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Supervision als Einführungsberatung in der Jugendhilfe

©2008 Masterarbeit 92 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Auf der Suche nach einem passenden Thema für die Masterthesis, von dem nicht nur ich, sondern auch andere Personen profitieren sollten, wandte ich mich zunächst an verschiedene Arbeitskollegen aus meinen unterschiedlichen Berufsfeldern. Es stellte sich heraus, dass Supervision im Bereich der Jugendhilfe häufiger bis regelmäßig in Anspruch genommen wird. Die Wahl fiel auf das Feld der Jugendhilfe und hier insbesondere auf den Bereich der flexiblen, individualpädagogischen Betreuungen. Hierbei beschäftigten mich besonders die Fragen, inwiefern die Supervision als Einführungsbegleitung beim Eintritt in neue Organisationen, bei der Übernahme neuer Betreuungsfälle oder zur regelmäßigen Fallbegleitung genutzt wird. Hieraus entwickeln sich beispielsweise folgende Fragen: Was ist Supervision oder Coaching? Was ist unter Einführungsbegleitung zu verstehen und welche Bedeutung und Brauchbarkeit hat die Supervision als Einführungsbegleitung in diesem Arbeitsfeld der Jugendhilfe? Möglicherweise lassen sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit entsprechende Supervisionsangebote zur Erhaltung und Steigerung der Arbeitsqualität und der Qualitätssicherung in der Jugendhilfe entwickeln. Aus besonderem Interesse an diesem Fachgebiet will ich eine wissenschaftliche Arbeit verfassen, die einen Zugang zu den beschriebenen Fragestellungen schaffen kann.
Diesem Thema will ich mich mit Hilfe einer Methode der empirischen Sozialforschung, dem problemzentrierten Interview nähern. Ziel meiner Arbeit ist es, exemplarisch eigene Aussagen der Supervisanden aus der flexiblen, individualpädagogischen Jugendhilfe als Gegenstand einer Diskussion zur Bedeutung und Brauchbarkeit heranzuziehen. Das dazu erarbeitete Leitfadeninterview zielt darauf ab, Informationen über die Supervision als Einführungsbegleitung und die damit verbundenen Erfahrungen aus den jeweiligen Supervisionssitzungen zu gewinnen. Die Ergebnisse werden in Bezug auf ihre Brauchbarkeit, Funktion, Themenbereiche und Auswirkungen dargestellt und diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit dienen vier aussagekräftige Interviews als Datengrundlage. Alle Interviews wurden in dieser Arbeit von mir selbst erhoben und ausgewertet. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um erfahrene Supervisanden, die als freie Mitarbeiter der Jugendhilfe im Bereich flexibler, individualpädagogischer Maßnahmen bei verschiedenen Auftraggebern tätig sind. Es handelt sich hier um Einzelunternehmer, die als „Einzelkämpfer“ auf […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Stefan Fleuth
Supervision als Einführungsberatung in der Jugendhilfe
ISBN: 978-3-8366-1688-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Evangelische Fachhochschule Freiburg, Freiburg, Deutschland, MA-Thesis / Master,
2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Prolog:
Bei dieser Masterthesis handelt es sich um eine Abschlussarbeit im Rahmen
meines Studiums zur Supervision. Ich möchte vorweg erwähnen, dass ich selbst
im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit in der Jugendhilfe die Supervision als
Einführungsberatung bei neuen Fallübernahmen und als Fach- und Entwick-
lungsbegleitung im beruflichen Kontext kennen und schätzen gelernt habe. Wei-
terhin habe ich hier erste Supervisionsaufträge als Supervisor erhalten und zum
Teil schon abgeschlossen. Zudem gehöre ich einem Qualitätszirkel von Super-
visoren an, der diese Dienstleistung auf dem Markt anbietet und sich aktiv um
ihre Darstellung und Fortentwicklung bemüht. Die Beschäftigung mit diesem
Thema ist also mit einer großen Portion von Eigeninteresse und der Hoffnung
auf einen eigenen Nutzen bei der Umsetzung von Supervision verbunden. In der
Retrospektive waren für mich damals diese eigenen Erfahrungen als Supervi-
sand ausschlaggebend für die Entscheidung zur Ausbildung zum Supervisor.
Dieser neue wissenschaftliche Beitrag zu diesem Thema kann somit auch als
nachträglicher Dank an die Supervision als Beratungsinstrument verstanden
werden. Das empirische Arbeiten und damit verbundene Aufdecken von neuen
Erkenntnissen hat mir in einer unerwarteten Weise sogar Freude bereitet. Gera-
de weil mit dieser offenen Bekundung sofort der Verdacht auf eine einseitige
Betrachtung und heimliche Bestätigung entsteht, möchte ich Folgendes vorweg
richtigstellen. Ich habe mich in allen Schritten dieser Arbeit um Neutralität und
Wissenschaftlichkeit bemüht! An dieser Stelle ist mir weiterhin wichtig darauf
hinzuweisen, dass es sich bei dieser Arbeit nicht um eine Auftragsarbeit handelt.
Daher werde ich im Folgenden auf die Benennung und Vorstellung von Trägern
und Projekten verzichten.
Mein Dank gilt an dieser Stelle an die Interviewpartner, an die Personen die als
Türöffner fungierten, an alle beratenden Helfer und vor allem an meine große
Kernfamilie, die mir die Fertigstellung dieser Arbeit erst ermöglicht haben.
Zur Beachtung des Genderaspekts und zur Erreichung einer besseren Lesbarkeit,
schreibe ich im Folgenden im Plural. Wenn ich beispielsweise die Supervisanden
beschreibe, so meine ich damit stets die infrage kommenden weiblichen und
männlichen Personen.

