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Über die Spingruppe eines pseudoeuklidischen Vektorraumes

©2006 Diplomarbeit 56 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die spezielle orthogonale Gruppe eines euklidischen Vektorraumes U ist bekanntlich wegweise zusammenhängend und besitzt daher eine universelle Überlagerung. In (12) wird beschrieben, wie eine universelle Überlagerungsgruppe von SO(U), die sog. Spingruppe, „konstruiert“ werden kann.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob dieses Konstruktionsverfahren auch für pseudoeuklidische Vektorräume realisierbar ist und ob es zu dem gleichen Ergebnis führt, wie für einen euklidischen Vektorraum U. Unter einem pseudoeuklidischen Vektorraum ist dabei ein endlich-dimensionaler reeller Vektorraum V mit einer nicht-entarteten, symmetrischen Bilinearform zu verstehen. Die positive Definitheit wird also nicht verlangt.
Bei dem in (12) beschriebenen Ansatz wird mit der Clifford-Algebra des Vektorraumes U bzw. mit der Gruppe ihrer Einheiten gearbeitet: dort wird zunächst die sog. Clifford.Gruppe „extrahiert“, welche später als eine Liesche Gruppe erkannt wird. Vermöge eines bestimmten Liegruppen-Homomorphismus p (der explizit angegeben werden kann) wird die Clifford-Gruppe surjektiv auf die orthogonale Gruppe O(U) abgebildet. Ein surjektiver Liegruppen-Homomorphismus, dessen Kern diskret ist, ist bekanntlich bereits eine Überlagerung. Allerdings besteht der Kern von p aus ganz. Um dieses Problem zu beheben, wird p auf eine derartige Liesche Untergruppe der Clifford-Gruppe eingeschränkt, p dass der Kern dieser Einschränkung diskret wird, wobei die Surjektivität erhalten bleibt. Diese Untergruppe wird in der Literatur mit Pin bezeichnet. Da der Kern von pPin nun aus nur 2 Elementen besteht, wird pPin zu einer zweiblättrigen Überlagerung von O(U). Anschließend wird in Pin eine weitere Liesche Untergruppe, die sog. Spingruppe Spin(U) „entdeckt“, so dass die Einschränkung von p auf Spin(U) zu einer zweiblättrigen Überlagerung von SO(U) wird. Darüber hinaus stellt man fest, dass die Spingruppe Spin(U) einfach-zusammenhängend und somit eine universelle Überlagerungsgruppe von SO(U) ist. Als Orientierungsquelle hierfür wird im Rahmen dieser Arbeit größtenteils (12) verwendet. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Einleitungiii
1.Konstruktion der Spingruppe1
1.1Orthogonale Gruppe eines pseudoeuklidischen Vektorraumes1
1.2Clifford-Algebra2
1.3Der Satz von Cartan Dieudonné8
1.4Die Spingruppe Spin16
2.Topologische Eigenschaften der Spingruppe Spin21
2.1Beschreibung der Zusammenhangskomponenten von Spin21
2.2Stellt […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Yuliya Schumacher
Über die Spingruppe eines pseudoeuklidischen Vektorraumes
ISBN: 978-3-8366-1661-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Universität zu Köln, Köln, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

i
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
iii
1
Konstruktion der Spingruppe
1
1.1
Orthogonale Gruppe eines pseudoeuklidischen Vektorraumes . . . . .
1
1.2
Clifford-Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.3
Der Satz von Cartan-Dieudonn´
e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.4
Die Spingruppe Spin(V, ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2
Topologische Eigenschaften der Spingruppe Spin(V, ).
21
2.1
Beschreibung der Zusammenhangskomponenten von Spin(V, ) . . . .
21
2.2
Stellt Spin
+
(V, ) eine universelle ¨
Uberlagerungsgruppe von SO
+
(V, )
dar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.2.1
Logarithmus und Quadratwurzel von positiven Endomorphis-
men. Polarzerlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.2.2
Polardarstellung von O(V, )
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
2.2.3
Die Fundamentalgruppe
1
(SO
+
(V, )). . . . . . . . . . . .
