Heinrich Mann: Spiegelbild und Antagonist seiner Zeit
					
	
		©2006
		Magisterarbeit
		
			
				107 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert strömen zahlreiche Veränderungen auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene zusammen. In der ambivalenten Entzeit- und Aufbruchstimmung entfalten sich unterschiedliche Literaturtendenzen. Für den jungen Heinrich Mann wirken diese Prozesse in seinem schriftstellerischen Frühwerk nach, haben Anspruch auf Interpretation und die Hoffnung einer Überwindung der Fin de siécle - Stimmung.
Die in dieser Arbeit ausgewählten Romane - Im Schlaraffenland - Ein Roman unter feinen Leuten, Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen und Die Kleine Stadt bilden eine Entwicklungsreihe dieser Intention. Zunächst erscheinen sie in der Fassung einer satirischen Gesellschaftskritik und später in der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts als Entwurf einer demokratischen Gesellschaft. Im folgenden Text werden die beiden erstgenannten Romane ohne Untertitel - Im Schlaraffenland - und - Professor Unrat - bezeichnet.
Diese Arbeit soll eben jene Entwicklungsphase Heinrich Manns zwischen 1900 und 1909 bis zum Beginn seines politischen Schreibens aufzeigen. Aufgrund biographischer und literarischer Einflüsse nimmt er eine gesonderte Stellung ein und zeigt einen Wandel in seinem Frühwerk. Seine kritisch-satirische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft verbunden mit einem besonderen Sprachstil münden nach dem Wendejahr 1905 in ein moralisierend demokratisches Gesellschaftsideal. Auf der einen Seite erschweren diese Positionen die Laufbahn des Literaten im deutsch nationalistischen Kaiserreich. Auf der anderen Seite machen sie ihn zu einem Vorreiter einer avantgardistischen Leserschaft.
Gang der Untersuchung:
Bevor der philosophische Einfluss Friedrich Nietzsches und die literarische Einwirkung vorwiegend französischen Ursprungs auf Heinrich Mann näher beleuchtet werden, wird diese Arbeit zunächst einen kurzen Überblick über das Literaturverständnis geben.
Danach werden die drei genannten Romane in den Kapiteln 2., 3. und 4. behandelt und in Beziehung zueinander gesetzt. Es wird deutlich werden, dass ein starker Bruch Heinrich Manns zwischen seinen Satiren und seiner demokratischen Utopie besteht. Denn nach 1905 besinnt sich Heinrich Mann zurück auf die Zeit der Aufklärung, Jean Jacques Rousseaus Gesellschaftsideal und die Triasvorstellung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aus der Französischen Revolution 1789.
Seine Leitmotive von Macht und Geist, dem Dualismus von Gesellschaft […]
	Auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert strömen zahlreiche Veränderungen auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene zusammen. In der ambivalenten Entzeit- und Aufbruchstimmung entfalten sich unterschiedliche Literaturtendenzen. Für den jungen Heinrich Mann wirken diese Prozesse in seinem schriftstellerischen Frühwerk nach, haben Anspruch auf Interpretation und die Hoffnung einer Überwindung der Fin de siécle - Stimmung.
Die in dieser Arbeit ausgewählten Romane - Im Schlaraffenland - Ein Roman unter feinen Leuten, Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen und Die Kleine Stadt bilden eine Entwicklungsreihe dieser Intention. Zunächst erscheinen sie in der Fassung einer satirischen Gesellschaftskritik und später in der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts als Entwurf einer demokratischen Gesellschaft. Im folgenden Text werden die beiden erstgenannten Romane ohne Untertitel - Im Schlaraffenland - und - Professor Unrat - bezeichnet.
Diese Arbeit soll eben jene Entwicklungsphase Heinrich Manns zwischen 1900 und 1909 bis zum Beginn seines politischen Schreibens aufzeigen. Aufgrund biographischer und literarischer Einflüsse nimmt er eine gesonderte Stellung ein und zeigt einen Wandel in seinem Frühwerk. Seine kritisch-satirische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft verbunden mit einem besonderen Sprachstil münden nach dem Wendejahr 1905 in ein moralisierend demokratisches Gesellschaftsideal. Auf der einen Seite erschweren diese Positionen die Laufbahn des Literaten im deutsch nationalistischen Kaiserreich. Auf der anderen Seite machen sie ihn zu einem Vorreiter einer avantgardistischen Leserschaft.
Gang der Untersuchung:
Bevor der philosophische Einfluss Friedrich Nietzsches und die literarische Einwirkung vorwiegend französischen Ursprungs auf Heinrich Mann näher beleuchtet werden, wird diese Arbeit zunächst einen kurzen Überblick über das Literaturverständnis geben.
Danach werden die drei genannten Romane in den Kapiteln 2., 3. und 4. behandelt und in Beziehung zueinander gesetzt. Es wird deutlich werden, dass ein starker Bruch Heinrich Manns zwischen seinen Satiren und seiner demokratischen Utopie besteht. Denn nach 1905 besinnt sich Heinrich Mann zurück auf die Zeit der Aufklärung, Jean Jacques Rousseaus Gesellschaftsideal und die Triasvorstellung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aus der Französischen Revolution 1789.