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung...
1
2.
Supervision als Beratungsmethode in der Jugendhilfe...
4
2.1
Das Arbeitsfeld ,,Jugendhilfe"...
4
2.2
Einführungsbegleitung bei der Übernahme neuer Aufgabenbereiche...
6
2.3
Praktische Einsatzbereiche von Supervision in der Jugendhilfe...
8
3.
Supervision und Coaching... 10
3.1 Geschichte
und
Darstellung
Beratungsinstrumente... 10
3.2
Zur aktuellen Entwicklung und ihrer Wirksamkeit... 17
4. Forschungsdesign...
19
4.1
Entwicklung der Forschungsfrage... 22
4.2 Auswahlkriterien
für
die qualitative Erhebung... 22
4.3
Auswahl der Interviewform... 26
4.4
Gestaltung und Entwicklung des Leitfadens... 28
4.5
Durchführung der Interviews... 31
4.6
Transkription der Interviews... 32
4.7 Analyse
der
Daten...
33
5.
Darstellung der Untersuchungsergebnisse... 35
5.1 Vorstellung
der
Interviewpartner und des Arbeitsfeldes...
35
5.2
Was ist (hier) Supervision?... 37
5.2.1 Supervisionsformen... 37
5.2.2 Rahmenbedingungen... 41
5.2.3 Einstellungen zur Supervision... 45
5.3 Funktionen
von
Supervision...
48
5.3.1 Erwartungshaltungen... 48
5.3.2 Supervision
als
Begleitung... 52
5.3.3 Supervision
als
Einführungsberatung... 55

5.4
Themen in der Supervision... 59
5.5
Auswirkungen von Supervision... 62
6.
Zusammenfassung und Gegenüberstellung der Untersuchungs-
ergebnisse...
67
7. Schlussbetrachtung
79
7.1 Methode...
79
7.2 Inhalt...
80
Literaturverzeichnis... 83

- 1 -
1. Einleitung
Auf der Suche nach einem passenden Thema für die Masterthesis, von dem nicht
nur ich, sondern auch andere Personen profitieren sollten, wandte ich mich zu-
nächst an verschiedene Arbeitskollegen aus meinen unterschiedlichen Berufsfel-
dern. Es stellte sich heraus, dass Supervision im Bereich der Jugendhilfe häufiger
bis regelmäßig in Anspruch genommen wird. Die Wahl fiel auf das Feld der Ju-
gendhilfe und hier insbesondere auf den Bereich der flexiblen, individualpädago-
gischen Betreuungen. Hierbei beschäftigten mich besonders die Fragen, inwiefern
die Supervision als Einführungsbegleitung beim Eintritt in neue Organisationen,
bei der Übernahme neuer Betreuungsfälle oder zur regelmäßigen Fallbegleitung
genutzt wird. Hieraus entwickeln sich beispielsweise folgende Fragen: Was ist
Supervision oder Coaching? Was ist unter Einführungsbegleitung zu verstehen
und welche Bedeutung und Brauchbarkeit hat die Supervision als Einführungsbe-
gleitung in diesem Arbeitsfeld der Jugendhilfe? Möglicherweise lassen sich aus
den Ergebnissen dieser Arbeit entsprechende Supervisionsangebote zur Erhaltung
und Steigerung der Arbeitsqualität und der Qualitätssicherung in der Jugendhilfe
entwickeln. Aus besonderem Interesse an diesem Fachgebiet will ich eine wissen-
schaftliche Arbeit verfassen, die einen Zugang zu den beschriebenen Fragestel-
lungen schaffen kann.
Diesem Thema will ich mich mit Hilfe einer Methode der empirischen Sozialfor-
schung, dem problemzentrierten Interview nähern. Ziel meiner Arbeit ist es, ex-
emplarisch eigene Aussagen der Supervisanden aus der flexiblen, individualpä-
dagogischen Jugendhilfe als Gegenstand einer Diskussion zur Bedeutung und
Brauchbarkeit heranzuziehen. Das dazu erarbeitete Leitfadeninterview zielt darauf
ab, Informationen über die Supervision als Einführungsbegleitung und die damit
verbundenen Erfahrungen aus den jeweiligen Supervisionssitzungen zu gewinnen.
Die Ergebnisse werden in Bezug auf ihre Brauchbarkeit, Funktion, Themenberei-
che und Auswirkungen dargestellt und diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit dienen
vier aussagekräftige Interviews als Datengrundlage. Alle Interviews wurden in
dieser Arbeit von mir selbst erhoben und ausgewertet. Bei den Interviewpartnern
handelt es sich um erfahrene Supervisanden, die als freie Mitarbeiter der Jugend-
hilfe im Bereich flexibler, individualpädagogischer Maßnahmen bei verschiede-
nen Auftraggebern tätig sind. Es handelt sich hier um Einzelunternehmer, die als

- 2 -
,,Einzelkämpfer" auf dem Markt agieren. Infolgedessen wird hier auf die Darstel-
lung von einzelnen Organisationen explizit verzichtet.
Das zweite Kapitel beginnt mit der Darstellung des Arbeits- und Einsatzbereiches
der Jugendhilfe. Dabei konzentriere ich mich verstärkt auf das Arbeitsfeld der
befragten Supervisanden. Die folgenden Schritte zeigen Beispiele und Facetten
der Einführungsberatung in der Arbeitswelt und praktische Einsatzbereiche von
Supervision in diesem Feld der Jugendhilfe auf.
Das dritte Kapitel beleuchtet die Geschichte der Supervision und befasst sich
insbesondere mit den Entwicklungen, Wirkungsweisen und Abgrenzungen der
beiden verwandten Beratungsinstrumente Supervision und Coaching als Einfüh-
rungsbegleitung. Ich beziehe mich in dieser Arbeit explizit auch auf die Bera-
tungsform des Coachings, da in der Literatur diese Form der Beratung in den je-
weiligen Organisationen mal als Supervision und mal als Coaching bezeichnet
wird. Insbesondere die Beratung von einzelnen Personen in Leitungsfunktionen
wird eher mit dem Begriff Coaching verbunden. Vergleichbar mit diesem Perso-
nenkreis, arbeiten auch die Interviewpartner dieser Erhebung alleine und tragen
dabei einen hohen Anteil von Eigenverantwortung.
Das vierte Kapitel beschreibt das Forschungsdesign und meine Herangehenswei-
se an die empirische Untersuchung. Diese näheren Ausführungen dienen hier als
Basiseinführung in die Analyse der Interviews.
Im darauf folgenden fünften Kapitel werden schließlich die erhobenen Daten aus
den Interviews nach dem Analyseverfahren der Grounded Theorie ausgewertet
und ausführlich dargestellt. Die Ergebnisse werden in fünf Unterkapitel aufge-
teilt. Zur Unterstreichung der entwickelten Kernkategorien werden z. T. wörtliche
Zitate aus den Interviews dargestellt. Hier werden als Vorbereitung auf das nächs-
te Kapitel bereits erste Annahmen entwickelt und weitere Fragen sichtbar ge-
macht.
Diese ausführliche Darstellung mündet schließlich im sechsten Kapitel in einer
Zusammenfassung und Gegenüberstellung der Untersuchungsergebnisse. Vor
dem Hintergrund der theoretischen Einführung in die Thematik dieser Arbeit,