39
2.3
Die Spingruppe eines Lorentz-Vektorraumes . . . . . . . . . . . . . .
44
Literaturverzeichnis
49

iii
Einleitung
Die spezielle orthogonale Gruppe eines euklidischen Vektorraumes U ist bekanntlich
wegweise zusammenh¨
angend und besitzt daher eine universelle ¨
Uberlagerung. In
[12] wird beschrieben, wie eine universelle ¨
Uberlagerungsgruppe von SO(U ), die sog.
Spingruppe,
"
konstruiert" werden kann.
Die vorliegende Arbeit besch¨
aftigt sich mit der Frage, ob dieses Konstruktionsver-
fahren auch f¨
ur pseudoeuklidische Vektorr¨
aume realisierbar ist und ob es zu dem
gleichen Ergebnis f¨
uhrt, wie f¨
ur einen euklidischen Vektorraum U . Unter einem pseu-
doeuklidischen Vektorraum ist dabei ein endlich-dimensionaler reeller Vektorraum
V mit einer nicht-entarteten, symmetrischen Bilinearform : V × V IR zu
verstehen. Die positive Definitheit wird also nicht verlangt.
Bei dem in [12] beschrieben Ansatz wird mit der Clifford-Algebra des Vektorrau-
mes U bzw. mit der Gruppe ihrer Einheiten gearbeitet: dort wird zun¨
achst die sog.
Clifford-Gruppe extrahiert, welche sp¨
ater als eine Liesche Gruppe erkannt wird.
Verm¨
oge eines bestimmten Liegruppen-Homomorphismus (der explizit angegeben
werden kann) wird die Clifford-Gruppe surjektiv auf die orthogonale Gruppe O(U )
abgebildet. Ein surjektiver Liegruppen-Homomorphismus, dessen Kern diskret ist,
ist bekanntlich bereits eine ¨
Uberlagerung. Allerdings besteht der Kern von aus
ganz IR. Um dieses Problem zu beheben, wird auf eine derartige Liesche Un-
tergruppe der Clifford-Gruppe eingeschr¨
ankt, dass der Kern dieser Einschr¨
ankung
diskret wird, wobei die Surjektivit¨
at erhalten bleibt. Diese Untergruppe wird in der
Literatur mit P in bezeichnet. Da der Kern von |P in nun aus nur 2 Elementen be-
steht, wird |P in zu einer zweibl¨
attrigen ¨
Uberlagerung von O(U ). Anschließend wird
in P in eine weitere Liesche Untergruppe, die sog. Spingruppe Spin(U ),
"
entdeckt", so
dass die Einschr¨
ankung von auf Spin(U ) zu einer zweibl¨
attrigen ¨
Uberlagerung von
SO(U ) wird. Dar¨
uberhinaus stellt man fest, dass die Spingruppe Spin(U ) einfach-
zusammenh¨
angend und somit eine universelle ¨
Uberlagerungsgruppe von SO(U ) ist.
Als Orientierungsquelle hierf¨
ur wird im Rahmen dieser Arbeit gr¨
oßtenteils [12] ver-
wendet.
Die Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut:
Im ersten Kapitel wird nach einer knappen definitorischen Zusammenfassung der
ur diese Arbeit zentralen und durchgehend verwendeten Begriffe, wie die Signa-
tur einer symmetrischen Bilinearform und die orthogonale Gruppe, der Begriff der
Clifford-Algebra und der Clifford-Gruppe zu einem endlich-dimensionalen reellen
Vektorraum V mit einer quadratischen Form Q : V IR eingef¨
uhrt sowie einige
ihrer Eigenschaften beschrieben. Dar¨
uber hinaus wird ein Liegruppen-Homomorphis-
mus angegeben, welcher die Clifford-Gruppe surjektiv auf die orthogonale Gruppe
abbildet. Dies geschieht im Abschnitt 1.2 in kompletter ¨
Ubereinstimmung mit [12].
