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Branchenrotation als Anlagestil

©2008 Diplomarbeit 130 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Abhängigkeit der internationalen Finanzmärkte hat stark zugenommen. Infolgedessen funktioniert die regionale Diversifikation im Portfoliomanagement nicht mehr so, wie es früher viele Studien belegten. Neuere Untersuchungen zeigen, dass gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts ein Wandel eingesetzt hat, nachdem eine Diversifikation durch Branchen zu besseren Resultaten führt als durch die Verteilung des Kapitals auf verschiedene Anlageregionen. Die Branchenzugehörigkeit wird damit zu einer immer wichtigeren Ertragsdeterminante gegenüber dem Herkunftsland von Aktiengesellschaften. Dieser weiterhin zunehmende Brancheneffekt beschränkt sich allerdings primär auf entwickelte Nationen. In Schwellenländer überwiegt derzeit der regionale Einfluss noch deutlich.
International agierende Portfoliomanager sollten aus diesem Grund in Betracht ziehen, gerade in entwickelten Ländern einen branchenorientierten Ansatz zu verfolgen. Es stellt sich nur die Frage, welcher Ansatz hier Erfolg haben könnte. Als aussichtsreich gilt vor allem eine Strategie, die als Branchenrotation (engl. Sector Rotation, gelegentlich auch Industry Rotation) bezeichnet wird. Im Großen und Ganzen geht es hierbei darum, einen Nutzen aus der unterschiedlichen Entwicklung von Branchen zu ziehen.
Obwohl der Begriff ‚Branchenrotation’ in der Wirtschaftspresse häufiger zu lesen ist, findet sich verhältnismäßig wenig Literatur, die das Konzept einer Branchenrotation theoretisch fundiert, so dass ein gewisser Diskussionsbedarf immer noch gegeben ist.
Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass die Anzahl professioneller Finanzprodukte, die sich auf eine Branchenrotation fokussieren, sehr gering ist. Dabei wäre die Idee einer Branchenrotation an sich durchaus werbewirksam einsetzbar. Gleichzeitig ist die Zusammenstellung eines Branchenrotationsportfolios durch die mittlerweile hohe Anzahl an Branchenfonds auch in Eigenregie kostengünstig möglich. Die Erfolgsaussichten sind grundsätzlich in beiden Fällen zunächst einmal offen.
Im Rahmen dieser Abschlussarbeit wird daher aus einer deutschen Perspektive ein genauerer Blick auf diesen teilweise verschieden interpretierten Anlagestil geworfen.
Das Ziel dieser Arbeit ist eine intensive und kritische Auseinandersetzung mit der Branchenrotation als einen Anlagestil für private Investoren als auch für das professionelle Portfoliomanagement. Es wird daher auf das Konzept an sich sowie auf dessen Elemente […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Steffen Hlava
Branchenrotation als Anlagestil
ISBN: 978-3-8366-1634-8
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Frankfurt am Main - University of Applied Sciences, Frankfurt am
Main, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

i
Executive Summary
Die Segmentierung von Aktien nach Branchen wird insbesondere in den entwi-
ckelten Nationen zu einer immer wichtigeren Ertragsdeterminante. Die Bedeutung
einer regionalen Differenzierung nimmt demgegenüber ab.
Dem Ansatz einer Branchenrotation, bei dem grundsätzlich versucht wird, einen
Nutzen aus der unterschiedlichen Entwicklung von Branchenindizes zu ziehen,
könnte infolge dieses Wandels zukünftig eine größere Bedeutung zukommen. Die
Idee, durch eine Konzentration des Kapitals auf einen oder wenige Sektor(en) in
Verbindung mit einem intertemporalen Wechsel dieser Branchen ein Alpha zu
generieren, ist dabei nicht neu. Dennoch findet sich verhältnismäßig wenig Litera-
tur zu dem Thema, so dass bislang noch nicht von einem wissenschaftlichen Kon-
sens oder einem allgemeinen Verständnis ausgegangen werden kann.
Ausgangspunkt für eine systematische Rotation von Branchen war die unter-
schiedliche Performance dieser Marktsegmente im Verlauf eines Konjunkturzy-
klus. In der Praxis sind mittlerweile auch andere Konzepte zu finden, bei denen
die Rotation von anderen externen Faktoren abhängt. Verbreitet sind in diesem
Zusammenhang insbesondere Momentum-Strategien, sowie quantitative Modelle,
die eine Vielzahl von Einflüssen berücksichtigen und darauf abzielen, wechselnde
Trends und andere Schwankungen zwischen den Branchen im Markt zu erkennen
und auszunutzen.
Ziel der Arbeit ist eine intensive und kritische Auseinandersetzung mit der Bran-
chenrotation als einen Anlagestil für private Investoren als auch für das profes-
sionelle Portfoliomanagement. Der Schwerpunkt liegt dabei deutlich auf dem
theoretischen, ursprünglichen Ansatz einer Rotation in Abhängigkeit von der kon-
junkturellen Entwicklung.
Zunächst befasst sich die Arbeit daher mit den Hintergründen der Branchenro-
tation, zu denen auch die Einordung des Begriffs im Portfoliomanagement und
einige Punkte zur Messung und Prognose der Konjunktur in Deutschland zählen.
Nach einer Gegenüberstellung bisheriger Veröffentlichungen von typischen Bran-
chenrotationsmustern wird die Übertragbarkeit einer US-amerikanischen Unter-
suchung auf Deutschland geprüft. Dabei stellte sich als besonders problematisch

ii
heraus, dass es keine ,,offizielle" Datierung von konjunkturellen Wendepunkten in
Deutschland gibt.
Auf der einen Seite sind Wachstumszyklen in Europa weit verbreitet und werden
daher auch in Deutschland bevorzugt verwendet, um volkswirtschaftliche Wachs-
tumsfluktuationen zu erfassen. Auf der anderen Seite ist dieses Konzept nicht
ganz unkritisch, da die Trennung zwischen Trend- und Konjunkturkomponente
ein Problem darstellt. Gleichzeitig kommen klassische Konjunkturzyklen der an-
zuwendenden Analysemethode der Untersuchung in den USA näher. Der Autor
entschloss sich daher, verschiedene Wendepunktdatierungen für die eigene Bran-
chenrotationsanalyse zu verwenden. Dies führte zu unterschiedlichen Ergebnissen,
jedoch auch zu einigen Übereinstimmungen in allen vier Untersuchungen.
Es konnte festgestellt werden, dass gewisse typische Verhaltensweisen von Bran-
chen und Industriegruppen innerhalb konjunktureller Schwankungen in Deutsch-
land erkennbar sind. Diese sind allerdings insgesamt nicht ausreichend, um von
einem stark ausgeprägten Branchenrotationsmuster in Deutschland sprechen zu
können. Eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse aus den Vereinigten Staaten
auf ein deutsches Rotationsmodell ist damit nicht möglich.
Außerdem werden einige Schwachstellen des eindimensionalen Konzepts einer
Branchenrotation innerhalb eines Konjunkturzyklus aufgeführt. Für eine prak-
tische Umsetzung sind vor allem die Bestimmung des aktuellen Zykluspunktes
sowie die Prognose der zukünftigen realwirtschaftlichen Aktivität problematisch.
Hinzu kommt zudem, dass diese Modelle die Realität zu stark vereinfachen, als
dass mit ihnen eine deutliche Outperformance erreicht werden kann. Gerade für
private Anleger sind sie nicht empfehlenswert.
Andererseits zeigt ein Blick auf die Performancehistorie, die bei einigen Produk-
ten bereits mehrere Jahre zurückreicht, dass abweichende bzw. andere Ansätze
mit etwas Geschick in der Praxis erfolgreich umsetzbar sind.
Als aussichtsreich erachtet der Verfasser vor allem Branchenrotationen in Form
von Mehrfaktorenmodellen und sieht hier weiteren Forschungsbedarf, da im Zu-
sammenhang mit dem behandelten Thema bisher nur proprietäre Lösungen vor-
handen sind.