- 3 -
werden hier die Untersuchungsergebnisse diskutiert. Als Ergebnis sollen die po-
tentiellen Chancen und möglichen Grenzen der Supervision oder des Coachings
als ein Beratungsinstrument der Einführungsbegleitung in diesem Arbeitsfeld
sichtbar werden.
Die Schlussbetrachtung im letzten und siebten Kapitel beschäftigt sich mit der
kritischen Reflexion der Forschungsmethode, fasst die zentralen inhaltlichen
Erkenntnisse kurz und prägnant zusammen und gibt einen Ausblick auf weitere
Forschungsfragen.

- 4 -
2.
Supervision als Beratungsmethode in der Jugendhilfe
Zum besseren Verständnis der empirisch gesammelten Daten, soll in diesem Ka-
pitel das untersuchte Arbeitsfeld der interviewten Personen näher dargestellt wer-
den. Im zweiten Schritt wird der Begriff Einführungsbegleitung in Bezug auf den
Neueinstieg in Organisationen und besonders in Bezug auf die Übernahme von
neuen Aufgabenbereichen, hier der Übernahme neuer Betreuungsfälle, erläutert.
Dazu werden anschließend einige praktisch angewendete Beispiele der Einfüh-
rungsbegleitung aus den verschiedenen Berufsfeldern zum Vergleich mit der Ein-
führungsbegleitung in der Jugendhilfe aufgeführt. Zum Schluss sollen die
Einsatzbereiche von Supervision in der Jugendhilfe im Allgemeinen und der Su-
pervision als Einführungsbegleitung im Besonderen hervorgehoben und beschrie-
ben werden.
2.1
Das Arbeitsfeld ,,Jugendhilfe"
Es wird an dieser Stelle nicht die Darstellung der Jugendhilfe in ihrem ganzen
Facettenreichtum angestrebt. Geregelt wird die Hilfe im Kinder- und Jugendhilfe-
gesetz (SGB VIII)
1
. Demnach haben die Jugendämter und die von ihnen beauftra-
gen Träger der freien Jugendhilfe heute den Auftrag Eltern oder andere Erzie-
hungsberechtigte bei der Erziehung zu unterstützen und zu beraten, junge Men-
schen in ihrer individuellen Entwicklung zu fördern und Benachteiligungen abzu-
bauen, sie vor Gefahren zu schützen sowie positive Lebensbedingungen für sie
und ihre Familien in einer familienfreundlichen Umwelt zu schaffen und zu erhal-
ten. In der umfassenden Analyse zur Situation in der Kinder- und Jugendhilfe
werden die daraus entstandenen differenzierten Hilfemaßnahmen näher benannt
(vgl. van Santen 2003 S. 45ff). In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf dem
Bereich der Hilfen zur Erziehung (mit einem Anteil von 28% der Gesamtauf-
wendungen). Darunter sind staatliche (kommunale) Leistungen der Jugendhilfe
für Familien mit Kindern zusammengefasst, die gesetzlich im § 27 des Kinder-
und Jugendhilfegesetz als Rechtsanspruch geregelt sind. Die in den folgenden
1
Im SGB VIII sind die bundesweit geltenden Bestimmungen zur Gewährung und Durchführung
von Hilfen zur Erziehung durch den Bundesgesetzgeber geregelt. KJHG steht für das Kinderju-
gendhilfegesetz und wird synonym für das SGB VIII verwendet.

- 5 -
Paragrafen §28-35a aufgeführten Hilfen werden nach Durchführung des
Hilfeplanverfahrens (§ 36) von den örtlichen Jugendämtern gewährleistet. Bei
diesen Betreuungsmaßnahmen handelt es sich um flexible oder individualpäda-
gogische Maßnahmen, bei denen der Inhalt und die Form des Hilfeangebotes an
den jeweiligen Einzelfall angepasst werden. Ziel ist hier die Hilfe zur Selbsthilfe!
In Ausnahmefällen kann diese Hilfe nach § 41 auch für junge Volljährige gewährt
werden. Im Einzelnen handelt es sich hier um die Formen der Erziehungsbera-
tung, der sozialen Gruppenarbeit, Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer, Sozial-
pädagogische Familienhilfe, Erziehung in Tagesgruppen, Vollzeitpflege, Heimer-
ziehung, betreute Wohnformen und intensive sozialpädagogische Einzelbetreu-
ung (ISE) sowie die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Ju-
gendliche. Die sozialarbeiterischen und sozialpädagogischen Aufgaben der Be-
treuer sind hier in erster Linie der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zu ihren
Klienten und die Übernahme einzelner Elternfunktionen. Es gibt hier ambulante,
teilstationäre und stationäre Erziehungshilfen, doch die Betreuer bei den einzel-
fallorientierten Hilfen arbeiten oftmals alleine und besuchen ihre Klientel vor Ort
(vgl. BMFSFJ 2007, S. 11ff). Bei den individualpädagogischen oder intensiv-
pädagogische Maßnahmen handelt es sich Maßnahmen, bei denen je Kind oder
je Jugendlichen i. d. R. mindestens ein alleiniger Betreuer zur Seite steht. Der
Betreuungsschlüssel liegt hier bei 1:1 im Vergleich zum Regelangebot der Heim-
erziehung bei 1: 3,5. Individualpädagogik ist ein Begriff, der von den Anbietern
der intensivpädagogischen Maßnahme als Synonym für intensivpädagogische
Hilfen verwendet wird (Lorenz 2006, S. 4f). Zur Vertiefung in das Thema Ju-
gendhilfe dienen weitere Studien wie beispielsweise der 12. Kinder- und Jugend-
bericht
2
. Ausführliche und Evaluationsstudien und Informationen zum Arbeitsfeld
der individualpädagogischen Maßnahmen sind über den Arbeitskreis individual-
pädagogischer Maßnahmen (AIM)
3
beziehbar. Die Suche nach den richtigen For-
2
Vgl. hierzu beispielsweise den 12. Kinder- und Jugendbericht unter
http://www.bmfsfj.de/doku/kjb/data/download/vorwort.pdf (06.01.2008)
Weiterführend seien hier
auch auf folgende Studien verwiesen: Qualitätsentwicklung in der Hilfeplanung als kooperativer
Prozess zwischen öffentlichen und freien Trägern unter:
http://www.dji.de/hpv/cd/pdf/4.0/4.1_1.pdf (06.012008)
Eine Befragung von Fachkräften zu Kinder und Jugendlichen in komplexen Problemsituationen
unter: http://www.slfs.sachsen.de/lja/aktuelles/pdf/lja_br_khbrau_07.pdf (06.01.2008)
3
Siehe hierzu die Evaluationsstudie "Jugendliche in Individualpädagogischen Maßnahmen", Janu-
ar 2007.pdf (06.01.2008) und der AIM unter: http://www.aim-im-netz.org (06.01.2008)

