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Höhere Löhne - weniger Korruption?

Die ökonomische Analyse eines vermeintlich einfachen Zusammenhangs

©2008 Diplomarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Existenz von Korruption in einem Gemeinwesen wird nach allgemeiner Anschauung als ungünstig für die Volkswirtschaft betrachtet. Die negativen Folgen der Korruption können von ineffizienter Allokation über Wachstumsschwäche bis hin zu Armut in der Bevölkerung reichen.
Eine Reihe insbesondere rechtlicher und staatlicher Maßnahmen wird gemeinhin als günstig für die Eindämmung von Korruption betrachtet. Dazu zählen u.a. verbesserte Kontrollmechanismen, Haftung für das eigene Handeln, höhere Strafen oder eine höhere Entdeckungswahrscheinlichkeit. Die Wirksamkeit dieser Antikorruptionsmaßnahmen ist unbestritten und konnte bereits durch empirische Untersuchungen bestätigt werden.
Auch höhere Löhne werden im Allgemeinen als eine geeignete Maßnahme zur Reduzierung von Korruption betrachtet. Dieser Zusammenhang wird auch in den Ergebnissen einiger theoretischer Untersuchungen der jüngeren ökonomischen Forschung gezeigt. Diese Ergebnisse stehen jedoch im Widerspruch zu den empirischen Erkenntnissen zu diesem Thema, die diese Beziehung zwischen Löhnen und Korruption bislang nicht bestätigen konnten. Bei Vergleichen zwischen verschiedenen Ländern wurde zwar zum Teil ein signifikanter Zusammenhang zwischen Löhnen und Korruption festgestellt, aber möglicherweise sind die höheren Löhne nicht die Ursache für eine geringeres Maß an Korruption, sondern auch nur die Auswirkung anderer Rahmenbedingungen, die sowohl die Eindämmung von Korruption als auch die Höhe der Löhne günstig beeinflussen. Studien innerhalb eines Landes konnten die positive Wirkung höherer Löhne auf das Ausmaß an Korruption bislang jedenfalls nicht bestätigen.
Die Erhöhung der Löhne als Antikorruptionsmaßnahme ist zudem eine sehr kostenintensive Maßnahme, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Vor diesem Hintergrund ist ohne Zweifel eine theoretisch fundierte Untersuchung der Zusammenhänge zwischen dem Maß an Korruption einerseits und der Höhe der Löhne andererseits notwendig.
Gang der Untersuchung:
Im ersten Abschnitt wird der Ansatz von Luis A. Sosa aus seinem Aufsatz: „Wages and other determinants of corruption” untersucht. Sosa bietet ein theoretisches Modell an, das das Verhalten eines Individuums, das seinen Erwartungsnutzen maximiert, zu erklären vermag, und darüber hinaus die zum Teil ambivalenten empirischen Erkenntnisse stützt. Anhand des Ansatzes von Sosa sollen in dieser Arbeit die folgenden Fragestellungen untersucht werden:
Welche […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sandra Wolski
Höhere Löhne - weniger Korruption?
Die ökonomische Analyse eines vermeintlich einfachen Zusammenhangs
ISBN: 978-3-8366-1485-6
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. FernUniversität Hagen, Hagen, Deutschland, Diplomarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

I
Abstract
Die folgende Arbeit untersucht den komplexen Zusammenhang zwischen Löhnen
und Korruption anhand verschiedener Modelle. Der erste Teil der Arbeit behan-
delt den Lohn-Korruptions-Zusammenhang anhand eines Modells von Luis A.
Sosa (2004) und zeigt, dass in Abhängigkeit von den Annahmen über das Risi-
koverhalten und einen Einkommens- oder Arbeitsplatzverlust nach einer Verurtei-
lung eine Erhöhung der Löhne eine Senkung, Steigerung oder gar keine Verän-
derung des Korruptionsausmaßes zur Folge haben kann. Durch Gegenüberstel-
lung und Kombination des Ansatzes von Sosa mit anderen Ansätzen werden die
Ursachen für zum Teil ambivalente Ergebnisse identifiziert. Es wird gezeigt, dass
ein Modell mit exogen gegebenem Korruptionsertrag ein anderes Ergebnis er-
zeugt, als ein Modell mit endogenem Korruptionsertrag, und dass ­ abhängig von
verschiedenen Annahmen über Strafe, Entdeckungswahrscheinlichkeit und ,,Fol-
ge- und Nebenkosten" einer Korruptionstat, sowie zum Risikoverhalten ­ der Zu-
sammenhang zwischen Lohn und Korruption keinesfalls eindeutig ist.