iii
Inhaltsverzeichnis
Executive Summary ... i
Inhaltsverzeichnis ... iii
Abbildungsverzeichnis ... vi
Tabellenverzeichnis ... viii
Abkürzungsverzeichnis... ix
1 Einleitung.. ... 1
1.1 Hintergrund der Arbeit und Einführung in das Thema ... 1
1.2 Zielsetzung der Arbeit ... 2
1.3 Vorgehensweise ... 3
2 Begriffsdefinition und Einordnung in das Portfoliomanagement ... 5
2.1 Bestimmung und Klassifikation des Branchenbegriffs ... 5
2.2 Grundlagen zu dem Investmentansatz einer Branchenrotation ... 6
2.2.1 Branchenrotation innerhalb eines Konjunkturzyklus ... 7
2.2.2 Weitere Ansichten einer Branchenrotation ... 10
2.3 Einordnung der Branchenrotation als Anlagestil im
Portfoliomanagement ... 11
2.3.1 Asset Allocation ... 13
2.3.2 Methodische Ansätze ... 14
2.3.3 Entscheidungsfindung ... 15
2.3.4 Anlagestile und Resultat der Einordnung ... 15
2.3.5 Zum Zusammenhang zwischen Timing und einer
Branchenrotation ... 16
3 Messung und Prognose der Konjunktur in Deutschland ... 18
3.1 Der Unterschied zwischen Konjunktur- und Wachstumszyklen ... 18
3.1.1 Merkmale von klassischen Konjunkturzyklen ... 19
3.1.2 Wachstumszyklen und ihre Diskrepanz zu Business Cycles ... 21
3.2 Datierung von konjunkturellen Wendepunkten in Deutschland ... 22

iv
3.3 Realwirtschaftliche Konjunkturindikatoren ... 25
3.3.1 Einteilung und Bedeutung von Konjunkturindikatoren ... 26
3.3.2 Revisionen ... 28
3.3.3 Prognosegüte ... 29
4 Gegenüberstellung bisheriger Branchenrotationsmuster ... 31
4.1 Entstehung und Hintergründe veröffentlichter typischer
Branchenrotationen ... 31
4.1.1 Stovall ­ ein empirischer, an klassischen Konjunkturzyklen
ausgerichteter Ansatz ... 31
4.1.2 Die Investment-Uhr von Fidelity ... 33
4.1.3 Das durch Cramer veröffentlichte Modell zum zyklischen
Investieren und Traden ... 35
4.1.4 Branchenrotation im Kontext mit monetären Einflüssen ... 36
4.1.5 Modell einer Branchenrotation von J.G. Taylor ... 37
4.1.6 Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus ... 38
4.2 Gegenüberstellung veröffentlichter Rotationsmuster ... 39
4.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten ... 43
4.4 Vorüberlegungen zur eigenen Untersuchung ... 44
5 Ist ein Branchenrotationsmuster in Deutschland erkennbar? ... 46
5.1 Erläuterung zum Aufbau der Untersuchung ... 46
5.1.1 Vorgehensweise ... 46
5.1.2 Verwendete Zyklusdatierungen ... 47
5.1.3 Datenmaterial ... 49
5.1.4 Verwendete Klassifikation ... 50
5.2 Zusammenfassung und Präsentation der Ergebnisse ... 51
5.3 Kritische Beurteilung der Ergebnisse ... 54
5.4 Überlegungen zur Konstruktion eines praktikableren Modells ... 57
6 Ausblick und Umsetzung von alternativen Branchenrotationskonzepten
in der Praxis.. ... 58
6.1 Zum Potential von finanzwirtschaftlichen Indikatorvariablen ... 58
6.2 Meinungsbild zum Begriffsverständnis und Produktüberblick ... 60

v
6.3 Branchenrotation als eine Momentum-Strategie ... 61
6.3.1 Der Momentum-Effekt ... 61
6.3.2 Momentum in Industriegruppen... 63
6.3.3 Das Transaktionskostenproblem ... 63
7 Fazit... ....................................................................................................... 65
Anhang A: Teilergebnis zur Einschätzung der globalen Wirtschaft von
Merrill Lynch's Global Fund Manager Survey ­ February 2007 ... 67
Anhang B: Elemente des Portfoliomanagements ... 68
Anhang C: Ablauf der Bry/Boschan-Prozedur ... ........................................... 69
Anhang D: Auswahl veröffentlichter systematischer Branchenrotations-
muster ... 70
Anhang E: Branchenrotationsanalyse für Deutschland... ............................... 80
Anhang F: Umfrage und Produktübersicht ... 106
Literaturverzeichnis ... 109

vi
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Einordnung der Branchenrotation als einen Anlagestil ... 12
Abb. 2:
Gegenüberstellung alternativer Zykluskonzepte ... 19
Abb. 3:
Konsolidierte Darstellung zusammengefasster Ergebnisse aus den
Tabellen E-10 bis E-13 ... 52
Abb. A-1: Frage zur Einschätzung der globalen Konjunkturposition ... 67
Abb. A-2: Darstellung der Konjunkturphasen aus Sicht der befragten
Investmentmanager ... 67
Abb. B-1: Mindmap wichtiger Begriffe im professionellen Portfolio-
management... 68
Abb. D-1: typische Branchenrotation innerhalb eines vollständigen
Konjunkturzyklus nach Stovall (1995)... 70
Abb. D-2: typische Branchenrotation innerhalb eines vollständigen
Konjunkturzyklus nach Stovall (1996)... 71
Abb. D-3: alternative, bildliche Darstellung der Branchenrotation während
eines gesamten Konjunkturzyklus basierend auf Stovalls
Untersuchung aus John Murphys Intermarket Analysis... 72
Abb. D-4: Abbildung einer Branchenrotation von Standard & Poor's (2006) ... 72
Abb. D-5: Fidelity`s Investment-Uhr ... 73
Abb. D-6: Jährliche Aktienerträge einzelner Branchen im globalen
Wirtschaftszyklus ... 73
Abb. D-7: FAZ-Grafik einer Branchenrotation erstellt von Felix Brocker,
Quelle: Fidelity ... 74
Abb. D-8: Fidelity ­ "Business Cycle and Relative Stock Performance",
Quelle: Standard & Poor's ... 74
Abb. D-9: Eine von Jim Cramer publizierte Abbildung zum zyklischen
Investieren und Traden ... 75
Abb. D-10: Optimale Investitionszeitpunkte im Sinne einer Branchenrotation
in der Konjunktur nach J.G. Taylor (1998) ... 76
Abb. D-11: Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus: Sektor-Performance in
Stufe 1... 76
Abb. D-12: Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus: Sektor-Performance in
Stufe 2... 77
Abb. D-13: Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus: Sektor-Performance in
Stufe 3... 77
Abb. D-14: Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus: Sektor-Performance in
Stufe 4... 78

vii
Abb. D-15: Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus: Sektor-Performance in
Stufe 5... 78
Abb. D-16: Prings sechs Stufen des Konjunkturzyklus: Sektor-Performance in
Stufe 6... 79
Abb. E-2: absolute Performance von Markt-Index und Makro-Sektorindizes
(1973-1990) ... 82
Abb. E-3: absolute Performance von Markt-Index und Makro-Sektorindizes
(1990-2005) ... 83
Abb. E-5: Erläuterung zur Ergebnisübersicht von einer Branche/Industrie-
gruppe ... 86
Abb. E-10: Illustration der Einteilung der Abschnitte eines idealisierten
Konjunkturzyklus ... 99
Abb. F-1: Meinungsbild über unterschiedliche Auffassungen des Branchen-
rotationsbegriffs... 106