Ein unverzichtbares Werkzeug f¨
ur die folgenden ¨
Uberlegungen ist der Satz von
Cartan-Dieudonn´
e, welcher besagt, dass jede (von der Identit¨
at verschiedene) ortho-
gonale Transformation von V eine Komposition von Spiegelungen an bestimmten
Hyperebenen von V ist, wobei die Anzahl dieser Spiegelungen nicht gr¨
oßer als die

iv
Dimension von V ist. Der Abschnitt 1.3 besch¨
aftigt sich mit diesem Satz. Der in [12]
vorgef¨
uhrte Beweis setzt voraus, dass der Vektorraum V euklidisch ist, und bedarf
im Falle eines pseudouklidischen Vektorraumes weitgehender Erg¨
anzungen. Diese
habe ich in Orientierung an [1] vorgenommen. In 1.4 wird das Konstruktionsverfah-
ren aus [12] fortgesetzt, wobei eine geringf¨
ugige Ver¨
anderung in der Definition von
P in notwendig wird. Als n¨
achstes wird in 1.4 die Spingruppe Spin(V, ) von dem
pseudoeuklidischen Vektorraum V definiert und als eine Liegruppe identifiziert, und
es folgt eine Beschreibung der Elemente von Spin(V, ). Anschließend wird in 1.4 ge-
zeigt, dass die spezielle orthogonale Gruppe SO(V, ) von der Spingruppe Spin(V, )
2-bl¨
attrig ¨
uberlagert wird. Daran erkennt man den ersten wesentlichen Unterschied
zu dem euklidischen Fall, n¨
amlich die Tatsache, dass Spin(V, ) nicht zusammen-
angend ist, denn im Falle, dass V echt nicht-euklidisch ist, besteht die speziel-
le orthogonale Gruppe SO(V, ) aus zwei Zusammenhangskomponenten. Um auch
weiterhin von einer universellen ¨
Uberlagerungsgruppe reden zu k¨
onnen, wird man
also an dieser Stelle sich auf die Betrachtung von neutralen Zusammenhangskompo-
nenten der beiden Gruppen einschr¨
anken m¨
ussen. Es stellt sich allerdings dabei die
Frage, wie die neutrale Komponente von Spin(V, ) ¨
uberhaupt aussieht. Das Kapi-
tel 2 dient dazu, diese Frage zu beantworten und die w¨
ahrenddessen aufgedeckten
weiteren Unterschiede zu dem euklidischen Fall zu studieren.
In 2.1 wird die Spingruppe Spin(V, ) zun¨
achst in zwei disjunkte nicht-leere offe-
ne Teilmengen zerlegt, welche eine
"
einfache" Gestalt besitzen.
1
Als n¨
achstes wird
gezeigt, dass Spin(V, ) genau zwei Zusammenhangskomponenten hat, und mit Hil-
fe der Zerlegung von Spin(V, ) in
"
einfache" Teilmengen gelangt man zu einer
expliziten Beschreibung der Neutralkomponente von Spin(V, ). Es bleibt aller-
dings noch die Frage offen, ob die neutrale Komponente von Spin(V, ) einfach-
zusammenh¨
angend ist. Dass dies bei h¨
oheren Dimensionen und Signaturwerten nicht
der Fall ist, steht z.B. in [8], Seite 220, bzw. folgt aus einer Feststellung in [7],
Seite 20, mir ist allerdings keine Literaturquelle bekannt, wo diese Tatsache ausf¨
uhr-
lich begr¨
undet wird. Ich gebe in meiner Arbeit eine Antwort auf die obige Frage,
indem ich im Abschnitt 2.2 eine Beschreibung der Fundamentalgruppe der neutra-
len Komponente SO
+
(V, ) von SO(V, ) angebe, woraus folgt, dass eine universelle
¨
Uberlagerung von SO
+
(V, ) im Falle eines echt nicht-euklidischen Vektorraumes V
nicht notwendigerweise 2-bl¨
attrig ist. In den Teilabschnitten 2.2.1 und 2.2.2 werden
technische Mittel geschaffen, mit deren Hilfe ich im Teilabschnitt 2.2.3 dann zeige,
dass die orthogonale Gruppe von V zu einem topologischen Raum hom¨
oomorph
ist, dessen Zusammenhangskomponenten Fundamentalgruppen bekannter Struktur
besitzen.