Seine Leitmotive von Macht und Geist, dem Dualismus von Gesellschaft […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Alexander von Fenner 
Heinrich Mann: Spiegelbild und Antagonist seiner Zeit 
ISBN: 978-3-8366-1702-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008 
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© Diplomica Verlag GmbH 
http://www.diplom.de, Hamburg 2008 
Printed in Germany
1
Einleitung...1 
1.      Das Fin de siécle und Heinrich Mann ...6 
1.1 Begriffliche 
Bestimmung 
und 
Bedeutung des Fin de siécle...6 
1.2 
Literarische Aspekte und historisches Umfeld im Fin de Siécle ...9 
1.2.1 Literaturgeschichte...9 
1.2.2 Zur Literaturkritik um die Jahrhundertwende...12 
1.2.3 Kunstverständnis um 1900...16 
1.2.4 Zeitgeschehen ...18 
1.3 
Heinrich Mann und sein Verhältnis zum Fin de siécle ...21 
1.3.1 Zur Position Heinrich Manns in der zeitgenössischen Literatur...21 
1.3.2 Philosophische Einflüsse Friedrich Nietzsches auf Heinrich Mann...24 
1.3.3 Literarische Einflüsse aus Frankreich...28 
1.4 Zusammenfassung...32 
2. ,,Im Schlaraffenland" (1900)...34 
2.1 Entstehungsgeschichte und Plot des Romans ...34 
2.1.1 Heinrich Manns Orientierung am Vorbild Guy de Maupassants ,,Bel 
Ami" (1885) ...36 
2.2 Die Figuren und ihr Beziehungsgeflecht ...37 
2.3 Erster sozialkritischer Roman und Gesellschaftssatire ...40 
2.4 Erzählform und Stilmittel ...48 
2.5 Zusammenfassung...50 
2
3. ,,Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen" (1905)...52 
3.1 Entstehungsgeschichte und inhaltliche Konzeption...52 
3.2 Figurengruppen des Romans...55 
3.2.1 Das Machtverhältnis zwischen Unrat und seinen Schülern 
Lohmann, von Erztum und Kieselack...55 
3.2.2 Unrat und die Künstlerin Rosa Fröhlich ...59 
3.2.3  Das Bild Unrats und der kleinstädtischen Bevölkerung ...63 
3.3 Lesarten des Romans und Heinrich Manns Entwicklung in seiner 
zweiten satirischen Gesellschaftskritik ...67 
3.4 Sprache...74 
3.5 Zusammenfassung...76 
4. ,,Die Kleine Stadt" (1909)  Heinrich Manns Beginn als politischer 
Schriftsteller ...78 
4.1 Entstehungsgeschichte ...78 
4.2 Synthese aus Kunst und Leben  Die italienische Kleinstadt und die 
Operngesellschaft...80 
4.3 Das musikalische Thema  Giacomo Puccini (1858-1924)...84 
4.4 Heinrich Manns ,,Die Kleine Stadt" (1909) als demokratischer Roman ...87 
4.5 Zusammenfassung...94 
5. Schlussbemerkung und Ausblick ...96 
6. Literaturverzeichnis ...101 
3
Einleitung 
Auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert strömen zahlreiche Veränderungen auf 
gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene zusammen. In der 
ambivalenten Endzeit- und Aufbruchstimmung entfalten sich unterschiedliche 
Literaturtendenzen. Diese Prozesse haben Einfluss auf dem jungen Heinrich 
Mann und wirken sich auf sein schriftstellerisches Frühwerk aus. Sie 
entwickeln gleichzeitig den Anspruch auf Interpretation und die Hoffnung auf 
eine Überwindung der Fin de siècle - Stimmung. Die im Rahmen dieser Arbeit 
ausgewählten Romane ,,Im Schlaraffenland  Ein Roman unter feinen 
Leuten"
1
 (1900), ,,Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen"
2
 (1904) 
und  ,,Die Kleine Stadt"
3
 (1909) bilden eine Entwicklungsreihe dieser 
Intention. Die Thematik der Reihe beginnt mit einer satirischen 
Gesellschaftskritik und endet in der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts als 
Entwurf einer demokratischen Gesellschaft. Im folgenden Text werden die 
beiden erstgenannten Romane ohne Untertitel, also als ,,Im Schlaraffenland" 
und ,,Professor Unrat", erscheinen. Was diese Arbeit zeigen möchte, ist eben 
jene Entwicklungsphase Heinrich Manns zwischen 1900 und 1909, die ihn 
zum Beginn seines literarischen Schaffens zu einem politischen Autor machte. 
Aufgrund biographischer und literarischer Einflüsse nimmt er in diesem 
Zeitraum eine gesonderte Stellung ein und zeigt dabei den hier untersuchten  
Wandel in seinem Frühwerk. Seine kritisch - satirische Auseinandersetzung 
mit der Gesellschaft (verbunden mit einem besonderen Sprachstil) mündet 
nach dem Wendejahr 1905 in ein moralisierend demokratisches 
Gesellschaftsideal. Auf der einen Seite erschweren gerade diese Positionen die 
biographische Laufbahn des Literaten im deutsch - nationalistischen 
Kaiserreich. Auf der anderen Seite machen sie ihn zu einem Vorreiter einer 
avantgardistischen Leserschaft. 
Bevor der philosophische Einfluss Friedrich Nietzsches und die Einwirkung 
der Literatur vorwiegend französischen Ursprungs auf Heinrich Mann näher 
1
 Vgl. Heinrich Mann: Im Schlaraffenland - Ein Roman unter feinen Leuten, Frankfurt a. 
Main, 2001 
2
 Vgl. Heinrich Mann: Professor Unrat, Hamburg, 2005 
3
 Vgl. Heinrich Mann: Die Kleine Stadt, Frankfurt a. Main, 2003 
4
beleuchtet werden, wird diese Arbeit zunächst einen kurzen Überblick über 
das Literaturverständnis geben. Danach werden die drei genannten Romane in 
den Kapiteln 2., 3. und 4. behandelt und in Beziehung zueinander gesetzt. Es 
wird deutlich werden, dass ein starker Bruch Heinrich Manns zwischen den 
Satiren und seiner demokratischen Utopie besteht. Denn nach 1905 besinnt 
sich Heinrich Mann zurück auf die Zeit der Aufklärung, Jean Jacques 
Rousseaus Gesellschaftsideal und die Triasvorstellung von Freiheit, Gleichheit 
und Brüderlichkeit aus der Französischen Revolution von 1789. Manns 
Leitmotive von Macht und Geist, dem Dualismus von Gesellschaft und 
Individuum und die Künstlerproblematik stehen als literarische Phänomene 
seines Schaffens am Anfang des 20. Jahrhunderts.  
Als Sekundärliteratur haben an dieser Arbeit besonders die beiden 
Dissertationen von Wilfried F. Schoeller ,,Künstler und Gesellschaft  Studien 
zum Romanwerk Heinrich Manns zwischen 1900 und 1914" 
4
 und Jürgen Zeck 
,,Die Kulturkritik Heinrich Manns in den Jahren 1892  1909"
5
 großen Anteil. 
Für die Textarbeit an den beiden Satiren sind dazu die Untersuchungen von 
Ralf Siebert ,,Heinrich Mann: Im Schlaraffenland, Professor Unrat, Der 
Untertan" 
6
, Renate Werner ,,Skeptizismus, Ästhetizismus, Aktivismus" 
7
, Elke 
Emrich  ,,Macht  und Geist im Werk Heinrich Manns"
8
 und Thomas Epple 
,,Heinrich Mann   Professor Unrat"
9
 anzuführen. Die Aufsätze Elke 
Segelckes  ,,Die Kleine Stadt   Das Hohelied der Demokratie"
10
 und Stefan 
Ringels  ,,Heinrich Mann und Puccini"
11
 bzw. ,,Heinrich Mann  Ein Leben 
wird besichtigt"
12
  haben dies für den demokratischen Roman ,,Die Kleine 
Stadt" geleistet. Zur (Selbst-) Einschätzung Heinrich Manns helfen folgende 
4
 Vgl. Wilfried F. Schoeller: Diss. Künstler und Gesellschaft  Studien zum  Romanwerk 
           Heinrich Manns zwischen 1900 und 1914, München, 1978 
5
Vgl. Jürgen Zeck: Diss. Die Kulturkritik Heinrich Manns in den Jahren 1892 1909, 
          Hamburg,
1965
6
 Vgl. Ralf Siebert: Heinrich Mann: Im Schlaraffenland, Professor Unrat, Der Untertan, 
           Siegen, 1999  
7
 Vgl. Renate Werner: Skeptizismus, Ästhetizismus, Aktivismus, Düsseldorf, 1972 
8
 Vgl. Elke Emrich: Macht und Geist im Werk Heinrich Manns, Berlin, 1981 
9
 Vgl. Thomas Epple: Heinrich Mann - Professor Unrat, München, 1998 
10
 Vgl. Elke Segelcke: ,,Die Kleine Stadt" als Hohelied der Demokratie, in: Heinrich  
            Mann Jahrbuch, Bd. 5., Lübeck, 1987, S. 1 - 29 
11
Vgl. Stefan Ringel: Heinrich Mann und Puccini, in: Heinrich Mann Jahrbuch, Bd. 19. 