viii
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Gegenüberstellung von Branchenrotationsmustern innerhalb von
Konjunktur- oder konjunkturähnlichen Marktzyklen ... 41
Tab. 2:
Bezeichnungen der Klassifizierungsebenen ... 50
Tab. C-1: Die Bry/Boschan-Prozedur zur computergestützten Wendepunkt-
bestimmung ... 69
Tab. E-1: Datierte Wendepunkte deutscher Konjunkturzyklen ... 80
Tab. E-4: Überblick - Index-Struktur, engl. Abkürzungen und Datastream
Codes ... 84
Tab. E-6: Ergebnisse der Analyse unter Verwendung von Wendepunkten
nach ECRI ... 87
Tab. E-7: Ergebnisse der Analyse unter Verwendung von Wendepunkten
nach modifizierter "Presse"-Methode (ifo) ... 90
Tab. E-8: Ergebnisse der Analyse unter Verwendung von Wendepunkten
nach ifo (Wachstumszyklen) ... 93
Tab. E-9: Ergebnisse der Analyse unter Verwendung von Wendepunkten
nach OECD - CLI ... 96
Tab. E-10: Branchenrotation - ECRI ... 99
Tab. E-11: Branchenrotation - modifizierten Faustformel (ifo) ... 99
Tab. E-12: Branchenrotation - ifo ... 100
Tab. E-13: Branchenrotation - OECD ... 100
Tab. E-14: Liste der im Markt-Index enthaltenen Aktien ... 101
Tab. F-2: Produktüberblick ... 107

ix
Abkürzungsverzeichnis
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BuBa
Deutsche Bundesbank
CLI
Composite Leading Indicator
DeStatis
Statistisches Bundesamt
DS
Datastream
ECRI
Economic Cycle Research Institute
eng
englisch
ETFs
Exchange Traded Funds
EZB
Europäische Zentralbank
Fed
Federal Reserve (Board of Governors of the Federal Reserve
System)
FTSE
ist aus dem Joint Venture zwischen Financial Times (F-T) und
der London Stock Exchange (S-E) hervorgegangen.
GDP
Gross Domestic Product
ger
deutsch
GICS
Global Industry Classification Standard
HP
Hodrick-Prescott
HSBC
Hongkong and Shanghai Banking Corporation
HWWA
Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (Institut für
Wirtschaftsforschung in Hamburg)
ICB
Industry Classification Benchmark
ifo
Information und Forschung (ist eines der führenden deutschen
Institute für Wirtschaftsforschung mit Sitz in München)
ISIC
International Standard Industrial Classification
MSCI
Morgan Stanley Capital International
NBER
National Bureau of Economic Research
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
S&P
Standard & Poor's
UNCTAD
United Nation Conference on Trade and Development
WZ 2003
Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003
ZEW
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

1
1
Einleitung
1.1
Hintergrund der Arbeit und Einführung in das Thema
Die Abhängigkeit der internationalen Finanzmärkte hat stark zugenommen. Infol-
gedessen funktioniert die regionale Diversifikation im Portfoliomanagement nicht
mehr so, wie es früher viele Studien belegten. Neuere Untersuchungen zeigen,
dass gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts ein Wandel eingesetzt hat, nach-
dem eine Diversifikation durch Branchen zu besseren Resultaten führt als durch
die Verteilung des Kapitals auf verschiedene Anlageregionen.
1
Die Branchenzu-
gehörigkeit wird damit zu einer immer wichtigeren Ertragsdeterminante gegen-
über dem Herkunftsland von Aktiengesellschaften. Dieser weiterhin zunehmende
Brancheneffekt beschränkt sich allerdings primär auf entwickelte Nationen. In
Schwellenländer überwiegt derzeit der regionale Einfluss noch deutlich.
2
International agierende Portfoliomanager sollten aus diesem Grund in Betracht
ziehen, gerade in entwickelten Ländern einen branchenorientierten Ansatz zu ver-
folgen. Es stellt sich nur die Frage, welcher Ansatz hier Erfolg haben könnte. Als
aussichtsreich gilt vor allem eine Strategie, die als Branchenrotation (engl. Sector
Rotation, gelegentlich auch Industry Rotation) bezeichnet wird. Im Großen und
Ganzen geht es hierbei darum, einen Nutzen aus der unterschiedlichen Entwick-
lung von Branchen zu ziehen.
Obwohl der Begriff ,,Branchenrotation" in der Wirtschaftspresse häufiger zu lesen
ist, findet sich verhältnismäßig wenig Literatur, die das Konzept einer Branchen-
rotation theoretisch fundiert, so dass ein gewisser Diskussionsbedarf immer noch
gegeben ist.
Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass die Anzahl professioneller
Finanzprodukte, die sich auf eine Branchenrotation fokussieren, sehr gering ist.
Dabei wäre die Idee einer Branchenrotation an sich durchaus werbewirksam ein-
setzbar. Gleichzeitig ist die Zusammenstellung eines Branchenrotationsportfolios
durch die mittlerweile hohe Anzahl an Branchenfonds auch in Eigenregie kosten-
günstig möglich. Die Erfolgsaussichten sind grundsätzlich in beiden Fällen zu-
nächst einmal offen.
1
Siehe: Sean et al. (2000), Ferreira, Ferreira (2006), Chen et al. (2006) sowie von Wyss, Süss
(2006)
2
Vgl. Chen et al. (2006), S. 44­50

2
Im Rahmen dieser Abschlussarbeit wird daher aus einer deutschen Perspektive ein
genauerer Blick auf diesen teilweise verschieden interpretierten Anlagestil gewor-
fen.
1.2
Zielsetzung und Abgrenzung
Das Ziel dieser Arbeit ist eine intensive und kritische Auseinandersetzung mit der
Branchenrotation als einen Anlagestil für private Investoren als auch für das pro-
fessionelle Portfoliomanagement. Es wird daher auf das Konzept an sich sowie
auf dessen Elemente eingegangen.
Theoretisch ist eine Branchenrotation nicht auf eine einzelne Anlageklasse be-
schränkt, sondern kann beispielsweise für eine dynamische Allokation von Unter-
nehmensanleihen eingesetzt werden. Der Markt hierfür ist allerdings denkbar
gering. Die vorliegende Arbeit richtet ihren Blick deshalb ausschließlich auf eine
Branchenrotation als einen Anlagestil im Aktienmanagement, wobei aus Aktien
abgeleitete Finanzprodukte in der Betrachtung nicht ausgegrenzt werden.
Obwohl die Branchenrotation kein neues Thema darstellt, ist sie hierzulande in
der breiten Bevölkerung weitgehend unbekannt. Daneben bezieht sich der Groß-
teil von Untersuchungen der Branchensegmente auf die Analyse einzelner Bran-
chen sowie ihrem Diversifikationsbeitrag innerhalb eines Portfolios und nicht auf
generelle Strategien des Investierens in Branchen. Aufgrund dessen kann noch
nicht von einem gefestigten, wissenschaftlichen Konsens und allgemeinen Ver-
ständnis ausgegangen werden. Ein weiteres Ziel ist daher, die unterschiedliche
Auffassung der Branchenrotation in Theorie und Praxis aufzuzeigen und dem
Leser einen Einblick in alternative Sichtweisen und deren Umsetzung zu ermög-
lichen.
Studien, die eine Konkretisierung der Branchenrotation in den Vereinigten Staaten
ermöglichten, fehlen nach Wissensstand des Verfassers bislang noch für Deutsch-
land oder sind zumindest nicht öffentlich bekannt. Ein weiterer Zweck dieser Ar-
beit besteht darin auch, einen ersten Schritt zu Schließung dieser Lücke beizutra-
gen. Die zentrale Aufgabe der empirischen Analyse ist es, zu klären, inwieweit
eine Übertragung von US-amerikanischen Erkenntnisse auf die Verhältnisse in
Deutschland möglich ist
.