Inhaltsverzeichnis
II
Seite
Abstract I
Inhaltsverzeichnis II
Abbildungsverzeichnis IV
Einleitung 1
1 Der funktionale Zusammenhang zwischen Lohn und Korruption
3
und anderen Determinanten nach dem Ansatz von Luis A. Sosa
1.1 Das
Modell
3
1.2
Wie wirkt sich eine Veränderung der exogenen Parameter auf
7
den optimalen Bruttokorruptionsertrag aus?
1.2.1 Auswirkungen eines Lohnanstiegs ­
*/
w 7
I. Einleitende
Überlegungen
7
II. Der
Lohn-Korruptions-Zusammenhang
12
a) 1. Fall:
= 1 12
b) 2. Fall: 0 <
< 1 13
c) 3. Fall:
= 0 15
III. Zusammenfassung der Ergebnisse zum Lohn-Korruptions-
16
Zusammenhang
1.2.2 Auswirkungen bei Veränderung anderer Einflussgrößen
17
I. Lohnsteuersatz ­
*/
17
II. Legales Einkommen nach einer Verurteilung ­
*/
17
III. ,,Nebenkosten" ­
*/
18
IV. Entdeckungswahrscheinlichkeit ­
*/
19
V. Strafhöhe ­
*/
µ
20
1.3 Zusammenfassendes
Resümee
21
2 Weitere theoretische Ansätze
25
2.1
Becker (1968) ­ Crime and Punishment: An Economic Approach
26
a) Das Modell
27
b) Vergleich zum Ansatz von Sosa
30
c) Kombination der Ansätze
31
d) Resümee
33

Inhaltsverzeichnis
III
2.2
Becker und Stigler (1974) ­ Law Enforcement, Malfeasance and
35
Compensation of Enforcers
a) Das Modell
37
b) Vergleich zum Ansatz von Sosa
38
c) Kombination der Ansätze
39
d) Resümee
41
2.3
Van Rijckeghem, Weder (2001) ­ Corruption and the Rate of Temp-
42
tation: Do Low Wages in the Civil Service Cause Corruption?
2.3.1 Der Lohn-Korruptions-Zusammenhang unter der Shirking-Hypothese 42
a) Das Modell
42
b) Vergleich zu den vorhergehenden Ansätzen
44
c) Kombination der Ansätze
45
d) Resümee
46
2.3.2 Der Lohn-Korruptions-Zusammenhang unter der Fair-Wage-Effort-
47
Hypothese
a) Das Modell
48
b) Vergleich zu den vorhergehenden Ansätzen
49
c) Besonderheiten der Fair-Wage-Effort-Hypothese
50
Resümee 51
Mathematischer Anhang
V
Literaturverzeichnis X

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der individuelle Erwartungsnutzen in Abhängigkeit vom Kor-
ruptionsertrag
Abbildung 2: Der individuelle Nutzen in Abhängigkeit vom Einkommen C,
NC

