkrankten durchgef
folgende Gruppierungen festgestellt werden:
x ,,30 % der Betroffenen waren ängstlich-passiv,
x 28 % stabil-verträglich-routineliebend,
x 8 % emotional-zurückgezogen-passiv,
x 4 % stabil-extrovertiert-umtriebig und
x 4 % emotional-extrovertiert-kontrollierend."
4
Diese Beschreibung ermöglicht einen Einbli
B
nd (1995)
9, Z. 30-32 & S. 110, Z. 3
1
vgl. Jacques (1988)
2
siehe ebd.
3
vgl. Buckla
4
Kitwood (2008), S. 10
25

Diese sind besonders anfällig für Verzweiflung, und werden häufig auch als
stehen Betroffene, die eine geringe
n dazu, andere für Fehler verantwortlich zu
Emotionen zeigen. Auf der anderen
ch ihrer Krankheit bewusst sind und
eigen. Das ist nur eine kleine
ruppe. Es wird jedoch angenommen, dass sie die Krankheit in einer gutartigen
riert oder bagatellisiert werden. Betroffene versuchen un-
An dieser Stelle möchte ich Frau A. (83 Jahre) vorstellen. Im Rahmen meiner
sie auch schon gepackt. Als ich ihr dann mitteilte, dass es spät in der
Nacht sei und sie doch schon seit einigen Jahren in diesem Heim wohnt,
,,vegetierend" beschrieben.
1
Auf der einen Seite
Krankheitseinsicht haben. Sie neige
machen. Das kann sich durch rohe, kraftvolle
Seite befinden sich hingegen Betroffene, die si
keine Zeichen von Vorwürfen oder Ausfallverhalten z
G
Weise erleben.
2
Nachfolgend werden mögliche Verhaltensweisen und Gefühle, die im Verlauf der
Erkrankung auftreten können, dargestellt. Meine persönlichen Erfahrungen mit
demenziell erkrankten Menschen fließen hier teilweise mit ein. Es werden jedoch
lediglich Ausschnitte einer Symptomatik dargestellt, eine ausführliche Beschreibung
erfolgt in Kapitel 2.6.
Der Beginn einer Demenz zeichnet sich meist durch zunehmende Vergesslichkeit,
Konzentrationsstörungen und Fehleinschätzungen aus. Diese erleben die Betroffenen
sehr bewusst, und sie schämen sich für ihr Verhalten. Die Folge ist, dass Defizite
verleugnet, igno
angenehmen Situationen oder Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Es kommt
schließlich zu einem Abbruch von sozialen Kontakten und einem Rückzug in eine
gewohnte Umgebung. All dies löst Angst in einem Betroffenen aus. Angst, die
eigene Kontrolle zu verlieren und auch Angst, mit dem Verhalten aufzufallen.
3
Tätigkeit in einem Alten- und Pflegeheim habe ich Frau A. als eine gesunde
und fröhliche Bewohnerin kennen gelernt. Einige Monate später traf ich
während einer Nachtschicht am frühen Morgen auf Frau A. Sie hatte sich
angezogen und lief unruhig im Flur auf und nieder. Als ich mich nach ihrem
Befinden erkundigte erklärte sie mir, dass sie völlig im Stress sei. Sie würde
doch umziehen, aber der Umzugswagen sei noch nicht da. Ihre Sachen hätte
005)
1
vgl. Kitwood (2008)
2
vgl. Oakley (1965)
3
vgl. Gatterer et al. (2
26