3
1.3
Vorgehensweise
Entsprechend der Zielsetzung befasst sich die Arbeit zunächst ausführlich mit
dem konzeptionellen Hintergrund der Branchenrotation, bevor die Übertragbarkeit
einer amerikanischen Untersuchung auf Deutschland geprüft und auf die Praxis-
tauglichkeit eingegangen wird.
Zu Beginn wird hierfür auf den Branchenbegriff eingegangen und die grundsätz-
liche Idee einer Branchenrotation erläutert. Der Blick ist dabei auf unterschied-
liche Begriffsinterpretationen gerichtet. Im letzten Unterpunkt dieses zweiten
Abschnitts wird eine Brücke zwischen der Branchenrotation und anderen Begrif-
fen im Portfoliomanagement geschlagen. Dies geschieht in Verbindung mit einem
Überblick über die ersten Schritte einer Portfoliobildung und der anschließenden
Einordnung der Branchenrotation als einen Anlagestil.
Das Kapitel 3, in dem es um die Messung und Prognose der Konjunktur mit
einem Schwerpunkt auf Deutschland geht, scheint im ersten Moment vielleicht
eine isolierte Rolle einzunehmen und nur wenige Berührungspunkte mit der Bran-
chenrotation zu haben. Im weiteren Verlauf wird sich allerdings herausstellen,
dass die Konjunktur und deren Messung und Vorhersage eine entscheidende Be-
deutung in der Theorie der Branchenrotation zukommt und zugleich ein Haupt-
grund für ein abweichendes Praxisverständnis ist. Im Detail befasst sich dieses
Kapitel dabei mit der unterschiedlichen Erfassung des Konjunkturphänomens,
indem auf die Methode der klassischen Konjunkturzyklen sowie der Wachstums-
zyklen eingegangen wird. Außerdem beschreibt der Gliederungspunkt 3.2, wie
konjunkturelle Wendepunkte in Deutschland ermittelt werden und geht im Punkt
3.3 auf realwirtschaftliche Konjunkturindikatoren ein. Um das Kapitel zu kom-
plettieren, setzt sich der Autor ebenfalls mit den Problemen von diesen Indika-
toren in den Abschnitten ,,Revisionen" und ,,Prognosegüte" auseinander.
Im anschließenden Kapitel 4 geht es weniger um die Hintergründe, die zu der Idee
einer Branchenrotation geführt haben, sondern um den Rotationsaspekt an sich.
Im Rahmen einer Auswertung der recht spärlich vorhandenen Literatur wird auf
verschiedene, veröffentlichte Branchenrotationsmuster eingegangen und diese,
sowie zwei weitere Grafiken, anschließend einander gegenüber gestellt, um die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Viele Fragen, deren Beant-
wortung bis zu diesem Punkt eventuell noch etwas unvollkommen erscheinen,
werden in diesem vertiefenden Kapitel elaboriert.

4
Aufbauend auf den Erkenntnissen des vierten Teils der Diplomarbeit und aus dem
Mangel an Studien speziell für den deutschen Markt, wird eine Analyse durchge-
führt, um zu ermitteln, ob eine Branchenrotation in Deutschland überhaupt sinn-
voll ist oder ob es möglicherweise zu Unterschieden kommt, wenn ein einzelner,
vergleichsweise kleiner Markt mit seinen eigenen spezifischen Eigenheiten be-
trachtet wird. Nach einer Beschreibung der Herangehensweise der Untersuchung,
werden die Ergebnisse komprimiert vorgestellt und anschließend diskutiert.
Außerdem wird auf die Möglichkeit einer Umsetzung in der Praxis eingegangen.
Abrundend werden in Kapital 6 schließlich alternative Auffassungen dargelegt
und auf einen Teil der derzeit verfügbaren Produkte, die unter den Begriff Bran-
chenrotation fallen oder eine solche partiell beinhalten, eingegangen.

5
2
Begriffsdefinition und Einordnung in das
Portfoliomanagement
2.1
Bestimmung und Klassifikation des Branchenbegriffs
Bevor auf das grundlegende Prinzip der Branchenrotation näher eingegangen
wird, ist es notwendig, einen Teil des Schlüsselbegriffs genauer zu betrachten.
Die Abgrenzung des Wortes ,,Branche" erfolgt nicht immer eindeutig.
Fest steht jedoch, dass für eine Auseinandersetzung mit dem Thema Branchen-
rotation die finanzwirtschaftliche Auffassung des Begriffs zu betrachten ist. Dem-
zufolge kommt eine Klassifikation, aus der sich zugleich die Definition und Be-
griffsabgrenzung ergibt, finanzmarktferner Institutionen nicht in Frage. Statis-
tische Standards, wie beispielsweise WZ 2003 oder ISIC,
3
sind zu umfangreich
und für eine Verwendung an den Finanzmärkten ungeeignet.
In erster Linie bieten sich daher die global etablierten Klassifizierungsstandards
Global Industry Classification Standard (GICS) und Industry Classification
Benchmark (ICB) an. GICS entstand aus einer Zusammenarbeit von MSCI und
Standard & Poor's (S&P). Die ICB wurde andererseits von Dow Jones Indexes
und FTSE entworfen. Auf Deutschland bezogen kommt zudem die Definition und
Strukturierung der Deutschen Börse hinzu, die sich an den ICB-Standard anlehnt.
4
Vergleich man nun diese Klassifikationen, fällt zunächst auf, dass die Stamm-
wörter Sector, Industry, Branche, Sektor und Industrie unterschiedlichen Ebenen
innerhalb der genannten Einteilungen zugeordnet werden und zudem das deutsche
Pendant der englischen Begriffen verschieden übersetzt wird.
5
Gerade zwischen
den beiden internationalen Standards von GICS und ICB scheint dies gewollt zu
sein, um sich deutlicher von einander zu differenzieren. Es lässt sich folglich als
erstes Ergebnis festhalten, dass keine einheitliche Begriffsverwendung in der
Praxis vorliegt, sondern dass die Begriffe teilweise synonym verwendet und
unterschiedlich aufgefasst werden.
3
Die WZ 2003 (Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003) steht für die Klassifikation im
Sinne des Statistischen Bundesamts. ISCI (International Standard Industrial Classification) ist eine
hamonisierte Klassifikation auf internationaler Ebene. Näheres hierzu siehe:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Klassifikationen/Klassifikationen.psml
4
Vgl. o.V. [ICB] (2005b), S. 2, o.V. [S&P] (2006a), S. 3 und o.V. [Deutsche Börse (eng)]
(2007),S. 10
5
Vgl. o.V. [ICB (eng)] (2005), o.V. [ICB (ger)] (2005), o.V. [GICS (ger)] (2006), o.V. [GICS
(eng)] (2006), o.V. [Deutsche Börse (eng)] (2007), S. 41­44 und o.V. [Deutsche Börse (ger)]
(2007), S. 41-45