Lübeck, 2003, S. 97 - 141 
12
 Vgl. Stefan Ringel: Heinrich Mann  Ein Leben wird besichtigt, Darmstadt, 2000 
5
Publikationen: der Briefwechsel Heinrich Mann  Ludwig Ewers
13
, André 
Banuls ,,Heinrich Mann"
14
, Ulrich Weisstein ,,Heinrich Mann" 
15
 und Hugo 
Dittberner  ,,Heinrich Mann"
16
. Alle übrigen Autoren der Sekundärliteratur 
ergänzen das Bild Heinrich Manns und meinen Versuch der Wiedergabe 
seines Entwicklungsprozesses im Zeitalter des Fin de siècle. 
13
 Vgl. Heinrich Mann  Briefe an Ludwig Ewers 1889 - 1913, Berlin, 1980 
14
 Vgl. André Banuls: Heinrich Mann, Stuttgart, 1970 
15
 Vgl. U. Weisstein: Heinrich Mann, Tübingen, 1962 
16
 Vgl. Hugo Dittberner: Heinrich Mann, Eine kritische Einführung in die Forschung, 
            1974 
6
1.      Das Fin de siécle und Heinrich Mann 
1.1  Begriffliche Bestimmung und Bedeutung des Fin de siécle 
Um den Zeitraum darzustellen, der mit den zu behandelnden Romanen 
Heinrich Manns gemeint ist, ist es notwendig auf die Epochenbezeichnung 
einzugehen. Eine exakte zeitliche Einordnung ist wie in allen Literaturepochen 
kaum möglich. In etwa ist aber ein zwanzigjähriger Abschnitt von den späten 
achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts bis 1910 gemeint.
17
Der Begriff ,,Fin de siécle " findet sich als solcher zuerst bei Emile Zola 1886 
in seinem Roman ,,L'Oeuvre".
18
 Schon bald entwickelte sich dieser dem 
lateinischen ,,finis saeculi" entlehnte Begriff zum Mode- und Schlagwort. 
Trotz der verschiedenen literarischen Strömungen wird die Décadence zum 
wichtigsten Synonym in der europäischen Literatur um die Jahrhundertwende. 
Seine Ursprünge reichen aber schon bis in die dreißiger Jahre des 19. 
Jahrhunderts zurück.
19
Der hauptsächliche Ansatzpunkt für die Motive der Literaturepoche ist eine 
Endzeitstimmung gleichzeitig begleitet von einem Modernitätsbewusstsein. 
Gemeint ist damit ist eine allgemeine Vorstellung vom Niedergang des ganzen 
Zeitalters auf politischer, gesellschaftlicher, kultureller und moralischer Ebene, 
die im besonderen die Thematiken der physischen Schwäche, 
Nervenzerrüttung und Hysterie anspricht.
20
 Schwerpunkte der 
Dekadenzliteratur bilden sich in Frankreich, Österreich (das ,,Junge Wien") 
und England. Dabei gehören Flaubert, Baudelaire, Gautier, Hofmannsthal und 
Oscar Wilde zu ihren bekanntesten Vertretern. 
17
 Vgl. Reallexikon d. deutschen Literaturwissenschaft , Hrsg. Klaus Weimar, Berlin, 1997, 
          ,,Bezeichnung für eine Übergangsphase, die mit der Abkehr vom Naturalismus um 1890 
          (in Frankreich bereits um 1880) beginnt und erst um 1910 mit dem Aufkommen des  
          Expressionismus endet." 
18
 Ebenda 
19
 Vgl. Wolfdietrich Rasch: Die literarische Décadence um 1900, München, 1986, S. 31  
20
 Vgl. Reallexikon d. deutschen Literaturwissenschaft, Hrsg. Klaus Weimar, Berlin, 1997 
7
Im wilhelminischen Deutschland war die Übernahme des Begriffs ,Fin de 
siécle` gleichbedeutend mit kritischer Distanzierung.
21
 In diesem 
Zusammenhang ist Nietzsche, der sich selbst als denjenigen mit dem größtem 
Dekadenzverständnis bezeichnete, einer der wichtigsten Gradmesser für 
deutsche Schriftsteller. Die entscheidenden Impulse gehen aber von Frankreich 
aus: J. K. Huysman wird zur Leitfigur des europäischen Fin de siécle.
22
 Sein 
Kultbuch ,,A rebours" (,,Gegen den Strich"), in dem der Protagonist Des 
Esseintes sich eine künstliche Welt aus einer Position physischer und 
psychischer Schwäche schafft, wurde zum Inbegriff der dekadenten Thematik. 
Neben den willensschwachen Verfallsmotiven, wie den verfeinerten, 
überreizten Nerven sowie den Krankheitsmotiven, steht der begleitende 
Lebenskult nicht ausnahmslos im Widerspruch. Im sogenannten 
,,Renaissancekult" erzeugt die Dekadenz eine Spannung zwischen 
Lebensmüdigkeit und emphatischer Lebensbejahung. Kennzeichnend dafür 
sind die Romane J. P. Jacobsons, Hermann Bangs und Heinrich Manns, dessen 
Anspruch auf eine hysterische Renaissance in der Romantrilogie ,,Die 
Göttinnen" zum Ausdruck kommt.
23
Jens Malte Fischers Kommentar zur Epoche des Fin de siécle setzt sich für 
einen begrenzten Zeitraum von 1890 bis 1910 mit einer scharfen Trennung 
von Endzeitstimmung und Aufbruchswillen aus. Anders definiert Wolfdietrich 
Rasch das Zeitbewusstsein des Fin de siécle im Sinne von Endzeitstimmung 
und Modernität: ,,Aus dem französischen meint es nicht jung, nicht naiv, nicht 
konventionell, aber auch Müdigkeit, Nervenschwäche und blasierte Skepsis".
24
Eine Formel des Spätzeitlichkeitsbewusstseins kann demnach lauten: ,,... die 
Spätzeit einer Zivilisation, das Ende einer Epoche, die zwar von den 
Ursprüngen schon weit entfernt ist, aber doch willensstärker ist als die Endzeit 
des Jahrhunderts, ... ".
25
 Übergeordnet sieht Rasch das zeitgenössische 1900 
wie folgt: ,,Es ist das wache Bedürfnis der Menschen, die eigene Gegenwart, 
ihre eigene geschichtliche Situation zu verstehen, sich ihrer möglichst genau 
bewusst zu werden und in ihrer Lebensgestaltung dem nahe zukommen was 
21
 Vgl. Reallexikon d. deutschen Literaturwissenschaft, Hrsg. Klaus Weimar, Berlin, 1997 
22
 Ebenda 
23
 Ebenda 
24
 Vgl. Wolfdietrich Rasch: Die literarische Décadence um 1900, München, 1986, S. 31  
25
 Ebenda, S. 35 
8
zeitgemäß ist."
26
 Denn nach dem fortschreitenden technischen und 
naturwissenschaftlichen Wandel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, 
legt die Literatur den Schwerpunkt auf das Individuum. 