- 6 -
men der Jugendhilfe steht aktuell im öffentlichen Interesse. Die Jugendämter
4
ste-
hen unter dem Druck rechtzeitig und ausreichend zu reagieren. In der Presse wird
immer häufiger von Kindesmisshandlung, sozialer Verwahrlosung, von Jugend-
kriminalität und ganz aktuell von der Einführung der ,,Erziehungscamps" berich-
tet. Auch das Fernsehen hat dieses Thema erreicht, hier wurden TV- Formate
entwickelt, die den Zuschauern ,,richtige" Kindererziehungsmethoden liefern sol-
len.
2.2
Einführungsbegleitung bei der Übernahme neuer Aufgabenbereiche
Die Einführungsbegleitung wird als Beratung gewährt und soll hier im Folgen-
den auch als Einführungsberatung verstanden werden. Eine Einführungsbeglei-
tung kann als Begleitung in verschiedenen Phasen angeboten werden. Sie kann
beispielsweise als begleitende Phase der Einführung in eine Organisation, als
Personaleinführung, oder als eine Einführungsbegleitung auf den jeweiligen
Betreuungsfall verstanden werden. Im Fall der Jugendhilfe handelt es sich um
die Begleitung bei der Übernahme neuer Aufgabenbereiche, die über den ge-
samten Betreuungsprozess laufen kann. Aber auch jeder neue Auftrag stellt für
die freiberuflich tätigen Betreuer zugleich einen Einstieg in eine neue Organisa-
tion dar. Deshalb soll zunächst kurz betrachtet werden, welche Formen von
Einführungsbegleitungen für Mitarbeiter in der Arbeitswelt vorliegen. Dabei
kann festgehalten werden, dass es sich hier um eine originäre Aufgabe des Per-
sonalmanagements und insbesondere der Personalentwicklung handelt (vgl.
Scholz 1993, S.44ff). Bei der Eingabe des Suchbegriffs ,,Einführungsbeglei-
tung" erhält man im Internet verschiedene Beispiele, wie ,,Die fachliche Einfüh-
rung von Zivildienstleistenden ..." (vgl. Heinrich 2002, S. 1ff); ,,Mentoring-
eine Strategie" (vgl. Bierbaumer 2005, S. 1ff) und ,,Startbegleitung und Einfüh-
rung neuer Mitarbeiter/innen des Dienstleistungsbereichs der Universität Bre-
men" (vgl. Universität Bremen 2001, S. 1ff). In allen drei Beispielen taucht das
Beratungsinstrument Supervision nicht auf. Es wird hier als selbstverständlich
angesehen, dass die fachliche Einführung durch den Vorgesetzen und Kollegen
erfolgt. Zusätzliche Varianten der Einführung und Begleitung sind im ersten
Beispiel die Hospitationen und Einführungsveranstaltungen in Blockform. Im
4
Die ersten Jugendämter wurden 1925 auf der Grundlage des 1924 in Kraft getretenen Reichsju-
gendwohlfahrtsgesetzes gegründet. Ihre Vorläufer nannten sich Gemeindenweisenräte, die ab 1900
im BGB vorgesehen waren (vgl. Westdeutsche-Allgemeine-Zeitung vom 12.12.2007).

- 7 -
zweiten Beispiel werden Mitarbeiter als Mentoren eingesetzt, die durch ihre
persönliche Beziehung zum neuen Kollegen ihr Fachwissen weitergeben sollen.
Hierbei entsteht eine ,,win-win" Situation für alle Beteiligten
5
. Im dritten Bei-
spiel handelt es sich um einen Leitfaden für Führungskräfte als Startbegleiter,
die dabei helfen sollen die Arbeitsaufnahme und Integration im jeweiligen Ar-
beitsbereich erfolgreich zu gestalten. Bei Becker (vgl. Becker 2006, S. 229ff)
findet sich als eine weitere Einführungsform das Traineeprogramm, bei der die
neuen Nachwuchskräfte ein geleitetes und begleitetes Praktikum in den ver-
schiedene Arbeitsbereichen einer Organisation durchlaufen. Eine weitere Form
stellt das Mitarbeitergespräch dar, durch das eine gesteigerte Arbeitszufrie-
denheit, eine höhere Arbeitseffizienz und eine optimierte Personalentwicklung
erreicht werden sollen (vgl. Möller 2006, S. 367ff). In der Literatur finden sich
weitere Beispiele, auf die an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen wird.
Dazu zählen beispielsweise die Modelle der Patenschaften, der Praktika, des
Volontariats, des Referendariats oder Vikariats. Bei allen Beispielen handelt es
sich zwar auch um die begleitende Einführung in neue Aufgabenbereiche, die
Schwerpunkte liegen hier aber eher auf der Einführungsbegleitung in neue Or-
ganisationen. Fester verankert, oft auch als Praxisbegleitung während der Aus-
bildung eingesetzt, ist die professionelle Einführungsbegleitung oder -beratung
bei den neuen Mitarbeitern im sozialen Bereich. In der Ausbildung zum Pfarrer
ist beispielsweise eine begleitende Supervision vorgesehen. Für die Mitarbeiter
der Jugendhilfe besteht sogar nach § 72 SGB VIII ein Rechtsanspruch
6
auf
Fortbildung und Praxisberatung. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz weist deut-
lich auf die Inanspruchnahme von Weiterbildungen hin. Hierbei handelt es sich
insbesondere auch um Supervision, die oftmals als begleitende Fallsupervision
in Anspruch genommen wird. Im sozialen Bereich gibt es Formen der Einfüh-
rungsbegleitungen, wie beispielsweise das Anerkennungsjahr oder die Beglei-
tung durch Dozenten während des Studiums.
Ein Grund für das Angebot von
Einführungsbegleitung kann die angestrebte Qualitätssicherung sein. Laut
Floeth (vgl. Floeth 2000, S. 209f) handelt es sich hierbei um ein Verfahren, von
dem erwartet wird, dass es zu einer Stabilisierung der Arbeitsqualität, zur Effek-
tivitätsseigerung und damit verbundenen Kostenreduktion beiträgt. Weitere
5
In diesem Beispiel werden die Mentoren von der Projektleiterin und Trainerin ausgebildet. Bei
Bedarf werden den Teilnehmenden hier Beratung durch Supervision oder Coaching angeboten.
6
Vgl. SBG VIII (KJHG) §72,3 oder $74,6 oder 85,2(8)