Einleitung
1
Einleitung
Die Existenz von Korruption in einem Gemeinwesen wird nach allgemeiner
Anschauung als ungünstig für die Volkswirtschaft betrachtet. Die negativen
Folgen der Korruption können von ineffizienter Allokation über Wachstums-
schwäche bis hin zu Armut in der Bevölkerung reichen.
Eine Reihe insbesondere rechtlicher und staatlicher Maßnahmen wird ge-
meinhin als günstig für die Eindämmung von Korruption betrachtet. Dazu
zählen u.a. verbesserte Kontrollmechanismen, Haftung für das eigene
Handeln, höhere Strafen oder eine höhere Entdeckungswahrscheinlichkeit.
Die Wirksamkeit dieser Antikorruptionsmaßnahmen ist unbestritten und
konnte bereits durch empirische Untersuchungen bestätigt werden (Sosa
(2004), S 597).
Auch höhere Löhne werden im Allgemeinen als eine geeignete Maßnahme
zur Reduzierung von Korruption betrachtet. Dieser Zusammenhang wird
auch in den Ergebnissen einiger theoretischer Untersuchungen der jünge-
ren ökonomischen Forschung gezeigt. Diese Ergebnisse stehen jedoch im
Widerspruch zu den empirischen Erkenntnissen zu diesem Thema, die
diese Beziehung zwischen Löhnen und Korruption bislang nicht bestätigen
konnten. Bei Vergleichen zwischen verschiedenen Ländern wurde zwar
zum Teil ein signifikanter Zusammenhang zwischen Löhnen und Korruption
festgestellt, aber möglicherweise sind die höheren Löhne nicht die Ursache
für eine geringeres Maß an Korruption, sondern auch nur die Auswirkung
anderer Rahmenbedingungen, die sowohl die Eindämmung von Korruption
als auch die Höhe der Löhne günstig beeinflussen. Studien innerhalb eines
Landes konnten die positive Wirkung höherer Löhne auf das Ausmaß an
Korruption bislang jedenfalls nicht bestätigen (Sosa (2004), S. 597).
Die Erhöhung der Löhne als Antikorruptionsmaßnahme ist zudem eine sehr
kostenintensive Maßnahme, sowohl im öffentlichen als auch im privaten
Sektor. Vor diesem Hintergrund ist ohne Zweifel eine theoretisch fundierte
Untersuchung der Zusammenhänge zwischen dem Maß an Korruption ei-
nerseits und der Höhe der Löhne andererseits notwendig.
Im ersten Abschnitt wird der Ansatz von Luis A. Sosa (2004) aus seinem
Aufsatz: ,,Wages and other determinants of corruption" untersucht. Sosa
bietet ein theoretisches Modell an, das das Verhalten eines Individuums,

Einleitung
2
das seinen Erwartungsnutzen maximiert, zu erklären vermag, und darüber
hinaus die zum Teil ambivalenten empirischen Erkenntnisse stützt. Anhand
des Ansatzes von Sosa sollen in dieser Arbeit die folgenden Fragestellun-
gen untersucht werden:
Welche Parameter beeinflussen die individuelle Entscheidung sich an Kor-
ruptionshandlungen zu beteiligen oder nicht? Welche Vor- und Nachteile
sind von dem Individuum zu erwarten und wie sind die Abhängigkeiten zwi-
schen den einzelnen Einflussgrößen? Erst mit Hilfe einer zutreffenden
Theorie können geeignete politische Maßnahme zur Reduzierung von Kor-
ruption ergriffen werden. Welche Maßnahmen können das sein und wie
wirken sie sich auf die Entscheidung des Individuums aus?
Unter welchen Bedingungen sind Lohnsteigerungen als Maßnahme zur
Bekämpfung von Korruption geeignet? Sind Lohnsteigerungen vor dem
Hintergrund des Ansatzes von Sosa überhaupt als Antikorruptionsmaß-
nahme geeignet oder sind ihre Auswirkungen zu schwer kalkulierbar?
Im zweiten Abschnitt wird der Ansatz von Sosa mit anderen theoretischen
Erklärungsversuchen verglichen, die den gemeinhin angenommenen Lohn-
Korruptions-Zusammenhang bestätigen.
Bei der Betrachtung weiterer theoretischer Ansätze muss man feststellen,
dass sich nicht viele davon explizit mit der Frage nach den Bestimmungs-
gründen für das Nehmerverhalten in Korruptionsbeziehungen beschäftigen.
Vielfach stehen andere Fragestellungen, die nur am Rande den Lohn-
Korruptions-Zusammenhang betreffen, im Vordergrund. In Folge dieser
Ausrichtung setzen sich nur wenige Ansätze explizit mit dem Verhalten der
Nehmer auseinander. Einige Ansätze legen scheinbar Verhaltensmaßstäbe
zu Grunde, ohne diese in der Tiefe zu betrachten oder zu hinterfragen.
Möglicherweise wurden diese Überlegungen aber auch einfach nicht als
veröffentlichungsrelevant betrachtet, sondern waren bloß Grundlage bei
der Beantwortung anderer Fragen.
Sind die Ergebnisse von Sosa wirklich andere als bei den übrigen theoreti-
schen Ansätzen, oder sind seine Ergebnisse lediglich Folge einer differen-
zierteren Betrachtung? Und worauf sind die erkannten Unterschiede zwi-
schen den Ergebnissen zurückzuführen?