Im Falle, dass V ein Lorentz-Vektorraum und dim V 4 ist, kommt man insbeson-
dere zu dem Ergebnis, dass die neutrale Komponente von Spin(V, ) eine universelle
¨
Uberlagerungsgruppe von SO
+
(V, ) ist.
2
Im Abschnitt 2.3 wird ein alternativer
Beweis daf¨
ur angegeben.
Die in der Arbeit verwendeten Bezeichnungen stimmen gr¨
oßtenteils mit denen aus
1
Bei diesem Schritt orientiere ich mich an einer Definition in [8], Seite 220.
2
Vgl. [8], S. 220.

v
[12] ¨
uberein, um die Analogie zu der dort beschriebenen Vorgehensweise deutlicher
zu machen.
Die allgemein bekannten Resultate aus der linearen Algebra und der Analysis wie
z.B Diagonalisierbarkeitskriterien f¨
ur Endomorphismen endlich-dimensionaler reel-
ler Vektorr¨
aume bzw. einfache topologische Eigenschaften von Mannigfaltigkeiten
werden i. d. R. ohne weiteren Kommentare verwendet. Dasgleiche gilt f¨
ur die Stan-
dardbezeichnungen wie z.B. das Kronekersymbol.
Definitionen, Lemmata, S¨
atze und Theoreme werden jeweils fortlaufend nummeriert.

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
1
1 Konstruktion der Spingruppe
In diesem Kapitel sei V ein endlich-dimensionaler reeller Vektorraum der Dimension
n 1.
1.1 Orthogonale Gruppe eines pseudoeuklidischen Vektorraumes
Es werde eine symmetrische Bilinearform : V × V IR fixiert. Dann existiert per
definitionem eine quadratische Form Q : V IR, so dass
v V :
(v, v) = Q(v)
gilt. Die quadratische Form Q ist eindeutig durch festgelegt. Aus diesem Grund
wird im Folgenden gelegentlich statt (u, u) auch die Schreibweise Q(u) verwendet.
Die Bilinearform heißt nicht-entartet, falls das Radikal von , das ist der Un-
tervektorraum
V
0
:= { v V | u V : (v, u) = 0 },
nur das Nullelement enth¨
alt. In diesem Fall wird auch die zugeh¨
orige quadratische
Form Q nicht-entartet genannt. Unter dem Radikal von Q versteht man ebenfalls
den Untervektorraum V
0
.
Ist U ein Untervektorraum von V , so heißt U nicht-entartet, falls die Bilinearform
|U : U × U IR nicht-entartet ist.
Ist nicht-entartet, so existiert eine Basis b von V, so dass die Bilinearform durch
(u, v) = -
s
i=1
x
i
(u) · x
i
(v) +
n
i=s+1
x
i
(u) · x
i
(v)
beschrieben werden kann, wobei (x
1
, . . . , x
n
) die duale Basis von V
zu b bezeich-
net.
3
Die Zahl s ist von der Basiswahl unabh¨
angig und wird im Folgenden die Sig-
natur der Bilinearform oder auch die Signatur des Vektorraumes V genannt.
4
Generalvoraussetzung. Im Folgenden soll stets von der Nullform verschieden
sein. Wenn nichts anderes gesagt wird, so ist im Falle einer nicht-entarteten Biline-
arform davon auszugehen, dass s {0, . . . , n} ist.
Ein Vektor u V \{0} heißt isotrop, falls (u, u) = 0 ist. Ist (u, u) > 0, so heißt
u raumartig, und im Falle (u, u) < 0 wird u zeitartig genannt.
Bemerkung. Ist 0 < s < n, so existiert in V aufgrund der Stetigkeit von ein
isotroper Vektor.
3
Vgl. dazu [16], Kap. 5.2, Satz D.
4
Vgl. auch [11], Anhang A, A.10.