- 8 -
Gründe können in der Ausbildungssicherung, Arbeitskrafterhaltung der
Konfliktbearbeitung oder in der Prävention von Konflikten liegen. Laut Grüne
(vgl. Grüne 1999, S. 220ff) entstehen Konflikte durch Kommunikationsdefizite.
Weitere Konfliktursachen liegen demnach in den Persönlichkeitsvariablen, den
Sachzwängen, den grundsätzlichen Unterschieden in den Zielen, Einstellungen,
Werten und Normen.
Zusammenfassend kann als Ergebnis dieser Recherche festgehalten werden,
dass Supervision oder Coaching im Zusammenhang mit Einführungsbegleitung
oder auch Einführungsberatung kaum benannt werden. Bezogen auf die Ar-
beitswelt taucht der Begriff lediglich als ein Instrument oder Hilfsmittel der Per-
sonalentwicklung auf.
2.3 Praktische
Einsatzbereiche
von
Supervision in der Jugendhilfe
Im Folgenden beziehe ich mich auf die Handreichung der DGSv zum Thema
Supervision in der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. DGSv 2006, S. 5ff). Dieser
Arbeitsbereich ist für Supervisoren von großer Bedeutung und viele Superviso-
ren entstammen selbst aus diesem Arbeitsbereich. Fortbildungen und Praxisbe-
ratungen sind hier explizit vorgesehen und Supervision wird hier dringend emp-
fohlen. Der Einsatz von Supervision verfolgt hier das Ziel der Qualitätssiche-
rung. Konkret sollen durch die Supervision Unterstützungen im Arbeitsfeld,
Hilfestellung zu Problemlösungen, Praxisberatungen und Qualifizierungen für
die pädagogischen Mitarbeiter geliefert werden. In den weiteren Ausführungen
wird verstärkt auf den Forschungsbereich der individualpädagogischen und fle-
xiblen Maßnahmen fokussiert werden. Anfragen an die Supervision bestehen
hier im Bereich der Weiterentwicklung der persönlich-fachlichen Kompetenz
und im Zusammenhang mit dem Ringen um Lösungen für unbekannte oder spe-
zielle Anforderungen. Supervision zeigt Interdepedenzen auf und schafft ein
Bewusstsein für den Gesamtkontext. Die Betreuer dieses Arbeitsfeldes müssen
ständig verantwortungsvoll Beziehungen aufbauen, pflegen und diese wieder
lösen können, ohne dabei ein Abhängigkeitsverhältnis entstehen zu lassen. Sie
müssen weitreichende Entscheidungen treffen und arbeiten i. d. R. allein und
damit ohne kollegialen Austausch. In diesem Spannungsfeld hilft Supervision u.
a. durch: Reflexion der eigenen Person und Situation, durch das Auseinander-
setzen mit der täglichen Arbeits- und Lebenswelt, Unterstützung der Supervi-

- 9 -
sanden bei der Einfühlung in die Lebensgeschichte und Problemstellung ihrer
Klientel, dem professionellen Umgangs- und Verhaltensmöglichkeiten, dem
Aufzeigen von Ressourcen, der Einblendung von Rollen,- Aufgaben- und Ar-
beitsperspektiven und der Reflexion im Umgang mit Konflikten. Dabei stellt sie
selbstevaluierende Fragen zur Wirksamkeit der bisherigen Vorgehensweise.
,,Supervision fördert die Sicherung und Weiterentwicklung dieses Repertoires,
sie unterstützt das `training on the job`. Supervisand/innen bringen ihre Kennt-
nisse und Erfahrungen mit in die Fallbesprechungen ein; sie lernen Fachwissen
zu reflektieren, ihre Sozialkompetenzen zum Fallverstehen und zur Lösungsfin-
dung zu nutzen. Im geschützten Raum finden sie neue Wege, aber auch `blinde
Flecken` und eventuellen Lernbedarf" (ebd., S. 14). Supervision findet hier häu-
fig in der Form der Einzelsupervision als Fallsupervision statt. Aber auch durch
Team- und Gruppensupervisionen bietet sie den Mitarbeitern durch das ge-
meinsame Teilen und Reflektieren von beruflichen Erlebnissen die Möglichkeit
einer persönlichen Entlastung und Vergewisserung zu erlangen. Sie sorgt insbe-
sondere hier für einen kollegialen Rückhalt, ein berufliches Selbstverständnis
und eine kritische Auseinandersetzung. In der Handreichung befindet sich ein
Praxisbeispiel einer Einzelsupervision aus dem Arbeitsfeld der ,,flexible Hilfen",
welches den Widerspruch zwischen dem Auftrag des Jugendamtes als gesetzli-
che Fürsorgepflicht und dem eigenen ,,authentischen" Auftrag darstellt. Die Su-
pervision hilft hier konkret bei der Bearbeitung von unübersehbaren Widersprü-
chen. Dies tut sie konkret, indem sie den Supervisanden beim ständigen Unter-
scheiden hilft, worauf sie Einfluss nehmen können und worauf nicht. Supervisi-
on wirkt! Sie beugt dem resignierenden Sarkasmus und der Selbstentwertung
vor, schützt aber auch vor der Verführung Unmögliches möglich machen zu
wollen (vgl. ebd., S. 24f). Supervision wird hier in Krisensituationen oder per-
manent begleitend zum Fallgeschehen wahrgenommen. Einführungsbegleitung
durch Supervision kann hier als Prozessbegleitung verstanden werden.
In der beispielhaften Darstellung von Supervision eines Trägers im Bereich der
Jugendhilfe wird zudem nochmals unterstrichen, dass es sich bei den Superviso-
ren i. d. R. um ehemalige Kollegen aus dem Arbeitsfeld handelt, bei denen eine
schriftliche Fixierung von Arbeitsaufträgen und Zielen in Form eines Kontraktes
eher seltener abgeschlossen werden. Feldkompetenz wird hier als Vorteil aber
auch Gefahr näher beleuchtet. In dem für diese Arbeit interessanten autonomen