Während Ernst Robert Curtius die Fin de siécle Stimmung von Skepsis, 
Pessimismus und dekadenten Genießertum bestimmt sieht, stellen Jacque 
Riviére und Ernst Stadler nach 1900 eine andere Entwicklung fest. Stadler 
sucht in der Bewegung eine lebenskräftige Ausdrucksgebärde: ,,Der Wille regt 
sich vorwärts zu zeigen, statt rückwärts, Anfang zu sein...".
27
 Im selben Tenor 
schreibt Peter Sprengel, dass die Literatur des Fin de siécle im 
Spannungsverhältnis zwischen Positionen des Verfalls und der 
Aufbruchstimmung steht. Fritz von Ostini ist hier ein namhafter Vertreter, der 
ein  Anti - Fin de siécle vertrat: ,,Zur Jahrhundertwende gehört die 
Aufbruchstimmung der Jugendbewegung, der Lebensreform und des 
Jugendstils ebenso wie das Untergangspathos der Dekadenz" gehörte.
28
Gerade dieser Wandlung der Literaturepoche wird sich Heinrich Mann in 
diesem Zeitraum zwischen 1900 und 1910 bewusst. Er nimmt in seinem 
Frühwerk ästhetizistische Inhalte an, wendet sich jedoch im Laufe des 
Jahrzehnt wieder davon ab. Ausgehend vom Fokus eines 
gesellschaftskritischen Blick wendet sich sein Werk zu einer humanistisch 
orientierten Perspektive. 
26
 Vgl. Wolfdietrich Rasch: Die literarische Décadence um 1900, München, 1986, S. 30 
27
 Ebenda, S. 37 
28
 Vgl. Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1870  1900, München, 
1998, S. 122 
9
1.2  Literarische Aspekte und historisches Umfeld im Fin de Siécle 
1.2.1 Literaturgeschichte 
Für die Literaturgeschichte heißt es die Literatur in ihren historischen 
Zusammenhängen und Entwicklungen zu sehen.
29
In diesem Abschnitt der Arbeit soll die Epoche des Fin de siécle und besonders 
ihr Ausklang nach 1900 in Beziehung zur literarischen Historie der Epoche 
gezeigt werden. Für den Zeitraum der Jahrhundertwende ist 
literaturgeschichtlich zu sehen, dass Begriffe aus der Kunst für die Literatur 
übernommen wurden. ,,Naturalismus, Impressionismus und Expressionismus 
stammen aus der Kunstgeschichte"
30
. Allerdings sind die vielfältigen 
Benennungen problematisch, da der Impressionismus in der 
Literaturgeschichtsschreibung zum Beispiel auch ,,Jugendstil", ,,Neuromantik" 
und ,,Kunst der Jahrhundertwende" genannt wird.
31
Der Stil des Naturalismus gibt in der Literatur die sozialen Umstände der 
Gesellschaft möglichst wirklichkeitsgetreu wieder. In der Dekadenzliteratur 
hingegen steht die Künstlichkeit aller Motive im Vordergrund. Für das 
Individuum wie für sein Umfeld gilt eine Verfeinerung der Nerven in allen 
Lebensbereichen als hauptsächliche Intention. Daraus ergeben sich 
Spannungsfelder zwischen Gesellschaft und Individuum, die in der Fin de 
siécle Literatur eines der wichtigsten Themen bilden. 
Aus der umfangreichen Forschungsliteratur möchte ich hier den Aufsatz 
Helmut Koopmanns ,,Entgrenzung. Zu einem literarischen Phänomen um 
1900"
32
 anführen, der die Problematik der Dekadenzliteratur behandelt. 
Einleitend relativiert er die Veränderungen durch diese neue Form der 
Literatur: ,,Was sich wie die Proklamation einer neuen eigenen 
Kunstauffassung liest, ist freilich in erster Linie offenbar nur eine Reaktion auf 
29
 Vgl. Metzler Literatur Lexikon, Hrsg. von Günther und Irmgard Schweikle, 2. überarb. 
Auflage, Stuttgart, 1990 
30
 Vgl. Kritik in der Zeit, Hrsg. Manfred Diersch, Halle, 1985, S. 9 
31
 Ebenda 
32
 Vgl. Helmut Koopmann: ,,Entgrenzung. Zu einem literarischen Phänomen um 1900", in: Fin 
de siècle. Zu Literatur und Kunst in der Jahrhundertwende, hrsg. v. Roger Bauer 
        u.a., Frankfurt a. M., 1977, S. 73 - 92 
10
naturalistische Kunstvorstellungen und Wirklichkeitsinterpretationen."
33
 Im 
Folgenden erläutert er die Begriffe ,,Entgrenzung" und ,,Erweiterung": 
 ,,Wo die neue Dichtung um 1900 nicht Reaktion auf naturalistische Forderungen und 
Vorstellungen ist, da ist sie doch eine solche auf eine vom aufgeklärt  
naturwissenschaftlichen Denken immer stärker rationalisierte, eingegrenzte, enger 
gewordene Welt. Diese als beengend erfahrene Wirklichkeit poetisch-imaginativ zu 
erweitern, ihre Elemente neu zu synthetisieren, ist das Ziel der 
Entgrenzungstendenzen."
34
Besonders wirkungsvoll ist dieser Prozess z. B. durch die D'annunzio 
Besprechungen Hofmannsthals in den 90er Jahren dargestellt. 
Im Zusammenhang mit dem Frühwerk Heinrich Manns ergibt sich aus dieser 
neuen Sicht eine Tendenz der Konfliktthematik von Gesellschaft und 
Individuum.
35
 Dieselbe Entgrenzungstendenz ist nach Helmut Koopmann 
besonders in der Romantrilogie ,,Die Göttinnen" beschrieben. Dort ist es das 
,,hohe Lebensgefühl" des Individuums, dass die Grenzen der Individualität 
sprengt. Herzogin Violante von Assy durchlebt in dieser Trilogie das hohe 
Lebensgefühl in drei Stadien als Freiheitskämpferin ,,Diana", als 
kunstbeflissene ,,Minerva" und als wollüstige ,,Venus". Die behandelten 
Hauptmotive ,,Kunst" und ,,Leben" sind in Heinrich Manns Frühwerk und für 
das Fin de siécle von großer Bedeutung. 
Zur Ausbildung bestimmter Figurendarstellungen äußert Koopmann sich wie 
folgt:  ,, ... dort, wo die Entgrenzungstendenzen gegen die Normen und 
Grenzen der Gesellschaft stießen, konkretisiert sich dieser Konflikt nicht selten 
im Typus des scheiternden oder gescheiterten Abenteurers und in dem des 
körperlich oder seelisch Kranken." 
36
 Daraus ergibt sich ,,eine Erklärung für 
33
 Vgl. Helmut Koopmann: ,,Entgrenzung. Zu einem literarischen Phänomen um 1900", in: Fin 
de siècle. Zu Literatur und Kunst in der Jahrhundertwende, hrsg. v. Roger Bauer u. a., 
        Frankfurt a. M., 1977, S. 77 
34
 Ebenda 
35
 Ebenda, S. 83: ,,Wie sehr die neue Interpretation des Dichterischen in den letzten Jahren vor 
1900 (mit der Intention, die traditionellen Grenzen des dichtenden Ichs zu erweitern, sich 
zu entgrenzen) fast automatisch zu Konfliktsituationen mit der Gesellschaft führte 
dokumentiert auch das  Frühwerks Heinrich Manns."       