6
Wirft man einen Blick in die zumeist englischsprachige Literatur, die das Bran-
chenrotationsthema aufgreift, erfolgt überwiegend eine klare Trennung zwischen
Sectors und Industries. Ein "Sector" wird dabei als eine Gruppe von Industrien
mit prinzipiell ähnlichen Charakteristiken beschrieben, während eine "Industry"
eine Bündelung von Unternehmen mit gleichem primärem Geschäftsfeld dar-
stellt.
6
Die Zuordnung erfolgt also nach dem Umsatzschwerpunkt des jeweiligen
Unternehmens.
Aufgrund des Fokus auf den deutschen Aktienmarkt werden die Begriffe in Über-
einstimmung mit der Literatur und in Ausrichtung an die Auffassung der Deutsch-
en Börse verwendet. Daraus ergibt sich, dass nachfolgend zwischen Branchen/
Sektoren und Industriegruppen unterschieden wird. Die Begriffe "Branche" und
"Sektor" werden demgemäß bedeutungsgleich verwendet.
7
Im Rahmen einer
retrospektiven Untersuchung wird im Abschnitt 5.1.4 zudem eine weitere Unter-
gliederung erfolgen.
2.2
Grundlagen zu dem Investmentansatz einer Branchenrotation
Nachdem in der Einführung bereits mehrmals der Begriff Branchenrotation gefal-
len ist, erfolgt an dieser Stelle eine Erläuterung der grundsätzlichen Idee.
Außerdem wird einleitend auf einige Ausprägungen des Anlagestils eingegangen.
Um Missverständnisse auszuräumen, ist vorab festzuhalten, dass die Branchen-
rotation nicht aus einem Diversifikationsgedanken heraus entstanden ist, sondern
vielmehr versucht, durch eine bewusste, an Leitregeln ausgerichtete Konzentra-
tion und gezieltes Timing ein Alpha zu generieren. Diese beabsichtigte Fokus-
sierung
8
auf eine oder wenige Branchen im Zeitverlauf findet in Abhängigkeit von
,,externen Faktoren" statt. Zu diesen Faktoren werden in der Regel die wirtschaft-
liche Entwicklung (inländische
und globale Konjunktur), Veränderungen im Zins-
niveau oder die erwartete Marktentwicklung im Sinne einer Trendfortsetzung ge-
6
Vgl. Stovall (1996b), S. 1 und Pring (2006), S. 237­238
7
Die Synonymität von Branche und Sektor ergibt sich aus der Übersetzung der Deutschen Börse
des englischen Wortes "Sector". Siehe zum Vergleich englische und deutsche Version des Leit-
faden zu den Aktienindizes: o.V. [Deutsche Börse (eng)] (2007), S. 10, 41-44 gegenüber o.V.
[Deutsche Börse (ger)] (2007), S. 10, 41-45. Englisch-/Deutsch-Wörterbücher liefern ebenfalls
uneinheitliche Übersetzungen. Im deutschen Sprachgebrauch ist das Wort "Branche" allerdings
gebräuchlicher als das Wort "Sektor".
8
In der Praxis des professionellen Portfoliomanagements ist hiervon abweichend meist eine abge-
schwächte Variante der Branchenrotation vorzufinden, die sich auf eine Übergewichtung der favo-
risierten Branchen beschränkt.

7
zählt. Denkbar sind zudem auch politische Aspekte, sofern regulierende Eingriffe
des Staates oder Förderungsmaßnahmen, die bestimmten Branchen zugute kom-
men, über einen längeren Zeitraum abschätzbar sind.
9
Letztlich wird allerdings die
subjektive Einschätzung des Portfoliomanagers und dessen Erfahrung ausschlag-
gebend sein, wie es im Grunde bei allen Timing-Entscheidungen der Fall ist.
Aufgrund der Komplexität und Informationsdichte des Kapitalmarktes und dem
begrenzten Informationsverarbeitungsvermögen unseres Gehirns sind vereinfa-
chende Heuristiken zur Urteilsfindung notwendig.
10
Folglich wird daher jeder
Investitionsentscheidungsprozess von Persönlichkeitselementen des Individuums
und dem situativen Kontext beeinflusst.
11
2.2.1
Branchenrotation innerhalb eines Konjunkturzyklus
Ein beachtlicher Teil der individuellen Aktienperformance ist durch die Entwick-
lung des gesamten Marktes und der Branchen und Industriegruppen beeinflusst.
12
Gleichzeitig gilt die Erkenntnis, dass ein Zusammenhang zwischen der Konjunk-
tur und dem Aktienmarkt besteht, als gefestigt.
13
Nach dem klassischen Verständnis der Branchenrotation ist die zeitweise sehr
unterschiedliche Performance von Branchen und Industriegruppen zu einem sig-
nifikanten Teil ebenfalls auf die konjunkturellen Schwankungen zurückzuführen.
Die Hypothese, dass einzelne Industriegruppen während einer bestimmten Phase
im Konjunkturzyklus regelmäßig besser abschneiden als andere, ist keinesfalls
abwegig. Denn die variierende Performance von Branchen im Konjunkturverlauf
lässt sich fundamental erklären und ist daher in der Theorie plausibel. Außerdem
wurde sie vereinzelt empirisch belegt.
Es ist nachzuvollziehen, dass beispielsweise Industrieunternehmen, Grundstoff-
erzeuger oder Hersteller von langlebigen Konsumgütern in einer Phase hohen
gesamtwirtschaftlichen Wachstums relativ betrachtet besser abschneiden als kon-
9
Vgl. HSBC Trinkaus Investment Products (2005), S. 165 und Catalano (2006), S. 61;
Einflüsse des technologischen Wandels oder Megatrends wie die Demografie oder ein sozio-kul-
tureller Gesellschaftswandel entwickeln sich hingegen zu langsam, um sie für eine Rotation nutzen
zu können. ,,Interne Faktoren", die sich aus den in Branchen gruppierten Unternehmen ergeben,
werden dagegen mit anderen Anlagestilen in Verbindung gebracht. Sie können jedoch im Rahmen
einer Branchenanalyse mit in die Rotationsentscheidung einfließen.
10
Vgl. Murschall (2007), S. 75
11
Vgl. Flemisch (2006), S. 210­214
12
Vgl. Taylor (1998), S. 89
13
Siehe exemplarisch DeStefano (2004)

8
junkturunempfindliche Unternehmen, da die Gewinnerwartungen dieser Branchen
tendenziell in dieser Zeit rascher steigen werden. Schließlich werden sich höhere
Dividenden auch im Kurs widerspiegeln.
14
Verbrauchsgüterproduzenten, Versor-
ger oder Unternehmen aus dem Gesundheitswesen profitieren hingegen weniger
stark von einem volkswirtschaftlichen Aufschwung. Dafür werden ihre Produkte
und Dienstleistungen auf der anderen Seite auch in Zeiten einer Rezession mehr
oder weniger konstant nachgefragt. Sie gelten folglich als defensivere Anlageob-
jekte.
Grundsätzlich hängt eine Einteilung in zyklische und nichtzyklische Werte jedoch
von den jeweiligen Aktien ab, so dass je nach Markt und Indexzusammensetzung
nicht immer eine klare Aussage über die Konjunktursensitivität einer Branche ge-
troffen werden kann. Tendenzen sind allerdings ermittelbar.
15
So kommt eine fun-
dierte Untersuchung zu dem Ergebnis, dass sich Sektoren hinsichtlich ihrer Kon-
junkturreagibilität in drei Gruppen unterscheiden lassen. Zu den Zyklikern zählen
dieser Studie zufolge die Branchen Industrie, Grundstoffe, Energie, diskretionärer
Konsum und Informationstechnologie. Als nichtzyklische Branchen werden Ge-
sundheit, Versorger und klassischer Konsum gesehen. Die Branchen Finanzwerte
und Telekommunikation konnten darüber hinaus keiner dieser beiden Sektoren
eindeutig zugeordnet werden und bilden daher die Gruppe der neutralen Sek-
toren.
16
Einige Analysten und Marktteilnehmer versuchen diese temporal unterschied-
lichen Verhaltensweisen von Branchen und Industriegruppen im Konjunkturzy-
klus vorherzusagen um von ihnen zu profitieren. Sie versuchen den Kaufzeitpunkt
der jeweiligen Aktien, Zertifikate oder Branchen(index)fonds abzupassen, die sich
innerhalb eines bestimmten Abschnitts des Konjunkturzyklus voraussichtlich
überdurchschnittlich gut entwickeln werden und meiden die Wertpapiere, die
normalerweise in dieser Phase schlechter abschneiden sollten.
17
Aus der fort-
währenden Umschichtung der Portfolioaktiva in die jeweils erwarteten, besten
Branchen ergibt sich ­ selbst erklärend ­ eine systematische Rotation.
14
So auch Cramer (2005), S. 106­107
15
In derselben Branche können zyklische und nicht-zyklische Unternehmen enthalten sein. Ein
gewisser Gleichlauf ist dennoch gegeben, da Unternehmen innerhalb einer Branche mehr gemein-
samen Einflussfaktoren ausgesetzt sind als Unternehmen aus verschiedenen Sektoren. Das Beta
oder auch die Volatilität sind erste Anhaltspunkte zur Bestimmung der Sensitivität. Vgl. Leven,
Schlienkamp (1998), S. 161­162
16
Vgl. o.V. [Allianz Global Investors] (2007a), S. 11­12
17
Vgl. Stovall (1996b), S. 8 und Ramesh (2000), S. 79