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
2
Definition 1. F¨
ur die Bilinearform kann man die Untergruppen
O(V, ) := { A GL(V ) | u, v V : (Au, Av) = (u, v) }
und
SO(V, ) := { A O(V, ) | det(A) = 1 }
definieren. O(V, ) heißt orthogonale Gruppe von V , ihre Elemente werden im
Folgenden orthogonale Transformationen genannt.
Bemerkung. An der Bedingung u, v V : (Au, Av) = (u, v) in der obigen
Definition erkennt man, dass der Begriff der orthogonalen Gruppe an die Wahl der
Bilinearform gekn¨
upft ist.
Mit SO
+
(V, ) wird im Folgenden die neutrale Zusammenhangskomponente der
orthogonalen Gruppe O(V, ) bezeichnet. Als
"
Nebenprodukt" der in dieser Arbeit
gewonnenen Ergebnisse wird sich sp¨
ater herausstellen, dass im Falle einer nicht-
entarteten Bilinearform mit der Signatur 1 s n - 1 die volle orthogonale
Gruppe O(V, ) aus vier Zusammenhangskomponenten besteht, welche die Neben-
klassen von SO
+
(V, ) sind. Dieses Ergebnis findet man z. B. auch in [5], S.220, oder
in [9], S.238.
Lemma 1. Ist nicht-entartet und A eine orthogonale Transformation, so gilt
| det(A)| = 1.
Dies wird in [1], S.108 , bzw. in [12], Lemma 1, begr¨
undet.
O(V, ) ist eine Liegruppe
5
, und SO(V, ) ist eine offene (und daher Liesche) Unter-
gruppe von O(V, ).
6
Dies ergibt sich aus der Stetigkeit der Determinantenfunktion
und aus dem obigen Lemma. Da SO
+
(V, ) laut Definition zusammenh¨
angend und
id
V
SO
+
(V, ) ist, folgt weiterhin SO
+
(V, ) SO(V, ). Dass SO
+
(V, ) in der
Wirklichkeit eine offene Liesche Untergruppe von SO(V, ) vom Index 2 ist, folgt aus
dem oben Gesagten; dies wird im Folgenden als bekannt vorausgesetzt. Die nicht-
triviale Nebenklasse von SO
+
(V, ) in SO(V, ) wird mit SO
-
(V, ) bezeichnet.
7
Definition 2. Ist nicht-entartet und A O(V, ) eine orthogonale Transforma-
tion mit det(A) = 1, so wird A orientierungserhaltend genannt. Ist det(A) = -1,
so nennt man A orientierungsumkehrend.
1.2 Clifford-Algebren
Alle in diesem Abschnitt zusammengefassten Definitionen, Lemmata, S¨
atze und Be-
weisideen stammen aus [12] und wurden von mir nur geringf¨
ugig an den entsprechend
gekennzeichneten Stellen erweitert.
5
Vgl. z. B. [11], Anhang A, Aussage 2.
6
Bekanntlich ist jede offene Untergruppe einer topologischen Gruppe auch abgeschlossen.
7
Diese Tatsache folgt insbesondere auch aus den sp¨
ateren Ergebnissen der Arbeit. F¨
ur den
strukturellen Aufbau ist es allerdings sinnvoller, bereits am Anfang der Arbeit die Menge
SO(V, )\SO
+
(V, ) = geeignet zu kennzeichnen.

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
3
Es gelten die Voraussetzungen und Bezeichnungen des vorigen Abschnitts.
Ist im Folgenden von einer Algebra A die Rede, so ist eine assoziative IR-Algebra mit
einem vom Nullelement verschiedenen Einselement e
A
gemeint. F¨
ur einen Algebra-
Homomorphismus : A
1
A
2
wird stillschweigend (e
1
) = e
2
verlangt, wobei e
1
und e
2
die Einselemente jeweiliger Algebren sind.
Definition 3. Unter einer Clifford-Algebra zum Paar (V, Q) versteht man eine Al-
gebra C mit folgenden Eigenschaften:
(i) C enth¨
alt IR V als Untervektorraum.
(ii) Die Zahl 1 IR ist das Einselement von C.