11
das Interesse am Künstler um 1900"
37
. Denn ,,Künstler sind Abenteurer, die 
ihren Entgrenzungsbetrieb kompensiert und sublimiert haben. ... Die Kunst 
bietet einen Freiraum, innerhalb dessen die Grenzen der wirklichen Welt 
imaginär gesprengt werden können."
38
 Für Koopmann ist das Fazit zur 
Entgrenzung in der Fin de siécle Epoche: 
,,Gewiß ist der Wunsch nach Entgrenzung in vielen Dingen bloß eine Reaktion auf 
den Naturalismus und auf die Welt, deren literarischer Ausdruck dieser war. Aber das 
mindert nicht seine produktive Bedeutung. Im Bereich der Literatur gibt es kaum 
etwas anderes als Reaktionen. Wichtiger ist ohnehin, dass hier Probleme sichtbar 
werden, die die Moderne überhaupt betrafen."
39
Außerdem folgert er, dass die nachfolgende Epoche des Expressionismus den 
Trend der Entgrenzung nach 1900 fortsetzt.
40
Wie auch Koopmann sieht Zmegac das Interesse am Künstler um die 
Jahrhundertwende als eines der Hauptthemen. Für Zmegac bedeutet das 
konkret, dass ,,das Motiv der Spaltung von Schaffen und Wirklichkeit und 
ebenso die Kluft zwischen dem Leben des Künstlers und dem der ,,anderen" 
Menschen ..."
41
 eines der zentralen Themen der Jahrhundertwende sind. 
Es sind somit die gegensätzlichen Tendenzen, die die Literatur um die 
Jahrhundertwende ausmachen. Damit wird auch ein gänzlich verändertes 
Leseverhalten bewirkt. Es scheint eine neue Zeit für die Rezeption der 
Literatur angebrochen zu sein.
42
Einen anderen Fokus legt Gotthard Wunberg in seinem Werk 
,,Jahrhundertwende. Studien zur Literatur der Moderne"
43
 auf den 
36
 Vgl. Helmut Koopmann: ,,Entgrenzung. Zu einem literarischen Phänomen um 1900", in: Fin 
de siècle. Zu Literatur und Kunst in der Jahrhundertwende, hrsg. v. Roger Bauer u. a., 
        Frankfurt a. M., 1977, S. 87 
37
 Ebenda, S. 88 
38
 Ebenda 
39
 Ebenda, S. 91  
40
 Ebenda, S. 92 
41
 Vgl. Viktor Zmegac: Kleine Geschichte der deutschen Literatur, Wiesbaden, 2004, S. 265 
42
 Ebenda, S. 73 
43
 Vgl. Gotthart Wunberg: Jahrhundertwende. Studien zur Literatur der Moderne, Tübingen, 
2001 
12
literaturhistorischen Zusammenhang. Er geht davon aus, dass aus dem 
Interesse an historischen Feldern auch die Schreibweise eine historistische 
ist.
44
 Das heißt, dass das Verfahren des positivistischen Historismus im Fin de 
siécle übernommen wird. Damit sind Aufzählung, Vollständigkeitstendenz, 
historisch korrekte Benennung, Detailliertheit und Enzyklopädistik gemeint.
45
Für die Epochenbezeichnung der Dekadenz bedeutet es einen Versuch der 
Zeitgenossen ,,die Literatur der Zeit und damit letztlich sich selbst aus den 
eigenen historischen Bedingungen zu verstehen."
46
Ein gutes Beispiel für die Vielfalt des Fin de siécle ist der Aufsatz von Bengt 
A. Sørensen ,,Der ,,Dilettantismus" des Fin de siécle und der junge Heinrich 
Mann", der als These den Dilettantismus als einen ,,Schlüssel zum historischen 
Verständnis"
47
 der Epoche sieht. Seine These ist insofern bedeutend, da 
Heinrich Mann sich in seinem Roman ,,In einer Familie" (1894) mit dem 
Dilettantismus beschäftigt hat. Leitendes Vorbild dieser Zeit und dieser 
Thematik war der französische Literat Paul Bourget. 
1.2.2 Zur Literaturkritik um die Jahrhundertwende 
Der Literaturkritik und der Literaturgeschichte ist um die Jahrhundertwende 
ein weit umrissener Rahmen eingeräumt worden, der hier nur im Ansatz 
dargestellt werden kann. 
Gotthart Wunberg hat sich in seiner Untersuchung zur Jahrhundertwende in 
einem Kapitel auch mit der Literaturkritik beschäftigt. Grundlegend darin sind 
die Thematik des Helden und der Zukunft als Kriterien der Moderne 
festzustellen.
48
 Interessant ist für Wunberg der Weg, der dazu führte: 
44
 Vgl. Gotthart Wunberg: Jahrhundertwende. Studien zur Literatur der Moderne, Tübingen, 
2000, S. 59 
45
 Ebenda, S. 81  
46
 Ebenda, S. 78 
47
 Vgl. B. A. Sørensen: Der Dilettantismus des Fin de siécle und der junge Heinrich Mann, in:  
            Orbis litterarum 24, 1969, S. 251 
48
 Vgl. Gotthart Wunberg: Jahrhundertwende. Studien zur Literatur der Moderne, Tübingen, 
2001, S. 151 
13
,,Speziell für die Literatur erhoffte man sich dementsprechend in den naturalistischen 
Kreisen der 80er und 90er Jahre zweierlei: eine ,,Zukunft der Literatur", in der die 
Misere der zeitgenössischen Dichtung überwunden wäre; und einen Helden, der das 
zuwege brächte, der das gesunkene literarische Niveau etwas anhöbe und dadurch 
die deutsche Dichtung den ausländischen Vorbildern ebenbürtig machte: 
Skandinavien, Frankreich und Russland vor allem; man wollte sich neben Ibsen, Zola 
und Dostojewski sehen lassen können, man wollte wieder konkurrenzfähig sein."
49
Außerdem seien die Zukunftsvorstellungen in Deutschland am Ende des 19. 
Jahrhunderts von drei verschiedenen Vorraussetzungen bestimmt. ,,Sie waren 
marxistisch im Anstoß und christlich-soteriologisch in der Terminologie, aber 
Nietzsche verhilft ihnen  wenn auch verzerrt, übertrieben, reaktionär, 
moralisch ( ... ) zum Durchbruch."
50
Nach Wunberg hat die Heldenthematik im 19. Jahrhundert eine besondere 
Bedeutung: 
,,Kein Jahrhundert hat sich so sehr an seine Helden gehalten, ihm so viele Denkmäler 
gebaut wie das neunzehnte. Zu keiner Zeit wurden von der Forschung  so viele 
Biographica gesammelt, um sie zum Monument eines monumentalen 
Lebens 
zusammenzusetzen. Die Literaturkritik, die ihren Helden, ihren Messias forderte, 
wollte nichts anderes."
51
 Im weiteren Verlauf sieht Wunberg individuelle und utopische Erwartungen 
als Ursachen für die grundlegenden Zukunftsfaktoren der literarischen Kritik.