1.1 Das
Modell
3
1 Der funktionale Zusammenhang zwischen Lohn
und Korruption und anderen Determinanten nach
dem Ansatz von Luis A. Sosa
In diesem Abschnitt wird ein von Sosa entwickeltes Modell vorgestellt, das
das Verhalten eines Individuums, das seinen Erwartungsnutzen maximiert,
untersucht. Die Komponenten, die in das Nutzenmaximierungskalkül des
Individuums einfließen sind sein legales Lohneinkommen, die Erträge aus
der Korruptionshandlung, die Kosten der Begehung der Tat, die Entde-
ckungswahrscheinlichkeit und die Höhe der Strafe nach einer Verurteilung.
Der Erwartungswert wird aus einer zweiteiligen Nutzenfunktion, jeweils
gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens, gebildet. Der eine
Term gibt dabei den Nutzen im Falle einer ,,erfolgreich" begangenen Kor-
ruptionshandlung an, gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit unentdeckt zu
bleiben. Der andere Term den Nutzen im Falle einer entdeckten und verur-
teilten Korruptionsstraftat, gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit ihrer Ent-
deckung und Verurteilung. Das Ergebnis dieser Nutzenmaximierung ist ein
optimaler Korruptionslevel für das Individuum. Diesen optimalen Level an
Korruption durch geeignete Maßnahmen zu senken ist der Ansatzpunkt für
effiziente Antikorruptionspolitik. (Zu den Ausführungen des ersten Ab-
schnitts vgl. Sosa (2004), S. 597 - 605).
1.1 Das Modell
Im folgenden Unterabschnitt wird zunächst das von Sosa entwickelte Mo-
dell formal vorgestellt. Dazu wird die Bildung des Erwartungswertes erläu-
tert und die Nutzenfunktion mit ihren Eigenschaften beschrieben. Im An-
schluss daran wird der optimale Korruptionslevel ermittelt.
Grundlage der Analyse des optimalen Korruptionslevels ist die Maximie-
rung des Erwartungswertes einer individuellen Nutzenfunktion. Die Nutzen-
funktion, U = U(
,w,
,
,
,
(
)),
ist eine monoton steigende, stetige, zwei-
mal differenzierbare Funktion (S. 598):
max E(U) = (1 -
)U(w(1 -
) +
(1 -
)) +
U(
w(1 -
) +
(1 -
) -
(
)).
(1.1)