(iii) F¨
ur alle v V gilt: v
2
= Q(v) · 1.
(iv) Jede lineare Abbildung f : V A in eine weitere Algebra A, f¨
ur die
v V : f (v)
2
= Q(v)e
A
gilt, ist auf genau eine Weise zu einem Algebra-Homomorphismus : C A
fortsetzbar.
Die Frage nach der Existenz einer solchen Algebra C wird durch den folgenden Satz
beantwortet:
Satz 1. Zu jedem endlich-dimensionalen Vektorraum V und jeder quadratischen
Form Q existiert eine Clifford-Algebra C, und diese ist bis auf die Isomorphie ein-
deutig, d.h.: ist C eine andere Clifford-Algebra zu (V, Q), so existiert ein Algebra-
Isomorphismus : C C mit |(IR V ) = id
IRV
.
Zusatz: Es ist dim C = 2
n
. Genauer: ist b = (b
1
, . . . , b
n
) eine Basis von V , so bilden
die 2
n
"
Produkte"
b
S
:= b
k
1
· · · b
k
r
mit r {0, . . . , n},
S = {k
1
, . . . , k
r
} IN
r
,
k
1
< · · · < k
r
n
und
b
k
1
· · · b
k
0
:= 1
eine Basis von V .
Einen ausf¨
uhrlichen Beweis dieses Satzes findet man in [12].
Bemerkung. Da je zwei Clifford-Algebren zu (V, Q) zueinander isomorph sind, kann
man im Folgenden von
"
der" Clifford-Algebra C von V sprechen.
Lemma 2. Zu der Clifford-Algebra C existiert genau ein Algebra-Automorphismus
: C C mit = id
C
und
v V :
(v) = -v.
Der Automorphismus heißt die kanonische Involution der Clifford-Algebra C.

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
4
ur den Beweis dieses Lemmas verweise ich auf [12], Aussage 3. Man kann als die
eindeutige Fortsetzung der Abbildung f
: V C,
f
(v) := -v auffassen
8
. Aus
dem Lemma folgt sofort:
r IN
0
, v
1
, . . . , v
r
V :
(v
1
· · · v
r
) = (-1)
r
v
1
· · · v
r
.
(1)
Unter Beachtung der Tatsache, dass wegen = id
C
nur die Eigenwerte 1 und
-1 hat, ergibt die obige Eigenschaft zusammen mit dem Zusatz zum Satz 1 folgendes
Lemma 3. Der Vektorraum C besitzt die Spaltung C = C
+
C
-
in die Eigen-
aume C
+
und C
-
von zu den Eigenwerten 1 bzw. -1. Der Untervektorraum C
+
ist eine Unteralgebra von C. Unter der Multiplikation erh¨
alt man:
C
±
· C
±
C
+
,
C · C
±
C
-
Die Spaltung C = C
+
C
-
wird eine Z
Z
2
-Graduierung der Clifford-Algebra C
genannt.
Bezeichnungen und Definitionen.
ur die Clifford-Algebra C definiert man:
(i) Die Menge C
der Einheiten von C, d.h.
C
:= { C | C : = = 1 }
Im Falle der Existenz ist dieses Inverse =:
-1
eindeutig.
(ii) Die Abbildung : C
End(C),
:= ( ()
-1
)
(iii) Die Clifford-Gruppe
(V, Q) := { C
|
(V ) = V }
(iv) Die Vektordarstellung
: (V, Q) End(V ),
|V =:
Satz 2.
(a) Bez¨
uglich der Multiplikation der Algebra C ist C
eine Gruppe mit neutralem
Element 1. Außerdem ist C
eine offene Teilmenge der C
-Mannigfaltigkeit C,
weshalb C
in nat¨
urlicher Weise die Struktur einer Liegruppe tr¨
agt
9
. Es gilt
IR
Q
-1
(IR
) C
und
(C
) = C
.