- 10 -
Feld der ambulanten Hilfen werden bei diesem Träger ausschließlich Fallsu-
pervisionen angeboten. Die Leitung erfährt über die auf die Selbsterfahrung und
auf das Verstehen des Falles ausgerichtete Supervision nichts. Lediglich die
Fachbereichsleitung hat zurzeit die Möglichkeit an den Supervisionssitzungen
teilzunehmen. Allerdings wird in diesem Artikel auch ein neuer Trend hinsicht-
lich der Kontraktschließung, der Dauer und Häufigkeit der Sitzungen sowie der
Situationen einer Inanspruchnahme deutlich. Supervision weist hier zunehmend
Ähnlichkeit zum Coaching auf und fungiert als Personalentwicklungsinstrument
(vgl. Effertz 2007, S. 157ff).
3.
Supervision und Coaching
Zum besseren Verständnis dieser Beratungsinstrumente folgt zunächst ein kurzer
Überblick. Bei der folgenden knappen Darstellung von Supervision und Coaching
wird berufsfeldübergreifend auf die Geschichte, die Einsatzfelder und auf die Be-
sonderheiten beider Beratungsformen in Organisationen eingegangen. Bei dieser
näheren Betrachtung soll gezielt auf die Einsatzfähigkeit dieser beiden Beratungs-
instrumente als mögliche Einführungsbegleitung eingegangen werden.
3.1
Geschichte und Darstellung der Beratungsinstrumente
Die kurze Vorstellung der Entwicklungsgeschichte der Supervision beziehe
sich im Folgenden auf Belardi (vgl. Belardi 2001, S. 6ff). Demnach hatte die
Supervision ihre Entstehungswurzeln in den Vereinigten Staaten und bezeichne-
te sich als die Unterstützung und Kontrolle der ehrenamtlich Tätigen innerhalb
der Organisation durch erfahrene und ausgebildete Sozialarbeiter. Häufig waren
diese Vorgesetzte und Anleiter in Personalunion. Eine wesentliche Aufgabe der
Supervision war damals schon die Einführungsbegleitung in den Arbeitsalltag.
Beeinflusst durch die Psychoanalyse und der Soziologie wurde sie ab den drei-
ßiger Jahren zunehmend auch zur Unterstützung der Fallarbeit (Casework) an-
geboten. Die Geburtsstunde der Supervision in Deutschland lässt sich nicht ge-
nau bestimmen. Der Begriff ,,Supervision" taucht erst 1950 in der deutschen
Fachliteratur auf. Bis 1975 wurde hier Supervision als Ausbildungssupervision

- 11 -
zur Unterstützung der Einzelhilfe angewendet
7
. Mit der Akademisierung der
Sozialarbeiterausbildung in Deutschland verlor die Supervision als Ausbil-
dungsbegleitung an Bedeutung und entwickelte sich zur vorwiegend organisati-
onsexternen und freiberuflichen Beratung
.
Hinter dem Beratungsinstrument
,,Supervision" stecken im deutschsprachigen Raum mehrere Bedeutungen, wie
berufsbezogene Beratung, Weiterbildung für Fachkräfte des Sozialwesens und
neuerdings auch Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung.
Durch die erhöhten Ansprüche an Qualität und Wirtschaftlichkeit haben die
Anwendungsbereiche, die Bedeutung und der Bedarf von Supervision in den
letzten Jahren stark zugenommen.
Alternativ dazu beschreibt Gotthard-Lorenz die Entwicklung der Supervisions-
methode wie folgt: Sie ,,(...) hat sich in den letzten Jahren im Spannungsfeld
von beruflicher Weiterbildung (Fortbildung, Anleitung) und Hilfestellung zur
Persönlichkeitsbildung im beruflichen Kontext durchgehend als Anleitung zur
Selbstreflexion im Sinne eines interdisziplinär begründeten Unterstützungssys-
tems für Mitarbeiter und Führungskräfte unterschiedlicher Arbeitsfelder, Aufga-
benbereiche und Organisationen herauskristallisiert" (Gotthard-Lorenz 2000, S.
57). Diese Definition beschreibt treffend den Bereich der Einführungsberatung
durch Supervision, da sie die Anleitung zur Selbstreflexion insbesondere auch in
Phasen der Anleitung beinhaltet. Im späteren Verlauf ihres Beitrages wird Su-
pervision mit der Begleitung von Entwicklungsprozessen, der Identitätsbildung,
oder wie oben beschrieben mit der Hilfestellung zur Persönlichkeitsentwicklung
verbunden (vgl. ebd., S. 57ff).
Nach Belardi handelt es sich bei der Supervision um eine Beratung zweiter Ord-
nung, da hier die Berater (Supervisoren) die Berater der Klienten beraten. Zur
Supervision gehört daher neben der Feldkompetenz auch die Beratungskompe-
tenz. Methodisch handelt es sich hierbei um interdisziplinäre und mehrperspek-
tivische Ansätze, die die Person, die Gruppe, die Organisation und das Team mit
ihren jeweiligen Problemlagen erfassen. Belardi benennt hierzu exemplarisch
vier Ansätze (vgl. Belardi, 2001, S. 11). Weitere neun Konzepte der Supervisi-
7
Zur Ergänzung: Im Heft ,,Profession:Supervision" der DGSv wird zur Geschichte der Supervisi-
on erwähnt, dass 1954 die erste Fachveröffentlichung zur Supervision in Deutschland erschien,
1964 die erste Zusatzausbildung angeboten wurde und dass sich 1989 der Berufsverband Deutsche
Gesellschaft für Supervision e.V. (DGSv) gründete (vgl. DGSv 2007, S.3ff).