1.1 Das
Modell
4
Die Nutzenfunktion ist eine Funktion des gesamten Einkommens, also des
Lohneinkommens und des Korruptionsertrags im Falle nicht entdeckter und
entdeckter Korruption.
Als Komponenten der Nutzenfunktion sind folgende Parameter enthalten:
= Entdeckungswahrscheinlichkeit
w = legales Einkommen
= Einkommensteuersatz
= Bruttoertrag aus Korruption
= Anteil vom Bruttokorruptionsertrag
; Kosten, die bei einer Korrupti-
onshandlungen entstehen; ,,Nebenkosten".
= Anteil vom legalen Einkommen w, den ein entdeckter, verurteilter
Angestellter nach einer Verurteilung weiterhin erwirtschaften kann,
mit 0
1.
(
) = Strafe nach der Verurteilung als Funktion der Korruptionserträge.
konkret:
(
) =
Die Entdeckungswahrscheinlichkeit
, das legale Einkommen des öffent-
lich Bediensteten w und der Einkommenssteuersatz
sind exogene Grö-
ßen. Der Ertrag aus der Korruptionshandlung wird mit
bezeichnet und
wird annahmegemäß durch einen exogenen Anteil
reduziert, der die Kos-
ten repräsentiert, die durch die Durchführung der Korruptionshandlung ent-
stehen. Solche Kosten können beispielhaft durch Zahlungen an Mittäter
oder durch die Umgehung von Kontrollmechanismen etc. entstehen. Die
Nebenkosten steigen proportional mit der Höhe des Ertrages aus der Kor-
ruptionshandlung. Der exogene Anteil
beschreibt das Einkommen, das
einem Angestellten in der Folge einer entdeckten Korruptionshandlung
noch als legales Einkommen verbleibt. Ein Angestellter kann, unbeschadet
seines illegalen Verhaltens, seinen Lohn weiterhin bekommen. Es ist aber
ebenfalls denkbar, dass er nach einer entdeckten und verurteilten Tat kein
oder nur noch ein geringeres legales Einkommen erzielen kann. Dement-
sprechend kann der Anteil
vom Einkommen Werte zwischen Null und
Eins annehmen. Dieser Umstand kann gewissermaßen als ,,Nebenstrafe"
betrachtet werden. Die ,,allgemeine" Strafe nach einer Verurteilung,
(
), ist
eine Funktion der Bruttokorruptionserträge. Die Strafhöhe ist abhängig von
der Höhe der Korruptionserträge, mit höheren Korruptionserträgen sind im
Falle der Entdeckung und Verurteilung höhere Strafen verbunden. Die Stra-
µ
2
2

1.1 Das
Modell
5
fe kann als mögliche Geldstrafe, aber auch als entgangene Einkünfte, ent-
gangene Aufstiegsmöglichkeiten, eine Lücke in der Biographie der Person
infolge eines eventuellen Haftaufenthaltes oder ähnliches interpretiert wer-
den. Zur Vereinfachung ersetzt Sosa die allgemein formulierte Funktion
der Strafe durch die konkrete Funktion
(
) =
. Die Aufdeckung einer
Korruptionsstraftat geht im Modell immer mit einer Verurteilung und einer
Strafe einher.
Die Funktion des Erwartungswertes verfügt annahmegemäß über ein Ma-
ximum, da die Bedingung zweiter Ordnung negativ ist (S. 599). Das heißt,
dass der Erwartungsnutzen zunächst mit dem Bruttokorruptionsertrag an-
steigt und nach Überschreiten des optimalen Bruttokorruptionsertrags wie-
der sinkt. Somit gibt es einen optimalen Level an Korruption, der den indivi-
duellen Erwartungsnutzen maximiert.
Grafisch dargestellt hat die Erwartungsnutzenfunktion in Abhängigkeit vom
Bruttokorruptionsertrag folgende Form:
Durch partielles Differenzieren ergibt sich die Bedingung erster Ordnung für
ein Maximum:
=
(1 -
) U'(NC) (1 -
) +
U'(C) [(1 -
) ­
µ
] = 0. (1.2)
Die Bezeichnung NC (not caught) steht für den Ausdruck:
NC = w(1-
) +
(1 -
)
(1.2a)
E(U)
Abb. 1: Individueller Erwartungsnutzen in Abhängigkeit
vom Korruptionslevel
E(U)
*
µ
2
2