9
Die theoretische Existenz einer Branchenrotation aufzuzeigen ist eine Sache, eine
ganz andere ist es allerdings, dieses Wissen zu nutzen.
Für die Umsetzung einer Branchenrotation in der Praxis sind vor allem zwei Fak-
toren entscheidend. Zunächst einmal ist dies die Kenntnis über ein konzeptionell
gut durchdachtes Muster, dass als Hilfsmittel für die Rotationsentscheidungen ge-
nutzt werden kann. In keinem Fall sollte daher vergessen werden, dass es sich um
eine Systematik handelt, die, gleich wie gut sie ist, nur in einem ideellen Konjunk-
turzyklus funktioniert und keinesfalls in jedem reellen Zyklus zu finden ist.
Außerdem ist fraglich, wie beständig das Muster in Zukunft sein wird, da ein
Nachweis nur rückblickend erfolgen kann.
Zum anderen hängt die praktische Anwendung einer Branchenrotation aber auch
entscheidend von zuverlässigen Konjunkturprognosen ab, die fortlaufend zu be-
obachten sind.
18
Eine schrittweise Anpassung des Portfolios kann sinnvoll sein,
um Timing-Fehlentscheidungen zu verringern.
19
Eine zusätzliche Schwierigkeit
liegt allerdings darin, dass die Börse nahezu ohne Ausnahme bereits vor einer
Rezession fällt, und zu steigen beginnt, bevor die Wirtschaft sich erholt hat.
20
Stovall beobachtet einen durchschnittlichen Vorlauf von fünf Monaten vor einem
tatsächlichen Aufschwung und durchschnittlich sieben Monate vor einem kon-
junkturellen Abschwung.
21
Taylor nennt für die Vorwegnahme eines Konjunk-
turabschwungs durch den Markt sogar einen Zeitraum von 9 bis 18 Monaten. Für
die Antizipation eines Aufschwungs stellt er übereistimmend einen Zeitraum von
vier bis sechs Monaten fest.
22
Es handelt sich allerdings nicht um feste Werte,
denn genauso, wie jeder Konjunkturzyklus unterschiedlich verläuft, variiert auch
die Zeit der Antizipation des Marktes.
23
Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass die Vorhersage des Beginns des
nächsten konjunkturellen Abschnitts zweifellos die schwierigste Aufgabe bei der
praktischen Umsetzung einer Branchenrotation darstellt. Bereits bei der Einschät-
zung der aktuellen Position zeigt sich, dass es selbst Investmentmanagern anschei-
nend schwer fällt, den Standpunkt im Konjunkturzyklus zu benennen. Auf andere
18
Vgl. Stovall (1996b), S. 7
19
Vgl. o.V. [Fidelity] (2007b), S. 9
20
Vgl. Siegel (2002), S. 207
21
Vgl. Stovall (1996b), S. 10­11
22
Vgl. Taylor (1998), S. 71
23
Vgl. Achuthan, Banerji (2004), S. 69­70

10
Weise sind ein uneinheitliches Meinungsbild und das Revidieren ursprünglicher
Meinungen nicht zu erklären.
24
Hinzu kommt außerdem, dass neben der Konjunktur teilweise die Zinsentwick-
lung separat als weitere Betrachtungsgröße in die Modelle mit einfließt.
25
Einer-
seits spielt die Höhe des Leitzinssatzes bereits eine bedeutende Rolle für die
Konjunkturentwicklung. Andererseits beeinflusst das Zinsniveau allerdings auch
direkt die Kosten von Unternehmen, die Bewertung von Aktien und die Attrak-
tivität von alternativen Anlageklassen wie Geldmarkt- und Rentenpapiere.
26
In
einigen Fällen wird die Zinsentwicklung daher sogar als alleiniger erklärender
Faktor für eine Rotation gesehen.
27
Aufgrund des engen Bezuges zur Realwirt-
schaft fällt dieser Ansatz jedoch noch in die Kategorie des klassischen Branchen-
rotationsverständnisses.
2.2.2 Weitere Ansichten einer Branchenrotation
Dies verdeutlicht bereits, dass der Begriff ,,Branchenrotation" nicht nur in dem
geschilderten Zusammenhang verwendet wird, sondern der Beschreibung einer
Vielfalt von Ansätzen dient.
28
Eine weit gefasste Definition der Branchenrotation
nach heutigem Verständnis führt daher aus: ,,Sector Rotation can be prompted by
fundamental changes in the economy or within specific industries, or it can be part
of a systematic investment strategy that follows cyclical or seasonal price pat-
terns."
29
Abgesehen von einer ,,gegebenen" systematischen Rotation innerhalb eines Wirt-
schafts- oder Zinszyklus ist vor allem ein Begriffsverständnis im Sinne einer
Momentum-Strategie weit verbreitet.
30
Diese basiert auf entdeckten Anomalien in
den Kursentwicklungen und leitet sich aus der nahen Performancehistorie von
Sektoren oder Industriegruppen ab.
Ausgehend von einer relativen Betrachtung vergangener Erträge wird auf zukünf-
tige Renditen von Industriegruppen geschlossen. Häufig wird hierfür ein Intervall
24
Vgl. Olney, Hartnett (2007), S. 1, 4-5; Näheres: siehe Anhang A
25
Taylor (1998), S. 99 und Leven, Schlienkamp (1998), S. 138 sehen neben anderen Faktoren den
Zinssatz als eine zusätzliche bedeutende Einflussgröße.
26
Vgl. Taylor (1998), S. 86-87
27
Siehe hierzu die Studie von Conover et al. (2007) und vgl. Taylor (1998), S. 101
28
Vgl. Doherty-Brown (2002), S. 209
29
Peterson (2007), S. 234
30
Siehe Sorensen, Burke (1986), Moskowitz, Grinblatt (1999), O'Neal (2000) sowie Scowcroft,
Sefton (2005)