(2)
(b) : C
End(C),
= ( ()
-1
) ist ein Liegruppen-Homomor-
phismus in die Gruppe GL(C); f¨
ur alle , C
und c IR
ist
c
=
und
()
=
(3)
8
vgl. [7], Seite 9
9
Ihre Liealgebra ist C mit der Lieklammer [, ] = - .

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
5
(c) Die Clifford-Gruppe (V, Q) ist eine regul¨
are Liesche Untergruppe von C
. Sie
ist unter der kanonischen Involution invariant.
(d) Die Vektor-Darstellung : (V, Q) End(V ) ist ein Liegruppen-Homomor-
phismus in GL(V ) mit der Eigenschaft:
(V, Q) :
()
=
.
(4)
Ist V
0
das Radikal der quadratischen Form Q und A
0
die Unteralgebra von
C, die von den Vektoren v V
0
erzeugt wird, so ist
Kern ( : (V, Q) GL(V ) ) = A
0
C
IR
(e) F¨
ur jedes u mit Q(u) = 0 gilt:
· u (V, Q).
· Es ist
u
O(V, ) und det(
u
) = -1.
· (IRu)
:= { v V | (u, v) = 0 } ist eine Hyperebene (d.h. ein 1-codimen-
sionaler Untervektorraum) von V , und
u
ist die Spiegelung
u
: V V,
v v - 2 ·
(v, u)
(u, u)
· u
(5)
an der Hyperebene (IRu)
.
Beweis.
Zu (a). F¨
ur je zwei Elemente
1
,
2
C
ist
-1
2
-1
1
C
offensichtlich das In-
verse von
1
2
. Daher ist C
unter der Multiplikation abgeschlossen. Die restlichen
Gruppenaxiome werden bereits in der Definition von C
gefordert.
Um zu zeigen, dass C
offen ist, wird die lineare Abbildung
L : C End(C),
L
:= ( )
definiert. Das Ziel ist nun, zu zeigen, dass
C
= L
-1
(GL(C))
gilt, denn daraus folgt sofort, dass C
eine offene Teilmenge von C ist: Als lineare
Abbildung zwischen endlich-dimensionalen IR-Vektorr¨
aumen ist die Abbildung L
amlich stetig, GL(C) ist in End(C) offen, somit ist auch C
als Urbild einer offenen
Menge unter der stetigen Abbildung L selbst offen.
Um C
= L
-1
(GL(C)) zu beweisen, sei C fixiert. Ist C
, so ist L
L
-1
=
L
1
= id
C
, also L
GL(C) und somit C
L
-1
(GL(C)). Ist andererseits C
so, dass L
GL(C) und somit L
-1
(GL(C)) gilt, so existiert ein C mit
L
() = 1, was mit = 1 gleichbedeutend ist. Daher ist L
L
= id
C
. Dann gilt

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
6
aber auch L
L
= id
C
und daher = L
L
(1) = 1, womit C
bewiesen ist.
Es gilt also auch L
-1
(GL(C)) C
.
Zur Liegruppenstruktur von C
. Als bilineare Abbildung ist die Multiplikation µ von
C eine C
-Abbildung auf der C
-Mannigfaltigkeit C × C. Da C
eine offene Teil-
menge von C ist, ist C
selbst auch eine C
-Mannigfaltigkeit, und die Multiplikation
µ|C
× C
ist differenzierbar. Mit dem Satz ¨
uber implizite Funktionen folgt dann,
dass auch die Inversenbildung auf C
differenzierbar ist.
Zu (2). F¨
ur jedes v Q
-1
(IR
) ist Q(v) = 0, und man kann v
-1
:=
1
Q(v)
v definieren.
Wegen v
2
= Q(v) (vgl. Definition 3), ist daher v
-1
tats¨
achlich das inverse Element
von v, und somit gilt v C
.
Um (C
) = C
nachzuweisen, sei ein C
fixiert. Da die kanonische Involution
ein Algebra-Homomorphismus ist, gilt
1 = (1) = (
-1
) = () (
-1
),
woraus sofort () C
folgt. Es ist also (C
) C
.
Aus = id
C
folgt andererseits = ( () ), woraus die Inklusion C
(C
)
sofort ersichtlich ist.