1.1 Das
Modell
6
und bezeichnet die Einkünfte im Falle unentdeckter Korruption. Sie beinhal-
tet das legale Einkommen zuzüglich der Nettoeinkünfte aus der Korrupti-
onshandlung.
Die Bezeichnung C (caught) steht für den Ausdruck:
C
=
w(1 -
) +
(1 -
) -
(1.2b)
und beziffert das verbleibende Einkommen nach einer entdeckten Korrupti-
onshandlung. Es setzt sich zusammen aus dem nach Entdeckung und
Verurteilung weiter gezahlten legalen Einkommen und dem Korruptionser-
trag, abzüglich der Strafe.
Aus der Bedingung erster Ordnung, vgl. Gleichung (1.2), ist ersichtlich,
dass der Ausdruck [(1 -
) ­
µ
] negativ sein muss, da alle anderen Aus-
drücke positiv sind. Der Grenznutzen des Einkommens ist positiv und die
Variablen
und
für den Lohnsteuersatz und die ,,Nebenkosten" liegen im
Bereich zwischen Null und Eins.
Nach dem Satz über implizite Funktionen lässt sich der optimale Bruttokor-
ruptionsertrag
* als eine Funktion der exogenen Parameter bestimmen
(S. 599) und kann als
*
=
*
(w,
,
,
µ
,
,
) (1.3)
ausgedrückt werden. Bei diesem optimalen Bruttokorruptionsertrag ist der
Erwartungswert des individuellen Nutzens maximal.
Der optimale Korruptionsertrag muss nicht gleichzeitig auch der maximale
Korruptionsertrag sein. Das Verhalten des Individuums ist auf Nutzenma-
ximierung ausgerichtet, und dies kann durchaus mit einem nicht-maximalen
Bruttokorruptionsertrag einhergehen. Der optimale Bruttokorruptionsertrag
kann durch Variation der exogenen Parameter verändert werden. Das Ziel
von Antikorruptionsmaßnahmen ist somit die Senkung des optimalen Brut-
tokorruptionsertrages über die exogenen Parameter.
µ
2
2

1.2
Veränderung der exogenen Parameter
7
1.2 Wie wirkt sich eine Veränderung der exogenen Parameter
auf den optimalen Bruttokorruptionsertrag aus?
In diesem Abschnitt werden die Zusammenhänge zwischen Lohnhöhe und
den anderen exogenen Parametern und dem individuellen optimalen Brutto-
korruptionsertrag formal analysiert.
1.2.1 Auswirkungen eines Lohnanstiegs ­
*/
w
Kann der optimale Korruptionsertrag durch Variation der Lohnhöhe gesenkt
werden? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Als erstes wird der Zusammenhang zwischen Lohnhöhe und optimalem
Korruptionsertrag untersucht. Vor Beginn der eigentlichen formalen Analy-
se des funktionalen Zusammenhangs sind einige einführende Überlegun-
gen bezüglich der Eigenschaften der Grenznutzenfunktion und des Risiko-
verhaltens des Individuums notwendig.
I. Einleitende
Überlegungen
Durch eine Veränderung des legalen Lohneinkommens verändert sich der
optimale, d.h. das Nutzenmaximum verwirklichende Bruttokorruptionser-
trag. Dies kann formal durch die Betrachtung des Ausdrucks
*/
w unter-
sucht werden (S. 599). Er gibt Auskunft darüber, in welcher Weise sich der
optimale Bruttokorruptionsertrag durch einen Lohnanstieg verändert. Nach
dem Satz über implizite Funktionen ist die Funktion des optimalen Brutto-
korruptionsertrages,
*
=
* (w,
,
,
µ
,
,
), in der Bedingung erster Ord-
nung der Erwartungsnutzenfunktion enthalten. Daher kann, ceteris paribus,
die Auswirkung von Veränderungen der unabhängigen Variablen w auf den
optimalen Bruttokorruptionsertrag
durch Bildung der Ableitungen der
Grenzerwartungsnutzenfunktion
E(U)/
nach den Variablen
und w
hergeleitet werden:
= -
.
(1.4)
(Die Herleitung dieser und einiger folgender Rechnungen befindet sich im
mathematischen Anhang ab S. V.)
*
w
2
E(U)/
w
2
E(U)/
2