11
von zum Beispiel 3, 6 oder 12 Monaten betrachtet. Es wurde herausgefunden, dass
die Industriezweige, die sich in einem betrachteten Zeitraum (lag-period) relativ
besser entwickelt haben als andere, auch eher unter den besser performenden
Industrien in dem kommenden Zeitraum gleicher Länge (hold-period) sein wer-
den.
31
Detaillierter befasst sich diese Arbeit mit dem Momentum-Effekt allerdings
erst im letzten Kapitel.
Von einer Branchenrotation wird daneben auch im Zusammenhang mit Trends
gesprochen, die sich aus der Entwicklung an den Aktienmärkten ergeben, auf sub-
jektiven Einschätzungen beruhen oder sich aus Stimmungsindikatoren ableiten.
Vorwiegend kommen hierbei verschiedene Instrumente der technischen Analyse
zum Einsatz. Beispielsweise beschreibt Pring einen Ansatz, der gewissermaßen
einen Marktzyklus identifiziert. Aus einer wendepunktabhängigen Aneinanderrei-
hung eines Anleihen-, Aktien- und Rohstoffzyklus entsteht ein Intermarkt-Modell,
das einem Anleger als Orientierungshilfe bei der Verfolgung einer dynamischen
Strategie, die unter anderem eine Branchenrotation beinhaltet, dienen soll. Aus-
gangspunkt ist hierbei zwar auch eine Beziehung der Wendepunkte mit verschie-
denen wirtschaftlichen Ereignissen im Konjunkturzyklus, bedenkt man allerdings,
dass die beschriebenen ,,Marktzyklen" wesentlich häufiger als realwirtschaftliche
Schwankungen auftreten und genauso von politischen Veränderungen und zahl-
reichen anderen Faktoren abhängen können, ist eine Verbindung mit der Konjunk-
tur nur noch entfernt vorhanden.
32
Außerdem beschreibt der Begriff vereinzelt auch Rotationsmodelle, die auf Indi-
katoren der Behavioral-Finance aufbauen.
Auch wenn diese alternativen Rotationkonzepte durchaus interessant sind, befasst
sich die vorliegende Arbeit in erster Linie mit einer systematischen Branchenrota-
tion im Verlauf der konjunkturellen Entwicklung.
2.3
Einordnung der Branchenrotation als Anlagestil im Portfolio-
management
Nachdem die grundlegende Idee einer Branchenrotation beschrieben wurde,
erfolgt in diesem Abschnitt ein kurzer Einblick in das professionelle Portfolio-
31
Vgl. O'Neal (2000), S. 39 und Scowcroft, Sefton (2005), S. 65
32
Vgl. Pring (2006), S. 101, 123

12
management, um den Branchenrotationsbegriff gedanklich leichter im Ablauf
eines Investmentprozesses einordnen zu können.
Abb. 1: Einordnung der Branchenrotation als einen Anlagestil
33
Die Abbildung versucht eine notwendige Struktur in die Begriffsflut im Portfolio-
management zu bringen und kann doch nur eine partiale Ordnung schaffen. Je
nach Zielsetzung des jeweiligen Verfassers, sind recht unterschiedliche Darstel-
lungen in der Fachliteratur zu finden.
34
Das hier aufgeführte Überblicksschema orientiert sich an den (ersten) Schritten
eines Investmentprozesses, wie sie im klassischen Portfoliomanagement in der
Regel zu finden sind. Alternativ zu der gewählten Ablaufdarstellung können die
vier Gruppen auch gleichrangig nebeneinander stehen oder als unterschiedliche
33
Vom Autor erstellte Grafik in Anlehnung an: Hammer (1991), S. 172, Lottenbach (1995), S.
152, Achleitner, Charifzadeh (2002), S. 673, Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 109­150, Klages
(2007), S. 572­579 und Wittrock, Mielke (2007), S. 641
34
Vgl. insbesondere: Lottenbach (1995), Achleitner, Charifzadeh (2002), S. 673, S. 152, Klages
(2007), S. 581, 641 und Wittrock, Mielke (2007), S. 641
Einordnung der Branchenrotation in ein Überblicksschema der ersten Schritte eines
Investmentprozesses im klassischen Portfoliomanagement

13
Dimensionen einer Investmentphilosophie gesehen werden. Eine weitere, umfang-
reichere Übersicht in Form einer vernetzten Mindmap findet sich daher exempla-
risch im Anhang B.
2.3.1
Asset Allocation
Der Ausgangspunkt bei der Konstruktion eines Portfolios beinhaltet die Festle-
gung der Anlageklassen und deren Anteil am gesamten Portfolio.
35
Die einzelnen
Asset-Klassen weisen sehr unterschiedliche Ausprägungen auf und führen letzt-
lich zu deutlichen Abweichungen in den verfolgten Strategien.
Abhängig von den Präferenzen und Rahmenbedingungen eines Portfoliomanagers
sowie den angestrebten Zielen des Kapitalanlegers variiert der Anteil der einzel-
nen Anlageklassen am Gesamtportfolio. Motiviert durch den Wunsch nach einer
breiten Diversifikation zur Risikominimierung oder einer Renditemaximierung
unter Inkaufnahme eines höheren Risikos kommen verschiedene Methoden zum
Einsatz, die sich letztlich auch in zahlreichen Anlagestilen widerspiegeln.
36
Die Asset Allocation lässt sich zunächst in eine strategische und eine taktische
Variante untergliedern. Während die strategische Asset Allocation der Frage
nachgeht, wie das Portfolio grundsätzlich auf die verschiedenen Asset-Klassen
aufgeteilt werden soll, schafft die taktische Asset Allocation eine Art Zielkorridor
für operative Abweichungen von der strategischen Aufteilung. Auf diese Weise
können temporäre Ineffizienzen des Marktes ausgenutzt oder aber Veränderungen
der Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.
37
Eine weitergehende Variante, die gewissermaßen zwischen beiden Allokations-
techniken liegt, ist die dynamische Asset Allocation. Sie kann als eine Serie von
immer wieder neu aufgelegten strategischen Allokationen gesehen werden, denn
sie versucht, zu einem bestimmten Zeitpunkt die langfristig optimale Asset Allo-
cation für einen Investor zu ermitteln. Sobald sich die Marktlage oder Risiko-
aversion des Investors ändert, wird die Verteilung der Assets im Portfolio aufs
Neue berechnet.
38
35
Vgl. Swensen (2000a), S. 52
36
Vgl. Lottenbach (1995), S. 64­65
37
Vgl. Achleitner, Charifzadeh (2002), S. 674, 679
38
Vgl. Hammer (1991), S. 172

14
2.3.2
Methodische Ansätze
Eine weitere Differenzierung der Begriffe lässt sich hinsichtlich des methodischen
Managementansatzes vornehmen. Demnach lassen sich Portfolios zwischen akti-
ven, tilted und passiven Managementansätzen unterscheiden.
Bei einem aktiv gemanagten Portfolio werden die Investmententscheidungen auf
Basis von Vorhersagen getroffen. Zielsetzung ist hierbei eine Performance zu er-
reichen, die oberhalb einer riskoadjustrierten Benchmarkrendite liegt.
39
Der Eng-
pass-Faktor im Portfoliomanagment besteht daher zweifelsohne in der Qualität
dieser Prognosen.
40
Anders verhält es sich beim passiven Portfoliomanagement. Hier wird die mög-
lichst exakte Nachbildung von Kapitalmarktindizes angestrebt. Die bewusste Ent-
scheidung für ein passives ,,Indextracking" anstelle eines aktiven Management-
ansatzes basiert meist auf der Überzeugung, dass Kapitalmärkte effizient sind.
41
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass Kapitalmärkte nur dann
effizient sein können, ,,wenn sich hinreichend viele Marktteilnehmer um die Ver-
breitung, Auswertung und Umsetzung von Informationen bemühen. Mit anderen
Worten: Kapitalmarkteffizienz kann nur vorliegen, wenn genügend viele Markt-
teilnehmer nicht an deren Existenz glauben."
42
Neben diesen beiden gegensätzlichen Managementansätzen gibt es noch das tilted
Management. Es vereinigt sozusagen die grundlegend unterschiedliche Herange-
hensweise des aktiven und passiven Managements. Aufbauend auf einer passiven
Managementstrategie werden bei bestimmten Gelegenheiten systematisch aktive
Entscheidungen durch den Portfoliomanager getroffen. Diese aktive Management-
komponente betrifft allerdings einen deutlich kleineren Teil des gesamten Port-
folios, so dass die Folgen des aktiven Eingreifens begrenzt und kontrollierbar blei-
ben.
43
Am häufigsten findet sich der Ansatz des tilted Managements in einer Core-
Satellite-Strategie wieder. Daher wird der Begriff der Core-Satellite-Strategie
auch als Synonym für diesen geteilten Ansatz verwendet.
39
Vgl. Grinold, Kahn (1995), S. 217
40
Vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 111
41
Vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 118
42
Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 119
43
Vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 109