52
Seine Schlussfolgerung für die Literaturkritik um die Jahrhundertwende lautet: 
,,Die Schlagworte der Zeit werden zu Kategorien der Literaturkritik. Die Literatur 
der Moderne wird gemessen an ihrer Zukunftsfähigkeit und allem was damit 
zusammenhängt. Alles andere hat sich dem unterzuordnen. Begriffe wie ,,Erlöser" 
und ,,Messias", ,,Überwindung" und ,,neue Menschen", ja ... ,,neu" beschreiben die 
49
 Vgl. Gotthart Wunberg: Jahrhundertwende. Studien zur Literatur der Moderne, Tübingen, 
2001, S. 151, S. 150 
50
 Ebenda, S. 153 
51
 Ebenda, S. 155 
52
 Ebenda, S. 158  
14
literarische Moderne als Vorstadium, als Vorbereitung auf eine größere Zeit, die die 
Erfüllung erst noch bringen wird."
53
Dabei ist ihm folgendes wichtig zu sehen: 
,,[D]ie Schlagworte der Zeit ... [werden] zu Kategorien der Literaturkritik ... . 
Aufgrund dieser Feststellung blieb nur eine Lösung: ,,Der ,,Ausweg", der sich 
schließlich fand, war ein ,,Weg nach Innen"; allerdings in doppelter Hinsicht. Die 
Alternative hieß: die eigene Psyche, also, was man gemeinhin Décadence nannte; 
oder - die Heimatdichtung."
54
Der wichtigste Literaturkritiker zur Zeit der Jahrhundertwende im 
deutschsprachigen Raum ist Hermann Bahr. Er gilt als Vordenker in den 
Literaturepochen vom Naturalismus bis zum Expressionismus, oder wie 
Wunberg es ausdrückt, ,,Früherkenner von literarischen und kulturellen 
Phänomenen"
55
. Seine literarische Quellen waren Ibsen, Bourget, Barrés, 
Flaubert, Zola, Maeternlinck, Oscar Wilde, Morris, D'Annunzio, sowie 
Spanier, Polen und Tschechen
56
. Ein Teil dieser Quellen dienten auch Heinrich 
Mann als literarische Grundlagen. Bahrs Literaturkritik für die Moderne 
bedeutete, sie modern zu verstehen: ,,Es heißt sie dynamisch zu verstehen. Sein 
[Bahrs] Begriff von Dynamik hieß ,,Überwindung" ..., es komme darauf an, 
die Welt, die immer nur verschieden interpretiert worden sei, zu verändern."
57
Mit Hermann Bahr und seinem Konkurrenten Karl Kraus mag der 
Theaterkritiker Alfred Kerr aus Berlin noch einen wichtigen Aspekt für den 
Kritiker seiner Zeit nennen: ,,So wie Kunst im Zeichen von Vitalismus und 
Lebensreform dem Selbstgenuß des Rezipienten, seiner Lebenssteigerung 
dienen soll, so gilt jetzt die Rezension als eine Form der Selbstbefriedigung 
des Kritikers."
58
53
 Vgl. Gotthart Wunberg: Jahrhundertwende. Studien zur Literatur der Moderne, Tübingen, 
2001, S. 151, S. 160 
54
 Ebenda, S. 162 
55
 Ebenda, S. 343  
56
 Ebenda, S. 344 
57
 Ebenda, S. 345 
15
Einen anderen Ansatz bietet Oliver Pfohlmann in seinem Beitrag 
,,Literaturkritik in der literarischen Moderne" aus ,,Literaturkritik  
Geschichte, Theorie, Praxis"
59
. Darin äußert Pfohlmann, dass sich zur 
übergreifenden Benennung der Terminus ,,impressionistische Literaturkritik" 
durchgesetzt habe.
60
 Des weiteren passe sich die Form der Literaturkritik den 
Ansprüchen der Literatur an, sie komme zu einer Subjektivierung, zu einer 
Wendung nach innen.
61
 Wichtiger als die reine Bewertung von Literatur werde 
die Wiedergabe von Gefühlen und Assoziationen des Kritikers bei der 
Lektüre.
62
Somit hat sich, wie es im Vorwort von ,,Kritik in der Zeit"
63
 ausgedrückt wird, 
das Dichtungsverständnis dahingehend verändert, dass entgegen dem 
Naturalismus  nicht mehr die Überbewertung naturwissenschaftlicher 
Sachlichkeit und Objektivität als ästhetische Norm gilt.
64
 Vielmehr bedeute es: 
,,Ausstellung der Subjektivität des produktiven Individuums, das im Werk die 
Welt aus sich herausschleudert, wird zum Schaffensideal des 
Expressionisten."
65
Inhaltlich dagegen gebe es Verbindungen zum Naturalismus, indem Kritik an 
der bedrückenden Gesellschaft des imperialistischen Kaiserreiches geübt 
werde.
66
 Die Literaturkritik des Fin de siécle war insgesamt im erheblichen 
Maß an dem Zukunftsgedanken der Epoche orientiert und passte sich in ihrer 
Form an die Dekadenzinhalte an. 
58
 Vgl. Oliver Pfohlmann: ,,Literaturkritik in der Literatur der Moderne", in: Literaturkritik, 
            Geschichte  Theorie  Praxis, Hrsg. Thomas Anz/Rainer Baasner, München, 2004,  
            S. 101 
59
 Vgl. Oliver Pfohlmann: ,,Literaturkritik in der Literatur der Moderne", in: Literaturkritik, 
            Geschichte  Theorie  Praxis, Hrsg. Thomas Anz/Rainer Baasner, München, 2004 
60
 Ebenda, S. 99 
61
 Ebenda 
62
 Ebenda 
63
 Vgl. Kritik in der Zeit, Hrsg. Manfred Diersch, Halle, 1985, S. 5 - 22 
64
 Ebenda, S. 10 
65
 Ebenda 
66
 Ebenda 
16
1.2.3 Kunstverständnis um 1900 
Als abrundendes Bild zur Literatur der Jahrhundertwende möchte ich einige 
Aspekte zum Kunstverständnis dieser Epoche behandeln. 
Nach dem naturalistischen Kunstprinzip von Arno Holz ist Kunst der Zustand 
der Natur weniger eines Faktor x.
67
 In Worten ausgedrückt meint er damit: 
,,Die Kunst hat die Tendenz, die Natur zu sein; sie wird sie nach Maßgabe 
ihrer Mittel und deren Handhabung."
68
 Diese Form von Kunstverständnis 
hatte natürlich im Fin de siécle keine Bedeutung mehr. Vielmehr wendet sich 
der dekadente Literaturbetrieb der Steigerung des l`art pour l`art Prinzips, 
Kunst um der Kunst willen, zu. Eckhard Heftrich bezeichnet die Formel l`art 
pour l`art als ,,die Tendenz der modernen Kunst" überhaupt.
69
 Auch wenn l`art 
pour l`art später negativ und sogar als Schimpfwort verwendet wird, kann es 
im eigentlichen Sinn als eine der ,,stolzesten Errungenschaften"
70
 betrachtet 
werden: 
,,Der Künstler lädt mit diesem Bekenntnis die ganze Verantwortung auf sich. 
Er fühlt sich keinem Menschen, keiner Staatsautorität, keinem sozialen Zwang 
mehr verantwortlich; umso mehr aber sich selber, seinem Gewissen und der 
Stimme ,du sollst´. Das macht ihn frei und befangen."