1.2
Veränderung der exogenen Parameter
8
Angestrebt wird eine Verringerung des optimalen Bruttokorruptionsertra-
ges. Um eine Aussage über den generellen Lohn-Korruptions-Zusammen-
hang treffen zu können, muss eine Vorzeichenbestimmung vorgenommen
werden. Ist der Ausdruck negativ, so heißt das, dass der optimale Brutto-
korruptionsertrag durch eine Lohnerhöhung geringer wird. Für das Verhal-
ten des Individuums heißt das, dass es bei einem negativen Zusammen-
hang seine Korruptionshandlungen reduzieren wird, um sein neues indivi-
duelles Nutzenmaximum zu erreichen. Bei einem positiven Zusammenhang
wird jedoch das Gegenteil erreicht. Das Individuum passt sein Verhalten in
der Weise an, dass es einen höheren Korruptionsertrag anstrebt.
Für den Zusammenhang zwischen Lohn und optimalem Bruttokorruptions-
ertrag mit der beschriebenen Nutzenfunktion ergibt sich formal:
= -
.
(1.5)
Die Kreuzableitung im Zähler,
2
E(U)/
w (vgl. Gleichung 1.4), bezeich-
net die Veränderung des Grenznutzens des Bruttokorruptionsertrags bei
Erhöhung des legalen Einkommens. Analog bezeichnet der Nenner die
Veränderung des Grenznutzens des Bruttokorruptionsertrags bei Erhöhung
desselben. Unter der Annahme positiven, aber abnehmenden Grenznut-
zens, U'' < 0, und konstanten Grenznutzens, U'' = 0, ist dieser Ausdruck
stets negativ.
Im Optimum der Erwartungsnutzenfunktion muss der Grenznutzen des
Bruttokorruptionsertrags immer gleich Null sein. An dieser Stelle ist der
maximale Erwartungsnutzen erreicht und kann durch weitere Verhaltens-
änderungen nicht weiter gesteigert werden. Ein positiver Grenznutzen des
Bruttokorruptionsertrags, infolge einer Lohnerhöhung bei
2
E(U)/
w > 0,
bedeutet, dass der Erwartungswert der Nutzenfunktion über einen Anstieg
von
erhöht werden kann. Grafisch betrachtet, befinden wir uns im anstei-
genden Bereich der Kurve in Abb. 1. Für das Verhalten des Individuums
heißt das, dass es eine Erhöhung seines Korruptionslevels anstreben wird,
um erneut sein Nutzenmaximum zu erreichen.
Wird der Grenznutzen des Bruttokorruptionsertrags mit einem Anstieg von
w negativ,
2
E(U)/
w < 0, so kann er über eine Reduktion von
erhöht
*
w
(1 -
)U''(NC)(1 -
)(1 -
) +
U''(C)
(1 -
)[(1 -
) -
µ
]
(1 -
)U''(NC)(1 -
)
2
+
U''(C)[(1 -
) -
µ
]
2
-
U'(C)
µ

1.2
Veränderung der exogenen Parameter
9
U
C
NC
C, NC
Abb. 2:
Nutzen in Abhängigkeit vom Einkommen C, NC
U(C)
U(NC)
werden. Auf der Kurve in Abb. 1 befinden wir uns im fallenden Bereich. Das
Individuum reduziert seinen persönlichen Korruptionsertrag.
Um den Ausdruck im Hinblick auf die Frage nach dem Einfluss der Löhne
auf das Ausmaß an Korruption eindeutig interpretieren zu können, nimmt
Sosa einige Umformungen vor (S.599 f.). Unter Zuhilfenahme der Bedin-
gung erster Ordnung wird Gleichung (1.2) zu (s. Anhang):
[(1 -
) ­
µ
] =
(1 -
). (1.6)
Durch einsetzen und umformen erhält man:
= .
(1.7)
Sosa ordnet dem betrachteten Individuum nicht ausdrücklich ein bestimm-
tes Risikoverhalten zu. Er schreibt jedoch, dass er in seinem Ansatz bezüg-
lich der Risikobereitschaft von dem Standardfall Risikoaversion ausgeht (S.
599)
.
Diese Annahme impliziert weiter einen konkaven Verlauf der Nutzen-
funktion mit positivem, abnehmendem Grenznutzen (U' > 0 und U''< 0). Für
die individuelle Nutzenfunktion in dem Ansatz von Sosa kann somit der
folgende konkave Verlauf angenommen werden:
Zur Beschreibung des Risikoverhaltens verwendet Sosa das Arrow-Pratt-
Maß für die Risikoaversion. Mit dem Risikoverhalten wird an dieser Stelle
ein weiterer wesentlicher Bestimmungsfaktor, der die Entscheidungen von
Individuen beeinflusst, in die formale Analyse einbezogen.
(1 -
)U'(NC)
U'(C)
(1
-
)(1 -
)(1 -
)U'(NC)
­
(1 -
)U''(NC)(1 -
)
2
+
U''(C)
(1 -
)[(1 -
) -
µ
] ­
U'(C)
µ
*
w
U''(C)
U'(C)
U''(NC)
U'(NC)