Zu (b). F¨
ur jedes C
ist die Abbildung ( (
-1
) ) die Umkehrung von
und deshalb ist (C
) GL(C).
Es gilt offensichtlich (1) = id
C
, und f¨
ur jedes C und
1
,
2
C
gilt weiterhin:
1
2
() = (
1
2
) (
1
2
)
-1
= (
1
) (
2
)
-1
2
-1
1
=
1
2
().
Daraus folgt, dass ein Gruppen-Homomorphismus in GL(C) ist. Es bleibt noch,
die C
-Differenzierbarkeit von zu beweisen. Dazu reicht es, zu zeigen, dass die
Abbildung
C
× C C,
(, ) ()
-1
differenzierbar ist, und das ist offensichtlich der Fall.
Zu (3). Da ein involutiver Algebra-Homomorphismus ist, gilt f¨
ur jedes c IR
,
C
und C:
c
() = (c ) (c
-1
-1
) = ()
-1
=
()
und
() = ( () ()
-1
) = ( () ) ()
-1
=
()
().
Zu (c). Als erstes wird gezeigt, dass (V, Q) bzgl. der Multiplikation der Clifford-
Algebra C eine Untergruppe von C
ist. Aus der Behauptung (b) des obigen Satzes
und der Definition von (V, Q) folgt sofort
(V, Q) = { C
|
GL(V ) },
und das bedeutet
(V, Q) =
-1
(GL(V )).

1
KONSTRUKTION DER SPINGRUPPE
7
Somit ist (V, Q) als Urbild der Untergruppe GL(V ) von GL(C) unter dem Gruppen-
Homomorphismus selbst eine Untergruppe von C
.
ur jedes v V ist
f
v
: C
C,
(v) = () v
-1
eine stetige Abbildung. Daher ist jeweils f
-1
v
(V ) eine abgeschlossene Teilmenge von
C
. Deshalb ist auch der Durchschnitt
vV
f
-1
v
(V ) = { C
| v V : f
v
() V } = { C
|
(V ) V } =:
abgeschlossen in C
. Da
C
:
GL(C)
gilt, ist = (V, Q). Nach dem Satz von ´
E. Cartan (vgl.[3], Seite 135) ist daher
(V, Q) eine regul¨
are Liesche Untergruppe von C
. Wegen
()
=
und
(V ) = V ist (V, Q) unter der kanonischen Involution invariant.
Zu (d). Dass : (V, Q) GL(V ) ein Liegruppen-Homomorphismus mit der Ei-
genschaft (4) ist, folgt aus (b).
Nach Aussage 5 in [12] gilt:
A
0
= { C | v V : () v = v }
Daraus folgt schon die Inklusion A
0
C
Kern(). Ist nun Kern()
(V, Q) C
beliebig vorgegeben, so gilt f¨
ur alle v V
(v) =
(v) = () v
-1
= v
und daher () v = v , also A
0
C
.
Zu (e). Es sei u V mit Q(u) = 0 fixiert. Dann ist (u) = -u und, wie bereits
gezeigt, u
-1
=
1
Q(u)
u. Weiterhin gilt nach Aussage 1 in [12]:
v
1
, v
2
V :
v
1
v
2
+ v
2
v
1
= 2 (v
1
, v
2
).
Daraus folgt nun f¨
ur alle v V :
u
(v) = -
1
Q(u)
u v u = -
u
Q(u)
(-u v + 2 (v, u)) = v - 2 ·
(v, u)
(u, u)
· u V
Folglich ist u (V, Q), und es gilt die Darstellung (5) von
u
.
Aus (5) ergibt sich nun :
v V : Q(
u
(v) ) = (v - 2 ·
(v, u)
(u, u)
· u, v - 2 ·
(v, u)
(u, u)
· u) = Q(v).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836616614
DOI
10.3239/9783836616614
Dateigröße
587 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2008 (August)
Schlagworte
spin orthogonale gruppe universelle überlagerung clifford-algebra
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Titel: Über die Spingruppe eines pseudoeuklidischen Vektorraumes
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