71
Im Rückblick auf den Ursprung geht die Entwicklung des literarischen l'art 
pour l'art geht auf das Jahr 1830 zurück. Der französische Schriftsteller 
Théophile Gautier und später Charles Baudelaire prägten es entscheidend. In 
der Zeit des bürgerlichen und werteorientierten Aufschwungs erkennt Gautier 
die Kritiker der neuen Literatur des l'art pour l'art. Zum einen sind es die 
Tugendwächter seit dem Viktorianismus 1837 und zum anderen die 
Utilitaristen. ,,Sie fordern bei allem, also auch bei der Kunst, dass als höchster 
67
 Vgl. Die deutsche Literatur in Text und Darstellung  Naturalismus, hrsg. v. Walter 
Schmähling, Stuttgart, 2002, S. 99 
68
 Ebenda, S. 94  
69
 Vgl. Eckhard Heftrich,: ,, Was heißt l´art pour l´art ?", in: Fin de siécle - Zu Literatur und 
Kunst der Jahrhundertwende, hrsg. v. Roger Bauer u.a., Frankfurt a. M., 1977, S. 17   
70
 Ebenda, S. 18 
71
 Ebenda 
17
Wert, als höchstes Ziel die Nützlichkeit zu gelten habe."
72
 Gautier aber 
verurteilt eine Tabuisierung in der Kunst, genauso wie er bekräftigt, dass 
,,alles Schöne ohne Nützlichkeit besteht."
73
Als l'art pour l'art Begriff ursprünglich von Benjamin Constant bekannt 
geworden, erfährt die Formel in der Spätzeitlichkeit der Dekadenz eine neue 
Bedeutung. Eckhart Heftrich erläutert die spätere Verwendung des Begriffs 
,l'art pour l'art´ wie folgt: 
,,Diese Dekadenzliteratur hat dann im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gewisse 
problematische Züge der l'art pour l'art  Idee so stark heraustrieben, dass von da an 
bis in unsere Tage sich mit dem Begriff fast untrennbar all das verbindet, was aus 
dem Wort Kunst für die Kunst eine negative Bestimmung werden ließ."
74
Mitte des 19. Jahrhunderts ist Charles Baudelaire derjenige, der in seinem 
Werk das l'art pour l'art Prinzip offensiv vertritt. Die ,,Fleurs du mal" steigern 
die artifizielle Künstlichkeit und beeinflussen andere Autoren. Natürlich 
zählen zu den französischen Vorbildern auch Stephan Mallarmé und J. K. 
Huysmans ,,À rebours", dem Höhepunkt krankhafter Dekadenz. In den 
achtziger Jahren erweitert sich dieses Kunstverständnis um den Ästhetizismus. 
Als einer der bekanntesten Vertreter gilt Oscar Wilde. Er steht für die radikale 
Form des Dandyismus, wie ihn auch Baudelaire in ,,Der Maler des modernen 
Lebens" darstellte. 
Im Zusammenhang des Fin de siécle und seiner Randform des Dandyismus 
steht zum anderen die literarische Ausdrucksweise des Ästhetizismus. Unter 
anderem wird der Ästhetizismus von Gisa Briese-Neumann in ihrer 
Untersuchung zu Fin de siécle Phänomenen behandelt und in Beziehung zum 
Naturalismus gesetzt:  
,,Der fin de siécle  Ästhetizismus wird (vielfach) pauschalisiert, wenn man 
ihn als eine Gegenposition zum Naturalismus auffasst und ihn des weiteren auf 
72
 Vgl. Eckhard Heftrich,: ,, Was heißt l´art pour l´art ?", in: Fin de siécle - Zu Literatur und 
Kunst der Jahrhundertwende, hrsg. v. Roger Bauer u.a., Frankfurt a. M., 1977, S. 21 
73
 Ebenda 
74
 Ebenda, S. 26 
18
eine enge Affinität zum Impressionismus, Symbolismus und Jugendstil festlegt, 
die eigentlich nur durch die Vorliebe für das Künstliche gegeben ist."
75
Im Gegensatz zum Naturalismus spielt das mimetische Prinzip hier im 
umgekehrten Sinn die wichtigste Rolle: Kunst bildet die Natur künstlich nach. 
. Genauer betrachtet meint der Ästhetizismus im Detail:  
,,Als Ausdruck der radikalen Infragestellung des gesellschaftlichen Ganzen bezieht 
sich der fin de siécle Ästhetizismus auf ein für die Moderne spezifisches Verhältnis 
von Subjekt und Objekt, das seinen Ausdruck in den der totalen Subjektivierung 
unterworfenen Sehakten des Betrachters findet und sich am ehesten auf eine 
spezifische Form der ,Wahrnehmung´ festlegen lässt."
76
Um die Jahrhundertwende sind es John Ruskin, Hugo von Hofmannsthal und 
D'Annunzio, die für die ästhetizistische Dichtung bekannt sind. In 
Deutschland gibt Stefan George mit dem George Kreis weitere Impulse. 
Durch die Hinwendung zur sinnlichen Wahrnehmung wird in der Décadence 
eine weitere Tendenz deutlich. Die Literatur lehnt sich an die Renaissance und 
die Antike an. Heinrich Mann lässt beispielsweise in der Göttinnentrilogie im 
Zusammenhang mit der Kunst des Malers Jakobus Halm von ,,hysterischer 
Renaissance"
77
 sprechen. 
Mit der Rückwendung und Übersteigerung bekannter Kunstprinzipien grenzt 
sich die Dekadenzliteratur also ab und spürt dem Individuum der Gesellschaft 
nach, um eine Gegenposition zur politischen und sozialen Wirklichkeit 
einzunehmen. 
1.2.4 Zeitgeschehen 
In diesem Kapitel möchte ich auf das historische Zeitgeschehen eingehen, 
denn Literatur ist meines Erachtens immer auch von historischen 
Zusammenhängen beeinflusst. 
75
 Vgl. Gisa Briese - Neumann: Ästhet - Dilettant - Narziss, Frankfurt a.M., 1985, S. 30  
76
 Ebenda 
77
 Vgl. Heinrich Mann: Die Göttinnen - Die drei Romane der Herzogin von Assy II., 
Frankfurt. a. M., 1987, S. 246 
19
Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 hatte sich der Kaiserstaat in 
den 90er Jahren zu weltpolitischen Interessen entschlossen. Das heißt, 
Wilhelm II. und das dominierende Militärwesen setzten auf wirtschaftlichen 
und außenpolitischen Erfolg durch imperialistische Maßnahmen. 
Heinrich August Winkler vergleicht in seiner zweibändigen Darstellung ,,Der 
lange Weg nach Westen"
78
 die Phase zwischen 1895 und 1900 mit der 
Hochkonjunktur der Gründerzeit.
79
 Im Militärwesen hatte seit 1898 die 
Flottenpolitik General von Tirpitz den wichtigsten Stellenwert. Durch sie 
wurden ein Ausgleich wirtschaftlicher Interessen und ein Gegenpol zur 
Sozialdemokratie geschaffen.
80
 Der damit einhergehende Nationalismus wird 
gerade in Heinrich Manns Werk um die Jahrhundertwende karikiert und in 
seinen Romanen satirisch dargestellt. 