1.2
Veränderung der exogenen Parameter
10
Das Arrow-Pratt-Maß gibt Auskunft über die Risikoaversion, R
a
, des Indivi-
duums. Dazu wird der Verlauf der individuellen Nutzenfunktion in Abhän-
gigkeit vom Einkommen betrachtet.
R
a
= - (1.8)
Bei Risikoaversion ­ im Falle einer konkaven Nutzenfunktion ­ bedeutet
dies, dass mit steigendem Einkommen kleiner werdende Nutzenzuwächse
angenommen werden. Für das Arrow-Pratt-Maß gilt dann R
a
> 0. Bei Risi-
kofreude ­ konvexer Verlauf der Nutzenfunktion ­ nimmt das Arrow-Pratt-
Maß negative Werte an, R
a
< 0. Risikoneutrales Verhalten ­ linearer Ver-
lauf der Nutzenfunktion ­ ist durch R
a
= 0 gekennzeichnet.
Nach erneuter Umformung der Gleichung (1.7) ergibt sich:
=
.
(1.9)
Im Nenner befindet sich die zweite Ableitung der Erwartungsnutzenfunktion
2
E(U)/
2
. Diese ist ­ da wir uns im Maximum der Erwartungsnutzenfunk-
tion und annahmegemäß die Bedingung zweiter Ordnung erfüllt ist ­ nega-
tiv.
Ausschlaggebend für das Vorzeichen des Zählers ist, da alle anderen Aus-
drücke positiv sind, der Ausdruck [R
a
(NC) ­
R
a
(C)]. Das Einkommen im
Falle einer nicht-entdeckten Korruptionshandlung, NC (not caught), ist da-
bei höher als das Einkommen im Falle einer entdeckten und verurteilten
Korruptionshandlung, C (caught).
Diese Feststellung ist Ausgangspunkt für die weitere Interpretation des
Ausdrucks. Um jetzt eine Aussage über das Vorzeichen des Zählers treffen
zu können ist die Betrachtung der Risikobereitschaft des Individuums und
der Folgen einer aufgedeckten Korruptionshandlung für die zukünftigen
legalen Einkommensmöglichkeiten des Individuums, ausgedrückt durch
den Parameter
, notwendig.
Verschieden hohe Löhne und verschiedene persönliche Dispositionen wir-
ken sich auf das individuelle Verhalten aus und haben verschiedene opti-
male Bruttokorruptionserträge zur Folge. Ziel des Individuums ist ja nicht
(1 -
)(1 -
)(1 -
)U'(NC)[R
a
(NC) ­
R
a
(C)]
(1 -
)U''(NC)(1 -
)
2
+
U''(C)
(1 -
)[(1 -
) -
µ
] ­
U'(C)
µ
*
w
U''
U'

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836614856
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften, Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,3
Schlagworte
korruption lohn nutzenmaximierung entscheidungstheorie erwartungswert
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Titel: Höhere Löhne - weniger Korruption?
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