konnte sie mir nicht glauben. Erst durch einen Blick auf die Uhr und einen
Rundgang im Haus wurde sie einsichtig. Sie war verwirrt, und Gefühle der
ngst machten sich breit. In der nächsten Zeit kamen diese ,,Aussetzer", wie
Diese O
später
Wortfin
Gesprä
begreif
sich zu
Das Ku
mehr a
Gedank
ausken
daher
an seiner Bezugsperson.
2
it zunehmender Schwere der Erkrankung verliert er dann den Lebensfluss.
trotz der
A
Frau A. sie selbst nannte, immer häufiger vor.
rientierungslosigkeit zeigt sich bei Betroffenen gewöhnlich erst in fremder,
auch in gewohnter Umgebung. Schließlich kommt es im weiteren Verlauf zu
dungsstörungen und Problemen bei der Aussprache. Betroffene können
chen nicht mehr richtig folgen und sie in einem größeren Zusammenhang
en. Das führt zu Verzweiflung, Frustration oder Wut, denn Betroffene fühlen
nehmend unverstanden. Eine Krankheitseinsicht besteht hier nicht.
rzzeitgedächtnis ist nun völlig gestört, und neue Informationen können nicht
ufgenommen werden. So leben demenziell erkrankte Menschen in den
en ihrer Vergangenheit, in denen sie gesund sind, sich wohlfühlen und
nen.
1
Ein Gefühl der Sicherheit können nur noch vertraute Personen bieten,
orientiert sich der Betroffene unentwegt
M
Nur kurzzeitige, aktuelle Situationen sind begreifbar. Schon im nächsten Augenblick
sind die Gedanken vergessen. Die Erinnerungen erlischen immer mehr, sodass auch
nahe Angehörige oder das eigene Spiegelbild nicht mehr als bekannt begriffen
werden. Ein Betroffener verliert somit seine eigene Geschichte, und lebt stets in einer
Dauergegenwart. Die Situation wird schwerlich, kränkend und zeitlos, und geht mit
einem ständigen Gefühl der Einsamkeit einher. Was jedoch bei Betroffenen
Veränderungen als Grundpfeiler erhalten bleibt, ist die persönliche Eigenart.
3
Diese Vielfalt des Erlebens kann in drei Bereiche aufgeteilt werden:
x In dem ersten Bereich stehen die subjektiven Gefühle von Betroffenen im
Vordergrund. Das Erleben kann genau bestimmt und zugeordnet werden.
Der Betroffene ist etwa frustriert, weil er Gegenstände verlegt.
4
1
vgl. Junkers (1995)
2
vgl. Gatterer et al. (2005)
3
vgl. Junkers (1995)
4
vgl. Hobson (1985)
27

x Der zweite Bereich bestimmt den allgemeinen Zustand von Betroffenen.
Die negativen Gefühle sind hier nicht mehr spezifiziert. Hinzu kommt eine
allgemeine Verwirrtheit.
rlebt.
,,Der Zustand des Ausgebranntseins ist kein Zustand positiven Friedens,
ustand, von dem
behauptet wird, er sei der Endpunkt des zur Demenz führenden Prozesses,
nn ein altes Gefühl der Angst erneut
1
x In dem dritten Bereich werden die Stadien des ,,Ausgebranntseins" e
sondern einer sehr schweren Erschöpfung. Der vegetative Z
liegt am äußeren Ende; bei einigen Menschen, die diesen Zustand erreichen,
scheint das Personsein derart erschöpft zu sein, dass es keine Wiederkehr
gibt."
2
Demenziell erkrankte Menschen können diesen Zustand einige Male in ver-
schiedenen Richtungen durchleben. So ka
aufbrechen, und als real erscheinen. Auch häufig zu beobachten ist, dass Betroffene
ein kindliches Verhalten annehmen.
3
Hierunter wird die Retrogenese verstanden.
Denn neben den geistigen Fähigkeiten nehmen auch zunehmend die Alltags-
fähigkeiten ab, und das genau in der Richtung, wie sie im Kindesalter erworben
werden.
4
Folgende Abbildung zeigt die Retrogenese der Alzheimer-Krankheit (siehe
Kapitel 2.3.1) nach Barry Reisberg:
Abbildung 4: Die Retrogenese der Alzheimer-Krankheit
1
vgl. Kitwood (2008)
2
Kitwood (2008), S. 118, Z. 34-38
3
vgl. Kitwood (2008)
4
vgl. Held et al. (2004)
28