15
2.3.3
Entscheidungsfindung
Abgesehen von dem Anteil der Asset-Klassen und dem Grad der Managementbe-
teiligung an der Zusammensetzung eines Portfolios sind weitere Entscheidungen
zu treffen. Insbesondere bei dem aktiven Management (sowie teilweise beim tilted
Management) stellt sich die Frage, wie eine Investmententscheidung gefällt wer-
den soll. Im professionellen Portfoliomanagement haben sich hier zwei verschie-
dene Vorgehensweisen zur Segmentierung der in Frage kommenden Titel heraus-
gebildet, bei denen es durchaus einige Überschneidungen gibt.
44
Diese beiden
Methoden werden als ,,Top-Down" und ,,Bottom-Up" bezeichnet.
Die Top-Down Analyse setzt ,,oben" auf der Ebene der Makroökonomie an und
erstreckt sich schließlich bis hin zu kleinen Betrachtungseinheiten wie beispiels-
weise einzelnen Unternehmen. Im Allgemeinen geht man also davon aus, dass
Top-Down-Segmente in erster Linie von der Gesamtwirtschaft beeinflusst wer-
den. Beim Bottom-Up Ansatz wird hingegen die Untersuchung potentiellen Anla-
geobjekte genau umgekehrt angegangen. Man beginnt mit der Einzeltitelanalyse
und arbeitet sich auf höhere Ebenen vor, bis schließlich die Portfoliozusammen-
setzung feststeht. Die Bottom-Up Methode geht folglich von mikroökonomischen
Werten aus.
45
Betrachtet man andererseits das passive Management, stellt sich heraus, dass ein
ausgeprägter Entscheidungsfindungsprozess hier nicht essenziell ist. Bei passiv
gemanagten Portfolios steht vielmehr das handwerkliche Geschick der Indexnach-
bildung im Zentrum des Geschehens. Entscheidungen fallen nur im begrenzten
Umfang vor allem im Vorfeld der Produktkonstruktion an. Sie betreffen beispiels-
weise die Auswahl der Finanzinstrumente oder einer geeigneten Benchmark.
Durch Zu- und Abflüsse kann das Aktivitätsniveau eines passiven Portfoliomana-
gers aber dennoch hoch sein.
46
2.3.4
Anlagestile und Resultat der Einordnung
Unabhängig von dem gewählten Auswahlverfahren gibt es zahlreiche Anlagestile,
die den Entscheidungsspielraum von Portfoliomanagern einengen. Dieses Univer-
sum an stilistischen Ausprägungen lässt sich nicht immer einem der vorangegan-
44
Vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 139
45
Vgl. Bernstein (1997), S. 19­20
46
Vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 120­121

16
genen Merkmale eindeutig zuordnen. Ein Anlagestil, der sich zum Beispiel auf
,,Small-Caps"
47
beschränkt, kann bei einem aktiv gemanagten Portfolio genauso
wie in einem passiven angewendet werden.
Gemein ist allen Anlagestilen jedoch, dass sie ein Bündel von Prinzipien und Vor-
abannahmen bilden. Dahinter verbirgt sich die Idee, den Analyseaufwand bei der
Selektion des richtigen Investments zu verringern. Anstelle einer vergleichsweise
teuren Einzeltitelevaluation sucht man nach den wichtigsten Renditedeterminan-
ten von Marktsegmenten.
48
Entsprechend dieser Definition ist die Branchenrotation eindeutig als ein Anlage-
stil aufzufassen. Bei einem Branchenrotationsansatz werden schließlich Einzeltitel
anhand ihrer Branchen- oder Industriezugehörigkeit segmentiert. Außerdem ist
durch die trend- oder konjunkturabhängige Umschichtung des Anlagekapitals von
einer Branche zur Nächsten auch das Kriterium eines Prinzips gegeben, das den
Entscheidungsspielraum einengt.
Des Weiteren ist dieser Anlagestil in der Regel dem aktiven Portfoliomanagement
unter dem Top-Down Ansatz zuzuordnen. Die Frage nach einer strategischen, tak-
tischen oder dynamischen Asset Allocation erübrigt sich, wenn sich die Branchen-
rotation alleinstehend, wie im Sinne dieser Arbeit, nur auf eine Anlageklasse
(Aktien) konzentriert.
2.3.5
Zum Zusammenhang zwischen Timing und einer Branchenrotation
Wirft man darüber hinaus einen Blick auf die benötigten Management-Skills, lässt
sich die Branchenrotation zudem dem Market-Timing unterordnen, da versucht
wird, eine Vorhersage für den optimalen Zeitpunkt des Markteinstiegs bzw. der
Umschichtung für einzelne Segmente zu treffen. Market-Timing ist, ebenso wie
Selectivity, als eine Fähigkeit zu verstehen, wobei ein Außenstehender selten er-
kennen kann, ob der Timing-Erfolg auf Glück oder wahres Können des Portfolio-
managers zurückzuführen ist.
49
50
Dementsprechend gibt es auch kein Konzept,
47
Beim Small-Cap-Style wird in kleine börsennotierte Unternehmen investiert. Die Aktien dieser
Unternehmen unterliegen im Allgemeinen stärkeren Schwankungen als mittlere oder große Werte.
Empirisch konnte allerdings festgestellt werden, dass Small-Caps risikoadjustiert eine höhere Ren-
dite aufweisen als Aktien größerer Unternehmen. Vgl. Klages (2007), S. 572
48
Vgl. Klages (2007), S. 556-557, 569-570
49
Ein Außenstehender, der in der Regel keinen Einblick in den Entscheidungsprozess des Market-
Timers hat, kann jedoch dessen Timing-Erfolg im Nachhinein anhand der Überrendite, die auf das
Timing zurückzuführen ist, einschätzen. Vgl. Huber (2005), S. 263 zitiert nach: Merton R.C

17
dem man blind folgen könnte, um die optimalen Einstiegs- und Ausstiegszeit-
punkte zu ermitteln. Die Branchenrotation im klassischen Sinne ist daher mehr als
ein Hilfsmittel für den Entscheidungsträger zu sehen.
Market Timing an sich wird unter Investment-Profis insgesamt als sehr schwierig
angesehen. Einige gehen sogar davon aus, dass es unmöglich ist, ein erfolgreiches
Timing über einen längeren Zeitraum zu erreichen. Peter Lynch schreibt beispiels-
weise: ,,I'd love to be able to predict markets and anticipate recessions, but since
that's impossible, I'm as satisfied to search out profitable companies as Buffet
is."
51
Und auch Charles D. Ellis vertritt die Meinung: ,,There is no evidence of any large
institutions having anything like consistent ability to get in when the market is
low and get out when the market is high."
52
Wenn es dennoch möglich ist, mit einem Timing-Ansatz gegenüber einer Buy-
and-Hold Strategie über einen langen Zeitraum erfolgreich zu sein, kann dies
daher nur durch ein systematisches Vorgehen erfolgen.
(1981): "On Market Timing and Investment Performance - An Equilibrium Theory of Value for
Market Forecasts", Journal of Business Vol. 54, S. 363-406
50
Vgl. Steiner, Bruns (2002), S. 616­619, Bruns, Meyer-Bullerdiek (2003), S. 143, 144 und
Swensen (2005b), S. 153­154
51
Lynch, Rothchild (1990, 1989), S. 14
52
Ellis (1998), S. 11

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836616348
DOI
10.3239/9783836616348
Dateigröße
2.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main – 3, Wirtschaft und Recht, Studiengang Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
branchenrotation sector rotation industry investing momentum
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