Winkler verweist auf Naumann, der einen ,Flotten- und Industriekaiser´ 
vorstellt, der die sozialen Gegensätze durch Machtpolitik überwinden wollte.
81
Gesellschaftlich stand die Bevölkerung hinter Wilhelm II. Das Bürgertum 
nahm wenig Einfluss auf staatliche Belange und die Sozialdemokratie war seit 
den Sozialistengesetzen Bismarcks 1871 geschwächt. Aber Winkler betont: 
 ,,Die Abschottung gegenüber der übrigen Gesellschaft immunisierte die 
Sozialdemokraten bis zu einem gewissen Grad gegen den wilhelminischen 
,Zeitgeist´: Das sozialdemokratische Milieu war antimilitaristisch, 
antinationalistisch und, im Prinzip jedenfalls auch antikolonialistisch."
82
Weitere bedeutende Entwicklungen für die Gesellschaft um die 
Jahrhundertwende nennt Hans Ulrich Wehler in seiner mehrbändigen Reihe 
,,Deutsche Gesellschaftsgeschichte"
83
. Mit der fortschreitenden 
Industrialisierung hatte eine starke Urbanisierung stattgefunden, die die 
Lebenswelt der Reichsdeutschen veränderte und zur Thematik der 
Gesellschaftsromane im 19. Jahrhundert wird. Das bemerkenswerteste 
Merkmal aus historischer wie auch literarischer Sicht ist aber das 
Spannungsverhältnis zwischen Modernisierung und Tradition. 
78
 Vgl. Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen, Bd. 1, München, 2000 
79
 Ebenda, S. 275 
80
 Ebenda, S. 272 
81
 Ebenda, S. 284 
82
 Ebenda, S. 295 
83
 Vgl. Hans - Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, München, 1995 
20
Wehler bemerkt über das kaiserliche Deutschland: 
,,Bei alledem handelte es sich um Prozesse und Ordnungskonfigurationen, bei denen 
eine neuartige Dynamik auf tief verwurzelte Beharrungskräfte traf, so dass das 
kaiserliche Deutschland zum Schauplatz des klassischen Modernisierungsdilemmas 
wurde: Der rasanten sozialökonomischen Evolution stand die Behauptungskraft 
gesellschaftlicher und politischer Traditionsmächte gegenüber. Dadurch wurde ein 
allzeit gegenwärtiges, oft explosives, ständig über latent belastendes 
Spannungsverhältnis geschaffen, aus dem unablässig gravierende Konflikte 
hervorgingen, deren Ausgang trotz aller restriktiven Bedingungen häufig ungewiss 
war."
84
Diese Spannungen fanden dann auf allen gesellschaftlichen Ebenen statt.
85
Insbesondere das Bürgertum und der Adel nehmen dabei die wichtigsten 
Positionen ein. Das Bürgertum erlebt zwar einen Aufstieg im Kaiserreich, aber 
der Adel bleibt die beherrschende Macht. 
Eine besondere Stellung hat das Bildungsbürgertum: ,,Ganz überwiegend 
diente es bereitwillig der autoritären Monarchie, öffnete sich aber auch den 
neuen Entwicklungen des Interventions- und Sozialstaats, des kulturellen 
Lebens und erst recht den Wissenschaften."
86
Dies spiegelt sich auch in den der Literatur zugrunde liegenden Thematiken 
um die Jahrhundertwende wider. Heinrich Mann war am ehesten der Gruppe 
des Bildungsbürgertums zuzuordnen und fühlte sich ihr literarisch verbunden. 
Wehler erläutert, dass im Bildungsbürgertum ideologische Ansichten 
aufeinander trafen. 
 ,,Nicht zuletzt aber traf die Bildungsreligion selber auf mächtige Konkurrenten, die 
wie etwa der Nationalismus, der Sozialdarwinismus und der Nietzschanismus, der 
wissenschaftsgläubige Positivismus und der elitäre Kulturpessimismus mit ihrer 
Verheißung eines überlegenen ,Weltbildes´ oder sogar dem Anspruch einer 
84
 Vgl. Hans - Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, München, 1995, S. 
1251 
85
 Ebenda, S. 1258, ,,Dadurch wurden hochgradig soziale, politische und kulturelle 
Spannungen erzeugt, so dass sich, trotz aller gemeinsamen Grundzüge dieser 
sozialökonomischen Umwälzung, gerade mit der auffällig erfolgreichen deutschen 
Industrialisierung besondere Charakteristika verbunden haben." 
86
  Ebenda, S. 1271 
21
Säkularreligion zu einer verwirrenden Diversifizierung, damit aber zu einer 
Auflösung der ideellen Integration des Bildungsbürgertums beitrugen. Deshalb 
herrschte im deutschen Bildungsbürgertum vor 1914 eine tiefe Zerrissenheit."
87
Im Zeitraum um die Jahrhundertwende ist für die Literatur, die Kunst, das 
Theater- und das Musikwesen vor allem wichtig, dass trotz aller staatlichen 
Einflussnahme im Bürgertum die ,,kulturelle Hegemonie" weiter anhielt. 
1.3  Heinrich Mann und sein Verhältnis zum Fin de siécle 
1.3.1 Zur Position Heinrich Manns in der zeitgenössischen Literatur 
Betrachtet man Heinrich Manns Schaffen zur Zeit des Fin de siécle nimmt er 
eine literarisch kritische Haltung ein. Es gibt auf der einen Seite 
Übereinstimmungen mit der Literaturepoche, auf der anderen Seite geht er 
eigene nicht konforme Wege. 
Sein Jugendwerk wird noch beeinflusst von literarischen Tendenzen des Fin de 
siécle. B. A. Sørensen bestätigt in seinem Aufsatz ,,Der Dilettantismus des Fin 
de siécle und der junge Heinrich Mann"
88
, dass Heinrich Mann insbesondere 
an einem Phänomen interessiert ist: ,,Kein zweiter deutscher Schriftsteller hat 
sich mit dem Phänomen des Dilettantismus so intensiv beschäftigt wie der 
junge Heinrich Mann."
89
 Der Literaturkritiker Hermann Bahr erklärt den 
Begriff des Dilettantismus wie folgt: ,,Sich verwandeln. Täglich die Nerven 
wechseln, so dass dasselbe Leben sich täglich auf einem anderen Planeten 
erneut."
90
 Außerdem wird der Dilettantismus zusammengeführt mit der im 
neunzehnten Jahrhundert beliebten Figur de Dandys.
91
 Für Sørensen findet 
sich ein Vergleich zwischen dem literarischen Phänomen und Heinrich Mann 
87
 Vgl. Hans - Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, München, 1995, 
            S. 1271 
88
 Vgl. B. A. Sørensen: Der Dilettantismus des Fin de Siécle und der junge Heinrich Mann, in: 
            Orbis Litterarum 24, 1969, S. 251 - 270 
89
 Ebenda, S. 260 
90
 Ebenda, S. 254 
91
 Ebenda, S. 255 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783836617024
- DOI
- 10.3239/9783836617024
- Dateigröße
- 828 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – Germanistik/Philosophie, Germanistik
- Erscheinungsdatum
- 2008 (August)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- mentalitätsgeschichte literaturwissenschaft germanistik gesellschaftssatire heinrich mann
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					