Es werden die Alltagsfähigkeiten aufgezeigt, die Kinder in einem bestimmten Alter
erlernen. Ungefähr mit 5 bis 7 Jahren entwickeln sie die Fähigkeit, Kleidung
entsprechend der Witterung auszuwählen. Genau diese Fähigkeit geht, wie die
anderen abgebildeten auch, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt bei Betroffenen
einer Demenzerkrankung unwiderruflich verloren.
1
Hier möchte ich das Verhalten von Frau B. (87 Jahre) erläutern. Frau B. leidet
ungefähr seit 9 Jahren an der Alzheimer-Krankheit (siehe Kapitel 2.3.1). Sie
wird im häuslichen Rahmen rund um die Uhr durch Angehörige, Nachbarn,
Freunde oder Pflegekräfte betreut. Im
sie nicht mehr verrichten, und auch körperliche Symptome wie die Störung
Rahmen dieser Betreuung lernte ich
Frau B. vor ungefähr drei Jahren näher kennen. Zu diesem Zeitpunkt war sie
durch die Erkrankung schon so sehr beeinträchtigt, dass sie ihr Kurzzeit-
gedächtnis vollständig verloren hatte. Ihre Umgebung und vertraute Personen
waren ihr fremd. Besonders auffällig war die innere Unruhe und
Ängstlichkeit, die Frau B. nicht artikulieren konnte. Alltagsfähigkeiten konnte
des Gangbildes und eine Inkontinenz hatten sich eingestellt. Sinnes-
zusammenhänge von Sätzen konnte Frau B. nicht mehr begreifen, sie sprach
nur noch in einzelnen Worten oder kurzen Sätzen. Die Inhalte handelten
meist von ihrer Vergangenheit. So hörte ich sie oft sagen: ,,Hol die
Kartoffeln", ,,Wir haben noch zu tun" oder ,,Wir müssen nach draußen".
Frau B. war früher Bäuerin, und in Gedanken war sie stetig am arbeiten.
Auch von ihrem verstorbenen Mann hat sie oft gesprochen.
Mit der Zeit änderte sich das Verhalten von Frau B. Sie war weniger unruhig
und sprach nicht mehr so viel. Auch die Inhalte hatten sich verändert. Sie
fragte wiederholt nach ihrem Vater und sah in mir ihre Mutter. Das Verhalten
ähnelte sehr dem, eines kleinen Kindes. Auch hatte sie Angst vor dem Allein-
sein. Sobald ich den Raum verließ, sagte sie: ,,Geh nicht" oder ,,bleib doch".
Derzeit spricht Frau B. kaum noch, und wenn, dann keine klaren Worte. Auch
feste Nahrung kann sie nicht mehr zu sich nehmen. Der Körper hat so sehr
abgebaut, dass eine Mobilisation nur schwer möglich ist. Daher bleibt Frau B.
oft im Bett. Sie kann nun ihre Gefühle und Bedürfnisse nicht mehr in Worte
fassen, und der Zustand des Vegetierens ist erreicht.
1
vgl. Held et al. (2004)
29

Ein Zit
,,Ein M
geht no
Jahr ve
der ers
sehnsü
2.5.2 D
eben den Demenzerkrankten erleben auch Angehörige oft deutliche Belastungen.
ffenen werden zu Hause von Angehörigen betreut, meist
urch die leiblichen Töchter oder Lebenspartner.
3
Zunächst breitet sich eine
llgemeine Hilflosigkeit aus. Angehörige fühlen sich überfordert und wissen nicht,
des Betroffenen reagieren sollen.
4
Durch meist
ngenügende Informationen zu Chancen und Möglichkeiten für demenziell erkrankte
Betroffenen.
6
at der Alzheimer-Forscherin Ruth Schweikert lautet:
ensch, der ­ während durchschnittlich acht Jahren ­ an Alzheimer stirbt,
ch einmal den Weg, den er als Kind gegangen ist, nur rückwärts. Jahr für
rschwindet aus seiner Erinnerung. Das Letzte was er verliert, ist das Lächeln,
te große postnatale Entwicklungsschritt, den die Eltern eines Neugeborenen
chtig erwarten."
1
as Erleben der Angehörigen
N
Ausschlaggebend für den Schweregrad dieser negativen Emotionen ist die
persönliche Bindung zu dem Betroffenen. Im Verlauf der Erkrankung erfahren
Angehörige wie ein geliebter Mensch mit der Zeit alles verliert, was ihn ausmacht.
Das ist eine schmerzliche, und zum Teil kaum ertragbare Erfahrung.
2
Mehr als 60 % aller Betro
d
a
wie sie auf das veränderte Verhalten
u
Menschen kommen Gefühle der Hoffnungslosigkeit auf. Denn ,,unheilbar" wird oft
mit ,,aussichtslos" verwechselt. So erleben sie Gefühle der Ohnmacht und Trauer.
5
Im Verlauf der Erkrankung können unterschiedliche Emotionen auftreten. Häufig
beschrieben werden Angst, Scham, Schuld, Wut oder Ekel. Der Alltag eines
Angehörigen ist zunehmend abhängig von dem Allgemeinzustand des
Durch die Versorgung erlebt er tiefgründige Veränderungen in nahezu allen
Lebensbereichen. So wird oft die Berufstätigkeit aufgegeben und Freizeitaktivitäten
werden vernachlässigt. Es kommt zu finanziellen und sozialen Einbußen.
7
1
Schweikert (2006), S. 167, Z. 25-31
2
vgl. Gatterer et al. (2005)
3
vgl. Wonja (2004)
4
vgl. Junkers (1995)
5
vgl. Kämmer (2001)
6
vgl. Maier (2004)
7
vgl. Wonja (2004)
30