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on werden im Heft der DGSv
8
,,Konzepte für die Supervision" ausführlich dar-
gestellt. Hier werden Beispiele für die unterschiedlichen Herangehensweisen,
wie die Nutzung des systemischen Denkens, der Psychoanalyse, der Gruppen-
analyse und ­dynamik, der themenzentrierten Interaktion als Basiskonzept, die
personenzentrierte oder integrative Supervision, des Dreieckskontrakts, das So-
ziodrama, die Soziometrie und das Psychodrama als handlungsleitendes Super-
visionskonzept genannt (vgl. DGSv 2006, S.5ff).
Die Supervision stellt sich bei Belardi in unterschiedlichen Angebotsformen
dar, die sich zunächst grob in die organisationsinterne- oder externe untertei-
len lassen. Die erstgenannte Form ist in Deutschland weniger stark verbreitet als
in den Vereinigten Staaten. Bei dieser Form bieten Kollegen Supervision für
Kollegen an und stellen damit einen Teil der Organisation dar. Diesem Bera-
tungsmodell birgt die Gefahr, dass die eigentlichen Probleme und die Kritik von
den Supervisanden (den Beratenden) nur bedingt geäußert werden. Das hat dazu
geführt, dass das zweite Modell der externen Berater in Deutschland weit häufi-
ger angewendet wird.
Supervision wird angewendet in Fällen der beruflichen Reflexion, in der Aus-
bildungsbegleitung und der Krisenbegleitung. Hinsichtlich der Arbeitsweise
oder des Settings wird die Supervision unterschieden in Einzelsupervision (im
Zweiersetting), in Gruppensupervision, in kollegialer Supervision, in Teamsu-
pervision und in Organisationssupervision. Die drei häufigsten Formen untertei-
len sich in die Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision.
Die klassische Bera-
tung ist die Einzelsupervision. Aus der Rollenberatung und insbesondere aus
der Leitungsberatung hat sich hier die Spezialform des Coaching (für Manager
und Führungskräfte) entwickelt. Laut einer älteren Literaturangabe von Berladi
(vgl. Belardi 1994, S. 101ff) hat sich die Einzelsupervision aus dem amerikani-
schen Case-Work und der psychoanalytischen Kontrollanalyse entwickelt.
Demnach findet sie besonders in Rollenkonflikten ihren Einsatz. Beispiele dafür
sind die Konflikte, die aus den unterschiedlichen Erwartungen und Anforderun-
gen der Träger, der Erwartungshaltung des Klientels bezogen auf ihre Bedürf-
nisse und Interessen und aus den eigenen, berufsethischen, fachlichen Anforde-
rungen entstehen. Ohne hier den möglichen Ergebnissen der empirischen Studie
8
DGSV steht für die Deutsche Gesellschaft für Supervision e.V. Sie ist 1989 als ein Fach- und
Berufsverband von Supervisoren gegründet worden. Näher Informationen sind abrufbar unter:
http://www.dgsv.de (07.01.2008)

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vorgreifen zu wollen, soll die Form der Einzelsupervision genauer beleuchtet
werden, da sie ähnlich wie beim Coaching, von den Entscheidungsträgern im
Spannungsfeld der Entscheidung wahrgenommen wird. Buer (vgl. Buer 1999, S.
194f) definiert sie als ein Angebot für eine Person. Dabei kann es um die Refle-
xion der eigenen Rolle, der Verbesserung im Umgang mit der Klientel, dem
Treffen von beruflichen Entscheidungen, dem Austarieren zwischen beruflicher
und persönlicher Sphäre oder um Unterstützung bei der Übernahme neuer Auf-
gaben und Positionen gehen. Looss (vgl. Looss 2005, S. 195ff) beschreibt hier
insbesondere die Möglichkeit für die Beziehungsarbeiter (hier die Betreuer) ihre
Beziehungen zu ihren Klienten oder den Kunden (hier die Auftraggeber als Trä-
ger oder Jugendamt) auszuwerten. Supervision dient als Lernverfahren zur Re-
flexion eigener Haltungen und Handlungen und zur Entwicklung der persönli-
chen bzw. fachlichen Kompetenzen für das jeweilige Arbeitsfeld. Neben der
beruflichen Reflexion dient sie besonders der emotionalen Entlastung. Darüber
hinaus bietet sie eine Unterstützung vor dem Hintergrund ihrer Rolle, Funktion
und ihres Seins als Mensch. Somit kann Supervision auch als Präventionsinter-
vention gegen Burnout dienen. Er betont zudem die Feld- und Methodenkompe-
tenzen der Supervisoren, die die Eröffnung von Lernchancen erst ermöglicht.
Darüber hinaus schreibt er von der Supervision als Lernort, bei der es um das
Thema Beziehung zwischen Supervisanden (Betreuern) und Klienten aber auch
um das Thema Beziehung zwischen den Supervisoren und Supervisanden geht.
Vereinfacht formuliert ist die Einzelsupervision eine Beziehungssituation, die
durch eine zwischenmenschliche Begegnung entsteht. Nur wenn eine vertrau-
ensvolle und angstfreie Atmosphäre für die Supervisanden vorliegt, können die-
se offen und frei über ihre Gefühle berichten. Das ist hier die Basis für ein Ler-
nen, eine Reflexion, einen Perspektivwechsel und die Stärkung eigener Ressour-
cen.
In seiner neueren Veröffentlichung beschreibt er (vgl. Belardi 2001, S. 6ff) die
Gruppensupervision als eine Beratungsform, bei der mehrere Supervisanden
aus unterschiedlichen Praxisfeldern, anders als bei der kollegialen Supervision
von einem Supervisor geleitet werden. Bei der am häufigsten angewendeten
Teamsupervision, arbeiten unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen
Professionen, Funktionen und Kompetenzen aus einem Team mit einem Super-
visoren zu unterschiedlichen Themen und Zielen. Von Organisationssupervision