Internationale Studien konnten belegen, dass sich sowohl das körperliche als auch
das psychische Wohlbefinden von Angehörigen nachhaltig verschlechtert. Folgen
sind Depressionen oder körperliche Infekte.
1
Durch die zunehmenden Veränderungen von Betroffenen empfinden Angehörige mit
der Zeit meist eine allgemeine Überforderung. Die größte Belastung stellt jedoch die
Persönlichkeitsveränderung dar, sie führt Angehörige oft bis an die Grenzen ihrer
emotionalen und körperlichen Belastbarkeit. An dieser Stelle wird ein Umzug in ein
Altenpflegeheim (siehe Kapitel 3.1.3) in Betracht gezogen. Dieser ist, trotz einer
spürbaren Verlagerung der Verantwortung, nicht mit einer emotionalen Entlastung
verbunden. Denn die schrittweise Abschiednahme von einem geliebten Menschen
, und auch nach einem Einzug von Betroffenen ist keine deutliche
bnahme der negativen Gefühle ersichtlich. Oft verbringen Angehörige viele
2.5.3 D
Das Pf
häufig
Qualifi
der
ber eine Ausbildung in der Altenpflege noch eine gerontopsychiatrische Weiter-
ildung. Somit ist das Verhalten von dementen Menschen oft verwirrend. Es erzeugt
Ängste und Überforderung.
3
ähnelt einem langen Trauerprozess, und der wird durch eine Heimaufnahme nicht
beendet.
2
Dieses Verhalten spiegelt sich auch häufig in der Praxis wieder. Im Rahmen
meiner Tätigkeit in einem Alten- und Pflegeheim erlebe ich emotionale Aus-
brüche von Angehörigen, die zu einem Beratungsgespräch kommen. Die
Belastungen sind oft so groß, dass sie sich krankmachend auswirken. Neben
dem Eingeständnis der eigenen Überforderung kommen häufig Schuldgefühle
auf
A
Tage in der Woche bei ihren Verwandten im Heim, und durch Geschenke
an das Pflegepersonal versuchen sie, ihre Schuldgefühle zu verringern.
as Erleben des Pflegepersonals
legepersonal in Einrichtungen erlebt demenziell erkrankte Menschen noch
als belastend. Die Gründe liegen insbesondere in mangelnden beruflichen
kationen und Zeitdruck (siehe Kapitel 3.1.3). Viele Pflegende verfügen we
ü
b
2005)
1
vgl. Wonja (2004)
2
vgl. Gatterer et al. (
3
vgl. Winter (2003)
31

Der Pflegealltag wird häufig als belastend empfunden, und das Personal ist frustriert
nd niedergeschlagen. Zudem kommen Ängste auf, im Alter an einer Demenz zu
denheit und das Wohlbefinden aller Beteiligten zu
rreichen. Dieser positive Zustand ist von dem Ausmaß der Erschütterungen der
dividuellen Grundbedürfnisse abhängig.
2
Der Psychologe Abraham Maslow stellt
dürfnisse eines Menschen anhand folgender Pyramide dar:
Abbildung 5: Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow
u
erkranken. Diese psychischen und körperlichen Belastungen können bis zu einem
Burn-out-Syndrom führen.
1
2.5.4 Schlussfolgerung
Es ist ersichtlich, dass neben dem demenziell Erkrankten auch sein nahes Umfeld
Belastungen durch die Veränderungen erleben kann. Hierzu gehören insbesondere
pflegende Angehörige und das Pflegepersonal in Einrichtungen. Es sollte jedoch stets
versucht werden die Zufrie
e
in
die wichtigsten Grundbe
Physiologische Bedürfnisse (ausreichend Ernährun
Selbst-
verwirklichung
(Wohlbefinden)
Ich-Bedürfnisse
(Anerkennung)
Soziale Bedürfnisse
(Liebe und Zugehörigkeit)
1
vgl. Kitwood (2008)
2
vgl. Maslow (1981)
g, Schlaf)
Sicherheitsbedürfnisse (Gefühl der Geborgenheit)
32

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836617208
Dateigröße
3.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln – Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften, Studiengang Sozialpädagogik
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
wohnformen senioren alteneinrichtungen demenz demenzerkrankung
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Titel: Spezielle Wohnformen für demenziell erkrankte Menschen
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