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oder -beratung wird gesprochen, wenn daran langfristig mehrere Personen der
Organisation beteiligt sind. Der langfristige Lernprozess, der zur Veränderung
der Institution führt, wird als Organisationsentwicklung beschrieben.
Eine Besonderheit und Notwendigkeit dieser Dienstleistung für Organisationen
stellt der anfängliche Kontrakt dar. Bei einem Supervisionsauftrag handelt es
sich entweder um einen Kontrakt zwischen zwei Parteien oder noch häufiger um
Dreieckskontrakte, bei denen die direkt am Beratungsprozess beteiligten Perso-
nen und die Auftraggeber (Kostenträger) miteinbezogen werden. Dieser Kon-
trakt bildet die Arbeitsgrundlage für einen klaren und unmissverständlichen
Auftrag. Zusammengefasst stellt der Autor zum Ende seiner geschichtlichen
Ausführungen fest, dass Supervision im deutschen Sprachraum als angewand-
te Sozialwissenschaft in professioneller wie konzeptioneller Hinsicht eine Spit-
zenstellung in der Welt einnimmt (vgl. Belardi 2001, S. 6ff).
Als Verweis auf weitergehende Informationen soll an dieser Stelle auf die DGSv
hingewiesen werden. Im Heft ,,Berufsbild Supervisor/in DGSv" werden u. a.
vertiefend noch weitere Aufgaben, Tätigkeiten und Tätigkeitsmerkmale, Verfah-
ren, Arbeitsfelder, Supervisionssettings und Betätigungsfelder von Supervisoren
(wie die Mediation, das Coaching, die Organisationsentwicklung und ­beratung,
Personalentwicklung und das Training) ausführlicher dargestellt (vgl. DGSv
2003, S. 3ff). Hier kommt Supervision als Beratung beruflichen Handelns, ,,(...)
als unterstützendes Instrument der Prozessgestaltung und ­reflektion, in organi-
satorischen Veränderungsprozessen und als Bestandteil von Organisationsent-
wicklungsmaßnahmen zum Einsatz" (ebd., S. 6). Es werden auch verschiedene
Arbeitsfelder der Supervision exemplarisch aufgeführt. Supervision findet zu-
sammengefasst überall dort statt, wo die Organisationen ,,(...) den Erfolg und
Zufriedenheit der Mitarbeiter durch verstärkte Kooperation und Kommunikation
steigern möchte" (ebd., S. 6). In der Satzung der Deutschen Gesellschaft für
Supervision (DGSv, § 1,2) dient Supervision ,,`der Reflexion beruflichen inte-
raktionellen Handelns (...)`" (ebd., S. 3).
Neben der Supervision soll auch das Beratungsinstrument Coaching dargestellt
und zugleich abgegrenzt werden, indem kurz auf die Unterschiedlichkeiten und
Gemeinsamkeiten eingegangen wird. Zunächst ist festzustellen, dass die Begrif-
fe Supervision und Coaching im Sprachgebrauch oft synonym verwendet wer-
den und dabei gleichartige Beratungsmethoden meinen. Coaching wird oft mit

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Lösungsorientierung, dem ,,Profitbereich" und der Beratung von Führungskräf-
ten verbunden, während Supervision demnach eher mit der Anleitung zur
Selbstreflexion und dem ,,Non-Profitbereich" verbunden wird. Zur klareren Ab-
grenzung von Coaching und der oben bereits ausführlicher beschriebenen Su-
pervision soll hierzu die Definition von Coaching aus Sicht der DGSv vorge-
stellt werden: ,,Coaching ist Beratung für Menschen mit anspruchsvollen Auf-
gaben und besonderen Funktionen in Unternehmen und Nonprofit-
Organisationen. Coaching bereitet Ratsuchende auf Kommendes vor oder re-
flektiert Erfahrungen. Beides dient der Qualifizierung, der persönlichen Sicher-
heit oder dem Aufzeigen von Wegen aus fordernden Situationen heraus" (DGSv
2005, S. 3). Dort wird eine Ausbildung in Supervision als solide Basis für diese
praktische Beratung vorgestellt. Als Einsatzfelder von Coaching werden ge-
nannt: Führungsberatung, Förderung der Kompetenz und Performance von Füh-
rungsnachwuchskräften, Unterstützung von Mitarbeitern mit besonderen Aufga-
ben, Beratung in besonderen Situationen sowie die Begleitung in Veränderungs-
und Qualifizierungsprozessen (vgl., ebd., S. 3ff). Coaching hat mit den berufli-
chen Perspektiven, Zielen, Rollen eines Menschen einerseits und mit der dahin-
terliegenden ganzen Person andererseits zu tun. In Bezug auf die Person sind
damit das spezifische Erleben von Situationen und Beziehungen, das Selbstver-
ständnis, die damit verbundene Geschichte, Möglichkeiten und Wünsche ver-
bunden (vgl. Martens-Schmid 2007, S. 18).
Seit Mitte der 80er Jahre setzt man auch in Deutschland Coaching für Füh-
rungskräfte ein. Inhaltlich geht es konkret um die Lösung von Problemen im
Arbeitsalltag, dem Ausbau des Verhaltenspektrums, bis hin zur Persönlichkeits-
entwicklung. Gewählt wird zumeist die Form des ,,Zweiersettings", der Abstand
zwischen den Sitzungen beträgt i. d. R. nur eine Woche, die Gesamtanzahl der
Sitzungen beläuft sich üblicherweise auf zehn Sitzungen. Die Auftraggeber und
Rechnungsadressaten sind die Arbeitgeber, die Folgekosten durch demotivierte
Mitarbeiter oder Teamkonflikte vermeiden wollen (vgl. Henkel 2005, S.1f).
,,Laut einer Studie vom artop-Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin
wollen Führungskräfte ihre Partner und Freunde als berufliche Ratgeber nur
ungern belasten oder gar überfordern. Für Fragen der beruflichen Weiterent-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836616881
DOI
10.3239/9783836616881
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Evangelische Fachhochschule Freiburg – Supervision
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Note
2,7
Schlagworte
jugendhilfe coaching einführungsberatung freiberufliche betreuer pädagogik
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Titel: Supervision als Einführungsberatung in der Jugendhilfe
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